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REFERENCE LIBRARY

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CRYPTOGAMIC BOTANY

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PFLANZEN-GEOGRAPHIE

AUF

PHYSIOLOGISCHER GRUNDLAGE

VON

Dr. ä. F. W. SCHIMPER

a. o. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT BONN.

MIT 502 ALS TAFELN ODER IN DEN TEXT GEDRUCKTEN ABBILDUNGEN IN AUTOTYPIE, 5 TAFELN IN LICHTDRUCK UND 4 GEOGRAPHISCHEN KARTEN.

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JENA

VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1898.

1

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Alle Rechte vorbehalten.

Vorwort.

Die Abgrenzung der einzelnen Florenareale und ihre Gruppirung in grössere Verbände oder Florenreiche geht ihrer baldigen Vollendung entgegen und die Zeit ist nicht mehr fern, wo alle Pflanzenarten und deren Verbreitung bekannt sein werden. Damit wird jedoch nicht, wie von manchen Seiten noch angenommen wird, die Pflanzengeographie ihre Aufgabe gelöst, sondern nur eine Grundlage geschaffen haben, auf welche die Wissenschaft weiter bauen wird. Das Ziel der Pflanzen- geographie wird dann wesentlich in der Erforschung der Ursachen der Florenunterschiede bestehen.

Die gegenwärtigen Floren stellen nur einen Moment in der Ge- schichte der Pflanzendecke dar. Die Wechselwirkung der der Pflanze innewohnenden Veränderlichkeit mit der Veränderlichkeit der äusseren Factoren bedingt eine bald schneller, bald langsamer, jedoch fort- während sich vollziehende Umformung. Dieser Wechsel beruht theil- weise auf Wanderungen, vornehmlich jedoch auf Umgestaltung der Glieder der Pflanzendecke. Die Structur der Pflanze ist aus unbekannten inneren Ursachen einem überaus langsamen, aber anscheinend ununter- brochenen Umwandlungsprocess unterworfen, welcher zur Ausbildung rein „morphologischer", d. h. in keiner sichtbaren Beziehung zur Um- gebung stehender Merkmale führt. Ausserdem aber wird dieselbe, wie der Versuch zeigt, durch Veränderungen der äusseren Bedingungen in tiefgreifender und rascher Weise modificirt, so dass jeder Wechsel in der Umgebung alsbald einen solchen in der Organisation nach sich zieht. Sind die neu eintretenden Eigenschaften nützlich, so werden sie in den Nachkommen gezüchtet und vervollkommnet, und stellen dann die sogenannten „Anpassungen" dar, in welchen die auf die Pflanze wirkenden äusseren Factoren zum Ausdruck gelangen. Da diese letz- teren mit der geographischen Lage wechseln , so werden durch die

IV Vorwort

Anpassungen die Ursachen der Verschiedenheiten im Vegetationsbilde an den verschiedenen Punkten der Erde dem Verständniss näher ge- führt, so dass ihre Untersuchung zu den vornehmsten Aufgaben der Pflanzengeographie gehört.

Der Zusammenhang zwischen der Pflanzengestalt und den äusseren Bedingungen an den verschiedenen Punkten der Erdoberfläche bildet den Gegenstand der ökologischen Pflanzengeographie,1) welche erst neuerdings in den Vordergrund des Interesse gerückt ist, obwohl sie bereits in früheren Werken, namentlich in Giesebach's verdienstvoller „Vegetation der Erde", allerdings von veralteten Gesichtspunkten aus, Berücksichtigung gefunden hatte. Der grosse Aufschwung der physio- logischen Richtung in der Pflanzengeographie datirt von dem Augen- blicke, wo die bisher nur in europäischen Laboratorien arbeitenden Physiologen die Vegetation fremder Länder an Ort und Stelle zu unter- suchen begannen. Europa war, mit seinem in jeder Hinsicht ge- mässigten Klima und seiner durch die Cultur tief modificirten Vegeta- tionsdecke wenig geeignet, zu solchen Beobachtungen Anregung zu geben; im tropischen Regenwald, in der Sahara, in der Tundra wurde der enge Zusammenhang zwischen dem Vegetationscharakter und den Bedingungen extremer Klimate an augenfälligen Anpassungen nach- gewiesen.

Durch die Gründung des botanischen Laboratorium in Buitenzorg und die ungemein günstige Gelegenheit zum Aufenthalt inmitten der tropischen Vegetation, welche, dank Treub's nicht genug zu rühmenden Bemühungen dem Botaniker auf Java geboten werden, hat die physio- logische Richtung in der Pflanzengeographie ungemein rasche Fort- schritte gemacht. Namentlich ist es, wie Wiesner's und Haberlandt's bahnbrechende Arbeiten gezeigt haben, dadurch möglich geworden, im tropischen Klima lange dauernde und exakte physiologische Ver- suche anzustellen. Hoffentlich wird bald in den arktischen Ländern ein Gegenstück zu Buitenzorg erstehen; entsprechend der Armuth der Flora und der relativen Einfachheit der zu lösenden Fragen, würde schon bei bescheidener Ausrüstung ein arktisches Laboratorium grosse Dienste leisten.

Nur wenn sie in engster Fühlung mit der experimentellen Physio- logie verbleibt, wird die Oekologie der Pflanzengeographie neue Bahnen eröffnen können, denn sie setzt eine genaue Kenntniss der Lebens- bedingungen der Pflanze voraus, welche nur das Experiment verschaffen kann. Dadurch allein wird es möglich werden, die Anpassungslehre dem Dilettantismus, welcher sich in derselben mit Vorliebe breit macht,

J) Nach dem Vorschlage Hackers wird in neuester Zeit die früher „Biologie" genannte Anpassungslehre als „Oekologie11 bezeichnet.

Vorwort. V

zu entreissen und von den anthropomorphen Spielereien zu säubern, welche sie in gänzlichen Discredit zu bringen drohten. In dieser Hin- sicht ist es mit Freuden zu begrüssen, dass wissenschaftliche Botaniker sich mehr und mehr den ökologischen Problemen zuwenden und ihre theoretischen Anschauungen auf die Basis sicher beobachteter That- sachen und kritisch ausgeführter Experimente stellen.

Mit dem vorliegenden Material lässt sich eine befriedigende Ge- sammtdarstellung der ökologischen Pflanzengeographie noch nicht geben. Dieses Buch bringt daher mehr Fragen und Antworten und beabsichtigt in erster Linie durch präcise Aufstellung der erster en zu weiteren Untersuchungen anzuregen.

Die grösste Sorgfalt wurde der Wahl und Ausfuhrung der Ab- bildungen gewidmet, die theils an einzelnen Objecten, theils an ganzen Pflanzenformationen den Zusammenhang zwischen dem Pflanzenleben und den äusseren Bedingungen weit besser vor Augen fuhren, als die aus- führlichsten Schilderungen. Dank der grossen Gefälligkeit einer Anzahl Fachgenossen und Naturfreunde ist es mir möglich gewesen, ein reiches Material an photographischen Landschaftsbildern mit charakteristischer Vegetation zusammenzubringen. Ich verdanke dieselben folgenden Herren und Behörden, welchen ich hier dafür nochmals meinen besten Dank ausspreche: Forstinspector W. W. Ashe (N. Carolina), Prof. Bessey (Lincoln, Nebr.), Prof. Dr. Brandis (Bonn), Privatdoc. Dr. A. Brauer (Marburg), L. Cockayne (Christchurch, Neu -Seeland), Prof. J. M. Coulter (Chicago), Prof. Dr. D. H. Campbell (Leland Stanford Univ., Calif.), Prof. Dr. Deichmüller (Bonn), Docent P. Groom (Oxford), Grigoriew, Sekretär der Kais. russ. geograph. Gesellschaft (St. Petersburg), „Geo- logical department" der, Univ. Nebraska, Prof. Dr. G. Karsten (Kiel), Gardelieutenant Kaznakoff (St. Petersburg), J. Kobus (Pasoeroean, Java), Prof. Krassnow (Charkow), Prof. Kusnezow (Dorpat), G. Küppers-Loosen (Köln), Dr. P. Kuckuck (Helgoland), Prof. Dr. Kükenthal (Jena), Prof. MacMillan (Univ. of Minnesota), Prof. Pohlig (Bonn), Prof. Rothrock (West Chester Pa.), Prof. Sargent (Brooklyne, Mass.), Privatdoc. Dr. A. Schenck (Halle), Prof. Dr. H. Schenck (Darmstadt), Dr. O. Stapf (Kew)f Geheimrath Prof. Dr. Strasburger (Bonn), F. Sönnecken (Bonn), W. Swingle (Florida), Dr. Treub (Buitenzorg, Java), Prof. Dr. O. Warburg (Berlin), G. H. Webber (Florida). Lady Brandis in Bonn hatte die grosse Güte mir ihre ebenso naturgetreuen wie schönen Aquarelle aus Vorderindien zur Verfugung zu stellen.

Mehreren der oben genannten Herren verdanke ich ausserdem wesentliche Unterstützung durch Litteratur, Untersuchungsmaterial etc. In dieser Hinsicht bin ich noch folgenden Herren und Behörden ver- pflichtet: Der Kaiserlichen Regierung in Indien, den Directionen der botanischen Museen und Gärten zu Berlin, Buitenzorg und Kew, Prof.

VI Vorwort.

Dr. Drude (Dresden), Prof. Dudley (Leland Stanford Univ., Calif.), Prof. Dr. Flahault (Montpellier), Prof. Dr. Hieronymus (Berlin), Dr. Körnicke (Bonn), Prof. Dr. Noll (Bonn), Geheimrath Prof. Dr. Pfitzer (Heidelberg), Obergärtner Purpus (Darmstadt), Geheimrath Prof. Dr. Rein (Bonn), Prof. Dr/Trabut (Algier), Prof. Dr. Volkens (Berlin).

Die Pflanzenbilder wurden zum grössten Theile unter meinen Augen von Herrn stud. rer. nat. R. Anheisser zu meiner vollen Befriedigung nach der Natur gezeichnet. Nur relativ wenige Bilder sind anderen Werken entnommen.

Nur die dritte der vier Kartenbeilagen ist ein Original; dieselbe bezweckt nur zur vorläufigen Orientirung zu dienen. Die Anordnung der Vegetation in Brasilien stützt sich auf eine mir von Prof. H. Schenck zur Verfugung gestellten Skizze.

Schliesslich ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Verlags- buchhändler Dr. G. Fischer für die grosse Bereitwilligkeit, mit welcher er auf alle meine Wünsche eingegangen ist, hier meinen besten Dank auszusprechen.

Zur Literatur sei bemerkt, dass pflanzengeographische Werke allgemeinen Inhalts in die Verzeichnisse meist keine Aufnahme gefunden haben. Jedem Studenten der Pflanzengeographie seien ein für alle Male empfohlen: A. de Candolle. Geographie botanique raisonnde. 2 Bde. Geneve 1855. Grisebach, A. Die Vegetation der Erde. 2 Bde. 1872. Drude, O. Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart 1890. Atlas der Pflanzenverbreitung. Gotha 1887. Engl er, A. Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt. 2 Theile.

Leipzig 1879 u. 1882.

Bonn, Ende Juli 1898.

Inhaltsverzeichniss.

Erster Theil. Die Factoren.

Seite

I. Das Wasser 3

1. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen. § i. Allgemeines. Hygrophyten und Xerophyten. Ombrophobie und Ombrophilie. Physikalische und physiologische Trockenheit. Eigenschaften der Tropophyten. Klimatische und edaphische Xerophyten, Hygrophyten und Tropophyten. §2. Die Xero- phyten. Die Wasseraufnahme herabsetzende Factoren. Die Transpiration for- dernde Factoren. Xerophile Structur. Schutzmittel gegen Wasserverlust. Wechsel- beziehungen der Xerophyten verschiedener Standorte. §3. Die Hygrophyten. Wiesner's und Lothelier's Versuche. Hygrophile Structur. Entfernung über- schüssigen Wassers : Träufelspitze, Hydathoden etc. §4. Die Tropophyten. Tropophile Structur. Der Laubfall. 2. Die Vegetationsorgane der Wasser- pflanzen. Structurveränderung submers wachsender Landpflanzen. Eigentüm- lichkeiten echter Wasserpflanzen. 3. Da« Wasser und die Reproduction. Nachtheiliger Einfluss der Feuchtigkeit auf die Sexualsphäre. Die sexuelle Re- production bei den Wasserpflanzen. 4. Das Wasser und die Samen- verbreitung. Anpassungen von Früchten und Samen an Verbreitung durch Wasserströmung. Die Auswürfe des Meeres. Die neue Flora von Krakatau.

II. Die Wärme 40

1. Allgemeines. Die Wärme und die Pflanzenstructur. Wirkungen des kalten Klimas auf Form und Lage der Blätter. Die drei Cardinalpunkte. Die Phänologie. 2. Die Nullpunkte des Pflanzenlebens. § 1. Untere Null- punkte. Widerstandsfähigkeit gegen Kälte. Kältetod oft Trockentod. Die kältesten Punkte der Erde. § 2. Obere Nullpunkte. Widerstandsfähig- keit gegen Hitze. Sachs' Versuche. Die Thermen. Höchste beobachtete Tem- peraturen in Boden und Luft. 3. Die Cardinalpunkte der pflanzliehen Functionen. Das harmonische Optimum. Absolutes und ökologisches Optimum. Schwankungen des harmonischen Optimums während der Entwickelung. Das ökologische Optimum des Pfirsichbaumes. Cardinalpunkte der Keimung. Keimung, Wachsthum, Assimilation, Athmung bei niederen Temperaturen. Nützliche nie- dere Temperaturen. Wirkungen der Kälte auf die geschlechtliche Reproduction.

VIII Inhaltsverzeichniss.

Seite 4. Die Akklimatisation. Verpflanzen aus warmen in kalte Klimate und um- gekehrt. Schübeler's und A. de Candolle's Versuche. H. Mayr über Akkli- matisation der Waldbäume.

III. Das Licht . 61

1. Allgemeines. Bedeutung des Lichtes für die Pflanzengeographie. 2. Pho- tometrisohe Methoden. Wiesner's Arbeiten. 3. Das Pflanzenleben im Dunkelen. 4. Lichtintensitat und Iiiohtqualität. Wirkungen des Lichtes ungleicher Intensität auf verschiedene Functionen. Schädlichkeit hoher Licht- intensitäten und entsprechende Schutzmittel. Ungleiche Wirkungen ungleicher Strahlengattungen. Absolute und ökologische Lichtoptima. 5. Sonne und Schatten. Gesammtlicht, Oberlicht, Vorderlicht, Hinterlicht, Unterlicht. Sonnen- licht und diffuses Licht. Wiesner's Bestimmungen des factischen Lichtgenusses der Pflanzen. Ungleiches Lichtbedürfhiss der Sonnen- und Schattenpflanzen. Vorrichtungen zur Lichtconcentration bei Schattenpflanzen. 6. Tag und Nacht. Pflanzengeographische Bedeutung der ungleichen Dauer des Tageslichtes. Bonnier's Versuche in continuirlicher Beleuchtung.

IV. Die Luft 78

1. Der Luftdruck. Wachsthum bei vermindertem und erhöhtem Luftdruck. Versuche Wieler's und Jaccard's. Der Luftdruck im Hochgebirge. 2. Die Luft in den Gewässern. Löslichkeit, Zusammensetzung und Diffusion der Luft im Wasser. Vorrichtungen zu Aufnahme und Transport des Sauerstoffs bei Wasserpflanzen. Aerenchym und andere Durchlüftungsgewebe. Pneumatophoren. Versuche G. Karsten's und Greshoff's. 3. Der Wind. § 1. Wind und Baum wuchs. Mechanische Wirkungen. Trocknende Wirkungen. Grosse Schäd- lichkeit der letzteren fiir den Baumwuchs. § 2. Der Wind und die Re- production. Anemophile Blätter. Ihre Häufigkeit an windigen Standorten. Anemophile Aussäungsvorrichtungen. Vorkommen der letzteren. Bedeutung für Verbreitung auf weite Entfernungen. Beobachtungen Treub's auf Krakataua.

V. Der Boden 93

1. Die physikalischen Bodeneigenschaften. Wassercapacität, capillare Wasserleitung, Durchlässigkeit verschiedener Bodenarten. 2. Chemische Boden- eigenschaft enim Allgemeinen. Wechselbeziehungen der physikalischen und chemischen Eigenschaften. Wirkungen von Lösungen auf die Wasseraufnahme durch die Pflanze. Giftigkeit concentrirtcr Lösungen. Schutzmittel der Pflanzen gegen zunehmende Concentration der Salzlösungen in den Zellen. Verschiedene Wirkungen der Salze auf die Structur der Pflanze. 3. Das Chlornatrium. § 1. Vorkommen und Rolle in der Pflanze. Einfluss des Chlornatriums auf die Pflanzenstructur. Xerophiler Charakter der Halophyten. Einfluss des Chlornatriums auf die Eiweissbildung. Einfluss auf die Structur von Süsswasser- algen. § 2. Die Halophyten oder Salzpflanzen. Salzhunger. Ver- keilung der Halophyten auf die Familien. Ursprung der halophilen Lebensweise. Unfähigkeit der Concurrenz im Binnenlande. 4. Andere leichtlösliche Salze. Alaun: Die Solfataren. Salpeter. 5. Der Serpentin. Serpentinpflanzen. 6. Der Galmei. Galmeipflanzen. 7. Das Kalkcarbonat. § 1. Wirkungen des Kalkcarbonats auf Stoffwechsel und Structur der Pflanze. Giftigkeit fiir viele Pflanzen. Accommodation an kalkreichen Boden. Versuche und Beobachtungen Bonnier's und Anderer. Art des Einflusses auf den Stoff- wechsel. Experimentelle Culturen von Fliehe und Grandeau. § 2. Kalk- boden und Florencharakter. Kalkholde und kalkscheue oder Kiesel- Pflanzen. Unbeständigkeit des Verhaltens der Pflanzen gegen Kalk. Thurmann's physikalische Theorie. Widerlegung derselben. Erklärung der Unterschiede zwi- schen Kalk- und Kieselflora und ihrer Unbeständigkeit. Ungleiches Verhalten nahe verwandter Arten. Parallelformen auf kalkreichem und kalkarmem Boden.

Inhaltsverzeichniss. JX

Seite Nägeli's Theorie. 8. Der Humus. § I. Chemie und Physik des Humus.

Aschenbestandtheile. Saurer und milder Humus. Mull nnd Torf. § 2. Die Mycorhiza. Endotrophische und epitrophische Mycorhiza. Thismia Averoe nach P. Groom. Saprophyten. § 3. Die chemischen Unterschiede des Humus und die Flora. Ungleichheit des Florencharakters auf un- gleichen Humusarten. Grosse Exclusivität gewisser Pflanzenarten. Pflanzen des thierischen Humus. 9. Lebende Substrate. Die Parasiten. Abhängigkeit von der chemischen Natur des Substrats.

VI. Die Thiere . . 132

1. Geographische Verbreitung der Bestaubungsvorriohtungen. § 1 .

Ornithophile Blüthen. Fr. Mtiller's und Th. Belt's Entdeckung der Kolibri- blüthen. Die Honigvögel als Bestäuber. Scott -Elliot's Beobachtungen in Süd- Afrika. Ornithophilie in Neu -Seeland. Feijoa, eine Pflanze mit süssen Blumen- blättern. — § 2. Entomophile Blüthen. Ungleiche Bestäuber im Tiefland und im Hochgebirge. Herrn. Müller's Beobachtungen. Abnahme der Entomophilie in arktischen Ländern. Inselfloren und ihre Bestäuber. Langröhrige Falterblüthen für die Tropen charakteristisch. Specielle Anpassungen : Yucca und ihre Bestäubung durch Motten. Bulbophyllum -Arten bei Singapore. 2. Pflanzen und Ameisen. § 1. Die Ameisen als Pilzztichter. Die Blattschneiderameisen im tropi- schen Amerika. Ihre Nester und Pilzgärten. Andere pilzzüchtende Ameisen. § 2. Myrmecophilie. Th. Belt's Entdeckung der Ameisenpflanzen. Acacia cornigera und sphaerocephala. Cecropia adenopus. Nachweis des Nutzens 'der Ameisen als Pflanzenbeschützer. Andere Pflanzen mit axialen Wohnräumen. Pflanzen, bei welchen Blätter die Wohnräume liefern. Die extrafl oralen Nektarien.

Zweiter Theil. Formationen und Genossenschaften.

I. Die Formationen 173

1. Klimatische und edaphische Factoren. Allgemeiner Vegetationstypus durch die Hydrometeore, allgemeiner Florentypus hauptsächlich durch die Wärme bedingt, feine Gliederung durch edaphische Einflüsse. Die Formationen. Haupt- und Nebenbestandtheile. Unterscheidung klimatischer und edaphischer Forma- tionen. 2. Die klimatischen Formationen. §1. Eintheilung. Charakte- ristik des Gehölzes und der Grasflur. Ihr Kampf. Invasion malayischer Waldgebiete durch die Alangsteppe. Verkümmerung von Gehölz und Grasflur zur Wüste führend. Charakteristik der Wüste. §2. Das Gehölzklima. Klimatische Existenzbedingungen der Bäume. Hygrophile und xerophile Bäume. Die Baum- grenze. Das Niederholz. Charakteristik des Gehölzklimas. § 3. Das Gras- flurklima. Klimatische Existenzbedingungen der Gräser. Charakteristik des Grasflurklimas. §4. Meteorologische Tabellen. Was sie bringen und was sie bringen sollten. 3. Die edaphischen Formationen. § 1. Eda- phische Einflüsse im Allgemeinen. § 2. Durch Grundwasser bedingte edaphische Formationen. § 3. Offene edaphische Formationen. Felsen, Gerolle, Sandboden. §4. Uebergang der eda- phischen Formationen in klimatische. Krakatau. Der Vulkan Guntur. Die Camargue. 4. Das Zusammenleben in den Formationen.

II. Die Genossenschaften 208

Die Lianen. Spreizklimmer , Wurzelkletterer, Windpflanzen, Ranken- pflanzen. Geographische Verbreitung der Lianen. 2. Die Epiphyten. Oeko-

Inhaltsverzeichniss.

Seite logische Existenzbedingungen. Uebergang der terrestrischen in die epiphytische Lebensweise. Aussäungsvorrichtungen. Geographische Verbreitung der Epiphyten. 3. Die Saprophyten. Vertheilung auf die Pflanzenfamilien. Zusammenhang zwischen Structur und Lebensweise. Geographische Verbreitung. Hemisapro- phyten. 4. Die Parasiten. Hemiparasiten und Holoparasiten. Aehnlichkeit mit den Parasiten. Absorptionsorgane: Die Haustorien. Vertheilung auf die Familien. Geographische Verbreitung.

Dritter Theil. Zonen und Regionen.

Einleitung 227

Erster Abschnitt

Die tropischen Zonen.

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner

Wirkungen auf Vegetation und Flora 229

1. Allgemeine Eigentümlichkeiten des Tropenklimas. § 1. Die Hydrometeore. Regen, relative Feuchtigkeit, Bewölkung. § 2. Die Wärme, Lufttemperatur. Erhitzung durch directe Sonnenstrahlung. § 3. Das Licht und Ultraviolett. Intensität der chemischen Lichtstrahlen. 2. Einige allgemeine Wirkungen des tropischen Klimas auf das Pflanzenleben« § 1. Vornehmlich durch Wärme beeinflusste Vor- gänge. Cardinalpunkte. Fälle raschen und langsamen Wachsthums. Transpira- tion in Sonne und Schatten. § 2. Pflanzenphysiologische Wir- kungen des Tropenlichtes. Schutzmittel gegen intensives Licht Zerstörung des Chlorophylls. Stellung der Laubblätter. Lichtgenuss der Schattenflora. § 3. Pflanzenphysiologische Wirkungen der Hydrometeore. Massgebender Einfluss für den Vegetationscharakter und die periodischen Vor- gänge. Ombrophilie und Ombrophobie. 3. Floristisoher Charakter der Tropensone. Uebersicht der megathermen Formenkreise.

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen 260 1. Allgemeinheit der Periodicität in den Functionen der Pflanzen.

Keine absolute Ruhezeit, sondern nur Ruhezeit einzelner Vorgänge. Vorkommen der Periodicität in der tropischen Vegetation. 2. Periodicität in der vege- tativen Sphäre. § 1. Laubwechsel. Häufigkeit des periodischen Laub- falls in den Tropen. Verschiedenartiges Aussehen der Bäume in den Trocken- zeiten. Jahreszeiten und Vegetation in den Campos. § 2. Wachsthum. Periodisches Laubabwerfen bei gewissen Arten von der Jahreszeit unabhängig. Individuelle Periodicität der einzelnen Sprosse vieler Tropengewächse. § 3. Temperirte Holzgewächse in den Tropen. 3. Periodicität in der sexuellen Sphäre. § I. Allgemeines. Zeitliche Trennung der vegetativen und reproductiven Thätigkeit. § 2. Immerfeuchte Gebiete. Ungleich- zeitiges Blühen der verschiedenen Zweige bei Holzpflanzen. Gleichzeitiges Blühen aller Stöcke einer Art ohne Beziehung zur Jahreszeit. Beziehungen zwischen Blüthenbildung und Laubfall. §3. Periodisch trockene Gebiete. Blüthenreichthum in den trockenen Jahreszeiten und zu Beginn der nassen, Blüthenarmuth auf der Höhe der nassen Jahreszeiten. Die nasse Jahreszeit die

Inhaltsverzeichniss. XI

Seite Zeit der Fruchtreife. §4. Specielle Belege. Klima und BlÜthezeit auf

Java, im nordwestlichen Indien, auf Ceylon, in British-Guiana. 4. Die Caesal-

piniaceen im Botanischen Garten zu Buitenzorg.

III. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen 281

1. Tropische klimatische Formationsgruppen. 2. Klimatische Be- dingungen tropischer Hochwälder. Klima des malayischen Archipel nach Woeiko. Regenverhältnisse anderer tropischer Hochwaldgebiete. Regen wald und Monsunwald in Vorderindien. Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Klimatische Tabellen aus tropischen Hochwaldgebieten. 3. Dornwaldklima in Vorder- indien. 4. Gehölzklima und Savannenklima in Brasilien. Küsten- gebirge und Campos von S. Paulo. Campos und Wälder in Minas geraes. Xero- philes Gehölzklima des Sertäo. 5. Klima des nördlichen Süd -Amerika und der Antillen. 6. Klima des tropischen Afrika. Westküste. Central- afrikanische Hochlandsavannen. Rückblick.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete 305

1. Verbreitung des tropischen Begenwaldes. 2. Allgemeiner Cha- rakter des tropischen Begenwaldes. § 1. Das Aeussere des Waldes. Oberfläche und Profil. § 2. Das Innere des Waldes. Ungleiche Dichtig- keit. Häufige und verbreitete floristische Bestandtheile. Holzgewächse. Kräuter. Lianen und Epiphyten. Der Zug nach dem Lichte. Luftfeuchtigkeit. § 3. Der tropische Regenwald in Asien. Vegetation und Flora am Gedeh und Salak auf Java. Charakteristische Formen. Vorkommen lebhaft gefärbter Blüthen. Regenwälder von Pegu nach F. Kurz. § 4. Der tropische Regen wald in Afrika. Der Wald der Loangoküste nach Pechuel- Lösche. Der Regenwald in Usambara. § 5. Der tropische Regenwald in Amerika. § 6. Der tropische Regenwald in Australien und Mikronesien. 3. Oekologische Eigentümlichkeiten der Begenwald- gewächse. § 1. Bäume und Sträucher des Regenwaldes. Die Stämme der Bäume. Plankengerüste. Borke. Verzweigung. § 2. Die Boden- kräuter. Farbiges Laub. Die Hymenophyllaceen. § 3. Die Lianen. Palmlianen. Kletternde Bambusen. Wurzelkletterer. Cyclanthaceen und Pan- danaceen. Araceen. Ihre Nähr- und Haftwurzeln. Winder. Ranker. Bauhinia- Arten mit bandförmigen, welligen Stämmen. § 4. Die Epiphyten. Vor- kommen. Eintheilung nach der Lebensweise in Protoepiphyten, Hemiepiphyten, Nestepiphyten und Cisternepiphyten. Charakteristik der Gruppen. Wasserspeicher. Velamen der Orchideen und Araceen. Unbelaubte Orchideen. Der Banyan. Humussammelnde Orchideen. Farne mit Sammeltrichtern und mit Nischenblättern. Bromeliaceen. Wasseraufnahme durch die Blätter. Beleuchtung der Epiphyten. Epiphyllen. Vertheilung der Epiphyten auf demselben Baume. § 5. Die Knospen. Unbeschützte Knospen. Schutzmittel activer Knospen. Das Aus- schütten des Laubes. Hängeblätter und Hängezweige. Blüthenknospen unter Wasser. Blüthenknospen mit Wasserkelchen. § 6. Cauliflorie. Stamm- Und Astcauliflorie. Unbelaubte fertile Zweige. § 7. Saprophyten und Parasiten. Chlorophyllfreie Orchideen, Burmaniaceen, Triuridaceen, Gentiana- ceen. Loranthaceen. Balanophoraceen. Rafflesia.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten .... 37° 1. Allgemeine Eigentümlichkeiten der Vegetation periodisch trockener Tropengebiete. Formationen. Xerophile Bäume. Xerophile Sträucher. Lianen. Epiphyten. 2. Die Gehölzformationen der perio- disch trockenen Tropengebiete. § 1. Allgemeines. Veränderung der Gehölzvegetation beim allmählichen Uebergang aus immerfeuchten in periodisch trockene Gebiete. Haupttypen der Gehölze: Monsunwald, Savannenwald, Dorn- wald. — § 2. Die tropophilen und xerophilen Gehölze Indiens.

XII Inhaltsverzeichniss.

Seite Die Waldvegetatioa in Pegu nach F. Kurz. Die Wälder von Tectona grandis in Ost -Java. §3. Die Gehölze des tropischen Ost-Afrika. Engler's Darstellung der Formationen. §4. Tropophile und xerophile Gehölze im tropischen Amerika. Savannenwälder in Venezuela. Die Dorngebüsche (Caatingas) Brasiliens. Dorngebüsch auf Kalkhügeln in Minas geraes. 3. Die tropischen Grasflurformationen. § 1. Allgemeiner Charakter der Savannen. § 2. Afrikanische Savannen. Die Savannen an der Loango- Küste nach Pechuel- Lösche. Der Baobab. Ostafrikanische Savannen nach H. Meyer und nach Engler. § 3. Amerikanische Savannen. Die Llanos. Die Campos Brasiliens, nach Warnung.

VI. Edaphischc Wirkungen in den Tropen 405

1. Bdaphiflohe Wirkungen in tropischen Binnenländern. §1. Der

Laterit. Physikalische und chemische Eigenschaften. Wirkungen auf die Vege- tation. Eng -Wälder in Birmah. § 2. Der Kalk. Ungünstiger Einfluss auf die Vegetation in den Tropen. Vorkommen der Dornwälder auf Kalkboden. § 3. Der Humus. Seine relativ schwache Entwickelung in den Tropen. Fehlen der Torfbildung. Der Regur in Süd -Indien. §4. Kiesböden. Die Sal- Wälder Vorder -Indiens. Bambusenwälder. § 5. Sumpfboden. Palmen- bestände. Die Sumpfwälder in Pegu. Nicht bewaldete Sümpfe. § 6. Die Fumarolen auf Java. Xerophile Vegetation. 2. Die Formationen des tropischen Meeresstrandes. § 1. Ei nth eilung. § 2. Offene For- mationen des sandigen Strandes. Pescaprae* Formation. Strandsträucher. Pandanus. § 3. Strandgehölze oberhalb der Fluthlinie. Vor- kommen derselben im malayischen Archipel, in Pegu, in Ost -Afrika. Oekologische Eigenthümlichkeiten. Casuarina -Wälder. § 4. Die Gehölz formationen im Bereich der Fluth. Mangrove oder Fluthgehölze. Die östliche Man- grove. Charakterpflanzen. Oekologische Eigenthümlichkeiten. Rhizophora mucro- nata. Viviparie und Keimung bei Rhizophoraceen , Avicennia und Aegiceras. Habitus der Mangrovegewächse. Stelzwurzeln. Pneumatophoren. Physiognomie des Mangrovewaldes in Süd -Java. Nipaformation. Uebergang in die Festland- formationen. Die westliche Mangrove. § 5. Geographische Verbrei- tung der tropischen Strandformationen.

Zweiter Abschnitt.

Die temperirten Zonen.

I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer

Wirkungen auf Vegetation und Flora 440

1. Allgemeine Eigenthümlichkeiten der temperirten Klimate. § 1.

Die Wärme. Grosse Unterschiede der Temperatur. Seeklima und Continental- klima. Isothermen des Januar und Juli. Tägliche Oscillationen. § 2. Das Licht. Zonenartige Gliederung der Beleuchtung. Absorption und Diffusion des Lichtes in verschiedenen Breiten. § 3. Die Hydro meteore. Periodicität und Menge der Niederschläge. Bedeutung für den Boden. 2. Einige all- gemeine Wirkungen der temperirten Klimate auf das Pflanzenleben. § 1. Wärme Wirkungen. Ueberwiegende Bedeutung derselben. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Gürtel der müden und Gürtel der kalten Winter. Ver- breitung der Arten. Mesotherme Pflanzen. Ungleichheit des ökologischen Tem- peraturoptimum. — § 2. Lichtwirkungen. Lichtmenge und Lichtintensität. Schattenlicht in den temperirten Zonen. Fixe Lichtlage des Laubes. § 3.

Inhaltsverzeichnis. XIII

Seite Wirkungen der Hydrometeore. Geringere Bedeutung im Vergleich zu

den Tropen. Floristischer Charakter der temperirten Zonen. Ueber-

sicht der mesothermen Formenkreise.

II. Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen 460 Einleitung. 1, Stoff- und Kraftwechsel der mesothermen Pflan- zen in verschiedenen Jahresseiten. § 1. Die Periodicität beim Kirschbaum. Aeusserlich sichtbare Vorgänge. Entwickelung der Blüthen- knospen beim Kirschbaum. Grosse Periode und Temperatur. Ruhezeit und Temperatur. Die Kohlehydrate in den activen und in den ruhenden Perioden. Wirkungen der Temperatur auf Lösung und Regeneration der Stärke. § 2. Stärkebäume und Fettbäume. Ursachen von Entstehung und Verschwinden des Fettes. §3. Theorie des Forcirens. Die beiden Zustände des Proto- plasma. Der ruhende Zustand durch niedere Temperaturen verlängert. Unter- drückung der Verlängerung. Oekologisches Temperaturoptimum in der activen Periode mit den natürlichen Temperaturen im Einklang. §4. Periodicität krautiger Gewächse. Das Süsswerden der Kartoffel. § 5. Kälte und Trockenheit. Aehnliche Wirkungen von Winter und Trockenzeit. 2. Peri- odische Vegetationsbilder. § 1. Allgemeines. Winterliche Erscheinungen. Winterblüthler in Japan. Kälte und Blüthenentwickelung. § 2. Periodische Erscheinungen in den südlichen temperirten Zonen. Chile. Kapland. Südaustralien.

III. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln 477

§ 1. Allgemeines. § 2. Die subtropischen Gebiete. Florida. Süd- Brasilien. Paraguay. § 3. Warmtemperirte Gebiete ohne Trocken- zeit. Klima des temperirten Regenwaldes. Süd -Japan. Neu -Seeland. Süd- Chile. Grasflurklima der Falklands - Inseln. § 4. Das temperirte Süd- afrika. Regenprovinzen und Vegetationsprovinzen. Die Südwestküste mit Winterregen. Klima der immergrünen Hartlaubgehölze. Die Süd- und Ostküste mit Frühjahr- und Sommerregen. Klima der Savannen. Das innere östliche Süd- Afrika (Transvaal und Oranje) mit Sommerregen. Klima der Steppen. § 5. Sommerfeuchte warmtemperirte Gebiete. Uebergangsklima in Nord- Argentinien. Parklandschaften. Klima der Pampas. Klima der westargen- tinischen Dorngehölze (Espinal). § 6. Winterfeuchte warmtemperirte Gebiete. Klima der immergrünen Hartlaubgehölze. West- und Süd -Australien. Mittleres Chile. Mittelmeerländer. Californien. Schluss.

IV. Die immerfeuchten und die sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel 500

1. Die subtropischen und die temperirten Begenwalder. § 1. Die

subtropischen Regenwälder. Charakter. Verbreitung. Süd - Brasilien. Nord -Argentinien. Goldküste und Florida. § 2. Der temperirte Regen- wald im Allgemeinen. Oekologischer und floristischer Charakter. Ver- breitung. — § 3. Der neuseeländische Regenwald. Darstellung Hoch- stetter's. Oekologische Merkmale nach Dieb. §4. Der australische temperirte Regenwald. § 5. Der temperirte Regenwald in Süd- Japan. § 6. Der temperirte Regenwald in Süd-Chile. Valdivien nach Philippi. Juan Fernandez nach Johow. 2. Die xerophilen Gehöla- formationen der warmen temperirten Gürtel. § 1. Dorngehölze. Charakter und Verbreitung. „Espinalformation" in Argentinien. § 2. Sa- vannenwälder. Cebilwälder in Nord - Argentinien. Eucalyptus - Wälder in Australien. 3. Die Grasflurformationen der warmtemperirten Gürtel. § I. Verbreitung. Nördlicher Gürtel. Savannen in Texas und Neu-Mexico.

XIV Inhaltsverzeichniss.

Seite

§ 2. Südafrikanische Grasfluren. Thode über Britisch-Kaffrarien. Trans- vaal. — § 3. Die Pampas. Schilderung durch Lorentz. §4. Die austra- lischen Grasfluren. Die südaustralischen Savannen nach Schomburgk.

V. Die winterfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel . . 538

§ I. Die Hartlaubgehölze im Allgemeinen. Verbreitung und öko- logischer Charakter der Formationen. Blattstructur. Nebenbestandtheile. Existenz- bedingungen. — § 2. Die Hartlaubgehölze der Mittelmeerländer. Maquis. Physiognomie. Systematische Zusammensetzung. Charakter -Gewächse. § 3. Die kapländischen Hartlaubgehölze. Niedrige Gebüsche. Seltenheit der Bäume. Vorwiegen kleiner linealischer Blätter. § 4. Süd- und westaustralische Hartlaubgehölze. Oekologische Aehnlichkeit mit anderen Hartlaubgehölzen. Vorherrschen schmal elliptischer Blätter. Der südwestliche „Scrub" nach Schomburgk und nach Behr. § 5. Die kalifor- nischen Hartlaubgehölze. Oekologischer und systematischer Charakter. Gesträuche. Hochwälder von Sequoia sempervirens. Die ,,Chaparralsu. § 6. Die chilenischen Hartlaubgehölze. Oekologie und systematische Be- standtheile.

VI. Gehölzklima und Grasflurklima in den kalttemperirten Gürteln 573

§ 1. Allgemeines. § 2. Wald und Prärie in den Vereinigten Staaten. Vier Klima- und Vegetationsgebiete. Mittlerer Regenfall in den vier Gebieten. Die Winde. § 3. Klima und Vegetation in Russ- land. Das Klima der Steppen. Ungleiche Windverhältnisse in Nord- und Süd-Russland. Klimatische Verhältnisse im mittel- und nordrussischen Walde. § 4. Das ungarische Tiefland. Hunfalvy über das ungarische Steppen- klima. — § 5. Das kalttemperirte Ost-Asien. Niederschlagsverhältnisse. Vertheilung von Wald- und Grasflur.

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel 586

1. Allgemeine Oekologie des Sommerwaldes. § 1. Einleitung. Tropophiler Charakter des Waldes in den kalttemperirten Gürteln. Nadelwald und Laubwald. § 2. Der winterkahle Laubwald, Vergleich mit dem Regenwald. Ueppige Entwickelung an Gewässern. Lichtwirkungen. Unterholz. Lianen. Fehlen oder Seltenheit höherer Epiphyten. Optimale Beleuchtung der Schattenflora. Lichtbedürfniss von Hepatica triloba und anderen Schattenpflanzen. Structur der Bäume. Ihre Zweigordnung, ihre Blätter. Vergleich der Bäume mit denjenigen xerophiler tropischer Gehölze. Structur der Sträucher. § 3. Der Nadelwald. Beleuchtung. Xerophile Structur der Bäume. Tropophile Lebensweise. Immergrüne Laubhölzer. 2. Speoielle Darstellungen. § 1. Nordamerika. Gliederung des nordamerikanischen Waldes nach Sargent. Der subpolare oder nördliche Waldgürtel. Der atlantische und der paeifische nördliche Wald. Die paeifischen Wälder sind Nadelwälder. Der paeifische Küstenwald. Nördlicher Theil desselben. Wald der Sierra Nevada. Sequoia gigantea. Der paeifische Binnenwald. Dürftiger Charakter. Atlantische Wälder. Provinz der Weyniouthkiefer. Oekologischer und floristischer Charakter. Der sommergrüne Laubwald des Mississippi und der atlantischen Ebene. Die Waldungen von Nord-Carolina nach W. W. Ashe. § 2. Europa. Urwälder in Böhmen nach Göppert. Wald an den östlichen Gestaden des Schwarzen Meeres. § 3. Sibirien und Ostasien. Vergleich des sibirischen Waldes und des subpolaren nordamerikanischen Waldes. Physiognomie des sibirischen Waldes nach Middendorf. Ostasiatische Wälder in Kamtschatka, am Amur, auf Sachalin. Die Soinmerwälder Japan's nach Rein und Mayr. § 4- Die Wälder Feuer- land's. Ihr Charakter nach Düsen.

Inhaltsverzeichniss. XV

Seite

VIII. Die Grasflurformationen der kalttemperirten Gürtel ... 622 1. Allgemeine Oekologie. Wiese und Steppe. Schutzmittel der Wiese

gegen die winterliche Trockenheit. Hygrophiler Charakter in der Vegetationszeit. Xerophile Structur der Steppenpflanzen. 2. Vegetationsbilder aus Wiesen- und Steppengebieten. § i. Die Wiesen. Europäische Wiesen. Wiesen in ostasiatischen Parklandschaften und in Nord- Amerika. § 2. Die Steppen. Westlicher Theil der nordamerikanischen Prärie. Die Prärie in Kansas nach Hitchcock, in Nebraska nach Pound und Clements. Die Steppe im Gebiet des Schwarzen Meeres nach Rehmann. Die Hochsteppe bei Alexandrowsk nach Grüner.

IX. Die Wüsten 636

Einleitung. Verbreitung und Klima der Wüsten im Allgemeinen. 1. Die Wüsten der ostlichen Hemisphäre. § 1. Das nordafrikanische und südwestasiatische Wüstengebict. Ausdehnung. Klima. Landschafts- charakter. Flora der Frühlingsregen. Bedeutung des Grundwassers für die Vege- tation. Schutzmittel der Pflanzen gegen Wasserverlust. Wüstenformationen im äquatorialen Ostafrika. § 2. Das west- und centralasiatische Wüsten- gebiet. Klima. Charakterpflanzen. Physiognomie der Wüste am Kaspimeer. § 3. Die südafrikanische Wüste. Ausdehnung. Klima. Vegetations- charakter in der Littoralwüste, in der Karroo. Welwitschia mirabilis. Acan- thosicyos horrida. § 4. Die australische Wüste. 2. Die Wüsten Amerika's. § 1. Die nordamerikanische Wüste. Ausdehnung. Klima. Untere Sonora - Region. Charakterpflanzen. Standorts - Oasen. Obere Sonora- Region. Schutzmittel gegen Trockenheit. Flora der Frühlingsregen. Die „Bad- lands" in Dakota und Nebraska. Wüste Plateaulandschaften am östlichen Fuss der Rocky mountains. § 2. Die mexicanischen Wüsten und Halb- wüsten. Klima. Vegetationscharakter nach G. Karsten. §3. Südamerika- nische Wüsten. Physiognomie der patagonischen Wüste nach Niederlein.

X. Edaphische Wirkungen in den temperirten Zonen 684

1. Allgemeines. 2. Die temperirten Strandformationen. Strandsümpfe, Strandwiesen, Dünen. 3. Die Heide. Calluna vulgaris. Existenzbedingungen. Begleitpflanzen. 4. Die Moore. Wiesenmoore und Torfmoore. Das Torfmoos, Sphagnum. Bedingungen der Ernährung. Fleischfressende Pflanzen der amerika- nischen Moore.

Dritter Abschnitt.

Die arktische Zone.

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation

und Flora 697

1. Charakteristik des polaren Klimas. Allgemeine Eigenschaften. Sommertemperaturen. Unterschiede zwischen der Temperatur der Luft und der- jenigen bestrahlter Gegenstände. Niederschläge. Klimatische Tabellen. 2. Wir- kungen des arktischen Klimas auf das Pflanzenleben. § i.Uebersicht der klimatischen Factoren. § 2. Vegetationszeit und periodische Erscheinungen. Lebensbedingungen der Pflanzen in der Arktis nach Kjellman. Erwachen der Vegetation aus dem Winterschlaf. MiddendorfTs Beobachtungen. Reifen der Früchte. § 3. Wachsthum und Stoffwechsel der Vege- tationsorgane. Zwerghafter Wuchs. Wachsthum bei dauernder und ununter- brochener Beleuchtung. Assimilation im continuirlichen Sommerlicht. Durch continuirliche Beleuchtung bedingte histologische Eigenthümlichkeiten. § 4.

XVI Inhaltsverzeichniss.

Seite Xerophile Structur der Vegetationsorgane. Xerophile Merkmale durch die Bodenkälte bedingt. Polsterform. § 5. Reproductionsorgane. Grosser Blüthenreichthum. Relativ grosse Blttthendimensionen. § 6. An- gebliche Schutzmittel gegen Kälte. 3. Floristisoher Charakter der arktischen Länder. Grönland's Flora nach Warnung. Spitzbergen^ Flora nach Nathorst

II. Die arktischen Pflanzenformationen 720

Die Tundra. Charakteristische Eigentümlichkeiten. Moostundra. Flechten- tundra. Moore. Oasen. Die Tundra im Taimyr-Lande nach Middendorff. Die Formationen Grönlands nach Warming.

Vierter Abschnitt. Die HOhen.

I. Das Höhenklima 726

L Die Luftverdünnung, Abnahme des Luftdrucks bei zunehmender Höhe über dem Meere. Gleichzeitige Abnahme der Lufttemperatur und Zunahme der Wärmestrahlung. Ungleiche Temperatur in Sonne und Schatten auf den Höhen. Nächtliche Abkühlung. Zunahme der Lichtintensität. Reicherer Gehalt des Höhenlichtes an stark brechbaren Strahlen. 2. Die Hydrometeore. Zunahme des Regens bei zunehmender Höhe. Niveau des grössten Regenfalls. Abnahme des Regens oberhalb desselben. Der ewige Schnee. Die Bewölkung. Abnahme des Wasserdampfes auf grossen Höhen. Rascher Wechsel von Feuchtigkeit und Trockenheit der Luft. Grosse Intensität der Verdunstung im Höhenklima.

II. Die Regionen der Vegetation 736

1. Klimatische Faotoren der regionalen Gliederung. Unterscheidung und kurze Charakteristik der drei Regionen: Basale Region, montane Region, alpine Region. Vergleich der Höhenregionen und der Zonen. Frühere Ueber- treibung der Wärmewirkungen. Humboldt's Ansichten. 2. Das Pflansenleben in den Höhenregionen* § 1. Gehölz, Grasflur, Wüste im Hoch- gebirge. Reihenfolge des Gehölzklima, Grasflurklima und Wüstenklima bei zunehmender Höhe. Uebereinstimmung der Formationen in der basalen und montanen Region mit solchen des Tieflands, charakteristisches Gepräge der alpinen Formationen. § 2. Eigentümlichkeiten der alpinen Ge- wächse. Alpine Tracht Krummholz, Sträucher, Polstergewächse, Rosetten- stauden, Gräser. Xerophile Structur. Farbe, Grösse, Geruch der Blüthen. Peri- odische Erscheinungen. Versuche Bonnier's und Kerner's über den Einfluss des Höhenklimas auf die Structur der Pflanzen. Wirkung der einzelnen klimatischen Factoren. Assimilation und Transpiration in der alpinen Region. Zunahme des Zuckers in den Nektarien. Anwendung der Versuchsresultate auf die natürliche alpine Vegetation. § 3. Das Vorkommen alpiner Pflanzenarten in den Tiefländern. Vorkommen tropischer alpiner Pflanzen in tieferen Re- gionen als Epiphyten und in Solfataren. Unterschiede der arktischen und alpinen Pflanzenstructur. §4. Die Höhengrenzen des Pflanzenlebens. Saus- surea tridaetyla.

III. Die Höhenregionen in den Tropen 757

1. Allgemeines. Der temperirte Regenwald der montanen Region in regen- reichen Gebieten. Alpine Region. Krummholz. Alpines Gesträuch. Alpine Steppe. Alpine Niederholzsavanne. 2. Die Regionen in Ost -Asien. Re- gionen in West-Java: Der temperirte Regenwald. Krummholz. Alpine Savanne.

Inhaltsverzeichniss. XVII

Seite Alpine Steppe. Regionen in Ost -Java: Temperirter Savannenwald von Casua- rina. Alpine Steppe. Alpine Sonnen- und Schattenvegetation. Regionen am Kinabalu. Pandanenwald auf dem Lokon, Celebes. Temperirter Regen- wald in der montanen Region auf Ceylon. Nilgiri. 3. Die Regionen im tropischen Afrika. Der Kilimandscharo, nach Volkens. . Xerophiler Charakter der basalen Region. Temperirter Regenwald in der montanen Region. Physiognomie und Flora der alpinen Steppen und Wüsten. 4. Die Begionen im tropischen Amerika. Südamerikanische Cordillere. Temperirter Regen- wald. Krummholz. Paramos. Frailejon. Puna. Mexico. Xerophiler Cha- rakter der basalen Region im mittleren Mexico. Regen wälder. Sommerwälder (Laub- und Nadelwälder) in der montanen Region. Alpine Region. Küsten- gebirge Brasilien' s. Itatiaia. Serra do Picü.

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen 786

1. Begionen in den tropenahnliohen warm temperirten Gebieten.

§ 1. Central -Asien. Himalaya. Regenwälder in Sikkim, Sommerwald im westlichen Himalaya. Pamir. Tibet Regionen im Nan-Schan- Gebirge nach Prschewalski. Alpine Wiesen. Geröllwüste. Kwen-lun -Wälder am Dschachar. Das tibetanische Plateau. §2. Neu-Seeland. Montane Region; Xerophile Gehölze. Buchenwald. Vegetation trockener Triften. Alpine Region: Krumm- holz. Alpine Steinwüste. Polsterpflanzen. § 3. Afrika: Natal. Regionen nach Thode. §4. Süd-Amerika. Argentinische Cordillere. Süd -Chile. 2. Begionen in den Gebieten mit Winterregen. § 1. Mediterran- L an der. Libanon. Atlas. Sierra Nevada. Mt. Ventoux. Apennin. Aetna. Süd-macedonische Gebirge. Athos. Canaren. Lorbeerwald in der montanen Region der Canaren. § 2. Amerika. Californien. Chile. 3. Kegionen in den kalttemperirten Gürteln. § 1. Die Schweiz. Wälder der ba- salen und montanen Region. Alpine Region. Krummholz. Rhododendron. Gesträuch. Alpine Grasfluren. Felsenflora. Flora und Klima des Theodul-Pass. § 2. Tabellen. Regionen in der Tatra; in den Pyrenäen; im Kaukasus; im Tien-Schan ; am Altai ; am Ontake ; in den White Mountains ; in den Rocky mountains; in Feuerland.

Fünfter Abschnitt.

Die Vegetation der Gewässer.

I. Allgemeine Lebensbedingungen der Wasserpflanzen . . . . 817

§ 1. Halophyten und Nichthalophyten. Salzige, süsse, brackische Gewächse. § 2. Gliederung der Wasservegetation. Horizontale Gliederung. Verticale Gliederung. Lichtregionen. Benthos, Plankton, Hemi- plankton. Physik und Chemie des Substrats. § 3. Periodische Erschei- nungen. — § 4. Specielle Betrachtung der Factoren. Salze. Tem- peratur. Licht.

II. Die Vegetation des Meeres 822

Einleitung. Die Familien der Meeresflora. 1. Das Benthos. § 1. All- gemeines. Lithophyten, Sand- und Schlammpflanzen. Epiphyten. Photische Region: Auftauchender Gürtel, untergetauchter Gürtel. Horizontale Gliederung.

§ 2. Das Benthos der tropischen Meere. Sargassum. Pflanzen- armuth des auftauchenden Gürtels. § 3. Das Benthos der warmtempe- rirten Meere. Gliederung desselben im Golf von Neapel, nach Berthold. Vorwiegende Bedeutung des Lichtes. Lichtperiodicität und Bewegungsperiodicität.

§ 4. Das Benthos der kalttemperirten Meere. Vorherrschen der

XVIII Inhaltsverzeichniss.

Seite Braunalgen. Auftauchender und untergetauchter Gürtel. Zurücktreten der Licht- wirkungen. Temperatur und Periodicit&t. Laubwechsel. Südliche temperirte Meere. § 5. Das arktische Benthos. Grosse Ueppigkeit. Rolle der Fucaceen und der Laminariaceen. Standorte. Periodicität 2. Das pelagißche Plankton. Systematische Zusammensetzung. Oekologische Eigenthümlichkeiten. Lichtregionen. Klimazonen.

III. Die Vegetation des Süsswassers 845

1. Systematische und ökologische Uebersicht« Die Pflanzenfamilien des Süsswassers. Eintheilung der Formen in fünf ökologische Typen. 2. Das pflanzliche Benthos des Süsswassers. § 1. Allgemeines. Vorherrschen der photischen Region. § 2. Gliederung der Vegetation. Gürtelartige Anordnung in der photischen Region. Kalkabsondernde Cyanophyceen. Dyspho- tische Region. 3. Das limnetisohe Plankton der Süsswasserseen. Flo- ristisches und Oekologisches. 4. Die fliessenden Gewässer. Schwimmende Vegetation. Lithophyten der reissenden Ströme. Podostemaceen. 6. Periodische Erscheinungen der Süsswasserflora. Benthos und Plankton in verschie- denen Jahreszeiten. 0. Die Schnee- und Eisflora. Ursache und Verbreitung des rothen Schnees. Sphaerella nivalis. Andere Mikrophyten des Schnees und Eises.

ERSTER THEIL.

DIE FACTOREN.

Schimper, Pflanxengeographie.

I. Das Wasser.

1. Die Vegetationsorgane der Landpflanaeru § i. Allgemeines. Hygro- phyten und Xerophyten. Ombrophobie und Ombrophilie. Physikalische und physiologische Trockenheit. Eigenschaften der Tropophyten. Klimatische und edaphische Xerophyten, Hygrophyten und Tropophyten. § 2. Die Xerophyten. Die Wasseraufnahme herab- setzende Factoren. Die Transpiration fördernde Factoren. Xerophile Structur. Schutzmittel gegen Wasserverlust. Wechselbeziehungen der Xerophyten verschiedener Standorte. § 3. Die Hygrophyten. Wiesner's und Lothelier's Versuche. Hygrophile Structur. Entfernung überschüssigen Wassers: Träufelspitze, Hydathoden etc. §4. Die Tropophyten. Tropophile Structur. Der Laubfall. 2. Die Vegetationsorgane der Wasserpflanzen. Structurveränderung submers wachsendsr Landpflanzen. Eigen thümlichkeiten echter Wasser- pflanzen. 3. Das Wasser und die Beproduction. Nachtheiliger Einfluss der Feuchtig- keit auf die Sexualsphäre. Die sexuelle Reproduction bei den Wasserpflanzen. 4. Das Wasser und die Samenverbreitung. Anpassungen von Früchten und Samen an Ver- breitung durch Wasserströmung. Die Auswürfe des Meeres. Die neue Flora von Krakatau.

Unter den auf das Pflanzenleben wirkenden Factoren ist keiner so durchsichtig als der Einfluss des Wassers. Der Transpirationsstrom lässt sich von dem Augenblicke seines Eintritts bis zu demjenigen seines Austritts Schritt für Schritt verfolgen, die physiologischen Vorgänge der Aufnahme, Fortleitung und Ausscheidung des Wassers sind in vielen Punkten aufgeklärt, die Structur der das Wasser aufnehmenden, fort- leitenden, ausscheidenden und speichernden Organe ist genau untersucht worden und die Theorie des Zusammenwirkens aller dieser Factoren ist in der Hauptsache vollendet. Das Wasser ist aus diesem Grunde in erster Linie zu berücksichtigen, wo es sich darum handelt, in den Eigenthümlichkeiten der Vegetation eines Gebiets den Antheil von Klima und Boden nachzuweisen.

1. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen.

§ I . Allgemeines. Aufnahme und Abgabe des Wassers durch die Pflanze sind von äusseren Bedingungen abhängig. Die letzteren sind aber in der Natur sehr ungleich und haben entsprechend der Anpassungs-

4 I. Das Wasser.

fähigkeit der Organismen, ungleiche Vorrichtungen zur Regelung des Transpirationsstromes hervorgerufen. Die Structur mancher Ge- wächse begünstigt den Austritt des aufgenommenen Wassers, diejenige anderer erschwert denselben

Vorrichtungen zur Förderung der Wasserabgabe sind charakte- ristisch für die Hygrophyten, d. h. diejenigen Gewächse, deren Existenzbedingungen die Gefahr des Austrocknens ausschliessen und mit derjenigen einer Stockung des die Nährsalze ihren Verbrauchsorten zufuhrenden Transpirationsstroms verknüpft sind. Erschwerte Wasser- versorgung führte dagegen zur Entstehung von Mitteln zur Förderung der Absorption und zur Verzögerung der Transpiration; mit Vorrich- tungen der letzteren Art sind die Trockenpflanzen oder Xerophyten ausgerüstet.

Wiesner (IV) hat einen weiteren, jedoch anscheinend nicht ganz durchgreifenden und jedenfalls noch weiterer Prüfung bedürftigen Unter- schied zwischen Hygrophyten und Xerophyten entdeckt. Letztere gehen bei andauernden Niederschlägen schon nach zwei oder drei Tagen zu Grunde ; sie sind regenscheu, ombrophob, die Hygrophyten hingegen sind in der Regel ombrophil. Letzteres gilt namentlich von den Pflanzen sehr regnerischer Klimas; z. B. ist die Vegetation Westjavas (Buitenzorg) nach Wiesner ombrophil. Dagegen giebt es in unserem massig feuchten Klima ombrophobe Hygrophyten, wie Impatiens noli tangere. Die Ombrophobie macht sich in diesem und den anderen Fällen schon äusserlich bemerkbar: Ombrophiles Laub ist be- netzbar, ombrophobes unbenetzbar.

Man pflegt als Hygrophyten die Pflanzen feuchter, als Xerophyten die Pflanzen trockener Standorte zu bezeichnen, ohne zu bedenken, dass es sich bei Organismen um physiologische, bei Standorten aber um physikalische Eigenschaften handelt, und dass ein vollkommener Paral- lelismus zwischen beiden Gruppen von Eigenschaften nicht nothwendig besteht. In der That ist ein sehr nasses Substrat für die Pflanze voll- kommen trocken, wenn sie ihm kein Wasser zu entnehmen vermag, während ein Boden, der uns vollkommen trocken erscheint, manche genügsame Pflanze hinreichend mit Wasser versorgt. Es muss zwischen physikalischer und physiologischer Trocken- heit, bezw. Feuchtigkeit unterschieden werden; letztere allein kommt für das Pflanzenleben, also auch für die Pflanzengeographie, in Betracht. Physiologischer Feuchtigkeit entspricht eine hygrophile, physiologischer Trockenheit eine xerophile Vegetation.

Xerophyten und Hygrophyten sind durch Uebergänge verbun- den, welche die Grenze zwischen diesen beiden grossen ökologischen Klassen verwischen; auch dürfte der Versuch, eine solche auf Grund

I. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen. tj

von Zahlen aufzustellen, ein ebenso aussichtsloses wie unnützes Unter- nehmen sein. Thatsächlich hat die hier unvermeidliche Willkür keine so grosse Verwirrung, als man es vielleicht hätte erwarten dürfen, ver- anlasst. Dagegen würde die Aufstellung einer besonderen Categorie, welche die weder ausgesprochen xerophilen noch die ausgesprochen hygro- philen Gewächse umfassen würde, die Verwirrung ohne Zweifel anbahnen. Nothwendig erscheint es hingegen, diejenigen Gewächse in eine dritte Klasse zu unterbringen, deren Existenzbedingungen, je nach der Jahreszeit, diejenigen von Hygrophyten oder von Xerophyten sind. Solche Pflanzen, zu welchen z. B. der grossen Mehrzahl nach diejenigen unserer Flora gehören, sollen Tropophyten genannt werden. Die Structur der perennirenden Theile ist bei ihnen xerophil; die der nur während der nassen Jahreszeiten vorhandenen hygrophil.

Die Unterscheidung der Pflanzenformen in Hygrophyten, Xero- phyten und Tropophyten ist der erste Schritt zum physiologischen Verständniss der Pflanzendecke und ihrer Glieder, der Formationen. Weite Gebiete, z. B. ein grosser Theil der Küsten- und Gebirgsland- schaften der Tropen sind durch Hygrophyten, andere, wie die Steppen, die Wüsten, die Polarländer durch Xerophyten, andere noch, wie der grösste Theil der nordtemperirten Zone, durch Tropophyten beherrscht. Es giebt Hygrophyten-, Xerophyten-, Tropophyten-Klimate. Ein jedes Klimagebiet zeigt neben dem entsprechenden ökologischen Vegetationstypus, an bestimmten Standorten einen der beiden anderen, indem die Eigenschaften gewisser Bodenarten den Einfluss des Klimas abschwächen oder aufheben. Einflüsse des Bodens sollen als edaphisch1) bezeichnet werden. Es giebt klimatische und edaphische Hygrophyten, Xerophyten, Tropophyten.

Die durch die physiologische Feuchtigkeit oder Trockenheit be- dingten Merkmale geben der Vegetation der Gebiete2) und derjenigen der einzelnen Standorte in diesen Gebieten ihr charakteristisches physio- gnomisches oder besser ökologisches Gepräge. Auch die systematische Pflanzengeographie muss diese Unterschiede zu den wichtigsten rechnen, denn es giebt auch hygrophile, tropophile und xerophile Arten. Es giebt jedoch auch Arten, und dieses ist für den Systematiker wie für den Physiologen gleich wichtig, welche sich den wechselnden Be- dingungen der Feuchtigkeit so vollkommen anpassen, dass ihre extremen Formen zu ungleichen Arten zu gehören scheinen, aber durch Aende- rung der Feuchtigkeit in einander übergeführt werden können.

*) T6 Idacpog, Der Boden.

*) Die durch die Wärme bedingten Zonen sind durch die Hydrometeore in Gebiete zergliedert. Vgl. Thl. III. Einleitung.

6 I. Das Wasser.

§ 2. Die Xerophyten. Physiologische Trockenheit wird entweder durch die Absorption herabsetzende oder durch die Transpiration för- dernde äussere Factoren, am häufigsten jedoch durch die Combination von Einflüssen aus beiden Gruppen bedingt.1)

A. Die Wasseraufnahme herabsetzende Factoren.

i. Geringer Gehalt des Bodens an freiem Wasser, d. h. von Wasser, das von den Bodentheilchen schwächer als von den Wurzeln angezogen wird. Je nach ihrer physikalischen Beschaffenheit sind verschiedene Böden physiologisch sehr ungleich trocken. (Vgl. V. Der Boden.)

2. Reichthum des Bodens an gelösten Salzen. Geringe Salzmengen wirken fördernd, grössere hemmend auf die

Wasseraufnahme. Der Grad der Concentration, bei welchem die Ver- langsamung eintritt, ist nach der Pflanzenart verschieden, übertrifft aber wohl nie 0.5 °/0. Salzmischungen wirken mehr verlangsamend als reine Salze, gewisse Salze, z. B. Chlornatrium, energischer als gewisse andere, z. B. Salpeter. (Vgl. V. Der Boden.)

3. Reichthum des Bodens an Humussäuren.

4. Niedere Temperatur des Bodens.

Ein gefrorener Boden ist für alle Pflanzen völlig trocken, ein wenige Grade warmer für die meisten Pflanzen nahezu trocken. Die untere Temperaturgrenze der normalen, d. h. zur Deckung der Transpiration bei offenen Spaltöffnungen genügenden Wasserabsorption ist specifisch ver- schieden und liegt bei Pflanzen warmer Zonen meist weit höher als bei solchen, zu deren Lebensbedingungen niedere Temperaturgrade gehören.

B. Die Transpiration beschleunigende Factoren.

1. Trockenheit der Luft.

Obwohl ein physiologischer, nicht ein rein physikalischer Vorgang, verhält sich die Transpiration in dieser Hinsicht im Wesentlichen wie die Verdampfung. Sie nimmt mit der Trockenheit der Luft beständig zu.

2. Hohe Lufttemperatur.

Die Transpiration steigt bis zu einem, nach der Art wechselnden Maximum , oberhalb welches pathologische Veränderungen zunächst eine Verminderung bewirken.

3. Verdünnung der Luft.

Die Abnahme des Luftdrucks wirkt beschleunigend auf die Tran- spiration, jedoch nicht direkt, wie bei der Verdampfung, sondern nur indirekt durch Beschleunigung der Diffusion des Wasserdampfes.

4. Licht.

Die Transpiration ist intensiver im Lichte als in der Dunkelheit und steigt mit der Intensität der Beleuchtung. Die wirksamen Strahlen

*) Schimper I.

i. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen. j

sind, nach Wiesner, in erster Linie die blauen, in zweiter die rothen, während die grünen nur schwachen Einfluss ausüben. Unter den die Transpiration beschleunigenden Factoren sind Temperatur und Licht die schwächsten und genügten für sich allein nicht, um einen aus- gesprochen xerophilen Charakter hervorzurufen.

Alle Pflanzen, deren äussere Lebensbedingungen den einen oder anderen der erwähnten Factoren oder eine Combination mehrerer derselben in sich schliessen, be- sitzen, mit Ausnahme der eben erwähnten beiden Factoren (Licht, Temperatur), die Structur und Eigenschaften von Xero- phyten.

Xerophile Structur. Wie bereits erwähnt, vermögen manche Pflanzen unter sehr ungleichen Bedingungen der Wasserversorgung zu gedeihen, indem sie ihre Structur entsprechend den äusseren Ein- flüssen gestalten. Diesbezügliche Versuche sind namentlich für vier der aufgezählten Factoren, nämlich Trockenheit des Substrats, Trocken- heit der Luft, Salzgehalt des Substrats und Beleuchtung, ausgeführt worden. Hauptsächlich wurden die Blätter, als wichtigste Organe der Transpiration, untersucht.

Alle Experimente führten im Wesentlichen zu gleichen Ergebnissen. Aeussere Bedingungen, welche, sei es durch Verminderung der Wasser- aufnahme, sei es durch Beschleunigung der Wasserabgabe, das Gleich- gewicht zu Gunsten der letzteren stören, bedingen in der Regel folgende Abweichungen von der normalen Structur: i) Reduction der Ober- fläche bei gleichem Volum. 2) Reduction der luftführenden Intercellu- laren. 3) Zunahme der Gefasse und des Sklerenchyms. 4) Verlängerung der Palissaden. Ausserdem häufig, aber nicht allgemein: 5) Zunahme der Aussenwand der Epidermis an Dicke und Cutingehalt. 6) Ein- senkung der Spaltöffnungen. 7. Zunahme luftführender Haare. 7) Auf- treten wasserspeichernder Zellen (Doppelte Epidermis, Wassergewebe, Schleimzellen etc.). (Fig. 1.)

Mit Ausnahme der Zunahme des Sklerenchyms und der Verlänge- rung der Palissaden erscheinen die erwähnten Veränderungen geeignet, der Gefahr übermässigen Wasserverlustes möge dieselbe durch zu geringe Wasseraufnahme oder zu grosse Transpiration bedingt sein entgegenzuwirken. Durch Reduction der Blattgrösse und der Inter- cellularen wird die transpirirende Oberfläche für die gleiche Menge Pflanzensubstanz kleiner, durch Zunahme der Gefasse wird die Wasser- zufuhr erleichtert; die dickere Cuticula, luftführende Filz- oder Seiden- haare, die Einsenkung der Spaltöffnungen setzen die Transpiration herab; die Wasserzellen thun einerseits das gleiche, andererseits aber füllen sie sich in Augenblicken gesteigerter Wasserzufuhr und entleeren sich bei eintretendem Wassermangel in die assimilirenden Zellen.

8

I. Das Wasser.

Gewöhnlich wird der Besitz solcher Schutzmittel, wie sie eben geschildert wurden, als die Folge starker Transpiration bezeichnet, jedoch mit Unrecht. Wir sehen dieselben sowohl bei schwacher Transpiration, z. B. auf trockenem

Fig. I. Einfluss der Transpiration auf die Ausbildung der Laubblattgewebe. I. Lactuca Scariola. Querschn. durch ein Sonnenblatt. 2. Dieselbe. Schattenblatt. 3. Robinia Pseudacacia, in gewöhnlicher Luft. Querschn. des Blattes. 4. Dieselbe, in dampfgesättigter Luft. 5. Sonneratia acida auf nassem Salzboden. Blattquerschn. 6. Dieselbe auf gewöhnlichem Boden (Hort. Bogor., Blattquerschn.). 7. Sonneratia acida auf Salzboden. Epid. u. Spaltöfln. 8. Dieselbe auf gewöhnl. Boden. I 2 nach Stahl, 3 4 nach Lothelier, 5 8 nach der Natur.

oder salzreichem Boden, als bei starker Transpiration, z. B. in trockener Luft auftreten. Andererseits besitzen Pflanzen des feuchten Bodens eine lebhafte Transpiration (Gain) und doch entbehren sie in der Regel der xerophilen Structur. Nicht die absolut, sondern die relativ, d. h. im Verhältnis zur Wasser- zufuhr starke Transpiration fuhrt zur Entwickelung von Schutzvorrichtungen.

i. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen. 9

Die z. B. von Kohl versuchte causalmechanische Erklärung, der zu Folge die starke Transpiration Ursache, die Modification der Structur Wirkung sein soll, wie bei einem einfachen physikalischen Vorgange, wird durch solche

Fig. 2. Xerophile Structur. Trockenes Klima (Temper. Australien), a Spaltöffnung von Franklandia fucifolia. b von Eucalyptus giganteus. Nach Tschirch.

Fig. 3 und 4. Xerophile Structur. Nasser Salzboden. Links Oberseite des Blattes

von Aegiceras majus. Mangrove, Java. Vergr. 260. Rechts Spaltöffnung und Epidermis der

Blattunterseite von Rhizophora mucronata. Mangrove, Java. Vergr. 550.

Xerophile Structur. Kalter Boden. Grönland. Fig. 5 (links) Blattquerschnitt von Dryas integrifolia. Fig. 6 (rechts) Theil des Blattquerschn. von Loiseleuria procumbens (B Palis- saden, FAussenwand d. Epid., c Cuticula, A1 Zellraum d. Epid., g Innenwand d. Epidermis).

Nach Warming.

Thatsachen widerlegt. Mit grösserer Wahrscheinlichkeit könnte man in der wechselnden Concentration des Zellsaftes die erste Ursache erblicken, d. h. das auf das Plasma einwirkende Reizmittel, da dieselbe sowohl durch un- genügende Wasserzufuhr wie durch zu starke Transpiration sich steigert. Aber auch diese Annahme erklärt keineswegs die Zweckmässigkeit der geschilderten

IO

I. * Das Wasser.

Structuren. Letztere beruht auf einer im Kampfe ums Dasein erworbenen Anpassungsfähigkeit, die sich zur Zeit, wie alle eigentlichen Lebensvorgänge, der physikalischen Erklärung entzieht.

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AUfc .rjij

Fig. 7. und 8. Xerophile Structur. Alpines Klima. Links Myrica javanica. Stück

des Blattquerschnitts. Gedeh, Java. 2900 m. Rechts Photinia integrifolia. Unter- und

Oberseite des Blattes. Ardjuno, Java. 3300 m. Vergr. 200.

Fig. 9. Xerophile Structur. Trocken-heisses Klima. Algierische und marokkanische Wüste. Zygophyllum cornutum, eine Blattsucculente. Nat. Gr. Nach Engler in : Die natürL

Pflanzenfamilien.

Die wichtigsten natürlichen Gebiete und Standorte, in welchen physiologische Trockenheit herrscht und wo demgemäss nur Xerophyten gedeihen, sind nach ihren physikalischen Eigenschaften gruppirt, folgende:

I. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen.

II

i) Wüsten-, Steppen- und andere Gebiete mit trockenem Sub- strat und trockener Luft, zeitweise oder dauernd grosser Hitze und intensiver Beleuchtung.

2) Baumrinden und Felsen. Rasches Vertrocknen des

Substrats in Folge mangeln- der Tiefe.

3) Sandboden, Gerolle etc. Rasches Vertrocknen des Sub- strats wegen grosser Durch- lässigkeit.

4) Meeresstrand , Solfata- ren etc.

Reichthum des Bodens an gelösten Salzen.

5) Torfmoore. Humussäuren im Boden.

6) Polargebiete; Nähe der Gletscher im Hochgebirge. Nie- dere Bodentemperatur.

7) Alpine Höhen. Verdünnte Luft und starke

Insolation charakterisiren das alpine Klima.

Die Pflanzen aller dieser Standorte sind mit Vorrich- tungen zum Schutz der Tran- spiration versehen; sie sind Xerophyten. Namentlich ver- breitet zeigt sich bei ihnen Reduction der Oberfläche. Mit zunehmender Trockenheit im physiologischen Sinne , wer- den die Blätter an Oberfläche kleiner, aber entsprechend dicker, lederartig (Sklerophyllen) oder fleischig (Chylophyllen oder Blattsucculenten), oder sie werden rudimentär und hin- fällig (Aphyllen). Im letztern Falle sind die Axen chlorophyllreich und verrichten die Function der Assimilation. Sie sind bald schlank, ruthenähnlich, saftlos und hart, wie bei Ephedra, Spartium u. A. (Sklero- kaulen), oder sie verkürzen sich unter Dickenzunahme oft bis zur

Fig. 10. Xerophile Structur.

Nasser Salzboden. Batis maritima. Eine

Blattsucculente des tropischen Strandes. Pflanze.

Nat. Gr. Nach Dammer in: Die natürlichen

Pfl anzenf amilien.

12 I. Das Wasser.

Kugelform und füllen sich mit schleimigem Safte, wie bei den Cacteen (Chylokaulen oder Stammsucculenten).

Fig. 1 1 . Xerophile Structur. Trockenes Substrat (Baumrinden und Felsen). / Octomeria sp. 2 Cattleya bicolor. Desterro, Brasilien. Nat. Gr.

Die Reduction der Oberfläche ist oft mit Dornbildung verknüpft, indem Sprosse oder Blätter zu kurzen sklerenchymreichen, kaum oder gar nicht transpirirenden spitzen Gebilden werden, deren Bedeutung als Schutzmittel gegen Thiere, wenn überhaupt vorhanden, nur secundär eingetreten ist.

i. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen.

13

Den Xerophyten mit gefiederten Blättern ist Selbstregulirung der transpirirenden Oberfläche ermöglicht, indem die leicht beweglichen Blättchen sich bei der massigen Beleuchtung der frühen Stunden oder eines trüben Tages ausspannen, bei intensiver Besonnung und ent- sprechend intensiver Transpiration zusammenfalten. Wie vollkommen diese Vorrichtung wirkt, zeigt der Umstand, dass Fiederblättergewächse mit relativ grossen und dünnen Laubflächen gemeinschaftlich mit Aphyllen in den trockensten Gebieten gedeihen.

Andere belaubte Xerophyten stellen ihre Blätter oder blattähnlichen Cladodien parallel den einfallenden Sonnenstrahlen, sodass dieselben weniger erwärmt und beleuchtet werden. Diese Eigenschaft verschwindet bei manchen Arten mit der Gefahr zu grossen Wasserverlustes (z. B. bei dem Mangrovebaum Sonneratia acida, bei Cultur auf salzarmem Boden), während sie bei anderen (z. B. Eucalyptus) erblich geworden ist.

Manche Pflanzen entwickeln, wie vorher er- wähnt wurde, in der Trockencultur wasserführende Zellen. Solche Wasserspeicher sind in der Vege- tation trockener Standorte vielfach wiederkehrende, wenn auch nicht allgemeine Erscheinungen. Bald sind es dünnwandige, lebende Zellen, bald todte tracheidenartige Zellräume, einzeln oder zu Ge- weben auftretend verbunden; zuweilen (Philoden- dron cannifolium) übernehmen Intercellularräume die gleiche Function. Reiche Entwickelung paren- chymatischen lebenden Wassergewebes bedingt die schon erwähnte Succulenz von Blättern und Axen. Solches Wassergewebe ist entweder äusser- lich, zwischen Epidermis und Chlorenchym (Peri- c h y 1 e n , z. B. viele Bromeliaceen, Rhizophora etc.) (Fig. 16a), oder innerhalb des Chlorenchyms gelegen (Endochylen, z. B. Cacteen, succulente Euphorbiaceen und die meisten anderen Stamm- succulenten) (Fig. 13 14). Im ersteren Falle sind die Wasserzellen mit dünnflüssigen, im letzteren häufig mit schleimigem Inhalte versehen.

Einzelne lebende Wasserzellen sind weniger häufig als Wassergewebe. Solche sind z. B. sehr auffallend bei Mesembryanthemum cristallinum , wo gewisse Epidermiszellen zu grossen Wasserbläschen heranwachsen; sie liegen zerstreut im Chlorenchym bei Tillandsia usneoides etc.

Lebende Wasserzellen bleiben natürlich immer mit Plasma und Zellsaft ge- füllt; sie werden nie lufthaltig. Ihr Wassergehalt ist aber zwischen weiten Grenzen schwankend, indem sie sich bei weniger energischer Transpiration, z. B. in der Nacht oder bei trüber Witterung, mit Wasser prall füllen, bei starker Transpira- tion aber, unter starkem Collaps, die assimilirenden Zellen mit Wasser versorgen.

Fig. 12. Xerophüe Struc- tur. Kalter Boden. Grönland. Cassiope tetra- gona mit kleinen leder- artigen, eingerollten Blät- tern. Vergr. 2. Nach Warming.

14

I. Das Wasser.

Wassertracheiden enthalten, im Gegensatz zu lebenden Wasserzellen, je nach der reichlicheren oder spärlicheren Transpiration der grünen Gewebe, Luft oder Wasser. Sie zeigen sich vorwiegend an den Enden von Gefäss- bündeln in Blättern; nur in den Blättern gewisser xerophiler Orchideen sind sie im Chlorenchym zerstreut (Fig. 15 16).

Bei vielen Xerophyten sind die Wasserspeicher nicht gleichmässig in Blättern oder Axen vertheilt, sondern auf bestimmte Glieder be- schränkt, welchen das Aufbewahren von Wasser als Hauptfunction zu- kommt. Solche Wasserbehälter sind in manchen Fällen alternde Blätter, die durch die nachträgliche mächtige Entwicklung ihrer Wassergewebe unförmlich dick werden (epiphytische Gesneraceen und Peperomia-

Fig. 13. Xerophile Structur. Trockenes Klima. Mesem. bryan- themum Forskalii, Blattsucculente der ägyptischen Wüste. Nach Volkens.

Fig. 14. Xerophile Structur. Nasser Salzboden. Sesuvium portu- lacastuum, tropische Strandsucculente. Blatt- querschnitt.

Arten, Rhizophora, Sonneratia und andere Mangrovebäume) und, wie nachgewiesen wurde , *) die auf der Höhe der Assimilationsthätigkeit befindlichen jüngeren Blätter bis zum vollständigen Erschöpfen der Vorräthe mit Wasser versorgen (Fig. 16a u. 17). Dahin gehören ferner die wohl bekannten Scheinknollen epiphytischer Orchideen, die spindel- förmigen Blattstiele von Philodendron cannifolium u. a. m.

Die vorhin geschilderten vergleichenden Culturversuche haben er- geben , dass die der Gefahr der Austrockung ausgesetzte Pflanze eine die Transpiration herabsetzende Ausbildung ihrer Oberhaut erhält.

*) Schimper III, S. 42 u. f. Haberlandt, Physiol. Pflanzenanat. (u. A. S. 349).

I. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen.

15

Solche Schutzmittel, wie bedeutende Dicke und Cutinreichthum der Aussenwand, Einsenkung der Spaltöffnungen in krug- oder rinnenartige Vertiefungen, luftfuhrende Haarüberzüge, die in solchen Trockenculturen nur andeutungsweise auftreten, erreichen bei typischen Xerophyten einen hohen Grad der Vollkommenheit und zeigen sich bei ihnen ganz all- gemein, unter den physikalisch verschiedensten Bedingungen. Auch besitzen die meisten, jedoch nicht alle Xerophyten die Eigenschaft, bei eintretendem Welken ihre Spaltöffnungen zu schliessen und dadurch ihre Transpiration bedeutend herabzusetzen. Allerdings ist bei direkter Bestrahlung durch die Sonne der dadurch gewährte Schutz weniger gross, als manchmal angenommen wird.

Fig. 15. Xerophile Structur.

Nasser Salzboden. Speichertrachefden

vom Gefössbündelende im Laubblatte von

Sonneratia acida. Mangrove, Java.

Fig. 16. Xerophile Structur.

Flora trockener Baumrinden (Epi-

phyten). Wassertracheiden im Blatte einer

Pleurothallis. Blumenau, Brasilien.

Nicht bloss die im Dienste der Transpiration, sondern auch die in Beziehung zur Absorption stehenden Organe der Pflanze zeigen sich bei den Xerophyten zweckentsprechend ausgebildet. Ein sehr reiches Wurzelsystem zeichnet die Mehrzahl dieser Gewächse aus, und manche Arten, namentlich Epiphyten, sind im Besitze energisch wirkender Saug- apparate, welche in einem späteren Kapitel geschildert werden sollen.

Wechselbeziehungen der Xerophyten verschiedener Standorte. Die im Vorhergehenden dargestellten Vorrichtungen zur Erhaltung des Wassers zeigen sich in ganz ähnlicher Ausbildung bei Xerophyten der verschiedensten Standorte, möge die Gefahr des Aus- trocknens durch physikalische Trockenheit, durch Kälte des Bodens, durch Reichthum des letztern an gelösten Salzen oder Humussäuren oder durch Luftverdünnung bedingt sein. Dass es sich dabei nicht

16

I. Das Wasser.

um zufällige äussere Aehnlichkeiten handelt, das geht mit Sicherheit aus dem Umstände hervor, dass viele Xero- phyten mit den verschiedensten physiologisch trockenen Standorten vorlieb nehmen, aber niemals auf die physi- kalisch oft viel ähnlicheren Standorte der Hygrophyten

übergehen.

Sehr schön lässt sich solcher Standortwechsel in West-Java nachweisen. Der durch das Klima bedingte Vegetationscharakter ist hier ausgesprochen hygrophil ; die Xerophyten sind auf eng be- grenzte Standorte von sehr ungleichen physikalischen Be- dingungen beschränkt. Solche sind nämlich:

i) Trockenes Lavagerölle und sonstige steinige Unter- lagen (z. B. am Gunung Guntur).

2) Die Baumrinden (Epi- phyten).

3) Der Meeresstrand, mit Einschluss der zur Ebbezeit überschwemmten Mangrove.

4) Die Solfataren, mit lehmigem, nassem, von Alaun und anderen löslichen Salzen imprägnirtem Boden.

5) Die alpinen Höhen mit ihrer verdünnten Atmosphäre und starken Bestrahlung.

Physikalisch mehr un- gleiche Bedingungen als die- jenigen, wie die Baumrinde im Urwalde, die Solfataren und die alpinen Höhen sie bieten, können kaum gedacht werden. Dennoch ist in West-Java die Vegetation dieser Standorte zum grossen Theile aus denselben Xerophytenarten zusammengesetzt, wäh- rend letztere an anderen, physikalisch mehr ähnlichen, aber hygrophilen Standorten durchaus fehlen.

Fig. 16a. Xerophile Structur. Trockenes Sub- strat (Epiphyten). Querschnitte eines alternden Blattes einer Codonanthe sp. (Gesneriacee) mit mäch- tigem Wassergewebe. Ob. Vergr. 55, unten nat. Gr., umgek. n. d. Natur.

I. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen.

17

So wachsen z. B. Vaccinium polyanthum (Agapetes rosea Jungh.) Rhodo- dendron javanicum und R. retusum als Epiphyten im Urwalde, als Boden- pflanzen in der baumlosen alpinen Region und in Solfataren ; Ficus diversifolia ist Epiphyt im Urwald, Bodenstrauch in Solfataren; Vaccinium varingiae- folium, Gaultheria leucocarpa, Myrsine avenis, Tetranthera citrata bewohnen die baumlose alpine Region. Alle diese Gewächse sind mit ausgeprägten Xerophyten -Merkmalen versehen. Die gleiche Uebereinstimmung zwischen der Flora der Solfataren und derjenigen der viel höheren alpinen Region zeigt sich in Japan.

Die Existenzbedingun- gen auf der Baumrinde in massig warmen Bergurwäl- dern und auf dem heissen, sandigen , salzigen See- strande sind noch weit ungleicher als in den eben erwähnten Fällen. Und doch giebt es wenigstens eine Pflanzenart, die an beiden Standorten und ausserdem in den Solfataren, sonst aber nirgendwo wächst, die strauchige Ficus diversifolia.

Endlich fand ich auf den trockenen, der Sonnen- gluth ausgesetzten Lava- feldern des Gunung Gun- tur, bei etwa 1000 m ü. M., das soeben erwähnte Rho- dodendron javanicum, sonst

Epiphyt im Urwalde, Bodenbewohner nur in Solfataren und auf alpinen Höhen, mit sonst ebenfalls epiphytischen Orchideen und Farnen, die erste Vegetation bilden.

Ein so vielseitiger Standortswechsel der Xerophyten, wie auf Java, ist in anderen Gebieten noch nicht nachgewiesen worden, wohl aber nur, weil erst neuerdings der Begriff der Xerophilie zu einem physio- logischen an Stelle eines physikalischen gemacht worden ist und weil man auf solche Erscheinungen meist wenig geachtet hat. Doch hatte bereits Battandier darauf aufmerksam gemacht, dass gewisse algierische Pflanzen nur die alpinen Gipfel des Atlas und den Meeresstrand be- wohnen, dass gewisse ubiquitäre Pflanzen an beiden scheinbar so

Schimper, Pflanzengeographie. 2

Fig. 17. Xerophile Structur. Flora des nassen

Salzbodens. Rhizophora mucronata, aus der Man-

grove Java's. Blattquerschnitt mit Wassergewebe.

Vergr. 70.

i8

I. Das Wasser.

ungleichen Standorten ganz ähnliche anomale Formen entwickeln und dass die Cultur von alpinen und littoralen Pflanzen in gewöhn- lichem Boden des Tieflandes ähnliche Modificationen der Structur hervorruft.

Der xerophile Charakter der Vegetation in den Torfmooren ist bisher als eine unverständliche Anomalie dargestellt worden, und doch macht der reiche Gehalt des Bodens an Humussäuren denselben zu einer ebenso erklärlichen wie nothwendigen Existenzbedingung. Das Vorkommen von Kiefer- und Haidekraut einerseits auf trockenem Sande, andererseits auf feuchtem Torfe ist ebenso wenig auffallend, wie dasjenige von Ledum palustre, Vaccinium uliginosum und anderen

Torfbewohnern auf trocke- nem kaltem Boden in den Polarländern. Alle diese physikalisch so ungleichen Standorte sind für die Pflan- zen trocken und daher zum Gedeihen von Xerophyten geeignet.

Trotz aller erwähnten Uebereinstimmungen der Schutzmittel, trotz des viel- fachen Austausches der Elemente, kurz trotz aller Aehnlichkeiten in der Vege- tation der verschiedenarti- gen physiologisch trocke- nen Gebiete und Standorte, zeigt die genauere Prüfung derselben, dass gewisse Formen der Xerophilie durch bestimmte äussere Bedingungen begünstigt werden. Der Zusammenhang zwi- schen Structur und äusseren Factoren ist in solchen Fällen meist leicht begreiflich. So zeigen sich die Succulenten vornehmlich in warmen Gebieten und erreichen nur da bedeutende Dimensionen, sowohl in trockener wie in feuchter Luft (Wüsten, Strand, Epi- phyten), während sie in Gebieten mit Winterkälte sowohl an Zahl wie an Grösse abnehmen; nur solche Arten scheinen tiefe Tem- peraturen längere Zeit zu ertragen, die im Winter stark zusammen- schrumpfen. Ausgeprägte Reduction der transpirirenden Oberfläche, Dornbildung, reiche Behaarung zeigen sich vornehmlich in trockener Luft, während in feuchter Luft das Laub häufiger wohl ausgebildet und unbehaart ist.

Warme Gebiete mit langen Dürreperioden, wie tropische und

Fig. 18. Xerophile Structur. Trockenes Klima.

Querschnitt durch das Blatt von Helianthemum Ka-

hiricum mit starker Behaarung. Aegyptische Wüste.

Vergr. 40. Nach Volkens.

i. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen, ig

subtropische Wüsten sind durch den Besitz endochyler Succulenten ausgezeichnet, während peripherische Lage der Wasserspeicher auf häufigere, wenn auch schwache Wasserzufuhr hinweist, wie sie z. B. auf dem Meeresstrande und bei den Epiphyten feuchter Wälder statt- hat. Leicht bewegliche Fiederblätter deuten auf raschen Wechsel der äusseren Bedingungen, senkrecht gestellte Laubflächen auf starke In- solation hin. Das lederartige Laub der Sklerophyllen ist zwar in allen Xerophytenformationen vertreten, bevorzugt jedoch die mild temperirten Gebiete mit nassen Wintern und trockenen Sommern (Mediterran- länder u. s. w.). Endlich soll, nach der Ansicht mehrerer Autoren, der noch nicht erwähnte dicht polsterartige Wuchs gewisser Pflanzen

Fig. 19 u. 20. Xerophile Structur. Polsterform. Links: Raoulia mammillaris. Neu-Seeland. */a natürlicher Gr. Rechts : Dionysia sp. Persisches Hochgeb. Bruchstück des Polsters in

natürlicher Gr.

ebenfalls zu den Schutzmitteln gegen Trockenheit gehören; derselbe ist bei Phanerogamen auf Gebiete mit kalten oder doch kühlen, zeit- weise nebeligen Klimaten beschränkt und zeigt sich vornehmlich im Hochgebirge. Eine harte Unterlage scheint ihn zu begünstigen, ist aber nicht nothwendige Voraussetzung, da Polsterpflanzen auch Wiesen und Moore bewohnen.

Solche Unterschiede verleihen den xerophilen Formationen manch- mal eine ungleiche Physiognomie; sie sind aber nur quantitativ, nicht qualitativ, indem jede natürliche Xerophytenvereinigung die ver- schiedensten Typen, nur in ungleichem Verhältnisse der Mischung, aufweist. Hier sind z. B. die Succulenten, dort Dornsträucher mit Fiederblättern, dort Sklerophyllen oder stark behaarte Gewächse vor- herrschend; andere Formen sind aber als Nebenbestandtheile stets vorhanden.

2*

20

I. Das Wasser.

/'

\

i

Fig. 21.

Taraxacum of-

i male. Links

an Nat. ca. 60

ein lang) im ab-

9^>lut feuchten Raum. Rechts ,12—15 cml.) in mittlerer Feuchtig- keit. Nach Wiesner.

Die Hygrophyten.

Wiesner (III) eultivirte einige Pflanzen von theils mehr, theils weniger ausgeprägten xerophilen Eigen- schaften, namentlich solche, die in der Natur grund- ständige Rosetten besitzen, im absolut feuchten Räume und erzielte, soweit die Versuchsobjekte nicht erkrankten, ganz wesentliche Abweichungen von der normalen Structur. Die Blätter erhielten ausser- gewöhnliche Dimensionen, die Rosetten wandelten sich, durch Streckung der Internodien, theilweise in Langsprosse um (Fig. 21).

Unter ähnlichen Bedingungen wurden in Ver- suchen Lothelier's schwach belaubte oder unbelaubte dornige Xerophyten zu reich belaubten, ganz oder nahezu dornlosen Pflanzen (Fig. 22).

Durch Cultur in sehr feuchter Luft erhalten die Xerophyten, soweit sie letz- tere ertragen, eine ganz abweichende, derjenigen der Hygrophyten sich nä- hernde Structur.

Typische Hygrophyten haben schwache Wurzeln, langgestreckte Axen, grosse, dünne Laub flächen. Sie sind bei- nahe niemals dornig, indem die vegetativen Sprosse sämmtlich als Laubsprosse oder Blätter aus- gebildet sind; sie können hingegen stachelig sein, da Stacheln keine Reduction der transpirirenden Oberfläche bedeuten. Wie die äussere Configura- tion ist auch die innere Structur ganz vorwiegend auf Förderung der Wasserabgabe zugerichtet.

Schutzmittel gegen Wasserverlust pflegen aller- dings nicht ganz zu fehlen. Die Hymenophylleen feuchter immergrüner Wälder vertrocknen zwar sehr schnell in trockener Luft und sind daher an eine stets dampfreiche Atmosphäre gebunden. Aehnliches gilt, wenn auch in minder hohem Grade, von an- deren krautigen Gewächsen ähnlicher Standorte. Die baumartigen Hygrophyten hingegen befinden sich zeitweise in weniger feuchter Atmosphäre und wer- den theilweise durch die Sonnenstrahlen direkt ge- troffen, wodurch, sogar im dampfgesättigten Räume, die Transpiration bedeutend beschleunigt wird. Dem-

i. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen.

21

entsprechend besitzen manche hygrophile Holzgewächse, namentlich solche der Tropen, *) deutliche, wenn auch schwach ausgeprägte Schutz- vorrichtungen gegen Wasserverlust, die denjenigen ähnlich sehen, welche, in starker Ausbildung, bei den Xerophyten vorkommen, wie eine wasser- reiche Epidermis oder ein dünnes Wassergewebe, an den Sonnen- blättern auch eine wohl ausgebildete Cuticula.

Durch die eben erwähnten Schutzmittel wird in den heissen Mittagsstunden zu grossem Wasserverlust der Palissaden entgegen- gewirkt ; gleichzeitig sind die Spalt- öffnungen geschlossen. Wie not- wendig solche zeitweilige Herab- setzung der Transpiration ist, zeigt das schlaffe Herabhängen des Lau- bes mancher tropischen Bäume und Sträucher in der Mittagssonne. Zu den anderen Tagesstunden oder bei bedecktem Himmel bleibt die stomatäre Transpiration, welche bei schwächerer Bestrahlung die cuti- culare weit übertrifft, ganz unbe- hindert.2)

Die Gefahr zu grosser Tran- spiration ist bei den Hygrophyten, wo überhaupt vorhanden, auf we- nige Stunden des Tages beschränkt und oft wochenlang nicht vorhan- den; sie kann, im schlimmsten Falle, Welken des Laubes, aber nicht den Tod durch Austrocknen ver- anlassen. Die Gefahr der Stag- nation des Transpirationsstromes

bleibt vorherrschend und kommt in der Structur der Hygrophyten zu allererst zum Ausdruck.

Möglichste Ausbreitung der transpirirenden Oberfläche ist der all- gemeinste Charakter der Hygrophyten. Wie gross ihre Bedeutung ist, wurde durch vergleichende Versuche Noll's mit einer grossblättrigen hygrophilen Pflanze, Aristolochia Sipho8) und einem kugeligen Echino- cactus nachgewiesen. Es ergab sich, dass letzterer, bei gleichem Ge- wichte, eine 300 mal kleinere transpirirende Oberfläche besitzt, als die

b a.

Fig. 22. Ulex europaeus. a in gewöhnlicher, b in dampfgesättigter Luft Nach Lothelier.

') Haberlandt I. *) Haberlandt I. ,8) Dieselbe ist tropophil, zur Vegetationszeit also hygrophil.

22

I. Das Wasser.

Aristolochia. Käme nur die Grösse der freien Oberfläche in Betracht, so würde das Verhältniss der Transpiration beider Arten 1 : 300 betragen.

Die Cactaceen haben aber, ausser der kleinen Oberfläche, noch andere xerophile Eigenschaften (schwaches Intercellularsystem, dicke Cuticula etc.), die Aristolochia ist ihrerseits nicht bloss grossblätterig, sondern noch mit anderen Förderungsmitteln der Tran- spiration ausgerüstet (reiches Inter cellularsystem, dünne Cuticula etc.) ; so erklärt es sich, dass das experimentell festgestellte Verhältniss der Transpira- tion nicht 1 : 300, sondern 1 : 6000 be- trägt. Diese letzte Zahl giebt von den Vorrichtungen zur Regulirung der Transpiration eine klarere Vorstel- lung als jede Schilderung und stellt nicht einmal einen extremen Fall dar, denn, wenn die Cactaceen auch typi- sche Xerophyten sind, so ist Aristo- lochia keineswegs ein ausgeprägter Hygrophyt.

Bei vielen Hygrophyten, nament- lich solchen der feuchten tropischen Wälder, sind die dünnen Laubflächen in zweckentsprechender Weise ge- staltet und modellirt. Grossem Regen- reichthum entspricht vielfach eine lange „Träufel- spitze", durch welche das Wasser schnell ent- fernt wird1) (Fig. 23). Pflanzen des tiefen feuchten Waldschattens, und solche, die, in der Nähe von Bächen wachsend, oft bespritzt werden, be- sitzen häufig eine sammetartige Oberfläche, auf welcher das Wasser sich capillar zu einer äus- serst dünnen, schnell verdunstenden Schicht aus- breitet (Fig. 24). 2)

Die Bedeutung eines reichen luftfuhrenden Intercellularsystems , wie es sich im Laube aller Hygrophyten vorfindet (Fig. 25, 26), für die Be-

Fig. 23. Hygrophile Structur. Blatt von

Ficus religiosa, mit Träufelspitze. Nach

Stahl.

Fig. 24. Hygrophile Struc- tur. Kegelpapillen der Blattoberseite von Begonia imperialis. Schwach vergr. Nach Stahl.

*) Jungner und namentlich Stahl II. 2) Stahl IV.

I. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen.

23

schleunigung der Transpiration, ist augenscheinlich. Als Ausfuhrungs- gänge dienen sehr zahlreiche Spaltöffnungen, welche nicht, wie bei

Fig. 25 und Fig. 26. Hygrophile Structur. Blatt von Fagus silvatica. Links: Querschnitt durch ein Schattenblatt. Rechts: Schwammparenchym eines Schattenblattes. Nach Stahl.

den Xerophyten, eingesenkt, sondern oberflächlich, manchmal sogar auf Kegeln sich befinden und jeder Schutzmittel entbehren.

Besonders charakteristisch ist für die Hygrophyten sehr feuchter Klimate der Besitz der Hydathoden (Fig. 27), der Organe zur Aus- scheidung flüssigen Wassers, deren Verbreitung, Mannigfaltigkeit und grosse Bedeutung erst durch Haberlandt1) klar- gelegt wurde. Früh am Morgen erscheinen im feuchten Klima, nament- lich in den Tropen, viele Pflanzen , Kräuter wie Bäume , von Wasser- tropfen derart bedeckt, dass nicht selten ein Sprühregen vom Laub- dache des Waldes her- abfällt.

Mit Unrecht hat man die Erscheinung auf Thaubildung zurückge- führt. Es handelt sich da vielmehr um Aus- scheidungen der Hyda- thoden, deren Thätigkeit bei gehemmter Transpiration starke Steigerung erfahrt, während sie in trockener Luft stille steht.

Fig. 27. Hygrophile Structur. a und b Hydathoden eines

Laubblattes von Gonocaryum pyri forme, c Hydathoden von

Peperomia exigua. Vergr. Nach Haberlandt

l) Haberlandt H. u. HI.

24 *• Das Wasser.

Die Hydathoden sind Epidermalbildungen verschiedenster Art, bald einfacher, bei complicirter Structur, wie Haare, Drüsenzellen, Wasserspalten etc. Es sind theils active, den Schweissdrüsen ver- gleichbare Drüsen, bald passive Austrittsstellen zu einem einfachen Filtrationsprocess.

In sehr feuchten Gebieten sind die Hydathoden manchmal recht zahlreich. So fand Haberlandt auf der Blattoberseite von Gonocaryum pyriforme durchschnittlich 55, an der Unterseite 58 Hydathoden pro Quadratmillimeter.

Noch manche Erscheinungen im feineren Bau der Hygrophyten sind mit der Förderung der Wasserabgabe in Zusammenhang gebracht worden, so die rothen und silbernen Flecke von bunten Blättern u. s. w. Experimente werden zeigen müssen, in wiefern die daran geknüpften scharfsinnigen und anregenden Deutungen den Thatsachen entsprechen.1)

Die Tropophyten.

Die Vegetation von Gebieten mit abwechselnd feuchtem und trockenem oder kaltem Klima besitzt abwechselnd hygrophile und xero- phile Eigenschaften ; sie ist t r o p o p h i 1. Der Gleich werthigkeit trockener und kalter Perioden in Bezug auf Wasserversorgung der Vegetation ent- sprechend sind in beiden Fällen ganz ähnliche Anpassungen zur Aus- bildung gekommen.

Den meisten Tropophyten, sowohl denjenigen des abwechselnd trockenen und feuchten als des abwechselnd kalten und warmen Klimas, ist die Opferung des grössten Theiles der transpirirenden Flächen bei Beginn der physiologisch trockenen Jahreszeit gemeinsam. Viele Kräuter gehen der Gesammtheit ihrer oberirdischen Glieder verlustig und ziehen sich auf die unterirdischen, wenig transpirirenden, zusammen. Andere behalten nur die dem Boden zunächst liegenden Laubsprosse, wie Rosetten u. dgl. Die meisten Holzgewächse werfen ihr Laub ab.

Die periodisch belaubten tropophilen Holzgewächse haben hygrophile Laubblätter ; dagegen xerophile Axen und Knospen. Stämme und Aeste sind durch Borke oder dicke Korklagen, die Knospen durch harte, oft lackirte Schuppen gegen die Trockenheit geschützt. Bei immergrünen tropophilen Bäumen muss sich die Xerophilie auch auf das Laub er- strecken, da letzteres sonst in der trockenen, bezw. kalten Jahreszeit durch Wassermangel zu Grunde gehen würde. Solche Tropophyten sind daher, mit Ausnahme der jungen Sprosse, durchweg xerophil gebaut; sie unterscheiden sich aber dennoch durch ihre Lebensbedingungen von den Xerophyten. Beispiele dafür sind in unserer Flora z. B. Tanne

x) Man vergleiche Stahl's Arbeit über bunte Laubblätter.

I. Die Vegetationsorgane der Landpflanzen.

25

und Fichte (nicht die wirklich xerophile Kiefer des trockenen Sand- bodens), Stechpalme (Fig. 28), Preisseibeere, Heidekraut etc.

Die Abwechselung der sattgrünen und der graubraunen Farben- töne, der saftigen, dichten Laubmassen und des dürren, lockeren Ge- ästes, wie sie die Abwechselung der hygrophilen und xerophilen Lebensweise hervorruft , verleiht den Tropophytengebieten , trotz physikalisch oft sehr ungleichem Klima, ein ähnliches Gepräge. Die tropische Ueppigkeit ist in den Tropen gar nicht allgemein; aus- gedehnte Gebiete im Innern der Continente erinnern in der Physio- gnomie ihrer Vegetation, auch in der Regenzeit, mehr an Mitteleuropa als an die überwältigende Fülle der regenreichen Küstengebiete, und die trockene Zeit vollends ist einem deutschen Winter in ihrem Ein- fluss auf die Pflanzendecke gar nicht unähnlich. Andererseits besitzen manche extratropische Striche mit schwach ausgeprägter Winterkälte und reichen Niederschlägen, wie das westliche Neu -Seeland oder Süd- Chile, üppige, immergrüne, den tropi- schen ähnliche Wälder. Hier herrscht nämlich ein Hygrophytenklima.

Die periodische Entlaubung und Belaubung ist zwar für Tropophyten- gebiete besonders charakteristisch, weil erstere sehr vollständig, letz- tere sehr üppig zu sein pflegt; sie ist aber nicht auf dieselben be- schränkt. Viele Xerophytengebiete besitzen wohl ausgeprägte Jahres- zeiten, welche ebenfalls vom Abwerfen und Erneuern des Laubes be- gleitet sind; der periodische Wechsel ist aber weniger in die Augen fallend, theils weil die Zahl der immergrünen Holzgewächse grösser, theils weil die Dichtigkeit der Laubmasse geringer ist. Auch in man- chen Hygrophytengebieten fehlt die Erscheinung nicht, doch handelt es sich hier in den meisten Fällen nur um ein Dünnerwerden, nicht um ein gänzliches Verschwinden des Laubes. Zudem ist die Erscheinung auf die Minderzahl der Bäume beschränkt, ausser in Gebieten, die, wie Ost -Java, klimatisch den Tropophytengebieten nahe stehen und einen Uebergang zu denselben bilden. Der Laubfall ist eine Anpassung an eine physiologisch trockene Periode. Es ist der Versuch gemacht worden, seinen Eintritt überall zu dem Beginn ungenügender Wasser- zufuhr, sei es wegen Austrockung oder Erkaltung des Bodens, in ursäch- liche Beziehung zu bringen. So einleuchtend diese Erklärung a priori auch erscheint, so ist sie zur Zeit noch eine unbewiesene Hypothese.

Fig. 28. Xerophile Structur im perenne-

riden Blatt einer tropophilen Pflanze : Ilex

aquifolium. Nach Stahl.

26 I- Das Wasser.

2. Die Vegetationsorgane der Wasserpflanzen.1)

Die ökologischen Bedingungen des Pflanzenlebens sind im flüssigen Wasser offenbar zum Theil andere als in der Luft, möge die letztere noch so reich an Wasserdampf sein. Die Wasserpflanzen zeigen in der That eine Reihe für sie charakteristischer Eigentümlichkeiten , die mit den physikalischen Eigenschaften des Wassers als Flüssigkeit zusammen- hängen. Andererseits jedoch kehren bei ihnen in schärferer Ausprägung manche Eigenschaften wieder, die auch durch sehr dampfreiche Luft hervorgerufen werden. Die chemische Identität des Wassers im flüssigen und gasförmigen Zustande macht sich in solchen Uebereinstimmungen geltend.

Manche der zufällig im Wasser sich entwickelnden Landpflanzen zeigen nur geringe Abweichungen von der normalen Structur, da letztere durch Erblichkeit zu sehr fixirt ist, um bereits in der ersten Generation neuen Einwirkungen zu weichen. Andere sind plastischer und erfahren sofort eine Reihe von Veränderungen, durch welche ihre Structur sich derjenigen echter Wasserpflanzen nähert. So fand H. Schenck am Rande eines ausgetretenen Teiches submerse Exemplare von Cardamine pratensis, welche folgende Abweichungen von der normalen Landform aufweisen : Die sonst sitzenden Stengelblätter waren langgestielt, ihre Zipfel schmäler, das Mesophyll war dünner und ohne Palissaden, die Rinde dicker, in- , dem die Gefassbündel nach der Mitte gerückt waren (Fig. 29), die in der Landform reich entwickelten sklerotischen Elemente fehlten, die Aussenwand der Epidermis war stark verdünnt, die Gefässe hatten eine starke Reduction, die Intercellularen eine Förderung erfahren.

Zum grossen Theile sind diese Veränderungen denjenigen, die auch Wasserdampf hervorruft, sehr ähnlich. In sehr feuchter Luft tritt eben- falls Verlängerung der Blattstiele, Schwinden der Wandverdickungen, Reduction der Gefässe und Palissaden, Zunahme der Luftlücken auf. Nur zwei nicht besonders hervortretende Eigentümlichkeiten sind auf die flüssige Beschaffenheit des Wassers zurückzufuhren : Das centripetale Rücken der Gefassbündel und die Verschmälerung der Blattsegmente. Hierin zeigt sich der erste Schritt der Umwandlung einer Luftpflanze in eine Wasserpfanze.

Die Cardamine scheint sich nicht als Wasserpflanze behaupten zu können. Dazu ist ihre Plasticität nicht gross genug. Andere Pflanzen, die sogenannten amphibischen, deren bekanntester Vertreter Polygonum amphibium ist, gedeihen in Luft und Wasser gleich gut, indem sie, dank einer hochgradigen Plasticität, dem jeweiligen Medium ent- sprechend modificirt werden.

*) H. Schenck, I— m. Göbel.

2. Die Vegetationsorgane der Wasserpflanzen. 27

Die Phanerogamen und Pteridophyten, vielleicht auch die Moose der Gewässer sind aus solchen plasti- schen Landpflanzen entstanden, welche die Fähigkeit besassen, sich auch als Wasserpflanzen zu behaupten. Mit Ausnahme der wenigen amphibisch gebliebenen Arten verdankten sie später dieser Fähigkeit ihre Fortexistenz, indem sie durch die Concurrenz vom Lande verdrängt, eine Zuflucht im Wasser fanden, wo sie sich allmählich entsprechend modificirten und die Fähig- keit, auf dem Lande normal zu gedeihen, theilweise oder ganz ein- büssten.

Die Richtungen, in welchen der modificirende Einfluss des Wassers sich vornehmlich geltend machte, sind folgende gewesen: Vergrösserung der freien Oberfläche der Sprosse durch Verlängerung oder Spaltung der Glieder, Unterdrückung oder Reduction der Wurzeln bezw. Umwandlung derselben (z. B. in Haftorgane), schwache Ausbildung der Cuticula, Fehlen oder Reduction der Spaltöffnun- gen, Rücken der Gefässbündel zu einem centralen Strange, periphere Lagerung des Chloro- phyllapparats. In ruhigen Ge- wässern tritt ausserdem allge- mein eine Reduction der mecha- nischen Elemente und Zunahme

i i r, /*.i i r . ii i Fiß. 20. Stengel von Card am ine pratensis. A Land-

der luftfuhrenden Intercellula- form B Wasserform. Schwach vergr. Nach ren ein, die sich in solchem H. Schenck.

Maasse in stark bewegtem Wasser

nicht zeigen, wo die relativ grosse Ausdehnung der Oberfläche eben- falls weit weniger ausgeprägt ist.

Das Zweckentsprechende aller dieser Veränderungen liegt auf der Hand. Fraglich erscheint es nur, ob sie auf Zuchtwahl oder auf direkten Einfluss des Wassers zurückzufuhren sind. Die erste Andeutung einiger derselben zeigt sich bei der zufällig im Wasser lebenden Cardamine, wo von Zuchtwahl nicht die Rede sein kann. Wahrscheinlich sind beide Gruppen von Einflüssen, die direkten und die indirekten, gleich- zeitig wirksam gewesen.

Die Veränderungen, die das Leben im Wasser bei ursprünglichen Landpflanzen hervorrief, sind nur zum Theil direkt auf das Wasser zurückzuführen. Im Uebrigen handelt es sich um andere Factoren des Pflanzenlebens, die durch das Wasser modificirt werden. Einige Eigen- schaften der Wasserpflanzen sind auf die Schwächung des Lichtes zurückzufuhren und zeigen sich dementsprechend bei Landpflanzen des tiefen Schattens wieder, so die periphere Lagerung des Chlorophyll- apparats und vielleicht die starke Verlängerung im tiefen Wasser. Die

28

I. Das Wasser.

beträchtliche Ausdehnung der Oberfläche und der Reichthum an Luft- canälen in Geweben, wo sie bei Pflanzen des trockenen Landes con- stant fehlen (Rhizome, Wurzeln), ist auf die Gefahr des Sauerstoff- mangels in Folge der langsamen Gasdiffusion im Wasser zurückzuführen ; die Canäle leiten den bei der Assimilation gebildeten Sauerstoff* in die nicht grünen Glieder hinein. Die Pflanzen sehr bewegten und daher

luftreichen Wassers, wie die Podostemaceen der tropischen Wasserfälle und die grösseren Algen der Brandung zeichnen sich weder durch besonders grosse Oberfläche, noch durch den Besitz von Durchlüftungs- vorrichtungen vor Landpflanzen aus. Diese Erscheinungen sol- len an späteren Stellen (Kap. IV und Dritter Th. V.) eingehen- der besprochen werden.

Die übrigen Eigenschaften der Wasserpflanzen sind als direkte Wasserwirkungen zu betrachten. Drei derselben sind für das flüssige Wasser im Gegensatz zum Wasser- dampf charakteristisch: Erstens die Verkümmerung, bezw. das Fehlen der Spaltöffnungen, welche die ihnen in der Luft zukommende Function des Gas- wechsels nicht mehr verrichten, da die ganze Oberfläche Sauer- stoff und Kohlensäure auf- nimmt, bezw. ausscheidet und Transpiration nicht stattfindet, zweitens die centrale Lagerung der Gefässbündel , welche dem Bedürfniss nach Zugfestigkeit ent- spricht, endlich der Schleim, welcher junge Theile gegen Stoffverlust durch Diffusion schützt. l) Andere Eigenthümlichkeiten zeigen sich in schwächerem Maasse auch in feuchter Luft, nämlich die Reduction des Wurzelsystems, der Gefässe und Hautgewebe entsprechend der im Wasser fehlenden, in feuchter Luft geschwächten Transpiration, sowie

Fig. 30. Ranunculus fluitans. / Wasserform. 2 Land- form. 2L nat. Grösse.

*) Schilling 1. c.

2. Die Vegetationsorgane der Wasserpflanzen.

29

die geringe Ausbildung der sklerotischen Elemente, welche sich übrigens nur in ruhigem Wasser und in ruhiger Luft zeigt.

Die grosse Plasticität, welche die Umwandlung von Landpflanzen in Wasserpflanzen ermöglichte, hat sich bis zu einem gewissen Grade von den Vorfahren auf die Nachkommen vererbt. Die meisten phanero- gamischen und farnartigen Wasserpflanzen vermögen sich noch in Land-

«

Fig. 31. Ranunculus fluitans. Querschnitt durch den Blattzipfel a der Wasserform (Vergr. 90), b der Landform (Vergr. 60). Nach H. Schenck.

formen umzuwandeln, welche sich in ihrer Structur gewöhnlichen Land- pflanzen nähern (Fig. 30). Kürzere Sprosse, weniger zertheilte Blätter, Palissadenparenchym , Spaltöffnungen, eine wohl ausgebildete Cuticula, centripetale Anordnung des Chlorophyllapparats zeichnen solche Luft- formen vor den Wasserformen aus. Doch sind manche der im normalen Wasserleben erworbenen Eigenschaften erblich ge- worden, wie die centrale Lagerung der Gefassbün- del. Ueberhaupt zeigt die ganze Structur in unver- kennbarer Weise, dass man etwas umgeprägte Wasser- pflanzen vor sich hat. Solche Flüchtlinge der Ge- wässer bleiben meist küm- merlich und kommen nicht oder selten zur Blüthe, im

Gegensatz zu den echten amphibischen Gewächsen, bei welchen gerade die Landform häufiger geschlechtliche Thätigkeit entwickelt als die Wasserform.

Die zu Wasserpflanzen gewordenen Landpflanzen bilden nur einen geringen Bruchtheil der gesammten Wasserflora. Die im Vorhergehen- den nicht berücksichtigten Algen, welchen die maassgebende Rolle in der Vegetation der Gewässer zukommt, sind echte Wasserpflanzen,

Fig. 32. Callitriche stagnalis. Stammquerschnitt, a Land- form, b Wasserform. Nach Schenck. Vergr. 67.

7o I. Das Wasser.

deren Ancestralformen stets das Wasser bewohnt haben. Auch die wenigen Luftalgen zeigen sich in höherem Grade vom flüssigen Wasser abhängig als echte Landpflanzen. Diese Eigenschaften machen die Algen weniger geeignet, den Unterschied zwischen Wasser- und Land- pflanzen klarzustellen, als die höher organisirten Gewächse.

3. Das Wasser und die Reproduction.1)

Reiche Wasserzufuhr begünstigt im Allgemeinen die Entwickelung der Vegetationsorgane, Wasserentziehung bedingt deren Reduction. Umgekehrt wird gewöhnlich die Bildung der Sexual- organe durch grosse Feuchtigkeit gehemmt, durch Trockenheit gefördert.*

Diese praktisch schon längst festgestellte Erkenntniss hat ver- schiedene gärtnerische Kunstgriffe zur Hervorbringung reicher Blüthen- bildung herbeigeführt. Dahin gehört z. B. das Verfahren des Wurzelschnittes, bei welchem ein Graben um die Pflanze herum gezogen und der bloss- gelegte Theil des Wurzelsystems abgeschnitten wird. Um auf Ceylon den Weiristock zum Blühen zu veranlassen, werden die Wurzeln eine Zeit lang theilweise blossgelegt. Cereus und andere Cacteen erzeugen viel reichere Blüthen, nachdem sie eine Zeit lang stark zusammen- geschrumpft gewesen sind, als nach ununterbrochen gebliebener Turges- cenz. Viele Pflanzen, z. B. gewisse Juncusarten, kommen nur auf relativ trockenem Boden zur Blüthe.

Gehemmte Leitung des Wassers in den Gefassen führt zu ähn- lichen Ergebnissen. Wird ein Zweig des Kaffeestrauches abgebrochen, so dass er nur noch durch einen Theil des Holzkörpers mit dem Haupt- aste zusammenhängt, so erzeugt er mehr Blüthen und später mehr Früchte als ein unversehrt gebliebener.2) Serehkrankes Zuckerrohr, dessen Gefässe durch Schleim verstopft sind, blüht regelmässig nach kurzer Zeit.

Moebius hat der Frage des Einflusses der Feuchtigkeit auf die Sexualsphäre einige lehrreiche Versuche gewidmet. Er cultivirte Topf- exemplare von Phalaris canariensis, Borago officinalis und Andropogon Ischaemum bei theils reicher, theils eben nur hinreichender Bewässe- rung. Ueberall zeigte sich die Blüthenbildung durch Trockenheit in auffallender Weise gefördert. Die nass gehaltenen Pflanzen hatten sogar, während der Dauer des Versuches, zum grössten Theile gar keine Blüthen erzeugt.

In dieselbe Gruppe von Erscheinungen gehört auch die Beobachtung

*) Reiche Litteraturnachweise bei Sorauer, Pflanzenkrankheiten Bd. I und Moebius 1. c. 8) Ernst nach Moebius 1. c.

3. Das Wasser und die Reproduction. jl

Wiesner's, nach welcher, im dampfgesättigten Räume, Capsella bursa pastoris nur spärliche und kümmerliche, Taraxacum sogar keine Blüthen erzeugte, während die vegetativen Sprosse beider Pflanzen sich ausserordentlich üppig entwickelten.

Besonders instructiv sind endlich die Wasserpflanzen. Zum grössten Theile bleiben die Wasserphanerogamen blüthenlos, wenn zu grosse Tiefe des Wassers das Emportauchen der fertilen Sprosse verhindert. So bleiben im ganz untergetauchten Zustande Alisma Plantago, Sagit- taria, Isnardia, Hippuris, Elatine Aisinastrum, Littorella etc. stets steril. Manche Arten von amphibischer Lebensweise wie Marsilea, Pilularia entwickeln ihre Sporangien nur oder doch ganz vorwiegend an den Landformen. Subularia aquatica ist untergetaucht kleistogamisch.

Vegetative Vermehrung findet hingegen bei Wasserpflanzen in aus- giebigster Weise statt. So wurden durch die Weiterentwickelung abgerissener Zweige unsere Gewässer von der Wasserpest, Elodea canadensis, nach wenigen Jahren überwuchert.

Die bei weitem grösste Klasse der Wasserpflanzen, nämlich diejenige der Algen, vollzieht allerdings ihre geschlechtliche und ungeschlechtliche Vermehrung unter Wasser. Es sind das Gewächse, deren Ancestral- formen bereits Wasserpflanzen waren und dem Einfluss der Trockenheit stets entrückt geblieben sind. Jedoch ist auch bei einigen Algen mehr amphibischer Lebensweise ein fördernder Einfluss der Trockenheit auf die geschlechtliche Vermehrung nachgewiesen worden, so durch Klebs für Vaucheria.

Diejenigen Wasserpflanzen, die von Festlandformen abstammen, wie die Phanerogamen und höheren Kryptogamen, haben sich zwar für ihre vegetative Thätigkeit dem Wasser vollkommen angepasst ; hin- gegen sind sie, mit wenigen Ausnahmen, in der sexuellen Sphäre Luft- pflanzen geblieben und diese Abhängigkeit hat sogar wunderbare An- passungen hervorgerufen, wie die überall geschilderte und sogar dichte- risch verwerthete Bestäubung derVallisneria spiralis. Nur wenige Formen, wie Ceratophyllum , Najas, Isoetes, einige Moose und namentlich die Seegräser durchlaufen sämmtliche Stadien ihrer Entwickelung unter Wasser, wodurch Anpassungen an das letztere hervorgerufen wurden. Manche Pflanzen, welche auch unter Wasser ihre Geschlechtsorgane entwickeln, sind in seichtem Wasser fertil, dagegen in tiefem Wasser, bei üppiger vegetativer Entwickelung steril, z. B. Potomagoton rufescens, verschiedene Podostemaceen , Isoetes etc. Es dürfte sich in diesen Fällen um Lichtwirkungen handeln, da die Bildung der meisten Blüthen in schwachem Lichte unterbleibt (vgl. Kap. HI).

Auch strömende Bewegung des Wassers wirkt hemmend auf die Bildung der Blüthen, z. B. bei Potamogeton pectinatus. Nach Ver- suchen von Klebs mit verschiedenen Algen erscheint es ausgeschlossen,

32 I. Das Wasser.

dass es sich in diesem Falle um eine Wirkung der Lichtschwächung, bedingt durch die Luftblasen, handle. Die Ursache dieser Erscheinung ist zur Zeit nicht aufgeklärt.

4. Das Wasser und die Samenverbreitung.

Die Pflanzenarten der Gewässer und ihrer Ufer besitzen häufig im Bau ihrer Früchte oder Samen Vorrichtungen, durch welche ein längeres Schwimmen und dadurch die Verbreitung durch die Wasserströmungen ermöglicht werden. In hochgradig angepassten Fällen besitzen solche Früchte oder Samen besondere Schwimmorgane, selten in der Form einer von wasserdichter Wand umgebenen Schwimmblase (Morinda citrifolia, Fig. 33), weit häufiger in derjenigen eines als dicke Hülle ausgebildeten Schwimmgewebes, dessen Zellen lufthaltig sind und ausserdem oft Luft- lücken zwischen sich lassen (z. B. Früchte von Cocos nucifera, Cerbera Odollam, Barringtonia speciosa, Terminalia Catappa, Fig. 34, Calophyllum Inophyllum, Fig- 35» Samen von Cycas circinalis etc.). Allerdings entbehren manche Schwimmfrüchte und -Samen, Fig. 33. a Stein von darunter einzelne , die sich sehr lange auf dem Morinda umbellata. Wasser halten (Heritiera littoralis etc), besonderer Nicht schwimmend. Anpassung, und verdanken ihr leichtes specifisches ^ Stein von M. citri- Gewicht einem iuftführenden und wasserdichten

folia, mit Schwimm- blase, c ebensolcher, Räume zwischen Fruchtschale und Samen oder

vergrössert. Samenschale und Samenkern, ähnlich wie manche

Früchte und Samen des Binnenlandes, die in keiner Weise in Beziehung zum Wasser stehen.1).

Die mit andauernder Schwimmfähigkeit ausgerüsteten Früchte oder Samen zeigen sich namentlich in der Flora des Meeresstrandes, in erster Linie an tropischen Küsten, wo sie oft bedeutende Grösse erreichen und innerhalb der wenigen angegebenen Typen reiche Mannigfaltigkeit entfalten.

Die grosse Bedeutung der Meeresströmungen für die Samen- verbreitung wurde in der That zuerst an tropischen Früchten und Samen erkannt , so bereits von Linn£ , welcher auf dem Strande Nor- wegens solche fand, die der tropisch -amerikanischen Flora angehörten und offenbar durch den Golfstrom von den Antillen gebracht worden waren. Später wurde durch Beobachtungen von Hemsley, Treub,

*) Zahlreiche Abbildungen von Schwimmfrüchten und Schwimmsamen in meinem citirten Werke, Taf. VII.

4. Das Wasser und die Samenverbreitung.

33

Guppy, und mir im indischen und pacifischen Ocean die grosse Be- deutung der Meeresströmungen für die pflanzliche Besiedelung von Küsten und Inseln nachgewiesen. Von dem Aussehen der vom Meere ausgeworfenen Früchte und Samen, wie ich sie namentlich am Strande bei Tjilatjap [in Süd -Java fand, habe ich an Ort und Stelle folgende Schilderung geschrieben:

„Der breite sandige Strand ist völlig vege- tationslos und beinahe nackt; ausser einigen vor Kurzem von der Brandung ausgeworfenen Früchten, Muscheln, von der Krakataueruption herrühren- den Bimsteinfragmenten, ist derselbe nur von den Fruchtständen des Spinifex squarrosus bestreut, die theils von dem Winde ihre tanzend rollende Bewe- gung ausfuhren, theils kurz geschoren im Sande halbvergraben liegen. Hinter dem Strande erheben sich, unter scharfem Winkel aufsteigend, nie- dere Dünen, die ganz von bläulichem Spinifex bewachsen sind. Am Fusse dieser Dünen liegen, durch den Wind oder hohe Seen dahin ge- schoben, die Driftauswürfe,1) in Form langer, scharf begrenzter Streifen, sonst im Aussehen Misthaufen vergleichbar, auf welchen allerhand Pflanzen gekeimt wären. Die Auswürfe bestehen hauptsächlich aus bräunlichen, theiJs krautigen,

theils holzigen Fragmenten verschiedener, mit Ausnahme des Spinifex, schwer zu identificirender Gewächse, aus Bimsteingeröllen, Korallen, Muscheln, end- lich aus den Früchten und Samen, die da, wo die Drift- haufen grössere Dicke besitzen, zum Theil in Keimung begriffen sind und dieselben mit einem frischgrünen Rasen überziehen. Diese Früchte und Samen rühren zum grossen Theil von Pflanzen her, die man in der näheren Um- gebung vergeblich suchen würde; einige dürften aller- dings von der benachbarten Insel Noesa Kambangan her- rühren, woher die anderen, vermag ich nicht anzugeben.

Manche der Früchte sehen beinahe so frisch aus, als wären sie eben vom Baume gefallen, so diejenigen von Barringtonia speciosa. Andere dagegen tragen die Spuren einer langen Reise und sind manchmal bis zur Unkenntlichkeit abgerieben; ihre Schalen sind von Ser- picula überzogen, oder siebartig durchbohrt, oder von einer Cirrhipediencolonie bewohnt; manchmal sind sie von Thieren ausgehöhlt worden (Carapa, Cocos).

Fig. 34. Frucht von Termi-

nalia Katappa aus der Drift.

Nat. Gr.

Fig. 35- Fruchtstein von Calophyllum ino- phyllum. Geöffnet und das Schwimmgewebe zeigend. Nat. Gr.

*) Die Engländer bezeichnen die Gesammtheit der Meeresauswürfe als Drift; letztere Bezeichnung ist auch in der deutschen Literatur gebräuchlich, sie würde jedoch zweckmässig durch eine deutsche ersetzt werden.

Schimper, Pflanzengeographie. 3

34

I. Das Wasser.

Unter allen diesen Früchten herrschen diejenigen von Heritiera littoralis vor, die wegen ihrer Grösse auch gleich in die Augen fallen. Massenhaft sind ferner die grossen Früchte von Cerbera Odollam, ihrer grünen Schale ganz, ihres Parenchyms theilweise beraubt und die überaus zähe Faserhülle, welche das für Wasser schwer durchdringliche Endocarp (hier das Schwimm- gewebe) umgiebt, entblösst zeigen. Ferner fallen in die Augen Cocosnüsse, nur noch von Resten ihrer Faserhülle bedeckt, seitlich meist mit einem rund- lichen Loche versehen, durch welches ein mir unbekanntes Thier sich den Genuss des stets ganz verschwundenen Samens verschaffte. Häufig sind auch die gerippten Früchte von Nipa fruticans; die runzeligen oder auf den drei- spaltigen Stein reducirten eines Canarium; die grossen mitraförmigen der Barringtonia speciosa, nebst den länglichen der Barringtonia excelsa und den viel kleineren, einer nicht näher bestimmten dritten Art; die bootförmigen Steine von Terminalia Katappa (Fig. 34), häufig stark abgerieben und, in der dicken Schale, von allerhand thierischen Organismen, namentlich Cirrhipedien be- wohnt; die gleichsam aus Flaschenkork herausgeschnittenen unregelmässig eckigen Samen von Carapa obovata, deren Schale ebenfalls perforirt oder gleichsam angefressen zu sein pflegt ; die grossen eckigen Samen von Pangium edule; die kugeligen Steine von Calophyllum inophyllum (Fig. 35); die Früchte verschiedener Pandani; die Hülsen von Pongamia glabra; diejenigen von Cynometra cauliflora; die grauen, unregelmässig rundlichen Samen von Caesalpinia Bonducella; die flachen, dunkeln einer Dioclea; die länglichen von Erythrina- Arten; Keimlinge einer Bruguiera. Bei genauerer Untersuchung findet man noch eine Anzahl kleiner Früchte und Samen, so namentlich die Steine von Lumnitzera racemosa oder coccinea, diejenigen von Scyphiphora, die Samen von Ipomoea pes caprae.

In der Mehrzahl der Fälle sind, auch in abgeriebenen Früchten, die Samen ganz gesund und viele sind anscheinend in Keimung begriffen; dabei zeigt sich ein auffallender Unterschied zwischen den einzelnen Arten, der wohl in erster Linie auf die Dauer der Keimfähigkeit zurückzuführen ist Junge Cocospalmen, Eichen, Canarien findet man gar nicht, Keimlinge von Heritiera, im Verhältniss zur enormen Menge der angeschwemmten Früchte, wenige. Etwas häufiger sind die Keimpflanzen von Barringtonia speciosa und B. sp., viel zahlreicher diejenigen von Calophyllum inophyllum, Cerbera Odollam, Carapa, am gewöhnlichsten aber diejenigen von Ipomoea pes caprae und verschiedener Leguminosen. Aber auch Keimpflanzen von Arten, deren nicht keimende Samen ich überhaupt nicht fand, zeigen sich in grosser An- zahl, namentlich Ricinus communis und verschiedene anderen Euphorbiaceen."

Die Flora des Meeresstrandes weist einen ausnehmend hohen Procentsatz weitverbreiteter, oft innerhalb der betreffenden Klima- zone kosmopolitischer Arten auf, welche ihre grossen Areale, wie das Vorkommen ihrer Keimlinge in den Driftauswürfen und Versuche über die Dauer der Schwimm- und Keimfähigkeit der Driftsamen gezeigt haben, offenbar den Meeresstömungen verdanken.

Versuche, die ich über die Dauer der Schwimmfähigkeit der Samen ver- schiedener malayischer Strandpflanzen auf 3,/2procentigem Salzwasser anstellte,

Literatur.

35

mussten unterbrochen werden, bevor die Objekte sämmtiich gesunken waren. Samen von Suriana maritima schwammen seit 143 Tagen, solche von Hibiscus tiliaceus seit 121 Tagen. Andere Samen oder Schliessfrüchte hatten zwischen 10 und 70 Tagen geschwommen und waren dann auf den Boden gesunken. In Versuchen von Guppy in Buitenzorg, welche schon nach 53 Tagen unter- brochen werden mussten, wurde bei einem beträchtlichen Theile der Samen die Keimfähigkeit nach 40 53 Tagen unverändert gefunden.

Die Verbreitung von Strandpflanzenarten durch Meeresströmungen hat nicht bloss in früheren Zeiten maassgebende Bedeutung für die Besiedelung von Küsten und Inseln gehabt, sondern sie findet gegen- wärtig noch statt, wie es Treub, der die in Folge der bekannten Eruption völlig pflanzenleer gewordenen Inseln der Krakataugruppe nicht ganz drei Jahre später besuchte, bestimmt nachweisen konnte. Zahlreiche Driftsamen lagen da auf dem Strande und manche offenbar aus solchen Samen entstandene Pflanzen hatten sich bereits angesiedelt und bildeten den Anfang einer ähnlich zusammengesetzten Strandflora, wie sie den in dieser Hinsicht völlig mit einander übereinstimmenden Inseln des malayischen Archipels zukommt.

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H. Die Wärme.

1. Allgemeines. Die Wärme und die Pflanzenstructur. Wirkungen des kalten Klimas auf Form und Lage der Blätter. Die drei Cardinalpunkte. Die Phänologie. 2. Die Nullpunkte des Fflansenlebens. §. i. Untere Nullpunkte. Widerstands- fähigkeit gegen Kälte. Kältetod oft Trockentod. Die kältesten Punkte der Erde. §. 2. Obere Nullpunkte. Widerstandsfähigkeit gegen Hitze. Sachs' Versuche. Die Thermen. Höchste beobachtete Temperaturen in Boden und Luft. 3. Die Cardinal- punkte der pflanzlichen Functionen. Das harmonische Optimum. Absolutes und ökologisches Optimum. Schwankungen des harmonischen Optimums während der Ent- wicklung. Das ökologische Optimum des Pfirsichbaumes. Cardinalpunkte der Keimung. Keimung, Wachsthum, Assimilation, Athmung bei niederen Temperaturen. Nützliche niedere Temperaturen. Wirkungen der Kälte auf die geschlechtliche Reproduktion. 4. Die Akklimatisation. Verpflanzen aus warmen in kalte Klimate und umgekehrt Schübeler's und A. de Candolle's Versuche. H. Mayr über Akklimatisation der Waldbäume.

1. Allgemeines.

Wenn trotz der herrschenden Rolle, die ihnen pflanzengeographisch zukommt, die Wirkungen der Temperatur hier nicht auch äusserlich an die Spitze der pflanzengeographischen Factoren gestellt worden sind, so geschah es, weil das Wesen dieser Wirkungen auf den pflanzlichen Organismus weniger deutlich erkennbar ist, als bei derjenigen des Wassers. Wir können die Zufuhr und die Ausscheidung von Wasser in der Pflanze direct beobachten, die dadurch bedingten Wirkungen physiologisch erklären, den Transpirationsstrom auf seinen Bahnen ver- folgen, während die Wärmewirkungen sich in dem uns ganz verborgenen Moleculargebiet des Plasma abspielen und nur in ihren schliesslichen Ergebnissen , wie Beschleunigung , Verzögerung , Aufhören physiolo- gischer Vorgänge, sichtbar werden. Die ökologischen Erscheinungen zeigen ähnliche Unterschiede. Die Schutzmittel gegen Mangel oder Ueberfluss an Wasser sind der Beobachtung zugänglich, diejenigen gegen Kälte und Wärme entziehen sich derselben gänzlich. Wir können es einer Pflanze direct ansehen, ob sie in der Natur trockene

i. Allgemeines.

41

oder feuchte Standorte bewohnt, aber nicht, ob sie der Flora eines kalten oder eines warmen Klimas angehört. Vielmehr haben die Pflanzen heisser Wüsten oft eine grosse habituelle Aehnlichkeit mit denjenigen der Polarländer.

In neuerer Zeit hat man allerdings einige Unterschiede zwischen den in hochalpinen, bezw. polaren und den im temperirten Klima gewachsenen Exemplaren einiger Pflanzenarten nachweisen wollen. So sagt Lindberg in seiner Moosflora von Spitzbergen1): „Die meisten hier vorkommenden Moosarten treten nur in mehr oder weniger unvollständigen und verfrorenen Formen auf. In der That leiden diese Sporenpflanzen in hohem Grade von der Ungunst des Klimas, denn gewöhnlich nimmt die ganze Pflanze einen dunkelen Farbenton an; die Stengel werden kürzer, reichlicher verzweigt und mehr dichtrasig •, auch die Blätter erhalten eine ver- änderte Form und Richtung, indem sie mehr gedrängt, kürzer, stumpfer und mehr aufrecht oder an- gedrückt und concav werden; ausserdem sind sie oft in der Spitze weiss oder durchsichtig, weil das Chloro- phyll erfroren ist; wenn in der wohlausgebildeten Pflanze die Blattrippe als lange haarförmige Spitze ausläuft, vermag sie hier selten über die Blattspitze hinauszutreten." Aehnliche Beobachtungen hat Berg- gren gemacht2): Was die Moose betrifft, so liegt die genannte Eigentümlichkeit darin, dass die Blätter breiter, sehr oft concav sind und die Tendenz zeigen,

kapuzenförmige Spitzen zu bekommen Es ist

eher als eine Ausnahme zu betrachten, dass, wenn Moose aus der gemässigten Zone bis nach Spitzbergen verbreitet sind, diese nicht kürzere und demzufolge

verhältnissmässig breite Blätter haben Mitunter

wird der Blattrand gleichzeitig zurückgeschlagen und seine Zähne verschwinden "

Zu ähnlichen Resultaten gelang Kjellman für verschiedene höheren Ge- wächse; so für die Zapfen von Picea excelsa und für die Blätter einiger Ericineen. Ueberall zeigte sich, ähnlich wie bei den oben geschilderten Moosen, die Neigimg der Blüthen, breiter und kürzer zu werden und etwaige Unebenheiten ihres Randes zu vermindern.

In wie fern solche Unterschiede direkt mit der Temperatur zusammen- hängen, müssen Versuche entscheiden.

Warming *) beobachtete bei Juniperus communis (Fig. 36), sowie bei Lycopodium annotinum und selago die Neigung, mehr gerade und dem Stengel angedrückte, nicht wie sonst abstehende Blätter zu bilden. Er sieht darin ein Schutzmittel gegen Transpiration. Manche Kiefernarten gleichen im Winter

A f*

Fig- 36. Juniperus com- munis. A die Form nana des kalten Klima. B die gewöhnliche Form. Nach Warming.

l) Nach dem Citat Kihlman's 1. c. S. 156.

*) Desgleichen S. 17 u. 18.

3) L. c. S. 114 u. f. und Fig. 12—14.

42 EL Die Wärme.

solchen „Kälteformen", indem ihre Nadeln sich erheben und der Axe andrücken. Derartige Wirkungen in Folge grosser Trockenheit sind mir nicht bekannt.1)

Jede Pflanze ist nur zwischen zwei, bald mehr bald weniger von einander entfernten Temperaturgraden, ihrem unteren und ihrem oberenNullpunkt, existenzfähig. Ueberschreiten des einen oder des anderen Nullpunkts hat in kürzerer oder längerer Zeit, spätestens aber nach drei oder vier Tagen, den Tod zur Folge. Die Nullpunkte sind für jede Pflanzenart verschieden, dagegen haben die Individuen einer Art, wenigstens soweit sie sich unter annähernd gleichen äusseren Be- dingungen entwickelt haben, die gleichen Nullpunkte. Die absoluten Grenzwerthe des Pflanzenlebens sind nicht gleichzeitig diejenigen aller seiner Functionen. Vielmehr besitzt jede einzelne Function ihre eigenen Grenzwerthe und ausserdem bei einem bestimmten Temperaturgrade ein Optimum, im Ganzen also drei Cardinalpunkte oder Cardinalgrade. Wie die Grenzwerthe ist auch das Optimum einer jeden Function für jede Art charakteristisch und pflegt um so höher zu stehen, als das Minimum einer höheren Temperatur entspricht.

Die im Vorhergehenden skizzirten Daten bilden die ein- zige Grundlage für die Untersuchung der Temperatureinflüsse auf Verbreitung und Lebensweise der Pflanzenarten.

Im Gegensatz zu der allein wissenschaftlichen Auffassung der Temperatur- wirkungen, welche J. Sachs durch sorgfältige Experimente einführte, nimmt die Phänologie2) weit einfachere Beziehungen zwischen Wärme und Pflanzenleben an, indem nach ihren Lehren ein direkter Zusammenhang zwischen der Ent- wickelung der Pflanze und der Eintheilung des Celsius -Thermometers vor- handen sein soll. So werden, um das Wärmebedürfniss einer annuellen Pflanze zu bestimmen, vom Tage der Aussaat bis zu demjenigen der Samen- reife die mittleren oder auch die höchsten Temperaturgrade an den Tagen, wo dieselben den Nullpunkt nach Celsius überschritten, addirt. Die Summe soll bei einer und derselben Pflanzenart, unter jedem Klima, stets die gleiche sein. So will es wenigstens die Theorie, welche, wie nicht anders zu er- warten, durch die Thatsachen nicht bestätigt wird.

In ähnlicher Weise wie die totale Temperatursumme, wird auch die- jenige einzelner physiologischer Vorgänge bestimmt. Bei mehrjährigen Pflanzen geht man nicht von der Keimung aus, sondern berechnet die Temperatur- summe gewöhnlich vom i. Januar an.

Dass die Methoden der Phänologie zu exakten Resultaten nicht führen können, braucht kaum näher beleuchtet zu werden. Abgesehen von der Willkür in der Auswahl der Temperaturgrade und des Zeitpunktes für den An- fang der Berechnung, wird von ihr vollständig verkannt, dass die Wärmegrade physiologisch sehr ungleichwerthig sind, dass in vielen Fällen 35 ° oder sogar 30 °

*) Johow.

9) Vgl. darüber z. B. Hoffmann L c.

2. Die Nullpunkte des Pflanzenlebens. 43

weniger günstig sind als 25 ° oder sogar 200, während sie mit io° oder 150 ver- gleichbar sind, dass die verschiedenen Organe und Functionen ein sehr un- gleiches Wärmebedürfniss haben, dass ungünstige Temperaturen eine nach- trägliche Verzögerung bewirken und dass neben der Wärme noch andere Factoren, namentlich die Feuchtigkeit, mit bestimmend eingreifen. Man kann sich nicht wundern , dass die phänologischen Beobachtungen wenig Ueber- einstimmung zeigen und wird ihnen höchstens für die rein darstellende Pflanz engeographie , zur Charakterisirung einzelner Gegenden, eine gewisse Bedeutung zuerkennen können. Den theoretischen Betrachtungen und den Wärmesummen ist hingegen gar keine Bedeutung zuzuerkennen.

Die physiologischen Versuche über den Einfluss der Temperatur auf die Lebensvorgänge der Pflanze sind leider noch wenig zahlreich. Namentlich werden für Pflanzen, die weit mehr als die meisten der bis- her benutzten Objekte, an bestimmte Wärmebedingungen gebunden sind, Grenztemperaturen und Optima festgestellt werden müssen. Wir sind z. B. für die Tropen, die Polarländer und die alpinen Höhen noch gar nicht unterrichtet. Erst auf Grund einer grossen Anzahl genauer Daten wird man eine tiefere Einsicht in den Zusammenhang zwischen Temperatur und Pflanzenleben unter verschiedenen Klimaten zu er- langen hoffen dürfen. Die wenigen diesbezüglichen Beobachtungen, auch solche, die der kritischen Prüfung durchaus bedürfen, sind im Folgenden zusammengestellt.

2. Die Nullpunkte des Pflanzenlebens.

§. 1. Untere Nullpunkte des Pflanzenlebens. Allgemein bekannt ist die ungleiche Fähigkeit der Pflanzenarten, niedere Temperatur- grade zu ertragen. So fand Molisch, dass eine Reihe tropischer Ge- wächse schon bei Temperaturen von + 2 bis -|- 5 ° C. an Erfrieren zu Grunde gehen, während andererseits die Flora von Jakutsk und Werchojansk ein paar Hundert Pflanzen umfasst, welche unbeschadet eine Temperatur von 60 ° C. ertragen. Namentlich zeigen sich ver- schiedene Gewächse in sehr verschiedenem Grade befähigt, das Ge- frieren ihres Zellsaftes zu ertragen, so dass den Temperaturen wenig unter C. eine hervorragende auslesende Bedeutung zukommt.

Im Allgemeinen ist für tropische Gewächse Gefrieren auch Erfrieren, während die Pflanzen der temperirten und kalten Zonen, wenigstens die perennirenden , durch Gefrieren zu Eisklumpen werden können ohne abzusterben. Schädlicher als das Gefrieren ist in solchen Fällen das Auf- thauen, welches, falls zu schnell vor sich gehend, mehr Pflanzen oder Pflanzenglieder tödtet, als die strengste Kälte.

Die klimatischen Bedingungen sind nur. in wenigen Gegenden derart, dass die Vegetation im Stande sein muss, ein häufig wiederholtes Gefrieren

44

H. Die Wärme.

und schnelles Aufthauen unbeschadet zu ertragen. So betont Kihlman „die ausserordentliche Befähigung starke und schnelle Temperatur- Oscillationen zu ertragen und sogar den Gefrierpunkt mehrmals innerhalb 24 Stunden zu passieren, als hervortretende Eigentümlichkeit" der zwerghaften Vegetation der Tundren in Russisch -Lappland. Aehnliches zeigt sich auch in den höchsten Regionen der Gebirge. So verbringen die alpinen Gewächse oberhalb der Schnee- grenze, in den Alpen z. B. Ranunculus glacialis und Gentiana nivalis, während

sie in voller Blüthe stehen, die Nächte im hartgefrorenen Zustande, während sie am Tage der grössten Sonnen- gluth ausgesetzt sind.

Die mikroskopische Untersuchung gefrorener Pflanzentheile ergiebt, dass im gewöhnlichen Zustande luftfiihrende Intercellularen Eiskrystalle enthalten, die auf Kosten des Zellsaftes benachbarter Zellen ent- standen sind. Der da- durch bedingte Wasser- verlust dürfte in sehr vielen Fällen die Todesursache darstellen, da, wie Müller- Thurgau nachgewiesen hat, derselbe auch bei günstigen Temperaturen tödtend wir- ken würde. Doch giebt es, ganz abgesehen davon, wie namentlich aus den Ver- suchen Molisch's hervor- geht, für das Plasma direkt schädliche Kältewirkungen. Wasserarme Pflanzen- theile, sowie solche Pflan- zen, die ohne Schaden grosse Trockenheit ertragen, sind gegen Kälte besonders widerstands- fähig. So zeigten sich in Versuchen von C. de Candolle und R. Pictet trockene Samen, die einer Temperatur von 80 ° ausgesetzt worden waren, in ihrer Keimkraft gar nicht beeinträchtigt, während gequollene Samen schon durch viel weniger tiefe Temperaturen getödtet werden. Aehnlich grosse Resistenz gegen Kälte zeichnet auch die Sporen von Pilzen und anderen Kryptogamen aus, sowie solche Gewächse, deren

Fig- 37- Cochlearia fenestrata von Pittlekaj. Ein Exem- plar, das in blühendem Zustande überwintert und nach Schluss des Winters seine Entwickelung fortgesetzt hat. Nat. Gr. Nach Kjellman.

2. Die Nullpunkte des Pflanzenlebens. ac

vegetative Organe einen hohen Grad von Austrocknung unbeschadet ertragen.

Kältetod ist unzweifelhaft in sehr vielen Fällen eine Wirkung des Wassermangels und nicht der niederen Tem- peratur. So sagt z. B. ganz richtig H. Mayr: „Man staunt, welch' tiefe Temperaturen eine in Ruhe befindliche Holzart zu ertragen ver- mag; bei genügender Feuchtigkeit der Luft oder verminderter Eigen- verdunstung, wie es Waldesschluss, insulares Klima, enge Gebirgs- und Flussthäler mit sich bringen; dagegen werden die meisten Pflanzen gegen Winterfrost um so empfindlicher, je trockener die Luft ist; neun Zehntel von allen Fällen, die als Frostbeschädigung während des Winters bezeichnet werden, gehören in die Categorie der Vertrocknungs- erscheinungen bei durch Frost gehinderter oder geminderter Wasser- bewegung. So lassen sich vielleicht die Widersprüche erklären, dass manche Pflanzen in notorisch kälterem Klima als „hart" bezeichnet werden, die in notorisch milderem Klima für empfindlich gelten; wahrscheinlich waren die Pflanzen an ersteren Oertlichkeiten in feuchterer Luft oder gegen Verdunstung geschützt, während die empfindlichen Pflanzen des wärmeren Klimas gegen Trockniss und Frost zu kämpfen hatten." (1. c. S. 368).

Welche die gegen Kälte am wenigsten empfindlichen Pflanzenarten sind abgesehen von Samen und Sporen und welche Kältegrade sie unbeschadet ertragen können, ist noch unbekannt. Doch zeigen einige diesbezügliche Beobachtungen an arktischen Pflanzen, dass solche Grade ausserordentlich niedrig sein können. So berichtet Kjellmann, der als Botaniker die Vega-Expedition mitmachte, das Folgende über Cochlearia fenestrata (Fig. 37):

„Es giebt wenige Gegenden auf der Erde, welche ein so strenges Winter- klima besitzen, wie die Stelle, an welcher die Vega-Expedition überwinterte. Die Kälte war sehr anhaltend und ging auf mehr als 46 ° C. herab. Das fragliche Exemplar wuchs auf dem Gipfel eines ziemlich hohen Sandhügels bei Pittekoj, dem beständigen und scharfen Nord- oder Nordostwind aus- gesetzt Es hatte seine Blüthe im Sommer 1878 begonnen, dieselbe aber, als der Winter kam und seiner Entwicklung ein Ende bereitete, noch lange nicht abgeschlossen. Das florale System enthielt daher Blüthenknospen in verschiedenen Entwickelungsstadien , neuerdings geöffnete Blüthen, verblühte Blüthen und mehr oder weniger reife Früchte. Von den Rosettenblättern fanden sich nur unbedeutende, zusammengeschrumpfte Reste, aber die oberen Blätter waren frisch und lebenskräftig. In diesem Zustande wurde die Pflanze vom Winter betroffen und seiner ganzen Strenge ausgesetzt. Man möchte nun wohl glauben, dass sie vernichtet werden musste, und dass besonders die zarten, in der Entwickelung begriffenen Blüthentheile vom Frost zerstört und ausser Stand gesetzt wurden, sich weiter zu entwickeln. Dies war aber nicht der Fall. Als der Sommer 1879 begann, setzte die Pflanze ihre Ausbildung von da an fort, wo sie zu Anfang des Winters unterbrochen worden war ; die

46

II. Die Wärme.

Blüthenknospen schlugen aus, und aus den Blattachseln der oberen frischen Stengelblätter schössen neue frische Blüthenstände hervor."

Dass die vegetativen Organe noch viel tiefere Temperaturen als die von Kjellmann beobachteten unbeschadet ertragen und dass entgegen einer verbreiteten, aber durch nichts gestützten Vorstellung, der Baum- wuchs durch lange andauernde strenge Wintertemperaturen keineswegs ausgeschlossen ist, geht aus der Thatsache hervor, dass die kältesten bekannten Orte der Erde sich im sibirischen Waldgebiete befinden. Dahin gehören z. B. Jakutsk, wo das Thermometer nicht selten unter 62 ° fallt und das womöglich noch kältere Werchojansk, dessen Tem- peraturverhältnisse in folgender Tabelle zusammengestellt sind:

Werchojansk (Sibirien). 67 ° 34r N. B., 1330 5if O. L., 107 m. ü. M.

Mittel

Mittlere Extreme

Dezember .... 48.4

61.9 28.7

Januar . . Februar

—51.5

46.2

—64.1 —31-5 —60.5 —24.3

März . . April . .

35-2 -15.8

55-7 —16.6 —33-6 1.9

Mai . .

1.1

17.2 11. 9

Juni . . Juli . . August . September October

9.4 15.6

9.3

0.4

. 18.1

0.7 22.4 5.0 29.8

0.4 30-1

10.3 12.4 —36.7 1.2

November

—39-7

—54.4 —14.0

Ueberhaupt ist, soweit bekannt, an keinem Punkte der Erde die Temperatur so tief, dass ihr keine Pflanze widerstehen könnte. Das angebliche gänzliche Fehlen jeder Land- vegetation in den antarktischen Polargebieten ist nicht die Folge zu grosser absoluter Kälte denn so tief wie in der Nordpolarregion fällt das Thermometer dort nicht , sondern der beinahe constant unter dem Minimum für nothwendige Functionen bleibenden niederen Temperaturgrade.

Kjellmann ist es aufgefallen, dass Vorrichtungen, die als Schutz gegen Kälte aufgefasst werden könnten, bei vielen polaren Gewächsen, z. B. bei der soeben erwähnten Cochlearia fenestrata fehlen. Ueber- haupt erschien ihm die polare Vegetation äusserlich nicht besser gegen Kälteeinflüsse geschützt, als diejenige unserer Zonen. Wir können diese Angabe dahin erweitern, dass für unsere gegenwärtigen Hülfs- mittel erkennbare Schutzvorrichtungen gegen Kälte bei Pflanzen nicht vorkommen. Die Fähigkeit, grosse Kälte zu er-

2. Die Nullpunkte des Pflanzenlebens. 47

tragen, ist eine specifische Eigenschaft des Protoplasma gewisser Pflanzen und in keiner Weise durch äussere, d. h. ausserhalb der Plasmamicellen gelegene Schutzmittel unterstützt.

Man kann sich auch bei uns von dem Fehlen des äusseren Kälte- schutzes überzeugen; dazu genügt bei Frostwetter ein Blick auf jede Wiese, auf jedes Feld. Da findet man hartgefroren und brüchig wie Glas solche zarte Pflanzen wie Bellis perennis, Stellaria media etc. Diese Pflanzen sind der Unbill der Witterung gleichsam nackt ausgesetzt, durch keinen Haarpelz, durch keine Korkhülle, nicht einmal durch eine dicke Cuticula gegen die Angriffe des Frostes geschützt. Thaut es auf, so setzen die Pflanzen ihre vegetative Thätigkeit ungestört fort. Sie sind gegen Kältegrade, wie sie bei uns vorkommen, unempfindlich.

Dagegen sind manchen Holzgewächsen Schutzmittel gegen Kälte zugeschrieben worden. Knospenschuppen , Korküberzüge , die dicke Cuticula immergrüner Blätter, wurden als solche früher beansprucht. Thatsächlich handelt es sich nur, wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde, um Schutzmittel gegen Trockenheit. Ein kalter Boden, namentlich aber ein gefrorener, ist, wie wir bereits wissen, physiologisch ein trockener Boden, so dass das in einem solchen wurzelnde Gewächs der Schutzmittel gegen Transpiration bedarf. Seichtwurzelnde niedrige Kräuter, die ungefähr denselben Temperaturschwankungen wie der Boden unterworfen sind, sind unter solchen Umständen der Gefahr der Austrocknung weniger ausgesetzt, als tiefwurzelnde hohe Holzpflanzen, und daher relativ ungeschützt.

Mehrfach ist die Ansicht ausgesprochen worden, dass fettes Oel in ge- wissen Fällen als Schutzmittel gegen Kälte aufzufassen sei. So ist die noch zu besprechende Erscheinung der winterlichen Umwandlung von Stärke in Oel bei nordischen Baumarten verbreiteter als bei Bäumen, die mehr kälte- empfindlich sind (A. Fischer). Auch sollen im gequollenen Zustande ölreiche Samen tieferen Temperaturen besser widerstehen als ölarme. Es handelt sich jedoch in solchen Fällen nur um Vermuthungen , wdche der experimentellen Grundlage entbehren und gegen welche andere Erscheinungen zu sprechen scheinen.

§ 2. Obere Nullpunkte des Pflanzenlebens. Die Widerstands- fähigkeit der Pflanze gegen Hitze ist wie diejenige gegen Kälte specifisch verschieden, jedoch weniger ungleich gross.

Einige Gewächse und Gewächstheile zeichnen sich allerdings durch eine ausserordentliche Widerstandskraft gegen hohe Wärmegrade aus, die sich, wie diejenige gegen Kältegrade, häufig mit der Fähigkeit Austrocknen zu ertragen, gepaart zeigt. So ist zum Abtödten der Dauersporen der Spaltpilze ein längeres Erwärmen auf 1300 C. noth- wendig. Lufttrockene Hefe wird erst bei 115 1200 getödtet. Luft- trockene Samen verlieren oft bereits bei 75 ° C. ihre Keimkraft, während

48

II. Die Wärme.

sie im vollkommen trockenen Zustande ioo°, vorübergehend sogar i2O0 C. ertragen.

Die activen, wasserreichen Zustände der Vegetation sind meist mit weit geringerer Widerstandskraft gegen Hitze verbunden, als die ruhen- den, wasserarmen. Die höchsten Hitzegrade ertragen wiederum die Bacterien,1) namentlich der Milzbrandbacillus, der sogar nach längerer Erwärmung auf 75 80 ° C. seine infectiösen Eigenschaften nicht ein- büsst, während allerdings viele andere vegetativen Bacterienformen durch längere Erhitzung auf 45 50 ° C. getödtet werden. Die vegetativen Zustände der Gefasskryptogamen gehen, nach den übereinstimmenden Versuchen von Sachs und H. de Vries bei einer Temperatur von 50 5 1 ° in kurzer Zeit zu Grunde ; Jumelle fand, dass seine Versuchs- objecte (Cocos Weddelliana, Begonia tuberosa, Pelargonium zonale) einen langen Aufenthalt in einer Temperatur von 35 ° C. unbeschadet ertrugen, während eine Erhöhung derselben auf 400 nach einigen Tagen, eine solche auf 45 ° nach wenigen Stunden tödtlich wirkte.

Die Versuche von Sachs mit Nicotiana rustica, Cucurbita Pepo, Zea Mays, Mimosa pudica, Tropaeolum majus, Brassica Napus, vorwiegend also mit Gewächsen aus den wärmeren Zonen, führten zu dem Resultat, dass keine dieser Pflanzen eine Temperatur von mehr als 5 1 ° C. in Luft auch nur 10 Minuten lang ohne starke Beschädigung oder völlige Tödtung erträgt, während sie Temperaturen zwischen 49 51 ° binnen 10 und selbst mehr Minuten ertragen. Dagegen werden die Organe, welche die letztgenannten Temperaturen in der Luft überdauert haben, durch Berührung mit Wasser von derselben Wärme schon binnen 10 Minuten getödtet; der höchste er- trägliche Temperaturgrad liegt also im Wasser für gleiche Organe niedriger als in der Luft.2)

Stellen wir den Ergebnissen des Versuchs die Verhältnisse in der Natur entgegen, so finden wir nur an wenigen Punkten von sehr ge- ringer Ausdehnung, wie die Kratere und Fumarolen thätiger Vulkane, Fehlen jeden Pflanzenlebens in Folge zu hoher Temperatur.

Bacterien und Spaltalgen sind unter allen Wassergewächsen die resistentesten und auch die in Thermen zuerst auftretenden. In einer warmen Quelle bei Las Trincheras in Venezuela, die bei ihrem Ur- sprung eine Wärme von 85 93 ° besitzt, sollen Spaltalgen bei einer Temperatur von über 80 ° gedeihen. Dagegen treten sie in euro- päischen Thermen erst bei stärkerer Abkühlung auf, in den Carlsbader Thermen, nach Agardh und Pfeffer, erst wo die Temperatur auf 57 ° ge- sunken ist, nach Hoppe -Seyler am Rande von Fumarolen in Wasser- dampf von ca. 60 ° C. Ich selber sah auf Java, am Rande von Fuma- rolen, auch höhere Gewächse, wie Rhododendron javanicum, in heissen

*) Rabinowitsch 1. c. *) Abhandl. L S. 216.

2. Die Nullpunkte des Pflanzenlebens. # aq

Dämpfen üppig gedeihen ; jedoch kann ich über die dort herrschenden unzweifelhaft sehr hohen Temperaturen nichts genaues angeben.

Die Temperatur der oberflächlichen Schichten des Bodens erreicht in Wüsten, unter der Einwirkung der Sonnenstrahlen, eine Höhe, welche der oberen Grenze jedes Pflanzenlebens nahekommt und nur noch von den wasserarmen Pflanzentheilen ertragen wird. So sagt Kerner:

„Die Krustenflechten, welche an den Kalkfelsen auf den schatten- losen Einöden des Karstes in Istrien und Dalmatien haften, sind an wolkenlosen Tagen im Sommer mehrere Stunden lang regelmässig einer Temperatur von 58 ° 6o° C. ausgesetzt, ohne dadurch Schaden zu leiden und die Mannaflechte (Lecanora esculenta) wird so wie das Gestein, dem sie in der Wüste aufgelagert ist, oft genug auf 70 ° C. erhitzt, ohne zu verderben. Auch die Samen, welche oberflächlich dem Wüstensande eingelagert sind und hier die lange Zeit der Dürre überdauern, nehmen ohne Zweifel die Temperaturen ihrer Umgebung an. Diese beträgt am Nachmittage regelmässig 60 ° 70 ° G Die höchste Temperatur in der oberflächlichen Bodenschicht wurde nahe dem Aequator auf der Station Chinchoxo an der Loangoküste be- obachtet. Dieselbe überstieg in sehr zahlreichen Fällen 750, erreichte oft 80 ° und einmal sogar 84 °. Auch diesem Boden fehlte es in der Regenzeit nicht an einjährigen Gewächsen." Pechuel-Lösche fand 69 ° im Sande des Meeresstrandes der Loangoküste, neben einer blüthen- reichen Ipomoea1).

Auch in der Luft sind in Gegenden, die der Vegetation keineswegs entbehren, Temperaturen beobachtet worden, die denjenigen der Thermen nur wenig nachstehen. So sind die absoluten Maxima in Blanford's Meteorology of India 1879 (Calcutta 1881) für Calcutta 41,1° C, Benares 47,8°, Lahore 50,9°, Multan 52,8°. Wie Hann, dessen Meteorologie diese Angaben entnommen sind, hinzufügt, sind Lufttemperaturen von 500 C. nicht so selten imPanjab, selbst bei guter Aufstellung des Thermometers2). Bei solcher Schattentemperatur der Luft werden die den Sonnen- strahlen ausgesetzten Pflanzentheile eine Erhitzung auf 60 ° bis 70 ° C. zu ertragen haben, also eine weit beträchtlichere, als der in den bisherigen Versuchen beobachtete obere Nullpunkt. So beobachtete Askenasy bei einer Schattentemperatur von 28 ° C. eine Erhitzung der Blätter von Sempervivum alpinum in der Sonne auf 52 ° C. Derartige Temperaturunterschiede zwischen Sonne und Schatten werden allerdings nur von Fettpflanzen aufgewiesen, denn derselbe Beobachter fand die gleichzeitig insolirten Blätter vonGentiana cruciata nur auf 3 5°C. erwärmt.

Vorbehaltlich weiterer Untersuchungen scheint aus dem Vorher-

J) l. c. s. 65.

*) Hann, Handb. 1. A. p. 265. Schimper, Pflanzengeographie.

50

H. Die Wärme.

gehenden hervorzugehen, dass das Vermögen, hohe Temperaturen zu ertragen, ähnlich wie die Widerstandsfähigkeit gegen Kälte, bei den einzelnen Arten ungleicher ist, als gewöhnlich angenommen. Die von Sachs festgestellten Maximaltemperaturen dürften für die Pflanzen extremer Klimate keine Geltung haben.

Schutzmittel gegen übermässige Erhitzung sind bei den Pflanzen bis jetzt ebenso wenig nachgewiesen worden, als solche gegen Er- kaltung. Die oberirdischen Theile der Pflanzen sehr heisser Gebiete sind in den meisten Fällen, wegen der Gefahr des Vertrocknens, gegen Transpiration geschützt und dadurch des wichtigsten Mittels der Ab- kühlung beraubt, wie namentlich die hohen Temperaturen besonnter Succulenten zeigen. Viele Pflanzen entziehen sich allerdings den schäd- lichen Wirkungen solcher Wärmegrade dadurch, dass sie zur Zeit ihrer Herrschaft nur ein unterirdisches Leben fuhren. Dieses gilt aber keineswegs von allen Pflanzenarten.

3. Die Cardinalgrade der pflanzlichen Functionen.

Das Leben der Pflanze setzt sich aus Tausenden von Einzelvorgängen zusammen, deren jeder sich innerhalb anderer Temperaturgrenzen ab- spielt, und bei einem anderen Temperaturgrade sein Optimum aufweist. An den meisten Standorten mit Ausnahme der dem Pflanzenleben überhaupt sehr ungünstigen können sich nur solche Pflanzen im Kampfe um das Dasein behaupten, die sich in einem den äusseren Bedingungen entsprechenden Gleichgewicht ihrer Functionen, dem ökologischen Optimum, befindet. Dieses Gesammtoptimum setzt sich nicht aus den Einzeloptima sämmtlicher Functionen zusammen; manche Functionen sind vielmehr, wenn sie sehr intensiv vor sich gehen, wie Athmung oder Transpiration, der Pflanze schädlich. Es ist für jede Function zwischen dem absoluten Optimum, welches der höchsten Intensität einer Function und dem harmonischen Optimum, welches der günstigsten Intensität derselben entspricht, zu unterscheiden. Das ökologische Optimum ist die Gesammt- heit der harmonischen Optima.

Die Kenntniss der Grenztemperaturen einer Function ist pflanzen- geographisch wichtiger als diejenige ihres oft schwer zu ermittelnden und für die natürlichen Existenzbedingungen oft ziemlich belanglosen absoluten Optimums. Das Letztere hat nur da pflanzengeographische Bedeutung, wo es mit dem harmonischen Optimum nahe zusammen- fällt, z. B. für die Assimilation und andere Vorgänge der Ernährung.

Die entsprechenden Cardinalpunkte , namentlich aber die Optima der einzelnen Functionen weichen bei Pflanzen gleichmässiger Klimate

3. Die Cardinalgrade der pflanzlichen Functionen. c\

nur um wenige Grade oder Theile von Graden von einander, wäh- rend sie in Gebieten mit extremen Temperaturen grosse Abweichungen von einander zeigen können. Ja, es kommt in solchen Klimaten vor, dass die Temperaturcurven bestimmter Functionen diejenigen anderer nicht berühren. Schon längst hat sich die Praxis dieser von den Phäno- logen ignorirten Thatsachen bemächtigt und zieht Tropenpflanzen bei gleichmässig hohen, temperirte Pflanzen bei abwechselnd hohen und niedrigen Wärmegraden.

Das ökologische Temperatur-Optimum verbleibt nicht während der ganzen Entwickelung einer Pflanze we- nigstens in temperirten Ländern auf gleicher Höhe, sondern weist, wie aus Sachs' Versuchen hervorgeht, mit fortschreitender Entwickelung eine Steigerung, so dass z. B. die Temperatur, welche für die Vorgänge der Kei- mung am günstigsten ist, das Optimum späterer Funk- tionen nicht erreicht. Es ist jedoch, wie das Forciren der Obst- bäume lehrt, nicht eine gleichmässige , sondern eine oscillirende Stei- gerung anzunehmen. Das harmonische Temperaturoptimum der auf- einander folgenden Entwickelungsstadien liegt abwechselnd höher und tiefer, allerdings derart, dass die Gesammtcurve eine ausgeprägte Stei- gerung zeigt. Sehr instructiv ist in dieser Hinsicht folgende, von dem Züchter Pynaert aufgestellte Tabelle der günstigsten Temperaturen (öko- logisches Temperaturoptimum) zum Förciren des Pfirsichbaumes:

Periode Tagestemperatur Nachttemperatur

i. Woche 9— io° C. 5—7 C.

2. Woche 10 12 7 7

3. Woche 12 15 9 11

Bis zur Blüthe 15 18 11 14

Blüthezeit 8— 12 I 6 10!

Nach der Blüthe 15 18 11 14

Während der Entwickelung des Steines . 12 15! 9 11!

Nach der Entwickelung des Steines . . 16 19 12 15

Reifeperiode 20 22 15 17.

Bis jetzt wurden nur wenige befriedigende Versuche gemacht, die Cardinalpunkte der einzelnen Functionen aufzustellen. Die eingehendsten der vorliegenden Untersuchungen beziehen sich auf die Keimung, also auf einen Vorgang, der sich aus verschiedenen Einzelvorgängen zu- sammensetzt, wie Quellung, Fermentwirkungen, Fortleitung der Bau- stoffe, Energieerzeugung, Zelltheilung, Zellstreckung etc., von welchen jeder seine eigenen Cardinalpunkte besitzt. Die für die Keimung ge- wonnenen Daten sind daher, rein physiologisch betrachtet, nicht sehr hoch zu schätzen, während diese Complexität ihre Bedeutung für Oeko-

5 2 H. Die Wärme.

logie und Pflanzengeographie, die sich in erster Linie um das ökologische Optimum zu kümmern haben, nicht beeinträchtigt. Als Beispiel möge folgende, von Detmer1) zusammengestellte Tabelle, hier reproducirt werden.

Minimum Optimum

Maximum

Pinus silvestris . .

. . 7—8 27

34

Triticum vulgare .

. . 5 (zu hoch) 28,7

42,5

Zea Mais . . .

9>5 33,7

46,2

Alnus glutinosa

. . 7—8 24

36

Lepidium sativum

. . 1 ,8 (zu hoch) 2 1

28

Linum usitatissimum

. . . 1,8 21

28

Phaseolus multiflorus

9,5 33,7

46,2

Gleditschia triacanthos . . 9 28

3*

Cucurbita Pepo

.13,7 33,7

46,2.

Die Tabelle zeigt sehr deutlich, dass die Cardinalpunkte der Keimung für die Pflanzen wärmerer Länder höher liegen, als für solche kalter. Doch sind die Zahlen theilweise zu hoch gegriffen und geben noch keineswegs eine richtige Vorstellung der grossen Ungleichheit der für die Keimung nützlichen Temperaturen in verschiedenen Klimaten, indem sie einerseits die rein tropischen Gewächse nicht berücksichtigt, anderer- seits für temperirte Pflanzen theilweise zu hohe Minima aufweist. In- structiver sind in Bezug auf die Minima die von F. Haberlandt be- stimmten Grade. Zwischen und C. zeigten in Versuchen dieses Forschers nicht nur Keimung, sondern auch bedeutende Weiterent- wickelung: Sinapis alba, Camelina dentata, Trifolium hybridum, Medi- cago sativa. Von Pflanzen wärmerer Zonen keimten zwischen 1 1 ° und 160 C. : Solanum Melongena, Nicotiana Tabacum, Cucurbita Pepo, da- gegen erst über 16 ° C. : Cucumis sativus, C. Melo, Theobroma Cacao. Uloth beobachtete eine allerdings sehr verzögerte Keimung bei für verschiedene Gräser, Cruciferen, Papilionaceen. Kerner stellte Glas- röhren mit Erde und Samen in eine Quelle, deren Temperatur constant -j-20 blieb, und fand, dass zahlreiche alpine Pflanzen noch bei dieser Temperatur keimten.

Das Wachsthum ist an ähnliche Temperaturbedingungen wie die theilweise aus Wachsthumsvorgängen bestehende Keimung ge- bunden. Es giebt einige Pflanzen in alpinen Höhen, namentlich aber in den Polargebieten, die bei Temperaturen in der Nähe des Gefrier- punktes bedeutendes Wachsthum aufweisen. So durchbricht die Blüthe von Soldanella alpina den Schnee und die Blüthen von Anemone vernalis, Crocus vernus und anderen Arten schienen mir beinahe ebenso genügsam zu sein , da ich sie in halbgeschmolzenem Schnee fand ;

*) Lehrb. d. Pflanzenphysiol. S. 269.

3- Die Cardinalgrade der pflanzlichen Functionen. es

durch direkte Bestrahlung dürfte, auch durch dünne Schneeschichten hin- durch, eine höhere Temperatur als in solchen Fällen immerhin er- reicht werden. Merkwürdiger noch sind die Tange der arktischen Meere, welche in einem Wasser, das auch im Sommer nur wenig über o ° erwärmt wird, bis 20 ' lang werden, im Winter aber, bei einer Tem- peratur von höchstens C. ihre Geschlechtsorgane ausbilden. Zu den schon bei sehr niedriger Temperatur wachsenden Pflanzen gehören auch die namentlich von Wittrock eingehender studirten niederen Ge- wächse der Schnee- und Eisflora.

Assimilation und Athmung sind weit weniger complexe und daher bei verschiedenartigen Pflanzen viel eher vergleichbare Functionen als Keimung und Wachsthum, so dass das geringe Interesse, das bis jetzt namentlich den Temperaturen der Assimilation gewidmet worden ist, wunderlich erscheint. Von grossem Interesse ist die mit Sicherheit festgestellte Thatsache, dass die beiden Formen des Gasaustausches auffallend ungleiche Temperaturcurven aufweisen. Der untere Null- punkt der Assimilation liegt tiefer als derjenige irgend einer anderen Function der Pflanze. So konnte Jumelle bei Abies excelsa, Juniperus communis und Evernia prunastri eine deutliche, wenn auch schwache Assimilation noch bei 40 ° beobachten; Boussingault und Kreusler hatten eine solche bereits in der Umgebung von nachgewiesen. Nach den wenigen vorliegenden Beobachtungen liegt das Maximum etwas unterhalb der Tödtungstemperatur , das Optimum aber beträcht- lich tiefer. So sind die betreffenden Cardinalpunkte bei Hottonia nach Heinrich ca. 31 ° und 56° C. , während, nach Böhm, das Optimum bei der Wallnuss ungefähr bei 30 ° C. liegen dürfte.

Eine merkliche Athmung konnte Jumelle bei Fichte, Wachholder und Evernia prunastri unterhalb 10 ° nicht mehr beobachten, während dieselben Pflanzen noch bei beträchtlich tieferer Temperatur deutlich assimilirten. Dagegen steigt die Athmung proportional der Temperatur bis nahezu zur oberen Lebensgrenze.

So fand z. B. Rischawi bei Weizenkeimlingen folgende Mengen Kohlen- säure bei Temperaturen von:

C. = 3,30 mgr io° C. = 5,28 250 C. = 17,82 350 C. = 28,38 4O0 C. = 37,60

Für die bisher besprochenen Functionen und Com- plexe von Functionen liegen die Optima bei hohen Tem- peraturen. Es fehlt aber nicht an physiologischen Vor- gängen, bei welchen nicht bloss die Optima, sondern

54

n. Die Wärme.

auch die oberen Nullpunkte sehr tief liegen, so dass sie sich in der Regel nur im Winter, bezw. im Spätherbst und ersten Früh- jahr abspielen können. Selbstverständlich handelt es sich da nur um Pflanzen mittlerer und hoher Zonen, während Tropengewächse aus- schliesslich hochgelegene Cardinalgrade besitzen.

Zu der Categorie von Functionen, die sich nur bei niederen Tem- peraturen abspielen, gehören u. A. die wenig bekannten, nach der Annahme von Sachs anscheinend fermentativen Vorgänge, durch welche die in Winterruhe befindlichen Pflanzenglieder zu activem Leben zurück- geführt werden, wie z. B. die Umwandlung von Stärke in fettes Oel und umgekehrt. Das Kapitel über die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen wird eine ausfuhrliche Darstellung des darüber Bekannten bringen. In ähnlicher Weise wird die Keimfähigkeit gewisser Pilzsporen durch Abkühlung bis in die Nähe des Nullpunktes auffallend gefördert (Eriksson) ; ähnliches soll, nach Fr. Haberlandt, von der mehr- tägigen Abkühlung gequollener Leinsamen gelten.

Gewisse Reizbewegungen werden durch niedere Temperaturen aus- gelöst, so solche der Chlorophyllkörner. Die Nadeln gewisser Pinus- Arten drücken sich bei tiefer Temperatur an die Axen an. Manche Stoffe werden in der Kälte erzeugt, so die rothen Oeltröpfchen, welche die winterliche Braunförbung vieler Coniferen bedingen. Die Aufzählung der nur bei niederen Temperaturen sich abspielenden Functionen der Pflanze könnte noch erheblich vermehrt werden. Jedoch soll nur noch eine derselben , wegen ihrer hervorragenden pflanzengeographischen Bedeutung, hier erwähnt werden, nämlich der fördernde Einfluss niederer Temperaturen auf die Geschlechtsorgane und auf die damit ökologisch verbundenen Glieder (Blüthen- hüllen, Inflorescenzaxen) bei vielen Gewächsen der tem- perirten und kalten Zonen.

Die Cardinalgrade für das Wachsthum und vielleicht für die Entstehung der Blüthenanlage liegen vielfach viel tiefer, als für das Wachsthum vegetativer Sprosse, so dass erstere bei relativ niedriger, letztere bei hoher Temperatur in der Entwickelung gefördert werden. So ist es eine bekannte Thatsache, dass Crocus, Hyacinthus und andere Stauden bei hoher Temperatur ihre Blüthen bezw. Blüthenstände nicht strecken, dagegen üppig ins Kraut schiessen. Auch bei der forcirten Cultur von Obstbäumen wird vor und namentlich während der Blüthe- periode die Temperatur massig gehalten. Aus demselben Grunde kommen viele Pflanzen der temperirten Zonen in den Tropen nur selten zur Blüthe, z. B. die meisten unserer Obstbäume. Fritz Müller be- obachtete in Blumenau bei verschiedenen europäischen Kräutern nie, oder beinahe nie Blüthen, so bei Carum Carvi, Kohl, Rüben, Petersilie, Sellerie. Echium vulgare blühte in seinem Garten ein einziges Mal,

Die Akklimatisation. 55

nach einem ausnehmend kalten Winter. Kurz fand in den Gebirgen Birmah's, dass die Abkühlung bei zunehmender Höhe ü. M. , eine Beschleunigung der Blüthenentfaltung bei temperirten Pflanzenformen (Rhododendron, Gentiana), eine Verzögerung bei tropischen Formen bedingte. Dass die Tange in den arktischen Meeren im Winter fructifi- ciren, wurde bereits erwähnt. Derartige Einzelbeobachtungen könnten noch mehr gebracht werden. Dagegen fehlt es über diese für die Pflanzengeographie überaus wichtige Frage noch ganz an consequent durchgeführten umfassenden Versuchen.

4. Die Akklimatisation.

Die absoluten Grenztemperaturen des Pflanzenlebens sind für die einzelnen Arten constant, dagegen sind die Cardinalgrade der ein- zelnen Functionen nach den klimatischen Bedingungen wechselnd; sie sind einer begrenzten Verschiebung nach oben und nach unten fähig, so dass eine in ein anderes Wärmeklima verpflanzte Pflanze sich, wenn letzteres nicht zu verschieden, sich oft den neuen Bedingungen der Temperatur anzupassen, sich zu akklimatisiren vermag. Die Fähigkeit der Akklimatisation ist specifisch durchaus verschieden; bei einzelnen Arten erscheint sie unter natürlichen Bedingungen unbegrenzt, während sie bei anderen nur zwischen sehr engen Schranken stattfindet.

Vollkommene Akklimatisation ist nur dann möglich, wenn sämmt- liche Cardinalgrade sich entsprechend den neuen Temperaturen ändern. Findet letzteres bei einzelnen Functionen nicht oder ungenügend statt, so erstreckt sich die Akklimatisation nur auf bestimmte Vorgänge und die Pflanze ist entweder nicht lebensfähig oder vollzieht nicht ihre ganze Entwickelung. Bereits wurde erwähnt, dass viele temperirte Cultur- pflanzen in den Tropen vegetativ vortrefflich gedeihen, während sie nur selten blühen; in solchen Fällen sind die Cardinalpunkte für das Wachs- thum der Blüthen, vielleicht auch für ihre Anlage, nicht oder doch nicht genug in die Höhe gestiegen. Auf der anderen Seite kommen manche Gewächse der warmen Zonen in den kühlen nicht zur Blüthe oder nicht zur Frucht, weil das Temperaturminimum ihrer Erzeugung nicht erreicht wird.

Eine Pflanze kann in der Cultur und, wie Befunde in Polarländern und den Alpen zeigen, im Falle reichlicher vegetativer Vermehrung, auch im wilden Zustande existiren, ohne Samen zu bilden. Werden dagegen die Cardinalpunkte für solche unbedingt nothwendige Functionen wie Keimung, Wachsthum, Ernährung etc. in einem neuen Klima nicht entsprechend nach unten oder nach oben geschoben, so ist die Fort- existenz der Pflanze selbstverständlich ausgeschlossen.

56 II. Die Wärme.

Vergleicht man Individuen der selben Art in ungleich warmen Klimaten, so überzeugt man sich leicht, dass bestimmte Functionen im wärmeren Klima an höhere Temperaturen gebunden sind, als im kälteren. Die Cardinalpunkte der Temperatur sind also nicht überall die gleichen. Der Unterschied ist zunächst erblich, so dass z. B. Samen aus einem kalten Gebiet in einem wärmeren einige Jahre lang bei tieferen Temperaturen keimen, als solche derselben Art, die in diesem* wärmeren Gebiete entstanden sind und die daraus sich entwickelnden Pflanzen wachsen rascher. Bald jedoch ist in Folge allmählicher Schie- bung der Cardinalgrade nach oben der Unterschied verschwunden. Das Umgekehrte geschieht beim Uebergang aus einem wärmeren Gebiet in kältere Gebiete.

„Im Jahre 1852 wurde der Hühnermais (von Hohenheim bei Stuttgart) ausgesäet und geerntet am 22. September, also nach Verlauf von 120 Tagen . . . Nach und nach reifte dieser Mais immer früher und früher, so zwar, dass derselbe 1857 nach 90 Tagen geerntet wurde. Samen desselben Mais von Breslau in demselben Samen und in demselben Beete gesäet, brauchte 122 Tage."1)

Zweige von Holzgewächsen zeigen das gleiche Verhalten wie Samen. A. de Candolle trieb Zweige von Populus alba, Carpinus Betulus, Catalpa bignoniaefolia und Liriodendron Tulipifera, die sich theils in Montpellier, theils in Genf entwickelt hatten , vom 4. Februar an in einem Räume, dessen Temperatur während der Dauer des Versuches zwischen -f~7° und + 10 ° schwankte. Die Genfer Zweige entwickelten ihre Laub- knospen früher als die aus Montpellier stammenden.

Durch solche Beobachtungen ist das Vorhandensein einer begrenzten Akklimatisation mit Sicherheit nachgewiesen worden. Weiteren, exacteren Untersuchungen bleibt es vorbehalten, die Weite der möglichen Oscilla- tion der einzelnen Cardinalpunkte zu bestimmen.

H. Mayr hat über die Akklimatisation forstlich wichtiger Bäume in Europa, Nordamerika und Japan Erfahrungen gesammelt, welche allgemeines Interesse für die Frage der Naturalisation im Allgemeinen beanspruchen dürfen.

Danach befinden sich die meisten Holzarten sehr wohl, wenn sie in ein wenig wärmeres Klima versetzt werden, als die Heimat bietet.

„Laubhölzer adaptiren sich leicht an ein wärmeres Klima durch Ver- längerung ihres ganzen Entwickelungsganges ; unsere einheimische Eiche (Quercus pedunculata) aus ihrer gemässigt warmen Heimat in das klimatisch unmittelbar sich anreihende Gebiet der subtropischen Zone gebracht, z. B. in Kalifornien, ist in der ersten Zeit sehr rasch wüchsig, erreicht in gleicher klimatischer Zone Australiens in 9 Jahren 7 m Höhe. Die japanischen Kohlholzeichen (Quercus glandulifera und serrata) bewirthschaftet man in

*) Schübeier 1. c. S. 80. Viele FäUe beschleunigter oder verlangsamter Entwicke- lung bei H. Hoffmann.

4. Die Akklimatisation. 57

grossem Massstabe in der subtropischen Zone Japans als Niederwald, wo sie schon mit 8 Jahren so stark sind wie mit 15 Jahren in ihrer eigentlichen Heimath, die Paulownia imperialis im warmen blattwerfenden Laubwalde der Gebirge Japans in seltenen Exemplaren wild wachsend, wird des Holzes wegen in der subtropischen Zone cultivirt, wo sie bei ganz ausserordentlich raschem Wachsthum ein sehr leichtes Holz producirt, das sich nicht wirft und nicht schwindet. Der Baum rentirt dort seine Cultur besser als in der Heimath, aber mit 20 Jahren ist er bereits erschöpft, wird hohl und stirbt ab, während in der Heimath bis vor kurzer Zeit noch Bäume mit 6 7' Umfang und 48' bis zu den Aesten nicht selten waren."

„Eben desshalb zeigen auch Pflanzen aus den Subtropen in die Tropen versetzt, eine gesteigerte Wachsthumsenergie in den ersten Jahrzehnten. Der japanische Kampherbaum z. B. gehört der subtropischen Zone der Immer- grünen an* in den Tropen Indiens und Java's wächst er ausserordentlich rasch, seine Wuchskraft zertheilt den Schaft in zahllose kräftige Aeste, wodurch der Baum kaum mehr seinen Ahnen gleicht Dass durch dieses beschleunigte Wachsthum in der Jugend ein früherer Verbrauch der Vitalität, ein früherer natürlicher Tod eintreten wird, ist sehr wahrscheinlich : denn alle in derartige Verhältnisse gebrachte Holzarten kennzeichnet ein auffallend frühzeitiges und überreiches Samenerträgniss. Wird bei dem Anbaue einer Holzart eine Vegetationszone ganz übersprungen, so wachsen die blattabwerfenden Laub- hölzer, in die Tropen gebracht, nach den in Indien und Java gemachten Er- fahrungen, so kümmerlich, dass man sie nicht anbaufähig nennen kann.1)

Nadelhölzer scheinen sich nach Mayr dem geänderten Klima schwieriger anzupassen als Laubhölzer. So sind die Nadelhölzer der kühlen Region, die Tannen, Fichten und Lärchen, europäische wie japanische, in der subtropischen Region so kümmerlich, vielgipfelig und in die Aeste fahrend, dass sie dort kaum als anbaufähig gelten können."

„Das Verpflanzen aus der wärmeren in die kühlere Zone gibt im All- gemeinen ungünstige Resultate: Alle Holzarten verlieren, wenn sie aus ihrer Heimath (Verbreitungsgebiet) in eine kühlere Region versetzt werden, ihre Wichtigkeit als Culturgewächse , wenigstens vom forstlichen Standpunkte aus wegen Beschädigungen aller Axt, Mangel oder Seltenheit an reifen Früchten, geringwertige Holzproduktion und dergleichen."

„An der warmen subtropischen Küste Südcaliforniens können alle Arten von Palmen und Bäumen aus der tropischen Region cultiviert werden, aber nur zu dekorativen Zwecken, denn sie zeitigen keine Früchte . . ."

„Bei dieser Uebertragung in kühleres Klima begegnet man oft merk- würdigen Erscheinungen; Holzarten werden frostempfindlich, von denen man es nach ihrer einheimischen Lage nicht erwarten sollte ; andere erweisen sich als frosthart, die in ihrer Heimath, so lange sie existiren, keine Gelegenheit gehabt, sich gegen Frost zu feien . . ."

„Bekanntlich sind alle Pflanzen gegen Frost während der Winterruhe viel weniger empfindlich, als während der Vegetationszeit im Frühjahre und Herbst ;

*) Vgl. darüber auch in diesem Buche: Theil HI, Abschnitt I, Kap. II: Die periodi- schen Erscheinungen in den Tropen.

5 8 n. Die Wärme.

wie schwierig es für eine Pflanze ist, sich an kühleres Klima anzupassen, geht aus dem Verhalten gegen Spät- und Frühfrost hervor; den Beginn der Entwicklung hinauszuschieben oder die Beendigung derselben zu beschleunigen, mit anderen Worten frosthart zu werden, scheint für viele Arten geradezu un- möglich. Die Gleditschie und Robinie sind in den südlichen atlantischen Staaten zu Hause, einem Gebiete, das hinsichtlich der Wärme im Sommer und Winter, die Dauer der Vegetationszeit unserer wärmsten Weinlande übertrifft; beide Bäume werden weit über ihren Verbreitungsbezirk hinaus in Amerika, Europa und Asien cultivirt; aber während der langen Cultur hat sich keine Rasse gebildet, die durch eine Verkürzung der Vegetationszeit gegen Früh- fröste gesichert wäre; dabei stammt bekanntlich der Same der Robinie stets von Exemplaren, die bereits im kühleren Klima erwachsen sind; die Säm- linge behalten die Eigenschaften der Mutter unverändert bei . . ." (I. a S. 365—368).

Auswahl der Literatur.

1. Allgemeines.

Ueber Phänologie vgl. das Capitel über Periodische Erscheinungen in den temperirten Zonen. IQ. Theil. 2. Abschnitt dieses Werkes. Eine Zusammenstellung der Litteratur für Mitteleuropa in: Drude. Deutschlands Pflanzengeographie, in welchem Werke die phänologischen Anschauungen ein- gehend und übersichtlich zusammengestellt sind. Auch: Hof&nann, H. Phäno- logische Untersuchungen. Giessener Universitätsprogramm. 1887.

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Auswahl der Literatur. 59

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1878 und wissenschaftl.-prakt. Unters, auf d. Gebiete des Pflanzenbaues.

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6o IL Die Wanne.

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m. Das Licht.

1. Allgemeines. Bedeutung des Lichtes für die Pflanzengeographie. 2. Photometrische Methoden. Wiesner's Arbeiten. 3. Das Pflanzenleben im Dunkelen. 4. Idcht- intensitat und Lichtqualität. Wirkungen des Lichtes ungleicher Intensität auf verschiedene Functionen. Schädlichkeit hoher Lichtintensitäten und entsprechende Schutzmittel. Ungleiche Wirkungen ungleicher Strahlengattungen. Absolute und ökologische Lichtoptima, 5. Sonne und Schatten. Gesammtlicht, Oberlicht, Vorderlicht, Hinterlicht, Unterlicht. Sonnenlicht und diffuses Licht. Wiesner's Bestimmungen des faktischen Lichtgenusses der Pflanzen. Ungleiches Lichtbedürfniss der Sonnen- und Schattenpflanzen. Vorrichtungen zur Lichtconcen- tration bei Schattenpflanzen. 6. Tag und Nacht. Pflanzengeographische Bedeutung der ungleichen Dauer des Tageslichtes. Bonnier's Versuche in continuirlicher Beleuchtung.

1. Allgemeines.

Neben der Feuchtigkeit ist das Licht der mächtigste äussere Factor der Gestalt der Pflanze. Während die Wärme, welche die pflanzliche Machine in Bewegung setzt und während der ganzen Dauer ihrer Entwickelung und Thätigkeit in erster Linie regulirt, deren Gestaltung nicht wesentlich beeinflusst, ist das Licht, ähnlich wie das Wasser, beim Aufbau des Pflanzenkörpers in hervorragendem Maasse architektonisch betheiligt. Eine bei Lichtabschluss aufgezogene Pflanze ist ganz anders gestaltet, als eine normal beleuchtete, und die Structur ist für jede Stufe der Lichtintensität eine andere.

Die pflanzengeographische Wichtigkeit des Lichtes ist, trotz seiner hervorragenden Bedeutung für Gestaltung und Leben der Pflanze, eine geringere als diejenige der Wärme und der Hydrometeore , indem die Lichtunterschiede klimatischer Gebiete gegen die eben erwähnten Factoren zurücktreten. Doch wurde dieselbe, bis sie neuerdings von Wiesner betont wurde, gewöhnlich unterschätzt. Die ungleiche Inten- sität der Beleuchtung in den verschiedenen klimatischen Zonen und die zunehmende Dauer des Sonnenlichtes vom Aequator zu den Polen ver- fehlen nicht, der Vegetation ihren Stempel aufzudrücken. Weit grösser

62 HI. Das Licht.

bleibt allerdings die Bedeutung des Lichtes für die pflanzliche Topo- graphie, da für die Charakterisirung der einzelnen Formationen eines Gebietes die grossen Unterschiede der Beleuchtung wichtig sind.

Im Folgenden finden nur diejenigen Lichtwirkungen, welchen geo- graphische oder topographische Bedeutung nachweisbar zukommt, Berücksichtigung.

2. Photometrische Methoden.

Die Methoden zur Messung der Lichtintensität sind weit weniger vollkommen als die zur Bestimmung der Temperatur und der Luft- feuchtigkeit dienenden. Nur für den sogenannten chemischen Theil des Spectrums, d. h. für die blauen, violetten und ultravioletten Strahlen ist es Bunsen und Roscoe gelungen, eine Methode ausfindig zu machen, welche den Ansprüchen exacter Forschung einigermaassen genügt. Sie besteht darin, dass ein in bestimmter Weise zubereitetes photographisches Papier, das sogenannte Normalpapier, dem Lichte ausgesetzt und die eintretende Verfärbung unter Berücksichtigung der erforderlichen Zeit mit einem constanten Farbenton, der Normalschwärze, ver- glichen wird. Bunsen und Roscoe haben festgestellt, dass gleichen Färbungen der im Lichte sich tingirenden Normal- papiere gleiche Producte aus Lichtintensität und Zeit entsprechen.

Als Maasseinheit der chemischen Lichtintensität wird eine Schwärzung des Normalpapiers angenommen, welche mit der Normalschwärze übereinstimmt und im Zeitraum einer Secunde erreicht wird.

Wenn der Ton der Normalschwärze auf dem Normalpapier in 2, 3, 4, 5 . . . n Secunden erreicht wird, so ist die Intensität des Lichtes I dividirt durch 2, 3, 4, 5 . . . n.1)

Die Roscoe-Bunsen'sche Methode wurde von Wiesner, behufs ihrer Anwendung zur Bestimmung des Lichtgenusses der Pflanzen, weiter ausgebildet und wesentlich modificirt. Es stellte sich nämlich heraus, dass sie in ihrer ursprünglichen Gestalt nur zur Messung schwacher Intensitäten geeignet ist, während die Bestimmung hoher Intensitäten in Folge zu schnellen Eintritts des Normaltones, mit Fehlern behaftet ist. Diesen Uebelstand zu beseitigen, bedient sich Wiesner zur Messung hoher Intensitäten einer Scala mehrerer sorgfältig abgestufter, licht- beständiger Farbentöne.

Die bahnbrechenden Arbeiten Wiesner's beschäftigen sich in erster Linie mit dem Verhältniss des factischen Lichtgenusses der Pflanze (i)

') Wiesner, V. S. 301 302.

I. Allgemeines. 2. Photometrische Methoden. 63

zum Gesammtlichte (I). in y wird i = 1 gesetzt und der resultirende

Werth, L, als specifischer Lichtgenuss bezeichnet. Wenn z. B. I = 0,756,

i = 0,252 gefunden wird, so ist y = ^-K = L =

Bei hoher Lichtintensität, wenn z. B. L 1jib oder 1/2 beträgt, steigt und fallt der specifische Lichtgenuss proportional dem Tageslichte; L bleibt also constant. Hingegen treten bei sehr geringen Werthen von L täg- liche Maxima und Minima des täglichen Lichtgenusses ein, derart, dass ein L (max.), ein L (min.) und ein L (med.) zu unterscheiden sind.

Wird z. B. von einer Pflanzenart angegeben, das sie bei L: */1#1 */7 gedeiht, so ist dieses dahin zu verstehen, dass sie bei nahezu voller Intensität des Tageslichtes aber auch noch bei dem siebenten Theile desselben, jedoch nicht darüber hinaus, fortkommt. L(max.) = */6 bedeutet, dass zu einer be- stimmten Tageszeit das Licht in einer Baumkrone bis auf 1/6 des Gesammt- lichtes steigt ; L(min.) = 1/50 aber, dass dasselbe zu einer bestimmten Tageszeit bis auf a/60 von I heruntersinkt.

Die soeben kurz skizzirten Methoden Wiesner's, über welche dessen citirte Arbeiten ausfuhrliche Angaben bringen, werden in der Zukunft noch vervollkommnet werden müssen und hoffentlich auf die weniger brechbaren Strahlen ausgedehnt. So wie sie sind, gehören sie bereits zu den unentbehrlichen Hülfsmitteln physiologisch-pflanzengeographischer Forschung.

3. Das Pflanzenleben im Dunkelen.

Es ist, wie früher gezeigt wurde, auf dem Erdball für das Pflanzen- leben nirgendwo zu kalt und nur an wenigen Punkten sehr geringer Ausdehnung zu heiss. In Bezug auf das Licht fehlt jede Einschränkung ; es ist nirgends zu dunkel, nirgends zu hell, um jedes Pflanzenleben auszuschliessen. Die in den Tiefen der Oceane bei gänzlichem Licht- mangel vermodernden Thierleichen werden durch Bacterien zersetzt; der Koth von Höhlenthieren verschimmelt; der zottigste Pelz, der dickste Hautpanzer schützt den Thierkörper nicht vor den Angriffen krankheiterregender pflanzlicher Parasiten. Die Vegetation im Dunkeln ist jedoch auf Gewächse beschränkt, welche sich auf Kosten organischer Substanz ernähren. Die Reduction des Kohlenstoffes aus der Kohlen- säure durch den Chlorophyllapparat ist eine Lichtwirkung. Organismen, die ihren Kohlenstoffbedarf der Kohlensäure entnehmen, gedeihen im Dunkeln so lange als die organischen Reservestoffe reichen, und gehen dann durch Verhungern zu Grunde.

Die Reduction der Kohlensäure ist nicht die einzige Lichtfiinction im pflanzlichen Organismus; vielmehr wird noch für zahlreiche andere

64 HI- D*s Licht.

Arbeiten dieselbe Kraftquelle benützt. So ist die Chlorophyllbildung, ausser bei den Kryptogamen und Gymnospermen, an die Anwesenheit von Licht gebunden ; gleiches gilt von anderen, namentlich rothen und blauen Pigmenten. Die Assimilation der Nitrate in höheren Pflanzen wird durch das Licht mächtig gefördert. Die Laubblätter bleiben im Dunkeln sehr klein. Viele Bewegungen werden nur durch das Licht ausgelöst, andere wiederum durch dasselbe gehemmt.

Im Dunkeln entwickelte Sprosse weichen von normalen in mannig- facher Weise ab und werden als ver geilt oder etiolirt bezeichnet. Sie entbehren des Chlorophylls und sind daher weiss oder gelblich. Ihre Axentheile sind weit länger als unter normalen Bedingungen, ihre Blätter hingegen mit Ausnahme derjenigen der Gräser und einiger anderen Monocotylen sind sehr klein und meist verkrümmt. Blüthen werden nur selten, sogar bei hinreichender Zufuhr organischer Nahrung, erzeugt und bereits angelegte Blüthenknospen pflegen bald zu Grunde zu gehen; etwa sich ausbildende Blüthen sind meist abnorm gestaltet und schwach oder gar nicht gefärbt.

Etiolirte Pflanzen kommen in der Natur nur selten vor; man sieht sie zuweilen in Höhlen. So fanden wir in der bekannten Guacharro- höhle bei Caripe in Venezuela den Boden stellenweise von einer dichten, bis halbmeterhohen etiolirten Vegetation bedeckt, die aus dem Koth der Guacharrovögel , der einzigen Bewohner der Höhle, hervor- gegangen war.

4. Intensität und Qualität des Lichtes.

Die Wirkungen des Lichtes auf die Pflanze sind je nach der In- tensität desselben und je nach der einzelnen physiologischen Function fördernd oder hemmend, schaffend oder zerstörend. Die Intensitäten der Beleuchtung, bei welchen die eine oder andere Wirkung eintritt, sind, ähnlich wie diejenigen der Wärme, specifisch verschieden; doch fehlt es darüber noch an exakten Angaben.

Das Längenwachsthum der Axen und Wurzeln hat bei gänzlichem Lichtabschluss sein Optimum. Sehr schwache Lichtintensitäten üben bereits eine retardirende Wirkung und grosse Lichtintensität ruft völligen Stillstand hervor.

Das Flächenwachsthum der Blätter ist im Dunkeln sehr gering: doch erreicht es bereits bei sehr massiger Lichtintensität sein Optimum. Zunahme der Beleuchtung wirkt retardirend, schliesslich hemmend. Das Dickenwachsthum der Blätter hat sein Optimum bei bedeutend höherer Intensität des Lichtes als das Flächenwachsthum, daher stark beleuchtete Blätter klein und dick sind.

3. Das Pflanzenleben im Dunkeln. 4. Intensität und Qualität des Lichtes. ßc

Die Entwickelung der Laubknospen der Bäume rindet erst ober- halb einer bestimmten, nicht sehr niedrigen Intensität des Lichtes statt; schwache Beleuchtung bedingt das Absterben der Aeste, das sogenannte Reinigen der Bäume. (Wiesner V.)

Die Lichtwirkungen auf Entstehung und Entwickelung der Reproduktionsorgane, die für höhere Pflanzen namentlich von Sachs, Möbius und Vöchting, für niedere Pflanzen von Klebs näher unter- sucht wurden, sind von hervorragender pflanzengeographischer Be- deutung. Namentlich konnte Vöchting für zahlreiche Phanerogamen nachweisen, dass bei schwacher Beleuchtung die Blüthenbildung entweder ganz unterbleibt oder nur unvollkommen ist. Im Innern eines ein- fensterigen Zimmers mit ONO -Beleuchtung wurden Blüthenknospen meist nur in geringer Zahl oder gar nicht angelegt, während das vegetative Wachsthum normal blieb oder sogar (Mimulus Tilingi) ab- norme Ueppigkeit aufwies. Bereits angelegte Knospen gingen auf frühen Stadien zu Grunde; andere entwickelten reducirte und abnorm gestaltete Blüthen ; chasmogame Blüthen wandelten sich in kleistogame um, wie überhaupt die Verkümmerung viel früher das Perianth als die Geschlechtsorgane traf. Der störende Einfluss zu schwacher Beleuchtung kam bei Sonnenpflanzen (z. B. Malva vulgaris) bereits bei höheren Intensitäten des Lichtes als bei Schattenpflanzen (z. B. Impatiens parvi- flora) zum Vorscheine.

Unter den vom Lichte bedingten chemischen Vorgängen gehört die Bildung des Chlorophylls sowie diejenige der Pigmente brauner und rother Algen zu den genügsamsten; sie erreicht bereits bei sehr massigen Intensitäten ihr Optimum. Das Lichtminimum für die Re- duction der Kohlensäure liegt beträchtlich höher als für die Bildung der erwähnten Farbstoffe und die Intensität des Vorganges steigt pro- portional derjenigen des Lichtes. Ein Optimum, nach dessen Ueber- schreitung die Assimilationscurve herabsteigen würde, fehlt; letztere scheint vielmehr gleichmässig zu steigen, bis die Zerstörung der Pigmente, durch intensives Licht, ihr ein Ende setzt.

Sehr intensives Licht wirkt, ganz abgesehen von den be- gleitenden Wärmeerscheinungen, tödtlich auf das Protoplasma. Unter natürlichen Bedingungen sind nur wenige pflanzliche Organismen em- pfindlich genug, um der Gefahr des Lichttodes ausgesetzt zu sein. Zu denselben gehören viele Bacterien und einige grössere Wasserpflanzen, namentlich Algen, welche auf sehr schwache Lichtintensitäten gestimmt sind und zu Grunde gehen, sobald ihr Standort, z. B. durch die fort- schreitende Jahreszeit, stärker beleuchtet wird. Am häufigsten dürfte der Lichttod erst indirekt, nämlich in Folge der Zerstörung der bei der Assimilation betheiligten Pigmente, eintreten indem ganz entfärbte Algen nach dem Verbrauch der Reservestoffe, durch Verhungern zu

S c h i m p e r , Pflanzengeographie. 5

66

HI. Das Licht.

Grunde gehen. Die Landpflanzen sind unter normalen Verhältnissen weit resistenter; Absterben ganzer Pflanzen oder auch nur einzelner Glieder als Folge zu starker Beleuchtung scheint bei ihnen nicht vorzukommen. Den- noch erleiden sie häufig eine weitgehende Zerstörung ihres Chlorophylls. Die Vegetation sehr sonniger Standorte ist niemals rein grün, sondern zeigt stets eine Beimengung gelber und brauner den Zersetzungs- produkten des Chlorophylls entsprechender Töne. Es wird später gezeigt werden, dass das intensive tropische Licht sogar das gänzliche Ver- bleichen des Laubes bedingen kann.

Das Schutzbedürfniss der Pflanzen, speciell ihrer Chromat ophoren, gegen zu intensives Licht kommt in zahlreichen Vorrichtungen zum

Fig. 38. Chylocladia reflexa. A Oberflächenzelle mit kleiner reflectirender Platte, von der Fläche gesehen. B Seitenansicht einer solchen Zelle. Vergr. 450. Nach Berthold.

Vorschein, die namentlich bei den sehr lichtempfindlichen Wasser- pflanzen grosse Vollkommenheit erreichen können.1) Lange und dichte Haarüberzüge verhüllen viele Meeresalgen wie mit einer schatten- spendenden Wolke ; andere Algen erzeugen in ihren Zellen eigenthüm- liche lichtabsorbirende Platten, die, ähnlich wie Fensterläden, bei starker Beleuchtung die peripherischen Wände bedecken, bei abnehmender Beleuchtung aber auf die Seitenwände geschoben werden (Fig. 38). Endlich sind viele Algen in ihrer ganzen Wuchsart von dem Schutz- bedürfniss gegen das Licht beherrscht. Alle diese Vorrichtungen sind natürlich in den stark durchleuchteten Meeren niederer Zonen stärker

l) Berthold I.

4. Intensität und Qualität des Lichtes. 67

ausgeprägt als in den hohen Zonen, wo das an sich schon weniger intensive Licht in Folge des schiefen Einfalls der Strahlen, durch die Wasserfläche in höherem Maasse zurückgeworfen wird.

Die Schutzmittel gegen Beleuchtung sind bei Landpflanzen weniger ausgeprägt und fallen meist mit solchen gegen Transpiration zusammen, so dass es zur Zeit kaum möglich erscheint zu entscheiden, welcher der beiden Gefahren eine bestimmte Schutzvorrichtung ihren Ursprung verdankt. Dahin gehören z. B. mannigfache Bewegungen und fixe Lichtlagen der Blätter, durch welche dieselben sich dem direkten An- prall der Sonnenstrahlen entziehen, ferner Haarüberzüge, glatte, stark reflektirende Oberflächen, mannigfache Faltungen u. s. w.1)

Die Lichtwirkungen auf Pflanzen sind nicht bloss von der Quantität, sondern auch von der Qualität der Beleuchtung abhängig. Die verschiedenen Strahlengattungen haben ungleiche physiologische Be- deutung und da sie von Luft und Wasserdampf in ungleichem Maasse absorbirt werden, so ist die Frage nach der Wirksamkeit der einzelnen Theile des Spectrums pflanzengeographisch nicht unwesentlich.

Die schwächer brechbare Hälfte des sichtbaren Spectrums, vom Roth bis zum Anfang des Grüns, enthält die für die Reduction der Kohlensäure durch das Chlorophyll wirksamsten Strahlen. Ob die Wirksamkeit im Roth am grössten ist, entsprechend dem stärksten Ab- sorptionsstreifen des Chlorophylls, oder im Gelb, wie es viele Versuche wahrscheinlich machten, ist noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen und für die hier in Betracht kommenden Fragen ohne grosse Be- deutung.2)

Die Entstehung des Chlorophylls ist an die Anwesenheit gelben oder orangegelben Lichtes gebunden. Die blauen und violetten Strahlen sind die bei der Assimilation der Nitrate thätigsten. 8) Sie sind es auch, die hemmend auf das Wachsthum wirken und die bei hohen Intensitäten das Chlorophyll zerstören und das Plasma tödten.

Die ultravioletten Strahlen sind nach Sachs bei der Blüthenbildung in hervorragendem Maasse betheiligt. Doch sind bisher diesbezügliche Versuche nur mit einer einzigen Pflanze, Tropaeolum majus, angestellt worden.

Neben den absoluten Optima der Beleuchtung, welche für gewisse Functionen mit sehr ungünstigen ökologischen Bedingungen zusammenfallen so ist das Lichtoptimum des Wachsthums der Axen und gewisser Blätter = 0, d. h. Dunkelheit giebt es, wie für die

*) Wiesner II. Johow.

*) Diese Fragen sind auf Grund der Untersuchungen Pfeffer's, Reinke's, Engel- mann's etc. in allen Handbüchern der Pflanzenphysiologie eingehend discutirt.

8) Ueber die Assimilation der Nitrate und die damit zusammenhangende Bildung der organischen Kalksalze vgl. Schimper I und II.

68 m. Das Licht.

Wärme, auch für das Licht ein ökologisches Lichtoptimum, welches dem normalen Gesammtleben der Pflanze entspricht und aus den harmonischen Lichtoptima (vgl. S. 50) der einzelnen Functionen zusammengesetzt ist. Die Pflanze sucht sich in verschiedener Weise in den Besitz des ökologischen Lichtoptimums zu setzen. Viele mit Cilienbewegung versehene Algen sammeln sich an Stellen von bestimmter, meist massiger Lichtintensität und fliehen die Stellen, wo eine andere, ihnen weniger zusagende Beleuchtung herrscht. Feststehende und daher in ihren Bewegungen beschränkte Pflanzen und Pflanzentheile erstreben die gleichen Vortheile durch die freien und beweglichen Stellungen ihrer Laubblätter sowie durch die heliotropischen Krümmungen, durch welche, je nach Bedürfniss, stärkere oder schwächere Beleuchtung er- reicht wird. Aehnliches wird häufig durch Bewegungen der Chlorophyll- körner bewerkstelligt. *)

In der Natur dürften diese verschiedenartigen Bewegungen die Pflanze meist in die günstigsten Bedingungen der Belichtung bringen; doch nicht immer. Vollkommenheit wird auch hier nicht erreicht. Unter den so ungleich lichtbedürftigen Functionen gewinnt manchmal die eine zum Nachtheil der anderen die Oberhand. Noch häufiger sind solche unharmonische Störungen unter künstlichen Bedingungen, wo Pflanzenarten, die an ihren natürlichen Standorten wohl oft ein zu wenig, aber kaum je ein zuviel Licht empfangen, sehr zum Nachtheil ihrer Oekologie, ja, zum Theil auf Kosten ihres Lebens, die ihren absoluten Optima entsprechenden Lichtintensitäten aufsuchen.

5. Sonne und Schatten.

Sonne und Schatten, als Bezeichnungen für die Beleuchtung pflanz- licher Standorte, waren sehr unbestimmte Begriffe, bis Wiesner dieselben in bestimmte Formeln des faktischen Lichtgenusses der Pflanzen ein- zwängte.

Sogar anscheinend sehr gut beleuchtete Pflanzen erhalten nur einen Theil des gesammten Tageslichtes. In dem nahezu ungeschwächten Genüsse desselben befindet sich bloss, und zwar zu ihrem Nachtheile, die Vegetation ebener Wüsten und anderer schwach bewachsener horizontaler Flächen. Die im Waldschluss wachsenden Bäume und das Unterholz bekommen hauptsächlich Oberlicht, die Lianen und Epi- phyten an Baumstämmen und Felswänden Vorderlicht; Hinter- licht und Unterlicht haben meist nur geringe Bedeutung, doch sah ich in Venezuela eine kleine Oncidiumart constant die Unterseite

*) Vgl. z. B. Stahl I u. II, Wiesner III, Schimper III.

5- Sonne und Schatten. 6q

der horizontalen Aeste des Calebassenbaumes (Crescentia Cujete) ein- nehmen.

Von den beiden Formen des Tageslichtes ist das direkte Sonnen- licht weniger wichtig für das Pflanzenleben als das diffuse Licht. Die meisten Gewächse werden nur an wenigen Stellen ihrer Oberfläche oder auch gar nicht von den Sonnenstrahlen getroffen; ausserdem pflegen sie sich deren Einwirkung durch entsprechende Stellungen und Be- wegungen ihres Laubes zu entziehen.

Die Schwächung der Lichtintensität durch Gezweig und Laub der Pflanze ist viel beträchtlicher, als man es nach dem Augenschein an- nehmen würde. So bestimmte Wiesner *) an einem sonnigen Märztage (dem 27.) in Wien die Intensität des gesammten Tageslichtes auf 0.712, diejenige in Hundertschrittentfernung vom Rande des noch unbelaubten Waldes auf 0.355, die des Baumschattens auf 0.166.

Die Schwächung des Lichtes ist unter belaubten Bäumen, nament- lich in belaubten Beständen, natürlich noch weit beträchtlicher als unter nacktem Gezweige. So betrug nach Wiesner die Lichtintensität an einem sonnigen Märztage in Wien 0.666, im Schatten einer 8 m hohen , beinahe bis zum Grunde verzweigten Fichte nur noch 0.02 1 ; am selben Tage war bei I = 0.518 unter einem 1 m hohen Buxus- strauche die Lichtintensität 0.017. Anfang Mai waren die Lichtintensi- täten des Gesammtlichtes, des Lichtes in den Kronen eines Rosskasta- nienbestandes und des Schattenlichtes unter dem letzteren 0.500 bezw. 0.070 und 0.017. Diese Werthe verhalten sich zu einander wie 29: 21 : 1.

In welch' hohem Maasse die Pflanzen sonniger und schattiger Stand- orte durch ihre Gestalten vom Lichte beherrscht sind, wurde nament- lich neuerdings durch vergleichende Culturversuche Wiesner's nach- gewiesen. Sempervivum tectorum z. B. ist eine typische Sonnenpflanze. Bei einer mittleren maximalen Lichtintensität von 0.04, wie sie bei vielen Standorten von Schattenpflanzen normal ist, giebt dasselbe ihre charak- teristische Rosettenform auf. Sie verlängert ihre Internodien, verkleinert ihre Blätter, verliert einen Theil ihres Chlorophylls. Das Optimum für das Flächenwachsthum der Blätter liegt demnach hier bei einer ziemlich hohen Lichtintensität; bei noch höherer Lichtintensität nimmt das letztere wieder ab.

Wiesner cultivirte Pflanzen von Sempervivum tectorum, theils bei einer mittleren Lichtintensität von 0.305 (I), theils bei einer solchen von 0.152 (I'). Inlr war die durchschnittliche Maximallänge der Blätter 3 1 mm, ihre Breite 1 5 mm, während die correspondirenden Werthe für I 26 mm bezw. 13.5 mm waren.

Noch bei anderen Sonnenpflanzen, wie der Kartoffel, der Bohne, wurde von Wiesner eine fordernde Wirkung des Blattwachsthums durch

») IU. S. 307.

7o

HI. Das Licht.

Fig- 39- Vorkeim von Schistotega osmundacea in natür- licher Lage, stark vergrössert. Nach F. Noll.

das Licht bis zu einer ziemlich hohen Intensität beobachtet, oberhalb welcher eine Verlangsamung eintrat. Für Schattenpflanzen liegt das Optimum bereits bei viel schwächerer Beleuchtung.

So erreichte das Blatt von Scolopendrium officinarum im Dunkeln eine Länge von 76 mm (Breite 11 mm), bei 1 = 0.083 die Maximallänge von

228 mm (Breite 25 mm), bei I = 0.247 eine Länge von nur noch 152 mm. (Breite 20 mm.) Hingegen wirkte überall positive Be- leuchtung hemmend auf das Wachsthum der Sten- gel. Kartoffelsprosse rea- giren schon deutlich bei 1 = 0.0008, während erst bei I = 0.4 5 1 , also bei sehr intensivem Lichte , Ab- nahme des Blattwachsthums sichtbar wird. Alle diese Werthe werden im absolut feuchten Räume herabgesetzt; doch werden die Lichtwirkungen dadurch keineswegs eliminirt.

Das Lichtminimum der Blüthenbildung liegt bei Schattenpflanzen tiefer als bei Sonnenpflanzen: dennoch pflegen die ersteren weniger

Blüthen zu erzeugen als die letzteren. Das Innere des Waldes ist weniger blüthenreich als die Wiese, und gewisse Gebiete mit intensiver oder lange an- dauernder Beleuchtung, wie die höchsten Vegetations- regionen der Gebirge, die Polarländer , viele Wüsten sind durch grossen Blüthen-

Fig. 40. Optischer Durchschnitt einer Protonemaselle reichthum ausgezeichnet,

von Schistotega osmundacea, in der der Gang der Allerdings wirken in diesen Lichtstrahlen einconstruirt ist. S' S' ein Strahl, der I7..11 ,

an der Hinterwand total reflektirt wird. P Plasma, Falletl n°ch andere Fac~ c Chlorophyll, v Zellsaft. Nach F. Noll. toren mit.

Ausser durch die äussere Plastik unterscheiden sich Sonnen- und Schattenpflanzen noch durch die innere Structur, namentlich ihres Laubes. Wie durch Trockenheit, wird auch durch intensives Licht die Bildung der Palissadenzellen ge- fördert. Sonnenblätter besitzen Chlorophyll nur in ihrem Mesophyll, Schattenblätter aber ausserdem, zuweilen sogar vorwiegend in der

s' »*

5- Sonne und Schatten. 71

Epidermis. Besonderes Interesse bieten bei vielen Schattenpflanzen die Vorrichtungen zur Concentration der Lichtstrahlen auf den Chlorophyllapparat.

Die Beleuchtungsapparate bei Pflanzen wurden zuerst von Noll für das Protonema von Schistotega osmundacea, dem höhlenbewohnenden Leuchtmoos, nachgewiesen und genauer untersucht (Fig. 39 40). Dieses Protonema, welchem allein die Eigenschaft des Leuchtens zukommt, ist tischähnlich geformt und besteht aus einem dünnen Fuss, welcher eine zweilappige Platte trägt. Die Zellen der letzteren sind linsenförmig, an der Oberseite kugelkappenähnlich gewölbt, unterwärts conisch aus- gebuchtet ; die Chlorophyllkörner sind im schmalen Basaltheil angehäuft, während der obere Theil als vollkommen hyaline, glasartige Linse wirkt. Wie Noll des näheren zeigt, werden die in der Nähe der optischen Axe einfallenden Strahlen so gebrochen, dass sie sich auf die Chlorophyll- körner concentriren und dieselben, da sie kurz vor dem Brennpunkte der Linse in der optischen Axe zu- sammenliegen, intensiv beleuchten. Jedes einzelne Chlorophyllkorn wirkt dann vermöge seines stärkeren Brechungsvermögens noch einmal wie eine kleine Linse und lässt die es treffenden, schon convergirenden Strahlen in seinem Innern stärker convergiren,. sodass die Intensität

der Beleuchtung an seiner hinteren FiS4i. Argostemma montanum, Java. Quer- ™.. , . . ~ . schnitt durch ein Blatt im tiefsten Schatten.

Flache eine weitere Steigerung er- y 2QO

fahrt. Es resultirt also aus dem

Gesammtstrahlengang eine grelle Beleuchtung des Chlorophyllapparates, der in der optischen Axe nahe dem Focus zusammengedrängt ist. *) Das Leuchten ist eine physikalisch nothwendige, für die Pflanze be- deutungslose Nebenerscheinung.

Aehnliche Vorrichtungen zur Beleuchtung des Chlorophyllapparates zeigen sich, wenn auch nicht immer mit solcher Vollkommenheit, noch bei anderen Schattenpflanzen. Die Papillen, welche die sammetartige Oberfläche vieler tropischen Schattenkräuter überziehen, wirken con- centrirend auf die Lichtstrahlen. 2) Aber auch bei nahezu glatten Blättern lassen sich, wie die Fig. 41 zeigt, ähnliche Anpassungen nachweisen. Dieselbe stellt den Querschnitt des Blattes von Argostemma montanum, einem im tiefsten Schatten der Gebirgswälder Java's häufigen Kraute, dar.

Ganz unaufgeklärt ist der bläuliche, metallene Glanz mancher Pflanzen

«) 1. c. S. 482. *) Stahl IV.

72

in. Das Licht.

des tiefen Schattens, der in intensiverem Grade nur einige tropische Selaginella- und Trichomanesarten auszeichnet, als weniger augenfällige Erscheinung jedoch ziemlich verbreitet und auch bei uns, z. B. bei Sambucus nigra, nachweisbar ist. Die merkwürdige Erscheinung ist an hellen Standorten nie vorhanden und muss daher irgendwie mit der schwachen Beleuchtung sehr schattiger Plätze zusammenlaufen.

6. Tag und Nacht

Die durch das Licht beherrschten Vorgänge des Pflanzenlebens sind zum grössten Theile streng an die Tagesstunden gebunden; doch treten in gewissen Fällen Nachwirkungen mehr oder weniger langer Dauer störend ein. Davon abgesehen, ist das Leben der Pflanze ein anderes bei Nacht als bei Tage. Dieses geht schon aus oberflächlicher Betrachtung hervor. Die Blätter zahlreicher Gewächse nehmen die Nachtstellung ein, welche häufig, aber nicht immer, der durch intensive Beleuchtung bedingten Profilstellung ähnlich ist. Viele Blüthen schliessen sich bei eintretender Dunkelheit, während andere, weniger zahlreiche, sich erst dann öffnen ; manche Blüthen entwickein nur bei Nacht ihren Duft. Nähere Untersuchung zeigt, dass entsprechend der Lichtabnahme, die Assimilation Abends zunächst geschwächt und dann ganz unter- drückt wird, um erst im Morgenlicht wieder anzuheben. Der hemmende Einfluss des Lichtes auf das Wachsthum *) zeigt hingegen keine so un- mittelbare Abhängigkeit von der Intensität der Strahlung , sondern er- reicht seine volle Geltung erst in den Nachmittags- oder Abendstunden, während das Maximum des Wachsthums meistens nicht Nachts, sondern in den frühen Tagesstunden eintritt.

Die zunehmende Dauer des Sonnenlichtes vom Aequator zum Pol wirkt sicher modificirend auf die täglichen Schwankungen des Pflanzen- lebens, welche sogar innerhalb der Polarkreise ganz aufhören dürften, falls sie nicht theilweise, ähnlich wie andere periodische Erscheinungen, auf inneren Ursachen beruhen und durch äussere Einflüsse , wo solche vorhanden sind, bloss regulirt werden. Auch abgesehen davon ist die längere, aber weniger intensive Beleuchtung in den Polargebieten ein pflanzengeographischer Factor, dessen Bedeutung bereits von Schübeier erkannt und namentlich von Bonnier, Flahault, Kjelmann und Curtel * genauer untersucht wurde.

Die Arbeiten der genannten Forscher werden in dem den Polar- ländern gewidmeten Abschnitte eingehende Berücksichtigung finden. An dieser Stelle sollen, als von allgemeiner Bedeutung, nur die Experi- mente berücksichtigt werden, die Bonnier über die Wirkung con-

l) Vgl. z. B. die Arbeiten von Baranetzki, Godlenski.

6. Tag und Nacht.

73

tinuirlicher elektrischer Beleuchtung auf die Pflanzenent- wickelung anstellte. Um das elektrische Licht dem Sonnenlichte möglichst ähnlich zu machen, wurde der Reichthum des ersteren an ultravioletten Strahlen durch dicke Glasplatten geschwächt. Quantitativ war das benutzte elektrische Licht allerdings bedeutend schwächer als Tageslicht, ein Umstand, der auf die Resultate wohl beeinflussend, aber, wie Versuche mit unterbrochener elektrischer Beleuchtung (12 Stunden hell, 12 Stunden dunkel) nicht bedingend wirkte. Die Versuchs- objecte waren sehr verschieden- artig, theils holzig, theils krautig, und wurden durch mehrere Mo- nate cultivirt.

Die continuirlich beleuchteten Pflanzen unterschieden sich von den normal gewachsenen, sowie von den unterbrochen elektrisch beleuchteten in auffallendster Weise durch viel grösseren Reich- thum an Chlorophyll; auch tief- gelegene, sonst chlorophyllfreie Theile, wie die Innenrinde, die Markstrahlen und das Mark hol- ziger Axen waren grün. Die Axen waren kürzer als unter normalen Bedingungen, die Blätter kleiner und dicker, die Blüthen normal ausgebildet, aber intensiver ge- färbt. Die innere Structur (Fig. 42) zeigte grosse Aehnlichkeit mit derjenigen etiolirter Pflanzen: so waren die Palissaden schwach oder kaum ausgebildet, die Fasern und verholzten Elemente quanti- tativ zurücktretend, die Zellwände

sämmtlich dünner, der histologische Bau überhaupt weniger differenzirt als in normal gewachsenen Pflanzen. Auch die unterbrochen elektrisch beleuchteten Objekte wiesen Anzeichen von Vergeilung auf, dennoch waren sie den im Tageslicht gewachsenen weit ähnlicher als die conti- nuirlich beleuchteten. Die ununterbrochene Dauer der Beleuchtung ist dem- entsprechend als die wesentliche Ursache der Abweichungen anzusehen.

Manche dieser Abweichungen lassen sich auf Grund bekannter Lichtwirkungen erklären ; namentlich gilt dieses von dem Kürzerwerden

Fig. 42. Querschnitt durch die Nadel von Pinus austriaca, a im gewöhnlichen (unter- brochenen), b im continuirlichen elektrischen Lichte. Nach Bonnier.

74 HI. Das Licht.

der Axen, von der intensiveren Färbung der Blüthen, vielleicht auch von der Reduction der Blätter. Andere Erscheinungen sind zur Zeit nicht erklärlich, wie die stärkere Chlorophyllbildung und die Verein- fachung der inneren Structur. Ob die etwas abweichende qualitative Zusammensetzung des elektrischen Lichtes dabei im Spiele ist, werden Versuche in den Polarländern zeigen müssen. Zu Gunsten der Ansicht, dass es sich dabei um auch für Sonnenlicht gültige Wirkungen handelt, scheint der Umstand zu sprechen, dass im hohen Norden gewachsene Pflanzen nach Bonnier einfachere histologische Differenzirung als die gleichen Arten im mittel- und südeuropäischen Hochgebirge aufweisen, und dass Individuen solcher Arten, im continuirlichen Licht cultivirt, den am Pole gewachsenen ähnlich werden. (Vgl. den Abschnitt über die polare Vegetation in Theil III dieses Werkes.)

Auswahl der Literatur.

1. Allgemeines«

Warming, E. Lehrbuch der ökologischen Pflanzengeographie. Berlin 1896. S. 1 3 u. f. Ausserdem namentlich die weiter unten citirten Arbeiten Wiesner's.

2. Photometrische Methoden.

Bunsen und Roscoe. Photometrische Untersuchungen. VX Abhandl.

Meteorologische Lichtmessungen. Poggendorffs Annalen. Bd. 117. 1862. Wiesner, J. Untersuchungen über das photochemische Klima von Wien,

Cairo und Buitenzorg (Java). Denkschriften d. math.-naturw. Klasse d.

kais. Akad. d. Wiss. Bd. LXIV. 1896.

8. Das Fflansenleben im Dunkeln.

Die für die Pflanzengeographie wenig wichtigen Erscheinungen des Pflanzen- lebens in anhaltender Dunkelheit sind, wegen ihrer grossen physiologischen Bedeutung, der Gegenstand zahlreicher Arbeiten geworden, über welche z. B. Pfeffer's Physiologie 2. A. nachzusehen ist

4. Lichtintensität und Lichtqualität.1)

Baranetzki, J. Die tägliche Periodicität im Längenwachsthum. Mem. de l'Acad. d. Sc. de St. Petersbourg 1879.

*) Aus der ausserordentlich reichen Literatur sind nur solche Arbeiten entnommen, die für pflanzengeographische Fragen in Betracht kommen dürften.

Auswahl der Literatur.

75

Berthold, G. I. Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Meeres- algen. Pringsheim's Jahrb. Bd. XIII.

II. Die Vertheilung der Algen im Golf von Neapel. Mittheil. d. botan.

Stat. zu Neapel. 1882. de Candolle, C. Etüde de l'action des rayons ultraviolets sur la formation

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76 M- Das Licht.

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II. Zur Frage der Assimilation der Mineralsalze durch die grüne Pflanze.

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III. Ueber die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreiche. 2 Ab-

theilungen. 1878 u. 1880. S. A. aus den Denkschriften der Wiener Akademie. I p. 37, II p. 1^3.

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Erste Abhandlung. Orientirende Versuche über den Einfluss der so- genannten chemischen Lichtintensität auf den Gestaltungsprocess der Pflanzenorgane. Sitzungsber. der Wiener Akad. Bd. 102. 1893.

VI. Beobachtungen über die fixe Lichtlage der Blätter tropischer Ge-

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5. Sonne und Schatten«

Gdneau de Lamarli&re, L. Recherches physiologiques sur les feuilles ddveloppdes ä l'ombre et au soleil. Revue generale de botanique. Tome 4. S. 481.

Noll, F. Ueber das Leuchten von Schistostega osmundacea Schimp. S. A. aus Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg.

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die Vegetation von Wien, Cairo und Buitenzorg (Java). Sitzb. d. Kais. Akad. d. Wiss. zu Wien. Bd. C. IV. Abth. I. 1895.

III. Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete.

Erste Abh. Sitzb. d. Wiener Akad. Abth. 1. Bd. 102. 1893. Vergleiche ausserdem die übrigen unter 4 citirten Arbeiten desselben Verf.

Auswahl der Literatur. jj

6. Tag und Nacht.

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Studien und Forschungen veranlasst durch meine Reise im hohen Norden.

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IV. Die Luft.

1, Der Luftdruck, Wachsthum bei vermindertem und erhöhtem Luftdruck. Versuche Wieler's und Jaccard's. Der Luftdruck im Hochgebirge. 2. Die Luft in den Gewässern. Löslichkeit, Zusammensetzung und Diffusion der Luft im Wasser. Vorrichtungen zu Auf- nahme und Transport des Sauerstoffs bei Wasserpflanzen. Aerenchym und andere Durch- lüftungsgewebe. Pneumatophoren. Versuche G. Karsten's und GreshoflPs. 3. Der Wind. § I. Wind und Baumwuchs. Mechanische Wirkungen. Trocknende Wirkungen. Grosse Schädlichkeit der letzteren für den Baumwuchs. § 2. Der Wind und die Reproduc- tion. Anemophile Blätter. Ihre Häufigkeit an windigen Standorten. Anemophile Aus- säungsvorrichtungen. Vorkommen der letzteren. Bedeutung für Verbreitung auf weite Ent- fernungen. Beobachtungen Treub's auf Krakataua.

Nicht die endlos mannigfachen Beziehungen der Vegetation zur Atmosphäre sollen in diesem Kapitel behandelt werden, sondern nur einige Erscheinungen, welche zur ökologischen Charakteristik bestimmter Pflanzenformationen gehören oder mit der Verbreitung der Arten zu- sammenhängen.

1. Der Luftdruck.

Wie Wieler und Jaccard nachgewiesen haben, entspricht der Druck der Atmosphäre innerhalb der von Organismen bewohnten Schicht der letztern keineswegs dem absoluten Optimum des Pflanzenwachsthums. Vielmehr bedingt eine Abnahme der Partiärpressung des Sauerstoffs denn nur die letztere und nicht der Gesammtdruck kommt dabei in Betracht eine Beschleunigung des Wachsthums, bis eine für jede Art constante niedere Druckhöhe, nach deren Ueber- schreitung wiederum Verlangsamung eintritt, erreicht wird. So ent- spricht das absolute Luftdruckoptimum des Wachsthums bei Helianthus annuus einem Druck von ca. ioo mm, bei Vicia Faba aber einem solchen von ungefähr 200 mm. Zunahme des Luftdrucks über 760 mm (bezw. der entsprechenden Säuerst offspannung) bedingt bis ca. 21/* At- mosphären Verlangsamung, dann aber Beschleunigung des Wachsthums, sodass das letztere zwei absolute Optima des Luftdrucks besitzt, welche

i. Der Luftdruck. 79

beide in bedeutendem Abstände der in der bewohnten Luftzone herrschenden Druckverhältnisse sich befinden, das eine bei viel nie- drigerer, das andere bei viel höherer Sauerstoffspannung.

Nach Jaccard bedingt Abnahme der Sauerstoffspannung nicht bloss rascheres Wachsthum, sondern ausserdem reichere Verzweigung der Axen und Wurzeln, sowie Grösserwerden der Blätter.

Wie beträchtlich die Förderung des Wachsthums durch Verdün- nung der Luft ist, geht aus folgender Tabelle Jaccard's hervor, in welcher R Wachsthum in Luft von 15 cm Druck, O solches bei nor- malem Luftdruck bedeutet:

R. o.

1. Topinambur. Knollen mit 1 cm langen Trieben, in 8 Tagen 40 cm 4.5 cm

2. Vicia Faba, 3 4 cm hoch, in 8 Tagen 22 cm 0.8 cm

3. Oxalis crenata, Knollen mit 2 hohen Trieben . . . . 35 cm 3.5 cm

4. Bellis perennis, 3 4 cm hohe Pflänzchen, in 15 Tagen . 10 cm 6 cm

5. Veilchen, 3 cm hohe Pflänzchen in 15 Tagen .... 8 cm 6 cm

6. Küchenzwiebel, mit 3 3'/^ cm hohen Trieben in 10 Tagen 16 cm 6 cm

Schwächere Verdünnungen üben entsprechend geringere Wirkungen aus und wurden trotz ihrer grösseren Bedeutung für das Pflanzenleben in der Natur, durch Wieler und Jaccard, kaum oder gar nicht berück- sichtigt. Nur in einem Versuche des letztgenannten Forschers mit Weizenkeimlingen kam ein Druck von 35 cm zur Anwendung. Die Versuchspflanzen erreichten in 23 Tagen eine Länge von 20 cm anstatt 17^2 cm bei gewöhnlichem Luftdruck.

So starke Luftverdünnungen wie in den meisten Versuchen Wieler's und Jaccard's zeigen sich in der Natur nur auf den höchsten Gipfeln des Himalaya, z. B. auf dem 8839 m hohen Gaurisankar, wo, die Luft- temperatur am Meeresniveau gleich 25 ° C. gestellt, ein Druck von 26 cm herrscht. Der Luftdruck von 35 cm, bei welchem der oben erwähnte Versuch mit Weizenkeimlingen angestellt wurde, entspricht ungefähr dem Niveau von 6000 m, wo im Tibet noch eine stattliche phanerogamische Pflanze, die im Abschnitt über die Höhenvegetation besprochene und abgebildete Saussurea tridactyla, ihren normalen Standort hat. Es erscheint demnach keineswegs ausgeschlossen, dass einiger Pflanzenwuchs, wenn auch nur kryptogamischer, noch beträcht- lich höher vorhanden sei. Auf jeden Fall jedoch sind die Pflanzen, die in solcher Höhe vorkommen, dass ihr Wachsthum in Folge des geringeren Luftdrucks eine merkliche Beschleunigung gegenüber dem Tieflande erfahren würde, nach den bisherigen Erfahrungen zu urtheilen, sehr wenig zahlreich. Eine definitive Beantwortung der Frage ist übrigens erst von Versuchen mit typischen Höhenpflanzen zu erwarten.

Wenn auch nicht direkt, so haben doch indirekt die Unterschiede des Luftdrucks in verschiedener Höhe hervorragende pflanzenphysiolo-

8o IV. Die Luft.

gische Bedeutung, indem Feuchtigkeit, Wärme und Licht von dessen Grösse abhängig sind. Die Modificationen , welche die letztgenannten Factoren in Folge der Abnahme des Luftdrucks erleiden, bedingen die an späterer Stelle zu besprechenden Einflüsse des Höhenklimas auf die Vegetation.

2. Die Luft in den Gewässern.

Die im Wasser gelöste Luft ist procentig reicher an Sauerstoff und viel reicher an Kohlensäure als diejenige der Atmosphäre. Dennoch ist die der Pflanze zur Verfugung stehende Sauerstoffmenge in ersterem geringer als in letzterem. Nach Forel enthält ein Liter Wasser an der Oberfläche des Genfer Sees:

0

N

CO2

bei C

73 cc

13.6 cc

0.6 cc

bei 2o°C

5-7

10.7

0.3 ,1

Da die Luft im Wasser nur sehr langsam diffundirt, so kann bei fehlender Bewegung Sauerstoffmangel leicht eintreten. Die Pflanzen stiller Gewässer sind dementsprechend mit Vorrichtungen zur möglichsten Aus- nutzung der erreichbaren Sauerstoffmengen, und zwar sowohl der im Wasser gelösten als der bei der Kohlensäureassimilation gebildeten, ausgerüstet, während diejenigen stark bewegter Gewässer, wo die Durchlüftung eine viel ausgiebigere ist, derartige Anpassungen nur in geringerem Grade aufweisen. #

Die im Verhältniss zur Masse beträchtliche Grösse der Oberfläche der Wasserpflanzen hängt offenbar in erster Linie mit den Bedürfnissen der Sauerstoffaufnahme zusammen. Einen interessanten Beleg zu Gunsten dieser Anschauung lernte ich durch meinen Collegen und Freund Noll kennen. Derselbe cultivirte Caulerpa prolifera im stillen Wasser eines Aquariums und erhielt auf diese Weise vollkommen gesunde, aber höchst eigenartig modificirte Pflanzen (Fig. 43). Die sogenannten Blätter, die unter normalen Bedingungen bekanntlich zungenformig und ganzrandig sind, lösen sich bei solchen Aquariumexemplaren in zahl- reiche dünne Zipfel auf, wodurch natürlich eine beträchtliche Vergrösse- rung der Oberfläche stattfindet. Der Unterschied erinnert ganz auffal- lend an den zwischen Wasserblättern und Luftblättern vieler Wasser- pflanzen existirenden.

Die ungünstigen Bedingungen der Sauerstoffzufuhr führten bei den Wasserpflanzen zu einer beträchtlichen Weiterentwickelung der bereits bei den festländischen Ancestralformen vorhanden gewesenen Luft- gänge. Letztere stellen bei den Wasserpflanzen geräumige Röhren dar (Fig. 44) , welche den von den assimilirenden Zellen gebildeten

2. Die Luft in den Gewässern.

81

Sauerstoff den Verbrauchsorten, d. h. den nicht grünen athmenden Theilen zuführen. l)

Holzgewächse, deren Wurzeln und Stammbasen sich in stagniren- dem und daher schlecht durchlüftetem Wasser befinden, sind mit Vor- richtungen zur Sauerstoffaufnahme aus der Atmo- sphäre versehen. So ist der Stamm mancher sumpf- bewohnenden Bäume an seiner Basis stark ange- schwollen und in Folge des Auseinanderreissens der Gewebe, in der Mitte hohl ; die Höhlung stellt einen Luftspeicher dar, welcher durch Lenticellen und Inter- cellularen mit der Atmosphäre zusammenhängt. In der Regel jedoch stehen bestimmte Gewebe oder sogar ganze Glieder in dem Dienst der Sauerstoff- zufiihr und zeigen eine entsprechende Organisation.

Besonders verbreitet ist bei den Holzpflanzen des nassen Bodens das zuerst von Schenck genau geschilderte und in seiner Function klar erkannte Aerenchym*), eine dem Kork homologe, aber von demselben histologisch und ökologisch durchaus abweichende Gewebeart. Dasselbe umhüllt die in nassem Boden steckenden holzigen Stammtheile und Wurzeln vieler Pflanzen mit einem mächtigen, schwam- migen, rissigen Mantel (Fig. 45), welcher, anstatt des ganz fehlenden Korks, vom Phellogen begrenzt wird. Solches Aerenchym (Fig. 46) besteht aus locker verbundenen, zartwandigen , völlig unverkorkten Zellen, zwischen welchen breite Inter- cellulargänge ein continuirliches und reich verzweigtes Durchlüftungssystem bilden. Die Mündungen der Canäle

grenzen zwar in den zahlreichen Rissen £ty \ \ / \\l

direkt an das Wasser, doch dringt das letztere in dieselben nicht ein. Das Aerenchym ist nicht auf die benetzten Theile beschränkt, sondern erstreckt sich etwas über die Wasseroberfläche hinaus. Doch nimmt es in der Luft nach aufwärts schnell an Dicke ab und geht in gewöhnlichen Kork über. Zuweilen ist die Bildung des Aeren- Fig 44 Elatine AIsinastrum< Stamm.

chyms auf die Lenticellen beschränkt, querschnitt. Vergr. Nach H. Schenck,

Fig. 43- Caulerpa pro- lifera im Aquarium, mit Auswüchsen ver- sehen. Nat. Gr.

l) VgL z. B. Schenck I, Göbel II. Bd. 2. Wasserpflanzen. *) Schenck II. S c h i m p e r , Pflanzengeographie.

82

IV. Die Luft.

Fig. 45. Querschnitt durch den Stengel von Caperonia heteropetaloides Müller Arg. mit Aerenchymhülle. Nat. Gr. Nach H. Schenck.

aus welchen es blumenkohlartig hervorquillt, während das übrige Phel- logen auch unter Wasser typischen Kork erzeugt.

Die Durchlüftungsgewebe der Holzpflanzen sind nicht immer phel- logenen Ursprungs. In manchen Fällen übernimmt die mächtig ent- wickelte und von breiten Luftcanälen durchzogene primäre Rinde den Transport des Sauerstoffs, welcher theils durch grosse Lenticellen aus der

Atmosphäre, theils aus dem Wasser entnommen wird (Rhizophora, Bruguiera, Avicennia etc.). Seltener befinden sich die Luftcanäle vornehm- lich in der secundären Rinde (Laguncularia) *). Endlich ist bei verschiedenen Leguminosen das Holz als Luftgewebe entwickelt und besteht aus dünnwandigen, luftfuhrenden , an Grösse und Gestalt den Cambiumzellen ähnlichen Tra- che'iden, welche durch offene Poren mit ein- ander communiciren. Solches Luftholz bedingt durch massige Entwicklung starke Anschwel- lung der Stammbasen. In vielen Fällen sind gewisse Seitenwurzeln als Sauerstoff- pumpen ausgebildet und dieser Function entsprechend von anderen Wurzeln abweichend gebaut. Derartige Athmungswurzeln oder Pneu-

matophoren (Jost) zeigen sich z. B. bei den in seichten Gewässern der wärmeren Zonen häufigen Sträuchern und Halb- sträuchern der Gattung Jussiaea, wo sie von Schenck näher untersucht wurden (Fig. 47). Diese Gewächse bewohnen seichte, ruhige Stellen der Gewässer und entwickeln aus ihren im Schlamm kriechenden Rhizomen theils positiv geotropische, normale in den Boden drin- gende Nebenwurzeln, theils anscheinend nicht geotropische schwammige Ath- mungswurzeln, die in Folge ihres Luft- gehalts aufrecht im Wasser stehen und ihr Längenwachsthum bei Erreichung der Oberfläche abschliessen. Die Athmungswurzeln sind im Gegensatz zu den Bodenwurzeln meist einfach, seltener corallenartig verzweigt und von einem mächtigen, schneeweissen Aerenchymmantel umhüllt.

Derartige als Pneumatophoren wirkende Seitenwurzeln zeigen sich

Fig. 46. Caperonia heteropetaloides Müller Arg. Aerenchym des Stammes, quer. Vergr. 96. Nach H. Schenck.

*) Vgl. z. B. Schenck HI, Schimper, Karsten, u. Göbel II, Bd. 2, S. 263.

-) Schenck m. 3) de Bary, S. 514

2. Die Luft in den Gewässern.

83

in mannigfacher Ausbildung noch bei vielen anderen Gewächsen. Sie sind nicht immer untergetaucht, sondern ragen in der Mehrzahl der Fälle, wenigstens zeitweise, in die Luft hinein und besitzen dann entsprechend andere Eigenschaften als unter dem Wasser wachsende. Die Structur solcher emporragender Athmungswurzeln ist fest, ihr Durch- lüftungsgewebe ist nicht Aerenchym, sondern luftfiihrendes Kork- oder Rindengewebe und ihr aufrechter Wuchs ist nicht passiv, sondern activ und durch negativen Geotropismus bedingt. Derartige Pneumato- phoren stellen häufig sehr stattliche Gebilde dar, wie diejenigen von Eugeissona tristis, einer auf nassem Boden wachsenden Palme , wo sie

Fig. 47. Jussiaea peruviana L. Mit Pneumatophoren (aw) unter dem Wasserniveau sp. Va nat. Gr. Nach H. Schenck.

i!/2 m Höhe und 3 bis 5 cm Dicke erreichen, wie die eigenartigen „Kniewurzeln4 * der Sumpfcypresse , Taxodium distichum (Fig. 48), die in Grösse und Gestalt von Zuckerhüten aus dem oft überschwemmten Boden südlich - nordamerikanischer Sümpfe hervorragen, oder die in mannigfacher Weise modificirten Wurzelbildungen der Sträucher und Bäume der Mangrove, welche in einem späteren Capitel, im Zusammen- hang mit der eben erwähnten tropischen Formation, geschildert wer- den sollen.

Die ökologische Bedeutung der Durchlüftungsgewebe und Pneuma- tophoren ist bis jetzt vornehmlich aus morphologischen Merkmalen gefolgert worden und wäre daher hypothetisch geblieben, wenn

6*

84 IV. Die Luft.

G. Karsten und Greshoff sie nicht für einen Fall, nämlich für die Pneu- matophoren von Bruguiera eriopetala, im Botanischen Garten zu Buiten- zorg nachgewiesen hätten. Es ergab sich für den untersuchten Pneu- matophor eine „überaus grosse Arbeitsleistung", nämlich eine sehr starke Ausscheidung von Kohlensäure (einmal über 45 cm in einer Stunde), welche, wie der Vergleich mit der Athmung des ganzen Wurzelsystems einer jungen Pflanze zeigte, ganz unverständlich sein würde, „wenn man das erhaltene Resultat nur auf die Thätigkeit des zu Tage liegenden Stücks Wurzel beziehen wollte". Nur die Annahme, dass die untersuchte Wurzel als Austrittsstelle für einen grösseren Theil des Wurzelsystems dient, macht die hohen Zahlen verständlich.

3. Der Wind.

Die Vegetation windiger Gegenden zeigt manche Eigentümlich- keiten, die theils als unmittelbare Windwirkungen, theils als Anpas- sungen an solche aufzufassen sind. Derartige Einflüsse der Luftbewe- gungen treten sowohl in der vegetativen wie in der reproduktiven Sphäre zum Vorschein.

§ 1. Wind und Baumwuchs. Landschaften mit beinahe constant stark bewegter Atmosphäre, wie flache Küsten und Inseln, welche den ersten Anprall des Seewindes erhalten, oder hochgelegene freie Stellen der Gebirge, sind im Allgemeinen durch abnormen Baumwuchs, wenn solcher überhaupt vorhanden, charakterisirt, während die niedrige Vege- tation einen Einfluss des Windes nur wenig oder gar nicht zeigt. Der Unterschied zwischen baumartigem und niedrigem strauch-krautartigem Wuchs in Bezug auf die Wind- wirkungen ist durch die Zunahme der Luftbewegung mit steigender Entfernung vom Boden bedingt.

Nach den Messungen Stevenson's in Edinburgh zeigen die Ge- schwindigkeiten des Windes folgende Unterschiede mit zunehmender Höhe1):

Höhe in '

Geschwindigkeit

t in engl.

Meilen

I.

IL

III.

%

6.9

9.2

22.2

4

9.8

12.4

25.6

9

10. 1

13.8

316

14

io-5

14.3

33-7

25

n-3

J5

37.1

51

12. 1

16.3

42.7

Van Bebber. S. 152 u. f.

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3. Der Wind.

85

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Fig. 49* Bananen (Musa sapientum). Ceylon. Im Vordergrunde: Manihot utilissima.

Nach einer Photographie.

86 IV. Die Luft.

Es ist auf Grund der vorstehenden Tabelle wohl begreiflich, dass nur wenig über den Boden sich erhebende Gewächse die Wirkungen der Winde weit weniger spüren, als hochwachsende, also in erster Linie als Bäume.

Der Wind wirkt auf dieGewächse theils direkt durch Zug und Druck, theils indirekt, durch Beschleunigung der Transpiration, und diese Wirkungen sind um so

Fig. 50. Links Prunus spinosa, rechts Crataegus oxyacantha, durch den Einfluss des See- windes verbogen und einseitig verzweigt. Nordküste von Seeland, Dänemark. Nach einer Photographie von Herrn Prof. Dr. Warnring.

stärker, als die Pflanze höheren Wuchs besitzt oder sich an höherem Standorte befindet.

Die direkte Beeinflussung des Pflanzenwuchses durch die Winde zeigt sich meist nur da in augenfälliger Weise, wo letztere constant und in bedeutender Stärke wehen. Es ist an solchen Standorten eine gewöhnliche Erscheinung, dass Stämme und Aeste der Bäume durch die herrschenden Winde von ihrer normalen Wachsthumsrichtung ab- gelenkt werden, um der Windrichtung zu folgen (Fig. 50). Dass solche Bäume auch direkte Beschädigung erleiden, wie Astbrüche, Zerfetzen der Blätter u. s. w., ist selbstverständlich. Das Zerfetzen der Blätter baumartiger oder hoher Gewächse und hochgewachsener Kräuter in

3. Der Wind.

87

Folge von Luftbewegungen kann jedoch auch als ganz normale nutz- bringende Erscheinung auftreten, wie bei der Banane (Fig. 49) und einigen anderen Pflanzen, deren riesige Blätter in der Jugend ganz- randig sind und es an windstillen Orten auch bleiben, an mehr offenen Stellen dagegen stets zerfetzt sind. Die Functionen der Blätter werden dadurch in keiner Weise beeinträchtigt; die letzteren kommen vielmehr durch die grössere Beweglichkeit der Segmente mit reich- licheren Luftmengen in Berührung und erfahren eine entsprechende Förderung ihres Gasaustauschs.

Erhebliche mechanische Beschädigungen durch besonders starke Stürme sind häufiger in gewöhnlich windstillen als in gewöhnlich

Baümt]rUfppe*i^ £tm Waldchrn auf <UrJn«l Sylt

Fig. 51. Einfluss des Windes auf den Baumwuchs: Vertrocknete Aeste. Nach Borggreve.

windigen Gegenden, theils weil die in letzterem Falle von Stamm und Zweigen angenommene Wuchsart einen Schutz bedingt, theils weil ein continuirlicher Zug, wie Hegeler zeigte, Zunahme der Festigkeit und der mechanischen Gewebe bedingt.

Die mechanischen Wirkungen des Windes sind keineswegs die für die Oekologie hochwachsender, namentlich baumartiger Gewächse am meisten in Betracht kommenden. Sie zeigen sich in ausgeprägter Weise meist nur da, wo sehr starke und continuirliche Luft- strömungen herrschen und bewirken auch in solchen Fällen vor- nehmlich unschädliche Abweichungen von der normalen Gestalt. Durch die mechanischen Wirkungen des Windes kann der vernich- tende Einfluss, welcher den Baumwuchs in gewissen Gegenden ganz

88 IV. Die Luft.

ausschliesst1) und sich vornehmlich im Winter geltend macht, nicht erklärt werden. Der Wind muss vielmehr, wie Focke es zuerst aussprach, eine direkt tödtende Eigenschaft besitzen. Davon zeugen „die zahl- reichen, kurz und starr aufstrebenden Aeste, die in exponirten Lagen an der Oberseite der Sträucher und an den Baumkronen und zwar hauptsächlich an deren Windseite zu sehen sind, ohne jedoch Spuren äusserer Beschädigung erkennen zu lassen."2) (Fig. 51.)

Die direkt tödtende Wirkung wird, wie namentlich Kihlman zeigte, durch übermässige Förderung der Transpiration durch den Wind ver- ursacht. Weht der Wind gar während des Frostwetters, also zu einer Zeit, wo ein Ersatz des Wasserverlustes durch Zufuhr aus dem Boden und dem Stamm unmöglich ist, so wird die Wirkung leicht eine ver- heerende. Frostschäden sind, wie bereits früher gezeigt wurde,3) meist nicht auf die Temperatur an sich, sondern auf Austrocknung während des Frostes zurückzuführen.

Verdunstung ist allerdings ganz allgemein schwächer bei tiefer als bei hoher Temperatur, doch kommt trockenen, kalten Winden eine auffallend grosse wasserentziehende Kraft zu. Ein drastisches Beispiel wird von Middendorff erwähnt, der einen gewaschenen, steifgefrorenen Lederhandschuh ausserhalb des Zeltes bei windigem Frostwetter aufhing und nach einer Stunde völlig ausgetrocknet fand.

Die trocknenden Wirkungen des Windes und ihre resultirenden Folgen sind, wie in einem späteren Kapitel4) gezeigt werden soll, von grosser geographischer Bedeutung, indem sie die Grenze des Baum- wuchses polwärts und in vertikaler Richtung bedingen.

§ 2. Der Wind und die Reproduktion. Die Flora offener, windiger Landschaften zeigt nicht minder als in den vegetativen, auch in den reproduktiven Funktionen den Einfluss der Luftbewegungen. Wind- blüthigkeit, d. h. Anpassung an Bestäubung durch den Wind ist an offenen Standorten, wo die Luft bewegt zu sein pflegt, weit häufiger als im windstillen Innern der Wälder. Die Hauptmasse, wenn auch nicht der Artenzahl nach, der Grasflur- und Sumpfgewächse sind Wind- blüthler, wie Gräser, Seggen, Binsen, Arten von Plantago, Sanguisorba, Thalictrum etc. Auch hohe Bäume sind in vielen Fällen auf Wind- bestäubung angewiesen, wie die Coniferen und die meisten Amentaceen. Hingegen sind die Sträucher und Kräuter des Waldes vornehmlich Insektenblütler. Am klarsten jedoch wurde der Zusammenhang zwischen Wind und Windblüthigkeit für die Küsteninseln der Nordsee

J) So sagt z. B. Borggreve: „Vielfach hört man z. B. die Behauptung aufstellen, dass eine Bewaldung der schleswigschen Westküsten und Inseln durchaus unmöglich sei/4 (S. 251.) 9) Kihlman S. 68.

•) S. 45.

4) Zweiter Theil. I. Die Formationen.

3. Der Wind. 89

nachgewiesen, z. B. auf Spiekeroog, wo W. J. Behrens im Mai ein Drittel der blühenden Arten mit anemophilen Ausrüstungen versehen fand. Dieselben zeigten sich namentlich in der Nähe des Wattlands, wo die Winde heftig wehen, während die insektenblüthigen Arten, zusammen mit ihren Bestäubern, die ruhigen Standorte bewohnten. Im Kapitel V (Die Thiere) sind die Beziehungen zwischen insularen Standorten und Bestäubungsart des näheren besprochen.

Deutlicher noch als bei der Bestäubung zeigt sich bei den Aus- säungsvorrichtungen ein Zusammenhang mit dem gewöhnlichen Grade der Luftbewegung des Standorts. Anemophile Anpassungen der Samen oder der die letzteren einschliessenden Früchte, wie winzige Grösse, geringes specifisches Gewicht, Flügel- und Haaranhänge zeigen sich vornehmlich in weiten ebenen Grasfluren (Steppen, Savannen), in Wüsten, in offenen Sümpfen, an den offenen Standorten hoher Gebirge. Da wird man in der Regel vergeblich nach Beeren suchen. Vor- richtungen für den Transport durch Thiere fehlen zwar nicht; sie weisen aber nicht auf beerenfressende Vögel hin, sondern auf die fressenden Vierfüssler, in Sümpfen auch auf die thierische Nahrung suchenden Sumpfvögel, an welche solche Samen äusserlich hängen bleiben. Dagegen sind unter den Sträuchern und Kräutern der Wälder und Büsche die Beerenfrüchte und andere Anpassungen an die Thiere des Waldes gewöhnliche Erscheinungen. Hohe Bäume und Lianen sind wiederum oft mit anemophilen Aussäungsvorrichtungen versehen, und sogar manche der im Waldinnern wachsenden Epiphyten zeigen ähnliches Verhalten. Die Samen oder Sporen der letzteren sind jedoch so klein und leicht, dass die im Walde herrschenden schwachen vertikalen Strömungen genügen, um dieselben in durchaus zweckentsprechender Weise längs der Stämme und Aeste fortzubewegen, bis sie in Folge ihrer Klebrigkeit an der Rinde hängen bleiben oder sich in Spalten der Weiterbewegung entziehen.

Von der Regel, dass an sehr windigen Standorten anemophile Aussäungsvorrichtungen überwiegen, bilden die Küsten eine Ausnahme. Das Meer ist der Vehikel der Samen der meisten Strandhalophyten. Pflanzenarten, deren Samen durch den Wind leicht fortbewegt werden, aber im Meere sinken, würden sich auf dem Strande schwer behaupten können, indem ihre Samen bald landeinwärts, wo Halophyten sich nicht behaupten können, bald in das Meer, wo nur Schwimmvorrichtungen vom Untergang retten, fortgeweht werden würden. Schwächere Luft- bewegungen, welche für den Transport des Pollens genügen, kommen den Samen weniger zu Gute, um so mehr, als der glatte lose Sand die auf den Boden gefallenen anemophilen Samen nicht festhält, sondern dem Spiele des Windes überlässt.

Die pflanzengeographisch wichtigste der an die anemophilen Aus-

90 IV. Die Luft.

säungsvorrichtungen sich knüpfenden Fragen, diejenige ihrer Leistungs- fähigkeit, ist für grössere Entfernungen noch nicht endgültig ge- löst worden. A. de Candolle und Kerner schätzen sie, wenigstens für die Phanerogamen , sehr niedrig. Die Samen der letzteren sollen durch den Wind nur auf kurze Entfernungen fortgetragen werden können, während der erstgenannte Forscher für die Sporen der Kryp- togamen die Möglichkeit eines weiteren Transports zugiebt. Danach wäre die Verbreitung der Samen durch den Wind zunächst nur eine lokale Erscheinung und würde erst durch ihre häufige Wiederholung im Laufe der Generationen geographische Bedeutung erlangen. Zu Gunsten dieser Ansicht lässt sich allerdings der Umstand geltend machen, dass der Transport von Samen und Sporen durch den Wind über weite Wasserflächen, z. B. nach oceanischen Inseln, trotz wiederholter Behaup- tungen in diesem Sinne, noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden ist. Andererseits lässt sich die Anwesenheit verschiedener Pflanzenarten auf solchen Inseln nur durch die Annahme einer Vermittelung des Windes erklären.

Dass eine Verbreitung von Samen durch den Wind über Meeres- arme von mindestens 20 Seemeilen Breite thatsächlich stattfindet, wurde von Treub nachgewiesen, welcher im Inneren der in solcher Entfernung von Java befindlichen Insel Krakätau, drei Jahre nach der Eruption, die dieselbe mit einer mächtigen Lavaschicht überströmt hatte, elf Farne, zwei Compositen- und zwei Grasarten fand, deren Sporen, bezw. Samen nur durch die Vermittelung des Windes dorthin gelangt sein konnten.

Demnach sind es in erster Linie Farne, welche von den Nachbar- inseln aus das verwüstete Innere von Krakätau wieder besiedeln; es sind aber auch Farne, welche die Hauptvegetation recenter vulkanischer Inseln in grosser Entfernung von Continenten bilden, z. B. diejenige von Ascension, welche kleine Insel beinahe ganz von Farnen bedeckt ist. Die durch Meeresströmungen verbreiteten Pflanzen entbehren in der Regel geeigneter Vorrichtungen, um in das Innere zu gelangen, namentlich wo das letztere bergig ist und weit fliegende beerenfressende Vögel kommen, ausser durch seltene Zufälle, erst wenn Bäume vor- handen sind. Nur zwei phanerogamische Strandpflanzen wurden von Treub auch im Innern nachgewiesen, Scaevola Koenigii und Tournefortia argentea, deren Samen so klein und leicht sind, dass der Wind sie bis auf die Berge fortbewegen konnte. Durch Thiere verbreitete Pflanzen fehlten damals noch ganz.

Die Bedeutung der anemophilen Aussäungsvorrichtungen für die Entstehung der Inselflora ist durch Treub's wichtige Beobachtungen endgültig nachgewiesen worden.

Auswahl der Literatur. Ol

Auswahl der Literatur.

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V. Der Boden.

1. Die physikalischen Bodeneigenschaften« Wassercapacität, capillare Wasser- leitung, Durchlässigkeit verschiedener Bodenarten. 2. Chemische Bodeneigenschaften im Allgemeinen. Wechselbeziehungen der physikalischen und chemischen Eigenschaften. Wirkungen von Lösungen auf die Wasseraufhahme durch die Pflanze. Giftigkeit concentrirter Lösungen. Schutzmittel der Pflanzen gegen zunehmende Concentration der Salzlösungen in den Zellen. Verschiedene Wirkungen der Salze auf die Structur der Pflanze. 3. Das Chlor- natrinm §. i. Vorkommen und Rolle in der Pflanze. Einfluss des Chlornatriums auf die Pflanzenstructur. Xerophiler Charakter der Halophyten. Einfluss des Chlornatrium auf die Eiweissbildung. Einfluss auf die Structur von Süsswasseralgen. §. 2. Die Halo- phyten oder Salzpflanzen. Salzhunger. Vertheilung der Halophyten auf die Familien. Ursprung der halophilen Lebensweise. Unfähigkeit der Concurrenz im Binnenlande. 4, Andere leichtlösliche Salze. Alaun : Die Solfataren. Salpeter. Der Serpentin. Serpentin- pflanzen. 6. Der Oalmei. Galmeipflanzen. 7. Das Kalkcarbonat. §. i. Wirkungen des Kalkcarbonats auf Stoffwechsel und Structur der Pflanze. Giftigkeit für viele Pflanzen. Accommodation an kalkreichen Boden. Versuche und Beobachtungen Bonnier's und Anderer. Art des Einflusses auf den Stoffwechsel. Experimentelle Culturen von Fliehe und Grandeau. § 2. Kalkboden und Florencharakter. Kalkholde und kalkscheue oder Kiesel-Pflanzen. Unbeständigkeit des Verhaltens der Pflanzen gegen Kalk. Thur- mann's physikalische Theorie. Widerlegung derselben. Erklärung der Unterschiede zwischen Kalk- und Kieselflora und ihrer Unbeständigkeit Ungleiches Verhalten nahe verwandter Arten. Parallelformen auf kalkreichem und kalkarmem Boden. Nägeli's Theorie. 8. Der Humus. §. I. Chemie und Physik des Humus. Aschenbestandtheile. Saurer und milder Humus. Mull und Torf. §2. Die Mycorhiza. Endotrophische und epitrophische Mycorhiza. Thismia Averoe nach P. Groom. Saprophyten. §3. Die chemischen Unterschiede des Humus und die Flora. Ungleichheit des Florencharakters auf ungleichen Humusarten. Grosse Exclusivität gewisser Pflanzenarten. Pflanzen des thierischen Humus. 9. liebende Substrate. Die Parasiten. Abhängigkeit von der chemischen Natur des Substrats.

1. Die physikalischen Bodeneigenschaften.

Die für das Pflanzenleben wichtigsten physikalischen Eigen- schaften des Bodens1) sind viel weniger dessen früher überschätzte Cohäsionskräfte , welche dem Wachsthum der unterirdischen Glieder

*) Vgl. namentlich Ad. Mayer 1. c.

94 V. Der Boden.

einen mehr oder weniger grossen Widerstand entgegensetzen als die Adhäsions- und Capillaritätskräfte , welche dessen Wasser- und Luft- gehalt reguliren. An verschiedenen Stellen eines Gebiets mit gleich- massigen Niederschlägen ist der Boden trocken oder feucht, in zahl- reichen Abstufungen, je nach seiner Wassercapacität, capillaren Wasserleitung und Durchlässigkeit und diese Unterschiede bedingen solche der Pflanzendecke.

Als volle Wassercapacität wird von Mayer die Menge Wasser bezeichnet, welche vom Boden überhaupt aufgenommen wird, und als absolute Wassercapacität diejenige, welche nach dem Durchsickern des Ueberschusses festgehalten wird. Letztere, die für das Pflanzenleben wichtigste, ist in erster Linie von der Grösse des Kornes abhängig. Ein grober Sandboden z. B. hat eine absolute Wassercapacität von 13,7 °/0 Vol., ein echter Thonboden eine solche von 40,9 °/0 Vol. Der Wassercapacität umgekehrt verhält sich die Luftcapacität , indem die nicht von Wasser gefüllten Poren luft- haltig sind.

Die Durchlässigkeit des Bodens schliesst sich eng an dessen Wassercapacität an. Besonders durchlässig sind die grobkörnigen Bodenarten, während feinkörnige, namentlich der Thon, sich durch grossen Filtrationswiderstand auszeichnen und über ihre Capacität Wasser aufnehmen.

Die capillare Wasserleitung oder wasseraufsaugende Kraft, eine nicht minder wichtige Eigenschaft des Bodens, wird gemessen an der Geschwindigkeit, mit welcher getrocknete Erde sich bis zu einer bestimmten Höhe mit Wasser vollsaugt, wenn sie mit solchem in Berührung kommt. Den Thonboden kommt die grösste Fähigkeit der Wasserleitung zu. Daran schliessen sich humöse Erden und Sandböden , während Gyps und Kreide die geringste wasser- aufsaugende Kraft aufweisen.

Die Bedeutung der physikalischen Unterschiede der Bodenarten für das Pflanzenleben kann in folgenden Sätzen zusammengefasst werden :

1) Humusreiche feinkörnige Böden mit hinreichend durchlässigem Untergrund besitzen eine mittlere, für das Pflanzenleben im allgemeinen günstige Feuchtigkeit. Auf solchen Böden kommen Gehölz und Grasflur zu ungehinderter Ausbildung.

2) Humusarmer Sandboden mit durchlässigem, z. B. kiesigem Untergrunde lässt zwar bei jedem Regenfalle eine tiefgehende Durchnässung zu, trocknet aber beim Aufhören des Regens schnell. Auf solchem Boden werden daher in einem Klima von mittlerer Feuchtigkeit nur die weniger wasserbedürftigen xerophilen Pflanzen wachsen.

i. Die physikalischen Bodeneigenschaften. qc

3) Noch ungünstigere Bedingungen stellt humusarmer fein- körniger Kalkboden dar, da solchem nur geringe wasser- aufsaugende Kraft zukommt. Auf derartigem Boden ist die Vegetation in der That ganz ausgesprochen xerophil, während auf humusreichem Kalkboden der hygrophile Charakter, wenn er dem Klima entspricht, unbeeinträchtigt zum Vorschein kommt.

4) Thon besitzt von allen Böden die grösste wasseraufsaugende und wasserenthaltende Kraft. In trockenen Gebieten, z. B. in den Mediterranländern, wird der Thon wegen solcher Eigenschaften hoch geschätzt, während in feuchten Gebieten, z. B. in Westeuropa, Boden- arten von gerade entgegengesetzten Eigenschaften, vorgezogen werden, weil Thonböden bei reichen Niederschlägen über ihre absolute Capacität Wasser aufnehmen.

5) Das letztere führt zur Versumpfung, welche auch auf Kalk- boden eintreten kann und welche namentlich wegen der Stagnation des Sauerstoffs1) dem Pflanzenleben ungünstige Bedingungen bietet.

Trotz ihrer hervorragenden Bedeutung vermag die rein physi- kalische Bodenanalyse die auf experimentellen Culturen beruhende physiologische nicht ganz zu ersetzen. Vielmehr vermag nur das Zusammengehen beider Methoden den Zusammenhang zwischen der physikalischen Bodenqualität und dem physiologischen Vorgang der Wasseraufnahme aufzuklären. Aus der Wassercapacität eines bestimmten Bodens lassen sich noch nicht Schlüsse über die Wassermengen, welche eine bestimmte Pflanze demselben zu entziehen vermag, ziehen. So war z. B. in Versuchen von Sachs das Verhältniss der Wassercapacitäten eines sandigen Buchenhumus, eines Lehms und eines reinen Quarzsandes 46:52,1:20,8, dasjenige der für eine Tabakpflanze disponiblen Mengen aber 33,7:44,1 : 19,3. Mit anderen Worten, derjenige Theil der wasser- anziehenden Kraft des Bodens, die von der Saugkraft der Wurzeln nicht mehr überwunden werden kann, war nach der Bodenart ver- schieden und verhielt sich wie 12,3:8:1,5.

Diese Verhältnisse wurden in neuerer Zeit von Gain für mehrere Boden- arten und drei Pflanzenarten mit ungleichen Ansprüchen an Feuchtigkeit (Phaseolus vulgaris, Erigeron canadense, Lupinus albus) näher untersucht. Wir gehen auf diesen Gegenstand hier nicht näher ein, weil seine Bedeutung für die topographische Gliederung der Pflanzendecke zweifelhaft erscheint. Aller- dings wird eine solche Bedeutung von Gain angenommen, welcher die che- mischen Wirkungen des Substrats in weiterem Maasse, als es gewöhnlich ge- schieht, auf die Ungleichheit der wasserhaltenden Kraft zurückführen will. So nimmt der genannte Forscher z. B. an, dass der Wassergehalt des Bodens in einem geographischen Gebiet auf 3°/0 sinken könnte; dann würden die zu den Versuchen benutzen Pflanzenarten wohl in Sand oder Gartenerde, aber

») Vgl. S. 81.

96 V. Der Boden.

nicht in Humus, Thonerde oder Heideerde fortexistiren können. Die An- nahme ist zwar hypothetisch berechtigt, für die Pflanzengeographie dagegen bedeutungslos, da in jedem geographischen Gebiet zahlreiche Bodenqualitäten mit sehr verschiedenem Wassergehalt vorkommen.

2. Chemische Bodeneigenschaften im Allgemeinen.

Chemie und Physik des Substrats greifen in mannigfacher Weise in einander. Neben der Grösse des Kornes sind auch dessen chemische Eigenschaften für die Adhäsions- und Capillarkräfte von maassgebender Bedeutung. Gleich feinkörnige Böden verhalten sich z. B. ungleich, je nachdem sie aus Thon, aus Kalk oder aus Quarz bestehen. Physi- kalische Wirkungen werden auch durch die im Bodenwasser gelösten Salze bedingt, indem letztere die osmotischen Vorgänge und da- durch wiederum die Wasseraufnahme: beeinflussen. Wie bereits früher gezeigt wurde, nimmt die Wurzel mehr Wasser in chemisch reinem Zustande als aus Lösungen und es giebt für jede Pflanzenart eine bestimmte, 3°/0 nur selten überschreitende Concentration , oberhalb welcher die Wasseraufnahme durch die Wurzel aufhört. Ein an ge- lösten Salzen reicher Boden stellt daher, auch wenn ganz durchnässt, für das Pflanzenleben einen völlig trockenen Boden dar.1)

Allerdings mag bei Pflanzen, welche in ihren Zellen hohe Salz- concentrationen unbeschädigt ertragen, durch Aufnahme von Salzen aus dem Substrat eine gewisse Accommodation eintreten, welche es solchen Pflanzen ermöglicht, ihr Wasserbedürfniss aus Lösungen steigender Concentration zu decken. Die Bedeutung dieser Eigenschaft für die Oekologie der Pflanzen ist jedoch unter natürlichen Bedingungen geringer, als man es nach Laboratoriumsversuchen annehmen könnte, da die Salzconcentration im Boden starken Schwankungen ausgesetzt zu sein pflegt. So ist z. B. das Wurzelsystem einer Strandpflanze bei Sonne und Regen, Sturm und Windstille, Ebbe und Flut abwechselnd von ausgesüsstem und von reinem oder sogar von concentrirtem See- wasser umspült.

Die gelösten Salze des Bodens üben nicht bloss bei ihrer Auf- nahme, sondern noch, wenigstens soweit sie nicht verarbeitet werden, auf ihrem ganzen Wege durch die Pflanze osmotische Wirkungen aus, welche die Entwickelungsvorgänge mächtig beeinflussen können. So bedingen bereits massig starke Salzlösungen, ähnlich wie Trockenheit, das Schliessen der Spaltöffnungen vieler Pflanzen, namentlich solcher, die salzarme natürliche Standorte bewohnen und beeinträchtigen dadurch

l) Vgl. S. 6.

I. Chemische Bodeneigenschaften im allgemeinen. gj

in hohem Grade die Kohlenstoffassimilation. J) Der vielfach beobachtete retardirende Einfluss concentrirter Salzlösungen auf das Wachsthum ist wahrscheinlich in erster Linie auf diesen Factor zurückzuführen.

Die Unentbehrlichkeit gewisser Mineralstoffe des Bodens, nämlich der Salpeter-, Phosphor- und Schwefelsäure, des Kali, des Kalks und der Magnesia, sowie des Eisenoxyds für den pflanzlichen Organismus beruht nicht auf ihren physikalischen, sondern auf ihren chemischen Eigen- schaften. Theils werden ihre Elemente zu solchen des Protoplasma, theils spielen sie eine zwar secundäre, aber doch nothwendige Rolle im Stoffwechsel.

Nicht allein die der Pflanze unentbehrlichen Stoffe vermögen den Chemismus zu beeinflussen. Auch solche, die durchaus entbehrlich sind, üben, falls sie aufgenommen werden, neben den physikalischen, chemische Wirkungen aus, welche den pflanzlichen Organismus bald in günstiger, bald in ungünstiger, bald in zwar sichtbarer, aber ökologisch anscheinend indifferenter Weise beeinflussen. Ueber eine gewisse Concentration hinaus sind jedoch alle in grösserer Menge in die Pflanze eindringenden und nicht oder nicht alsbald assimilirten Stoffe giftig. Der Concentrationsgrad, bei welchem eine Lösung anfängt giftig zu wirken, ist nach der chemischen Natur derselben und nach der Pflanzenart verschieden. Die ungleiche Widerstandsfähigkeit der Arten bedingt zum grossen Theile die Unterschiede der Flora auf che- misch ungleichen Substraten.

Ausser den eben erwähnten relativ einfachen und unmittelbaren physikalischen und chemischen Wirkungen üben die Salze einen bald mehr, bald weniger sichtbaren indirekten Einfluss auf die Structur des pflanzlichen Organismus. Leicht lösliche Salze rufen allgemein Schutz- mittel gegen die Transpiration hervor, welche mit den auf trockenem Boden eintretenden übereinstimmen und ökologisch zunächst auf die erschwerte Wasseraufnahme zurückzuführen sind.2) Solche Schutz- mittel zeigen sich zwar sowohl, wenn das gelöste Salz ein Nährsalz ist, wie z. B. Salpeter, als wenn es nutzlos und nicht assimilirbar ist, wie z. B. Chlornatrium. Doch wirken Salze im letzteren Falle schon bei schwächerer Concentration und mit grösserer Intensität, was darauf hinweist, dass die Schutzmittel gegen Transpiration der zunehmenden Concentration eines bald giftig wirkenden Salzes entgegentreten sollen und daher bei schädlichen Salzen schneller eintreten, als es die erschwerte Deckung des Transpirationsverlustes in Folge des Salz- gehalts des Substrates für sich allein nothwendig machen würde.

*) Stahl. *) Vgl. S. 6. Seh im per, Pflaniengeographie.

98 V. Der Boden.

Während die Schutzmittel gegen Transpiration sich nur in ihrem früheren oder späteren Eintreten von den chemischen Unterschieden der aufgenommenen Stoffe beeinflusst zeigen, machen sich die letzteren in bestimmten specifischen Wirkungen geltend, welche vielleicht mit den von gewissen Pilzen an ihren Wirthspflanzen hervorgerufenen Ver- änderungen vergleichbar sein dürften. Manche der in solcher Weise hervorgerufenen Modificationen der Pflanzenstructur haben einen ent- schieden pathologischen Charakter und kommen in der Natur nur ausnahmsweise oder niemals vor. Andere hingegen beeinträchtigen die Lebensfähigkeit der Pflanze in keiner Weise und sind für das Ver- ständniss der Florenunterschiede auf chemisch ungleichem Boden von hervorragender Bedeutung. Zu diesen letzteren Veränderungen gehören diejenigen, welche, abgesehen von den vorher erwähnten Schutz- einrichtungen gegen Transpiration, Chlornatrium, Zinksalze, Serpentin (ein Magnesiasilikat) und Kalkcarbonat in der Pflanzenstructur hervorrufen.

3. Das Chlornatrium,

§ I. Vorkommen und Rolle des Chlornatrium in der Pflanze. Dem Chlornatrium kommt, wie Culturversuche auf künstlichen Nähr- substraten, namentlich solche mit Nährlösungen gezeigt haben, eine Bedeutung als Nährstoff für die grosse Mehrzahl der Pflanzen nicht zu. Doch hat sich dasselbe als nothwendig für die normale Entwicklung von Fagopyrum esculentum erwiesen und es ist wahrscheinlich, dass das Gleiche noch von anderen Pflanzen gilt, da die Zahl der Arten, mit welchen solche Versuche angestellt worden sind, eine relativ kleine ist.

Die Gewächse, welche ein Bedürfniss nach Chlornatrium besitzen, können dasselbe in jedem natürlichen Boden befriedigen, indem es sich dabei wohl stets um geringe Mengen handelt. Thatsächlich nehmen sämmtliche Pflanzen, welchen Chloride, d. h. vornehmlich Chlornatrium, geboten werden, solche auf, manchmal in nicht un- beträchtlicher Menge, auch wenn sie, wie experimentell festgestellt, ohne dieselben ganz normal gedeihen.

Die Chloride scheinen in organische Verbindungen nicht ein- zutreten, sondern bleiben unverändert im Zellsaft der Parenchyme und der Oberhaut, wo sie mikrochemisch leicht nachweisbar sind.1)

Geringe Mengen Chlornatrium (und Chlorkalium) werden anscheinend von allen Pflanzen ohne Schaden ertragen. Begiesst man dagegen den

!) Schimper I.

3. Das Chlornatrium. gg

Boden mit einer zwei- bis dreiprocentigen Kochsalzlösung, so gehen die meisten Arten in kurzer Zeit zu Grunde. Es persistiren nur die Halophyten, d. h. die auch in der Natur an salzreichen Standorten, z. B. auf dem Meeresstrande wachsenden Gewächse und einige Nicht- halophyten mit ausgeprägten Schutzmitteln gegen Transpiration. Der- artige Gewächse gedeihen auf einem von Meerwasser (2,7 3,2 °/0 Chlornatrium) durchtränkten Boden vortrefflich und speichern, nament- lich in ihren Stengeln und ihrem Laube, beträchtliche Salzmengen auf. Bei weiter steigender Concentration der Lösung gehen allerdings auch diese Arten nacheinander zu Grunde.

Nach Wolfls Aschentabellen wurden für den procentischen Chlorgehalt der Asche einiger Halophyten des Meeresstrandes folgende Zahlen festgestellt : Armeria maritima 12.69 bis *5 IO> Artemisia maritima 26.68, in der Wurzel jedoch nur 1.99; Aster Tripolium: Blätter 43.00, Stengel 49.90, Blüthen 19,10; Chenopodium maritimum 44.06, Stengel 47.08; Arenaria media 36.55 ; Plantago media 43.53. Die mikrochemische Prüfung auf Chlornatrium ergab mir für die grosse Mehrzahl der Strandgewächse Java's1), allerdings nicht für alle, intensive Reactionen.

Der Chlorgehalt der Asche von Binnenlandpflanzen pflegt 5 °/0 nicht zu überschreiten; allerdings giebt es Ausnahmen.

Chlornatrium wirkt auf den pflanzlichen Organismus theils physi- kalisch, indem es, wie alle Salzlösungen, die osmotische Wasser- aufnahme durch die Wurzel erschwert, theils chemisch, indem es nach seinem Eintritt in die Zellen, den Stoffwechsel beeinflusst.

Systematisch ausgeführte Culturen behufs Untersuchung des Einflusses des Chlornatriums auf die Structur der Gewächse wurden zuerst von P. Lesage ausgeführt, mit dem Ergebnisse, dass in der Mehrzahl der Fälle dasselbe Verkleinerung der Blattoberfläche, Zunahme der Blattdicke, Verlängerung der Palissaden und Reduction der Intercellularen bedingte. Auch Zunahme der Behaarung wurde von Lesage in einigen Fällen beobachtet.

Culturversuche und eingehende Untersuchungen der malayischen Strand- flora führten mich zu dem Schlüsse, dass die morphologischen Eigen- tümlichkeiten, welche die Halophyten auszeichnen, mit denjenigen ausgesprochener Xerophyten übereinstimmen, auch da, wo dieselben in nassem Boden, z. B. in den Strand- sümpfen wachsen.2)

Es giebt kaum eine der zahlreichen Eigentümlichkeiten , die bei den Xerophyten trockener Klimate und trockener Böden als Schutzmittel gegen Transpiration aufgefasst werden, die den Halophyten fehlte und zwar ganz unabhängig davon, ob der Boden mehr oder weniger nass ist, denn die Menge des Salzes ist in solchen Fällen allein maassgebend. So finden wir bei den Halophyten die Reduction der transpirirenden Oberfläche wieder,

») Schimper II.

*) Vgl. auch S. 7 u. f.

7*

IOO V. Der Boden.

die bei den Xerophyten im bisherigen Sinne so häufig ist, und zwar sowohl in der äusseren Gestalt als in der Verkleinerung der Intercellularen ausgeprägt. Ferner sind bei den Halophyten mehr oder weniger verbreitet: Profil- stellung des Laubes, reiche Behaarung, dicke Aussenwand der Epidermis, Speichertracheiden in den Blättern, vertiefte und mit Schutzapparaten versehene Spaltöffnungen, Schleim- zellen, namentlich aber Wassergewebe. Letzteres ist besonders ge- eignet, schädlichen Salzconcentrationen in den assimilirenden Zellen vorzubeugen und nimmt dementsprechend, mit dem Alter der Blätter und der absoluten Zunahme der Salze in den letzteren, an Mächtigkeit zu. Alle diese xerophilen Eigenschaften der Halophyten erfahren auf gewöhnlichem Boden eine Ab- schwächung, zum Theil verschwinden sie sogar gänzlich.

Neben der osmotischen ist auch eine chemische Beeinflussung des Stoffwechsels durch das Chlornatrium unzweifelhaft vorhanden. Hansteen hat es wahrscheinlich gemacht, „dass das Chlornatrium, wie auch das Chlorkalium, in einer gewissen Beziehung zu der Eiweissbildung aus Amiden und Kohlehydraten stehen. " Diese Rolle ist nicht immer die gleiche, indem sie bald in einer Verzögerung, bald in einer Förderung der Eiweissbildung bestehen soll. Jedenfalls werden durch concen- trirtere Chloridlösungen abnorme Ernährungsverhältnisse und schliess- lich schädliche und beträchtliche Störungen hervorgerufen. Solchen schädlichen Wirkungen treten die Schutzmittel gegen Transpiration entgegen, indem sie die Zunahme der Concentration im Sonnenlichte verlangsamen. Allerdings nimmt der absolute Gehalt der Blätter an Salz mit dem Alter zu, aber gleichzeitig wächst auch das Wasser- gewebe und setzt die Concentration des Zellsaftes in den grünen Zellen mit steigender Energie herab.

Die Schutzmittel gegen Transpiration beruhen auf Anpassung und sind als nützliche Vorrichtungen im Laufe der Zeit allmählich gezüchtet worden. Das Kochsalz ruft aber ausserdem mehr unmittelbare und intensive structurelle Veränderungen hervor, welche, da sie sich bei Pflanzen zeigen, die unter natürlichen Bedingungen in Salzwasser nicht vorkommen und denselben einen nachweisbaren Nutzen nicht bringen, auch nicht als Anpassungen gelten können. So beobachtete Richter an Algen des Süsswassers, die er bei allmählich steigender Concentration in Kochsalzlösungen cultivirte, ganz allgemein eine beträchtliche Grössen- zunahme der Zellen und in manchen Fällen Veränderungen der Gestalt, der Wanddicke, der Zelltheilung und der Structur der Chromatophoren. Ob es sich dabei um specifische Kochsalzwirkungen handelt oder ob andere Salze ähnliche Wirkungen hervorrufen, ist noch nicht untersucht.

Ich hatte früher angenommen, dass das Kochsalz eine hindernde Wir- kung auf die Assimilation, oder doch wenigstens auf Stärke- und Glycosebildung ausübe. Die Annahme hat an Wahrscheinlichkeit wesentlich eingebüsst seit

3. Das Chlornatrium. lOI

dem durch Stahl geführten Nachweis, dass nicht halophile Pflanzen, wie die- jenigen, mit welchen ich experimentirte , bei Anwesenheit grösserer Salz- mengen in der Nährlösung ihre Spaltöffnungen schliessen und dadurch eine wesentliche Einbusse der Assimilation erfahren. Die Vermuthung Stahl's, dass die Halophyten stets offene unbewegliche Spaltöffnungen besitzen, ist nach neueren Untersuchungen O. Rosenberg's nicht begründet. Ueberhaupt dürfte die Rolle der Spaltöffnungen bei der Transpiration weniger gross sein, als es Stahl annehmen zu können glaubt.

§ 2. Die Halophyten oder Salzpflanzen.1) Der Salzreichthum der Halophyten ist nicht ausschliesslich durch denjenigen ihres Substrats passiv bedingt, sondern beruht zum grossen Theile auf Salzhunger, denn die in der Natur an solchen Standorten wachsenden Pflanzen pflegen auch auf gewöhnlichem Boden grössere Mengen Chlornatrium als die meisten Nichthalophyten aufzuspeichern. Es giebt allerdings, auch unter den letzteren, einige Arten mit solcher Neigung, die sich dann stets mit der Fähigkeit verbunden zeigt, grössere Mengen Salz als andere Gewächse zu ertragen. Manche dieser salzliebenden Arten des gewöhnlichen Bodens zeigen sich gelegentlich auf dem Meeres- strand und an anderen Standorten, deren Salzreichthum andere Gewächse fernhält.

So enthalten nach mehreren Analysen die Wurzeln von Beta vulgaris bis 35, 45 °/0 ihrer Asche an Chlor. Bei einer auf Sandstein gewachsenen Coch- learia anglica wurden 41.7 o°/0 Chlor gefunden; Crambe maritima, auf gedüngtem Boden gezogen, enthielt daran 15.46°/^ Apium graveolens bis 22.1 4°/0, Asparagus officinalis, ein facultativer Halophyt, bis 1 5 °/0 ; Eryngium maritimum bis 19.30°/^ In der Asche des Meerrettigs wurde allerdings für die Wurzel nur 1.78%, für die Blatter 5.54% Chlor in der Asche gefunden. Die mikro- chemische Prüfung auf Chlor der Blätter indischer Halophyten, die im Bota- nischen Garten zu Buitenzorg ohne Salz cultivirt sind, ergab eine intensive Reaction in 14 Fällen, eine nur schwache oder keine in 7 Fällen.

Bemerkenswerth ist, dass die Halophyten keineswegs gleichmässig auf alle Pflanzenfamilien vertheilt sind, sondern vielmehr in gewissen Familien reichlich, in anderen spärlich oder gar nicht auftreten. Gewisse Familien bestehen vornehmlich aus Halophyten, wie die Chenopodiaceen, Frankeniaceen, Plumbagineen , oder enthalten solche doch in sehr grosser Anzahl, wie die Amarantaceen, Aizoaceen, Cruciferen, Tamaricaceen, Malvaceen, Euphorbiaceen, Umbelliferen , Rhizophoraceen , Lythraceen, Papilionaceen , Convolvulaceen, Compositen. Entschieden salzscheu sind z. B. die Amentaceen, Piperaceen, Urticinen, die meisten Polycarpier, die Rosaceen, Melastomataceen, Ericaceen, Orchideen, Araceen, Pteridophyten und Bryophyten.

Nach den bisherigen Untersuchungen hat es den Anschein, als wären die Vertreter der zur Halophilie neigenden Familien im Allgemeinen chlor- reicher, als diejenigen salzscheuer Familien. Der Vergleich des Gehalts an

*) Schimper II. Dort die ältere Literatur.

102 V. Der Boden.

Chlor beider Gruppen von Familien in Wolff's Aschentabellen spricht zu Gunsten dieser Annahme. Doch ist das Material nicht reich genug, um end- gültige Schlüsse zn gestatten.

Wie aus dem Vorhergesagten hervorgeht, vermögen die Halophyten auch auf gewöhnlichem Boden, z. B. in Gartenerde, ohne Zusatz von Kochsalz zu gedeihen. Ja, einige der gewöhnlichsten Culturbäume der Tropen wachsen unter natürlichen Bedingungen nur auf dem Salzboden des Meeresstrandes, z. B. Cocos nucifera, Cycas circinalis, Casuarina equisetifolia , Terminalia Katappa, Erythrina indica, Calophyllum Inophyllum etc. Es unterliegt keinem Zweifel, dass durch Vermittelung des Windes, der Thiere, der Wasserläufe fortwährend Samen von Halophyten auf nichtsalzigen Boden gelangen. Sie würden auf dem- selben günstige Bedingungen finden, wenn die Concurrenten ihre Ansiedelung nicht verhinderten.1) Die Concurrenz stärkerer Formen schliesst aber die Halophyten von allen Standorten, mit Ausnahme der salzreichen aus.

Selbstverständlich ist der Kampf um den Raum von jeher auf den Böden, welche den meisten Pflanzenarten günstige Bedingungen bieten, am heftigsten gewesen. Im Laufe der Zeit sind viele Sippen von den bevorzugten Plätzen durch kräftiger gewordene Concurrenten verdrängt worden. Manche dieser Besiegten gingen zu Grunde, während andere ihre Fortexistenz bestimmten Eigenschaften verdankten, durch welche sie befähigt wurden, ungesunde Ländereien zu colonisiren. So vermochten solche unter den verdrängten Gewächsen eine Zuflucht auf Salzboden zu finden, die bereits auf gewöhnlichem Boden die Gewohnheit an- genommen hatten, Kochsalz reichlich aufzuspeichern und dadurch gegen seine giftigen Wirkungen immun geworden waren. Auf Salzboden gestattete die verminderte Concurrenz ihr Fortbestehen.

Die Eigenschaft, Salz aufzuspeichern und auf Salzboden unversehrt zu existiren, macht natürlich an sich nicht untauglich, auch an mehr bevorzugten Plätzen im Kampfe zu bestehen. Thatsächlich gibt es eine Anzahl Pflanzenarten, die sowohl an salzreichen wie an salzarmen Standorten vorkommen, wie Asparagus officinalis und Samolus Valerandi.

4. Andere leicht lösliche Salze.

Chlornatrium ist das einzige leicht lösliche Salz, welches auf grossen Strecken in concentrirteren Lösungen den Boden durchtränkt. Andere Salze von ähnlicher Löslichkeit treten nur lokal in grösseren Mengen auf und ihre Wirkungen auf die Vegetation sind deshalb weniger

*) Vgl. z. B. (Seite 90) das Vorkommen von sonst exclusiven Strandhalophyten im Inneren von Krakatau, wo die Concurrenz noch nicht existirt.

4. Andere leicht lösliche Salze. 5. Der Serpentin. IO3

bekannt. Das Vorhandensein grosser Mengen Alaun im warmen sumpfigen Boden der Solfataren auf Java und in Japan bedingt das Auftreten, mitten in Hygrophytengebieten, von xerophilen Pflanzen, welche nicht, wie auf Kochsalzboden, theilweise eigenthümlich, sondern aus den nächsten Standorten xerophiler Pflanzen zugewandert sind; theils sind es Gewächse, die sonst als Epiphyten auf trockener Rinde wachsen, theils Bewohner der kühlen trockenen alpinen Region. Die Factoren , welche xerophile Structur zur Lebensbedingung der Gewächse machen , sind offenbar dieselben wie beim Kochsalz : Erschwerte Wasseraufnahme und Schädlichkeit der Salze in den assimilirenden Zellen.1)

Salpeter ruft ebenfalls xerophile Structur hervor, jedoch erst bei höherer Concentration und auch dann noch in weniger ausgeprägter Weise als Kochsalz. Dieser Unterschied spricht zu Gunsten der Annahme, dass die starke Ausbildung der xerophilen Structur bei Kochsalzpflanzen theilweise Schutz gegen giftige Salzwirkungen liefern soll und daher früher eintritt, als bei dem erst in .höherer Concentration schädlichen Salpeter. Solche Concentrationen werden an nitratreichen Stellen in der Regel nicht erreicht, wenigstens für solche Gewächse nicht, welche, wie viele Solanaceen, Cruciferen, Chenopodiaceen, Fumaria, Sambucus nigra etc. die Neigung haben, in ihren Geweben Salpeter zu speichern und an solchen Stellen besonders luxurirendes Wachs- thum aufzuweisen pflegen. Die Nitratfelder Amerika's dagegen besitzen schon ihrer grossen Trockenheit wegen, eine entschieden xerophile Flora.

5. Der Serpentin.

Der Serpentin, ein überaus wenig lösliches Magnesiasilikat wirkt auf zwei Farnarten Mitteleuropa's, Asplenium viride und Asplenium Adiantum nigrum derart ein, dass sie in abweichende, eine Zeit lang für besondere Arten gehaltene Formen umgewandelt werden. Es ist Sadebeck gelungen, durch Cultur auf gewöhnlichem Boden, Rückkehr zur Stammform zu erzielen, jedoch erst in der sechsten Generation; dagegen blieb der Versuch, durch Cultur auf Serpentin die beiden Asplenia zur entsprechenden Gestaltänderung zu veranlassen, erfolglos. Es handelt sich demnach offenbar um eine ausserordentlich langsam vor sich gehende Beeinflussung. Die Abweichungen vom Typus sind anscheinend rein „morphologische" ohne jeden erkennbaren Nutzen für die Pflanze.

*) Vgl. Schimper L

104

V. Der Boden.

Asplenium adulterinum Milde, die Serpentinform des A. viride, nimmt in mancher Hinsicht eine Mittelstellung zwischen diesem und A. Trichomanes, z. B. dadurch ein, dass die Spindel unten braun, oben grün ist (Fig. 52.)

Seinen eigenartigen Habitus verdankt es der starken Convexität der Blättchen und der senk- rechten Lage derselben auf die Spindel ; die bei- den verwandten Formen haben längliche flache, der Spindel parallele Blättchen. Doch soll dieses Merkmal, nach Lürssen, nicht constant sein. Asplenium serpentini Tausch unterscheidet sich von dem typischen A. Adiantum nigrum durch an der Basis keilförmige Segmente und durch zartere, mehr krautige, glanzlose, nicht überwin- ternde Blätter.

Beide Formen müssen als ihrem Substrat vollkommen angepasst gelten, denn sie gedeihen auf demselben in grösster Menge und Ueppig- keit. Asplenium adulterinum verdrängt auf Ser- pentin beinahe ganz das gemeine Aspl. Tricho- manes, während die Stammform, Aspl. viride, nur ausnahmsweise beobachtet wurde; Das ty- pische Aspl. Adiantum nigrum scheint auf Serpen- tin ganz zu fehlen. So sagt Kalmus von dem Fundort bei Einsiedel in Bezug auf Aspl. adul- terinum und Aspl. Trichomanes, letzteres sei ihm wie ein ganz kleines Völkchen erschienen, welches von dem weit überlegenen Nachbar und Stammesgenossen nur auf Gnade und Un- gnade geduldet wurde und Milde berichtet über dieselbe Pflanze: „Das erste, was mir auffiel, war die bedeutende Dichtigkeit des Wachsthums, theils bewirkt durch die grossen Mengen, theils aber auch durch die colossalen Stöcke, welche die Pflanze oft bildet. Nie habe ich bei A. viride und A. Trichomanes nur im entferntesten eine solche Massenhaftig- Fig. 52. Asplenium adulterinum. keit des Wachsthums beobachtet . . . .". (Sade- Nat. Gr. Nach Lürssen. beck, 1. c).

6. Der Galmei.

Die Wirkungen grosser Mengen schwerlöslicher Zinkerze (Zink- carbonat und Kieselzinkerz, gewöhnlich als Galmei zusammengefasst) auf die Gewächse sind denjenigen des Serpentins insofern ähnlich, als sie ebenfalls bei einzelnen Pflanzen, in diesem Falle Viola lutea und

6. Der Galmei.

I05

Thlaspi alpestre erbliche Veränderungen hervorrufen, deren physio- logischer und ökologischer Zusammenhang mit der Beschaffenheit des Substrats sich jeder Deutung entzieht. Die so modificirten Pflanzen wachsen auf Zinkboden in grosser Menge und Ueppigkeit und über- schreiten dessen Grenze nicht.

Das Galmeiveilchen , Viola calamina- ria Lej. (V. lutea var. multicaulis Koch) (Fig. 52) unterscheidet sich von den an- deren Formen der V. lutea durch die reiche Verzweigung, die längeren Stengel, die kleineren, übrigens in der Grösse sehr schwankenden Kronen. Bei Thlaspi calaminarium Lej. et Court, sind die Kron- blätter breiter als in der Stammform, viel länger als der Kelch, die Staubfäden kürzer als dieser. Der Zinkgehalt des Bodens hat also bei der einen Form Vergrösse- rung, bei der anderen Verkleinerung der Krone bewirkt.

Ausser seiner Einwirkung auf die Aus- bildung einzelner Arten ist der Galmei- boden auch durch die systematische Zu- sammensetzung seiner Flora vor anderen benachbarten Standorten ausgezeichnet. Viola lutea fehlt im Rheinland gänzlich und zeigt sich erst in der Umgebung von Lüttich. Alsine verna, ebenfalls auf dem Galmeiboden von Aachen häufig, ist von ihren übrigen Wohnorten noch weiter ge- trennt. Armeria vulgaris ist bei Aachen an Zinkboden gebunden und Silene inflata var. glaberrima fallt durch massenhaftes Auftreten und grosse Ueppigkeit an den zinkreichsten Stellen auf.

Die Pflanzen des Galmeibodens sind in ihren sämmtlichen Theilen zinkhaltig. Risse fand bei Thlaspi calaminare 13, i2°/0 Zink- oxyd in der Asche der Blätter, während der Gehalt der Asche an Zink, von Wurzel, Stengel und Blüthen mit 1,66, 3,28 und 3,24% resp. bestimmt wurde. Bei Viola calaminaria und Armeria vulgaris fand Risse die grösste Menge Zinkoxyd in der Wurzel (1,52, resp. 3,58°/0 der Asche).

Fig- 53« Viola lutea var. calaminaria. Auf die Hälfte verkl.

7. Das Kalkcarbonat.

§ I . Wirkungen des Kalkcarbonats auf Stoffwechsel und Structur der Pflanze. Unter den Kalkverbindungen des Bodens befinden sich

IOÖ V. Der Boden.

wichtige Nährsalze der Pflanze, wie die Kalksalze der Salpeter-, Phos- phor- und Schwefelsäure, unlösliche, völlig indifferente Körper, wie die Kalksilikate (Labrador, Kalkgranat etc.) und ein Salz, welches, ohne zu den Nährstoffen der Pflanze zu gehören, doch deren Stoffwechsel und, in Folge dessen, Charakter und Gliederung der Pflanzendecke be- einflusst, der kohlensaure Kalk.

An Kohlensäure gebunden kommt der Kalk in der Natur als un- lösliches, neutrales Kalkcarbonat C08Ca und als lösliches Doppel- carbonat, C2OflH2Ca1) vor. Das erstere Salz kann, wegen seiner Un- löslichkeit, in die Pflanze nicht eindringen: dagegen wird das saure Salz, welches durch die Einwirkung kohlensäurehaltigen Wassers auf das neutrale entsteht und daher steter Begleiter desselben im Boden ist, wie Wasserculturen zeigen, von der Pflanze aufgenommen und dürfte wahrscheinlich unzersetzt bis in die Wasserbahnen gelangen, dessen Saft Kalkcarbonat zu enthalten pflegt. Hingegen ist es sehr wahrschein- lich, dass das in den Zellmembranen activer Pflanzenorgane, oft reich- lich aufgespeicherte Kalkcarbonat, z. B. dasjenige der Cystolithen, nach- träglich aus anderen Kalkverbindungen, z. B. aus dem in Zellmembranen stets vorhandenen Kalkpektat2) oder durch Umsetzung aus den kalk- haltigen Nährsalzen (Nitrat, Sulfat, Phosphat) nachträglich entsteht. Die Kalküberzüge vieler grüner Wasserpflanzen sind dagegen mit Sicherheit auf Umsetzung des Doppelcarbonats und Fällung des unlöslichen neu- tralen Salzes in Folge der Assimilation zurückzufuhren.8)

Kalkcarbonat ist in allen Böden und in allen Gewässern enthalten und wird in geringer Menge von allen Pflanzen ertragen. Eine nach- weisbare Beeinflussung der physiologischen Vorgänge ist in solchen Fällen nicht vorhanden. Hingegen ist eine kalkreiche Nähr- lösung für manche Pflanzenarten giftig, während sie von anderen theils mehr, theils weniger gut ertragen wird. Diejenigen Pflanzen, welche grosse Mengen Kalkcarbonat ertragen, werden durch solche ebenfalls in ihrem Stoff- wechsel beeinflusst und erfahren dadurch häufig sicht- bare structurelle Veränderungen. Kalkcarbonat verhält sich demnach ähnlich wie Chlornatrium, Serpentin und die Galmeisalze.

Die Giftigkeit des kohlensauren Kalks für viele Pflanzen ist am leichtesten in der Wasservegetation festzustellen. Zufuhr kalkreichen Wassers genügt z. B., wie es schon Sendtner nachwies, um in kurzer

*) Nach anderer Anschauung soll das Doppelcarbonat in der Natur nicht vorkommen, kalkhaltiges Wasser soll vielmehr einfaches Kalkcarbonat und freie Kohlensäure enthalten. Die Frage ist für die Pflanzengeographie ohne Bedeutung.

8) Die Bildung des Kalkpektats in activen Zellen ist gewiss auf ähnliche Vorgänge zurückzuführen wie diejenige des Kalkoxalat, Kalkmalat u. s. w. Vgl. Schimper.

a) Pringsheim.

7. Das Kalkcarbonat. 107

Zeit die Sphagnum-Arten zu tödten und ist für andere Wassermoose ein nicht minder heftiges Gift. Das gleiche scheint, nach ihrem con- stanten Fehlen in kalkreichem Wasser zu schliessen, von vielen, sonst gemeinen Algen zu gelten. Viele Pflanzen des Festlandes sind kaum weniger empfindlich. So genügt, nach Christ, das blosse Begiessen mit kalkreichem Wasser, um die meisten Begleiter der Torfmoose in Hoch- mooren, z. B. Drosera, in kurzer Zeit zu tödten. Von Pflanzen anderer Standorte verhalten sich, nach demselben Forscher, Blechnum spicant, Allosoms crispus, Saxifraga aspera, Phyteuma hemisphaericum, Andro- sace carnea und viele anderen ganz ähnlich. Kerner cultivirte verschie- dene Pflanzen, die auf Kalkboden nie vorkommen, auf kalkreichem Substrat: „Sie kränkelten und starben alsbald, ohne geblüht zu haben." Unter den Bäumen ertragen z. B. die Edelkastanie und Pinus Pinaster eine kalkreiche Bodenlösung nicht; auf die erstere soll, nach Chatin, bereits ein dreiprocentiger Kalkgehalt des Bodens tödtlich wirken.

Diejenigen Pflanzen, welche grosse Mengen Kalk ertragen, ver- danken, ähnlich wie die Salzpflanzen, diese Eigenschaft einer Accomo- dation, welche, wie bereits erwähnt, oft mit sichtbaren structurellen Modificationen verknüpft ist. Der Zusammenhang zwischen solchen Veränderungen und dem Einfluss des Kalkes lässt sich ebensowenig, sei es causalphysiologisch, sei es ökologisch erklären, als bei den Ver- änderungen, die Kochsalzlösungen bei Algen hervorgerufen oder bei der eigenartigen Rassenbildung gewisser Pflanzenarten auf Galmei- und Serpentinboden. Vielleicht darf man, wie schon erwähnt, auch gewisse Veränderungen durch parasitische Pilze (Euphorbia, Anemone etc.) zu derselben Categorie chemischer Beeinflussungen rechnen.

Die ersten experimentellen Untersuchungen über den Einfluss des Kalkes auf die Pflanzenstructur wurden von Bonnier ausgeführt, nach- dem derselbe beobachtet hatte, dass Ononis Natrix auf kalkarmem Boden eine andere Physiognomie besitzt als auf Kalkboden, welch' letz- teren sie gewöhnlich vorzieht.

Um festzustellen, ob es sich bei diesem Unterschied um den Ein- fluss des Kalkes handelte, wurden von Bonnier vergleichende Cultur- versuche, bei welchen Samen eines und desselben Stockes zur Ver- wendung kamen, auf kalkarmem (*/, Sand , x/2 Thon) und kalkreichem (78 Kalk, 1js Sand) Boden angestellt. Die resultirenden Pflanzen waren je nach der Beschaffenheit des Substrats von ungleichem Aussehen. Sie bekamen auf dem kalkreichen Boden höhere, weniger ausgebreitete Büschel, breitere Blätter, kürzere Kelchblätter und eine andere Färbung als auf dem kalkarmen Boden. Auch histologische Unterschiede liessen sich nachweisen. Die kalkarmen Pflanzen besassen ein verholztes Mark, zahlreiche Fasern und dichtes Palissadengewebe in ihren Blättchen,

108 V. Der Boden.

während die auf Kalkboden gewachsenen ein unverholztes Mark, weniger zahlreiche Fasern und lockeres Palissadengewebe aufwiesen.

Zahlreiche Beobachtungen an natürlichen Standorten, namentlich solche von Fliehe und Grandeau, haben ebenfalls eine deutliche Ein- wirkung des Kalkes auf die Pflanzenstructur erwiesen.

Fliehe und Grandeau beobachteten bei der Robinia Pseudacacia (Boden- vag) des Waldes von Champfe'tu, je nachdem dieselbe auf kalkreichem oder auf kalkarmem Boden gewachsen war, folgende Unterschiede: Das Holz nimmt auf kalkarmem Boden nach dem siebenten, auf Kalkboden nach dem neunten Jahre braune Färbung an. Die Rinde ist auf ersterem dünner und dichter, der Splint hellbraun, während er auf Kalk gelblich ist, die Gefasse sind zahlreicher und breiter. Im Holzparenchym ist Stärke auf kalkarmem Boden reichlicher, Albuminate auf Kalk reichlicher. Die Hülsen sind auf ersterem länger und namentlich breiter, von hellerer Färbung als auf Kalk.

Masclef untersuchte Exemplare von Pters aquilina, die in nächster Nähe von einander auf Kalk- und Thonboden gewachsen waren. In ersterem waren die Rhizome kürzer, mit zahlreicheren, dichteren Wurzeln versehen, ihr Reserve- parenehym war schwächer, ihre Schutzgewebe stärker entwickelt.

Timbal-Lagrave und Malinvaud fanden, dass Asclepias Vincetoxicum auf Kalk und auf kalkarmem Boden durch ungleiche Standortsvarietäten oder Rassen vertreten ist

Hilgard hat über den Einfluss des Kalkes auf die Gestaltung der Pflanzen ausgedehnte Beobachtungen in Nordamerika angestellt. So sind Quercus ferruginea und Q. obtusifolia auf Sandboden und schwarzem Prärieboden niedrig, auf Kalkboden hochstämmig und von abweichender Verzweigung. Hoher Kalkgehalt fördert nach demselben die Tragfähigkeit mancher öko- nomischer Gewächse, namentlich der Baumwolle.

Untersuchungen über die Natur des Einflusses des kohlensauren Kalkes auf den pflanzlichen Stoffwechsel liegen bis jetzt nur wenige vor. Doch bezeichnen die kritisch angelegten und umfangreichen Versuche von Fliehe und Grandeau einen wesentlichen ersten Schritt in der an- gedeuteten Richtung.

Die Untersuchungen wurden im Walde von Champfötu bei Sens angestellt, wo auf einem Areal beschränkter Ausdehnung Kalkboden (Kreide) und Kiesel- boden (Sand und sandiger Thon) mit einander abwechseln, indem der Thon und Sand als tertiäre Ablagerungen der Kreide aufliegen und bald eine dicke, bald eine dünne Schicht bilden, oder auch abgewaschen sind. Das unter- suchte Gebiet wurde mit verschiedenartigen Waldbäumen bepflanzt, welche zum grössten Theile auf jedem Substrat gleich gut gediehen sind , wie Pinus silvestris, Pinus Laricio, Lärche, Weisstanne, Fichte, Eiche, Birke etc., während die ebenfalls angepflanzten Strandkiefern und Edelkastanien auf dem kalk- armen Boden in grosser Ueppigkeit wuchsen, auf dem Kalkboden aber küm- merlich blieben und bald zu Grunde gingen; letzteres um so schneller, als die kalkarme obere Schicht dünner war. Da wo letztere fehlte, konnten beide Bäume überhaupt gar nicht am Leben bleiben.

7. Das Kalkcarbonat. IOO

Ausser durch krüppelhaftes Wachsthum und Absterben eines grossen Theiles ihrer Zweige, unterschieden sich die Kastanien und Strandkiefern des Kalks von denjenigen des Kieselbodens durch geringere Grösse und mehr gelbliche, bei der Kastanie z. Thl. weisse Farbe ihrer Blätter. So hatten die Nadeln der Kiefer auf Kieselboden eine Länge von 0,175 m bis 0»I^7 m und 2 mm Breite; auf Kalkboden schwankte die Nadellänge zwischen 0,092 m und 0,111 m während die Breite 1,5 mm betrug. Bei der Kastanie waren auf Thon- und Sandboden die Blätter bis 0,253 m lang und 0,072 m breit, auf Kalkboden aber höchstens 0,149 m ^ang und 0,056 m breit; diejenigen der Zweigenden waren viel kleiner, oft verkümmert, nahezu weiss.

Die Analyse der Böden, auf welchen die Exemplare von Pinus Pinaster gesammelt wurden, deren Aschenzusammensetzung nachher mitgetheilt werden soll, ergab folgendes:

Kieselthonboden Kalkboden

Obergrund Untergrund Obergrund Untergrund

Wasser 1.75 1.66 2.90 2.46

Organische Stoffe . . . 5.50 2.84 6.53 5.39

Kalk 0.35 0.20 3.25 24.04

Magnesia 0.38 0.47 0.47 1.3 1

Kali 0.07 0.03 0.04 0.16

Natron 0.06 0.04 0.03 0.07

Phosphorsäure .... 0.64 0.42 0.29 0.18 Rest (Kiesels., Thonerde,

Eisenoxyd) . . . 90.55 92.70 83.00 46.80

Kohlensäure .... 0.70 1.64 3.54 19.54

100 100 100 100

Bei den Analysen der Asche der auf diesen Böden gewachsenen Strand- kiefern kamen ungefähr gleiche Volumina Holz, Rinde und Blätter zur Ver- wendung. Vergleichsweise wurde die kalkholde Pinus Laricio des Kalk- bodens mit analysirt

Pinus Pinaster P. Laricio

Kieselb.

Kalkb.

Phosphors. . .

9.00

9.14

"•33

Kiesels. . . .

9.18

6.42

714

Kalk . . . .

40.20

56l4

49.13

Eisenoxyd .

3.83

2.07

3-29

Magnesia

20.09

18.80

13.49

Kali . . .

16.04

4.95

i356

Natron . .

1.91

2.52

2.24

Zusammen .

. 100.25

100.04

100.18

Aschengehalt °j{

> 132

i-535

2.45

Die analysirten Kastanien wuchsen auf den gleichen Böden, wie die Strand- kiefer. Hier kamen Blätter und Holz getrennt zur Untersuchung.

IIO

V.

Der Boden.

Castanea vesca.

Blätter

Holz

Kieselb.

Kalkb.

Kieselb.

Kalkb.

Kieselsäure

5-79

1.46

3.08

1.36

Phosphorsäure .

12.32

12.50

4-53

4.27

Kalk. . . .

45-37

74.55

73.26

87.30

Magnesia . .

6.63

3-70

3-99

2.07

Kali ....

21.67

5-76

11.65

2.69

Natron . . .

3.86

0.66

0.00

0.28

Eisenoxyd .

1.07

0.83

2.04

1.27

Schwefelsäure . .

2.97

0.00

1-43

0.64

Chlor . . .

0.30

0.52

0.08

Zusammen . .

. 99.98

99.98

99.98

99.96

Asche in °/0

4.80

7.80

4.74

5.71

Was in diesen Tabellen zunächst auffällt, ist der grosse Unterschied im Gehalt an Kalk und Kali. Die auf Kieselboden ge- wachsenen Bäume sind viel reicher an Kali und viel ärmer an Kalk als diejenigen des Kalkbodens.

Die Verfasser ziehen aus diesen Befunden den Schluss, dass Kalk- reichthum des Bodens die Au fn ahme des Kali beeinträchtigt, während es diejenige des Kalks befördert und hiermit einen anomalen, für die Pflanze schädlichen Zustand schafft.

Bedeutsam ist vielleicht auch der Unterschied der Aschen im Gehalt an Eisenoxyd, obwohl er wegen der geringen in Betracht kommenden Menge weniger auffallt. Strandkiefer und Kastanie sind, namentlich in ihren Blättern, auf Kalkboden viel ärmer an Eisenoxyd als auf Kieselboden. Zieht man dabei den geringeren Gehalt der Blätter an Chlorophyll auf Kalkboden in Betracht, so wird man mit Wahrscheinlichkeit schli essen dürfen, dass bei kalkfeindlichen Pflanzen, die auf Kalkboden wachsen, die Aufnahme des Eisens, bezw. seine Fortleitung beeinträch- tigt, und damit die Chlorophyllbildung eine Einbusse er- fährt Auch Contejean hat unter solchen Umständen stets gelbliche Färbung beobachtet, so bei Sarothamnus, Ulex, Calluna, Anthoxanthum Puellii.

Die physiologischen Ursachen des schädlichen Einflusses des Kalk- carbonats auf gewisse Pflanzenarten sind durch die Untersuchungen von Fliehe und Grandeau unserem Verständniss näher gerückt ; dagegen bleibt das ungleiche Verhalten der Arten ganz unerklärt. Eine Affinität der „kalkholden" Gewächse zum Kalkcarbonat, ähnlich der- jenigen der Halophyten zum Chlornatrium, der Nitrophyten zum Salpeter scheint hier nicht in Betracht zu kommen; die von den einzelnen Pflanzenarten aus demselben Boden aufgenommenen Kalk- mengen sind zwar in der Regel sehr ungleich, aber ohne merklichen Zusammenhang mit der grösseren oder geringeren Fähigkeit, auf kalk- reichem Substrat zu gedeihen.

7. Das Kalkcarbonat. III

So wachsen z. B. im künstlichen Wald von Champfötu auf kalkarmem Boden (0,35 °/0 CaO) gemeinschaftlich der in der Natur Kalkholde Cy- tisus Laburnum, mit 27,1 5 °/0 CaO), der kalkfeindliche Ulex europaeus mit 25,97 CaO, der ebenfalls kalkfeindliche Sarothamnus scoparius mit 25,03 CaO, und die indifferente Robinia Pseudacacia mit 58,97% CaO in der Asche. Zieht man in Betracht, dass der Goldregen nur die halbe Aschenmenge der übrigen Arten enthält, so ergiebt sich, dass derselbe, obwohl kalkhold, kalkärmer ist als seine kalkfeindlichen Ver- wandten.

§ 2. Kalkboden und Florencharakter. Die Flora einer Gegend, deren Krume theils aus sehr kalkarmen Gesteinen wie Granit, Sand- stein oder Schiefer, theils aus kalkreichem Gesteine hervorgegangen ist, zeigt einen sofort in die Augen fallenden Unterschied in der floristischen Zusammensetzung der Vegetationsdecke beider Bodenarten, obwohl viele Gewächse sowohl das kalkreiche , wie das kalkarme Substrat bewohnen. Streng an kalkarmen Boden gebunden sind z. B. in Deutschland: Calluna vulgaris, Vaccinium Myrtillüs, Sarothamnus scoparius, Scleranthus perennis, Rumex Acetosella, Digitalis purpurea, während man u. a. folgende Arten nur auf Kalkboden antreffen wird : Prunus Mahaleb, Aster Amellus, Hippocrepis comosa, Teucrium montanum, T. botrys, Globularia vulgaris, Epipactis rubiginosa etc. Manche Arten zeigen nur eine ausgesprochene Vorliebe für die eine oder die andere Bodenart, ohne sich so streng an dieselbe zu halten. So zeigt sich der so gemeine Adlerfarn nur selten auf Kalkboden, Anthyllis Vulneraria und Scilla bifolia selten auf kalkarmem Boden, wobei als kalkarm ein Boden zu bezeichnen ist, der weniger als 3°/0 Kalk enthält.

Nach dem im Vorhergehenden nachgewiesenen schädlichen Einfluss des Kalkcarbonats auf gewisse Pflanzenarten, ist das Fehlen der letzteren auf kalkreichem Substrat wohl verständlich. Nicht minder begreiflich erscheint es, dass manche Arten, obwohl nicht besonders kalkbedürftig, auf Kalkboden beschränkt sind. Aehnlich wie die Halophyten, sind es Flüchtlinge des Kampfes ums Dasein, die sich auf Kieselboden gegen stärkere Concurrenten nicht zu behaupten vermögen, aber Kalkboden besser als sie vertragen.

Dass der eigenartige Florencharakter des Kalk- bodens in erster Linie mit dessen chemischen Eigen- schaften zusammenhängt, wäre nie in Zweifel gezogen worden, wenn die gleichen Pflanzenarten immer gleiches Verhalten zeigten; dieses ist jedoch nur in beschränktem Maasse der Fall. Nur solche Arten, für welche der Kalk giftig ist, bleiben von Kalkboden constant fern. Im Uebrigen ist der Unterschied zwischen Kalkflora und Kieselflora nicht

112 V. Der Boden.

constant, wie zwischen Halophyten und Nichthalophyten, sondern nach dem Gebiet wechselnd. In einer Gegend mit verschiedenen Bodenarten, aber sonst gleichen Existenzbedingungen der Vegetation werden sich stets bestimmte Pflanzenarten nur auf Kalkboden, andere nur auf Kieselboden zeigen, während eine dritte Gruppe mehr oder weniger indifferent sein wird. Listen der drei Gruppen in dieser einen Gegend werden für eine zweite Gegend nur theilweise ihre Gültigkeit bewahren. Manche kalkscheue Art der ersten Gegend ist in der zweiten kalkhold, oder umgekehrt und viele der in einer Gegend bodensteten Arten zeigen sich in einer anderen auf jeder Bodenart.

Beispielsweise fand Bonnier, dass die Listen der mehr oder weniger bodensteten Arten, die für die Schweizeralpen aufgestellt worden sind, im Dauphin^ keine volle Gültigkeit mehr besassen. Noch weniger lassen sich dieselben auf die Karpathen oder auf Skandinavien über- tragen. So bevorzugt die Lärche in der Schweiz und in Tirol das kalkarme Urgestein und ist auf Kalk selten, während sie in Baiern und Salzburg ganz allgemein auf Kalkboden, aber nicht auf Kiesel- boden vorkommt und in den Karpathen gleichmässig auf allen Boden- arten wächst.

Die Literatur weist eine ziemlich grosse Anzahl ähnlicher Fälle auf: „Pinus montana Mill. ist in ihren Formen uncinata und Pumilio eine ent- schiedene Kalkpflanze, sie wechselt dort (d. h. in den Schweizeralpen) auf- fallend je nach der Unterlage mit Alnus viridis. Die Legföhre bildet auf den Geröllhalden der Kalkgebirge ihre Buschwälder, während die Erle die Abhänge des Urgebirges bekleidet. In den Karpathen hingegen ist das Krummholz bodenvag." (Christ). Folgende Arten sind nach Wahlenberg in den Karpathen kalkstet, in der Schweiz nach Christ bodenvag : Dryas octopetala, Saxifraga oppositifolia, die meisten Alpenleguminosen, Gentiana nivalis, G. tenella G. verna, Erica carnea, Chamaeorchis alpina, Carex capillaris. Bupleurum stellatum und Phaca alpina sind in den Karpathen kalkstet, in der Schweiz kieselhold. Geum reptans ist nach Bonnier in Savoien (Mt. Blanc) exclusive Kalk-, im Dauphin^ exclusive Kieselpflanze; in der Schweiz scheint sie boden- vag zu sein.

Angesichts solcher Erscheinungen, welche sich mit jeder Unter- suchung vermehrten, so dass die Zahl der wirklich bodensteten Arten mehr und mehr zusammenschrumpfte, fing man in der Mitte des Jahr- hunderts an, allmählich einen chemischen Einfluss des Bodens auf den Florencharakter in Zweifel zu ziehen und die Unterschiede der Kalk- und der Kieselflora auf physikalische Factoren zurückzuführen. Der aus- gezeichnete schweizerische Forscher Thurmann siegte eine Zeit lang mit seiner „physikalischen Theorie", welche den chemischen Einfluss nicht bloss der Kieselsäure, sondern auch des Kalkcarbonats vollständig ver-

7. Das Kalkcarbonat. j j 3

neinte und die Unterschiede der Flora ausschliesslich auf solche der Feuchtigkeit und des Aggregatzustandes des Bodens zurückführte.

Thurmann theilte die Gesteine ein in eugeogene, welche einen reichen Detritus liefern, und dysgeogene, welche nur wenig oder gar nicht in Detritus zerfallen. Die Hygrophyten sind an eugeogenen, die Xerophyten an dysgeogenen Boden gebunden. Nach der physikalischen Beschaffenheit des Detritus unterschied Thurmann weiter pelogene Bodenarten, von sehr fein- körniger, erdiger Beschaffenheit und psammogene, von mehr oder weniger grobkörniger, sandiger Beschaffenheit. Nach dem Grade ihrer Zertheilung wurden die pelogenen Böden weiter eingetheilt in perpelische, hemi- pelische, oligopelische und die psammischen ganz ähnlich in per- psammische u. s. w. Zwischenformen beider Hauptgruppen wurden als pelopsammisch unterschieden.

Die sogenannten Kieselpflanzen sind nach Thurmann Hygrophilen; die Kalkpflanzen Xerophilen. Nicht die Anwesenheit von Kieselsäure oder Kalk, sondern diejenige grösserer oder geringerer Wassermengen ist für ihr Auftreten maasgebend, während die anderen physikalischen Unterschiede feinere Nuancen in der Zusammensetzung der Pflanzendecke hervorrufen sollen.

Dass die eben kurz skizzirte Theorie sich lange Zeit so allgemeiner Zu- stimmung erfreute und die chemische beinahe in Vergessenheit geriet, wurde von Nägeli, der 1865 zu Gunsten der letzteren in einer geistreichen Ab- handlung auftrat, wesentlich auf den Umstand zurückgeführt, dass „die Be- hauptungen der physikalischen Theorie sich in einer gewissen Unbestimmtheit bewegen, so dass die Kritik nirgends eine feste Handhabe zur Widerlegung hat, und nichts schwieriger ist, als eine vage Vorstellung zu berichtigen."

Dennoch sind Nägeli viele Bekehrungen nicht gelungen, wohl schon des- halb nicht, weil die besseren Kräfte beinahe ganz durch die Laboratoriumarbeit in Anspruch genommen waren, während die anderen solchen allgemeinen Fragen damals glücklicherweise fern blieben. Erst seit 1880 hat es wieder angefangen, auf dem Gebiete rege zu werden, mit dem Ergebniss, dass die sogenannte chemische Theorie, gestützt auf eine richtige Auffassung des Problems sowie durch ein besseres Material an Beobachtungen in der Natur, sowie Bodenanalysen und Culturen, jetzt unerschütterlich feststeht.

Eine Hauptursache des Discredits, in welchen die chemische Theorie ge- rathen war, ist in der damals herrschenden falschen Auffassung des Boden- einflusses zu suchen. Es wurde angenommen, dass die Kalkpflanzen des Kalks, aber nicht der Kieselsäure, die Kieselpflanzen dagegen der Kieselsäure, aber nicht des Kalks zur Ernährung bedurften. Es braucht nicht mehr betont zu werden, dass solche Anschauungen, welche merkwürdigerweise jetzt noch von einigen Pflanzengeographen gehegt werden, der Wirklichkeit nicht ent- sprechen.

Die Unhaltbarkeit der sogenannten physikalischen Theorie ergiebt sich schon mit grösster Sicherheit daraus, dass auch bei gleichen physi- kalischen Eigenschaften des Substrats, die Flora nach dessen chemischen Eigenschaften wechselt. Auf den Felsen eines Stromes im kalkarmen Granitgebirge wird man nach Boulay z. B. beobachten: Hypnum dila-

Schimper, Pflanxengeographie. 8

1 14 V. Der Boden.

tatum, H. ochraceum, Brachythecium plumosum, Amblystegium irriguum, Fontinalis squamosa , Rhacomitrium aciculare , Pterigophyllum lucens. Vergeblich wird man nach diesen Arten im Kalkgebirge suchen. Hin- gegen wird man in den Gewässern des letzteren viele dem Kiesel- gestein fehlende Arten, z. B. solche von Cinclidotus finden.

Nicht minder wesentlich verschieden ist in kalkreichem und kalk- armem Wasser die Algenflora, auch die freischwebende (z. B. die Desmidiaceen).

In allen solchen Fällen kann der Unterschied nur mit dem Kalk- gehalt des Wassers zusammenhängen, denn die physikalische Beschaffen- heit des Substrats ist für die oberflächlich befestigten Moose gleich- gültig und kommt für freischwebende Algen erst recht nicht in Betracht.

Sehr instructiv ist auch der Unterschied in der Flora von Hoch- und Wiesenmooren. In beiden Fällen ist das Substrat Torf, im ersten Falle aber ist es von kalkarmem, im letzteren Falle von kalkreichem Wasser durchtränkt. Die Flora beider Moore ist aber eine sehr un- gleiche. Nur auf Hochmooren findet man Sphagnum , Viola palustris, Spergula pentandra, Drosera, Vaccinium uliginosum und V. Vitis idaea, Calluna vulgaris, Rhododendron ferrugineum, Pedicularis silvatica, Carex dioica, Aira flexuosa, Pteris aquilina etc. etc., nur auf Kalkmooren hin- gegen: Spergula nodosa, Pedicularis palustris, Erica carnea, Primula auricula, Carex Davalliana, Sesleria coerulea etc.

Grosse Unterschiede zeigen sich auch zwischen den Moosen und Flechten, die an der Oberfläche von Felsen wachsen, je nachdem diese kalkarm oder kalkreich sind, während für die meisten, wenn auch nicht für alle Arten, die physikalische Beschaffenheit irrelevant ist. So sind die Arten von Andraea sämmtlich kalkfeindlich, ferner viele Arten von Rhacomitrium, Grimmia, Dicra- num etc., während schon aus der Anwesenheit bestimmter anderer Formen, namentlich solcher von Barbula, Pottia, Desmatodon, Encalypta, Gymnosto- mum etc. mit Sicherheit auf Kalkstein als Unterlage geschlossen werden darf. Viele Flechten der Felsen zeigen eine ähnliche Abhängigkeit von der che- mischen Beschaffenheit der Unterlage, während für andere, namentlich sich sehr langsam entwickelnde, grosse Dauerhaftigkeit des Substrats, also eine physikalische Eigenschaft, maassgebend sein soll. Flechten der letzteren Art findet man vorwiegend auf Granit oder Porphyr, aber auch auf sehr festem krystallinischem Kalkgestein.

Ein Quarzsand besitzt ganz ähnliche physikalische Eigenschaften wie ein krystallinischer Kalksand, und doch haben beide ihre durchaus charakteristischen Moose, ersterer z. B. Brachythecium albicans, letzterer Barbula inclinata. Nicht weniger verschieden ist die Moosflora des Lehms, je nachdem derselbe kalk- arm oder kalkreich ist, obwohl die physikalischen Eigenschaften nur wenig verschieden sind. So lernte Sendtner Ephemerum serratum, Phascum crispum,

') C. fontinaloides ist nach Limpricht in Schlesien kalkscheu.

7. Das Kalkcarbonat 1 1 5

Pleuridium subulatum etc., als so kalkfeindlich kennen, dass er ihr Dasein als geeignet hielt, einen zur Ziegelbrennerei geeigneten Lehm anzuzeigen.

Die die Basis der ganzen physikalischen Bodentheorie bildende Annahme, dass die Kalkpflanzen xerophil, die Kieselpflanzen hyprophil seien, entbehrt jeder Annahme. Kalkreiche und kalkarme Gewässer sind auch physiologisch gleich nass, Hochmoore und Wiesenmoore gleich feucht. Aber auch auf erdigem Boden giebt es Hygrophilen auf Kalkboden, Xerophilen auf kalkarmem Boden. Ja, auf Basalt kehrt sich das Verhältniss geradezu um, indem die Kieselpflanzen dann das wenig zersetzte Gestein als Xerophyten, die Kalkpflanzen die Feinerde als Hygrophyten bewohnen. Beispiele von ausgesprochenen Hygrophilen des Kalkbodens sind z. B. : Ranunculus lanuginosus , Arabis alpina, Moehringia muscosa, Bellidiastrum Michelii, Campanula pusilla etc.

Grösste Abhängigkeit von der chemischen Beschaffenheit des Sub- strats contrastirt manchmal sogar in auffallendster Weise mit grösster Gleichgültigkeit in Bezug auf die rein physischen Bedingungen. So schreibt Schultz: „Eine Reihe von Pflanzen hat die Eigenschaft, auf jedem Standorte, vom dürrsten Felsboden bis zur sumpfigen Torfwiese leben zu können. Die meisten von diesen sind eigenartigerweise kalkbedürftig, z. B. Polygala comosa, P. amara, Astragalus danicus, Phyteuma orbicu- lare, Gentiana cruciata, Prunella grandiflora, Orchis militaris, Carex flacca etc." (1. c. p. 43) So wächst nach Boulay Hypnum chrysophyllum an allen kalkreichen Standorten, in Sümpfen, auf Dolömitsand, auf trockenen Steinen und auf Wiesen. Hingegen wachsen Grimmia leuco- phaea und Gr. trichophylla auf beinahe allen von Thurmann unter- schiedenen Bodenarten, unter der einzigen Bedingung, dass sie kalkarm sind. Achillea moschata und A. atrata, die in den Gegenden, wo sie gemeinschaftlich wachsen, ausgesprochen bodenstet sind, erstere auf Kieselboden, letztere auf Kalkboden, sind in Bezug auf die physikalischen Eigenschaften ganz bodenvag.

Nach dem Gesagten muss in den chemischen Eigenschaften des Bodens allein oder doch in erster Linie die Ursache des Unterschieds zwischen Kalk- und Kieselflora liegen. Auch hier muss daher der Schlüssel der räthselhaften Erscheinung, dass die gleiche Pflanzenart nach der Gegend ungleiches Verhalten der chemischen Bodenbeschaffenheit gegenüber zeigt, gesucht werden. Die Ursache solches un- gleichen Benehmens ist offenbar dadurch bedingt, dass eine auf kalkreichem Substrat gewachsene Pflanze, wie oben(S. I07u.f.) gezeigt wurde, einen anders beschaffenen Organismus darstellt und daher andere physiologische Eigenschaften und eine andere Oekologie besitzt, als eine auf kalkarmem Substrat gewachsene.

Ungleiche pflanzliche Organismen verhalten sich

8*

n6

V. Der Boden.

aber, sogar oder vielmehr gerade bei sehr naher Ver- wandtschaft, äusseren Einwirkungen gegenüber ungleich. Was der Kalkform einer Art zu gute kommt, wird daher oft die Kiesel- form weniger begünstigen oder ihr sogar schaden. Die äusseren Bedingungen wechseln aber nach den Gegenden.1) In einer Gegend ist die Kieselform, in einer anderen die Kalk form den Bedingungen besser angepasst, während in einer dritten Gegend beide Formen sich im Kampf ums Dasein zu erhalten vermögen. Dementsprechend ist ein und dieselbe Art im ersten Gebiet kalkscheu,

im zweiten kalk- hold, im dritten bodenvag. >^Ci / /,- W \lm* E*n instructives Bei-

spiel der ungleichen physiologischen Eigen- schaften der Kalkform und Kieselform derselben Pflanzenart zeigt z. B. Pinus uncinata. Als Kalk- form sucht diese Kiefer, wenigstens in der Schweiz und in Baiern, trockenes Gerolle auf, während sie als Kieselform steinige, trockene Standorte flieht und nur in Mooren vor- kommt. In anderen Ge- bieten, bei anderem Klima werden möglicherweise die beiden Formen an- deres Verhalten zeigen. Nägeli und Christ haben für nahe verwandte Arten von Gentiana, Achillea und Rhododendron nachgewiesen, dass nahe übereinstimmende pflanzliche Organismen sich in Bezug auf die chemische Qualität des Substrats sehr ungleich verhalten. So ist z. B. in der Schweiz Gen- tiana acaulis kalkhold, während die nahe verwandte und meist nur als Varietät der ersteren aufgeführte Gentiana excisa kalkscheu ist (Fig. 54); ganz exclusiv ist keine von beiden. Aehnliche, allerdings

Fig. 54. 1 Gentiana excisa Presl. Kalkscheu. 2 Gentiana acaulis L. ex p. Kalkhold. a/3 nat Gr.

l) Die ausserordentlich grosse Empfindlichkeit des pflanzlichen Organismus gering- fügigen äusseren Einflüssen gegenüber geht u. A. aus Wettstein's schönen Untersuchungen über Gentiana und Euphrasia hervor.

7. Das Kalkcarbonat.

117

weniger ähnliche Paare sind Achillea atrata und moschata (Fig. 55), Rhododendron hirsutum und Rh. ferrugineum, Androsace pubescens und glacialis, Juncus Hostii und trifidus etc., wobei die erstgenannte Art die kalkliebende ist. Kerner hat eine lange Liste solcher Parallel- arten aufgestellt.1)

Fig. 55- / Achillea atrata. Kalkhold. 2 Achillea moschata. Kalkscheu. Nat. Gr.

Die Parallelformen sind in der Regel bodenstet in den Gegenden, wo beide vorkommen und bodenvag, wo die eine fehlt. Nägeli hat dieses ungleiche Verhalten in scharfsinniger Weise an dem Beispiel von Achillea atrata und moschata gedeutet.

Achillea moschata verdrängt A. atrata auf Kieselboden und wird von

») Kerner I.

1 1 8 V. Der Boden.

ihr auf Kalkboden verdrängt. Dagegen wächst die eine sowohl als die andere mit A. Millefolium zusammen. Offenbar machen die beiden erstgenannten wie sie äusserlich einander höchst ähnlich sind, analoge Ansprüche an die Aussenwelt. A. Millefolium dagegen, welche von beiden ferner steht, con- currirt nicht mit ihnen, weil sie auf andere Existenzbedingungen angewiesen ist. Fehlt die eine der beiden Arten, so wird die andere bodenvag.

„Im Bernina-Heuthal (Oberengadin) kommen A. moschata, A. atrata und A. Millefolium in Menge vor; A. moschata und A. Millefolium auf Schiefer, A. atrata und A. Millefolium auf Kalk. Wo der Schiefer mit Kalk wechselt, da hört auch immer A. moschata auf und A. atrata beginnt. Es sind also hier die beiden Arten streng bodenstet ; und so habe ich es an verschiedenen Orten in Bündten beobachtet, wo sie beide vorkommen. Mangelt aber eine Art, so ist die andere bodenvag. A. atrata bewohnt dann ohne Unterschied Kalk und Schiefer; und ebenso findet man A. moschata, obgleich dieselbe, wie es scheint, nicht so leicht auf den Kalk, wie jene auf den Schiefer geht, doch neben dem Urgebirge auch auf ausgesprochener Kalkformation mit der dieser eigentümlichen Vegetation. Im Bernina-Heuthal traf ich mitten auf dem Schiefer, der mit A. moschata bevölkert war, einen grossen herab- gestürzten Kalkblock, kaum mit zolldicker Krumme bedeckt Auf demselben hatte sich eine Colonie von A. moschata angesiedelt, weil hier die Concurrenz der A. atrata ausgeschlossen war."

8. Der Humus.

§ i. Chemie und Physik des Humus.1) Nur wenige natürliche Böden bestehen ausschliesslich aus Mineralstoffen, nur solche nämlich, die des Pflanzenwuchses ganz entbehren. Sobald sich auf einem mineralischen Substrat Gewächse angesiedelt haben, seien es auch nur Bacterien, einzellige Algen und langsam wachsende Flechten, so ent- stehen durch ihr Absterben und ihre Zersetzung feinkörnige organische Stoffe, welche sich durch Vermittelung des Regens und der Thiere des Bodens allmählich innig mit den Mineralstoffen zu der, äusserlich durch ihre nahezu schwarze Färbung von rein mineralischem Detritus sofort unterscheidbaren dunkeln Erde oder Ackererde vermengen.

Die organischen Zersetzungsprodukte von Thier und Pflanze werden Humus genannt. Während des Vorgangs der Humification werden auf Kosten der pflanzlichen oder thierischen Leiche durch Oxydation Kohlensäure und Wasser erzeugt, letzteres aber in viel grösserer Menge als erstere, so dass der Rest viel kohlenstoffreicher wird, als der lebende Organismus es war. Bei hinreichendem Luftzutritt findet auf Kosten der Proteinstoffe Bildung von Ammoniak und Salpetersäure statt; doch bleibt der grösste Theil des Stickstoffs in schwer zer-

l) Vgl. namentlich Ad. Mayer und P. Müller.

8. Der Humus. 1 19

setzlichen organischen Verbindungen erhalten. Das Nachstehende bezieht sich zunächst nur auf den allverbreiteten und wichtigen pflanz- lichen Humus; der thierische Humus hat für die Gliederung der natürlichen Pflanzendecke nur ganz lokale Bedeutung und wird besonders behandelt werden.

Wie aus dem Vorhergehenden sich ergiebt, ist der Humus reich an zwei der wichtigsten Elemente der Pflanzensubstanz und zwar solchen, welche im anorganischen Nährmedium nur in sehr starker Verdünnung enthalten sind, Kohlenstoff und Stickstoff. Diese Nährstoffe sind je- doch, in der Form welche sie im Humus bekleiden, für die grünen Pflanzen, ja für alle höheren Pflanzen unverwerthbar. Nur gewisse Bacterien und Pilze vermögen sie mehr oder weniger zu assimiliren oder in einfachere Verbindungen zu spalten. Manche Phanerogamen und Farne haben sich diese Eigenschaft niederer Pflanzen zu Nutze gemacht und vermögen dadurch indirekt dem Humus Kohlenstoff und Stickstoff zu entziehen; im Allgemeinen jedoch werden diese Stoffe nicht dem Humus, sondern der Kohlensäure der Luft und den Nitraten des Bodens entnommen.

Von allgemeinerer Wichtigkeit als Kohlenstoff und Stickstoff sind für die meisten Pflanzen die Aschenbestandtheile, welche der Humus in grösserer Concentration und in besserer mechanischer Zertheilung enthält, als die rein mineralischen tieferen Schichten. Der Reichthum des Humus an nutzbaren Aschenbestandtheilen hängt theils mit dem Gehalt der verwesenden Pflanzentheile an solchen, theils mit der Thätigkeit der Regenwürmer zusammen, die Bodenbestandtheile aus der Tiefe nach oben befördern und in ihrer Verdauungsröhre mit dem Humus innig vermengen und zerkleinern. Fügt man zu den erwähnten Eigenschaften noch die früher erwähnte Absorptionsfähigkeit hinzu, so wird man die günstigen Wirkungen des Humus auf die Vegetation wohl begreifen. Allerdings ist, wie nachher gezeigt werden soll, nicht jeder Humus solcher Eigenschaften theilhaftig und ein gutes Substrat des Pflanzenlebens.

Die organischen Bestandteile des Humus sind noch sehr un- vollkommen bekannt. Die einen haben Säurecharakter und gehen mit Alkalien lösliche, mit alkalischen Erden unlösliche dunkelfarbige Ver- bindungen ein. Die braunen Humusstoffe werden unter dem Collektiv- namen Ulminsäure, die mehr schwarzen als Huminsäure zu- sammengefasst. Die in Alkalien unlöslichen indifferenten Bestandtheile des Humus werden Humus, wenn sie schwarz, Humin wenn sie braun gefärbt sind, genannt.

Erschwerte Zufuhr von Sauerstoff begünstigt die Bildung und Anhäufung der sauren Verbindungen und dadurch die Bildung des sauren Humus, der im Gegensatz zu dem bei reichlichem Sauerstoff-

120 V. Der Boden.

zutritt entstehenden milden Humus eine üppige und formenreiche Vegetation nicht aufkommen lässt.

Der milde Humus ist meist locker und heisst dann Mull. Er ist mit mineralischen Bodenbestandtheilen innig vermengt und geht durch deren Zunahme, ohne scharfe Grenze, in den rein mineralischen Unter- grund über. Mull zeigt sich nur auf massig feuchtem frischem Boden und erreicht seine vollkommenste Ausbildung in schattigen Wäldern, wo ihn Regenwürmer fortwährend ihren Verdauungscanal durchziehen lassen und in Form loser lockerer Ballen ausscheiden. Der Mull- boden der Wälder besteht thatsächlich ganz aus Wurmexcrementen und verdankt diesem Umstände seine ausgezeichneten Eigenschaften. Die reiche Durchlüftung des Mulls fuhrt zur Bildung hochoxydirter neutraler Stoffe; Säuren bilden nur etwa den sechzehnten Theil seiner organischen Substanz.

Der saure Humus ist gewöhnlich als T o r f ausgebildet. Letzterer stellt, im Gegensatz zum Mull, eine zusammenhängende, compakte Kruste dar, welche den mineralischen Bodenschichten nur aufliegt, ohne in die- selben allmählich überzugehen. Nur die im Torf reichlich entstehenden wasserlöslichen Humussäuren dringen in den Mineralboden ein und verleihen ihm eine dunkele Färbung. Im Gegensatz zum Mull, welcher sich im Regen schnell durchfeuchtet, ist der Torf wenig durchlässig, sodass das Regenwasser sich in Pfützen auf demselben ansammelt. Bei anhaltendem Regen jedoch saugt er sich voll wie ein Schwamm, ohne an den unterliegenden Mineralboden Wasser abzugeben.

Saurer Humus entsteht, wo immer die Sauerstoffzufuhr nur schwach ist, namentlich auf dem Boden stagnirender Gewässer, aber auch an trockenen, sonnigen Standorten, wo die Regenwürmer selten sind, welche das Zusammenbacken des Humus verhindern. Aus demselben Grunde fehlen im Torf die Mineralbestandtheile des Untergrunds, welche durch die wühlende Thätigkeit der Mullbewohner innig mit dem Humus ver- mengt werden.

Nasser Torf, der Torf im gewöhnlichen Sinne, ist charakteristisch für die Moore, trockener Torf für die Haiden. Letzterer kann daher zum Unterschied vom Moortorf als Haidetorf bezeichnet werden. Man sieht trockenen Torf auch in Wäldern entstehen, sobald in Folge von Ausforstung der Boden ausgetrocknet und die Würmer ausgestorben sind ; damit ist auch die erste Stufe der Umwandlung von Wald in Haide gegeben.

Abgesehen vom Wassergehalt dürfte der Unterschied zwischen Haidetorf und Moortorf nicht sehr beträchtlich sein. Erhöhte, weniger nasse Stellen der Moore tragen im Wesentlichen die gleiche Vegetation, wie echte Haiden auf trockenem Boden.

§ 2. Die Mycorhiza. Mull und Torf sind von einem ausserordent- lich reichen Gewirr von Mycelfäden, welche verschiedenen, jedoch nur

8. Der Humus.

121

in seltenen Fällen ermittelten Pilzformen angehören und in den ver- schiedenen Humusarten verschieden zu sein scheinen, durchwuchert. Diese Pilze vermögen sowohl als Parasiten wie als Saprophyten zu existiren und bilden, indem sie die Wurzeln höherer Pflanzen umhüllen, die so- genannte Mycorhiza, welcher für die Ernährungsphysiologie vieler Wald- und Haidegewächse eine grosse Bedeutung zuzukommen scheint; es ist nämlich wahrscheinlich, dass der Pilz die organischen Humus- bestandtheile des Humus verarbeitet und dieselben theilweise in assimilir- barer Form der Wurzel zufuhrt. (Fig. 56 60),

Die Mycorhiza wurde von Kamienski bei Monotropa Hypopitys (Fig. 56 57) und Fagus silvatica (Fig. 58) entdeckt und in ihrer Be- deutung erkannt. Später wurde von Frank, sowie von Wahrlich, Johow, Schlicht, Oliver, Gro'om, Janse und Anderen das constante Vorkommen

1

Fig. 56. Monotropa Hypopitys. Theil einer jungen Pflanze, 2 mal vergr. Nach Kamienski.

Fig. 57- Oberhaut u. Mycorhizapilz von Mono- tropa Hypopitys. Vergr. 450. Nach Kamienski.

der „Pilzwurzel" bei vielen anderen, theils grünen, theils nicht grünen Phanerogamen und Pteridophyten nachgewiesen und angenommen, dass diese Gewächse derselben zu normalem Gedeihen bedürfen. Die Be- zeichnung Mycorhiza rührt von Frank her.

Der Pilz der Mycorhiza bildet entweder als blosser Epiphyt eine dichte Hülle um die in solchen Fällen der Wurzelhaare entbehrende Wurzel herum, oder er lebt als Endophyt im Inneren derselben. In beiden Fällen stehen die Hyphen in Zusammenhang mit im Boden wuchernden Pilzmycelien, deren Zugehörigkeit zu bekannten Formen in mehreren Fällen nachgewiesen wurde. So erkannte Wahrlich in den Wurzelpilzen gewisser Orchideen Arten von Nectria (N. Vandae und N. Goroschankiniana), während Noack, Reess und Fisch in Elaphomyces granulatus, Noack ausserdem in Arten von Geaster, Agaricus, Lactarius und Cortinarius und im bekannten Fliegenpilze die Wurzelpilze unserer Waldbäume nachwiesen.

122

V. Der Boden.

Das Verhältniss zwischen Pilz und Wurzel ist wenigstens bei der endophytischen Mycorhiza ein mutualistisches , d. h. beiden Theilen nützliche«, denn es geht aus P. Groom's Beobachtungen an Thismia mit Wahrscheinlichkeit hervor, dass die Anwesenheit des Pilzes fördernd auf die Bildung der Proteinstoffe in den Wurzelzellen wirkt und dass zwischen beiden Theilen ein Austausch von Nährstoffen, allerdings un- bekannter Natur, stattfindet.

Die Beziehungen zwischen Pilz und Wurzel sind in der epitrophischen Mycorhiza sehr einfache, in der endo- trophischen hingegen oft recht com- plicirt. Als Beispiel der letzteren möge die von P. Groom näher studirte Mycorhiza von Thismia Aseroe etwas näher geschildert werden (Fig. 59). Das korallenartig verzweigte Wurzelsystem hat eine fein papillöse Oberfläche. Die zartwandigen stärkefreien peripheren Gewebe, welche Verf. als Scheide (s/i.) bezeichnet, sind der Länge nach von einigen zarten Pilzfäden durchzogen. Innerhalb der Scheide befindet sich zunächst eine scharf differenzirte Zell- schicht (e.c), deren Zellen sämmtlich einen knäuelartig gewundenen, ge- schwollenen Pilzfaden enthalten. Diese Pilzfäden sind äusserlich von Cyto- plasma überzogen. Auf den Exocortex folgt die Grenzschicht (/./.), in deren Zellen zarte, dünne Pilzfaden stellen- weise in dicken, von Proteinstoffen an- gefüllten Schläuchen schwellen. Die innerste Lage der Rinde (Mediocortex, m. c.) ist zwei oder dreischichtig, stärke- reich und durch den Besitz todter, gelber Pilzmassen in sämmtlichen Zellen, mit Ausnahme der Raphidenschläuche, ausgezeichnet. Endodermis und Centralcylinder sind pilzfrei.

Beim Eintritt aus der Scheide in die tiefergelegenen Zellen wächst die Spitze des Pilzfadens direkt auf den Zellkern. In der Marklage der Rinde (Mediocortex), wo die Verhältnisse am klarsten sind, löst sich alsbald die Stärke der inficirten Zelle vollständig auf, um erst später, nach dem Tode des Pilzes, wieder aufzutreten. Letzterer aber bildet, sobald er mit dem Zellkern in Contakt gelangt ist, einen ei- oder birnenförmigen Schlauch, der sich mit Cystoplasma und Zellkernen füllt. (Fig. 60.) Nach einiger Zeit wird der Inhalt des Schlauches desorganisirt und in eine gelbe, körnige

Fig. 58. Fagus silvatica. Mycorhiza mit Pilzhyphen. 9 mal vergr. Nach Kamicnski.

8. Der Humus.

123

Masse umgewandelt. Der Zellkern hat in der Zwischenzeit seinen Platz in der Zelle gewechselt, die Spitze des Pilzfadens aber folgt ihm und bildet, in Contakt mit ihm, zu wiederholten Malen neue Schläuche. In der äusseren Schicht der Rinde leben die Hyphen länger und zeigen weniger deutliche oder (Scheide) keine Beziehungen zum Zellkern. Groom fuhrt, unzweifelhaft mit Recht, das Wachsthum der Hyphenspitze in der Richtung des Nucleus auf Chemotropismus zurück. Aehnliches kommt bei unzweifelhaft parasitischen Pilzen, z. B. bei Puccinia asarina und bei Hemileia vastatrix, dem Pilz der Kaffeekrankheit, vor und ist bei der endotrophischen Mycorhiza ganz allgemein. Es handelt sich offenbar um ein vornehmlich in den inneren Rindenschichten entstehendes Produkt des Zellkerns. Die Anschwellung ist auf kräftige Ernährung zurückzu- führen, da eine ähnliche Erscheinung auch bei Pilzculturen in Nährlösung eintritt, wenn die Concentration der letzteren zunimmt. Dass die Lösung der Stärke mit der Bildung der Proteinstoffe in den Schläuchen zu- sammenhängt, braucht nach dem Vor- hergehenden nicht betont zu werden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass der Pilz seiner Wirthpflanze gewisse Nährstoffe entzieht. Dass um- gekehrt aus dem Pilze Stoffe in die Wirthzelle übertreten, zeigt sich beim Absterben der Schläuche, die unter Ab- gabe von Flüssigkeit zusam- menschrumpfen. Was letztere in Lösung enthält und woraus die

körnige Masse besteht, die im todten Schlauche verbleibt und seitens der Wirthpflanze nicht benutzt wird, konnte nicht festgestellt werden.

Die meisten der mit Mycorhiza versehenen Gewächse erhalten durch dieselbe jedenfalls nur einen Theil ihres Kohlenstoffbedarfs. Doch sind einige Pflanzen, namentlich solche des tiefen Waldschattens, von der Mycorhiza ganz abhängig geworden und haben ihr Chlorophyll verloren. Dieselben werden, ähnlich wie die sich direkt aus dem Humus ernährenden Pilze, Saprophyten genannt. Gewächse welche wohl Chlorophyll enthalten, und doch nachweisbar der organischen Bestand- theile des Humus bedürfen, bilden die Hemisaprophyten, eine

Fig. 59. Thismia Aseroe. Rinde der Mycorhiza. Nach P. Groom.

124

V. Der Boden.

Mittelstufe zwischen echten Saprophyten oder Holosaprophyten und den ganz autotrophen Gewächsen. Die Saprophyten sind in einem späteren Abschnitt behandelt.

§ 3. Die chemischen Unterschiede des Humus und die Flora. Milder und saurer Humus ernähren eine ganz ungleiche Flora. Manche Arten können geradezu als Leitpflanzen des einen oder des anderen be- zeichnet werden, so z. B. für den milden Humus Asperula odorata, Mer- curialis perennis, Milium effusum, Melica uniflora, Stellaria nemorum etc., für den sauren aber Aria flexuosa, Majanthemum bifolium, Melam- pyrum pratense und verschiedene Moose wie Hylocomium triquetrum,

Polytrichum formosum, Leucobryum etc. Auf dem sehr sauren Humus der Hoch- moore nimmt die Vegetation ent- schieden xerophilen Charakter an, indem die Humussäuren die Absorp- tion des Wassers durch die Wurzeln erschweren.

Milder und saurer Humus sind Collektiv- bezeichnungen für zahlreiche, namentlich nach der Natur der verwesenden Pflanzen wechselnde Humusarten, deren Unterschiede von dem feinen Chemismus der Pflanze leichter empfunden werden, als von dem groben Chemismus unserer Laboratorien. Jede Humusart hat ihre cha- rakteristischen Pflanzenarten. Es giebt in Be- zug auf die verschiedenen Humusarten, wie auf die mineralischen Bodenbestandtheile , boden- stete und bodenvage Pflanzen.

Manche Pflanzenarten wachsen nur auf dem Humus der Nadelwälder, z. B. Goodyera repens und der nordamerikanische Saprophyt Schweinitzia odorata. Monotropa Hypopitys tritt in Laubwäldern bei- nahe nur in ihrer kahlen, in Nadelwäldern in ihrer behaarten Form auf. Wir haben hier also einen Parallelfall zu der kalkholden Gentiana acaulis und ihrer kalkscheuen Verwandten, Gentiana excisa.

Die Wahl des Substrats geht bei manchen Humuspflanzen noch viel weiter, namentlich bei niederen Kryptogamen. Die Phanerogamen und Pteridophyten sind weniger exclusiv, doch fand ich das im tro- pischen Amerika weit verbreitete Trichomanes sinuosum stets nur auf Baumfarnen und das nordamerikanische Epidendrum conopoeum zieht die Rinde der Magnolien anderen Rinden vor.

Bei den Moosen des Humus zeigen sich alle Uebergänge zwischen Vorliebnehmen mit jeder humosen Erde und ganz ausgesprochener, oft

Fig. 60. Thismia Aseroe.

Zwei Zellen der Mycorhiza.

Nach P. Groom.

8. Der Humus. I2C

höchst eigenartiger Exclusivität. Faulende Baumstämme haben ihre bestimmten Moosarten, wie Plagiothecium silesiacum und Buxbaumia indusiata, die auf lebenden Baumstämmen nicht vorkommen.

Letztere haben wiederum eine reiche Moosflora (z. B. Leucodon sciuroides, viele Orthotrichum- Arten etc.), deren Bestandteile sich an anderen Standorten nicht zeigen. Die meisten epiphytischen Moose sind nicht wählerisch, doch sind manche an bestimmte Baumsippen gebunden. So kommt Orthotrichum leucomitrium nur auf Nadelhölzern vor, während die Zygodon-Arten und Barbula latifolia sich nur auf Laubhölzern zeigen. Noch wählerischer sind z. B. Ulota Drummondii, die nur auf Sorbus aucuparia beobachtet wurde , Orthotrichum gym- nostomum, das ausschliesslich Populus tremula bewohnt, das seltene Anacamptodon splachnoides, das bisher nur in der von abgefallenen Aesten hinterlassenen Höhlungen der Rothbuche aufgefunden wurde. Die Splachnaceen bewohnen beinahe ausschliesslich thierischen Humus und sind meist sehr wählerisch: So kommt Tayloria splachnoides auf den verschiedensten modernden Thierkörpern vor und Tetraplodon mnioides auf den verschiedensten Excrementen, dagegen Tayloria serrata nur auf faulendem Menschenkot, Tayloria Rudolphiana auf dem Kot von Raubvögeln im Geäste der Bäume, Tetraplodon urceolatus auf Kot von Schafen, Ziegen und Gänsen, Splachnum ampullaceum auf Rinderkot, Splachnum luteum und Spl. rubrum auf Rennthierkot.

Die saprophytischen Pilze zeigen ähnliches Verhalten wie die Moose. Manche derselben zeigen sich überall, wo Pflanzen- oder Thierreste in Verwesung übergehen, andere wiederum sind an bestimmte Substrate gebunden. So kommen die Marasmius- Arten nur auf abgefallenen Fichtennadeln vor, Antennatula pinophila nur auf abgefallenen Tannen- nadeln, Hypoderma Lauri nur auf abgefallenen Lorbeerblättern, Septoria Menyanthis nur auf den unter WaSser faulenden Blättern des Bitterklees, Poronia punctata nur auf Kuhfladen , Gymnoascus uncinatus nur auf faulendem Mäusekot, Chenomyces serratus nur auf verwesenden Gänse- federn , Onygena corvina nur auf Raubvogelgewölle , Onygena equina nur auf faulenden Hufen etc.

9. Lebende Substrate: Die Parasiten.

Manche Pflanzen wachsen rein epiphytisch auf lebenden Substraten, ohne denselben Stoffe zu entziehen. Letzteres ist dagegen bei den Parasiten oder Schmarotzern der Fall, deren Lebensweise und Er- nährungsmodus in einem späteren Abschnitt geschildert sind. Hier sollen nur ihre Beziehungen zu der chemischen Natur des Substrats berücksichtigt werden.

126 v- Der Boden.

Pflanzliche Parasiten kommen sowohl auf Thieren wie auf Pflanzen vor, aber durchweg in ungleichen Arten. Im Uebrigen zeigen sich die Parasiten, wie die Humuspflanzen, theils sehr ausgeprochen, theils wenig wählerisch in Bezug auf die chemische Natur des Substrats. Die ge- wöhnliche Mistel, Viscum album, kommt sowohl auf Nadel- wie auf Laubbäumen vor, allerdings gewöhnlich in ungleichen Varietäten; die typische Form mit weissen Beeren bevorzugt die Laubbäume, eine Form mit gelben kleineren Früchten (V. laxum) ist dagegen mehr oder weniger an die Nadelbäume gebunden. Loranthus europaeus befallt Eichen und Kastanien; Arceuthobium Oxycedri ist in Europa an Juni- perus Oxycedrus gebunden, in Nordamerika an gewisse Pinus-Arten.

Die verschiedenen Orobanche-Arten zeigen sehr ungleiches Ver- halten. So wurde O. minor von G. Beck auf 58, O. ramosa auf 35 verschiedenen Pflanzenarten gefunden, während viele andere Arten dieser Gattung an eine bestimmte Wirthspflanze gebunden sind, z. B. O. rapum an Sarothamnus scoparius.

Viele Pilze befallen unterschiedslos Pflanzen oder Thiere der ver- schiedensten Verwandtschaftskreise, andere haben einen grösseren oder einen kleineren Kreis nahe verwandter Wirthspecies , wie Claviceps purpurea auf Gräsern, Cordyceps cinerea auf Carabus- Arten. Noch andere sind streng an eine Wirthspecies gebannt, wie Peronospora Radii auf Pyrethrum inodorum, Laboulbenia Baeri auf der Stubenfliege.

Soweit untersucht, sind solche exclusive Beziehungen auf die natürlichen Bedingungen beschränkt. So gelang es Brefeld, viele streng parasitischen Pilze als Saprophyten gedeihen zu lassen und Möller die Flechten ohne Algen zu cultiviren, ebenso gut wie es gelingt, die in der Natur streng an salzreichen Boden gebundenen Halophyten im Garten auf gewöhnlichem Boden zu ziehen.

Im Grossen und Ganzen zeigen Parasiten und Saprophyten in Bezug auf die Wahl ihres Substrats ähnliche Unterschiede, wie die in Mineralböden bewurzelten Gewächse, und der Vergleich zwischen beiden Klassen ist für die Frage nach der Bedeutung der chemischen Be- schaffenheit des Substrats sehr lehrreich. Wir haben unter den Pflanzen des Mineralbodens solche kennen gelernt, die sich ganz bodenvag verhalten, solche die eine mehr oder weniger ausgesprochene Bevorzugung chemisch bestimmter Bodenarten aufweisen, und solche, die an die Anwesenheit grosser Mengen gewisser Mineralstoffe, wie Kochsalz oder Kalkcarbonat durchaus gebunden erschien. Das gleiche wiederholt sich, mutatis mutandis, bei den Pflanzen organischer Sub- strate, nur in grösserer Mannigfaltigkeit.

Wir begegneten namentlich bei den Kalkpflanzen der beim ersten Blick verwirrenden Erscheinung, dass ein und dieselbe Art in ungleichen Gebieten ganz ungleiche Ansprüche an die chemische Beschaffenheit

9. Lebende Substrate: Die Parasiten. 127

des Substrats macht. Das Gleiche zeigt sich aber auch bei manchen Parasiten. Die Mistel befallt in manchen Gegenden nur die Kiefer, in anderen nur Laubbäume. Loranthus europaeus wächst in Böhmen nur auf der Eiche, im Orient ausserdem auf der Kastanie. Puccinia sessilis auf Convallaria majalis, P. Digraphidis auf Polygonatum multi- florum und Majanthemum, P. Paridis auf Paris quadrifolia sind in vielen Gegenden streng an ihre erwähnten gewöhnlichen Wirthpflanzen gebunden, während sie in anderen durcheinander auf Convallaria, Polygonatum, Majanthemum, Paris wachsen, also bodenvag werden (Magnus). Aehnliches gilt noch von vielen anderen Pilzen. Dass es sich dabei, wie bei den Wirkungen des Kalks und anderer Mineral- salze, um Unterschiede der Organisation handelt, welchen wiederum un- gleiche Ansprüche an die Lebensbedingungen entsprechen, kann wohl einem Zweifel nicht unterliegen. Solche Veränderungen der Organisation sind dem Auge nicht immer erkennbar, da sie in manchen Fällen auf die feinste, unseren Untersuchungsmitteln unzugängliche Plasmastructur beschränkt sind. Giebt es doch Pilzarten, die auf einzelnen Ent- wickelungsstadien mit einander ganz übereinstimmen, auf anderen aber deutlich und constant abweichen und sogar rein „physiologische" Rost- pilzarten, welche sich durch kein morphologisches Merkmal trennen lassen und doch in dem Gebundensein an ungleiche Wirthpflanzen, ohne jede Möglichkeit gegenseitiges Austausches, einen ausgeprägten specifischen Charakter zeigen (Eriksson).

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Genossenschaften.

VI. Die Thiere.

1. Geographische Verbreitung der BestäubungBvorriohtungen. § i. Orni- thophile Blüthen. Fr. Müller's und Th. Belt's Entdeckung der Kolibriblüthen. Die Honigvögel als Bestäuber. Scott -Elliot's Beobachtungen in Süd -Afrika. Ornithophilie in Neu-Seeland. Feijoa, eine Pflanze mit süssen Blumenblättern. §2. Entomophile Blüthen. Ungleiche Bestäuber im Tiefland und im Hochgebirge. Herrn. Müller's Be- obachtungen. Abnahme der Entomophilie in arktischen Ländern. Inselfloren und ihre Bestäuber. Langröhrige Falterblüthen für die Tropen charakteristisch. Specielle Anpassungen : Yucca und ihre Bestäubung durch Motten. Bulbophyllum-Arten bei Singapore. Pflansen und Ameisen. § i. Die Ameisen als Pilzzüchter. Die Blattschneiderameisen im tropischen Amerika. Ihre Nester und Pilzgärten. Andere pilzzüchtende Ameisen. § 2. Myrmecophilie. Th. Belt's Entdeckung der Ameisenpflanzen. Acacia cornigera und sphaerocephala. Cecropia adenopus. Nachweis des Nutzens der Ameisen als Pflanzen- beschützer. Andere Pflanzen mit axialen Wohnräumen. Pflanzen, bei welchen Blätter die Wohnräume liefern. Die extrafloralen Nektarien.

Die Anpassungen der Pflanzen an die Thierwelt bilden eines der umfangreichsten und am meisten bebauten Gebiete der Oekologie; die geographischen und topographischen Gesichtspunkte sind jedoch bis jetzt nur wenig berücksichtigt worden, obwohl es keinem Zweifel unter- liegen kann und für bestimmte Fälle nachgewiesen ist, dass Unterschiede der Thierwelt solche der Pflanzenwelt bedingen. Für die Bestäubungs- vorrichtungen und für die Beziehungen zwischen Pflanzen und Ameisen ist in neuester Zeit ein viel versprechender Anfang nach der erwähnten Richtung gemacht worden. In Bezug auf die Aussäungsvorrichtungen ist wohl ein Zusammenhang zwischen der Verbreitung gewisser Thiere und Pflanzen in einzelnen Fällen behauptet worden, dagegen ist die Frage nach den Beziehungen von Grösse , Gestalt , Geschmack , Farbe und anderen Eigenschaften der Früchte zu den Eigenthümlichkeiten der sich von denselben ernährenden Thierarten noch gar nicht berührt worden. Die vielfachen Schutzmittel der Pflanzen gegen Zerstörung durch Thiere sind, ausser betreffs der Ameisen, höchstens in ganz hypothetischer Weise zur Charakteristik der Gebiete und ihrer einzelnen Formationen herangezogen worden ; allerdings haben die diesbezüglichen

i. Geographische Verbreitung der Bestäubungsvorrichtangen. 133

Erscheinungen bis jetzt nur ausnahmsweise den Gegenstand ernster wissenschaftlicher Forschung gebildet. Stahl's ausgezeichnete Arbeit über „Pflanzen und Schnecken"1) wird hoffentlich zu ferneren Unter- suchungen anregen, bei welchen die Berücksichtigung geographischer Fragen gewiss zu lohnenden Ergebnissen fuhren würde.

1- Geographische Verbreitung der Bestäubungsvorrichtungen.

Durch die Untersuchungen K. Sprengel's und Darwin's, welchen solche von Fr. und H. Müller, Delpino, Hildebrand und vielen anderen Forschern ergänzend hinzutraten, ist endgültig der Nachweis geliefert worden, dass viele Blüthen zu ihrer Bestäubung der Mitwirkung gewisser Thiere, zumal Insekten, seltener Vögel bedürfen und diesem Umstände viele ihrer Eigenthümlichkeiten verdanken.

Zahlreiche Blüthen werden von den mannigfachsten Besuchern ausgebeutet und bestäubt, indem ihr Pollen und Nektar jedem frei oder doch leicht zugänglich zur Verfügung steht. Andere Blüthen sind in mehr oder weniger hohem Grade an bestimmte Sippen an- gepasst, sei es, dass ihre Lockmittel charakteristische Liebhabereien voraussetzen, sei es, dass der Zugang zum Nektar nur beim Besitze gewisser Körperformen oder gewisser Fähigkeiten möglich sei. Sind Anpassungen der letzteren Art an Thiersippen beschränkter Verbreitung gebunden, so ist ihr Vorhandensein oder Fehlen für die Vegetation bestimmter Gebiete charakteristisch.

§ I. Ornithophile Blüthen. Das grösste pflanzengeographische Interesse wenigstens beim gegenwärtigen Standpunkt unserer Kenntnisse, ist den Anpassungen der Blüthen an Bestäubung durch Vögel zu- zuschreiben, indem blüthenbesuchende Vögel auf bestimmte Gebiete beschränkt sind. Vornehmlich drei Klassen von Vögeln kommen dabei in Betracht, die Kolibris (Trochiliden), die Honigvögel (Nektariniden) und die Honigsauger (Meliphagiden), obwohl einzelne Vögel anderer Verwandtschaftsgruppen ebenfalls als Bestäuber eine Rolle spielen.

Die Kolibris sind auf Amerika beschränkt. Nur in der Phantasie gewisser Blüthenbiologen sieht man sie zuweilen die Blüthen Afrika's und Asien 's umschwärmen. Ihre Bedeutung als Blüthenbestäuber wurde zuerst von Delpino hypothetisch ausgesprochen, aber erst durch Fr. Müller im Jahre 1870 nachgewiesen, welcher Kolibris als Bestäuber von Combretum-, Manettia- und Passiflora-Arten in St. Catharina be- obachtete. Th. Belt gab bald darauf, auf Grund sorgfältiger Beobachtungen in Nicaragua, die erste ausfuhrliche Beschreibung von Kolibriblüthen :

*) Jena 1888.

134

VI. Die Thiere.

„Man konnte unter diesen Bäumen kleine Schaaren von Vögeln be- obachten ; einen grünen mit rothem Kopfe (Calliste Laviniae Cass.), einen anderen, glänzend grün mit schwarzem Kopfe (Chlorophanes guatemalensis) und einen dritten schön schwarz, blau und gelb mit gelbem Kopfe (Calliste larvata, Du Bus.). Diese Vögel und noch viele Anderen waren mit Sicherheit zu erwarten, wo die kletternde Marcgravia umbellata ihre merkwürdigen Blüthen trug. Die Blüthen dieser hochstämmigen Liane sind kreisförmig geordnet und herab- hängend, wie ein umgekehrter Kandelaber. Von der Mitte des Blüthenkreises hängt eine Gruppe eimerförmiger Gebilde herab, welche zur Blüthezeit eine süsse Flüssigkeit enthalten. Diese Flüssigkeit wirkt als Lockmittel für Insekten und diese wiederum für eine grosse Anzahl insektenfressender Vögel, ein- schliesslich der vorhin erwähnten und zahlreichen Kolibris. Die Blüthen

sind derart gestellt, dass ihre herabhän- genden Staubgefasse durch Vögel, welche die Nektarien er- reichen wollen, ab- gebürstet werden; so wird der Pollen von einer Bltithe auf die andere getragen. Bei einer zweiten , von mir bei San Domingo beobachteten Marc- gravia-Art befinden sich die Eimer in nächster Nähe der Blumenstiele und die Blüthen sind nach oben gerichtet, so dass der Pollen durch die Brust des Vogels abgebürstet wird." (S. 128—129.) Auch für eine Ery- thrina-Art wurde bereits durch Belt die Ornithophilie nachgewiesen. . . . „Viele Blüthen sind, wie diejenigen von Marcgiavia, der Bestäubung durch Vögel angepasst. Unter diesen zog der „palo sabre," Erythrina sp., ein kleiner rothblühender Baum, oft meine Aufmerksamkeit auf sich. Der Baum blüht im Februar und ist zur Blüthezeit laublos, so dass die grossen rothen Blüthen in weiter Entfernung leuchten. Jede Blüthe besitzt ein grosses, langes und ziemlich fleischiges Blumenblatt (die Fahne), welches gefaltet, seitlich ab- geflacht und, mit Ausnahme einer kleinen Oeffnung, durch welche die Staub- gefasse herausragen, geschlossen ist. Nur winzige Insekten können in das Innere der Blüthe gelangen , deren Grund eine honigartige Flüssigkeit aus- scheidet Zwei langgeschnäbelte Kolibriarten besuchen die Blüthe; die eine, Heliomaster pallidiceps Gould, ist ziemlich selten; die andere, Phoethornis

Fig. 61. Blüthenstand von Marcgravia umbellata, der Bestäubung durch Kolibris angepasst. Nat. Gr. Nach Flora Brasiliensis.

I. Geographische Verbreitung der Bestäubungsvorrichtungen. ijc

longirostris de Latt., konnte bei Beobachtung des Baumes während nur weniger Minuten mit Sicherheit gesehen werden."

Seit der klassischen Schilderung Belt's und den leider sehr kurzen Mittheilungen Fr. Müller 's hat die Kenntniss der Kolibriblüthen erheb- liche Fortschritte nicht aufzuweisen, denn die fern von der Heimath der Kolibris aufgestellten Vermuthungen verschiedener Biologen können als solche nicht gelten. Der Antheil, der den Kolibris an den Eigen- thümlichkeiten vieler amerikanischer Blüthen sicher zukommt, wird erst auf Grund sorgfaltiger und kritischer Untersuchungen an Ort und Stelle nachgewiesen werden können. Unzweifelhaft haben diese lebhaft ge- färbten Bestäuber eine Vorliebe für die rothe, speciell die brennend rothe Farbe; in kolibrireichen Gegenden, z. B. auf den Antillen, habe ich selten eine in rothem Blüthenschmuck an der Sonne prangende Holzpflanze gesehen, ohne, bei einiger Geduld, auch Kolibris an der- selben beobachten zu können. Namentlich ist es mir in lebhafter Er- innerung, die mit .scharlachrothen Nectarien prangende Norantea guia- nensis auf Trinidad von Kolibris umschwärmt gesehen zu haben. Auch an den höchst eigenartigen grossen tief carminrothen Blüthen von Couroupita guianensis habe ich solche Besucher beobachtet. In dem Garten eines von mir an der Küste von Massachussets im Sommer bewohnten Hauses konnte ich alltäglich die einzige dortige Kolibriart (Trochilus colubris) einen tiefcarminroth blühenden Weigeliastrauch be- suchen sehen. Diese Bevorzugung für rothe Farbe schliesst jedoch den Besuch anders gefärbter Blüthen nicht aus ; so haben die Blüthen der mir bekannten Marcgravia-Arten matte, bräunliche Färbung.

Kerner will den Reichthum der amerikanischen Flora an rothblühenden Pflanzen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anwesenheit der Kolibris bringen. Wie verhält es sich aber mit diesem Reichthum? Allerdings würde der Unkundige, der in einem tropisch - amerikanischen Hafen landet und das Flammenmeer der blühenden Poinciana regia erblickt, nach berühmtem Muster, zu berichten geneigt sein, dass die Bäume im tropischen Amerika roth blühen. Nur ist dieser glänzendste aller rothblühenden Bäume ostindischen Ursprungs, ähnlich wie viele anderen Pflanzen mit scharlachrothen Schauapparaten, welche in wannen Zonen allgemein als Zierpflanzen cultivirt werden. Ich habe nicht den Eindruck gehabt, dass die rothe Farbe in der amerikanischen Flora mehr hervortritt als etwa in der malayischen.

Da die Honigvögel, welche den grössten Theil Afrika's, das tropische Asien und Australien bewohnen, ebenfalls als Blüthenbestäuber nachgewiesen sind, und ähnliche Vorliebe für rothe Farbe besitzen, so könnte man sich allerdings die Frage stellen, ob der thatsächlich grössere Reichthum an leuchtend rothen Blüthen und Bracteen, der die warme Zone vor der nord- temperirten auszeichnet, mit der Ornithophilie zusammenhängt. Zu den, in in solcher Weise ausgezeichneten Blüthen gehören in Amerika u. a. zahlreiche Bromeliacen, namentlich Arten von Aechmea und Vriesea, im malayischen

136 VI. Die Thiere.

Archipel Zingiberaceen an; ich habe aber niemals irgend welche Vögel in der Nähe dieser Pflanzen gesehen. Die Bromeliaceen mit bunten Bracteen bewohnen, soweit ich sie an ihren natürlichen Standorten gesehen habe, nur schattige Plätze, wo die sonnenliebenden Kolibris selten gesehen werden und die malayischen Zingiberaceen kommen aus dem tiefsten Waldschatten, wo Honigvögel vergeblich gesucht werden würden, nicht heraus.

Eine ganz ähnliche Rolle wie die Kolibris in der neuen Welt spielen die Nectariniiden oder Honigvögel in der warmen Zone der alten, doch treten sie wohl nur im tropischen und südlichen Afrika in ähnlicher Zahl der Arten und Individuen auf. Die Beziehungen der Honigvögel zu den Blüthen wurden in Südafrika von Scott-Elliot unter- sucht, dessen vortreffliche Arbeiten uns zuerst eine nähere Einsicht in die Structur ornithophiler Blüthen eröffnet haben.

Die südafrikanischen Honigvögel sind nach Scott-Elliot ausgezeich- nete Bestäuber, da sie, ähnlich wie Bienen, bei den Blüthen einer Art verharren.

Nectarinia chalybea und bicollaris, Promerops caper sind bei Cape- Town die wichtigsten Arten; Promerops Gurneyi vertritt Pr. caper im öst- lichen Theile der Cap-Colonie und in Natal; Nectarinia famosa lebt vom December bis April in der Karoo, sonst in den Gebieten der Knysna und East- London.

Wie die Kolibris, zeigen auch die südafrikanischen Honigvögel Vor- liebe für die rothe Blüthenfarbe , und zwar zeichnet eine bestimmte rothe Nuance, welche den Brustfedern verschiedener Arten dieser Vögel zukommt, verschiedene ornithophile Blüthen aus. Labiaten, Aloe- Arten, Irideen und Leguminosen nehmen diese sonst seltene Blüthen- farbe an, wenn sie sich der Bestäubung durch Honigvögel anpassen. Charakteristische Merkmale der ornithophilen Blüthen des Kaplandes sind ferner in vielen Fällen ein bürstenartiges vielgliedriges Androeceum und hervorragende Griffel. Aehnliches beobachtet man auch bei Kolibri- blüthen, z. B. denjenigen der Margraviaceen und von Couroupita.

Zu den ornithophilen Blüthen gehören ferner viele Arten von Pro- tea, deren grosse kopfige Blütenstände von steifen Bracteen umgeben sind, an deren Grund der Honig sich ansammelt ; die Vögel sitzen auf dem Rand des Bechers und streifen die pollenbedeckten hervorragenden Griffel (Fig. 61). Auch viele Kap -Eriken sind an Vogelbestäubung angepasst, nicht minder manche Leguminosen, wie die Erythrina caffra, welche wohl keine anderen Besucher als Honigvögel besitzt. Die Banane ist in Natal , Ravenala madagascariensis in ihrem Heimathland vornehmlich, jedoch nicht ausschliesslich, ornithophil.

Der merkwürdigste unter den südafrikanischen ornithophilen Blüthen- apparaten kommt der in unseren Gewächshäusern häufig cultivierten Strelitzia reginae (Fig. 62) zu. Die drei äusseren Perigonblätter sind

Geographische Verbreitung der Bestäubungsvorrichtungen.

137

Fig. 61. Protea speciosa L. Blüthenköpfchen. Bestäubung durch Honigvögel. Nat. Grösse.

hier von lebhafter Orangenfarbe, von den drei innern ist das eine als grosses azurblaues pfeil förmiges Labellum ausgebildet, während die beiden anderen klein sind, und über dem Eingang zur Nektarhöhle eine

138

VI. Die Thiere.

Wölbung bilden. Eine das Labellum der Länge nach durchziehende Rinne umschliesst die Staubgefässe und den Griffel, dessen Gipfel sammt der Narbe frei hervorragt. Der Vogel wandelt auf dem Rande des

Labellum und saugt den unter der Wölbung be- findlichen Nektar, dabei zuerst die Narbe, dann die Staubgefässe berüh- rend. Die schönen Farben der Blüthe entsprechen vollständig denjenigen ihres Bestäubers, Necta- rinia Afra.

Auch in Neu-Seeland ist die Bestäubung von Blüthen durch Vögel be- obachtet worden, so na- mentlich von Thomson bei Clianthus puniceus, Sophora tomentosa, Me- trosideros lucida, Fuchsia excorticata , Loranthus Colensoi, Dracophyllum longifolium , Phormium tenax. Diese Blüthen sind zum Theile roth gefärbt. Anpassung an andere Vogelgruppen ist nur für einen Fall nachgewiesen, nämlich für Feijoa Schen- ckiana, eine baumartige Myrtacee , welche Fritz Müller im Oberland von St. Catharina entdeckte und in seinen Garten zu Blumenau verpflanzte, wo ich sie zur Blüthezeit zu beobachten Gelegenheit Die Structur der Blüthe ist von Fritz Müller trefflich geschildert worden. Höchst eigenartig sind die vier schneeweissen Blumenblätter, welche eingerollt sind, so dass nur ein schmaler Spalt oberwärts oder etwas seitlich sichtbar bleibt. Diese Blumenblätter sind fleischig-saftig und von süssem Geschmack. Wie bei den meisten Vogelblüthen sind

Fig. 62 reginae.

hatte.

Eine Kapländische Honigvogelblüthe, Strelitzia / Kelchblätter, / Blumenblätter, g Griffel und Narbe, st Staubgefässe.

% nat. Gr.

i. Geographische Verbreitung der Bestäubungsvorrichtungen.

139

auch die Staubgefässe schön roth, zahlreich, steifbürstenartig und von dem Griffel überragt. Der einzige mit Sicherheit nachgewiesene Be- stäuber ist ein ziemlich grosser, schwarzer, leider nicht bestimmter Vogel, welcher die Blumenblätter gierig frisst.

Fig- 63. Feijoa Schenckiana. Eine ornithophilc Myrtacee aus St. Catharina, Brasilien. Nat. Gr.

§ 2. Entomophile Blüthen. Die Anzahl der an Bestäubung durch Insekten angepassten Blüthen ist weit grösser als diejenige der ornithophilen , auch da wo ausgezeichnete Bestäuber unter den Vögeln vorkommen. Während aber Ornithophilie eine beschränkte Verbreitung zeigt, ist Entomophilie in allen Floren, bis zu den Grenzen der Phanerogamenvegetation überhaupt , nachgewiesen. Nur drei Ab- theilungen von Insekten sind an der Bestäubung hervorragend thätig,

140

VI. Die Thiere.

die Dipteren, Lepidopteren und Hymenopteren , während andere In- sekten entweder keine oder doch nur eine nebensächliche Bedeutung besitzen und keine ihnen speciell angepasste Blüthenform hervorgerufen zu haben scheinen. Die drei wichtigsten Bestäubergruppen sind aller- dings überall, wo es Blüthen giebt, vertreten und haben überall Anpassungen gezüchtet; ihre relative Menge ist aber oft sehr ungleich und dieser Unterschied wiederholt sich in der relativen Zahl der Dipteren-, Lepidopteren- und Hymenopteren-Blüthen. Ein Vergleich von kalten, temperirten und warmen Gebieten oder von Inseln mit Continenten ist in dieser Hinsicht oft sehr lehrreich.

Die hohen Regionen der Alpen sind wohl insektenärmer als die umgebenden Niederungen; doch werden, wie H. Müller zeigte,

ihre Blüthen nicht minder häufig be- sucht als in der Ebene. Wichtiger als die Abnahme der Gesammtmenge der Insekten ist das ganz veränderte Zahlenverhältniss der einzelnen Grup- pen. So nehmen, nach dem ge- nannten Forscher, in vertikaler Richtung die Apiden rasch ab, mit Ausnahme der Hummeln. Eine be- trächtliche Zunahme zeigen dagegen die Falter. Dementsprechend nehmen mit der Höhe die Bienenblüthen ab und die Falterblüthen zu. Letzteren kommen nach Low in den Alpen 53 , in der westfälischen Niederung dagegen nur 36 Arten zu.

Manche Gattungen sind in der Ebene durch Arten mit Apiden- blüthen, in den Alpen aber durch solche mit Falterblüthen vertreten, z. B. Gentiana, Rhinanthus, Viola. Ein und dieselbe Art kann sogar entsprechende Variationen erfahren. Die Blüthen von Viola tricolor (Fig. 64, 2) sind in der Ebene kurz- gespornt, entsprechend der Kürze des Rüssels der Bienen, ihrer Be- stäuber; die Var. alpestris ist langgespornt, entsprechend dem langen Falterrüssel. Die rein alpine Viola calcarata hat langgespornte Falter- blüthen (Fig. 64, /.). Primula farinosa hat, nach H. Müller, in der Ebene, wo ihre Bestäuber Bienen sind, einen bedeutend weiteren Blütheneingang als auf den alpinen Höhen, wo sie wesentlich nur durch Falter aufgesucht wird.

Die Pyrenäen sind ärmer an Schmetterlingen als die Alpen, da- gegen reicher an Insekten, welche bestimmte Blüthenformen nicht ge-

Fig. 64. / Viola calcarata. Falterblüthe,

langgespornt. 2 Viola tricolor. Bienen-

blüthe, kurzgespornt. Nat Gr.

i. Geographische Verbreitung der Bestäubungsvorrichtungen. 141

züchtet haben; Falterblüthen treten dementsprechend stark zurück (Mac Leod). Das norwegische Hochland ist wegen der Kürze und nassen Witterung seines Sommers insektenarm; die Anpassungen an Fremdbestäubung haben dadurch eine beträchtliche Einschränkung erlitten.

Von den 76 alpinen und arktischen Arten des Dovrefjeld sind, nach einer Zusammenstellung Löw's, 2 anemophil (Oxyria digyna und Thalictrum alpinum), während die 74 entomophilen folgende Einrichtungen aufweisen: Stets oder meist verhinderte Selbstbestäubung haben 12 Arten = i6,2°/0, Selbstbestäubung neben Fremdbestäubung zeigt sich bei 40 = 54% und regel- mässig oder leicht eintretende Selbstbestäubung bei 22 = 29,7%.

Im Vergleich zu den Hochalpen zeigen die Hochgebirgspflanzen Nor- wegens eine deutliche Abnahme allogamer Blütheneinrichtungen (um ca. 1 o ü/0), sowie eine noch stärkere Zunahme von Autogamie (um ca. i5°/0).

Die Verhältnisse der Bestäubung in hocharktischen Ländern wurden von Warming für Grönland näher untersucht. Insektenbesuche schienen in sehr geringer Anzahl stattzufinden. Dementsprechend sind Windblüthigkeit und Autogamie stark, Entomophilie schwach entwickelt. Manche sonst ausgesprochene Insektenblüthen zeigen grössere Neigung zur Selbstbestäubung, z. B. diejenigen von Mertensia maritima, deren Blüthen in Grönland kleiner sind als in Skandinavien, Azalea procum- bens, Vaccinium vitis idaea var. pumila, Bartsia alpina, Thymus Ser- pyllum, Menyanthes trifoliata, Pirola grandiflora etc. Trotz der Insekten- armuth sind, im Gegensatz zu einer vielfach ausgesprochenen Ansicht, die Lockmittel nicht stärker ausgeprägt als beim Vorhandensein einer reichen Insektenfauna.

Die vegetative Vermehrung ist in Grönland stark entwickelt, namentlich bei Pflanzen mit verminderter oder erschwerter Selbst- bestäubung: „Je mehr in dem insektenarmen Grönland eine Art ento- mophil ist, desto mehr passt sie sich der Vermehrung auf vegetativem Wege an, während die autogamen Pflanzen diese Art der Fortpflanzung entbehren können und thatsächlich auch entbehren" (Warming).

Die Bedingungen der Bestäubung sind vielfach zur Erklärung der Eigenthümlichkeiten der Inselfloren herangezogen worden ; nament- lich hat Wallace versucht, die Anwesenheit oder das Fehlen bezw. die Seltenheit lebhaft gefärbter Blüten auf Inseln mit der Fauna in Zu- sammenhang zu bringen. So sind auf den Inseln im östlichen Teile der Südsee, z. B. auf Tahiti, die Insekten, namentlich Lepidopteren und Bienen selten; diesem Umstände soll die Armuth der dortigen Flora an Insektenblüthen, namentlich an lebhaft gefärbten, und das Ueber- handnehmen der Farne zugeschrieben sein. Auf den westlichen Inseln, z. B. auf Fidji, sind die Schmetterlinge zahlreicher und haben eine grössere Anzahl schön gefärbter Blüthen gezüchtet. Die Pflanzen der

142 VI. Die Thiere.

Galapagos haben so unscheinbare Blüthen, dass Darwin sich erst nach längerer Zeit überzeugen konnte, dass sie beinahe sämmtlich zur Zeit seines- Aufenthalts blühten. In der That sind kleine Dipteren und Hymenopteren die einzigen Vertreter der Insektenwelt auf diesen Inseln.

Solche Versuche sind unzweifelhaft interessant und anregend ; doch braucht kaum betont zu werden, dass die erwähnten Eigenthümlich- keiten nicht durch die Verhältnisse der Bestäubung allein, sondern nur unter Heranziehung historischer und klimatischer Momente erklärbar sind. Zudem beruhen Wallace' s Anschauungen grösstenteils auf den lückenhaften Berichten und Sammlungen anderer, der Sache fernstehen- der Forscher und sind für mehrere besonders prägnante Fälle bereits widerlegt worden. So hatte Wallace der neuseeländischen Flora beinahe ausschliesslich unscheinbare, grünliche, geruchlose Blüthen zugeschrieben und das vermeintliche Fehlen lebhaft gefärbter oder duftender Blüthen mit der vermeintlichen Insektenarmuth in Zusammenhang gebracht. In Wirklichkeit jedoch sind weder schöne Blüthenfarben , noch Insekten mit ausgeprägtem Farben- und Geruchssinn auf Neuseeland so selten, als es Wallace annahm.

Von 433 neuseeländischen Blüthenpflanzen hat, nach G. M. Thomson, kaum die Hälfte (49%) unscheinbare Blüthen und 2 2°/0 der Arten sind duftend. Auf Kreuzung durch Insekten sind über 23% angewiesen, selbst fertil sind 48%, anemophil 29 ° /0 Arten. Die wichtigsten Bestäuber sind hier Dipteren ; die unscheinbaren Insektenblüthen werden von anderen Insekten kaum oder gar nicht besucht. Auch manche der zahlreichen Käfer (ca. 1300 Arten) nehmen an der Bestäubung theil. Unter den Schmetterlingen kommt den zahlreichen Noctuiden grössere Bedeutung zu, als den wenigen Tagfaltern (18 Arten). Von Bienen kommen nur 10 Arten vor. Endlich sind, wie bereits erwähnt, Vögel die hauptsächlichen oder ausschliesslichen Bestäuber mancher grosser Blüthen. Was sich aus dieser Darstellung entnehmen lässt, ist nur, dass die relativ grosse Anzahl unscheinbarer Blüthen möglicherweise mit dem Vor- wiegen der Dipteren zusammenhängt.

Während die meisten Inselfloren durch ihre Armuth an schön blühenden Pflanzen auffallen, ist der kleine Juan-Fernandez-Archipel im Gegentheil durch die Farbenpracht seiner Flora ausgezeichnet; manch- mal sind die Blüthen einheimischer Arten sogar auffallender als die- jenigen verwandter Arten des Continents. Nach Wallace hätten zwei endemische Kolibri-Arten die schönen Blüthenfarben gezüchtet. Johow, welcher die Oekologie der Juan-Fernandez-Vegetation an Ort und Stelle studieren konnte, hält allerdings die Bestäubung mancher Arten durch Kolibris für wohl möglich (Rhaphithamnus , Escallonia , Myrceugenia fernandeziana) ; er betont aber andererseits, dass die Insektenarmuth keineswegs so gross ist, als Wallace angenommen zu haben scheint. So sind verschiedene Lepidopteren ausserordentlich häufig und Dipteren

i. Geographische Verbreitung der Bestäubungs Vorrichtungen.

143

wurden von Johow auf den Blüthen von Dendroseris, Robinsonia, Eryn- gium bupleuroides etc. beobachtet. Die Ansicht Wallace's darf, obwohl allgemein adoptirt, bis zu ihrer Bestätigung an Ort und Stelle wissen- schaftliche Berechtigung nicht beanspruchen.

Nur sorgfältige und lange fortgesetzte Beobachtungen werden die Bedeutung der Blüthenbestäubung für die Zusammensetzung und die Physiognomie der Inselflora aufklären können. Für einige Küsteninseln

Fig. 65. Angraecum eburneum Thou, am natürlichen Standorte. Seychellen. Rechts eine Zingeberacea. Nach einer Photographie von Herrn Dr. A. Brauer.

der Nordsee sind in neuester Zeit durch Behrens, VerhoefT, Alfken und Knuth Untersuchungen begonnen worden, aus welchen brauchbare Re- sultate hervorzugehen versprechen. Diese Inseln entbehren allerdings der einheimischen Elemente und sind überhaupt in vieler Hinsicht weniger interessant als die oceanischen Inseln ; aber gerade ihre recente Bildung, die Nähe des Continents, der sicher nachweisbare Ursprung ihrer Flora und Fauna erscheinen geeignet, manche Unterschiede der insularen und continentalen Existenzbedingungen aufzuklären und die Deutung complicierter Verhältnisse auf oceanischen Inseln anzubahnen.

VI. Die Thiere.

Fijj,66, Blüthevon Macroplectmm se- squipedale , das Perigon mit Aus- nahme des Sporns entfernt. B, G.Hei- delberg, Nat. Gr.

Wie auf den oceanischen Inseln ist auch auf den Küsteninseln der Reichthum an insektenblüthi- gen Arten geringer als auf dem Continent; die blosse Abtrennung von letzterem hat demnach das Verschwinden eines Theils dieser Arten zur Folge. Gleichzeitig ist auch eine Abnahme der Insekten bemerkbar. Beide Erscheinungen sind auf die Sturmwinde zurück- zuführen, welche einerseits die Zahl der Insekten und der an dieselben gebundenen Pflanzen- arten vermindern, während sie andererseits die Windblüthen be- günstigen. *)

Die bisherigen Untersuchungen über Blüthenbestäubung sind, mit wenigen Ausnahmen, nur in den temperirten Zonen angestellt wor- den. In den Tropen wurden bis jetzt nur wenige und vorwiegend fragmentarische Beobachtungen ausgeführt, obwohl viele tropische Blüthen formen an ganz bestimmte Bestäuber angepasst zu sein schei- nen; es braucht in dieser Hin- sicht nur an die Orchideen er- innert zu werden. Die Schönheit und der Duft vieler tropischer Schmetterlinge weisen auf einen entsprechend entwickelten Farben- und Geruchsinn hin und die grossen blauen Morphos Süd- Amerika's, die vogelähnlichen glän- zenden Ornithopteren Malayens sind in ihren Heimathländern recht häufig. Aber noch andere Eigen- thümlichkeiten mancher tropischer

J) Vgl. S. 88.

Geographische Verbreitung der Bestäubungsvorrichtungen.

145

Fiß, 6S. Tropische langröhrigc Nacht- firttefblftthen (Hu- btaceaf). t Exu- sttftDii flonliundum

(Sw ) Rom, et

Schult (Antillen).

2 Püfoqucm hir*

3 Öiyanthus

***—"*"» Hott ho*

ftat, Gr.

Schimper, Pflanzengeographie.

146

VI. Die Thiere.

Schmetterlinge kommen hier in Betracht. So haben manche tropische Blüthen ungeheuer lange Röhren, in deren Grund der Nektar sich be- findet (Fig. 66 68), der nur von Schwärmern mit entsprechend langem Rüssel ausgebeutet werden kann. Die längsten Gebilde dieser Art sind die spornähnlichen Aussackungen des Labellum von Macroplectrum sesquipedale Pfitzer, einer madagassischen Orchidee, welche 5 dem lang werden (Fig. 67). Einige im botanischen Garten zu Buitenzorg eultivirte tropische Rubiaceen fielen mir durch die ungewöhnliche Länge ihrer Röhren auf (Fig. 68); Schwärmer mit hinreichend langem Rüssel, um

Fig. 69. Bliithe von Yucca filamentosa und (nach Kerner) die Motte. Nat. Gr.

den in deren Grund befindlichen Nektar zu saugen, kommen in Europa und wohl in der nördlichen temperirten Zone überhaupt, nicht vor.

Macroplectrum sesquipedale dürfte zu denjenigen Arten gehören, deren sehr beschränkte geographische Verbreitung an diejenigen einer sie bestäubenden Insektengattung oder -Art gebunden ist. Einen unzweifelhaften Fall letzterer Art stellen verschiedene Yucca-Arten Nord-Amerika's dar, welche ausschliesslich durch Motten der Gattung Pronuba bestäubt werden. So ist die in unseren Gärten häufig eultivirte, aber stets steril bleibende Yucca filamentosa für ihre Befruchtung von Pronuba yuccasella abhängig (Fig. 69). Da das Insekt für seine Ver- mehrung von der Yucca ebenso abhängig ist, so ist es schwer zu sagen,

2. Pflanzen und Ameisen.

147

welcher der beiden Organismen die geographische Verbreitung des anderen vorwiegend bestimmt (Fig. 69).

Der Vorgang der Bestäubung ist bei Yucca ein höchst eigenartiger. Die Motte legt ihre Eier in den Fruchtknoten, in welchem die Larven sich auf Kosten junger Samen entwickeln sollen. Um die Entwickelung der letzteren zu ermöglichen, vollzieht sie die Bestäubung, indem sie Pollen in die Narbe hineinschiebt. Da viele Samen und nur wenige Larven erzeugt werden, so haben beide Organismen gleichen Vortheil.

Andere Yucca -Arten werden durch andere Arten von Pronuba bestäubt, z. B. Yucca Whipplei in Kalifornien durch Pronuba maculata, Yucca brevifolia in der Mohawewüste durch Pronuba synthetica etc.

Die Abhängigkeit bestimmter Pflanzen von ihren Bestäubern zeigt sich in auffallender Weise auch beim rothen Klee, welcher, an Be- stäubung durch Hummeln gebunden, in Neu-Seeland, wo solche Insekten fehlen, steril bleibt, so dass in neuester Zeit, bloss zu diesem Zwecke, Hummeln nach dort importirt worden sind. (Belt.)

Unzweifelhaft werden fernere Beobachtungen, namentlich in mög- lichst ursprünglich gebliebenen Gegenden, den Zusammenhang zwischen dem Vorkommen bestimmter Insektensippen und an dieselben speciell angepasster Blüthen in zahlreichen Fällen nachweisen. Interessant ist in dieser Hinsicht auch die von Ridley festgestellte Thatsache, dass die Bulbophyllum-Arten der Umgebung von Singapore an die Bestäubung durch eine bestimmte Fliege von sehr specialisirter Geschmackrichtung angepasst sind; von nicht einheimischen Orchideen wurde nur Den- drobium superbum von dieser Fliege besucht.

2. Pflanzen und Ameisen.

Die Ameisen spielen in den temperirten Zonen eine unwesentliche, in den Tropen hingegen eine Hauptrolle im Haushalt der Natur. Sie sind die häufigsten und emsigsten Vertreter der tropischen Insekten- welt; überall sind sie vorhanden, im Beutesuchen unermüdlich, dabei meist ganz unerschrocken und zum Angriff stets bereit, wozu ihnen scharfe Gebisse oder Giftstacheln zur Verfugung stehen. Im östlichen Theile der Tropen sind sie für die Vegetation wenig schädlich, indem sie sich, ähnlich wie in den temperirten Ländern, vornehmlich mit ab- gestorbenen Pflanzenresten oder mit den süssen Ausscheidungen der an Laubblättern befindlichen Nektarien, auf welche zurückzukommen sein wird, begnügen. Im tropischen Amerika hingegen sind die sogenannten Blattschneider oder Schlepper, Ameisen der Gattung Atta, geradezu als die gefahrlichsten Feinde der Vegetation zu bezeichnen.

10*

148

VL Die Thiere.

Fig. 70. Schnitte an Cuphea-Blättern, in 5 bezw.

4 Minuten von Atta discigera ausgeführt. Nat. Gr.

Nach Alf. Möller.

Fig. 72. Ein Blatt der Aipimpflanze, an

welchem Atta discigera thätig war. Schliess-

Fig. 71. Atta discigera, mit Schnittstücken an lieh wäre das ganze Blatt auf den gleichen

einer geplünderten Aipimpflanze herabsteigend. Zustand, wie rechts unten an der Mittelrippe,

Nat. Gr. Nach Alf. Möller. reducirt worden. Nat. Gr. Nach Alf. Möller.

2. Pflanzen und Ameisen.

149

§. 1. Die Ameisen als Pilzzüchter. Die Raubzüge der Schlepp- ameisen im tropischen Amerika sind jedem Reisenden wohl bekannt und häufig geschildert worden. Ein grüner Strom zieht quer durch den Waldpfad, wandernde Blattstücke von Groschengrösse, jedes auf dem Kopf einer Ameise senkrecht stehend. Bei gewissen Arten be- gleiten grossköpfige unbeladene Soldaten den Zug. Letzterer kommt von einer Pflanze, auf welcher die keineswegs furchtsamen Thierchen bei ihrer Arbeit leicht beobachtet werden können. Ein Stück aus dem Blattrande wird mit den scheerenartigen Kinnbacken in wenigen Minuten herausgeschnitten (Fig. 70) und mit ruckartiger Bewegung auf den Kopf

Fig. 73. In der . Gefangenschaft innerhalb dreier Tage auf einem Teller erbauter Pilzgarten der Schlepperameise (Atta IV). Nat. Gr. Nach Alf. Möller.

gestellt. So beladen schliesst sich die Ameise der heimkehrenden Schaar an (Fig. 71).

Die heimgesuchte Pflanze wird manchmal, jedoch nicht immer, erst verlassen, nachdem sämmtliches Laub mit Ausnahme besonders harter Rippen und Stiele fortgeschleppt worden ist. Es ist merkwürdig, dass die Schlepper ihre Beute so häufig in grösserer Entfernung holen, ob- wohl ihnen zusagende Pflanzen in der Nähe sind ; Belt fand sie manch- mal eine halbe englische Meile weit von ihrem Neste beschäftigt. Wahr- scheinlich hängt dieses damit zusammen, dass, wie Alf. Möller feststellte, die gleiche Pflanzenart abwechselnd verschmäht und aufgesucht wird, was nur dadurch erklärlich erscheint, dass es darauf ankommt, ein be-

I 50 VI. Die Thiere.

stimmtes Gemisch herzustellen, bezw. in seinen unbrauchbar gewordenen Bestandtheilen zu erneuern. Nicht bloss Blätter, sondern auch Blüthen, Früchte und Samen, bezw. Theile solcher werden eingeheimst.

Die Schleppameisen verschwinden mit ihrer Beute in die Eingangs- öffnungen ihrer Nester, welche entweder in einer flachen, natürlichen Höhlung, wie bei den besonders gut untersuchten Atta discigera und A. hystrix Südbrasiliens liegt oder in festen Boden gegraben ist, wie bei Atta coronata und wahrscheinlich den meisten Arten. Was mit den in so grosser Menge eingeheimsten Blattstücken geschieht, ist bis vor Kurzem ein ungelöstes Räthsel geblieben. Bates Hess dieselben zum Ueberziehen der Wände verwenden, Mac Cook glaubte an die Erzeugung einer Art Papier zu inneren Constructionen , Th. Belt aber sprach die abenteuerlichste Vermuthung aus, dass nämlich die Ameisen auf den faulenden Blattmassen Pilzzucht betreiben. Der geniale „Naturforscher in Nicaragua*' hatte, wie immer, das Richtige getroffen. Alf. Möller hat in einer Untersuchung, welche ein auf dem Gebiete der Oekologie seltenes Beispiel von mit Kritik verbundenem Scharfsinn darstellt, die Richtigkeit des stets bestrittenen oder bespöttelten Belt'schen Satzes:44 I believe .... that they are, in reality mushroom growers and eaters"1) endgültig nachgewiesen.

Die heimgebrachten Blattstücke dienen nur zum kleinen Theile zur Bedeckung der Nester. Die Hauptmasse wird von den Ameisen weiter zerschnitten und mit Füssen und Kinnbacken derart weich geknetet, dass nur noch wenige Zellen unversehrt bleiben. So zubereitet, werden die nun formlosen Klümpchen einer grobporigen schwammigen Masse hinzugefugt, welche das Innere des Nestes ausfüllt und den Pilzgarten darstellt (Fig. 73).

Die Klümpchen, deren anfänglich grüne Farbe zunächst ins blau- schwärzliche und schliesslich ins gelbbraune übergeht, sind von zarten Pilzfäden zusammengehalten und durchzogen. Bei genauerer Be- trachtung entdeckt man ausserdem zahllose weisse Körperchen von höchstens 1j% mm. Grösse, die den Pilzfäden seitlich entspringen und von Möller Kohlrabihäufchen genannt werden (Fig. 74). Sie be- stehen aus einer Gruppe kurzer Aeste mit knotenförmig oder kugelig erbreitertem Ende und sehr reichem Plasmagehalt. Die Kohlrabi- häufchen bilden die wichtigste, wenn nicht die einzige Nahrung der Ameisen und stellen eine durch deren Züchtung entstandene Neubildung dar.

Die Kohlrabihäufchen treten an dem frischen Klümpchen bereits nach kurzer Zeit und verschwinden, wenn letztere eine braungelbe Färbung annehmen. Möller hat durch sinnreiche Versuche das ganze

*) „Ich glaube, dass sie in Wirklichkeit Pilzzüchter und Esser sind."

2. Pflanzen und Ameisen. je i

Treiben der Ameisen in ihren Pilzgärten klargestellt und gezeigt, wie die kleinsten Arbeiterinnen alle fremden Organismen fernhalten, derart, dass die Klümpchen ohne weiteres zu Reinculturen verwendet werden konnten und wie dieselben durch fleissiges Abbeissen der Luftfäden das nachher zu schildernde „ins Kraut schiessen" verhindern; er hat auch das Verzehren der Kohlrabihäufchen in zahlreichen Fällen direkt be- obachtet und festgestellt, dass Fehlen derselben den Tod der Ameisen durch Verhungern herbeiführt.

Der Pilz verbleibt in der Regel auf dem eben geschilderten rein vegetativen Zustande. Nur ausnahmsweise und unter unbekannten Be- dingungen entwickeln sich aus dem Mycel stattliche hutförmige Frucht- körper von reinem Agaricineentypus und krönen den Gipfel des Ameisen- nestes, — eine um so mehr in die Augen fallende Erscheinung, als grosse Hutpilze im tropischen Regenwalde selten sind. Der- artige Befunde haben es Möller möglich gemacht, die systema- tische Stellung des Pilzes voll- kommen sicher zu ermitteln. Der- selbe stellte sie als neue Art der Gattung Rozites dar, R. gon- gylophora Moll. ^

Die vier bei Blumenau vor- kommenden Atta -Arten cultiviren

4 \^ * ^ ■Fl I Jl^"

dieselbe Pilzart ; hingegen ist die- ., ^ .

j Fig. 74. Kohlrabihäufchen von Rozites gon-

selbe ausserhalb der Ameisen- gy^ora Moll., dem Pilze der stidbrasilian^ nester nie gefunden worden. Es sehen Atta-Arten. Vergr. 150. NachA. Möller.

handelt sich demnach um einen

hochentwickelten Fall der gegenseitigen Anpassung ungleicher Organismen.

Die Entfernung der Ameisen aus dem Pilzgarten hat nach wenigen Tagen das Auftreten eines sehr reichen Luftmycels zur Folge, an welchem zweierlei Conidien abgeschnürt werden. Das üppige Wachs- thum bedingt nicht bloss rasche Erschöpfung des Substrats, sondern auch die Entleerung der Kohlrabihäufchen, bezw. das Ausbleiben der Bildung derselben.

Möller konnte durch Cultur in Nährlösung den Pilz zur Bildung von Kohlrabihäufchen veranlassen, welche mit denjenigen der Pilzgärten identisch waren und ebenso gerne wie diese von den Ameisen verzehrt wurden. Die eigenartigen Bildungen stellen demnach keineswegs Ameisengallen dar, sondern sind ein Produkt der Cultur, vergleichbar dem Kohlrabi. Der phylogenetische Ausgangspunkt ihrer Bildung ist in der Neigung des Pilzes zu suchen, allerlei Anschwellungen zu erzeugen.

Die Schlepper sind nicht die einzigen pilzzüchtenden Ameisen. Eine

152

VI. Die Thiere.

itlrTrl Jjr

der Töchter Fritz Müller's, Frau Brockes, hat dieselben Gewohnheiten bei einer zweiten Ameisengattung, Apterostigma, in der Umgebung von Blumenau entdeckt, und Alf. Möller hat die Pilzgärten dieser durch reiche Behaarung ausgezeichneten und daher Haarameisen genannten Thier- chen näher untersucht. Die letzteren gehören zu vier verschiedenen Arten: Apt. Mölleri Forel, Apt. pilosum Mayr, Apt. Wasmanni Forel und einer noch unbenannten Art, Apt. IV. Sie leben in viel kleineren Gesellschaften als die Atta-Arten und bauen entsprechend kleinere Gärten, zu welchen sie vornehmlich das durch die Thätigkeit von Insektenlarven gebildete Holzmehl und die Excremente der letzteren verwenden.

Endlich lernte Möller auch die Höckerameisen, Arten der Gattung Cyphomyrmex (C. auritus Mayr und C. strigatus Mayr) als Pilz- züchter kennen. Ihre Pilzgärten sind denjenigen der Haarameisen ähnlich. Die Pilze der Haarameisen und Höckerameisen sind unter sich

sowohl als von dem Atta -Pilze specifisch verschieden, dagegen züchten die verschiedenen Arten einer jeden Ameisengattung die gleiche Pilzart. Der Apterostigma- und der Cyphomyrmex - Pilz er- zeugt, wie der Atta-Pilz, Kohlrabi, doch von etwas abweichender Struktur und bildet ebenfalls, nach Entfernung der Ameisen, ein üp-

Fig. 75. Kohlrabihäufchen des Pilzes einer PJ& wucherndes, Conidien abschnü- südbrasilianischen Höckerameise, Cyphomyrmex rendes Luftmycel. Leider Wurde

strigatus. Vergr. 270. Nach Alf. Möller. die höchste Fruchtform nicht be- obachtet, so dass die systema- tische Stellung der unzweifelhaft zu den Basidiomyceten und wahrschein- lich zu den Agaricinen gehörigen Pilze der Haar- und Höckerameisen noch nicht genau festgestellt ist.

Die Kohlrabihäufchen der verschiedenen Ameisen - Arten sind in hohem Grade instructiv, indem sie auf ungleichen Stufen der Züchtung verbliebene Gebilde darstellen. Das vollkommenste Produkt haben die Atta- Arten erzielt (Fig. 74). Etwas weniger vollkommen sind die Kohlrabi- häufchen von Apterostigma Wasmanni, indem die einzelnen Kohlrabiköpfe niemals die Gestalt von Kugeln, sondern diejenige angeschwollener Keulen besitzen und zu weniger bestimmten Häufchen gruppiert sind. Ausser- dem wachsen sie, im Gegensatz zu denen des Atta-Pilzes, in Nährlösung regelmässig zu gewöhnlichen Fäden aus und bekunden dadurch, dass sie ihre Fadenform weniger eingebüsst haben. Noch auf etwas nied- rigerer Stufe, trotz besser begrenzter Gesammtgestalt , finden wir die Kohlrabihäufchen des Cyphomyrmex strigatus (Fig. 75); die unvoll-

2. Pflanzen und Ameisen. IC 3

kommensten Bildungen zeigen sich aber in den Gärten von Cypho- myrmex auritus, Apterostigma pilosum, Apt. Mölleri, Apt. IV, wo die Anschwellungen noch keinen bestimmten Ort der Vorkommens am Faden und kein bestimmtes Maass ihrer Stärke aufweisen.

Ein so verheerender Factor, wie ihn die Schleppameisen im tro- pischen Amerika, namentlich am Aequator und nördlich desselben dar- stellen, kann nicht ohne Einfluss auf den Charakter der Vegetation geblieben sein. Das Schicksal der eingeführten Gewächse ist in dieser Hinsicht lehrreich. Manche derselben werden derartig bevorzugt, dass ihre Cultur da, wo Schlepper sehr häufig sind, ganz unmöglich ist, wie die Rosen, Orangen, Kaffee, Cichorien, Mango, Kohl; andere hingegen bleiben verhältnissmässig ganz verschont, wie Eucalyptus, die Ramiepflanze (Böhmeria), Gramineen, Heliotrop, Magnolien, Lorbeer, Cucurbitaceen, Wermuth, Rettig, Petersilie, Sellerie etc.1)

ß

Fig. 76. Acacia sphaerocephala. / Stammstück mit Stacheln und einem Blatte, letzteres mit

den Belt'schen Körperchen F. Auf dem Blattstiel bei N ein Nectarium. Verkleinert.

II Einzelnes Blattfiederchen, etwas vergr. B. L.

Aehnliches ist von der tropisch-amerikanischen Vegetation vor dem Auftreten der Schlepper anzunehmen. Sie umfasste einerseits besonders häufig heimgesuchte, anderseits selten oder gar nicht berücksichtigte Arten. Die ersteren wurden, wenn sie nicht zu den am schnellsten wachsenden und häufigsten Arten gehörten, entweder vollständig ver- nichtet, oder sie persistierten nur in solchen Exemplaren, welche irgend einer Eigenschaft individuelle Immunität verdankten. Diese Eigenschaft wurde sodann im Kampfe gegen die Schlepper gezüchtet.

Die schützenden Eigenschaften dürften in manchen Fällen histo- logischer Natur sein, so bei faserreichen Gewächsen, wie Gramineen,

*) MöUer 1. c. S. 83. Diese Angaben gelten zunächst nur für Südbrasilien. Die Atta- Arten am Aequator mögen z. Th. andere Neigungen haben.

IJ4 VI- Die Thiere.

Palmen, Bromeliaceen , die zu den am seltensten oder gar nicht zer- schnittenen Gewächsen gehören. Im anderen Falle handelt es sich wahr- scheinlich um scharf schmeckende und riechende oder giftige Stoffe, oder uni kautschukreichen, sehr zähen Milchsaft, welch letzterer jedoch nicht immer schützt (Manihot). Die Zahl der aromatischen Pflanzen ist sowohl unter den bevorzugten als unter den beinahe stets verschmähten relativ sehr gross, was darauf hinzuweisen scheint, dass bestimmte aethe- rische Oele die Schleppameisen anziehen, während andere dieselben abstossen. Solche Erscheinungen geben Winke bezüglich der Bahnen, welche die natürliche Zuchtwahl im Kampfe der Vegetation gegen die Schlepper befolgt haben muss.

Während die in der Pflanze selbst befindlichen Schutzmittel, welche bedingen, dass viele Arten ganz, andere mehr oder weniger von den Blattschneidern verschont werden, zur Zeit nur den Gegenstand von Hypothesen bilden können, ist für gewisse Arten der Nachweis geliefert worden, dass sie, um ihre Angreifer abzuwehren, ein symbiotisches Ver- hältniss mit bestimmten kampflustigen Ameisen eingegangen sind und dadurch einen nahezu vollkommenen Schutz erhalten haben.

§ 2. Myrmecophilie. Mit Anpassungen zum Anlocken von Ameisen versehene Gewächse werden myrmecophil genannt. Wie das Vorkommen solcher Vorrichtungen in den Tropen der alten Welt beweist, ist die Myrmecophilie auch gegen andere Feinde der Vege- tation zur Ausbildung gelangt und zwar vornehmlich zum Schutze der Blüthen gegen Insektenfrass. Hingegen sind in der temperirten Zone, entsprechend der relativ geringen Häufigkeit der Ameisen, für die letzteren bestimmte Lockmittel nur bei wenigen Pflanzen als schwache Andeutung vorhanden. Die typische Myrmecophilie gehört zu den Eigenthümlichkeiten der tropischen Flora.

Als eigentlicher Entdecker der Myrmecophilie muss Th. Belt gelten, wenn auch Delpino auf Grund eines viel weniger beweisenden Materials, ungefähr gleichzeitig und selbständig die gleiche Idee aus- sprach. Belt lernte in Nicaragua und am Amazonas mehrere Ameisen- pflanzen kennen, in erster Linie jedoch beschäftigte ihn die Acacia cornigera, welche, nebst der sehr ähnlichen Ac. sphaerocephala seitdem mehrfach wieder untersucht, jetzt zu den best bekannten Beispiele^ für diese Gruppe von Erscheinungen gehört (Fig. 76). Beide Acacien und mit ihnen noch mehrere andere Arten besitzen grosse, hohle, relativ dünnwandige Stipulardornen , welche einer bestimmten Art bissiger Ameisen, die sich in der Nähe der Spitze eine Eingangsöffnung durchbohrt, als Wohnung dienen. An den Enden der Blättchen, meist aber nur in der oberen Hälfte des Blatts, befinden sich kleine ei- oder birnförmige Gebilde, welche von den Ameisen eifrig gesammelt und verzehrt werden. Diese nach ihrem Entdecker Belt'sche Körperchen

2. Pflanzen und Ameisen.

155

genannten Nahrungskörper sind morphologisch wohl als umgebildete Drüsen zu betrachten. Sie unterscheiden sich jedoch von allen be- kannten Drüsen durch bestimmte Merkmale, welche, mit der in solchen Dingen überhaupt möglichen Gewissheit, als Anpassungen an die Ameisen betrachtet werden dürfen, nämlich durch bedeutendere Grösse, längere Dauer, Reichthum an Eiweissstoffen , leichtes Abfallen beim Berühren. Zudem ist eine secernirende Thätigkeit, wenigstens auf den späteren Stadien der Entwickelung nicht vorhanden. Besonders fällt aber der Umstand ins Gewicht, dass ganz ähnliche Körperchen bei der Moraceengattung Cecropia und der Acanthaceengattung Thunbergia ebenfalls im Zusammenhang mit Schutzameisen vorkommen. Derartiges ist bei anderen Pflanzen nie beobachtet worden. Ausserdem bietet ein an der Basis des Blattstiels befindliches Nektarium zuckerreiche Flüssigkeit.

Unter allen Ameisenpflanzen sind bisher keine so gründlich nach allen Beziehungen untersucht worden, wie einige Arten der Gattung Cecropia, namentlich die südbrasilianische C. adenopus.

Die Cecropien (trumpet trees, bois canot, pao de imbaüba) gehören zu den am meisten in die Augen fallenden Bäumen des tropischen Amerika. Sie sind weit verbreitet und überall häufig, in den Regenwäldern wie in den dünnen Waldstrichen der xerophilen Gebiete und in den jungen Wäldern (capoeiras der Brasilianer), welche, in regenreichen Gebieten, verlassenen cultivirten Boden bald bedecken oder zerstörten Urwald ersetzen. Ueberall erheben sich, kandelaber- ähnlich, ihre schlanken, von kurzen Stelzwurzeln getragenen Stämme, welche sich oberwärts in wenige, einfache oder nur wenig zertheilte Aeste spalten; die grossen, handförmig gelappten Blätter sind nur an den Astenden vorhanden.

Stets laufen einige emsige Ameisen auf Aesten und Blattstielen der Cecropia adenopus. Berührt man aber den Baum etwas unsanft, so stürzt aus winzigen Oeffnungen des Stammes und der Zweige ein Ameisenheer hervor und greift den Ruhestörer wüthend an. In St. Catharina ist es stets dieselbe Ameisen-Art, Azteca instabilis und dieselbe kommt anscheinend nur in den Cecropien vor. Sie gehört zu den kampflustigsten der mir bekannten Ameisen und zu denjenigen, deren Stich am empfindlichsten ist. Sie übertrifft in beiden Richtungen die Ameisen, welche ich als Bewohner anderer Pflanzen kennen lernte, namentlich auch, trotz der wohl übertriebenen Schilderungen der Reisenden, diejenigen der „lebenden Ameisennester** des malayischen Archipels, Myrmecodia und Hydnophytum, die nachher geschildert werden sollen.

Die gefährlichsten Feinde des Imbaubabaums sind die Blatt- schneiderameisen, d. h. sie würden es sein, wenn sie nicht durch die

156

VI. Die Thiere.

stammverwandte Schutzarmee ferngehalten werden würden. Sie haben für das Cecropialaub eine solche Vorliebe , dass Fritz Müller und ich bei Blumenau niemals einen der selten vorkommenden unbewohnten Bäume fanden, dessen Blätter nicht bis auf die Rippen zerschnitten worden wären, während kein Baum mit Schutzarmee die Spuren solcher Thätigkeit aufwies. Nur während der niedrigsten Wintertemperaturen ist der Baum dem Feinde preisgegeben, da die Schutzameisen gegen

Kälte weit empfindlicher sind als die Schlepper. *) Andere Thiere werden, wie es scheint, nicht fern- gehalten. Raupen kom- men auf dem Baume vor, allerdings ohne grossen Schaden zu verrichten, und das Faulthier zeigt für denselben eine solcheVor- liebe, dass es in Brasilien nach ihm (imbaüba) ge- nannt wird. Keiner dieser Feinde kann sich aber an verheerender Thätig- keit mit den Schlepp- ameisen messen.

Die nähere Unter- suchung lehrt, dass der Im- baubabaum seinen Gästen Wohnung und Nahrung bietet. Die Mitte des Stam- mes ist von einer quer ge- fächerten Höhlung durch- zogen, welche sich von unten nach oben, ent- sprechend der Breiten- zunahme des wachsenden Gipfels, trichterförmig er- weitert, so dass die obersten Stammkammern viel geräumiger sind als die in unseren Abbildungen dargestellten. Die Höhlung, also der Wohnraum der Ameisen, stellt trotz seiner eminenten Brauchbarkeit, keine Anpassung an die Gäste dar ; vielmehr zeigt sich die gleiche Er- scheinung bei vielen anderen Gewächsen und ist auf das mechanische

Fig. 77. Längsgespaltenes Stück eines jungen Stammes

von Cecropia adenopus. Centrale Höhlung mit durch die

Ameisen durchbohrten Querfiichern und Ameisenbauten.

Nat. Gr.

*) Möller 1. c. S. 82.

2. Pflanzen und Ameisen.

157

Bauprincip der Biegungsfestigkeit bei kleinstem Aufwand von Baumaterial zurückzuführen. Die Wohnung hat dem Zusammenleben präexistirt (Fig. 77).

Mit der Thüre verhält es sich anders. Hier zeigt sich eine unzweifelhafte Anpassung. Oberhalb einer jeden Blattin- sertion läuft nahezu bis zum nächsten Knoten eine flache Rinne, deren Gipfel bei amei- senfreien Bäumen oder an jungen, noch nicht bewohnten Internodien eine rundliche Vertiefung zeigt (Fig. 78). Da der äusseren eine innere Ver- tiefung entspricht, so ist an dieser Stelle die Wand sehr dünn und stellt nur ein Dia- phragma durch eine Röhre dar (Fig. 79). Das Diaphragma weicht in seiner histologischen Zusammensetzung wesentlich von den benachbarten Wand- theilen ab, denn es entbehrt der harten und zähenElemente, wie Gefassbündel,Collenchym, verholztes Parenchym , die eine Hauptmasse der Gewebe an allen anderen Stellen bil- den. Die Gefässbündel ent- stehen hinter der Rinne erst nachträglich; sie hören aber dicht unterhalb des Dia- phragma auf. Das Diaphragma ist die vorgezeichnete Thüre ; stets wird nur an dieser Stelle gebohrt.

Die Untersuchung der Ent- wicklungsgeschichte zeigt, dass das erste Auftreten der Vertiefung auf den Druck der kleinen Axillarknospe zurück- zufuhren ist , welche auf unserem Bilde an der Basis des Internodium sichtbar ist (Fig. 78). Dieser Druck findet während des ganzen Längen-

Fig. 78. Cecropia adenopus. Gipfel eines jungen Stammes. Am Internodium, a eine noch nicht durch- bohrte Eingangsstelle; in b ist dieselbe durchbohrt. Nat. Gr.

Ij8 VI. Die Thiere.

wachsthums des letzteren statt und bedingt die Entstehung der Rinne. Die Gewebe hinter derselben werden denjenigen der nicht eingedrückten Theile gleich, mit Ausnahme des zuerst entstandenen Grübchens, das nach Aufhören des Drucks an Umfang zunimmt und gleichsam weiter modellirt wird.

Bei dem phylogenetischen Beginn des Zusammenlebens bohrten die Ameisen ihre Eingangsöffnung offenbar in der Rinne, weil die Wand dort etwas dünner war, und zwar, entsprechend einer mit inneren Ein- richtungen zusammenhängenden Gewohnheit, die sich beinahe überall wiederzeigt, möglichst im oberen Teile ihrer Wohnung. Alle das Durch- bohren dieser Stelle erleichternden Eigenschaften mussten im Kampfe ums Dasein erhalten und weiter gezüchtet werden.1) Sie führten

Fig« 79« Cecropia adenopus. Theil des Querschnitts einer Internodiumwand mit der ver- dünnten Stelle. Schwach vergr.

schliesslich zur Ausbildung des geschilderten dünnen und weichen Diaphragma.

Die Cecropia-Ameisen geben sich in ihren Wohnräumen mit Aphiden- zucht ab und würden dieselben wenig verlassen und das Laub selten oder nicht aufsuchen, wenn dasselbe nicht eine fortwährende Besich- tigung lohnte. Die Basis der Blattstiele ist nämlich an der Rückseite von einem braunsammetenen Haarüberzug bedeckt , auf welchem , bei unbewohnten Bäumen, eiähnliche, etwa 2 mm lange Körperchen von weisslicher Farbe ganz lose liegen (Fig. 80). Die Anwesenheit solcher Gebilde, die nach ihrem Entdecker, Fritz Müller, Müller'sche Körper- chen genannt werden, ist ein sicheres Zeichen, dass der Baum un-

*) Ich habe auf den Bergen zwischen den Provinzen Rio und Minas eine Cecropia- Art beobachtet, welche auf tieferer Stufe der Anpassung verblieben zu sein scheint, unter anderen dadurch, dass die „Thüre" bei jungen Pflanzen fehlte. Doch blieben die Beob- achtungen sehr fragmentarisch.

2. Pflanzen und Ameisen.

159

bewohnt ist ; so sind sie in unseren Gewächshäusern stets sichtbar. Den bewohnten Bäumen fehlen sie an der Oberfläche der Polster gänzlich, indem sie fortwährend von den ewig nach ihnen fahndenden Ameisen, ähnlich wie bei Acacia cornigera, sofort eingeheimst und verzehrt werden. Die Müllerschen Körperchen bestehen wie die Belt'schen aus zartem, eiweiss- und fettreichem Parenchym.

Wie die Ameisenpilze und die genannten Acacien, stellt auch Cecropia den Ausnahmefall eines Preisgebens von Eiweissstoffen, sogar in relativ reichlicher Menge, seitens einer Pflanze dar, denn die Müller'schen Körper werden fortwährend und in reichlicher Menge erzeugt. Durchschneidet man den braunen Sammetüber- zug (Fig. 81), so sieht man, zwischen den Haaren ver- borgen, zahlreiche dicht ge- drängte Gebilde der ge- schilderten Art in den verschiedensten Stadien der Entwickelung. Zur vollen Grösse herangewachsen, lö- sen sie sich an der Basis ab und werden durch den Druck der seitlich ausein- ander gedrängten elastischen Haare nach der Oberfläche geschoben.

Die Entwicklungsge- schichte sowie die Anwesen- heit einer Spaltöffnung am Gipfel zeigt, dass die Müller'- schen Körperchen, ähnlich wie die Belt'schen, als meta-

morphosirte Drüsen aufzufassen sind; Drüsenfunktion kommt ihnen jedoch, auch in den Anfangsstadien, gar nicht mehr zu. Während normale Blattdrüsen sonst nur an jungen Blättern vorhanden sind und alsbald absterben, werden die in Nahrungskörper für Ameisen umge- wandelten Drüsen der Cecropia während der ganzen Lebensdauer des Blattes fortwährend neu gebildet und fortwährend, strotzend mit Ei- weissstoffen, abgelöst.

Die Annahme, dass die Eingangsthüre und die Müller'schen Körperchen Anpassungen an Ameisen darstellen, wurde in überraschender Weise be- stätigt durch die Entdeckung auf dem Corcovado bei Rio de Janeiro, einer

Fig. 80. Cecropia adenopus. Blattstielbasis mit Polster und Müller'schen Körperchen. Nat. Gr.

i6o

VI. Die Thiere.

Cecropia-Art, welche sowohl der Ameisen als auch der vor- gebildeten Eingangsthüre und der Müller'schen Körperchen entbehrt (Fig. 82). Auch hier drückt die junge Axillarknospe auf das Internodium und bedingt die Entstehung zunächst einer isodiametrischen Vertiefung, die sich später, dem Längen wachsthum entsprechend, zu einer Rinne fortsetzt. Aber die zuerst entstandene Vertiefung unter- scheidet sich weder äusserlich, noch in der Beschaffenheit der hinter ihr befindlichen Gewebe, von der Rinne, deren oberstes Ende sie bildet. Trotz dem Fehlen der Schutzarmee zeigte sich die ameisenfreie Cecropia ganz unverletzt, anscheinend weil der Wachsüberzug des Stammes das Hinaufklettern der Blattschneider verhindert. Es ist näm- lich experimentell nachgewiesen, dass ein Wachsüberzug ein unüberwindliches Hinder- niss darstellt.1)

Cecropia adenopus, welcher sich wohl die Mehrzahl der anderen Arten der Gattung anschliesst, stellt eine höhere Stufe der An- passung dar, als Acacia cornigera u. A. sphae- rocephala, indem sie ausser den Nahrungs- körperchen noch die vorgebildete Bohrstelle als Anpassung aufweisen kann. In letzterer Hinsicht schliesst sich das von Beccari auf Borneo entdeckte Clerodendron fistulosum den Cecropien an. Andere Arten sind hin- gegen noch einen Schritt weiter gelangt, indem es bei ihnen zur Bildung einer Oeff- nung durch die Wand des hohlen Inter- nodium gekommen ist. Die Ursachen, die zur Bildung einer Oeffnung fuhren, sind noch nicht aufgeklärt ; es dürfte sich in gewissen Fällen um die Folgen einer Spannung, in anderen vielleicht um Absterben der Gewebe an einer circumscripten Stelle handeln.

Die Oeffnung ist bald schmal spaltenartig, so dass sie von den Ameisen erbreitert werden muss (Duroia hirsuta, nach Schumann), bald ist sie von Anfang an mehr rundlich, lochartig, so dass sie der späteren Verwendung vollkommen entspricht (Fig. 83 , 1 3).

Das spontane Auftreten einer Oeffnung in der vorher intakten Wand hohler Internodien wurde zuerst von Bower für Humboldtia lauri- folia, sodann von Schumann für mehrere Arten wahrscheinlich ge- macht. Zu vollkommener Sicherheit darüber kam ich im botanischen Garten zu Buitenzorg, wo ich ganz ameisenfreie Exemplare von

Fig. 81. Cecropia adenopus. Theil des Sammetüberzuges an der Blattstielbasis mit Müller'schen Körperchen in verschiedenen Entwickelungsstadien. Schwach vergr.

l) Schimper 1. c. S. 66.

2. Pflanzen und Ameisen.

161

der und

im ver-

Humboldtia laurifolia, Triplaris americana und der bisher als Ameisen- pflanze noch nicht erkannten Ficus inaequalis1) mit einer wohl aus- gebildeten Eingangsöffnung am oberen Ende der meisten oder aller Internodien beobachtete.

Von den drei letzterwähnten Fällen ist derjenige äquatorialen Südamerika verbreiteten Triplaris americana , wandter Arten derselben Gattung, der ein- fachste. Hohle Axen sind bei der Familie der Polygonaceen häufig ; die Wohnung ist hier also ebensowenig als bei Cecropia eine Anpassung an die Ameisen. Dagegen dürfte die Eingangsöffnung mit Sicherheit als solche beansprucht werden. Nahrungs- körperchen, denjenigen von Cecropia und Acacia cornigera vergleichbar, fehlen, da- gegen sind extraflorale Nektarien an den Blättern vorhanden. Das Vorkommen der letzteren Bildungen , d. h. von Zucker se- cernirenden Drüsenorganen ausserhalb der Blüthen und ohne ökologischen Zusammen- hang mit der Bestäubung, ist bei den von Ameisen bewohnten Pflanzen eine sehr häu- fige Erscheinung.

Bei Ficus inaequalis, welcher sich eine Anzahl anderer nachgewiesenermaassen von Ameisen bewohnten Gewächse anschliesst (z. B. Duroia-Arten), ist nicht bloss die Oeff- nung, sondern anscheinend auch der Hohl- raum als Anpassung entstanden, denn der letztere ist nur an einem Theile der Inter- nodien vorhanden und nimmt nur die obere Hälfte des betreffenden Internodiums ein, so dass das Princip der Biegungsfestigkeit auf ihn keine Anwendung mehr finden kann. Ob Humboldtia laurifolia sich dem letzt- erwähnten oder dem Triplaris -Typus an- schliesst, muss ich dahingestellt lassen. Hier

sind an den Blättern und Nebenblättern zahlreiche schönrothe Nektarien vorhanden. Cordia nodosa (Fig. 84), von welcher ich zahlreiche Exemplare bei Pernambuco wild wachsend beobachten konnte, gehört wiederum

Fig. 82. Stammstück einer ameisen- freien Cecropia- Art des Berges Cor- covado bei Rio de Janeiro. Nat. Gr.

') Allerdings bleibt an natürlichem Standorte der Nachweis zu liefern , dass die

Höhlungen von Ameisen bewohnt sind. Im botanischen Garten zu Singapore waren die meisten bewohnt

Schimper Pflanzengeographie. II

IÖ2 VI. Die Thiere.

einem anderen Typus an. Hier trägt das lange untere Internodium des in seinem oberen Theile straussartig gestauchten fertilen Sprosses, dicht unterhalb der Blätter und Inflorescenzen eine seitliche Blase, zu welcher zwischen den Blattstie laxen eine kleine vorgebildete Oeffnung fuhrt. Ich fand die Blase stets von winzigen Ameisen bewohnt. Hier zeigt sich sehr deutlich die Beziehung der Wohnräume der Ameisen zu den Blüthen und ähnliches wiederholt sich in zahlreichen anderen Fällen,

Fig. 83. Myrmecophilen. / Ficus inaequalis (Hort. Singapore). 2 Triplaris americana, 1. jung. Hort. Bogor., r. T. Caracasana, alt: Caracas. 3 Humboldtia laurifolia. (Hort. Bogor.)

Nat. Gr. R. Anheisser del.

z. B. bei der Lauracee Pleurothyrium macranthum, wo nur die Inflorescenzaxen hohl und von Ameisen bewohnt sind.

Die berühmten Ameisenpflanzen des malayischen Archipels, Arten von Myrmecodia und Hydnophytum (Fig. 85 und 86), stellen einen von den vorigen ganz abweichenden Typus axialer Höhlungen dar. Es handelt sich hier nicht mehr um eine einzige centrale Höhlung in einem cylindrischen holzigen Internodium, sondern um zahlreiche

2. Pflanzen und Ameisen.

163

schwammartig communicirende Räume in einem saftigen Knollen, welcher wohl, da die betreffenden Pflanzen Epiphyten sind, in erster Linie als Wasserspeicher dient. Das Wasser befindet sich im Parenchym der mehr oder weniger dünnen Scheidewände; die Räume selbst sind lufthaltig und von Ameisen bewohnt. Ziemlich zahlreiche, aber sehr kleine Oeffnungen vermitteln den Verkehr nach aussen. Aus ihnen stürzen die Thierchen angriffbereit hervor, sobald der Knollen berührt wird. Ich habe Myrmecodia echinata und Hydnophytum montanum an verschiedenen Stellen auf Java wildwachsend beobachtet und die Knollen stets bewohnt gefunden. Der grösste von mir beobachtete Knollen ist Fig. 86 auf ein Drittel verkleinert, nach dem in Alkohol conservirten Exemplar abgebildet.

Fig. 84. Cordia nodosa. Scheinwirtel mit Blüthenstandstiel und Blase, '/a nat. Gr.

In ausgezeichneter Weise wurde durch Treub Structur und Ent- wickelung der Knollen von Myrmecodia und Hydnophytum dargestellt. Er lieferte den Nachweis, dass die von Rumphius und späteren Be- obachtern als eine Art Ameisengallen aufgefassten Bildungen, mit allen ihren Eigenthümlichkeiten ohne jede Mitwirkung der Ameisen zu Stande kommen. In Bezug auf die Function drückte sich Treub sehr vor- sichtig aus; doch glaubt er nicht in den Knollen Anpassungen an Ameisen erblicken zu dürfen, sondern ist eher geneigt, den Nutzen der Innenräume mit der Durchlüftung in Beziehung zu bringen. Die Mehrzahl der Forscher, die sich mit den von Ameisen bewohnten Pflanzen beschäftigt haben und in bestimmten Fällen Gewissheit über Anpassungen an die letzteren erlangt haben, werden es vorziehen,

164

VI. Die Thiere.

Myrmecodia und Hydnophytum zu den Myrmecophilen zu rechnen. Ein Beweis für diese Ansicht ist jedoch nicht geliefert worden.

Die als Ameisenwohnungen dienenden Phyllombildungen sind noch beträchtlich mannigfaltiger als die in solcher Weise benutzten Axen- theile und zum Theil höchst eigenartig; dennoch handelt es sich in allen zu dieser Gruppe gehörigen Fällen höchstens um muthmaassliche Myrmecophilie. Auch bei den sicher myrmecophilen Acacien sind nur

Fig. 85. Myrmecodia ec hin ata. Knollen der Länge nach geschnitten, unterwärts mit epiphytischem Farn. West- Java. Nat. Gr.

die Nahrungskörperchen, nicht die hohlen Stipulardornen, als unzweifel- hafte Anpassungen zu beanspruchen.

Bei manchen Pflanzen ist die Umgestaltung eines Blatts oder Blatt- stiels zu einem kammerförmigen, als Ameisengehäuse geeigneten und thatsächlich als solches dienenden Gebilde, nachweisbar auf ganz andere Factoren zurückzufuhren, z. B. bei epiphytischen Farnen, Asclepiadaceen und Bromeliaceen , wo solche Kammern zur Auf- speicherung von Wasser und erdigen Stoffen dienen.

Eher dürfte man bei den in Fig. 87 und 88 abgebildeten Ge- wächsen, die ich im botanischen Garten zu Buitenzorg kennen lernte,

2. Pflanzen und Ameisen.

165

an Myrmecophilie denken. Bei Capura alata sind die grossen löffei- förmigen Stipulae eines jeden Blattes derart gekrümmt, dass sie zu-

Fig. 86. Hydnophytum montanum. Noesa Kambangan, Süd- Java. ljz nat. Gr.

sammen einen kammerförmigen Raum umschliessen, deren Randlücke die Ameisen, bis auf eine Eingangsöffnung, durch eine Art Spinngewebe

166

VI. Die Thiere.

verschliessen. Ich fand die Kammern beinahe stets von Ameisen be- wohnt. Noch eigenartiger und der morphologischen Untersuchung bedürftig erwiesen sich die Verhältnisse bei einem als Actinodaphne sp. bezeichneten, vom Salak herrührenden Baum, wo als Schlussgebilde sämmt- licher Zweige, oberhalb der winzigen Endknospe, ein Quirl kleiner Nieder- blätter durch Krümmung nach innen, eine geräumige Kammer umschliesst. Die hier als Niederblätter bezeichneten Phyllome unterscheiden sich von den Laubblättern durch viel geringere Grösse, Fehlen des Stiels und ab- weichende Gestalt. Stets fand ich die Kammern von Ameisen bewohnt, welche einer auch sonst im Garten massen- haft auftretenden Art zu gehören schie- nen. Dass so geeignete Bildungen von Ameisen bewohnt werden, ist kein Wun- der; weit merkwürdiger erscheint es, dass die mit Eingangsöffnung versehe- nen hohlen Stengel von Triplaris und Humboldtia im Garten zu Buiten- zorg, wenigstens soweit meine Beob- achtungen reichen, ameisenfrei bleiben. Weiter noch gehen die Abweichun- gen von der gewöhnlichen Blattstructur bei tropisch- amerikanischen Melasto- maceen aus den Gattungen Tococa, Maieta, Calophysca, Myrmedone und Microphysca, sowie nach Schumann, bei den Rubiaceen Remijia physophora und Duroia saccifera und der tropisch-afrika- nischen Isterculiacee Cola Marsupium. M Hier befinden sich an der Basis der Blatt- spreite, beiderseits des Hauptnerven oder auch am Stiele, zwei mit je einer Oeff- nung versehene Aussackungen (Fig. 891, welche bei den Melastomaceen an der Blattunterseite gelegen und als umgestaltete Domatien zu betrachten sind, während sie bei Duroia der Oberseite gehören und morphologische Neubildungen darstellen.

Alle die eben erwähnten Gewächse und noch andere von Ameisen bewohnte Pflanzen sind, wie zuerst Schumann betonte, mit einer reich- lichen braunrothen Behaarung versehen, welche in irgend einer Weise zu der Symbiose in Beziehung zu stehen scheint.

Fig. 87. Capura alata. Myrmecophi! (Hort. Bogor.) Nat. Gr.

') Vgl. über alle diese Pflanzen namentlich Schumann I.

2. Pflanzen und Ameisen.

167

Die meisten der mit Ameisenwohnungen versehenen Pflanzen bieten ihren Schutzthieren gleichzeitig Nährstoffe^ gewöhnlich eine zuckerreiche Flüssigkeit in extrafloralen Nektarien. Eine sehr grosse Anzahl Pflanzenarten, namentlich in den Tropen1) sind im Besitze solcher Nektarien, ohne gleichzeitig den Ameisen Wohnräume zu bieten. Nichtsdestoweniger erblicken einige Forscher, namentlich Delpino, in allen derartigen Bildungen Lockmittel für Schutz- ameisen, eine Ansicht, welche in dieser Allgemeinheit und bei der Spärlich- keit der Beobachtungen über den durch Nektarien erzielten Ameisenschutz, sicher unhaltbar ist Dass letzterer in gewissen Fällen verliehen wird, ist allerdings nachgewiesen. So konnte ich bei Blumenau in Süd -Brasilien be-

Fig. 88. Actinodaphne sp. (Salak.) (Hort. Bogor.) Nat. Gr.

obachten, wie Ameisen, die dort ungemein häufig Cassia neglecta aufsuchten, um die durch Nektarien an der Basis der Blattstiele ausgeschiedene süsse Flüssigkeit aufzusaugen, und die zur Plünderung kommenden Blattschneider- ameisen in die Flucht schlugen, *) während sie einen gewöhnlich anwesenden Käfer unbelästigt Hessen. Ebenso konnten R. von Wettstein bei Jurinea mollis und Burck bei verschiedenen Pflanzen des botanischen Gartens zu Buitenzorg experimentell feststellen, dass durch die Ameisen unberufene Besucher von den Blüthen ferngehalten werden. Andererseits ist es mir bei

l) Ausfuhrliche Verzeichnisse bei Delpino. *) Schimper 1. c. S. 68 u. f. Fig. 9, Taf. III.

168

VI. Die Thiere.

einigen mit extrafloralen Nektarien versehenen Pflanzenarten nicht gelungen, Ameisenbesuch zu constatiren.

Die wahrscheinlichste Ansicht dürfte zur Zeit die sein, dass die extrafloralen Nektarien eine von den Ameisen unabhängige, noch unbekannte Function, die

irgendwie mit einem warmen A ß Klima zusammenhängt, zu ver-

richten haben und erst secun- där zu myrmecophilen Organen geworden sind, in ähnlicher Weise wie die Belt'schen und Müller'schen Körperchen sowie die ebenfalls eiweissreichen Ge- bilde, welche Burck bei Thun- bergia entdeckt hat

Die als Lockmittel für Ameisen gezüchteten und ent- sprechend umgestalteten extra- floralen Necktarien wird man in erster Linie unter den durch Grösse, auffallende Färbung, reichliche Ausscheidung, An- häufung in der Nähe der Blü- then, namentlich aber fleissigen Ameisenbesuch ausgezeichneten derartigen Gebilden vermuthen dürfen; jedoch wird nur der Nachweis, dass die Ameisen der Pflanze einen wesentlichen Schutz gewähren, der Hypothese einen festen Grund verschaffen. Andererseits wird es hoffentlich ge- lingen aufzufinden, welche ursprüngliche Bedeutung den Nektarien zukam und in vielen Fällen wohl noch ausschliesslich zukommt. Dass es sich dabei um eine sehr wesentliche Function nicht handeln kann, zeigten Versuche mit Pflanzen von Cassia neglecta, die ich sämmtlicher Nektarien beraubte, ohne dadurch irgend welche Störung zu veranlassen. Die Wunden vernarbten schnell und schieden keinen Zucker aus, so dass die betreffende Function als vollkommen unterdrückt betrachtet werden durfte. Leider fehlte es an Zeit um festzustellen, ob die nektarfrei gewordenen und nicht mehr von Schutzameisen besuchten Pflanzen den Blattschneidern zum Opfer fielen.

Fig. 89. Tococa lancifolia. Blattbasis mit Schläuchen.

A von unten gesehen, die Eingänge (a) zeigend. B von

oben. Nat. Gr. Nach K. Schumann.

Auswahl der Literatur.

1. Geographische Verbreitung der Bestäubungsvorrichtungen.

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Journal. Botany. Vol. XV. Delpino, F. I. Rapporti tra insetti e tra nectarii estranuziali in alcune

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II. Weitere Bemerkungen über myrmecophile Pflanzen. Monatl. Mittheil.

aus dem Gesammtgeb. der Naturw. etc., herausgegeben von E. Huth. 5. Jahrg. 1887.

III. Funzione mirmecofila nel regno vegetale. Prodromo d'una monografia

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Buitenzorg. Tome VII. H u t h , E. I. Ameisen als Pflanzenschutz. Verzeichniss der bisher bekannten

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II. Myrmecophile und myrmecophobe Pflanzen. Berlin 1887. Lundström, A. N. Die Anpassungen der Pflanzen an die Thiere. Upsala

1887. Möller, Alf Die Pilzgärten einiger südbrasilianischer Ameisen. Botan.

Mittheil, aus den Tropen. Heft 6. Müller, Fritz. Die Imbauba und ihre Beschützer. Kosmos. Bd. 8. 1880. Rumphius, Amboin'sche Kruidboek. 6e deel. 1750. S c h i m p e r , A. F. W. Die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und Ameisen

im tropischen Amerika. Botan. Mittheil. a. d. Tropen. Heft 1. 1888. Schumann, K. I. Einige neue Ameisenpflanzen. Pringsheim's Jahrb. für

wiss. Botanik. Bd. XIX. 1888.

II. Einige weitere Araeisenpflanzen. Abhandl. des Botan. Vereins der

Prov. Brandenburg. Bd. XXXI.

III. Rubiaceae in: Engler, Natürl. Pflanzenfam. IV. 4.

IV. Ueber afrikanische Ameisenpflanzen. Ber. d. deutchen botan. Gesellsch.

Bd. IX. 1891. Treub, M. I. Sur le Myrmecodia echinata Gaudich. Ann. du jardin de Buitenzorg. Bd III.

IL Nouvelles rech, sur le Myrmecodia de Java. Ibid. Bd. VII. 1888. Wallace, A. R. Die Tropenwelt nebst Abhandlungen verwandten Inhalts.

Uebers. v. D. Brauns. 1879. W a r b u r g , O. Ueber Ameisenpflanzen (Myrmecophyten). Biologisches Central-

blatt. Bd. XII. 1892. Wettstern, R. v. Sitzb. d. Wien. Akad. Bd. XCVII. iA. 1888.

ZWEITER THEIL.

FORMATIONEN

UND

GENOSSENSCHAFTEN.

I. Die Formationen.

1. Klimatische und edaphische Faotoreru Allgemeiner Vegetationstypus durch die Hydrometeore , allgemeiner Florentypus hauptsächlich durch die Wärme bedingt, feine Gliederung durch edaphische Einflüsse. Die Formationen. Haupt- und Nebenbestandtheile. Unterscheidung klimatischer und edaphischer Formationen. 2. Die klimatischen For- mationen. § l. Ei nth eilung. Charakteristik des Gehölzes und der Grasflur. Ihr Kampf. Invasion malayischer Waldgebiete durch die Alangsteppe. Verkümmerung von Ge- hölz und Grasflur zur Wüste führend. Charakteristik der Wüste. §2. Das Gehölz- klima. Klimatische Existenzbedingungen der Bäume. Hygrophile und xerophile Bäume. Die Baumgrenze. Das Niederholz. Charakteristik des Gehölzklimas. §3. Das Gras- flurklima. Klimatische Existenzbedingungen der Gräser. Charakteristik des Grasflur- klimas. — § 4. Meteorologische Tabellen. Was sie bringen und was sie bringen sollten. 3. Die edaphischen Formationen. § 1. Edaphische Einflüsse im Allgemeinen. § 2. Durch Grundwasser bedingte edaphische For- mationen. — § 3. Offene edaphische Formationen. Felsen, Gerolle, Sand- boden. — § 4. Uebergang der edaphischen Formationen in klimatische. Krakatan. Der Vulkan Guntur. Die Camargue. 4. Das Zusammenleben in Formationen.

1. Klimatische und edaphische Factoren.

Betrachtet man eine im Urzustände verbliebene ebene Gegend von grosser Höhe, etwa von dem Gipfel eines Berges oder noch besser von einem Luftballon herab, so erscheint ihr Vegetationscharakter in der Regel gleichartig und zwar als Gehölz, Grasflur oder Wüste. Wohl zeigen sich bereits in grosser Entfernung einige Unterbrechungen der herrschenden Eintönigkeit. Wo beispielsweise ein Fluss die Grasflur- landschaft durchfliesst , sind seine Ufer häufig von einem Waldsaum eingenommen oder die dürre Wüste zeigt Flecken und Streifen mit üppiger Vegetation. Es handelt sich da jedoch nur um Accidentien, die dem Gesammtcharakter, welcher, ausser in Grenzgebieten, stets dem einen oder dem andern der erwähnten drei Typen angehört, keinen Eintrag thun.

Gebirgsketten stellen häufig Grenzmauern zwischen Gebieten un- gleicher Vegetationstypen dar. So ist das Waldgebiet Nordafrika's durch den Atlas von der Wüste Sahara, dasjenige des nördlichen

174

I. Die Formationen.

Venezuela durch die Cordillere von den Grasfluren der Llanos, der Wald Brasiliens und Argentiniens durch die Anden von den Wüsten Peru 's, Bolivia's und Nordchile's getrennt. In anderen Fällen ist ein allmählicher Uebergang vorhanden. Das östliche nordamerikanische Waldgebiet geht allmählich nach Westen in das Grasflurgebiet der Prärie über und das letztere wird in westlicher Richtung allmählich wüstenartig ; ähnliches zeigt sich beim Uebergang des russischen Wald- gebiets in die südrussische Steppe und von der letzteren in die kaspische Wüste.

Möge der Wechsel ein plötzlicher oder ein allmählicher sein , er entspricht stets einem Wechsel der klimatischen Feuchtigkeit. Die Menge und Vertheilung der Regen, die atmosphärische Feuchtigkeit und die für die Vegetation wesentlich nur durch ihre trocknenden Wirkungen maasgebenden Be- wegungen der Atmosphäre sind die Factoren, welche in den tropischen und temperirten Zonen den Vegetations- typus bedingen, während der floristische Typus, soweit er von jetzigen Factoren bestimmt, in erster Linie auf die Wärme zurückzuführen ist, namentlich wenn nicht Gruppen unteren Ranges (Gattungen und Arten), sondern solche höheren Ranges (Ordnungen und Familien) in Betracht gezogen werden. Nur in den polaren Ländern kommt die Temperatur als klimatische Ursache eines Vegetationstypus, der Kälte wüste oder Tundra, zur Geltung.

In grösserer Nähe erscheint der einheitliche Charakter der Pflanzen- decke eines Gebiets weit weniger deutlich, da den schon in der Ferne sicht- baren Unregelmässigkeiten eine Menge neuer hinzutreten, wie z.B. kleine, von Schilf bedeckte Stellen mitten im Walde, oder spärlich bewachsenes Gerolle etc. Ausserdem zeigen sich Gehölz, Grasflur und Wüste inner- halb des Typus reich nüancirt ; hier ist der Charakter mehr hygrophil, dort mehr xerophil in zahllosen Abstufungen. Endlich ist auch die floristische Zusammensetzung, die in der Ferne meist gar nicht zur Geltung kam, einem mehr oder weniger raschen Wechsel unterworfen. Solche feine Gliederung der Vegetation und der Flora innerhalb eines klimatischen Gebiets ist in erster Linie durch den Boden bedingt. Nur bei Anwesenheit grösserer Unebenheiten macht sich ausserdem die Un- gleichheit der Bestrahlung durch die Sonne geltend. Doch ist die Wirkung dieses Factors demjenigen der physikalischen und chemischen Bodenbeschaffenheit stets untergeordnet.

Die Gliederung der Pflanzendecke der Erde ist nach dem Vorstehenden von drei Factoren beherrscht: Wärme» Hydrometeore (mit Einschluss des Windes) und Boden. Die Wärme liefert die Flora, die klimatische Feuchtigkeit die Vegetation,

1. Klimatische und edaphische Factoren. 175

der Boden sortirt und nüancirt in der Regel nur das von den beiden klimatischen Factoren gelieferte Material und fugt einige Details aus Eigenem hinzu.

Die nüancirende Thätigkeit des Bodens fuhrt zu einer Gliederung in bald kleinere, bald grössere Parcellen von einheitlichem ökologischen und floristischen Typus, deren Eigenthümlichkeiten sich bei gleich- bleibendem Klima auf gleichen Bodenarten genau wiederholen, während gleiche Bodenarten eine ungleiche Pflanzendecke tragen. Man nennt die durch die Bodenqualitäten bedingten Pflanzenvereine Formationen.

In jeder Formation zeigt sich eine Pflanzenart oder eine Gruppe von Pflanzenarten maasgebend ; nur vereinzelt auftretende Pflanzen sind für die Formation unwesentlich und häufigere Nebenbestandtheile können nur eine verschiedene Facies der Formation bedingen. So kennt man bei uns eine Formation des Buchenwalds, wo Fagus silvatica vor- herrscht, und wenigstens zwei Facies derselben mit ungleicher krautiger Vegetation.1) Aendert sich die Zusammensetzung der Vegetation bei gleichbleibender Beschaffenheit des Bodens, so ist dies ein sicheres Anzeichen des Uebergangs in ein anderes Klima. Ein rascher Wechsel der Formationen bei gleichbleibender Bodenqualität zeigt sich nur in Gebirgen, entsprechend dem raschen Wechsel des Klimas.

Jede Formation ist zwar in ihrem floristischen und ökologischen Charakter ein Produkt von Klima und Boden, jedoch in ungleichem Verhältniss der verschiedenen Factoren. Der Einfluss des Bodens ist demjenigen des Wärmeklimas stets untergeordnet, während er unter Umständen, allerdings nur lokal, denjenigen der Hydrometeore aufhebt. So zeigt sich an manchen Standorten Gehölz, wo das Klima Grasflur bedingen würde, oder umgekehrt, und üppiger Wald gedeiht stellenweise im niederschlagsärmsten Wüstenklima. Ausser- dem können bestimmte Eigenschaften des Bodens einen Vegetations- charakter hervorrufen, der keinem der klimatischen Typen ange- hört. Letztere setzen nämlich eine günstige, dem Gedeihen der überwiegenden Mehrzahl der Pflanzen zusagende Bodenbeschaffenheit voraus. Extreme, für das meiste Pflanzenleben ungünstige Bodeneigen- schaften entziehen die Vegetation dem maassgebenden Einfluss der Hydrometeore. Dieselbe trägt daher beispielsweise auf Felsen, Gerollen, und Sümpfen in erster Linie das ökologische Gepräge des Substrates und dieses Gepräge bleibt unter sehr verschiedenen Bedingungen der klimatischen Feuchtigkeit, welche in solchen Fällen nur noch nüancirend wirkt, in der Hauptsache das Gleiche.

Nach dem Vorhergehenden sind zwei ökologische

') Vgl. S. 124.

176 *• Die Formationen.

Formationsgruppen zu unterscheiden, die klimatischen oder Gebiets formationen, deren Vegetationscharakter durch die Hydrometeore beherrscht und die edaphischen oder Standortsformationen, wo derselbe in erster Linie durch die Bodenbeschaffenheit bedingt ist.

2. Die klimatischen Formationen.

§ 1. Eintheilung. Die klimatischen Formationen lassen sich auf drei Haupttypen zurückfuhren: Gehölz, Grasflur und Wüste.

Das Gehölz besteht wesentlich aus Holzgewächsen und heisst Wald, wenn Bäume in geschlossenem Stande wachsen, Buschwald oder Gebüsch, wenn die Sträucher so reich entwickelt sind, dass die Baumkronen einander nicht berühren und Gesträuch, wenn Sträucher die Gesammtphysiognomie bedingen. Kräuter sind in den Gehölzen stets vorhandep, aber nur als accessorische Bestandtheile ; sie sind in ihrer Oekologie vollständig von den Holzgewächsen beherrscht.

Die Grasflur besteht wesentlich aus büschelartig wachsenden, perennirenden Gräsern. Andere Kräuter stellen , auch wenn sie ebenso zahlreich sind als die Gräser, doch nur Begleiter der letzteren dar, da die Existenz der Formation in erster Linie auf ihrer Grasnarbe beruht. Die hygrophilen und tropophilen Grasfluren heissen Wiesen, die xerophilen Steppen, xerophile Grasflächen mit einzeln wachsen- den Bäumen Savannen.

Gehölz und Grasflur stehen einander gegenüber wie zwei feindliche, gleich mächtige Völkerschaften, die im Laufe der Zeiten zu wiederholten Malen um die Herr- schaft des Bodens gegen einander gekämpft haben. Die jetzigen Klimate haben jedem der beiden Gegner seine Domänen ab- gegrenzt, aber geringe klimatische Veränderungen würden genügen, um den Kampf wieder zu entfachen. In Gebieten, die, im nachher zu erläuternden Sinne, weder ausgeprägtes Gehölzklima noch ausgeprägtes Grasflurklima besitzen, genügt dazu der Eingriff* des Menschen. So findet gegenwärtig, in Folge der Ausrodung des Waldes, in Ostjava und an einigen anderen Punkten des malayischen Archipels eine Invasion früher von Gehölz eingenommener Gegenden durch die Grasflur statt. Obwohl ich selber Zeuge dieses Kampfes gewesen bin, so will ich doch dessen Schilderung in den Worten des langjährigen Kenners der malayischen Vegetation, Junghuhn, wiedergeben, da es kaum möglich sein würde, demselben an Anschaulichkeit gleich zu kommen.

Bleibt der Boden, nach Ausrodung der Wälder, unbebaut, „dann tritt gewöhnlich zuerst das gesellig und gedrängt wachsende Alang- gras (Imperata Koenigii Palis) an die Stelle der verschwundenen

2. Die klimatischen Formationen. 177

Wälder, dann werden Flächen, die sich meilen-, ja wohl tagereisenweit ausdehnen, in einförmige, trockene Grasfelder, in Wildnisse von 3 bis 5f hoch aufgeschossenem Grase verwandelt, während an Berggehängen dasselbe Gras seine ursprüngliche Zone weit überschreitet und fast unempfindlich für Temperatur Verschiedenheiten, 6 bis 7000' hoch, Alles überziehend, hinausragt."

„Seine seidenhaarigen Samen, so leicht wie der zarteste Flaum, werden von dem leisesten Athem des Windes millionenweise in der Luft herumgeweht und begünstigen in hohem Maasse seine allgemeine Verbreitung, während seine kriechenden und tief eindringenden Wur- zeln die Ausrodung schwierig machen, da, wo das lebenszähe Gras sich einmal angesiedelt hat. Ich habe Grund, zu glauben, dass das Alanggras während des ursprünglichen Zustandes des Landes auf einige unfruchtbare, dürre, wasserleere Flächen der heissen Zone angewiesen und besonders auf schweren, leicht austrocknenden, harten und eisen- schüssigen Thonboden beschränkt war, dass aber gegenwärtig überall, wo man dieses Gras auf einem fruchtbaren lockeren Boden und an Berggehängen, oberhalb der Zone von 2000' antrifft, dies ein Zustand ist, der erst durch Menschenhände hervorgerufen wurde .... Im nörd- lichen Sumatra, besonders in den durch Krieg verödeten Batta-Ländern sind dadurch Graswüsten in's Dasein getreten, die in ihrer furchtbaren Einförmigkeit Alles weit und breit bedecken und Flächen, Berg und Thal mit ihrem weisslich-grünen Kleide überziehen.4*1)

Es ist wahrscheinlich, dass, wenn der Mensch nicht wieder ein- greift, die Alangsteppe im Laufe der Zeit wieder dem Wald weichen wird, da die klimatischen Bedingungen solchem immerhin mehr ent- sprechen, als der Grasflur. Im ausgeprägten Waldklima, z. B. an der Küste Brasiliens, folgt auf den zerstörten Wald rasch wieder Wald, allerdings zunächst solcher mehr xerophilen Charakters, die sogenannte Capoeira.

Sind die klimatischen Bedingungen wegen zu grosser Trockenheit oder Kälte, jedem Pflanzenleben abhold, so tritt Verkümmerung des Gehölz- und Grasflurtypus ein und ihre Unterschiede verwischen sich, denn der Kampf hört auf. Der Boden wird dann von solchen holzigen und krautigen Gewächsen in Beschlag genommen, die den Kampf gegen die Unbill des Klimas noch mit Erfolg fuhren können.

So entsteht als dritter Haupttypus derjenige der Wüste. Ueber- gangsformen zwischen Wüste einerseits, Gehölz oder Grasflur anderer- seits werden Halbwüsten genannt.

Im Gehölz und in der Grasflur können nur solche Gewächse be- stehen, die sich in Bezug auf alle Factoren im ökologischen Optimum

«) l. c. Bd. I. S. 153.

Schi m per, Pflanz engeographie.

178 I. Die Formationen.

befinden, da sie sonst im Kampfe gegen stärkere Mitbewerber zu Grunde gehen würden. In der Wüste ist dieses, da der Kampf der Pflanzen unter sich aufhört, nicht mehr Bedingung. Gehölz und Grasflur sind geschlossene Formationen, wenigstens im ökologischen Sinne; mehr Bestandtheile können in dieselben nicht aufgenommen werden und zahllose Keimlinge gehen im gegenseitigen Kampfe fortwährend unter. Die Wüste hingegen ist ökologisch eine offene Formation. Die meisten Samen keimen in ihr nicht und die Keimlinge erliegen häufig der klimatischen Unbill. Andere fristen eine kümmerliche Existenz. Viele Pflanzen sterben ab und ihr Platz wird nicht eingenommen. Es sind in der Wüste stets viele leere Stellen zu besetzen.1)

Die Grasflur, wie es vielfach geschieht, als den Ausdruck eines „schlechten Klimas", als ein Armutszeugniss der Natur, eine Uebergangs- stufe zwischen Wald und Wüste zu betrachten, ist vom Standpunkte des Forstmanns allenfalls begreiflich, aber weder wissenschaftlich noch praktisch berechtigt. Vielmehr sind gewisse Formen der Gehölze, wie später gezeigt werden soll, klimatisch weit genügsamer als die Gras- flur. Der Sieg im Kampfe zwischen Gehölz und Grasflur gehört demjenigen der beiden Gegner, dem die gegebenen klimatischen Bedingungen am besten entsprechen.

Genaue Kenntniss der Erfordernisse, welche einerseits die Holz- pflanzen, andererseits die Gräser, an die Hydrometeore , die Luft- bewegungen und die Wärme stellen, werden uns die Elemente liefern, aus welcher ein Gehölzklima und ein Grasflurklima sich zu- sammensetzen.

§. 2. Das Gehölzklima. Betrachten wir zunächst die Holzpflanze in ihrer vollkommensten Entwickelung, als Baum. Im Baum befindet sich die transpirirende Oberfläche in grösserer Entfernung von den Wasservorräthen des Bodens, als beim Strauch und beim Kraut ; ausser- dem haben die dieselbe umgebenden Luftschichten zum Theil andere Eigenschaften als die tiefer befindlichen; endlich ist sie, wenigstens in vielen Fällen, im Verhältniss zur Bodenoberfläche, grösser als beim Strauch oder Kraut.

Andererseits steht dem Baume ein mächtiges Wurzelsystem zur Verfügung, welches auch sehr tiefliegende Wasservorräthe auszunützen im Stande ist und häufig vornehmlich solche verwendet, indem seine Wurzelspitzen sich in grösster Menge in beträchtlicher Entfernung der Oberfläche befinden.

Unsere jetzigen Kenntnisse der Baumphysiologie sind beinahe aus- schliesslich auf die mitteleuropäische Flora beschränkt, deren Bäume

*) Nicht zu verwechseln mit klimatischen Wüsten sind kümmerlich bewachsene Standorte im Gehölz- und Grasflurklima, s. 3. Die edaphischen Formationen.

2. Die klimatischen Formationen. ' 179

sämmtlich, wenn auch in ungleichem Grade, stark transpiriren und dem- entsprechend sehr wasserbedürftig und während der Vegetationszeit hygrophil sind

Die umfassendsten und brauchbarsten Untersuchungen über die Transpiration unserer Waldbäume sind von R. v. Höhnel angestellt worden, dessen Arbeit die folgenden Daten entnommen sind*;

Verf. benutzte „5 6jährige, 50 80 cm hohe Bäumchen, die in 16 cm hohe und 31/2 bis 5 Kilogramm Erde fassende gewöhnliche Gartentöpfe ver- setzt wurden, die derartig von weiten Zinkblechhüllen luftdicht umgeben waren, dass nicht nur eine Begiessung der Pflanzen möglich war und ein vollkommener Abschluss des Topfes bewirkt wurde, sondern auch der Culturboden nirgend mit dem Zinkblech in direkte Berührung kam. Auf diese Weise wurde ein Wasserverlust aus dem Boden vollständig verhindert und eine genaue Be- stimmung der Transpirationsgrösse ermöglicht. Ferner wurde dafür gesorgt, dass die Töpfe von der Sonne nicht direkt beschienen werden konnten, und im Wesentlichen die Bodentemperatur annehmen mussten. Ebenso wurde dafür Sorge getragen, dass sich die Versuchsbäumchen , die im Mariabrunner Forstgarten standen , unter äusseren Verhältnissen befanden , die denen der verschiedenen Partien der Baumkrone im Walde wenigstens annähernd ähn- lich waren."

Mittlere Transpirationsgrössen vom 1. Juni bis Ende November.

(Die Zahlen bedeuten Gramme Wasserverlust auf 100 Gramm Trockengewicht der Blätter, resp. Nadeln bezogen.)

Birke 67987 Stiel- und Steineiche . . . 28345

Linde 61 519 Zerreiche 25 333

Esche 56689 Feldahorn 24683

Weissbuche 56251

Rothbuche 47 246 Rothfichte 5 847

Spitzahorn 46287 Weissföhre 5802

Bergahorn 43 577 Edeltanne 4402

Feldulme 40731 Schwarzföhre 3207

Von Höhnel gelangte in Bezug auf den Wasserverbrauch eines Hektars 115jährigen Buchenhochwaldes zu dem Ergebniss, dass derselbe, „je nach verschiedenen Annahmen, 3587000 bis 5 380000 Kilogramm Wasser in der Vegetationsperiode verbraucht. Ein 50- bis 60 jähriger Buchenbestand ver- dunstet im Vegetationshalbjahre pro Hektar 2 330 900 Kilogramm und ein Stangenbuchengehölz von 30 40 Jahren in der gleichen Zeit etwa 680 000 Kilogramm."

Da nun die Regenmenge, gering genommen, im Laufe des ganzen Jahres 7 Millionen Kilogramm beträgt, so ergiebt sich eine vorzügliche Ueber- einstimmung derselben mit den Transpirationsresultaten.1)

Ausser den wenigen in der Vegetationszeit hygro- philen Bäumen, wie sie allein bei uns vorkommen, giebt es

>) s. 290.

12*

l8o !• ^>ie Formationen.

auch ausgesprochen xerophile, ja sogar solche , die auf dem trockensten Wüstenboden noch gedeihen. Es dürfte zu den interessan- testen Aufgaben zukünftiger botanischer Reisenden gehören, die Existenz- bedingungen dieser ausgeprägt xerophilen Bäume, die z. B. in grosser Mannigfaltigkeit in trockenen Savannen und in Wüsten der Tropen vor- kommen, genauer zu erforschen.

Die Tiefe ihres Wurzelsystems ermöglicht es den Bäumen, inGegenden üppigzu gedeihen, woandauernde Trockenzeiten bei grosser Hitze periodisch wieder- kehren, wie in den Mittelmeerländern, in Vorderindien, im Sudan.

Die Unrichtigkeit der vielfach vertretenen Ansicht, dass der Wald zu gedeihlicher Entwickelung der Niederschläge zu jeder Jahreszeit, namentlich aber zur Vegetationszeit, bedürfe, geht aus dem Vor- kommen in Gegenden mit trocken-heissen Perioden zur Genüge hervor.

Von Wichtigkeit für den Baumwuchs ist nicht grosse Häufigkeit der Niederschläge, auch nicht eine regen- reiche Vegetationsperiode, sondern dauernde Anwesen- heit eines Wasservorraths im Bereich der Wurzelenden, also in beträchtlicher Bodentiefe. In welchen Jahres- zeiten dieser Vorrath erneuert wird, ist gleichgültig. Es giebt Waldgebiete mit Regen zu allen Jahreszeiten und solche mit Trockenperioden. Im letzteren Falle kann die Regenperiode gleichzeitig hauptsächlich oder ausschliesslich Vegetationsperiode sein, wie in den Tropen und im Innern Argentiniens, oder die Regenperiode fällt mit einer rela- tiven Ruhezeit der Vegetation zusammen, wie in den extra- tropischen Waldgebieten mit Winterregen (Mediterranländer, südliches Caspigebiet, Chile, Californien, Südwest- und Süd - Australien).

Die Bäume der Waldgebiete mit trockener Vegetationsperiode sind auf die während der Winterszeit entstandenen, in grosser Tiefe befind- lichen Wassermengen angewiesen und mit entsprechenden Eigenschaften versehen. Ihr Wurzelsystem ist besonders tiefgehend und stark ent- wickelt, Stamm und Wurzeln sind häufig mit Vorrichtungen zur Auf- speicherung von Wasser versehen, das Laub ist gegen raschen Wasser- verlust in der trockenheissen Luft geschützt. In den Gebieten ohne ausgesprochene Trockenperiode oder wo dieselbe gleichzeitig Ruhezeit der Baumvegetation ist, besitzt letztere weniger vollkommene Auf- nahme- und Schutzvorrichtungen. Das Laub ist zart und transpirirt reichlich, der ganze Charakter ist hygrophil, trotzdem leisten auch hygrophile Bäume in abnormen Trockenperioden, wie überhaupt alle tiefwurzelnden Pflanzen im Gegensatz zu den seichtwurzelnden, erstaun- lichen Widerstand.

So entwickelte sich während der regenfreien Vegetationsperiode

2. Die klimatischen Formationen. l8l

des Jahres 1893 am Rhein und in der westlichen Schweiz das Wiesen- gras nur zu ganz geringer Höhe und trocknete sammt den meisten Wiesenstauden schon vor Ende des Juni aus. Ueber dem niedrigen strohgelben Rasen der Wiesen erhoben sich Luzerne, Esparzette und andere tiefwurzelnde Stauden als frische, saftgrüne, üppige Büsche. Das Laub der Bäume wurde erst im Juli theilweise trocken und das Obst füllte sich, wie gewöhnlich, mit Saft und wuchs zu normaler Grösse heran. Es waren also im Boden, den tiefwurzelnden Pflanzen allein zugänglich, noch bedeutende, von dem Winterregen herrührend e Wasservorräthe erhalten ge- blieben. Doch handelte es sich in diesem Falle um eine während des Sommers hygrophile Vegetation , die unter normalen Umständen einer mit hoher Temperatur verbundenen Trockenheit nicht ausgesetzt ist.

Wichtige Beobachtungen über die Bedeutung der Regenmenge und der Winterregen für den Wald werden von Woeikof mitgetheilt:

. . . „Ich will den Einfluss der Sommerregen auf die Wälder, wie auf andere Arten der Vegetation nicht leugnen, nur sind Niederschläge der kalten Jahreszeit, vorzüglich wenn sie als Schnee auftreten, bei Weitem wichtiger. Die Wälder brauchen einen beständigen Vorrath von Wasser in der Schicht, wo ihre Wurzeln stehen, um der beständigen Evaporation der Blätter zu genügen. Je kühler die Jahreszeit ist, während welcher die Niederschläge fallen, desto feiner sind diese, desto regelmässiger vertheilt, desto mehr Wasser dringt in die tieferen Bodenschichten ein, anstatt rasch über den Boden zu laufen und die Flüsse zu erreichen. Noch besser für die Vegetation ist eine Schneedecke. Ist er früh oder spät gefallen, der Schnee schmilzt immer im Frühling, wenn die Vegetation am meisten Wasser braucht. Die permanente Schneedecke des Winters ist die Hauptursache der Bewaldung Nordrusslands und Schwedens, trotzdem die jährliche Menge des Niederschlags viel geringer ist, als in Westeuropa. Im Süden, in der Steppe, ist die Menge des fallenden Schnees viel geringer, und auch der, welcher gefallen ist, wird durch die heftigen Winde weggefegt und sammelt sich in den Schluchten, während hohe Orte schneelos bleiben/'1)

„Einen Beweis, dass Lignosen ohne Sommerregen fortkommen, bieten die ohne künstliche Bewässerung kultivirten Bäume in Süd -Europa, wo im Sommer oft Monate lang kein Tropfen Regen fällt, und doch selbst der Weinstock reichlich Frucht trägt, wozu natürlich viel WTasser nötig ist An der Südktiste der Krim z. B. achten die Winzer gar nicht auf Sommerregen, er hat keinen Einfluss auf die Vermehrung der Ernte, denn er netzt den Boden zu oberflächlich. Ganz anders die Regen im Spätherbst und Winter, welche ergiebig genug sind, um den Boden ein Meter tief zu durchnässen, und einen Vorrath für den ganzen nächsten Sommer zu liefern."

„Nicht allein Winzer, sondern alle, welche sich mit Acker- und Garten- bau beschäftigen, wissen sehr wohl, dass häufige, aber schwache Regen wenig

') 1. c. S. 243.

l82 I. Die Formationen.

oder gar nichts nützen, und dass es besser ist, wenn im Monate zwei Regen- tage in 15 Tagen Abstand je 20 mm Regen geben, als wenn dieselbe Menge in 14 Tagen zu je 3 mm. per Regentag fällt, denn in ersterem Falle wird der Boden auf eine grössere Tiefe benetzt, in letzterem aber bleibt, wenn schon früher Trockenheit herrschte, das Regenwasser fast ganz in der obersten Bodenschicht."1)

„Die Betrachtung der Wolgagegenden und des östlichen Kaukasus hat mir den nahen Zusammenhang zwischen der Cultur von Winterkorn und der Waldung gezeigt. In Gegenden mit einem kalten Winter (unter o) ist eine beständige Schneedecke nöthig, damit der Boden im Frühling stark durch- feuchtet wird, Sommerregen können den Schnee nicht ersetzen, wegen der Un- regelmässigkeit ihres Auftretens und der grossen Menge, welche auf einmal herabfallt und abläuft, ohne dem Boden zu nutzen.

„In südlicheren Gegenden sind regelmässige Winterregen nöthig, um die Cultur der Winterfrüchte zu ermöglichen. Sind die Regen spärlich, so wird Getreide wachsen und sichere Ernten geben, aber kein Wald existiren können. Dies sehen wir z. B. auf der Halbinsel Apscheron. Dort wird überall Winter- weizen gesäet, er gibt sehr ungenügende, aber sichere Ernten, denn der Weizen braucht nur Feuchtigkeit in der obersten Bodenschicht Weiden die Niederschläge des Herbstes und Winters reichlicher, so kann auch die Wald- vegetation gedeihen. Dies sehen wir z. B. bei Leukoran. Etwas nördlich von der Stadt sind einige Colonien russischer Sectirer, die ausschliesslich Winterweizen und Gerste säen. Der Ertrag ist ausgezeichnet, aber Sommer- früchte kann man nicht bauen, der Boden trocknet schon im Mai so ein, dass das Blühen unmöglich wird. In dieser Gegend gibt es Wälder mit grossen, hochstämmigen Bäumen. Der Wasservorrath, welcher im Winter ge- sammelt wird, genügt, um die Evaporation des Sommers zu decken."2)

Je grösser die Wassermenge des Bodens, möge dieselbe von Regen oder durchsickerndem tellurischen Wasser herrühren, desto grösser wird im Allgemeinen die Höhe der Bäume, desto reicher ihre Belaubung. Allerdings sind die höchsten bekannten Bäume, wie die Sequojen Californiens und die Eucalypten Australiens, nicht Bewohner besonders feuchten Bodens; specifische Eigenschaften spielen hier eine grosse Rolle. Bei abnehmender Wassermenge im Boden nimmt die Höhe der Bäume und die Oberfläche ihres Laubes im Allgemeinen ab, doch trifft man noch auf trockenem Boden, z. B. in den tropischen Savannen, manche stattlichen Bäume. Die trockensten Gebiete besitzen nur noch Zwergbäume. Der Baumwuchs wird jedoch nur durch solche Grade der Trockenheit ganz sistirt, die jeden Pflanzenwuchs mit Ausnahme niederer Krypto- gamen, ausschliessen.

Die zum Gedeihen hygrophiler Bäume nöthige Wassermenge steigt natürlich mit der Temperatur. In temperirten Zonen gedeihen hygro-

J) II. Bd. 2. s. 255. 2) I. S. 243.

2. Die klimatischen Formationen. 183

phile1) Bäume bei einer Bewässerung, die in den Tropen nur xero- philen Bäumen genügen würde. Näheres darüber ist in den speciellen klimatischen Kapiteln für die einzelnen Zonen mitgetheilt. Hier mag jedoch schon erwähnt werden, dass hygrophiler Baumwuchs in den Tropen mindestens 150 cm jährliche Regenmenge erfordert, mit Ausnahme natürlich der Ufer von Wasserflächen, während in den kühlen Gebieten der temperirten Zone 60 cm ausreichend sind. Das Vorkommen hoher xerophiler Bäume ist weniger an die Regenmenge, als an specifische Eigenschaften gebunden.

Ein anderer wichtiger Factor des Baumwuchses ist der Gehalt der Atmosphäre an Wasserdampf, wobei natürlich nicht die absolute, sondern die relative Dampfspannung ins Gewicht fallt. Die Bäume befinden sich in dieser Hinsicht unter weniger günstigen Be- dingungen als niedrige Gewächse, denn ihre transpirirende Oberfläche liegt in höheren, also trockeneren undmehr bewegten Schichten der Atmosphäre. Grössere hygrophile Bäume bedürfen zur Zeit, wo sie belaubt sind, einer durchschnittlichen relativen Feuchtigkeit von etwa 8o°/0, die nur in wenigen Stunden des Tages auf 6o°/0 herabfallt. Xerophile Bäume begnügen sich mit geringerer Luftfeuchtigkeit, und einzelne Arten scheinen, sogar im be- laubten Zustande, eine Trockenheit von 3O°/0 auf einige Zeit ohne Schaden ertragen zu können.

Ganz wesentlich ist es für den Baumwuchs, wie in einem früheren Kapitel gezeigt wurde2), ob Ruhe oder Bewegung in den umgebenden Luftschichten herrscht, indem der Wind eine mächtige Zunahme der Transpiration bedingt.

Trockene Winde bei Frostwetter bedingen, wie Kihlman bestimmt zeigte, die polare Grenze des Baum- wuchses. Vor der endgültigen Darstellung dieses Forschers herrschten in der Pflanzengeographie höchst unklare Vorstellungen über die Ur- sachen des Aufhörens der Baumvegetation in der arktischen Zone. Bald wurde dieselbe in der Kälte, bald in der Kürze der Vegetationszeit, bald in der Combination beider Factoren gesucht, obwohl keine in der Physiologie des Baumes begründete Eigenschaft solche Annahmen stützen konnte. Dass grosse und andauernde Winterkälte mit Baum- wuchs nicht unvereinbar ist, geht schon aus der Thatsache hervor, dass die tiefsten überhaupt bekannten Kältegrade sich im sibirischen Wald- gebiete zeigen.8)

Die Bedeutung des Windes für den Baumwuchs wurde schon von Midden-

') D. h. zur Vegetationszeit.

-) S. 86.

*) Vgl. S. 46.

184

I. Die Formationen.

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2. Die klimatischen Formationen. 185

dorff erkannt, wenn auch nicht physiologisch begründet, wie aus folgender Stelle seines sibirischen Werkes hervorgeht: „Ich wage sogar auszusprechen, dass im Hochnorden ein günstig gestalteter Windschutz von vielfach grösserer Bedeutung ist, als die geographische Breite oder die Höhenlage über dem Meere. Ein Windschutz von wenigen Klaftern Höhe fördert dort den Baum- wuchs mehr als fünfzig- bis hunderttausend Klafter minder nördliche Lage des Ortes.1)

Bekanntlich stellt die nordpolare Baumgrenze nicht eine scharfe Linie zwischen Wald und baumloser Tundra dar. Der Baumwuchs erleidet vor seinem gänzlichen Verschwinden eine allmähliche Reduction, die von Middendorff und namentlich von Kihlman anschaulich ge- schildert worden ist.

Der erst genannte Autor gibt die Erscheinung in ihren allgemeinen Zügen wieder, ohne auf ihre Ursachen einzugehen: „Verfolgen wir die Baumgrenze über grosse Länderstrecken fort und betrachten wir uns alle die verschiedenen Baumarten, welche rings um den Nordpol an dieselbe herantreten, so sehen wir alle in gleichem Maasse verkümmern und zu Krummholz ausarten : sowohl Laubholz als Nadelholz werden schliesslich zu Greisen von 2, ja 1 Fuss Höhe herabgedrückt2)

Die Verkrüppelungen, die der Baumwuchs in der Nähe seiner polaren Grenze erleidet, rühren, wie Kihlman zeigt, von der winter- lichen Austrocknung her, deren Zunahme in nördlicher Richtung schliesslich jedem Baumwuchs Einhalt thut.

„Verfolgt man die Entwickelung des Wachholders, wie sie in der oberen Waldregion oder in der inneren Tundra verläuft (Fig. 91), so findet man, dass die Spitze des geraden Stammes regelmässig abstirbt, sobald sie eine gewisse, etwas variable Höhe über dem Boden erreicht hat. Die Seiten- zweige wachsen dagegen schief aufwärts oder fast horizontal weiter, bis ihre Spitzen in der einmal gegebenen, verhängnissvollen Höhe ebenfalls absterben. Da dem Wrachholder das Vermögen zur Wurzelsprossbildung oder auch zu einem nachträglichen Ausschlag an der Stammbasis vollständig abgeht, kommt dadurch ein niedriges, tischähnliches Bäumchen zu Stande, dessen dichte schirmförmige Krone ein Diameter von 3 4 m. erreicht, und dessen cen- traler, cylindrischer Stamm bei einem Alter von 300 400 Jahren einen Durch- messer von mehr als 30 cm haben kann. Die Höhe des ganzen Gebildes beträgt durchschnittlich etwa 1 m, kann aber hin und wieder beinahe 2 m erreichen . . . Wenn das als Brennholz sehr gesuchte Stämmchen lange genug stehen bleibt, kommt früher oder später ein Zeitpunkt, wo die Wurzel- befestigung dem wachsenden Windfang der Krone nicht mehr entspricht; das Bäumchen fällt um und wird in schräger Richtung von der nunmehr abwärts gerichteten Hälfte der Krone gehalten, während die obere Hälfte derselben längs der kritischen Linie rasch abstirbt und verschwindet.

*) 1. c. S. 683. *) 1. c S. 675.

l86 !• Die Formationen.

Die Linie, oberhalb welcher alle Zweige zu Grunde gehen, wird durch die durchschnittliche Höhe der Schneedecke zu Anfang der Schmelze be- stimmt ... Im April 1889 konnte ich mich überall davon überzeugen, dass die lebendigen Wachholderäste bis dicht unter die Oberfläche des erweichen- den Schnees reichten, oder dass sie höchstens einige cm über demselben hervorragten. Ich habe die Ansicht gewonnen, dass der Wachholder in Russisch -Lappland überhaupt nur unter der Bedingung den Winter aushält, dass er mehrere Monate hindurch vollständig mit Schnee bedeckt" ist.1)

. . . „Auch die Birke bildet tisch - oder heckenförmig geschorene Sträucher, die, der massenhaften Verbreitung dieser Baumart ausserhalb der Waldgrenze entsprechend, für die innere Tundra -Landschaft geradezu charakteristisch sind.2)"

Als extremsten Fall endlich erwähnt Kihlman die Bildung von Matten, „welche nur die Höhe des umgebenden Flechten- und Reiserfilzes erreichen, die aber in dem Horizontalplan mitunter recht ansehnliche Dimensionen

erreichen . . . Besonders V j. *J -*> , schön kann die leicht

wurzelnde Fichte (Fig. 92) tin dieser Wuchsform auf- treten; längs dem Tundra- saum bei Orlow sah ich Fichtenmatten von 1 bis 5 m Länge, deren dünne, sterile Zweige in dem Fig. 91. Von der Baumgrenze. Plattgewachsenes Bäum- Flechtenfilz umherkrochen chen von Juniperus communis. Nach Kihlman. und offenbar einer ein-

zigen Keimpflanze ent- stammten . . . Bei allen diesen Matten findet man die Jahrestriebe, in- soweit sie sich über dem Niveau der umgebenden Moos- und Flechtenpolster erheben, vertrocknet und entblättert"8)

Wie in einem späteren Kapitel (Dritter Theil, Abschnitt IV) ge- zeigt werden soll, sind auch für die vertikale Grenze des Waldes die Verhältnisse der Luftbewegung maassgebend.

Es erscheint zweckmässig, Sträucher und Zwergbäume als Nieder- holz zusammen zu fassen.

Auch für das Niederholz ist die Menge des Grundwassers maass- gebend und die Zeit, wo letzteres erneuert wird, gleichgültig. Die zum Gedeihen des Niederholzes nöthige Wassermenge ist geringer als für den Baumwuchs; wird sie grösser, so tritt letzterer auf. Wie das Hochholz, gedeiht das Niederholz besser in feuchter als in trockener, besser in ruhiger als in bewegter Luft; es ist aber in jeder Hinsicht genügsamer, als das erstere.

>) 1. c. S. 71. -) 1. c S. 73. a) S. 68-69.

2. Die klimatischen Formationen.

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igg I. Die Formationen.

Ein gutes Gehölzklima setzt sich, nach dem Vorher- gehenden, aus folgenden Elementen zusammen: Warme Vegetationszeit, beständig feuchter Untergrund, feuchte und ruhige Luft, namentlich im Winter. Irrelevant für die Gehölze ist es, ob die Grundfeuchtigkeit vomRegen oder von tellurischen Gewässern geliefert wird, ob die Niederschläge häufig oder selten sind, ob sie während der activen Periode oder der Ruheperiode fallen. Dem Optimum des Gehölzklimas entspricht der hygrophile Baum, den geringeren Graden des Gehölzklimas, in ab- steigender Reihe, der tropophile Baum, der xerophile Baum und das Niederholz. Gehölzfeindlich ist in höheren Breiten ein Klima mit trockenen Wintern, da die Bäume während des Winters den Transpirationsverlust nicht decken können.

§ 3. Das Grasflurklima. Ganz anders sind die Ansprüche, welche die Grasflur an das Klima stellt. Das Maassgebende in der Grasflur ist, wie schon erwähnt, die Grasnarbe. Grasfreie oder grasarme Staudenformationen vermögen den Kampf gegen die Gehölze nicht mit Erfolg zu fuhren und zeigen sich nur in Wüsten (die sogenannten Artemisiasteppen u. s. w.), wohl meist mit Beimischung von Niederholz.

Die krautigen Gräser sind vorwiegend Gewächse der temperirten Länder. In den Tropen sehen wir grasreiche üppige Grasfluren vor- nehmlich auf den zeitweise kühlen Hochebenen, z. B. im Innern Bra- siliens, in Central- Afrika , und nur dürftigen Graswuchs da, wo in der Vegetationszeit die Temperatur während der Tagesstunden 30 ° C dauernd übersteigt. Warum hohe Temperaturen den meisten krautigen Gramineen wenig zusagen, lässt sich zur Zeit nicht angeben. Während der Vegetationsruhe schaden auch die höchsten in der Natur vor- kommenden Temperaturen der ausgedörrten Grasnarbe nicht.

Im Vergleich zu den Holzpflanzen und vielen Stauden sind die Gräser der Grasflurnarbe seichtwurzelnde Gewächse und leiden daher durch längere Dürreperioden während der Vegetationszeit. Es wurde vorhin erwähnt, welchen verderblichen Einfluss die trockene Vegetationszeit des Jahres 1893 auf die Gräser im Gegensatz zu den Holzpflanzen und den tiefwurzelnden Stauden ausgeübt hatte, und auch Woeikof hat ähnliche Beobachtungen aufgezeichnet. Ein Klima, in welchem die Trockenheit gleichzeitig warme Jahreszeit ist, wie dasjenige der Mittelmeerländer, ist demnach dem Graswuchs, also auch der Grasflur, ungünstig. So sah ich im August 1886 bei Lissabon die Gräser und die meisten Stauden völlig verdorrt, während tiefwurzelnde Disteln fröhlich blühten und die Bäume in unversehrtem Laube prangten.

Feuchtigkeit des Untergrunds kommt also für die Grasnarbe wenig in Betracht; wesentlich ist ihr nur

2. Die klimatischen Formationen. 189

Feuchtigkeit des Obergrundes. Da letztere aber durch Ver- dunstung und Filtration rasch verloren geht, so sind zu ihrer Erhaltung häufige, wenn auch schwache Niederschläge, nöthig. Während der Ruheperiode können die Gräser grosse Trockenheit unbeschadet ertragen.

Die Gräser erheben sich weit weniger als die Bäume über die Oberfläche des Bodens und befinden sich demnach in feuchteren Schichten der Atmosphäre. Grosse Lufttrockenheit ist ihnen übrigens, während der Ruheperiode, ebenso unschädlich wie Regenlosigkeit.

Die tiefsten atmosphärischen Schichten sind auch die ruhigsten, so dass die Gräser von der austrocknenden Wirkung des Windes weniger als Holzpflanzen zu leiden haben. Die dem Baumwuchs so schädlichen Winde der Trockenzeiten und des Winters sind für die Gräser ohne Bedeutung.

Nach dem Vorhergehenden sind die Elemente eines guten Grasflur- klimas: Häufige, wenn auch nur schwache, die Feuchtig- keit des Obergrundes erhaltende Niederschläge in der Vegetationszeit und gleichzeitige massige Wärme. Bei- nahe irrelevant sind für die Grasflur die Feuchtigkeit des Untergrundes (ausser bei grosser Capillarität des Obergrundes), Trockenheit der Luft, namentlich in den Ruheperioden (Trockenzeit, Winter) und Winde. Grasflur- feindlich ist in höheren Breiten Trockenheit in der Haupt- vegetationszeit der Gräser (Frühjahr, Frühsommer.)

Gehölzklima führt zum Sieg des Gehölzes, Grasflur- klima zum Sieg der Grasflur. In Uebergangsklimaten entscheiden edaphische Einflüsse den Sieg. Stärkere Abweichungen vom Gehölzklima und vom Grasflurklima rufen die Wüste hervor.

Dass das Innere der Continente, namentlich ausserhalb der Wendekreise, weniger reichen Baumwuchs aufweist als die Küstengebiete, ist in erster Linie auf die zeitweise herrschende grosse Lufttrockenheit, namentlich des Winters, zurückzuführen. Ueber den nachtheiligen Einfluss des Continentalklimas bringt namentlich MiddendortT Belege.

„Unter derselben Breite, unter welcher ich mich am Jenisöj, in die Waldungen Sibiriens versenkte, unter 58 ° n. Br., erreichen auf Sitcha Nadel- hölzer, welche den sibirischen so nahe stehen, dass sie nur vom Fachkenner artlich unterschieden werden, eine Höhe von 160' bei 7' bis 10 ' Durch- messer . . . Von Jenisejsk nordwärts möchte man, dem in Livland gewonnenen Augenmaasse zufolge, den Waldungen kaum mehr als ein halbes Jahrhundert geben, nie ein ganzes1) . . . Auch ausserhalb des Bereichs vom Eisboden sehen wir, unter den günstigsten Verhältnissen, in Süd -Sibirien die dort vorkommen-

') S. 631.

190

I. Die Formationen.

den Baumarten keine ausserordentliche Grösse erreichen, ja nicht einmal die- jenige, zu welcher dieselben oder deren Repräsentanten in Europa gelangen.1)

. . . Wenigstens 99/100 aller scheinbar erwachsenen Bäume des Waldes, sogar an günstigen Oertlichkeiten Südsibiriens, besassen nicht mehr als 1 bis ft/4 Fuss Dicke . . . Drei oder vier Jahrhunderte scheinen sogar in Süd- sibirien die äusserste Lebensdauer zu sein, welche die bevorzugten Stämme des Waldes durchschnittlich erreichen. Die durchschnittliche Lebensdauer der Bäume eines sibirischen Balkenwaldes muss ich noch beträchtlich geringer schätzen. *) . . . Ueberschauen wir die im vorhergehenden Abschnitte gewonnenen Anschauungen, so können wir nicht umhin, uns dafür auszusprechen, dass das excessive Continentalklima dem Baumwuchse ungünstig ist, und derselbe sein Maximum nur im Seeklima erreichen könne."8)

Das Gehölzklima, in seinen verschiedenen Abstufungen, und das Grasflurklima bleiben in allen Zonen qualitativ die gleichen, weichen aber quantitativ von einander ab, sodass ihre Elemente sich nur für einzelne Zonen zahlenmässig ausdrücken lassen. Dementsprechend sind die klimatischen Tabellen, die die hier entwickelten Anschauungen näher begründen, in speciellen Kapiteln des dritten Theils enthalten.

§ 4. Klimatische Tabellen. Die Zahl der Gebiete für welche wirk- lich brauchbare, vollständige und über längere Zeiträume ausgedehnte meteoro- logische Beobachtungen vorliegen ist noch nicht gross. Immerhin giebt es bereits für mehrere, klimatisch wie in Bezug auf ihre Vegetation wohl charak- terisirte Gebiete nach beiden Richtungen genügende Daten, um Schlüsse auf die Allgemeinheit zu gestatten. Allerdings werden von den Meteorologen nicht immer alle Factoren berücksichtigt, die für die klimatische Erkenntnis der Vegetation in Betracht kommen; dieses ist aber zum Theil auf die Pflanzengeographen zurückzuführen, die früher, entsprechend ihrer Verkennung der Bedeutung mancher klimatischer Elemente, sehr bescheidene Forderungen an die Meteorologie stellten.

Eine pflanzengeographisch wirklich brauchbare Tabelle müsste, meiner Ansicht nach, folgende Rubriken enthalten:

Ort: Lage in Länge- und Breitegraden. Höhe. Mittlerer Luftdruck, (nur bei

Höhenstationen). Temperatur Regen Relat. Feuchtig.

Monate mittleres Minimum Jan. I, Febr. | März |

mittleres Maximum

Menge j Tage

mittleres Minimum

mittleres Maximum

Sonnen- ' Wind-

schein. Stunden

stärke

Ver- dunst

U.S.W.|

Mittlere Jahresextre

me

1) S. 632.

2) S. 632.

3) S. 640.

3. Die edaphischen Formationen. IQI

Die von den Meteorologen sorgfältig notirten Schwankungen des Luft- druckes sind für die Vegetation ohne Belang. Von den Daten über die Tempe- ratur sind diejenigen über die täglichen Minima und Maxima die wichtigsten, ja vollkommen genügend. Angaben über die Stunden sind kaum nötig, da die Minima Nachts, die Maxima am Tag auftreten. Erstere geben uns die Temperaturen, bei welchen die Wachsthumsvorgänge hauptsächlich vor sich gehen, die Maxima sind namentlich als Factoren der Transpiration von Wichtigkeit. Die mittlere Tagestemperatur ist pflanzengeographisch werthlos, wenn nicht wenigstens die Grösse der täglichen Schwankung mit gegeben ist. Mittlere Jahresextreme sind zwar nicht für die Formationenlehre, wohl aber für die Artenareale zuweilen von Wichtigkeit, die mittlere Jahrestemperatur ist ohne jede Bedeutung.

Angaben über die absolute Regenmenge sind sehr wichtig, aber an sich noch nicht hinreichend. Es hängt viel davon ab, ob der Regen in relativ seltenen aber starken oder in häufigen aber leichten Güssen fällt. Darüber belehren die Rubriken Regentage (Regenstunden wären ausserdem erwünscht, sie werden aber beinahe nie erwähnt) und Sonnenstunden. Letztere gehören ausserdem zu den Factoren der Transpiration.

Zu den wichtigsten Rubriken gehört diejenige: Relative Luftfeuchtigkeit. Grosse Feuchtigkeit wirkt fördernd auf das Wachsthum und setzt die Trans- piration herab, geringe Feuchtigkeit wirkt im entgegengesetzten Sinne.

Den Winden kommt wegen ihrer trocknenden Wirkung grosse Wichtig- keit zu. Die Rubrik „Verdunstung" ermöglicht direkte Schlüsse auf die Grösse der Transpiration.

3. Die edaphischen Formationen.

§ I. Edaphische Einflüsse im Allgemeinen. Der Einfluss der Unterschiede in der physikalischen und chemischen Beschaffenheit des Bodens beschränkt sich in der Regel, wie früher bereits erwähnt wurde, auf die feine Gliederung innerhalb des durch das Klima bestimmten Vegetations- und Florentypus. Solche edaphische Nüancirung ist nicht selten ausserordentlich reich, indem viele Arten auf eine Constellation äusserer Factoren so genau gestimmt sind, dass schon geringe Ab- weichungen derselben ihr Heraustreten aus dem ökologischen Optimum und hiermit ihre Niederlage im Kampfe mit den Mitbewerbern bedingt.

Man betrachte z. B. eine etwas unebene Wiese. Da sind aller- dings manche der vorherrschenden Arten, namentlich unter den Gräsern, überall vorhanden, so dass eine solche Wiese als eine Formation be- zeichnet werden darf. Andere Arten zeigen sich dagegen an ganz be- stimmte Qualitäten des Bodens gebunden , so dass die Wiese ein ge- flecktes Aussehen erhält. Das ist namentlich der Fall, wo zwei oder mehr verwandte Arten sich in den Boden zu theilen haben. Sind z. B. Primula officinalis und Pr. elatior vorhanden, so wird man an der un-

IQ2 I. Die Formationen.

gleichen Farbe der Blüthen schon von Weitem, die von der ersteren bewohnten trockeneren Stellen von den feuchten, welche die zweite inne hat, unterscheiden.

Niemals wird man sie gesellschaftlich wachsen sehen. In ähnlicher Weise bezeichnen Ranunculus bulbosus, acris und repens oft drei Stufen zunehmender Feuchtigkeit. Auf dem Simplon bewohnen zwei zwergige Senecio -Arten, S. incanus und S. uniflorus, die trockenen alpinen Wiesen, oft dicht beieinander, aber niemals durcheinander. Ich fand den grossköpfigen Senecio uniflorus nur, wo der Wiesenboden sich als dünner Ueberzug über Steine und Felsen ausdehnte, während S. incanus ausschliesslich tiefere Bodenstellen bewohnte. Der Bastard zwischen beiden Arten zeigte sich an die Zwischenräume beider Standorte ge- bunden.

Eine derartige Parcellirung wird durch chemische Unterschiede des Substrats weit seltener als durch die physikalischen bedingt, indem die letzteren einen viel rascheren Wechsel und eine grössere Mannigfaltig- keit als die ersteren zu zeigen pflegen.

Weit stärker als in Fällen der eben geschilderten Art kommen die Wirkungen des Bodens in den edaphischen Formationen zum Vorschein, wo der Vegetationstypus nicht durch das Klima, sondern durch den Boden bestimmt ist, sodass er in Gehölz- und Grasflur- gebieten sich wesentlich gleich bleibt. Das Klima wirkt in den eda- phischen Formationen blos nüancirend, ähnlich wie der Boden den klimatischen Formationen.

Maassgebend für das Zustandekommen gewisser edaphischer For- mationen ist Anwesenheit reichlichen Bodenwassers in Folge der Infiltra- tion dauernder Wasseransammlungen, für andere aber die mechanische Beschaffenheit des Substrats. Die chemischen Unterschiede des Bodens haben meist bloss eine nüancirende oder differenzirende Wirkung. Nur reiche Mengen leicht löslicher Salze, namentlich Kochsalz oder freie Humussäuren vermögen das klimatische Gepräge zu verwischen und z. B. im Hygrophytenklima Xerophytenformationen hervorzurufen.

§ 2. Durch Bodenwasser bedingte edaphische Formationen. Der Boden bleibt in der Nähe der Gewässer beständig bis zu grosser Tiefe feucht, auch im Grasflurklima, wo die Regen nur den Obergrund benetzen. Dementsprechend sehen wir im Bereiche der Infiltration die Ufer von Flüssen und Seen von Gehölzen bedeckt. Letztere sind oft gebüschartig, nicht selten jedoch als üppige, denjenigen des besten Waldklimas nicht nachstehende Wälder (Gallerie Wälder) entwickelt (Fig. 93). Derartige edaphische Gehölze unterscheiden sich von den klimatischen natürlich stets durch ihre Abhängigkeit von Wasser- ansammlungen, mögen die letzteren eine freie Oberfläche haben oder, wie in den Oasen ganz unterirdisch sein.

3. Die edaphischen Formationen. IQj

Stagnirendes Wasser bedingt die Ausbildung der als Sümpfe bezeichneten Formationen, die wiederum in mehrere Gruppen ein- getheilt werden, von welchen die torf haltigen Moore und die Man- groven des tropischen Strandes am besten charakterisirt sind. Die Sumpfformationen werden durch die Hydrometeore wenig beeinflusst und zeigen daher im Gehölz- und Grasflurklima wesentlich die gleiche Vegetation, dagegen sind ihre beiden erwähnten auffallendsten Formen, Moor und Mangrove von der Wärme abhängig, letztere aus noch nicht bekannten Gründen, ersteres, weil die chemischen Vorgänge, auf welchen die Torfbildung beruht, sich nur bei tieferen Temperaturen abspielen.

§ 3. Offene edaphische .Formationen. An vielen Standorten ist die mechanische Bodenbeschaffenheit derartig, dass sie das Aufkommen geschlossener Formationen nicht zulässt. Was in der Wüste durch das Klima, wird hier durch die Beschaffenheit des Bodens bedingt. Der [etztere gehört den Gewächsen, die sich auf demselben, den ungünstigen Bedingungen zum Trotz, anzusiedeln vermögen. Es sind deren wenige und die Formation bleibt eine durchaus offene, wo es noch Raum für viele Pflanzen giebt und wo dementsprechend der Kampf zwischen Mitbewerbern fehlt. Solche Standorte besitzen, das Klima möge sein wie es wolle, weder Gehölz- noch Grasflurcharakter, sondern tragen Holzpflanzen und Kräuter in buntem Gemisch und in voller Unabhängig- keit von einander.

Zu den offenen Formationen der geschilderten Art gehören in erster Linie diejenigen der Felspflanzen. Der nackte Fels bleibt, nach seiner Erkaltung aus feuerflüssigem Zustande oder seiner Los- trennung von einer grösseren Felsmasse, mehr oder weniger lange Zeit jeder Vegetation baar. Früher oder später, im feuchten Klima früher als im trockenen, kommen Pflanzen auf seiner Oberfläche zur Ent- wickelung, zuerst kleine Algen und Flechten, später, nachdem diese genügsamsten Gewächse etwas Humus erzeugt haben, Moose und höhere Pflanzen. Die Vegetation der Fels- und Steinoberfläche soll diejenige der Lithophyten genannt werden. Die Felsspalten, in welchen sich mehr feinkörnige Bestandtheile und mehr Wasser an- sammeln, als an der Oberfläche, erhalten eine etwas üppigere Vegetation, diejenige der Chasmophyten. Eine Felspflanzenformation besteht entweder nur aus Lithophyten, nämlich wenn der Fels spaltenlos ist, oder aus solchen und Chasmophyten.

Die Lithophyten sind niedrige flachausgebreitete Gewächse, deren Flächenentwickelung bald hauptsächlich durch die Wurzeln, bald durch die Sprosse selbst bedingt ist, welche sich , in diesem Falle, vermittelst kurzer Wurzeln, bezw. bei Thallophyten durch Rhizoiden, auf dem harten Substrat befestigen. Moose und Phanerogamen nehmen häufig Polsterform an. Die Chasmophyten sind im Gegensatz zu den Litho-

Schimper, Pflanzengeographie. 13

IQA I. Die Formationen.

phyten, lang gestreckte Gewächse, da ihr Substrat sich oft in grosser Entfernung von der Mündung der Spalte und hiermit vom Lichte be- findet. Viele Chasmophyten besitzen in Folge dessen ungeheuer lange Rhizome und Wurzeln, doch zeigen sich solche extremen Formen weniger in Felsspalten als auf den Gerollen, welche durch Zertrümmerung der Felsen unter der Einwirkung der Atmosphärilien entstehen und am Fusse der Felsmassen, von welchen sie heruntergefallen, oder als Moränen längs der Gletscher, grosse Haufen zu bilden pflegen. Hier treten die

Fig. 94. Steinfeld im Bette des Craiguburn-Flusses in der Nähe seiner Mündung in den Pearson-See, im Waldgebiet Neu-Seelands, Süd-Insel. Ozothamnus depressus Hook. f. und Epi- lobium melanocaulon Hook. f. 600 m ü. M. Nach einer Photogr. des Herrn L. Cockape.

Lithophyten gegen die Chasmophyten stark zurück und letztere zeigen die vorher erwähnte oft ungeheuere Längsstreckung.

Die Felstrümmer gerathen theilweise in die Wasserläufe, wo gegen- seitige Reibung sie theils zu Kies, theils zu Sand zerkleinert und wo die verwitterten Feldspäthe zu feinkörnigem erdigem Thon zerrieben werden. Der Wechsel des Wasserniveaus fuhrt zur Ablagerung in den Flussbetten und an ihren Ufern von Kies-, Sand- und Thonmassen, die theilweise häufiger, theilweise seltener oder nur ausnahmsweise von Wasser wieder bedeckt werden. Solche Ablagerungen tragen eine bald mehr vergängliche, bald länger andauernde offene Vegetation, deren

3. Die edaphischen Formationen. ige

Arten zum grossen Theile für solche Standorte charakteristisch sind (Fig. 94—96).

Durch die Wasserläufe gelangen die Felstrümmer schliesslich in das Meer. Sind die Ufer des letzteren flach, so werden durch Sturm- fluthen Sand, Thon und kleiner Kies bis mehr oder weniger weit jenseits der gewöhnlichen Fluthgrenze auf das Land getragen und diese Ablagerungen erhalten, wenn sie nicht durch die Winde zu sehr durch- wühlt oder vom Meere wieder fortgetragen werden, schon nach wenigen

Fig. 95- Grand Canon des Colorado. Arizona. Steiniges Flussbett. Im Hintergrund die dem Klima entsprechende Wüste. Nach einer Photographie.

Monaten einige Vegetation. Kann die letztere sich behaupten, so werden solche Neubildungen allmählich befestigt und definitiv dem Festlande angegliedert.

Unter den Strandablagerungen sind die sandigen die am stärksten entwickelten, indem der Wind den Sand tiefer in das Land hineintreibt als Thon oder Kies und denselben oft zu Dünen häuft. Die Forma- tionen des sandigen Strands und der Dünen erscheinen geeignet als Bei- spiele für die Vegetation der Psa mm ophyten oder Sandpflanzen, die hier besonders stark entwickelt auftritt, zu dienen. Diese sandigen Küsten- striche am Meere gliedern sich gewöhnlich in drei Zonen, die Schorre,

13*

196

I. Die Formationen.

zwischen den gewöhnlichen Grenzen von Ebbe und Fluth, den flachen Mittelstrand, oberhalb der gewöhnlichen Fluthlinie, und die Dünen, welche sich hügelartig zwischen Strand und Binnenland erheben.

Dünen sind nicht immer vorhanden. Manchmal erhebt sich das sandige Ufer ganz allmählich und sanft und geht ohne scharfe Grenze in Gehölz- oder Grasflurland über oder das Land erhebt sich hinter dem flachen Strande zwar plötzlich, aber ohne Dünencharakter anzunehmen. Derartiges zeigt sich theils an relativ windstillen Küstenstrichen, theils wo der Sand grobkörnig, bezw. stark mit Kies vermengt ist und daher vom Winde schwerer fortbewegt wird.

Fig. 96. Nebraska. Sandige Ablagerungen mit offener gemischter Pflanzenformation in

einem Flussbett. Im Hintergrund die dem Klima entsprechende Grasflurformation (Prärie)

und nackte Felsen. Photogr. des geolog. Depart. der Universität von Nebraska.

Folgende Darstellung der Vegetation auf dem sandigen Meeres- strande Java's kann für die Vegetationsverhältnisse an solchen Stand- orten überhaupt Gültigkeit beanspruchen.

Die Südküste Java's ist stellenweise von ganz ähnlichen Dünen- landschaften bedeckt, wie sie z. B. an der Nordsee so verbreitet sind. Hinter dem sandigen, hier kalkreichen Strande erhebt sich eine erste pflanzenarme Dünenreihe , hinter welcher mehr bewachsene Dünen den Uebergang zur Binnenlandvegetation vermitteln. Nur der flache Strand und die dem Meere zunächst gelegenen Dünen zeigen in ihrer Vegetation die charakteristischen Einflüsse der Standorte. Erschwerte Befestigung am losen Substrat, erschwerte Wasserversorgung, Kampf gegen den See-

3. Die edaphischen Formationen. \gy

wind oder Benutzung desselben zum Transport der Früchte auf der glatten Sandfläche lassen sich aus den merkwürdigen Gestalten gerade- zu herauslesen.

In klarster Weise vereinigen sich die erwähnten Anpassungen bei Spinifex squarrosus, einem steifen bläulichen Gras mit grossen kuge- ligen Blüthen- und Fruchtständen,1) welch* letztere aus langen radial geordneten Nadeln , den sehr langen Tragblättern , zusammenge- setzt erscheinen. Spinifex bedeckt manchmal für sich allein, in zahl-

Fig. 97. Sand-Dünen bei Neu-Brighton an der Ostktiste der Südinsel Neu -Seelands mit Desmoschoenus spiralis Hook. f. Nach einer Photographie von Herrn L. Cockayne.

losen, anscheinend selbständigen Stöcken, die äussersten Dünen am indischen Meere; nähere Untersuchung ergiebt in vielen Fällen, dass auch weit von einander entfernte Stöcke durch federkiel- bis fingerdicke, im Sande mehr oder weniger vergrabene Stolonen verbunden sind, die an ihren Knoten Wurzeln und Blattbüschel erzeugen. Letztere verdanken ihr fahles Aussehen, ähnlich wie unsere Sandgräser, einem Wachsüberzug. Die Vortheile, welche eine solche Vegetationsweise an derartigen Standorten mit sich bringt, sind einleuchtend. Die kriechenden, durch

M Vgl. die Abbildung des ganz ähnlichen Fruchtstands von Spinifex hirsutus im Kapitel über die edaphischen Formationen der temperirten Zonen (Dritter Theil, zweiter Abschnitt).

198

I. Die Formationen.

zahlreiche, tiefeindringende Wurzeln festgeankerten Sprosse bieten dem Winde weit besseren Trotz und laufen weit weniger die Gefahr, aus ihrem lockeren und beweglichen Substrat herausgerissen zu werden, als aufrechte Pflanzen. Es ist daher kein Wunder, dass viele anderen Strandgewächse sich in ihrem Lebensmodus dem Spinifex anschliessen, wie die in den Tropen nahezu ubiquitäre Remirea maritima oder die noch häufigere und verbreitetere Ipomoea pes caprae (I. biloba), deren un- geheuer lange und weit bewurzelte kriechende Sprosse mit einem eng-

Fig. 98. Strand von Garden Island , Lake of the woods, Minnesota. Salix fluviatilis vor- herrschend. Ausserdem : Capnoides micranthum, Chenopodium album, Polygonum ramosissi- mum etc. Nach einer Photogr. von Herrn Prof. MacMillan.

maschigen Netze den Sand bedecken und festhalten, oder auch die physiognomisch mit der Ipomoea pes caprae nahe übereinstimmen- den Canavalia - Arten u. s. w. In der nördlichen temperirten Zone befestigt der Helm, Psamma arenaria, durch seine ungeheuer langen und reich verzweigten Rhizome den lockeren Sand der Dünen, zu- sammen mit anderen Gräsern, wie Elymus arenarius, Agropyrum jun- ceum u. s. w. Allen diesen Gewächsen kommt die wichtige Eigen- schaft zu, wenn sie verschüttet werden, aus dem Sande wieder herauszuwachsen.

Noch in manchen anderen Hinsichten zeigt sich bei Spinifex squar-

3. Die edaphischen Formationen.

199

rosus ein enger Zusammenhang zwischen Structur und Lebensweise, z. B. im Bau der Blätter, deren Wachsüberzug und Structur die Schwierigkeit der Wasserversorgung auf den hohen, durchlässigen, zudem salzigen Dünen zum Ausdruck bringt. Ganz besonderes Inter- esse beansprucht jedoch der nahezu kopfgrosse, aus steifen Borsten gebildete sphärische Fruchtstand. Zur Zeit der Reife bricht er von den abgetrockneten Stengeln ab und wird ein Spiel des Windes. Rollend und tanzend schnellt er auf der glatten Sandfläche dahin und lässt seine Früchte herunterfallen. Allmählich werden die Borsten abgenutzt

Fig. 99' Dünen auf der Isle aux Sables, Lake of the woods, Minnesota. Populus tremu- loides, Juniperus communis, Prunus pumila im Vordergrund und links; Elymus canadensis und Artemisia im Hintergrund. Auf dem Gipfel der Düne Zwergbäumchen von Celtis occidentalis und Cerasus pennsylvanica. Nach einer Photogr. des Herrn Prof. MacMillan.

und der schwer beweglich gewordene Fruchtstand wird im Sande, mit dem Reste der Früchte, vergraben.

Spinifex squarrosus gehört nach seiner Wachsthumsweise zu einem sehr verbreiteten Typus. Einen Typus für sich bilden dagegen die Pandanus-Arten des sandigen Strandes, welche sich durch elastische, von den Aesten herabwachsende Stützwurzeln im beweglichen Sande festankern (Fig. 122).

Bei vielen Gewächsen des sandigen Meeresstrandes, allerdings vor- nehmlich bei solchen, die geschütztere Standorte bewohnen, kommen

200 !• Die Formationen.

solche in die Augen fallenden Anpassungen nicht vor. Doch sind sie im Vergleich zu anderen Pflanzen stets aussergewöhnlich reich und tief bewurzelt.

Sandige Strandformationen ähnlich denjenigen des Meeres zeigen sich auch an vielen salzigen oder süssen Binnenseen; doch pflegt die Dünenbildung, entsprechend der geringeren Windstärke und Sand- menge, schwächer ausgeprägt zu sein. Sehr eingehend und in in- structiver Weise sind die betreffenden Formationen von C. MacMillan für den „Lake of the Woods," einen zwischen Minnesota und Canada gelegenen mittelgrossen See (ca. 1500 engl. Quadratmeilen) dargestellt worden. Die Ufer sind theils felsig, theils lehmig, theils sandig, theils von Humus bedeckt. Das Bild Fig. 98 zeigt den sandigen, flachen Strand mit einer hauptsächlich aus Weiden bestehenden Vegetation, Fig. 99 niedere, mit verschiedenartigen Gräsern und Sträuchern be- wachsene Dünen.

Selbstverständlich unterscheidet sich der sandige Strand an Süss- wasserseen von demjenigen am Meere durch Armuth an Kochsalz und verleiht der Vegetation daher nur auf höheren Dünen xerophilen Charakter.

§ 4. Uebergang der edaphischen Formationen in klimatische. Zwischen dem nackten und harten Felsen und dem aus solchem schliess- lich hervorgehenden feinkörnigen Boden, um dessen Besitz Gehölz und Grasflur sich streiten, schalten sich, nach dem Vorhergehenden, eine Reihe offener Uebergangsformationen ein, die weder Gehölz- noch Grasflurcharakter besitzen, auch im ungleichen Klima wesentlich gleiches Gepräge aufweisen und ihre Eigenart vornehmlich der mechanischen Bodenbeschaffenheit verdanken. Die Umwandlung solcher vorüber- gehenden Formationen in die definitiven der Gehölze und Grasfluren vollzieht sich fortwährend unter unseren Augen, allerdings so langsam, dass wir nur einen Theil der Vorgänge direkt zu beobachten im Stande sind und nur durch Vergleich ungleich alter Zustände ihre Aufeinanderfolge ungefähr errathen können. Trotz dem hohen Interesse der Entwickelungsgeschichte der Formationen ist ihr bisher nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden.

Eine hervorragende Leistung auf diesem Gebiete ist Treub's Dar- stellung der Vegetation auf Krakatau drei Jahre nach dem be- kannten Ausbruch, welcher die ganze Insel mit einem glühenden Bim- stein- und Asche - Ueberzug bedeckte.

Wie bereits früher (S. 90) gezeigt wurde, bestand die Vegetation Krakatau's zur Zeit von Treub's Besuch ganz vorwiegend aus Farnen (elf Arten), während die Phanerogamen sich nur vereinzelt und beinahe ausschliesslich auf dem Meeresstrande zeigten. Die Farne bilden dem- nach die erste Vegetation auf vulkanischen Inseln, jedoch nur die

3. Die edaphischen Formationen.

20I

erste makroskopische Vegetation. Ihnen geht eine mikroskopische Cyanophyceenvegetation voraus, welche in dünner Schicht die ganze Oberfläche von Asche und Bimstein überzieht und den Boden für die Entwickelung der Farne vor- bereitet.

Auf den Rath meines verehrten Freundes Treub besuchte ich den Vulkan Guntur (Westjava), der durch die Eruption von 1843 bis zur

Fig. 100. Beginnende Vegetation auf neuem vulkanischen Boden (Bimstein, Asche etc.) in Westjava. Nach einer Photographie.

Basis von mächtigen glühenden Trümmerhaufen bedeckt worden war.1) Ich fand natürlich eine viel weiter entwickelte Stufe der Vegetation, als Treub auf Krakatau , jedoch war dieselbe noch ganz offen und im Ganzen dürftig. Bäume fehlten noch gänzlich, während strauchige und krautige Gewächse sehr verschiedener Arten vorhanden waren. Farne waren, wie auf Krakatau, an Arten und Individuen recht zahlreich, je- doch ohne die Hauptmasse der Vegetation zu bilden. Die wesent-

J) Vgl. Junghuhn Bd. II, S. 392 u. f.

202 I. Die Formationen.

lichste Rolle spielten Gewächse, die in den benachbarten Wäldern als Epiphyten wachsen, nämlich ausser verschiedenen Farnen auch viele Orchideen und das strauchige Rhododendron javanicum, welche hier eine Anzahl ihnen zusagender Bedingungen, wie hartes Substrat, feuchte Luft und reiche Beleuchtung fanden und ungestört durch Mitbewerber den Boden in Beschlag nehmen konnten. Interessant war auch das Vorkommen einer Nepenthes in zahllosen Exemplaren, deren Urnen Wasser und Insekten in so reicher Menge enthielten, dass das Fort-

Fig. ioi. Aus der Camargue. Horizontale sandige Strandflächen im Ueberschweinmungs* gebiet der Sturmflathen mit erster Vegetation aus Salicornia macrostachya. Nach Flahaolt

et Combels.

kommen der üppigen und nicht merklich xerophilen Pflanze auf derartigem Boden nicht wunderlich erschien.

Flahault und Combres haben für das über 14000 h sich aus- dehnende sandige und lehmige Tiefland der Camargue in dem Rhöne- delta die allmähliche Umwandlung des nackten Bodens im Bereich der Sturmfluthen in anfangs offene, später geschlossene Pflanzenformationen dargestellt.

Ist ein flaches Strandgebiet längere Zeit dem Einfluss der Wellen entzogen geblieben, so erhält es als erste Vegetation einzelne, in weiten Zwischenräumen wachsende Stöcke von Salicornia macrostachya

3- Die edaphischen Formationen.

203

(Fig. 101). Häufig wird ein solcher eben bewachsener Strand durch die Winterstürme überschwemmt und wieder jeder Vegetation beraubt ; zu- weilen jedoch vermögen sich die ersten Ansiedler zu behaupten und sam- meln zwischen und an ihren buschigen Aesten Sand, in zwar geringer, jedoch genügender Menge, um das Auftreten einiger neuer Pflanzen, nämlich Salicornia sarmentosa, Atriplex portulacoides und Dactylis sarmen- tosa, zu ermöglichen. Sand und allmählich auch Humus häuft sich um solche Pflanzengruppen an, sodass dieselben nach einiger Zeit die Mitte kleiner, nur etwa ein dem. hoher Sandhügel, der sogenannten „touradons" bilden.

Fig. 102. Aus der Camargue. Wald von Pinus Pinea mit Juniperus phoenicea etc. als

Unterholz. Die Depression in der Mitte ist hauptsächlich von psammophilem Graswuchs

bedeckt. Nach Flahault et Combres.

Die „touradons" besitzen bereits, dank dem Filze der Wurzeln und Stolonen, eine erhebliche Widerstandsfähigkeit und können auch den winterlichen Ueberschwemmungen Stand halten. Jedes Jahr bedingt eine Zunahme derselben in die Breite, sodass sie nach einigen Jahren I 2 m Durchmesser erreichen und bereits an 20 Halophyten -Arten tragen, u. a. Inula crithmoides, Juncus-, Statice-, Plantago -Arten, ver- schiedene Gramineen etc. Langsam, im fortwährenden Kampfe gegen die Ueberschwemmungen, bedingen die „touradons" eine allmähliche Hebung des Bodens, während die Regen den letzteren immer mehr aussüssen und für das Gedeihen von Nichthalophyten geeignet machen.

204 *• ^e Formationen.

Sehr lehrreich sind in der Camargue auch die Dünen, welche an einzelnen Küstenstrichen parallele, durch ursprüngliches Ueber- schwemmungsgebiet sammt den noch erhaltenen Touradons thalartig getrennte Reihen darstellen, deren Vegetation nach dem Binnenlande hin allmählich zunimmt. Offenbar hat einmal eine Gesammterhebung des Bodens bestanden und Dünen und „touradons" sind gleichsam als Petrefakten erhalten geblieben. Die Reihenfolge der Dünen zeigt alle Zwischenstufen, von dem ersten Anfange der Vegetation auf den äussersten Dünen bis zu den geschlossenen Formationen der innersten, wo der psammophytische Charakter sich nur noch schwach ausgeprägt zeigt.

Die Vegetation der äussersten Dünen ist dürftig, aber sehr charakteristisch. Da zeigen sich verschiedenartige Gräser, Seggen und Binsen, nebst einigen anderen Gewächsen, mit weit kriechenden und an den Knoten bewurzelten Rhizomen (z. B. Juncus maritimus, Cynodon Dactylon, Scirpus Holoschoenus, Agropyrum -Arten, Ephedra distachya, Eryngium maritimum etc.), neben Pflanzenarten mit ungeheuer tiefen Rhizomen und Wurzeln (z. B. Ammophila arenaria, Echinophora spinosa, Clematis Flammula etc.). Die meisten Arten haben hier ausser dem psammophilen auch halophilen Charakter.

Auf den ältesten Dünen, aber auch auf flacheren Erhebungen („radeaux") gleichzeitigen Ursprungs treten die edaphischen Einflüsse stark zurück. Bäume und hohe Sträucher treten auf und die meisten Arten sind dort solche, wie sie auch fern vom Meere und auf ver- schiedenen Bodenarten vorkommen. Doch zeigt immerhin das Fehlen mehrerer sonst häufiger Arten, dass es sich um verhältnissmässig neuen Boden handelt.

Die Fig. 102 stellt ein Bild aus älteren Dünen dar. Die höheren Stellen sind von einem Pinienbestande eingenommen, dessen reiches Unterholz hauptsächlich von Juniperus phoenicea, ausserdem aber von anderen charakteristischen Sträuchern der Mediterranländer gebildet ist, wie Rosmarinus officinalis, Phillyrea angustifolia , Cistus salviaefolius etc. Die tieferen Stellen tragen hauptsächlich psammophilen Graswuchs.

4. Das Zusammenleben in den Formationen.

Die verschiedenen Gewächse, die zu einer Formation zusammen- treten, stehen unzweifelhaft in den mannigfachsten Wechselbeziehungen unter einander, sowie zu den die Formation bewohnenden Thieren (Würmer, Insekten, Vögel u. s. w.). Die Frage nach der Natur und den Wirkungen dieser Beziehungen verspricht die wichtigsten Auf- schlüsse für das ökologische Verständniss der Formationen zu liefern; doch ist sie bis jetzt nur selten und nur für einzelne Fälle in Angriff

4. Das Zusammenleben in den Formationen. 205

genommen worden. ') Die floristische Richtung in der Pflanzengeo- graphie hat hingegen indirekt durch das Aufstellen von Listen der constant zusammenwachsenden Arten wichtige Beiträge geliefert. So zeigen sich, nach Flahault, in Gesellschaft der Quercus Hex in Frank- reich stets noch dreizehn andere Pflanzenarten, namentlich Cistus mons- peliensis und albidus, Lavandula latifolia, Thymus vulgaris u. s. w., während Fagus silvatica sich stets von folgenden Arten begleitet zeigt: Vaccinium Myrtillus, Rubus idaeus, Oxalis acetosella, Mercurialis perennis u. s. w. Hoeck hat für mehrere deutsche Formationen solche Listen aufgestellt. Dieselben haben natürlich nicht für alle Ge- biete oder für alle Bodenarten Geltung, indem jeder Constellation äusserer Factoren eine bestimmte Gruppirung entsprechen muss. Da- durch ist natürlich der Werth solcher Zusammenstellung wenigstens, wenn sie von genauen Angaben über Klima und Boden begleitet sind, nicht vermindert.

In dieselbe Categorie von Fragen gehört diejenige nach der Ur- sache des geselligen Wachsthum gewisser Arten und des stets isolirten Auftreten anderer. Auf die Hypothesen, welche darüber aufgestellt worden sind, näher einzugehen, erscheint überflüssig, da dieselben, ausser für einige später zu besprechende tropische Formationen, der sicheren Grundlagen noch entbehren.2)

Auswahl der Literatur.

1. Die klimatischen Formationen,

Fliehe. Un reboisement Annales agronomiques. 1888.

Henry, Ed. La Vegetation foresti&re en Lorraine pendant l'annde 1893.

Revue g^ndrale de botanique T. 7. 1895. Junghuhn. Java. Deutsch von Hasskarl. Bd. 1 und 2. Leipzig 1854. Kihlman, A. O. Pflanzenbiologische Studien aus Russisch-Lappland. Acta

Söc pro Fauna et Flora fennica. 1890. Koorders, S. H. I. Waarnemingen over spontane reboisatie op Java.

Teysmannia 1894.

IL Jets over spontane reboisatie van verlaten Koffietuinen op het Mi-

dangan-gebergte etc. Tijdschrift voor Nijverheid en Landbouw. Deel XL1X. Afl. 5 en 6. 1894.

III. Beobachtungen über spontane Neubewaldung auf Java. Forstlich-

Naturw. Zeitschr. 1895. Woeikof, A. v. Beiträge zur Kenntniss der Wald- und Regenzonen des Kaukasus. Zeitschr. d. Gesellsch. für Meteorologie. 1871. Bd. VI.

*) Schimper 1. c.

*) Vgl. darüber z. B. de Candolle 1. c, Warming 1. c. S. 106, namentlich Brandis 1. c.

206 I- Die Formationen.

Man vergleiche ausserdem die Kapitel : Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen, Gehölzklima und Grasflurklima in den temperirten Zonen, die Wüsten der temperirten Zonen im dritten Theile.

2. Die edaphischen Formationen«

Altenkirch, G. Studien über die Verdunstungserscheinungen in der trockenen Geröllflora Sachsen's. Engler's Botan. Jahrb. Bd. XVIII.

Buchenau, F. Ueber die Vegetationsverhältnisse des „Helms" (Psamma arenaria) und der verwandten Dünengräser. Abhandl. d. naturw. Vereins zu Bremen. Bd. X. 1889.

Drude, O. Ueber die Principien in der Unterscheidung von Pflanzen- formationen. Engler's Botan. Jahrb. Bd. XI. 1889.

Deutschlands Pflanzengeographie. I. Theil. 1895.

Erikson, Joh. Studier öfver sandfloran i östra Skäne. Bihang tili k. svenska vet.-akad. Handlingar. Bd. 22. Afd. III. 1896. Mit deutschem Resume' (Xerophile Structur der Sandpflanzen).

Ueber negativ - geotropische Wurzeln bei Sandpflanzen. Botanisches Cen-

tralblatt Bd. LXI. 1895. Flahault, Ch. Distribution des ve'ge'taux dans un coin du Languedoc.

Montpellier 1893. Flahault, Ch. et Combres, P. Sur la flore de la Camargue et des

alluvions du Rhone. Bullet, de la societe* botanique de France. T. 41.

1894. Graebner, P. Studien über die norddeutsche Heide. Engler's Botan.

Jahrb. Bd. XX. 1895. MacMillan, C. I. On the formation of circular muskeag in Tamarack

swamps. Bullet, of the Torrey Botanical Club. Vol. 23. 1896.

II. Observations on the distribution of plants along shore at Lake of the

Woods. Minnesota Botanical studies. Geolog, and Nat hist survey of Minnesota. Minneapolis 1897. Nägeli, C. I. Bedingungen des Vorkommens von Arten und Varietäten innerhalb ihres Verbreitungsbezirkes. Sitzb. d. k. bayr. Ak. d. Wiss. München 1865.

II. Verdrängung der Pflanzenformen durch ihre Mitbewerber. Ibid. 1872. Schimper, A. F. W. Die indo-malayische Strandflora. Botan. MittheiL a.

d. Tropen. Jena 1891. Sendtner, O. Die Vegetationsverhältnisse Südbayerns. 1854. Treub, M. Notice sur la nouvelle flore de Krakatau. Annales du jardin

bot. de Buitenzorg. Vol. VII. 1888. Warming, E. I. De psammofile Vegetationer i Danmark. Vidensk. Med-

delelser naturh. Forening. Kjöbenhavn 1890.

II. Exkursionen til Fanö og Blaavand i Juli 1893. Bot. Tidsskr. XDC

III. Lehrbuch der ökologischen Pflanzenanatomie etc. Deutsche Aus-

gabe von Knoblauch. Berlin 1896.

Vergleiche ausserdem die Kapitel: Edaphische Wirkungen in den Tropen und: Edaphische Wirkungen in den temperirten Zonen im dritten Theile.

Auswahl der Literatur. 207

3. Das Zusammenleben in den Formationen.

Brandis, D. (Gesellig wachsende Holzgewächse). Sitzungsber. d. Niederrh.

Ges. für Natur- und Heilk. zu Bonn. 5. März 1894. de Candolle, A. Geographie botanique raisonnde. Tome I. S. 460. Flahault, Ch. Projet de carte botanique, forestifcre et agricole de la

France. Bullet de la soc. botanique de France. T. XLI. 1894.

Au sujet de la carte botanique, foresti&re et agricole de France etc.

Annales de g^ographie. 1896. Hock, F. I. Pflanzen der Schwarzerlenbestände Norddeutschlands. Engler's Botan. Jahrbücher Bd. 22.

IL Die Flora der Nadelwälder Norddeutschlands. Die Natur. 1892.

HI. Laubwaldflora Norddeutschlands. Forschungen zur deutschen Landes-

und Volkskunde. IX. Stuttgart 1896.

IV. Begleitpflanzen der Buche. Botan. Centralbl. 1892.

V. Begleitpflanzen der Kiefer in Norddeutschland. Ber. d. deutsch.

botan. Gesellsch. XL 1893. Seh im per, A. F. W. Die epiphytische Vegetation Amerika's. Jena 1888. VVarming, E. Lehrbuch der ökologischen Pflanzengeographie. 1896. S. 105.

n. Die Genossenschaften.

1. Die Lianen. Spreizklimmer , Wurzelkletterer, Windepflanzen, Rankenpflanzen. Geographische Verbreitung der Lianen. 2. Die Epiphyten. Oekologische Existenz- bedingungen. Uebergang der terrestrischen in die epiphytische Lebensweise. Aussäungsvor- richtungen. Geographische Verbreitung der Epiphyten. 3. Die Saprophyten« Veitheilung auf die Pflanzenfamilien. Zusammenhang zwischen Structur und Lebensweise. Geographische Verbreitung. Hemisaprophyten. 4. Die Parasiten. Hemiparasiten und Holoparasiten. Aehnlichkeit mit den Saprophyten. Absorptionsorgane : Die Haustorien. Vertheilung auf die Familien. Geographische Verbreitung.

Zerstreut unter den Gewächsen, welche den Boden in Beschlag nehmen und die eigentlichen Formationsbildner darstellen, befinden sich beinahe stets solche abweichender Lebensweise, welche unterschiedslos als accessorische Bestandtheile der verschiedensten Formationen auftreten, ohne jemals für sich solche zusammenzustellen. Sie vermögen in der That das letztere nicht, da sie für ihre Existenz von anderen Pflanzen abhängig sind. Jeder dieser Gruppen von Gewächsen kommt eine charak- teristische, mit der Lebensweise zusammenhängende Tracht zu, welche zwar unter dem Wechsel der äusseren Bedingungen manche Modi- ficationen erfahrt, aber in den Hauptzügen stets die gleiche bleibt. Solche ökologischen Gruppen werden Genossenschaften1) genannt. Eis sind deren vier: Die Lianen, die Epiphyten, die Saprophyten und die Parasiten.

Der Uebergang zwischen den Formationsbildnern und den Genossen- schaften ist durch die im vorhergehenden Capitel besprochenen Litho- phyten vermittelt, welche für sich Formationen bilden, aber auch als Nebenbestandtheile anderer Formationen, auf zerstreuten Felsblöcken und Steinen auftreten. Die Lithophyten zeigen namentlich zu den Epiphyten nahe Beziehungen und viele Gewächse kommen sowohl auf Felswänden wie auf Baumrinden vor.

*) Schimper 1. c. S. 8.

i. Die Lianen. 209

1. Die Lianen.1)

Während man früher nur kletternde Holzgewächse als Lianen be- zeichnete, fasst H. Schenck unter dieser Bezeichnung alle Gewächse zu- sammen, „die im Erdboden wurzeln und mit langgliedrigen Stengeln sich anderer Gewächse als Stützen bedienen, um ihr Laubwerk und ihre Blüthen vom Boden zu erheben und in eine zum Licht günstige Lage zu bringen. Sie umfassen sowohl Holzpflanzen mit immergrünen Blättern, als auch laubabwerfende Klettersträucher, ferner Formen mit krautigen Stengeln, welche nur eine Vegetationsperiode aushalten oder mit unter- irdischen Organen perenniren."*) Dass die Stützen andere Pflanzen sein müssen, ist nur dadurch bedingt, dass, in der Natur, nur solche die für das Klettern der meisten Lianen nöthige Gestalt besitzen ; auf die letztere allein kommt es an und nicht auf die chemische Natur der Stütze, welche, wie es die Culturen zeigen, aus dem verschiedensten Material bestehen kann. Uebrigens kommen gewisse Lianenformen in der Natur auch an Felsen kletternd vor; doch ist ihre Zahl eine relativ geringe.

Die Lianen können nach dem Klettermodus in vier Gruppen ein- geteilt werden, nämlich in Spreizklimmer, Wurzelkletterer, Windepflanzen und Rankenpflanzen.

Die Spreizklimmer sind der Mehrzahl nach Sträucher, die sich von anderen Sträuchern im einfachsten Falle nur durch die langen spreizenden Zweige unterscheiden, welche ohne active Befestigung sich auf andere Zweige stützen. Vielfach wird das Klettern dieser Gewächse durch Stacheln oder Dornen unterstützt, ohne dass man die letzteren als Anpassungen an kletternde Lebensweise deuten dürfte, z. B. bei Rosen und Brombeeren. Während die meisten Spreizklimmer die unterste Stufe der Lianen darstellen, gibt es unter ihnen auch Formen mit sehr voll- kommenen, wenn auch passiven Vorrichtungen, wie die Palmlianen der Tropenwälder, die an anderer Stelle geschildert werden sollen.

Die Wurzelkletterer bilden eine kleine Gruppe, deren Ver- treter durch Vermittelung am Substrat befestigter Luftwurzeln empor- wachsen. Solche Haftwurzeln sind in manchen Fällen kurz und dünn, z. B. beim Epheu. In anderen Fällen erreichen sie die Dicke eines Federkiels bei einer Länge von 2—3 dem und umklammern reif- artig cylindrische Stützen. So starke Entwickelung der Haftwurzeln zeigt sich nur bei tropischen Formen, wie Vanilla, vielen Araceen (Monstera, Philodendron) etc.

Bei den Wind e pflanzen wachsen die Axen vermöge eines ein-

l) H. Schenck I u. II. *) Schenck I. S. 2. 3) Schenck I. S. 5. Schimper, Pflanzengeographie. 14

2IO

I. Die Genossenschaften.

seitigen Transversal geotropismus, der später in negativen Geotropismus übergeht, schraubenartig um dünne Stützen empor. Zu ihnen gehören eine Menge allbekannter krautiger Kletterpflanzen, wie Hopfen, Bohnen, Winden, aber auch viele Holzlianen, z. B. das Geisblatt, Lonicera peri- clymemum, die viel cultivirte Wistaria sinensis (Glycine), Aristolochien etc. Die formenreichste Gruppe ist diejenige der Rankenpflanzen, in welcher reizbare, bei Berührung mit einer Stütze sich um dieselbe krümmende Organe, das Klettern ermöglichen. Morphologisch sind die Ranken Blätter oder Axen. Oekologisch sind sie überaus ver- schiedenartig, sodass man, mit Schenck, die Rankenpflanzen im weitesten Sinne nach dem Modus des Kletterns in sechs Untergruppen eintheilen kann.

Bei den Blatt- kletterern ist ein Theil (Stiel , Spreite) des im Uebrigen nicht modificirten Blattes mit der zum Ranken nö- thigen Reizbarkeit aus- gestattet; so ist z. B. Clematis Vitalba ein Blattstielkletterer , Fu- maria officinalis in ihren Var. Wirtgenii und vul- garis ein Blattspreiten- kletterer , Flagellaria indica, eine in den Tropen der alten Welt häufige Monocotyle, ein Blattspitzenkletterer.

Bei den Blatt-

fadenrankern ist

das Blatt oder ein Theil desselben als fadenförmiges, nur noch als

Ranke dienendes Organ ausgebildet. Die Erbse und andere Vicieen,

die Cucurbitaceen etc. sind Blattfadenranker.

Die Gruppe der Zweigkletterer *) stellt wie diejenige der Blatt- kletterer eine phylogenetisch tiefe Stufe dar. Die kletternden Zweige unterscheiden sich in den am wenigsten angepassten Fällen von ge- wöhnlichen Zweigen nur durch ihre Reizbarkeit und sind mit normalen Seitenzweigen und Blättern versehen (Fig. 103 104).

Die Zweigkletterer sind auf die Tropen und die Grenzgebiete der-

Fig. 103. Securidaca Sellowriana Klotzsch. Rankende Seiten- zweige. 2/3 nat. Gr. Nach H. Schenck.

l) Diese und die folgende Gruppe wurden zuerst von Fr. Müller unterschieden und ge- schildert.

i. Die Lianen.

211

Fig. 104. Dalbergia variabilis Vag. Alter,

stark verdickter gerenkter Ast. 2/8 nat. Gr.

Nach H. Schenck.

selben beschränkt. Beispiele befinden sich unter der Polygalaceen, Papilionaceen, Mimosaceen, Connaraceen etc.

Auch die beiden folgenden Gruppen sind tropisch und entbeh- ren allgemein bekannter Vertreter.

Die Kletterorgane der Ha- kenklimmer1) sind metamor- phosirte Dornen oder Blüthen- stiele, die, nach dem Erfassen der Stütze, eine beträchtliche Verdickung erfahren. Beispiele : Manche Anonaceen , Logania- ceen , Dipterocarpaceen , Rubia- ceen etc. (Fig. 105).

Die Uhrfederranker2) haben dünne, spiralig eingerollte nackte Kletterorgane, welche in Folge des Contaktreizes dicker und härter werden. Beispiele: Mehrere Rhamnaceen, Sapjndaceen etc. (Fig. 106 107).

Die umfangreichste Gruppe unter den mit Achsenranken versehenen Gewächsen ist diejenige der Ach- senfadenranker, deren Klet- terorgane mit den Blattfadenranken äusserlich sowie in den physiolo- gischen Eigenschaften oft nahe übereinstimmen ; doch verräth sich ihre Achsennatur manchmal ausser durch die Stellung noch durch die Anwesenheit rudimen- tärer Blätter (z. B. Weinstock). Die Gruppe umfasst viele Arten namentlich aus den Familien der Vitaceen, Passifloraceen etc.

Der Lianenstamm ist stets nach demselben ökologischen Princip ge- baut; sein Holzkörper ist nicht wie im Baumstamm compakt und glatt, sondern in mannigfacher Weise zerklüftet oder sogar in einzelne Stränge aufgelöst

Fig. 105. Strychnos triplinervia Mart. Aeltere, verholzte und verdickte Kletterhaken.

Dadurch

l) Namentlich von Treub untersucht. *) Zuerst von Schenck unterschieden.

14'

212

II. Die Genossenschaften.

kommen mannigfache Anomalien zu Stande, von welchen die Fi- guren 108 no eine Vorstellung geben mögen. Auf näheres Eingehen auf dieselben muss an dieser Stelle verzichtet werden. *)

Ausgezeichnet sind die Lianen ferner durch die beträchtliche Länge und Breite ihrer Leitungsröhren, Gefasse wie Siebröhren, wodurch die

Leitung des Rohsafts in den ersteren und der Eiweisstoffe in den letzteren in dem oft ungeheuer langen Stamme erleichtert wird.

Lianen gedeihen beinahe unter allen Klimaten; sie fehlen nur in den polaren Ge- bieten und in der alpinen Region der Hochgebirge, wo gewisse klimatische Ele- mente der Erzeugung langer Axen ungünstig sind. (Vgl. Thl. m Abschnitt 3 und 4.) Die Genossenschaft be- wohnt demnach ein un- geheures Areal, jedoch in sehr ungleichmässiger Weise. Bei weitem der Mehrzaihl nach sind die Lianen Be- wohner der Tropen und einiger Nachbargebiete von tropischem Klima (Südbra- silien, Südflorida etc.). Nach einerSchätzung, welche, nach Schenck, unter der Wirk- lichkeit bleiben dürfte, wür- den etwa 10/ 11 der Lianen tropisch sein. Auch in den Tropen ist die Verteilung der Lianen eine sehr un- gleiche; die meisten statt- lichen holzigen Formen zeigen sich nur in den feuchten Regenwäldern und Monsunwäldern,2) während trockene Gehölze und Savannen bei-

§H

Fig. 106. Zweig von Bauhinia sp. (Blumenau) mit Uhrfederranken. 2/a nat. Gr. Nach H. Schenck.

*) Dieselben sind von Schenck (H) eingehend geschildert und prächtig illustrirt worden. Eine kurze Darstellung im Lehrbuch der Botanik 3 A. S. 112 u. f. *) Vgl. Thl. III 1. Absch. III.

2. Die Epiphyten.

213

nahe nur dünnstämmige, vornehmlich aber krautige Formen aufzuweisen haben.

Ausserhalb der Tropen treten Lianen vornehmlich in den tempe- rirten Regenwäldern auf (Süd- Japan, Neu-Seeland, Süd-Chile), seltener und weniger formenreich in sehr feuchten Sommerwäldern1) (Mitteljapan, Atlantisches und mittleres Nordamerika), ohne auch nur annähernd solche Mannigfaltigkeit zu zeigen, wie in den Tropen.

Fig. 107. Gouania urticaefolia Reiss.

Mit Uhrfederranken. 2/8 nat. Gr. Nach

H. Schenck.

Fig. 108. Querschnitt durch den Stamm von Anisosperma Passiflora Marso. 3,'2/1.

Fig. 109. Querschnitt durch den Stamm

von Dalechampia ficifolia Lam. Nat Gr.

Nach H. Schenck.

2. Die Epiphyten.2)

Epiphyten nennt man Gewächse, die auf anderen Pflanzen keimen und sich entwickeln, ohne, wie die echten Schmarotzer oder Parasiten, mit welchen sie oft verwechselt werden, sich auf Kosten der Substanz ihres Wirthes zu ernähren.

») Vgl. Thl. KT. 2. Abschn. 2) Schimper 1. c.

214 H. Die Genossenschaften.

Bei solcher Lebensweise ist die Beschaffung der nöthigen Nähr- stoffe mit grossen Schwierigkeiten verknüpft. Noch mehr als der Ge- fahr des Verhungerns sind die Epiphyten, als ganz oberflächliche Ge- wächse, derjenigen des Austrocknens ausgesetzt und sind daher auf Gebiete beschränkt, wo lange andauernde Trockenheit unbekannt ist, ausser wenn sie mit dem Vermögen ausgestattet sind, im lufttrocknen Zustande zu existiren, eine Eigenschaft, welche vielen Moosen und Flechten zukommt, dagegen den Farnen und Phanerogamen, trotz der Fähigkeit einiger Arten, weitgehenden Wasserverlust zu ertragen, allge- mein zu fehlen scheint. Die ephiphytische Genossenschaft zeigt da- her, je nach dem Klima, ungleiche systematische Zusammensetzung, Mannigfaltigkeit und Ueppigkeit.

Gebiete, in welchen ein Vertrocknen der Gewächse durch Wasser- mangel ausgeschlossen ist, sind auf die Tropen beschränkt. Die Regen- wälder der Tropen sind immer feucht ; schon weit weniger gilt dasselbe von den Regenwäldern der warmtemperirten Zonen und gar nicht mehr von den Sommerwäldern höherer Breiten, denn die Winterkälte stellt eine Periode physiologischer Trockenheit dar, welche, auch bei reichsten Niederschlägen, der Wasserversorgung mehr entgegenwirkt, als mit Wärme verbundene grosse Trockenheit. Im letzeren Falle ist die Verdunstung zwar noch grösser, aber die Wasseraufnahme ist nicht verhindert und der nächtliche Thau kommt den oberflächlichen Wurzeln der Epiphyten direkt zu gute, während im letzteren Falle dem Wasserverlust des Epiphyten gar keine Wasserzufuhr entgegensteht, da die gefrorene oder doch wenigstens sehr kalte frei liegende Wurzel wohl verdunstet, aber nichts aufnimmt.

Solchen Existenzbedingungen entsprechend, gehört die grosse Masse der Epiphyten den tropischen Regenwäldern an. Nur da über- ziehen sie in üppiger Fülle Stämme und Aeste, manchmal sogar die Blätter der Bäume, und erreichen häufig baumartige Dimensionen. In den Gebieten mit ausgeprägten Trockenperioden und auf den einzelnen Bäumen der Savannen sind die Ephiphyten entweder gar nicht oder nur spärlich und in relativ wenigen Formen vorhanden. Letztere sind Flüchtlinge der Regenwälder und ihre Anwesenheit ist stets ein Zeichen, dass die Trockenperiode nicht lang oder, wie in den Monsunwäldern, mit reicher Thaubildung verknüpft ist.

Die Entstehung der Epiphytengenossenschaft in den tropischen Regenwäldern dürfte in folgender Weise vor sich gegangen sein: Manche Pflanzen des Waldbodens vermögen auch auf rissigen Stämmen, in Gabelungen der Aeste und an anderen Stellen, wo sich Humus an- sammelt, sich anzusiedeln und zu gedeihen. So verhalten sich in den Tropen z. B. verschiedene Solanaceen, Melastomaceen, Farne u. s. w. Aus solchen zufälligen Epiphyten gingen die echten Epiphyten hervor, in-

2. Die Epiphyten.

215

dem manche dieser Pflanzen ihre Existenz dieser Fähigkeit verdankten, welche ihnen einen sicheren Hort ausserhalb des Kampfplatzes ver- schaffte. Auf den Bäumen blieb nämlich die Concurrenz auf wenige Arten beschränkt, indem die Fähigkeit, als Epiphyt existiren zu können, bestimmte und keineswegs verbreitete Eigenschaften voraussetzt. So keimen auf den Bäumen natürlich nur solche Pflanzen, deren Samen nicht bloss der horizontalen, sondern auch der vertikalen Verbreitung fähig sind, und letztere setzt Anpassungen an die baumbewohnenden Thiere und an den Wind voraus. Ferner müssen die Samen sehr klein sein, damit sie in enge Spalten eindringen können und, im Falle der Ver- breitung durch den Wind, ausserordentlich leicht, da die vertikalen Luftströmungen im Walde schwach sind. Die Samen der Epiphyten entsprechen thatsächlich allen diesen Bedingungen; sie sind stets klein und entweder von saftigen Hüllen umgeben (z. B. Ara- ceen, viele Bromeliaceen, Ru- biaceen , Melastomataceen, Feigen, Cactaceen, Gesnera- ceen etc.) oder sie sind von aussergewöhnlicher staub- artiger Leichtigkeit, wie die Sporen der Farne oder die Orchideensamen , oder sie sind, trotz sehr geringer Dimensionen, mit den ge- eignetsten Flugapparaten ver- sehen (Rhododendron, viele Bromeliaceen , Asclepiada- ceen, Gesneraceen, Rubia-

ceen etc.). Ferner sind alle Gewächse von Anfang an im Vortheil, die viele Nebenwurzeln erzeugen und die mit relativ wenig Wasser vorlieb nehmen. So war die Zahl der Arten, die ihre Zuflucht auf den Bäumen finden konnte, eine relativ geringe und der Sieg gegen die Concurrenten von anderen Bedingungen, als auf dem Boden, abhängig. Bei denjenigen Arten, welche sich auf dem Boden gar nicht mehr be- haupten und daher nur noch als Epiphyten ferner existiren konnten, wurden natürlich die Eigenschaften gezüchtet, welche für Lebensweise auf Bäumen besonders geeignet waren ; sie wurden der letzteren an- gepasst. Namentlich wurde jede Eigenthümlichkeit , die einen Epiphyt in den Stand setzte, nach aufwärts, d. h. nach dem Lichte, fort- zuschreiten, erhalten und weiter ausgebildet. In erster Linie handelt es sich dabei um Schutzmittel gegen Wasserverlust, da jede Etappe des Wegs von der Basis zum Gipfel des Baumes nicht bloss mehr

Fig. 110. Querschnitt durch den Stamm von Securi- daca lanceolata St. HiL Nat. Gr. Nach H. Schenck.

2l6

II. Die Genossenschaften.

Fig. m. Eine epiphytische Orchidee, Jonopsis sp., auf einem Orangenzweig. Blumenau,

S. -Brasilien. Nat. Gr.

Licht, sondern auch mehr Trockenheit bringt. Die auf der Basis der Baumstämme im Regenwalde wachsenden Epiphyten sind hygrophil, die auf den höchsten Baumästen befindlichen xerophil. Das Ganze

2. Die Epiphyten. 2IJ

zeigt das Gepräge des allmählichen Steigens aus dem tiefen Schatten zum Sonnenlichte, aus der nasskühlen Luft des Waldinnern in die trockenheisse der Waldoberfläche.

Die xerophilen sonnenliebenden Epiphyten der Baumgipfel ver- mögen, obwohl sie Nachkommen hygrophiler Schattenpflanzen darstellen, den Regenwald zu verlassen. Dank ihrer veränderten Eigenschaften sind sie im Stande, ganz offene Gegenden zu bewohnen. So wanderten sie aus den Regenwäldern aus und colonisirten die Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten, namentlich Monsunwälder, Savannen und Savannen- wälder. Nur da wurde ihrem Gedeihen eine Schranke gestellt, wo die Trockenheit viele Monate dauerte, ohne durch reichliche Thaufälle regel- mässig unterbrochen zu werden; doch vermochten sie sich auch da noch am Rande der Gewässer dauernd anzusiedeln. Vollkommener wurde der Wanderung der tropischen Epiphyten durch die Winterkälte Halt geboten. Nur einzelne mit besonders grosser Resistenz gegen Trockenheit und Kälte ausgerüstete Arten, wie Tillandsia usneoides und Polypodium incanum in Nordamerika, vermochten die Gebiete der kalten Winter eben noch zu betreten.

Die tropischen Regenwälder sind die bei weitem wichtigsten Bil- dungsheerde der Epiphytengenossenschaft gewesen und ihre Erzeugnisse sind bis weit in die warmtemperirten Zonen Nordamerikas, Argentiniens, Japans, Australiens eingedrungen. Jedoch finden wir auch in den tem- perirten Zonen zwei allerdings kleine autochthone Bildungsheerde höherer Epiphyten, nämlich in den wenig ausgedehnten temperirten Regenwäldern Süd-Chiles und Neu-Seelands. Hier sind aus temperirten Phanerogamen und Farnen wirklich temperirte höhere Epiphyten hervorgegangen.

Ausserhalb dieser Gebiete findet man als autochthone Epiphyten nur kleine Algen, Flechten und Moose, d. h. Gewächse, welche, dank ihrer Fähigkeit, im lufttrockenen Zustand monatelang zu existiren, sogar den trocknenden Wirkungen andauernder Winterkälte widerstehen. Aber auch sie zeigen sich nur in feuchten Gebieten, namentlich im nebelreichen Klima, oder in der Nähe der Gewässer, reich und üppig entwickelt. Bodenpflanzen kommen, wie in den Tropen, auch bei uns, ge- legentlich in Höhlungen alter Bäume vor ; sie befinden sich aber nur da, wo grössere Erdmengen die Entwickelung echter Bodenwurzeln ermög- lichen und dürfen in keiner Weise zu den Epiphyten gerechnet werden.

Die mannigfachen Vorrichtungen, durch welche höhere Epiphyten sich an ihre Lebensweise anpassten, sind mit den Existenzbedingungen in den Regenwäldern so eng verknüpft und für dieselben so charak- teristisch, dass sie erst mit ihnen zur Behandlung kommen sollen. Es sei nur noch erwähnt, dass dieselben in erster Linie zu den Farnen und Orchideen, in Amerika noch ganz besonders zu den Bromeliaceen gehören.

2l8 H. Die Genossenschaften.

3. Die Saprophyten.

Als Saprophyten wird eine Gruppe von Gewächsen bezeichnet, die des Chlorophylls entbehren und daher auf organische Nährstoffe an- gewiesen sind. Sie schöpfen die letzteren aus todter pflanzlicher und thierischer Substanz und zwar, bald in mehr, bald in weniger fort- geschrittener Zersetzung derselben, je nach der Art.

Die Saprophyten gehören der überwiegenden Mehrzahl nach zu den Bacterien, Myxomyceten und Pilzen, im Übrigen zu den Phanero- gamen. Andere Pflanzenklassen sind unter ihnen nicht vertreten. Der Art ihrer Ernährung entsprechend, müssen sie, vielleicht mit Ausnahme der Bacterien, von grünen assimilirenden Pflanzen abstammen. Bei den Phanerogamen knüpfen noch zahlreiche Abstufungen die rein an- organische Ernährung mit der rein organischen. Die erste Stufe ist in dem Auftreten der Mycorhiza bezeichnet, durch welche die Phanero- gamen und Farne erst in den Stand gesetzt wurden, die organischen Humusbestandtheile zu verwerthen. Zunehmende Abhängigkeit vom Mycorhiza - Pilze , dessen Rolle von derjenigen eines blossen Stickstoff- lieferanten zu derjenigen eines Gesammtlieferanten überging, führte durch zahlreiche Zwischenstufen zu der rein saprophytischen Lebensweise. Die letztere verlieh den betreffenden Gewächsen die Fähigkeit, Stand- orte zu besiedeln, an welchen wegen ungenügender Beleuchtung, grüne Pflanzen nur noch kümmerlich oder gar nicht mehr existiren können. Wie die Halophyten, die Epiphyten etc. sind auch die Saprophyten Flüchtlinge des Kampfes ums Dasein.

Trotz der weiten Verbreitung der Mycorhiza haben nur eine relativ geringe Zahl von Phanerogamen aus wenigen Familien die rein sapro- phytische Lebensweise angenommen. Der Mehrzahl nach sind es Monocotylen und zwar vorwiegend Orchideen ; ausserdem ist die kleine Familie der Burmanniaceen vorwiegend, diejenige der Triuridaceen ausschliesslich saprophytisch. Unter den Dicotylen besitzen nur die Gentianaceen und Monotropeen saprophytische Arten.

Die Veränderung der Ernährungsweise bedingte solche der Structur und der Oekologie der Pflanze. Als unnütz gewordener Bestandtheil wurde das Chlorophyll unterdrückt oder in andere, anscheinend mit dem Chlorophyll verwandte, braune, gelbe oder ziegelrothe Pigmente um- gewandelt, welche vielen Saprophyten eine lebhafte, in ihrer öko- logischen Bedeutung, falls eine solche überhaupt vorhanden ist, noch nicht erkannte Färbung verleihen. Gleichzeitig mit dem Chlorophyll wurden die mit demselben functionell zusammenhängenden Organe reducirt, nämlich die Laubflächen, die bei den Saprophyten nur noch kleine Schuppen darstellen, die Spaltöffnungen, welche sogar bei einigen Arten verschwanden, die trachealen Bahnen, deren Stelle nur noch

Die Saprophyten. 2 IQ

wenige enge Gefasse und Tracheiden einnehmen. Das unterirdische System ist entsprechend der verminderten Transpiration schwächer ent- wickelt, als bei grünen Pflanzen und besitzt in vielen Fallen ein korallen- artiges Aussehen. Die Mycorhiza ist in ihm wohl entwickelt. Die Blüthen weichen begreiflicherweise von denjenigen der nichtsaprophy- tischen Verwandten nicht wesentlich ab ; ihre Farbe stimmt häufig mit derjenigen der Vegetationsorgane überein. Die Eigenthümlichkeiten der Samen sind ökologisch noch nicht aufgeklärt. Dieselben sind sehr zahlreich, von winziger Grösse und besitzen einen ungegliederten wenig entwickelten Keim.

Die Saprophyten sind nicht wie die Lianen und namentlich die Epiphyten an bestimmte klimatische Bestimmungen geknüpft, sondern zeigen sich, wenigstens in ihren systematisch niederen Formen, in allen Klimaten, während höhere Formen die feuchteren Klimate vorziehen und hauptsächlich schattige Plätze bewohnen. Ihre grösseren Formen zeigen sich ganz vornehmlich in Wäldern, in welchen Saprophyten über- haupt einen wesentlichen, wenn auch nur theilweise leicht sichtbaren Theil der Vegetation bilden. Die am meisten in die Augen fallenden und häufigsten Saprophyten sind bei uns die Hutpilze; viel seltener sind die Phanerogamen. Aber erst genauere Untersuchung lehrt, dass der Humus von feinen Mycelfäden ganz durchsetzt ist und dass alle todten Stämme, Aeste und Blätter eine reiche saprophytische Thal- lophytenflora ernähren.

Die Hemisaprophyten nähern sich in ihrer Gesammtstructur den echten Saprophyten um so mehr, als ihr Chlorophyllapparat mehr reducirt ist. Coralliorrhiza innata und Limodorum abortivum, zwei chloro- phyllarme Humusorchideen , sind durch ihre auf Schuppen reducirten Blätter, die erstere auch durch ihr korallenartiges wurzelloses Rhizom, das zweite durch seine violette Färbung, Holosaprophyten sehr ähnlich. Das letztere gilt in noch höherem Grade von der chlorophyllarmen Lecanorchis javanica , die ich auf Java beobachtete. Die Gentianacee Obolaria virginica möchte ich hingegen als zu einer tieferen Stufe des Uebergangs zur saprophytischen Lebensweise gehörig betrachten. Ich fand das zierliche Pflänzchen häufig auf dem tiefen Humus sehr schattiger Wälder bei Baltimore und es fiel mir auf, dass sie, im Gegensatz zu anderen Schattenpflanzen, einen fleischigen Stengel und sehr kleine Blätter besass.

4. Die Parasiten.

Die Parasiten oder Schmarotzer entnehmen ihre Nährstoffe theil- weise oder ausschliesslich anderen lebenden Organismen, Pflanzen oder Thieren. Mit den Saprophyten theilen sie die Eigenthümlichkeit, dass

220

IL Die Genossenschaften.

sie ihren Kohlenstoff theilweise oder ganz in organischen Verbindungen erhalten und die Kohlensäure der Luft in entsprechendem geringem Maasse, bezw. gar nicht assimiliren. Der letztere Umstand hat in beiden Fällen ähnliche Folgen für die der Verarbeitung der Kohlensäure dienenden Glieder gehabt. Wie die Hemisaprophyten , sind auch die Hemiparasiten, welche nur einen Bruchtheil ihres Kohlenstoff-

bedarfs in organischer Form decken, in Bezug auf Chlorophyllgehalt und Laubbildung auto- trophen Gewächsen noch mehr oder weniger ähn- lich, während die Ho- loparasiten, die ganz und gar auf Kosten der organischen Substanz ihres Wirthes leben, ähnlich wie die Holo- saprophyten , chloro- phyllfrei sind und, falls sie Phanerogamen sind, an Stelle der Laub- blätter Schuppenblätter entwickeln. Alle mög- lichen Abstufungen ver- binden die beiden Haupt- gruppen der Parasiten. Das Fehlen, bezw. die Reduction der sonst der Assimilation des Kohlenstoffs dienenden Organe verleiht den Ho- losaprophyten und Holo- parasiten eine grosse habituelle Aehnlichkeit. Doch hat der Parasitis- mus in einigen Fällen einen noch weitergehenden modificirenden Einfluss auf den pflanzlichen Organismus gehabt, als der Saprophytismus. So giebt es parasitische Phanerogamen, welche auf Wurzeln und Blüthen reducirt sind (Rafflesia- ceen, Pilostyles etc.), solche von pilzartiger, an diejenige von Blüthenpflanzen gar nicht mehr erinnernden Gesammtgestalt (Balanophoraceen, Lennoa- ceen). Derartige extreme Formen zeigen sich auch in Blüthen- und Frucht-

Fig. 112. In der Mitte ein Weidenzweig, umwunden von der schmarotzenden Cuscuta europaea. b reducirte Blätter, Bl Blüthe. Links: Verbindung des Schmarotzers mit der Wirthpflanze. W H\ die Haustori en, v c s die Gefässbündel des Wirths. Rechts: Keimlinge. B. L.

4. Die Parasiten. 221

bildung durch die parasitische Lebensweise derartig verändert, dass ihre systematische Stellung, obwohl es sich um die Nachkommen autotropher Pflanzenformen handelt, nicht mehr mit Sicherheit ermittelt werden kann.

Begreiflicherweise sind die Absorptionsorgane, bei Phanerogamen die Wurzeln, durch die parasitische Lebensweise am tiefsten modificirt worden. Da nur zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen den Saprophyten, die ihre organische Nahrung aus todter Substanz durch die Mycorhiza, und den Parasiten, die dieselbe aus lebender Substanz durch Saugorgane aufnehmen. Die Saugorgane oder Haustorien der Parasiten sind in manchen Fällen kleine Auswüchse sonst normaler Wurzeln, z. B. bei zahlreichen bodenbewohnenden Hemiparasiten aus den Gattungen Euphrasia, Rhinanthus und anderen Scrophulariaceen, sowie aus den Gattungen Thesium und Santalum unter den San- talaceen. Die Haustorien legen sich der Nährpflanze zunächst fest an und treiben dann in dieselbe Fortsätze, welche die eigentlichen Saug- organe darstellen.

In anderen Fällen ist ein grösserer Theil des Wurzelsystems oder auch dessen Gesammttheil in der Wirthpflanze eingeschlossen. In noch anderen Fällen gehen die Wurzeln früh zu Grunde und die Haustorien entwickeln sich, anscheinend Adventivwurzeln homolog, an den Axen (Cuscuta, Cassytha). (Fig. 112.)

Die Lebensweise der phanerogamischen Parasiten ist eine sehr verschiedenartige. Die einen sind Bodenbewohner und entweder auf- rechte, im Boden wurzelnde Kräuter wie Euphrasia, Thesium etc. unter den Hemiparasiten, Orobanche, Lathraea etc. unter den Holoparasiten, oder Holzgewächse, wie Santalum album. Andere sind wurzellose Lianen, wie die Arten der Convolvulaceengattung Cuscuta und der Lauraceen- gattung Cassytha, beide unbelaubte und theils mehr (Cuscuta), theils weniger (Cassytha) chlorophyllarme Schlingkräuter. Andere noch sind Epiphyten, wie die Mistel, Viscum album, Loranthus europaeus und zahlreiche andere Loranthaceen , sowie verschiedene Santalaceen des extratropischen Südamerika. Die epiphytischen Formen sind sämmtlich Hemiparasiten mit Ausnahme von Loranthus aphyllus (Johow). Manche sind gleichzeitig kletternd. Endlich nehmen diejenigen Formen, die, mit Ausnahme der Reproductionsorgane, in der Nährpflanze verborgen sind, ökologisch eine Sonderstellung ein.

Bei den Pilzen zeigen sich noch grössere Unterschiede der Lebens- weise, schon deswegen, weil sie nicht, wie die Phanerogamen, auf pflanzliche Substrate beschränkt sind, sondern auch Thiere befallen, sodann weil manche Arten mehrere Entwickelungsformen auf ver- schiedenen Nährpflanzen besitzen.

Wie die Saprophyten, gehören auch die Parasiten einer verhält- nissmässig kleinen Zahl systematischer Gruppen an. Am zahlreichsten

222 E. Die Genossenschaften.

zeigen sie sich, ähnlich wie die ersteren, unter den Pilzen und Bac- terien, während die Algen nur wenige Holoparasiten neben zahl- reicheren Hemiparasiten aufzuweisen haben. Holoparasiten fehlen, ähn- lich wie Holosaprophyten unter den Moosen, Pteridophyten und Gym- nospermen. Die Analogie zwischen den beiden ökologischen Gruppen erstreckt sich nicht auf die Angiospermen. Obwohl es einen Parasiten giebt (Melampyrum pratense), der anscheinend auch saprophytisch exis- tiren kann (L. Koch), so zeigen sich die beiden Modi der orga- nischen Ernährung doch systematisch scharf getrennt. Die Holosapro- phyten gehören der Mehrzahl nach zu den Monocotyledonen, welche der Parasiten ganz entbehren und die Familien, welchen Vertreter der letzteren gehören, haben keine Saprophyten aufzuweisen. Nicht nur die Bala- nophoraceen, Rafflesiaceen, Orobanchaceen und Lennoaceen, die aus- schliesslich aus Holoparasiten und die Loranthaceen und Santalaceen, die ganz vorwiegend aus Hemiparasiten bestehen, sondern auch die Convolvulaceen (Cuscuta), Scrophulariaceen (Melampyrum, Euphrasia, Rhinanthus etc.) und Lauraceen (Cassytha), welche nur in einzelnen Gat- tungen parasitisch sind, entbehren der Saprophyten. Sogar Hemisa- prophyten gehen den letzterwähnten Familien ab.

Die Parasiten sind nicht an bestimmte klimatische Bedingungen gebunden und zeigen sich daher in allen Zonen und Gebieten. Sie besitzen daher geographisch nur wenig Interesse und haben nur des- halb hier Berücksichtigung gefunden, weil sie manchmal einige Züge zur ökologischen Charakteristik von Formationen liefern.

Auswahl der Literatur.

Die Lianen.

Die zahlreichen Abhandlungen über Lianen haben zum grössten Theile nur die anatomischen Merkmale oder die physiologischen Eigenschaften zum Gegenstande. Sie sind von Schenck (v. u.) sorgfaltig zusammen- gestellt worden. Oekologisch-pflanzengeographisches Interesse haben folgende Werke:

Müller, F. I. Notes on some of the climbing plants near Desterro in

South Brazil. Linnean Soc. Journ. IX. II. Zweigklimmer. Kosmos, Bd. VI. 1887. Schenck, H. I. Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen, im

Besonderen der in Brasilien einheimischen Arten. I. Theil. Beitrage

zur Biologie der Lianen. Botan. Mittheil. a. d. Tropen. Heft 4. Jena

1897.

Auswahl der Literatur.

223

Schenck, H. II. Beiträge etc. (v. o.) II. Theil. Beiträge zur Anatomie der Lianen. Ibid. Heft. 5. Jena 1893.

Treub, M. L Sur une nouvelle cat^gorie de plantes grimpantes. Annales du jard. botanique de Buitenzorg. Vol. III. 1882.

II. Observations sur les plantes grimpantes du jardin botanique de Buiten- zorg. Ibid. 1883.

Westermaier, M. and Ambronn, H. Beziehungen zwischen Lebens- weise und Structur der Schling- und Kletterpflanzen. Flora 1881.

2. Die Epiphyten.

Das über die Epiphyten Gesagte stützt sich auf folgendes Werk:

Seh im per, A. F. W. Die epiphytische Vegetation Amerika's. Botan. Mittheil. a. d. Tropen. Jena 1888.

Man vergleiche ausserdem die Literatur zum Kap. IV des 1. Abschnitts des dritten Theils für die Epiphyten und für die Epiphyten der temperirten Zonen diejenige zum Kap. IV des zweiten Abschnitts.

8. Die Saprophyten.

Die Literatur über Saprophyten steht im allgemeinen der in diesem Buche behandelten Frage ferne. Gute, allgemein gehaltene, namentlich auch die ökologischen und pflanzengeographischen Fragen berücksichtigende Ar- beiten hat Johow veröffentlicht; dort auch die historische Literatur. Für die Pilze bleibt de Bary's Hauptwerk die wichtigste Quelle. Vgl. ausserdem die Litteratur: Thl. III. 1. Abschn. IV.

de Bary, A. Vergleich. Morphologie und Biologie der Pilze, Mycetozoen

und Bacterien. Leipzig 1884. Johow, F. I. Die chlorophyllfreien Humusbewohner West-Indiens. Prings-

heims Jahrb. Bd. XVI. 1885. II. Die chlorophyllfreien Humuspflanzen nach ihren biologischen und

anatomisch-entwickelungsgeschichtlichen Verhältnissen. Pringsheim's Jahrb.

Bd. XX. 1889.

4. Die Parasiten.

Von der Literatur über Parasiten gilt Aehnliches wie für diejenige über Saprophyten. Johow's Arbeit berücksichtigt namentlich ökologische und geo- graphische Verhältnisse und giebt eine Zusammenstellung der Literatur. In Be- zug auf Morphologie u. s. w. sind ausserdem in erster Linie Engler's Natür- liche Pflanzenfamilien zu benutzen. Im folgenden sind nur einige grund- legende Arbeiten erwähnt.

Brown, R. An aecount of a new genus of plants, named Rafflesia. Trans.

Linn. Soc. XIII. 1820. Hart ig, R. Zur Kenntniss von Loranthus europaeus und Viscum album.

Zeitschr. f. Forst- und Jagdwesen. VIII. 1873.

224

II. Die Genossenschaften.

J o h o w , F. Die phanerogamen Schmarotzerpflanzen. Verhandl. d. deutschen

wissensch. Vereins zu Santiago 1890. Koch, L. Die Klee- und Flachsseide. Heidelberg 1880.

II. Ueber die direkte Ausnutzung vegetabilischer Reste durch bestimmte

chlorophyllhaltige Pflanzen. Ber. d. deutsch, bot Gesellschaft 1885.

III. Die Entwicklungsgeschichte der Orobanchen. Heidelberg 1887. Marti us, Th. Ueber die Vegetation der echten und unechten Parasiten,

zunächst in Brasilien, Münchener Gel. Anzeigen. 1842. Solms-Laubach, H. Gr. zu. Ueber den Bau und die Entwickelung der Ernährungsorgane parasitischer Phanerogamen. Pringsh. Jahrb. Bd. VI. 1867—68.

DRITTER THEIL.

ZONEN UND REGIONEN.

Schimper, Pflanzengeographie. 1 5

Einleitung.

Die Isothermen des Sommers und Winters gliedern die Pflanzen- decke der Erde in mehr oder weniger parallele Zonen ungleichen systematischen Charakters. Gewisse Ordnungen und Familien der Ge- wachse sind an constant hohe Temperaturen, wie sie nur in den Tropen herrschen, gebunden und gehen beim Gefrierpunkt des Wassers oder schon bei einigen Graden über demselben zu Grunde (Makrothermen), während der Entwicklungsgang anderer abwechselnd niedere und höhere Temperaturen verlangt (Mesothermen). Die zweite Categorie von Ge- wachsen zeigt wiederum Unterschiede in der Empfindlichkeit gegen Temperaturen unter dem Nullpunkt und diese Unterschiede bedingen solche des floristischen Charakters bei zunehmender Breite. Die polaren Zonen endlich sind von Gewächsen bewohnt, die nicht bloss sehr tiefe winterliche Temperaturen, sondern auch Frostwetter während der Vege- tationszeit unbeschadet ertragen und ihren Entwickelungsgang in kurzer Zeit zu vollenden vermögen (Mikrothermen).

Eine ähnliche Abnahme der Temperatur, wie vom Aequator zu den Polen, zeigt sich in vertikaler Richtung auf den die Grenze des ewigen Schnees überragenden Gebirgen. Hier sind aber die Isotherm- gürtel viel schmäler, so dass z. B. der ca. 6000 m hohe Kilimandscharo am Fuss äquatoriales, auf dem Gipfel ein in Bezug auf Lufttemperatur polar zu nennendes Klima besitzt.

Die Aehnlichkeit zwischen der Veränderung des Klimas vom Aequator zu den Polen und vom Fusse der Gebirge zu ihren Gipfeln ist auf die Lufttemperatur beschränkt; die vertikal zunehmende Luft Verdünnung verleiht den übrigen klimatischen Factoren ein sehr charakteristisches und demjenigen der Tieflandzonen keineswegs vergleichbares Gepräge. Es empfiehlt sich dementsprechend nicht, die klimatischen Gürtel der Gebirge, wie es neuerdings manchmal wieder geschieht, als Zonen zu bezeichnen, da dadurch eine partielle Analogie einen übertriebenen und Verwirrung schaffenden Ausdruck erhält; vielmehr ist dafür die von

15*

228 Einleitung.

früheren Pflanzengeographen u. a. von Grisebach gebrauchte Bezeichnung von Regionen beizubehalten.

Die Temperaturzonen besitzen keineswegs rings um den Erdball den gleichen floristischen und pflanzenökologischen Charakter; vielmehr zeigen sie sich einem mehr oder weniger raschen Wechsel unterworfen, welcher, bezüglich der Flora, zum Theil auf historische Ursachen, zum Theil auf das ungleiche Feuchtigkeitsklima, für die Vegetation aber aus- schliesslich auf das letztere zurückzuführen ist. Je nach der Constellation der Hydrometeore herrscht entweder der Gehölztypus, oder der Gras- flurtypus oder der Wüstentypus und ändert seinen Charakter, abgesehen von standortlichen Bodeneinflüssen, nur beim Uebergang in andere Feuchtigkeitsklimate. Die durch letztere abgegrenzten Landtheile sollen Gebiete genannt werden. Die einzelnen Vegetationsgebiete zeigen im Gegensatz zu den Florenzonen, sehr unregelmässige Ver- teilung und sehr ungleiche Areale.

Die Hochgebirge weichen, wie bezüglich der Temperatur, auch bezüglich der Feuchtigkeit von den klimatischen Verhältnissen des Tieflandes ab. Die Regionen der Temperatur sind gleichzeitig solche der Hydrometeore.

Bei den grossen Unterschieden zwischen den Vegetationsverhältnissen der Gebirge und Tiefländer und bei den vielfachen ökologischen Be- ziehungen der ersteren unter einander, erscheint es zweckmässig, die Behandlung der Höhenregionen von derjenigen der Zonen und Gebiete zu trennen und zum Gegenstand eines besonderen Abschnitts zu machen. Die Abschnitte über Zonen sind daher, ausser in Fällen wo das Aus- schüssen niederer Gebirge oder der unteren Regionen der Gebirge widernatürlich wäre, nur den Tiefländern gewidmet.

Erster Abschnitt:

Die tropischen Zonen.

L Allgemeine Charakteristik

des tropischen Klimas und seiner Wirkungen

auf Vegetation und Flora.

L Allgemeine Eigentümlichkeiten des Tropenklimas. § i. Die Hydro - meteore. Regen, relative Feuchtigkeit, Bewölkung. § 2. Die Wärme. Lufttempe- ratur. Erhitzung durch direkte Sonnenstrahlung. §3. Das Licht und Ultraviolett. Intensität der chemischen Lichtstrahlen. 2. Einige allgemeine Wirkungen des tro- pischen TTHTWM auf das Pflanzenleben. § 1. Vornehmlich durch Wärme be- einflusste Vorgänge. Cardinalpunkte. Fälle raschen und langsamen Wachsthums. Transpiration in Sonne und Schatten. § 2. Pflanzenphysiologische Wirkungen des Tropenlichtes. Schutzmittel gegen intensives Licht. Zerstörung des Chlorophylls. Stellung der Laubblätter. Lichtgenuss der Schattenflora. § 3. Pflanzenphysio- logische Wirkungen der Hydrometeore. Maassgebender Einfluss für den Vege- tationscharakter und die periodischen Vorgänge. Ombrophilie und Ombrophobie. 3, Floristi- scher Charakter der Tropenaone. Uebersicht der megathermen Formenkreise.

1. Allgemeine Eigentümlichkeiten des Tropenklimas.

§ 1. Die Hydrometeore. Die jährliche Regenmenge schwankt in der tropischen Zone zwischen 5 m und darüber an einigen Punkten der Gebirge und wenigen cm in den Wüstengebieten. Sie ist durch- schnittlich am grössten im Aequatorialgürtel (5 NB 5 SB) und nimmt in nördlicher Richtung schneller ab, als in südlicher. Die Wüsten- gebiete innerhalb der Wendekreise gehören, mit wenigen Ausnahmen, den Grenzgürteln an und stellen nur die tropische Fortsetzung der ausgedehnten subtropischen Wüsten dar.

Mindestens ebenso wichtig wie die Menge der Niederschläge ist für das Pflanzenleben ihre zeitliche Verth eilung. Das Jahr zer-

230 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

fällt im grössten Theile der tropischen Zone in eine Trockenzeit, die meist mit den Wintermonaten, und eine Regenzeit, die mit den Sommer- monaten zusammenfällt. Einige aequatoriale Gebiete (z. B. Guiana) besitzen zwei ungleich lange Regenzeiten und einige andere lassen eine jahreszeitliche Unterscheidung von Regenzeiten nicht zu (z. B. Singapore). Der Unterschied zwischen Regenzeit und Trockenzeit ist im Binnenlande, namentlich in Ebenen, stärker ausgeprägt als an den Küsten und im Gebirge, wo er sich auf das Pflanzenleben oft nicht mehr geltend macht. Mit welchen Monaten Regenzeit und Trocken- zeit zusammenfallen, ist, ausser in einigen Grenzgebieten geringer Ausdehnung, bei den meist sehr geringen Unterschieden der Winter- und Sommertemperaturen, für die Physiologie der Gewächse ohne Bedeutung.

Die relative Luftfeuchtigkeit entspricht im Allgemeinen der Regenmenge und ist natürlich grösser in der Regenzeit als in der Trockenzeit. Wiederum sind Küstengebiete, Inseln, Gebirgsländer durch hohe Grade der relativen Luftfeuchtigkeit ausgezeichnet (im Jahres- durchschnitt 80 ° und darüber). Die letztere steigt Nachts und in den Frühmorgensstunden bis zum Sättigungspunkt, fallt aber während des Tages, bei sonnigem Wetter tief genug herab (65 7o°/0), um erheb- liche trocknende Wirkungen auf die Pflanzenwelt auszuüben. In den Gebieten mit ausgeprägten trockenen Jahreszeiten fällt die Luft- feuchtigkeit während der letzteren im Durchschnitt meist auf 55 65%, in Wüstengebieten jedoch viel tiefer. Manche Gebiete mit Trocken- zeiten besitzen während der letzteren eine sehr reichliche und für die Vegetation wichtige nächtliche Thaubildung.

Die Bewölkung ist in manchen Gebieten während der Regen- zeit eine andauernd vollständige, so dass, nach Hann, ein schwerer finsterer Wolkenhimmel monatelang nicht weicht Dieses ist jedoch keineswegs überall der Fall und stimmt nicht zu meinen eigenen Er- fahrungen über tropische Regenzeiten (Trinidad, Java), während welcher die meisten Tage mehrere sonnige Stunden brachten. Fehlte es auch nicht an ganz regnerischen Tagen, so waren andererseits ganz heitere Tage nicht seltener. In Buitenzorg pflegt der Himmel während der Regenzeit in den Vormittagsstunden ganz heiter zu sein und die Regen- güsse, welche die hohe jährliche Regenmenge bedingen (ca. 41/* m), fallen meist nur während einiger Nachmittagsstunden, allerdings mit einer bei uns unbekannten Heftigkeit. Die Trockenzeit ist in vielen Gebieten durch andauernd wolkenlosen Himmel ausgezeichnet, während sie in anderen eine kaum oder gar nicht schwächere Bewölkung als die Regenzeit aufweist.

Folgende, von Hann nach J. Murray und S. Arrhenius zusammen- gestellte Tabelle giebt eine Vorstellung der mittleren Vertheilung der

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 23 I

Hydrometeore in der Tropenzone und in den benachbarten Gürteln der temperirten Zonen.1)

N 45°

35°

25° 15° i5° Regenmenge, Centimeter.

25°

35°

45° S

57

*55

68 95 197 198 123 Bewölkung, Prozent.

*65

70

106

54

46

*4o 43 55 59 52 Relative Feuchtigkeit, Prozent.

*45

49

61

74

♦70

71 76 79 81 88

*77

79

81

§ 2. Die Wärme. Die Lufttemperatur schwankt im Jahres- mittel zwischen 200 und 280 und ist im Vergleich zu höheren Breiten, sehr beständig; selbst die Unterschiede der höchsten und tiefsten Temperatur des Jahres gehen ins Aequatorialgebiet nicht viel über die Grenzen der täglichen Schwankung hinaus und betragen im Durch- schnitt etwa 10 130 C, aber oft viel weniger, z. B. 50.

„Der Temperaturunterschied zwischen dem wärmsten und kältesten Monat hält sich in der Nähe des Aequators zwischen 1 ° und 5 ° C. und über- schreitet dieses Maass auch nicht im Innern der Continente (Ladö 5 ° N. 4,8°, Iquitos 3,7° S. 2,4°, Equatorville am Kongo 1,2°). Aber selbst gegen die Wendekreise hin und in den extremsten Klimaten, die innerhalb der Tropen vorkommen, überschreitet die jährliche Schwankung kaum 13 ° (Kal- kutta 10,3°, Hongkong 13,4°, Veracruz 6,5°, Habana 5,8°, Chartum 12,9°). Die jährliche Wärmeschwankung ist daher an vielen Orten kleiner als die tägliche, für welche man vielleicht als Grenzen annehmen darf 50 und 13 ° (z. B. Equatorville 8°, Batavia 6,5° [August 7,7°], Chinchoxo Jahr 6,4°, Juli 7,3°, Kuka in der Trockenzeit n, 40; Lado' [Differenz 2h. 7 h.] Jahr 7,7°, Trockenzeit n,i°; Bakel 12,4°)."*)

Nur an wenigen Punkten , ganz in der Nähe der Grenzen der Zone, z. B. in Süd-China, wird der Nullpunkt gelegentlich erreicht oder sogar etwas nach unten überschritten. Die durchschnittlichen Maxima schwanken gewöhnlich zwischen 30 und 35° C. und bleiben unterhalb der in aussertropischen Gebieten beobachteten Extreme.

Die meteorologischen Berichte bringen leider nur ausnahmsweise Angaben über die durch die direkte Sonnenstrahlung hervorge- rufenen Temperaturen, obwohl letztere an Bedeutung für das organische Leben der Luftwärme wenigstens gleich kommen.8) Entsprechend der Lage der Sonne am Zenith oder in geringer Entfernung desselben ist

l) 1. c. Bd. n. s. 37.

a) Hann 1. c. Bd. II. S. 12.

*) Es sei an die Gefährlichkeit des Sonnenstichs in Vorderindien und anderen tropi- schen Continentalgebieten erinnert

232 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

die Intensität ihrer Wärmestrahlung während eines bestimmten Zeit- raumes, z. B. in einer Stunde, grösser in den Tropen als in der höheren Zone und muss eine entsprechend höhere Erwärmung hervor- rufen. In der That fand Pechuel-Lösche in Chinchoxo (Loango) sehr oft eine Erwärmung des Bodens auf 750, manchmal auf 8o°, einmal sogar auf 820. G. Haberlandt hingegen hat an einem Solarthermo- meter zu Buitenzorg, während der nassen Jahreszeit, nur ähnliche Tem- peraturgrade, wie sie in Graz während des Augusts gewöhnlich sind, beobachtet, nämlich 550 56,7° zur Mittagszeit. Augenscheinlich ist die relativ geringe Wirkung der Sonnenstrahlung in diesem Falle eine Folge des sehr reichen Gehalts der Luft an Wasserdampf gewesen. In Continentalgebieten sind, während der Trockenzeit wenigstens, weit höhere Temperaturen die Regel. Die Erkaltung der Vegetation durch nächtliche Wärmeausstrahlung ist in tropischen Continentalgebieten während der Trockenzeit jedenfalls beträchtlich und dürfte von wesent- licher pflanzengeographischer Bedeutung sein, ist es doch bekannt, dass in Bengalen dünne Wasserschichten während der Nächte der Trocken- zeit zu Eis gefrieren. In Küsten-, Wald- und Berggebieten ist die nächtliche Abkühlung durch Wärmeausstrahlung, dank des reichen Ge- halts der Luft an Wasserdampf, ein weit geringerer, wenn auch physio- logisch keineswegs bedeutungsloser.

Folgende Tabelle giebt eine Uebersicht der mittleren Temperatur auf den Parallelkreisen der Tropenzone.

Mittlere Temperatur nach Spitaler1).

Breite 25 20 15 10 5 Aeq. 5 10

Januar 18.4 21.7 23.9 25.7 26.2 26.2 26.1 25.9

Juli 28.0 28.1 27.9 26.7 26.1 25.5 24.9 24.0

Jahr 23.7 25.7 26.3 26.4 26.1 25.9 25.5 25.0

§ 3. Das Licht und Ultraviolett. Wie die Intensität der Wärme- strahlen ist natürlich auch diejenige der Lichtstrahlen innerhalb der Wendekreise grösser als ausserhalb derselben und der tropische Tag ist heller als der temperirte oder polare. Diese Eigenthümlichkeit kommt in den stärkeren Reflexen der Wasserspiegel und des vom Regen benetzten Laubes direkt zum Vorschein und macht sich auch beim Photographiren bemerkbar. Das gleiche wie von dem leuchtenden, gilt auch von dem ultravioletten, noch chemisch wirksamen Theil des Spectrums.

In den mir bekannten tropischen Gebieten Amerika's und des insularen Asiens ist die Lichtintensität allerdings nicht so stark, wie in Ostafrika, über dessen Lichterscheinungen P. Reichard folgendes berichtet: „In der uns um-

*5

20

2S

25-7

25.2

24.7

22.6

2O.5

18.1

24.2

22J

20.9

*) Hann, L c. Bd. II. S. 17.

L Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 233

gebenden Natur fällt in erster Linie die blendende Helle der Luft auf. Die in den Tropen höher stehende Sonne sendet eine weit grössere Fülle Lichtes herab als bei uns. Im Anfang ist die Lichtfülle dem Auge beinahe unerträg- lich, sodass man unwillkürlich zur blauen Brille greift und den Hut tief über die Augen zieht . . ." *)

Direkte vergleichende Messungen über die Intensität der leuchten- den Strahlung in verschiedenen Breiten liegen nicht vor, dagegen sind über die chemischen Strahlen einige Versuche angestellt worden. So ergaben gleichzeitige Messungen zu Kew und zu Para an drei April- tagen des Jahres 1866 für letzteren Ort eine nahezu zwanzigmal grössere Intensität der chemischen Wirkung als für letzteren; im August war sie noch 3,3 mal grösser zu Para als zu Kew.

2. Einige allgemeine Wirkungen der tropischen Klimate auf das Pflanzenleben.

§ 1. Vornehmlich durch Wärme beeinflusste Vorgänge. Nach dem Vorhergehenden unterscheiden sich die tropischen Klimate von denjenigen höherer Zonen wesentlich durch die gleichmässige und hohe Temperatur der Luft und durch die grössere Wirksamkeit der Wärme- und Lichtstrahlen. Die Hydrometeore zeigen weder in der Intensität noch in der zeitlichen Reihenfolge wesentliche Unterschiede gegenüber der temperirten Zone, wo stellenweise ebenso grosse Regen- mengen wie an den regenreichsten Punkten der Tropen sich zeigen und wo ausgedehnte Gebiete eine ähnliche Abwechselung von Trocken- und Regenzeiten aufweisen. Dass nichtsdestoweniger die Hydrometeore noch grössere Bedeutung für die Oekologie der tropischen Gewächse als für diejenige der temperirten besitzen und eine Reihe charakteristi- scher Eigentümlichkeiten der ersteren hervorruft, ist theils durch die Combination grosser Wärme mit grosser Feuchtigkeit, theils durch die Ungleichmässigkeit der letzteren im Gegensatz zur Gleichmässigkeit der ersteren verursacht.

Bei der grossep Gleichmässigkeit und beträchtlichen Höhe der Temperatur in den Tropen sind viel geringere Unterschiede der har- monischen Optima und in Folge dessen eine viel grössere Gleichmässig- keit der das ökologische Optimum darstellenden Temperaturcurve 2) als in höheren Breiten zu erwarten. Genaueres ist darüber zur Zeit nicht bekannt, da die physiologischen Cardinalpunkte der Temperatur sowie die ökologisch günstigsten Grade derselben bis jetzt nur für temperirte Pflanzen festgestellt worden sind, bei welchen dieselben, entsprechend

') Deutsche Rundschau. October 1894. Citirt bei Hann 1. c. Bd. II. S. 40. *) Vgl. S. 50.

234

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

den natürlichen Bedingungen, weit auseinander liegen. Doch ist es, soweit Untersuchungen noch nicht vorliegen, unzulässig, aus den Grenz-

Fig. 1 1 3. Dendrocalamus giganteus im Botanischen Garten zu Peradenyia auf Ceylon.

Nach einer Photographie.

temperaturen der Luft Schlüsse auf die Cardinalpunkte der Vegetation in den Tropen ziehen zu wollen, da die nächtliche Abkühlung durch Strahlung, welche in den Trockenzeiten diejenige der Luft be-

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 235

deutend überschreitet, sowie die starke Erhitzung durch direkte Sonnen- strahlung, bei manchen physiologischen Vorgängen eine maassgebende Rolle spielen dürfte.

Unter den pflanzenphysiologischen Vorgängen mit hohem physio- logischen Temperaturoptimum nimmt das Wachsthum, wenigstens nach der Keimungsperiode, eine hervorragende Stelle ein. Es wäre lehrreich, Vergleiche mit Pflanzen einer und derselben Art in den Tropen und in den temperirten Zonen, unter sonst möglichst gleichen äusseren Be- dingungen* anzustellen- Bis jetzt Hegen nur ganz vereinzelte Beobach- tungen über die Waehsthiunsgeschwindigkeit tropischer Gewächse vor, aus welchen sich nur entnehmen lässt, dass gewisse tropischen Ge- wächse alle bekannten temperirten an Geschwindigkeit des Wachs th ums Obertreffen,

Zu den am schnellsten wachsenden Vertretern des Pflanzenreichs dürften gewisse Bambusen gehören. Bereits Wallich erwähnt, dass ein Spross von Bambusa arundinacea in 31 Tagen um 7 m 85 cm an Länge zugenommen hatte. Doch sind genauere Beobachtungen darüber erst in neuester Zeit und zwar durch Kraus an einer Dendrocalamus-Art des botanischen Gartens zu Buitenzorg angestellt worden.

wurden folgende Zuwachse innerhalb fünf Tage ("4.-8. Dec») festgestellt ;

Länge

in cm

Zuwachs Ta^ und Nacht

1

Vor* u, Nachniittn|»

4, December ( 6 \ orra,

164

Tag 10*5 cm Nacht 16 cra

Tag 5.0 cm } Nacht 1 5 rm

Tag 8 cm } Nacht 1 6 cm 1 Tag 8.5 cm } Nacht j 2,5 cm \ Tag 12 cm

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*4*-5

Na< hm» 4 cm

g* December

6

pi

=55

"

TJ

261

\iirni, 6 cm.

1 6

»

2(n

Nachm, fi cm

Die nachfolgende Tabelle giebt das stündliche Wachsthum in Millimetern für Tag und Nacht.

236 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Spross II

4. Dec.

5. Dec.

6. Dec.

7. Dez.

8. Dec.

9. Dec

Tag

15.4

6.6

8.4

2.9

9.2

6.3

Nacht

12.4

13.0

16.6

12. 1

i7,S

138

Spross III

Tag

8.8

3.8

6.6

7.i

10.0

10.4

Nacht

13-3

12.5

13-3

10.2

11.0

10.4

Der stündliche Zuwachs ist demnach im Mittel am Tag 7J mm, in der Nacht 13 mm gewesen.

Der tägliche mittlere Zuwachs betrug während der zweimonatlichen Beobachtungszeit :

Für Rohr Nr. 1 in 58 Tagen 22.9 cm pro Tag Nr. 2 in 60 19.0 cm Nr. 3 in 60 19.9 cm

Der grösste Zuwachs innerhalb 24 Stunden fand statt:

bei Nr. 1 mit 57 cm am 22. December Nr. 2 „42 3. Januar Nr. 3 ,.45 4.

Sehr schnell wachsende Pflanzenarten sind in den Tropen, wenig- stens in regenreichen Gebieten, keine seltene Erscheinung. Ich habe im botanischen Garten zu Buitenzorg einige Messungen an jungen Trieben und Blättern von Holzpflanzen, die dem Augenscheine nach sehr schnell wuchsen, vorgenommen. So maass ich am 15. Nov. ein noch gefaltetes Blatt von Amherstia nobilis und fand: Rhachis 6 cm, ein Blättchen 2,9 cm. Am 24. Nov. wurde für dieselbe Rhachis und dasselbe Blättchen 31 cm bezw. 19,5 cm gefunden, d. h. eine Längen- zunahme auf das Fünf- bezw. das Siebenfache in 9 Tagen oder eine tägliche Längenzunahme von 4,1 cm. bezw. 1,8 cm. Für ein etwas älteres Blatt desselben Triebes waren die entsprechenden Werthe am 15. Nov. 10,8 cm und 3,5 cm, am 24. Nov. 36 cm. und 19,7 cm.

Bei Brownea sp. war die Länge einer eben sich öffnenden Knospe am 15. Nov. 8 cm; am 20. Nov. war der junge Spross, dessen Blätter noch eingerollt, i&lj9 cm lang, am 24. Nov., mit flach ausgebreiteten Blättern, 29 cm lang bis zur äussersten Blattspitze. Die Gesammt- länge hatte demnach in 9 Tagen um mehr als das 3'/2 fache zugenommen und zwar um 21 cm oder 2,6 cm pro Tag. Neue Messungen an den sich entwickelnden jungen Trieben von Urostigma glabellum sollen nachher, im Zusammenhang mit dem Laub Wechsel des Baumes, mit- getheilt werden.

Haberlandt erwähnt mehrere Beispiele schnellen Wachsthums auf Java: „Beim Gymnasium Willem HI. in Batavia wurde 1874 ein Exem- plar der auf Timor einheimischen Eucalyptus alba angepflanzt; nach

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 237

drei Jahren, war bereits ein 15 m hoher Baum daraus geworden. Im Culturgarten zu Tjikömöh bei Buitenzorg besitzen zweijährige Maha- gonibäumchen eine Höhe von 4a/2 m, dreijährige Exemplare von Swietenia macrophylla sind 5 6 m hoch. Geradezu fabelhaft räch wächst Albizzia moluccana, dieser beliebte Schattenbaum, dessen zartes Fiederlaub durchaus nicht den Eindruck besonderer Fülle und Leistungs- fähigkeit macht. Schon einjährige Exemplare erreichen eine Höhe von 5 6 m, sechsjährige sind bereits 25 m hoch, wobei ihr Stamm in Mannshöhe einen Durchmesser von 20 25 cm aufweist."1)

Maxwell hat in Honolulu einige Untersuchungen über das Wachsthum der Bananenblätter angestellt. Die Resultate der Messungen stellt er folgender- maassen zusammen:

Fig. 1 14. Taeniophyllum Zollingeri Rchb. f. Nat. Gr. (Nach Wiesner.)

Länge des Blattes = Länge des fertigen Blattes, nach Abzug der Länge des Blattes bei der ersten Messung. Tag: 7.30 a. m. bis 5.50 p\ m. ; Nacht: 5.30 p. m. bis 7.30 a. m.; Zeit: 26. I. bis 9. III. Englische Zoll. Temperatur nach Fahrenheit.

Blatt-

Blatt-

Blatt-

Mittl.

Mittl.

Mittl.

Mittl.

Mittl.

länge

breite

fläche

L.- Wachsth.

L.

-Wachsth.

Wachsth.

Oberflw.

Temp.

inch.

I.Periode

Nach 1 . Periode

T.+ N.

T. + N.

I.

*94/«

14

413

47*

59

72.50

IL

357,

M

497

4V,

62.0

72.0

IIL

43

15

645

3

i1/.

41/.

64.5

70.0

IV.

477,

17

803

*2/*

i1/.

3%

66.9

71.70

Sehr schnelles Längenwachsthum scheint auch den oft ungeheuer lang werdenden Nährwurzeln gewisser Lianen und Epiphyten zuzu- kommen. Went fand an denjenigen von Philodendron melanochrysum einen Gesammtzuwachs von 44 mm in 48 Stunden.

Die vorstehenden hohen Werthe für das Längenwachsthum von Axen, Blättern und Wurzeln dürfen keineswegs dahin verallgemeinert

*) Reise S. 115.

Lichtgenuss.

% in

29

Tagen

2.37

mm in 24

/l8 »

29

;i

3-47

>. 24

/8

»

8-55

» 24

/5 »»

3i

»

6.80

ff » 24

7* »

3i

»»

2.50

» » 24

238 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

werden, dass dasselbe um ein Beträchtliches das Längenwachsthum in den temperirten Zonen übertrifft. Dieselben beziehen sich ausschliess- lich auf Gewächse, bei welchen das Wachsthum auffallend schnell vor sich ging und daher zur näheren Untersuchung veranlasste. Dass es sogar in regenreichem Tropengebiet an ausserordentlich langsam wachsenden Pflanzen nicht fehlt, hat Wiesner an Taeniophyllum Zol- lingeri, einer beinahe nur aus grünen Luftwurzeln bestehenden, unbe- laubten epiphytischen Orchidee (Fig. 114), nachgewiesen.

Die für das Wachsthum verschiedener Pflanzen des Taeniophyllum an natürlichen Standorten beobachteten Zahlen sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt, die auch Angaben über den in dieser Hin- sicht wichtigen Lichtgenuss bringt:

0.1172

0.2830

0.2266

0.0806

Verglichen mit dem grössten täglichen Zuwachs des Bambus- rohres (nach G. Kraus) verhält sich der grösste Zuwachs von Taenio- phyllum wie 570:0.283 mm = 2013:1. Das von Kraus untersuchte Bambusrohr wächst also rund 2000 mal schneller als die Luftwurzeln von Taeniophyllum Zollingeri.

Transpiration. Die grosse pflanzenphysiologische Bedeutung der Erhitzung durch Insolation ist bezüglich der Transpiration sehr leicht zu beobachten und hat in neuester Zeit den Gegenstand genauerer Untersuchungen gebildet. Die Wirkung der Insola- tion ist stärker bei grossem als bei geringerem Dampf- gehalt der Luft, da Trockenheit der letzteren das Schliessen der Spaltöffnungen bedingt, und zeigt sich daher am auffallendsten in den feuchten Gebieten.

Jedem Besucher des botanischen Gartens zu Buitenzorg ist bekannt, dass viele Gewächse in den späten Stunden des meist sonnigen Vor- mittags deutliche Zeichen beginnenden Welkens zu zeigen pflegen und dass letzteres bis zum Eintritt des nachmittäglichen Regenschauers rasch und bis zum ganz schlaffen Herabhängen vieler Blätter fort- schreitet, obwohl letztere der Schutzeinrichtungen gegen Transpiration nicht entbehren. ') Als während meines Aufenthaltes, mitten in der Regenzeit, vierzehn regenlose heitere Tage aufeinander gefolgt waren, bot die Vegetation ein Bild des Verdurstens, wie es bei uns nach der

n vgl. s. 21.

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 239

dreifachen Zeit kaum eintreten würde, die Culturen wurden gefährdet und die Bevölkerung suchte durch geeignete lärmende Ceremonien sich den Regengott gewogen zu machen. Die Luft blieb während dieser Trockenzeit fortwährend sehr feucht und die reiche nächtliche Thau- bildung wäre in einem weniger sonnigen Klima nicht so unwirksam geblieben.

Wiesner hat in Buitenzorg den Einfluss des direkten Sonnenlichts auf die Transpiration von Reispflanzen zahlenmässig festgestellt. >)

Reispflanze A.

Versuchszeit, Uhr a. M.

Temperatur

Relative Feuchtigkeit

Transpiration Beleuchtung2) pro Stunde.

6-5°— 7-5°

22.O 22. 50

95— 96

diffus o.Big.

7.50— 9.17

22.5— 23.8°

89—95

(70 Min. diffus 1

\i7 So— S2/ 2'32

7.20 10.10

25.O 25.

82—94

So— S2 7.45

10.11 10.19

25 2 28,50

73—72

S3— S4 10.57

Reisp

flanze B.

Versuchszeit, Uhr

Relative Transpiration Temperatur Feuchtigkeit Beleuchtung pro Stunde

8.43 9.00

26.2°

82

Sonne 15.35 g

9 9.15

27°

70

diffus 0.09

9.18— 9.34

27.

>

Sonne 8.91

9.39— 10.10

27°

74

diffus 2.85

Eine Versuchsreihe an einem sonnigen Vormittage mit einem jüngeren (rothen) und einem älteren (grünen) Blatte von Amherstia nobilis, die Versuchsobjecte standen mit dem Stiel in Wasser ergaben folgende Grössen der Transpiration in Gramm pro 100 g Lebensgewicht :

Amherstia

Rothes Blatt

Grünes Blatt

Bedeckter Vorraum

1.22

1.00

Freie Exposition S 0

1.88

2.56

n » ^ 2

2.40

5^33

» v S 4

3-"

8.44

Wie gross die Transpiration in Buitenzorg sein kann, geht auch aus den folgenden Beobachtungen Wiesner's hervor. Derselbe Hess mehrere krautigen Pflanzen (ein Coleus, ein Adiantum, eine Jatropha, Mimosa pudica) eintopfen und an einem offenen, dem Regen vollkommen zugänglichen Orte des Gartens in den Boden eingraben. Während mehrerer Tage erhielten die Pflanzen

*) Mitgetheilt von Burgerstein 1. c.

*) Bedeutung der Zeichen fiir die Sonnenbedeckung: So Sonne vollständig bedeckt; S, Sonne nur als heller Schein am Himmel sichtbar; Sonne als Scheibe zu sehen; S3 Sonne nur von leichtem Dunst oder von einem zarten Wolkenschleier bedeckt; S4 Sonne voUkommen unbedeckt.

240 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

täglich, zum Theil sehr starken Regen. „Der 29. December war ein vollkommen regenfreier Tag ; der Vormittag war sonnig und am Mittag war die Sonne voll- kommen unbedeckt. An diesem Tage gingen alle Versuchspflanzen (welche auch an diesem Tage nicht begossen wurden) durch Verdorren zu Grunde."

Giltay machte vergleichende Versuche über die Grösse der Transpiration von Helianthus tuberosus zu Buitenzorg und zu Wageningen in Holland. Es ergab sich, dass der tägliche Wasserverlust in beiden Fällen der gleiche war, nämlich im Durchschnitt 0,6 g pro Stunde, doch scheint auch hier die Transpiration während der heissen Mittagsstunden in Buitenzorg bedeutend stärker gewesen zu sein als in Holland.

Wie eingehende Versuche ergaben, die von G. Haberlandt zu Buitenzorg im Januar, also mitten in der Regenzeit und zu Graz während heisser Augusttage angestellt wurden, ist im Schatten die Transpiration im feuchten tropischen Klima weit schwächer als in Mitteleuropa.

Die Luftfeuchtigkeit schwankte zur Zeit, in der Haberlandt seine Ver- suche anstellte (December, Januar), zwischen 70 97 °/0. „Das Minimum (70 80 °/0) trat um die Mittagszeit, oft erst um 1 Uhr Nachmittag ein. Dann nahm die Feuchtigkeit bei eintretendem Regen rasch zu, um schon zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittag eine Höhe von 90 95% zu erreichen. Von geringen Schwankungen abgesehen , die selten mehr als 5 °/0 betrugen, erhielt sich die Curve bei typischem Verlaufe von Abend an bis circa 7 Uhr früh in der Höhe von 93 97 °/0, um dann allmählich bis Mittag wieder zu sinken." *) Die Temperatur während der Versuchszeit zeigte eine tägliche Schwankung von 6 8°C.

„Die tägliche Temperaturcurve zeigte in der Regel folgenden Verlauf: Morgens zwischen 6 und 7 Uhr war die Temperatur am niedrigsten. Das Minimum schwankte, von extremen Fällen abgesehen, zwischen 2 1 und 2 3 ° G Während des Vormittags stieg die Temperatur erst rasch, dann etwas lang- samer bis auf 29 30.5° C. Dieses Maximum wird selten schon zur Mittags- zeit, gewöhnlich erst zwischen 1 und 2 Uhr Nachmittags, erreicht Nun sinkt die Temperatur nach Maassgabe der nachmittägigen Umwölkung, beziehungs- weise der Ausgiebigkeit und Dauer des Regenfalles bald rascher, bald lang- samer auf 23 25° herab."

Transpirationsgrösse der Blätter in Buitenzorg und in Graz.

Nach G. Haberlandt.

(Pro Tag und 1 dm in Gramm.)

I. Buitenzorg.

Conocephalus ovatus 0.29

Musa Ensete 0.45

Gonocaryum pyriforme 0.45

Daemonorops oblongus 0.47

Xanthophyllum vitellinum 0.58

Carica Papaya 0.62

Pterocarpus saxatilis 0.71

J) I. S. 6.

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 24 1

Cocos nucifera 0.89

Grammatophyllum speciosum 0.89

Bactris speciosa 1.00

Theobroma Cacao 1.06

Albizzia moluccana 1.19

Ficus elastica 1.52

Sanchezia nobilis 1.56

Loranthus pentandrus 1.86

Phönix spec 2.60

Acalypha tricolor 3.25

IL Graz.

Aesculus Hippocastanum 1.37

Syringa vulgaris 2.03

Acer pseudoplatanus 2.03

Corylus Avellana 3.33

Coraus sanguinea 4.09

Pyrus communis 5.97

III. Nach N. J. C. Müller.

Pappel 2.42

Eiche 2.89

Buche 3.50

Birke 3.65

Weide 4.22

Hainbuche 4.36

Erle 7.96

§ 2. Pflanzenphysiologische Wirkungen des Tropenlichtes. Bei den bekannten Wirkungen des Lichtes auf Wachsthum und Trans- piration ist mit Sicherheit anzunehmen, dass das Tropenlicht, seiner grösseren Intensität entsprechend, die erwähnten Vorgänge auch stärker beeinflusst, als das schwächere Licht hoher Breiten. In der That ist das Längenwachsthum der Bambuse ganz auffallend geringer in den Tages- als in den Nachtstunden, das Längenwachsthum der Luftwurzeln von Taeniophyllum Zollingeri hört schon bei relativ sehr massigen Inten- sitäten des Tageslichtes ganz auf, jedoch auch bei sehr schwacher Be- leuchtung, und die verhältnissmässig starke Transpiration, welche das schlaffe Herabhängen des Laubes vieler Tropenpflanzen in den hellsten Stunden bedingt, ist zum Theil als eine, wenn auch indirekte Wirkung der leuchtenden Strahlen aufzufassen.

Der Antheil des Lichtes an den eben erwähnten Vorgängen ist noch nicht zahlenmässig festgestellt worden. Dagegen ist namentlich durch Beobachtungen Wiesner's in Buitenzorg ein Einblick in ver- schiedene specifische Lichtwirkungen eröffnet worden.

Die Licht läge der Blätter tropischer Gewächse weicht, nach Wiesner's Untersuchungen, im allgemeinen von derjenigen temperirter

Schimper, Pflanzengeographie. l6

242 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Gewächse ab, indem sie nicht, wie bei diesen, überall senkrechte Stellung zum stärksten diffusen Licht erstrebt, sondern solches Ver- halten nur im inneren, lichtarmen Theile der Krone zeigt, an der Peripherie des Baumes hingegen vor den Strahlen hohen Einfalls aus- weicht. Hier sind also die Blätter durch das direkte Sonnenlicht in ihrer Lage fixirt.

Durch die eben geschilderte Lichtlage der den Sonnenstrahlen direkt ausgesetzten Blätter wird einerseits der starken Erhitzung und dadurch der übermässigen Transpiration, anderseits der Zerstörung des Chlorophylls durch intensives Licht vorgebeugt. Mehrere Eigenthümlichkeiten des tropischen Laubs scheinen speciell zu letzterem Zwecke erworben oder doch demselben nebenher zu dienen , wie Be- wegungen der Blättchen gefiederter Blätter, starke Lichtreflexion der Blattflächen, langes Beibehalten des turgorlosen Zustands und dadurch bedingtes schlaffes Herabhängen junger Blätter, Faltungen, Haarüber- züge u. s. w. *) Trotz aller derartiger Schutzvorrichtungen ist die Zer- störung des Chlorophylls durch das intensive Tropenlicht eine sehr in die Augen fallende und verbreitete Erscheinung. So sind die Blätter der als Zierbaum häufig cultivirten Pisonia alba in der Jugend auf- recht und saftgrün; später stellen sie sich senkrecht zur Richtung des intensivsten Tageslichts und erleiden eine so vollkommene Zerstörung ihres Chlorophylls, dass sie beinahe rein weiss werden2). Ueberhaupt sind gelbliche Verfärbungen des Laubs an sonnigen Standorten der Tropen ganz allgemein.

Die grössere Intensität des Tropenlichtes ermög- licht auch eine üppigere Entwickelung der Schattenflora als in den höheren Zonen. Hier jedoch wirkt die Eigenschaft der Gewächse, bei höheren Temperaturen weniger lichtbedürftig zu sein, im gleichen Sinne verstärkend mit. Wiesner hat in der That tropische Pflanzen bei einer Schwäche der Beleuchtung gedeihen sehen, die bei uns jedes grüne Pflanzenleben ausschliessen würde. Es wäre von grosser Wichtigkeit, die Schattenvegetation des Urwaldes nach den von Wiesner eingeführten Gesichtspunkten und Methoden näher zu untersuchen.

So hat der genannte Forscher ein javanisches Gras, Orthopogon Wiesneri Schiffher, „in spurenweisen Anflügen im Schatten einer Myristica moschata bei h. = lll00 (L max. = 0.016), aber nicht mehr im Schatten des tiefsten Palmendickichtes, nämlich bei L. = V120 (*• niax. = 0.011, L med. =0.003).

Unter allen krautigen nicht epiphytischen Dicotylen fand Wiesner Geo- phila reniformis Don. am tiefsten in den Schatten gehend. Sie blüht noch bei L.= l/61 (L max. = 0.026; L med. = 0.011). Blüthenlos erträgt sie eine beinahe ebensogrosse Abschwächung des Lichtes wie Orthopogon WiesnerL

x) Vgl. Wiesner, Johow, Haberlandt L c. *) Wiesner.

L Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 243

Die Intensität der Sonnenstrahlung in den Tropen ist so gross, dass manche Culturpflanzen, namentlich Caffee und Cacao, wenigstens in der Jugend,

Fig. 115. Pandanus Sechellarum Balf. f. Seychellen. Nach einer Photographie des Herrn Dr. A. Brauer.

der Beschattung bedürfen. Man benutzt zu diesem Zwecke Bäume mit lichter Krone, vornehmlich solche mit gefiederten Blättern, auf Java namentlich Albizzia moluccana Miq., auch Cedrela serrulata Miq., Cedrela odorata L.,

16*

244 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Pithecolobium Saman Benth. Im tropischen Amerika finden zu solchem Zwecke hauptsächlich Erythrina - Arten Verwendung. Wahrscheinlich handelt es sich dabei weniger um Abhaltung der leuchtenden und der chemischen Strahlen, als der Wärmestrahlen, welche zu grosse Erwärmung und, in Folge dessen, zu grosse Transpiration bedingen würden.

Wiesner hat über die Lichtintensität unter den Schattenbäumen im Ver- suchsgarten zu Tjikömöh bei Buitenzorg einige Messungen angestellt und fand:

Albizzia moluccana Miq 1/2.81

Cedrela serrulata Miq 1/3.3

Cedrela odorata L 1/3.7

Pithecolobium Saman Benth . . . 1/4.2

§ 4. Pflanzenphysiologische Wirkungen der Hydrometeore. Die Unterschiede in der Oekologie tropischer Gewächse stehen in erster Linie mit denjenigen der Hydrometeore im Zusammenhang. Dieselben bedingen für sich allein, meist ohne jede auch nur indirekte Mitwirkung der Temperatur, die Herrschaft von Gehölz oder Grasflur, den hygro- philen, tropophilen oder xerophilen Charakter der Vegetation und die periodischen Erscheinungen. Dementsprechend sind auch die Unter- schiede der klimatischen Feuchtigkeit für die Areale der Arten innerhalb der Tropen maassgebend.

Den durch die Verschiedenheit der Hydrometeore bedingten ver- schiedenen Typen der Gehölze und Grasfluren, wie sie die in den Tropen und den klimatischen Bedingungen ihres Vorkommens sind, ebenso wie den periodischen Erscheinungen, besondere Kapitel gewidmet.

Wiesners Untersuchungen über Ombrophilie und Ombrophobie der tropischen Vegetation mögen an dieser Stelle Berücksichtigung , finden, da die Untersuchungen noch zu unvollständig sind, um bei der Charak- .terisirung der einzelnen klimatischen Gebiete Verwendung zu finden Nach ^denselben besitzt die grosse Mehrzahl der Gewächse im feucht- warmen westlichen Theile von Java ausgesprochen ombro- philes Laub und dieser Befund lässt sich mit Wahrscheinlichkeit auf die Vegetation im stets feuchten tropischen Klima überhaupt ausdehnen. Da- gegen dürfte in denjenigen Theilen der heissen Zonen, wo lange regenlose Perioden regelmässig auftreten, das Verhältniss sich zu Gunsten der ombrophoben Arten ändern. Diesbezügliche Untersuchungen liegen zwar nicht vor, a^er die Häufigkeit in solchen Gebieten von Succulenten und anderen Gewächsen mit unbenetzbaren Ueberzügen spricht zu Gunsten solcher Ansicht.

Manche entschieden ombrophoben Gewächse gedeihen allerdings auch im immerfeuchten Klima; so macht Wiesner mit Recht auf die gute Ent- wickelung verschiedener Opuntia- und Cereus- Arten im Botanischen Garten zu Buitenzorg aufmerksam. Diese Pflanzen sind aber auf sehr offene, sonnige Standorte beschränkt, wo stark ombrophile Pflanzen unter zu grosser Transpiration leiden würden. Hingegen ist auf Ombrophobie das schlechte Gedeihen vieler Gewächse trockenerer Klimate in Westjava und in anderen sehr feuchten

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 245

Tropengebieten zurückzuführen. Nachgewiesen wird dieses von Wiesner namentlich für die Rosen, welche in tropischen Gärten beinahe stets sehr dürftigen Habitus besitzen. Ihr Laub ist schwach entwickelt und hinfällig; ihre Corollen sind klein und unregelmässig. Uebrigens sind die verschiedenen Rosenarten ungleich ombrophob und gedeihen dementsprechend ungleich schlecht, bezw. gar nicht.

Zu den einheimischen ombrophoben Gewächsen immerfeuchter Gebiete gehören namentlich solche mit zartem gefiederten Laube, die sich durch ihre Bewegungen dem Anprall des Regens mehr oder weniger entziehen, wie Mimosaceen, Oxalis- Arten u. dgl. Solche Formen treten aber hier, nament- lich im Walde, sehr zurück; ihre starke Entwickelung ist für die Vegetation trockenerer Klimate charakteristisch.

Der Ombrophilie entsprechend, ist das Laub im immerfeuchten Klima in der Regel leicht benetzbar; übrigens wird, wie Wiesner zeigt, sehr häufig schwer benetzbares Laub durch anhaltende Befeuchtung leicht benetzbar und umgekehrt. Die jungen Blätter sind in der Regel unbenetzbar und ombro- phob; sie werden später benetzbar und ombrophil um, in höherem Alter, wieder die Eigenschaften ihrer Jugend anzunehmen. Dann gehen sie in Folge starker Regen leicht zu Grunde und fallen ab, indem sie im Gegensatz zu jungen Blättern, durch ihre Lage gegen den Regen nicht geschützt sind.

Viele Bäume der periodisch trockenen Gebiete werfen ihre Blätter noch während der Regenzeit ab; es liegt nahe hierin eine Folge der mit dem Alter fortschreitenden Ombrophobie zu erblicken. Andererseits bin ich in Reiseberichten hin und wieder der Angabe begegnet, dass gewisse Bäume oder sogar ganze Wälder auf der Höhe der Regenzeit laublos werden. Es ist überhaupt sehr wahrscheinlich, dass in manchen Fällen nicht Trockenheit, sondern grosse Nässe dem periodischen Laubfalle in der Natur zu Grunde liegt Es wäre wünschenswerth, dass im Anschluss an Wiesner's Versuche die Ursache des Laubfalles in den Tropen näher untersucht würde.

3. Floristischer Charakter der Tropenzone.

Die von den Wendekreisen eingeschlossenen Zonen besitzen, mit Aus- nahme einiger Grenzgebiete von meist geringer Ausdehnung, wo die Wintertemperatur regelmässig auf den Gefrierpunkt fallt , eine ausge- prägte Megathermenflora , welche stellenweise, z. B. in Südflorida und Südbrastlien , etwas über die Wendekreise hinausgreift. Doch zeigt sich in solchen Fortsätzen die Megathermenflora bereits beträchtlich verarmt, indem die jährliche Temperaturcurve dem ökologischen Opti- mum vieler Arten nicht mehr entspricht. Namentlich fehlt es häufig an den zur Fruchtreife nöthigen Temperaturen.

Die folgende Uebersicht soll die megathermen Floren im Allge- meinen charakterisiren, indem sie die in den tropischen Tiefländern vertretenen Familien in systematischer Reihenfolge auffuhrt und die

246 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Rolle, welche dieselben durch Arten- und Individuenzahl spielen, kurz skizzirt. Die Wasserpflanzen bleiben, da ihnen ein besonderer Ab- schnitt gewidmet ist, unberücksichtigt.

Thallophyten.

Die Algen haben zwar in der tropischen Zone als Landpflanzen nur eine ganz untergeordnete Bedeutung; letztere ist jedoch, wenig-* stens in regenreichen Gebieten, immerhin grösser als in anderen Zonen. Viele Arten leben als Epiphyten, namentlich auf Blättern. Die Pilzfloren der Tropen sind noch ganz ungenügend erforscht. Doch scheint jetzt schon festzustehen, dass die in Europa nachgewiesenen grösseren Ordnungen sämmtlich vertreten sind. Es fehlt im Uebrigen an tiefgreifenden Unterschieden nicht und manche der bei uns besonders hervortretenden Gruppen, namentlich unter den Hymenomyceten, treten in den heissen Zonen sehr zurück.

Die folgenden Angaben Alf. 'Möller's über die Pilzvegetation des süd- brasilianischen Küstenwaldes gelten von allen mir bekanntenTropenwäldern :

„An feuchten Herbsttagen findet man in unserem deutschen Walde weit mehr für das blosse Auge auch des nicht besonders danach suchenden Be- obachters auffallige, das Waldbild merklich beeinflussende Pilze, als jemals im brasilianischen Urwalde. Dort giebt es nichts, was sich mit den bunten Trupps unserer zahlreichen Hutschwämme des Waldbodens vergleichen liesse. Der Eindruck, den der unbefangene Reisende im brasilischen Urwald em- pfangen muss, ist zunächst der, dass es dort sehr wenig Pilze zu geben scheint. In Wirklichkeit freilich ist das nicht zutreffend, die Pilzflora ist eine ungeheuer reiche, aber vorzugsweise sind in grossen Massen die kleinen Formen vertreten, welche man nur sieht, wenn man aufmerksam danach sucht, und die grösseren Formen werden meist nur vereinzelt getroffen. *)

Unter den Flechten spielen die Ascolichenen, wenigstens was Zahl und Grösse der Individuen betrifft, eine weit geringere Rolle als bei uns. Stattliche und massenhaft auftretende Formen, wie Usneen u. s. w. zeigen sich erst im Hochgebirge, also ausserhalb des Mega- thermenklimas. Cora pavonia, welche für sich allein die Klasse der Hymenolichenen bildet, ist ausschliesslich tropisch und scheint innerhalb der Wendekreise kosmopolitisch zu sein. Sie zeigt sich in ihren ver- schiedenen Wuchsformen, namentlich jedoch in der eigentlichen Cora- form massenhaft auf feuchtem Boden und auf Baumrinden.

Bryophyten.

Die Megathermen sind unter den Moosen, namentlich unter den Laubmoosen selten und stellen meist kleine unscheinbare Arten dar, die

l) 1. c S. 154.

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 247

ausser an kühlen, feuchten Standorten spärlich und für das Vegetations- bild ganz irrelevant sind. Um so reichlicher treten sie in den kühlen Regionen der tropischen Hochgebirge auf (vgl. Abschnitt IV).

Pteridophyten.

Die Farne entwickeln in den Tropen einen ausserordentlichen Formenreichthum und variiren in ihren Dimensionen von kleinen moos- artigen Gestalten bis zu Baumgrösse. Die meisten sind hygrophil und

Fig. 116. Waldlandschaft auf den Seychellen. Im Vordergrund: Gleichenia linearis. Im

Hintergrund: Palmen (wahrsch. Roscheria melanochaetes H. Wendl), Pandanus etc. Nach

einer Photographie von Herrn Dr. A. Brauer.

schattenliebend, so dass nur feuchte Wälder einen grossen Farnreich- thum aufweisen. Ausserdem sind sie der Mehrzahl nach nicht ausge- sprochen megatherm, sondern ziehen ein mildes, wenn auch möglichst gleichmässiges Klima vor, so dass die grösste Massenentwickelung der Farne, namentlich auch diejenige der baumartigen Formen, sich weniger im Tieflande als in kühleren Gebirgslandschaften zeigt.

Drei Farnordnungen sind ausschliesslich tropisch, die Gleicheniaceen, Schizaeaceen , und Marattiaceen. Die Gleicheniaceen sind wiederholt dichotomisch verzweigte, sehr eigenartig aussehende Farne, die im Gegensatz zu den meisten ihrer tropischen Verwandten, offene sonnige

248

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Standorte, und zwar meist in grossen Gesellschaften bewohnen. Nament- lich gilt das letztere von der in der Tropenzone beinahe kosmopolitischen und überall gemeinen Gleichenia linearis (Fig. 1 16 im Vordergrund).

Die Schizaeaceen (z. B. Aneimia, xerophile Gattung, vornehmlich im Inneren Brasiliens ; Lygodium- Arten, in Regenwäldern kletternd) und die Marattiaceen (z. B. Angiopteris evecta, riesige krautige Form mit kopfgrossem, rundem, oberirdischem Stamm, in Ostasien) sind niemals Hauptbestandtheile von Formationen.

Fig. 117. Dioon edule. Mexico : Cerro colorada, s. ö. v. Jalapa. Nach einer Photographie

des Herrn Prof. Dr. Stahl.

Vorwiegend, jedoch nicht ausschliesslich tropisch sind die Cya- theaceen, zu welchen beinahe sämmtliche Baumfarne gehören (Arten von Cyathea, Dicksonia, Alsophila) und die Hymenophyllaceen, kleine, oft moosartige Kräuter mit durchsichtigem Laube, welche in feuchten, schattigen Wäldern Baumstämme und Felsen überziehen, ähn- lich wie bei uns die Moose.

Die grosse Masse der tropischen Farne gehört zu der auch bei uns vornehmlich vertretenen Ordnung der Polypodiaceen und zum

1. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 24Q

beträchtlichen Theile zu denselben Gattungen, namentlich Polypodium, Aspidium, Asplenium, Pteris etc. Nur wenige und seltene Polypodia- ceen sind baumartig.

Die Lycopodiaceen sind weit weniger hervortretend als die Farne, aber immerhin von grösserer Bedeutung als in den temperirten Floren. Selaginella-Arten bilden oft die hauptsächliche Bedeckung des Waldbodens, Lycopodium cernuum ist an lichten Stellen ungemein häufig, andere Arten von Lycopodium, sowie solche von Psilotum sind stellenweise häufige Epiphyten.

Fig. 118. Cocos nucifera am Strande. Seychellen. Nach einer Photographie von Herrn

Dr. A. Brauer.

Die Equisetaceen sind nicht stärker entwickelt als in den tem- perirten Zonen.

Gymnospermen.

Die Gymnospermen haben für die Megathermenfloren eine ganz untergeordnete Bedeutung. Die Coniferen fehlen gänzlich ; sie finden sich zwischen den Wendekreisen nur im Hochgebirge, jenseits des tropischen Klimas. Die Cycadeen (Fig. 117) bilden zwar sehr charak- teristische, aber der Zahl der Arten und Individuen nach untergeordnete Erscheinungen und das letztere, aber nicht das erstere gilt auch von

250

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

den in ihren vegetativen Organen mit Dicotyledonen ganz überein- stimmenden Gnetumarten.

Monocotylen.

Die Monocotylen liefern die charakteristischsten Erscheinungen der Tropenflora. In erster Linie gilt dieses von den Palmen, die ihre

überwiegende Be- deutung für tro- pische Landschaf- ten allerdings zum grösseren Theile der Cultur verdanken. Das letztere gilt namentlich von der Cocospalme, Cocos nucifera, deren die meisten tropischen Küsten bedeckende Haine wohl nur aus- nahmsweise ohne Mitwirkung desMen- schen entstanden sind. (Fig. 118 und 224). In den tropischen Cultur- ländern wird man ferner stets die aus den Antillen und Südflorida stam- mende Königspal- me, Oreodoxa regia, die stattlichste ihres Geschlechts, ange- pflanzt finden. Be- rühmt sind die von Oreodoxa regia ge- bildeten Alleen in Rio de Janeiro und auf Ceylon. Zu den gewöhn- lichsten Culturpalmen gehört ferner die nur als Nutzpflanze hervor- ragende Arenga saccharifera. In Ostasien, namentlich im malayischen Archipel, wird man schon von ferne an dem Auftreten der Betelpalme Areca Catechu (Fig. 123), die Anwesenheit menschlicher Ansiedelungen erkennen. Der dünne, aber hohe und pfeilgerade Stamm trägt eine

Fig. 119. Oreodoxa regia. Junges Exemplar im tropischen Regenwald Südflorida's. Aus „Garden and Forest".

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 2 5 I

kleine Krone smaragdgrüner Blätter. Vornehmlich als Zierbaum endlich sieht man die eigenartige Caryota urens, deren doppeltgefiederte Blätter dreieckige Fiedern tragen und einigermaassen an Adiantum erinnern. Noch eine grosse Anzahl anderer Palmen werden als Nutz- oder Zier- bäume cultivirt, jedoch ohne so allgemein verbreitete Erscheinungen dar- zustellen, z. B. zahlreiche Fächerpalmen, die Sagopalmen (Metroxylon Rumphii Mart. und M. laeve Mart), Phytelephas macrocarpa etc.

In den natürlichen Landschaften sind die Palmenarten nach den einzelnen Gebieten sehr wechselnd, oft derart, dass eine der baumartigen die anderen sehr überwiegt. (Vgl. z. B. Fig. 116 und 121). Neben den Bäumen sind auch Lianen (Calamus, Desmoncus) sowie kurzstämmige

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Fig. 120. Wäldchen von Phoenix silvestris auf sumpfigem Boden bei Bombay. Nach einer Photographie von Herrn Prof. Dr. Deichmüller.

(z. B. Geonoma-Arten) oder stammlose Formen in den Wäldern selten fehlend. Palmen wachsen auch zerstreut in Savannen (z. B. Hyphaene- Arten, Copernicia tectorum etc.). Eigene Formationen, Palmenhaine, bilden sie vornehmlich auf sumpfigem oder häufig überschwemmtem Boden, z. B. Mauritia setigera auf Trinidad, andere Mauritia-Arten im nördlichen Süd-Amerika, Phoenix silvestris in Vorderindien (Fig. 120), Nipa fruticans in der ostasiatischen Mangrove (Fig. 224 u. 225).

Nächst den Palmen gehören die baumartigen Gräser, namentlich Arten von Bambusa und Dendrocalamus (Fig. 113) zu den charakte- ristischsten Formen tropischer Landschaften. Allerdings fehlen sie ebenso wie die Palmen, nicht ganz in den subtropischen Zonen und gehen in Japan bis in die kühle gemässigte Zone hinein. Die Bam- busen verdanken ihr massenhaftes Vorkommen im grösseren Theile der Tropenzone (Afrika ist daran arm) vorwiegend der Cultur. Doch

252

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

sind sie auch im wilden Zustande häufig. Die grössten Formen wachsen zerstreut im Walde zwischen anderen Bäumen oder bilden selbständige Wälder (Fig. 205); kleinere Formen sind als Unter- holz häufig.

Sehr eigenartige und stellenweise sehr häufige, jedoch selten massen- haft auftretende Formen der megathermen Floren sind die Pandanus- Arten (Fig. 115, 116, 122). Sie sind auf die alte Welt beschränkt Vor- nehmlich sieht man sie auf dem Meeresstrande, jedoch auch in Wäldern ; nur sehr selten bilden sie selbständige Bestände.

Fig. 121. Lodoicea Seychellarum , wildwachsend. Insel Praslin, Seychellen. Nach einer Photographie des Herrn Dr. A. Brauer.

Die Araceen pflegen in tropischen Waldlandschaften durch ihr massenhaftes Auftreten und die Mannigfaltigkeit ihrer Arten einen hervor- ragenden Platz einzunehmen. Man findet unter ihnen Lianen (z. B. Philodendron- , Monstera- , Pothos- Arten) , Epiphyten (z. B. Anthurium-, Philodendron-Arten) , und viele, oft gesellig wachsende Bodenkräuter. Zu ihnen gehören einige der merkwürdigsten Erzeugnisse der Tropen, wie beispielsweise der gigantische Amorphophallus Titanum auf Sumatra. Araceen sind auch wichtige Bestandtheile der Sumpfflora (Colocasia-, Alocasia-Arten etc.).

Die Scitamineen sind als manneshohe Stauden häufige und

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 253

hervorragende Bestandtheile der Waldflora. Die Bananen (Musa para- disiaca und M. sapientum) (Fig. 49) gehören nicht bloss zu den all- gemeinsten und auffälligsten Culturpflanzen, sondern sind, in Asien, auch im Walde häufig. Für den tropisch-amerikanischen Wald sind nament- lich die Heliconien, für den asiatischen verschiedene Zingiberaceen charakteristisch. Madagascar besitzt die einzige baumartige Form der Ordnung, Ravenala madagascariensis, den Baum der Reisenden, welcher in allen tropischen Culturländern als Zierbaum gezogen wird (Fig. 123).

Endlich sind unter den als Florenbestandtheile hervortretenden Monocotylen- Familien die Or- chideen zu nennen, die na- mentlich als Epiphyten eine erstaunliche Formenmannigfal- tigkeit entwickeln, und für das tropische Amerika, die ebenfalls vorwiegend epiphytisch leben- den Brom eliaeeen. Die gras- artigen Eriocaulaceen sind, namentlich in Arten der Gattung Paepalanthus , wesentliche Be- standtheile der südamerikani- i n Grasflurgebiete und die, wie die letzterwähnte Familie zu der Ordnung der E n a n t i o - b lasten gehörenden Comme- Hnaceen sindy namentlich in Arten der Gattung Commelina, s-ehr verbreitet,

Mehrere der für die tem- perirten Zonen, wichtigsten mo- nocotylen Familien, wie Cype- raeeen , Juncaceen , Liliaceen, Amaryllidaceen haben abgesehen

von einzelnen nicht ausschliesslich tropischen Gattungen (Smilax, Agave, Fourcroya etc.) meist nur untergeordnete Bedeutung.

Fig. 122. Pandanus sp. Botanischer Garten zu

Buitenzorg. Nach einer Photographie von Herrn

Dr. G. Karsten.

Dicotylen.

Die Dicotylen überwiegen in der Tropenflora, die Monocotylen um ein Beträchtliches und die Zahl der rein tropischen Familien ist unter ihnen beträchtlich grösser. Ihre Merkmale sind jedoch weit weniger augenfällig, so dass ein wesentlich nur von Dicotylen zusammengestelltes Vegetationsbild einem solchen der temperirten Zonen häufig sehr ahn-

254

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

lieh aussieht. Wo hervorstechende Eigentümlichkeiten zum Vorschein treten (eigenartige Verzweigung, abweichende Stellung der Blätter zum Horizont, Plankengerüste, Luftwurzeln, Epiphyten etc.) sind dieselben in der Regel nicht Familienmerkmale, sondern in den verschiedensten Formenkreisen wiederkehrende ökologische Anpassungen.

Die Verbreitung der Amentaceen in den Tropen ist derjenigen der Coniferen vergleichbar, indem sie in höheren Gebirgsregionen ien-

Fig. 123. Aus dem botanischen Garten zu Singapore. Die Palme links: Areca Catechu. Rechts: Ravenala madagascariensis. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Kükenthal.

seits des Megathermenklimas ein beträchtliches Contingent der Flora liefern, während sie für das Tiefland bedeutungslos sind. Sie gehen dem letzteren doch nicht, wie die Nadelhölzer, vollständig ab ; es giebt vielmehr einige megatherme Eichen, z. B. in Mexiko und, nach eigenen Beobachtungen, in den Wäldern bei Singapore.

Die Urti einen haben für die tropische Zone ganz hervorragende Bedeutung, die Moractfen in »erster Linie durch die Gattung Ficus mit

I. Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 255

ihren zahlreichen baumartigen und strauchartigen Arten, sodann durch die Gattung Artocarpus, zu welcher einige der häufigsten Culturbäume der Tropen gehören (Artocarpus incisa, der Brotbaum; A. integrifolia, der Jackbaum), die Urticaceen durch zahlreiche Gattungen meist strauchiger und krautiger Arten.

Unter den Polygoninen sind die Piperaceen ausschliesslich mega- therm. Sie sind namentlich in den Regenwäldern durch viele strauchige und krautige Bodenpflanzen, sowie durch wurzelkletternde Lianen und Epiphyten vertreten. Die Polygonaceen sind auf wenige, vorwiegend baumartige Arten beschränkt.

Die Familien, welche bei uns die Centrospermen vornehmlich repräsentiren , nämlich die Caryophyllaceen und Chenopodiaceen sind beinahe ausschliesslich mesotherm und für die Tropen bedeutungslos. Dagegen sind Amarantaceen als unscheinbare Kräuter, seltener als Holz- gewächse sehr häufig. Die Phytolaccaceen und Nyctaginaceen sind vor- wiegend tropisch amerikanisch.

Die für die nördliche temperirte Zone wichtigste Familie unter den Polycarpiern, diejenige der Ranunculaceen , ist meso- und mikrotherm und daher zwischen den Wendekreisen nur im Hochgebirge vertreten. Auch die Magnoliaceen treten gegenüber der nordtemperirten Zone zurück. Die für die Tropen wichtigste Familie ist diejenige der Lauraceen, zu welcher zahlreiche Waldbäume, auch Sträucher und der häufige krautige Parasit Cassytha gehören. Die rein tropischen Familien der Anonaceen, Myristicaceen, Monimiaceen sowie, im Gegensatz zu den verwandten mesothermen Berberidaceen, die Familie der Menisperma- ceen steuern zahlreiche Holzpflanzen bei.

Die Rhoeadinen zeigen sich beinahe auf die Capparidaceen beschränkt. Die wenigen Cruciferen sind meist Bergbewohner.

Unter den Cistifloren befinden sich mehrere rein megatherme, in den Tropen reich vertretene Familien von Holzpflanzen, wie die Clusiaceen, Dilleniaceen, Ochnaceen, Dipterocarpaceen, Bixaceen, ferner die auch Mesothermen umfassenden Ternstroemiaceen und die aus tropisch-amerikanischen Lianen und Epiphyten bestehenden Marcgravia- ceen. Auch die tropischen Violaceen sind vorwiegend holzig, zum Theil baumartig. Unter den krautigen Familien haben die Nepenthaceen für die östlichen Tropen hervorragende Bedeutung.

Unter den Columniferen ragen die rein megathermen Bombaca- ceen durch mächtige Dimensionen, namentlich durch beträchtliche Dicke ihrer Stämme, sowie durch prächtigen Blüthenschmuck hervor. Die ver- wandten Malvaceen, die Tiliaceen und die rein tropischen Sterculiaceen sind sowohl in holzigen, wie in krautigen Arten wichtige Bestandtheile der tropischen Floren.

Die Gruinales haben geringere Bedeutung. Die Oxalidaceen,

2C6 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Tropaeolaceen und die in Ostindien sehr häufigen Balsaminaceen sind meist durch Kräuter vertreten; die Geraniaceen fehlen.

Die Terebinthinen besitzen namentlich für die Gehölzflora trockenerer Gebiete hervorragende Bedeutung. Ihre Familien sind aus- schliesslich (Meliaceen, Simarubaceen, Burseraceen) oder nur theilweise (Rutaceen, Anacardiaceen, Zygophyllaceen) megatherm.

Unter den Aesculinen sind die Sapindaceen ganz vorwiegend megatherm, die Malpighiaceen sind es ausschliesslich und namentlich unter den Lianen häufige Erscheinungen. Die Erythroxylaceen und Vochysiaceen (Amerika) sind ebenfalls megatherm, aber weniger arten- reich, die Polygalaceen sind vertreten, die Aceraceen fehlen.

Die Frangulinen liefern in ihren Familien der Celastraceen, Hippocrateaceen (beinahe rein megatherm), Aquifoliaceen , Vitaceen (namentlich Cissus) und Rhamnaceen eine grosse Anzahl Holzgewächse, namentlich Lianen.

Die Trikokken sind in ihrer wichtigsten Familie der Euphor- biaceen, vorwiegend megatherm und steuern zu der tropischen Flora eine grosse Anzahl baumartiger, strauchiger und krautiger, namentlich zu der grossen Gattung Croton gehöriger Arten bei.

Die grösste Familie der Umbellifloren, diejenige der Um- belliferen, ist beinahe ausschliesslich mesotherm, so dass sie sich zwischen den Wendekreisen wohl auf den Gebirgen, aber nur mit sehr wenigen Arten in den Tiefländern zeigt. Die Cornaceen sind ebenfalls nur im Hochland vertreten, während die Araliaceen auch im Tiefland Vertreter aufweisen.

Die Saxi fraginen, nämlich die Crassulaceen Saxifragaceen, Hamameüdaceen, Platanaceen, und Podostemaceen sind, mit Ausnahme der letztgenannten, nur aus Wasserpflanzen bestehenden Familie, ganz vorwiegend mesotherm und für die Tropen von geringer Bedeutung.

Die für sich allein die Ordnung der Opuntinen bildende ameri- kanische Familie der Cactaceen hat in den trockenen Gebieten des tropischen Amerika zahlreiche Vertreter, in den Regenwäldern gehören ihr einige häufige Epiphyten und Lianen.

Die Passi florinen sind beinahe ausschliesslich megatherm und in erster Linie durch die Passifloraceen, Begoniaceen und Flacourtiaceen, ferner durch die Loasaceen (Amerika), Samydaceen, Turneraceen, Cari- caceen, in theilweise häufigen und hervorragenden Arten vertreten.

Die Myrtifloren bestehen in den Melastomaceen, Combretaceen und Rhizophoraceen ausschliesslich aus megathermen Arten, von welchen diejenigen der erstgenannten Familie, als schön blühende Sträucher und Kräuter, namentlich in Amerika eine wesentliche Rolle zu spielen pflegen, während zu den beiden letzteren die meisten Sträucher und Bäume

L Allgemeine Charakteristik des tropischen Klimas und seiner Wirkungen. 257

der Mangroven1) gehören. Auch die Oenotheraceen und Lythraceen fehlen nicht.

Unter den Rosifloren sind die Chrysobalaneen ausschliesslich megatherm, während die anderen Gruppen der Rosaceen beinahe aus- schliesslich aus Mesothermen bestehen und daher zwischen den Wende- kreisen nur als Gebirgspflanzen auftreten.

Die drei Familien der Leguminosen, die Mimosaceen, Caesal- piniaeeen und Papilionaceen gehören zu den allerwichtigsten Formen- kreisen der tropischen Flora. Sie umfassen Bäume, Sträucher und Kräuter, die häufig klettern und sind für feuchte und trockene Gebiete, für Gehölze und Grasfluren gleich bedeutungsvoll ; viele sind durch schöne Blüthen ausgezeichnet.) (Die verschiedenen vorläufig als Hysterophyten zusammengestellten Familien sind ganz vorwiegend makrotherm und ent- halten manche der eigenartigsten Erzeugnisse der tropischen Floren, namentlich unter den Aristolochiaceen, RafFlesiaceen und Balanophoraceen.

Die Eric inen sind mit wenig Ausnahmen mesotherm und daher für die eigentliche Tropenflora ganz bedeutungslos. Hingegen haben sie zahlreiche Arten in den Gebirgsfloren aufzuweisen (Vaccinieen, Rhododendron etc.).

Unter den Primulinen sind die Myrsinaceen ausschliesslich tropisch, während die Plumbaginaceen nur eine Jdeine Anzahl megathermer Arten enthalten und die wenigen Primulaceen Hochgebirgspflanzen sind.

Die Familien der Diospyrinen (Ebenaceae, Diospyraceae, Sapotaceae) bestehen beinahe ausschliesslich aus tropischen Holzge- wächsen. Mehrere Sapotaceen werden allgemein eultivirt.

Unter den Contorten sind die Loganiaceen, Apocynaceen und As- cleptadaceen in vielen Arten der verschiedensten Wuchsform vorhanden, während die Oleaceen und Gentianaceen, als mesotherme Familien, nur Gebirgsbewohner aufzuweisen haben.

Die Tubifloren besitzen viele megatherme Arten unter den Convolvulaceen und die durch Beerenfrüchte ausgezeichnete Asperi- folieengruppe der Cordieen ist rein tropisch.

Die für die Tropen wichtigste Familie in der Ordnung der Per- sonaten ist diejenige der Solanaceen, zu welcher sehr zahlreiche Kräuter und Sträucher und einige kleine Bäume gehören. Die ganz vorwiegend megathermen Familien der Bignoniaceen, Gesneraceen und Acanthaceen haben zahlreiche Vertreter und die Lentibulariaceen sind namentlich mit Utricularia-Arten vorhanden. Dagegen sind die Scro- phulariaceen sehr schwach entwickelt.

Unter den Labiatifloren haben die Verbenaceen, zu welchen sowohl baumartige, als strauchige und krautige Arten gehören, grössere Wichtigkeit als die relativ schwach entwickelten Labiaten.

*) Vgl. über die Mangroven Kapitel VI dieses Abschnitts. Schimper, Pflanzengeographie. 17

258 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Die megathermen Campanulinen sind auf die Lobeliaceen, Goo- deniaceen und Cucurbitaceen beschränkt; die Campanulaceen sind mesotherm und in den Tropen daher nur Bergbewohner.

Die Rubiaceen, die grösste der drei Familien der Rubiinen, gehören durch die grosse Zahl der Arten und durch die wesentliche Rolle, welche viele ihrer Vertreter durch ihre Häufigkeit spielen, zu den wichtigsten Formengruppen der tropischen Vegetation. Dagegen sind die Caprifoliaceen im tropischen Tiefland äusserst spärlich und die Valerianaceen fast gar nicht vorhanden.

Die Compositen haben für die tropische Zone ungefähr die gleiche grosse Bedeutung wie für die temperirten Zonen ; megatherm sind nur wenige Ligulifloren, hingegen zahlreiche, theilweise besondere Gruppen bildende Tubulifloren. Die meisten tropischen Compositen sind Kräuter, aber auch Lianen und kleine Bäume kommen unter ihnen vor. Die Dipsacaceen, welche mit den Compositen und der kleinen Familie der Calyceraceen die Ordnung der Aggregaten bilden, sind meist meso- therm und in den Tropen beinahe nur Gebirgspflanzen.

Auswahl der Literatur.

1. Die Klimate.

Die allgemein klimatischen Angaben sind vornehmlich aus: Hann, Handbuch der Meteorologie. 2. Aufl. Stuttgart 1897 entnommen. Burgerstein, Alf. Ueber die Transpirationsgrösse von Pflanzen feuchter

Tropengebiete. Berichte d. deutschen botan. Gesellsch. 15. Jahrg. 1897. Giltay, E. Vergleichende Studien über die Stärke der Assimilation in den

Tropen und im mitteleuropäischen Klima. Pringsheim's Jahrbücher für

wissensch. Botanik. Bd. 30. 1897. Haberlandt, G. Ueber die Grösse der Transpiration im feuchten Tropen- klima. Pringsheim's Jahrb. für wissensch. Botanik. Bd. XXXI. 1897. Johow, Fr. Ueber die Beziehungen einiger Eigenschaften der Laubblätter

zu den Standortsverhältnissen. Pringsheim's Jahrbücher. Bd. XV. 1884. Kraus, G. Das I^ängenwachsthum der Bambusrohre. Ann. du jard. botan.

de Buitenzorg. Vol. XII (nur in Ref. zugänglich). Maxwell, W. The rate of growth of banana leaves. Botan. Centralbl.

Bd. 6 7. 1896. Stahl, E. Einige Versuche über Transpiration und Assimilation. Botanische

Zeitung 1894. Wallace, A. R. Die Tropenwelt nebst Abhandlungen verwandten Inhalts.

Deutsch von D. Brauns. Braunschweig 1879. \V i e s n e r , J. I. Ueber den vorherrschend ombrophilen Charakter des Laubes

der Tropengewächse. Sitzb. d. k. Akad. zu Wien. Bd. 103. 1 Abth.

1894.

Auswahl der Literatur.

259

Wiesner, J. II. Photometrische Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete. Erste Abhandlung. Orientirende Versuche über den Einfluss der sogenannten chemischen Lichtintensität auf den Gestaltungsprocess der Pflanzenorgane. Sitzungsb. d. k. Akad. zu Wien. Bd. 102. 1893.

III. Beobachtungen über die fixe Lichtlage der Blätter tropischer Gewächse.

Sitzungsb. d. k. Akad. zu Wien. Bd. 103. Abth. 1. 1894.

IV. Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen mit Rücksicht auf

die Vegetation von Wien, Cairo und Buitenzorg Qava). Sitzungsb. d. k. Akad. zu Wien. Bd. 104. Abth. 1. 1895.

V. Beiträge zur Kenntniss des tropischen Regens. Ibid.: Bd. 104. Abth. 1.

1895.

2. Die Floren.

Die Angaben über Vorkommen und Fehlen der Familien in den Tropen sind in erster Linie dem Werke Engl er' s und Prantl's, fortges. von Engler. Die natürlichen Pflanzenfamilien, entlehnt.

Benutzt wurden ausserdem: Christ, H. Die Farnkräuter der Erde. Jena, G. Fischer, 1897. Möller, A. Ueber einige besonders auffallende Pilze Brasiliens. S. A. S. 1.

1898.

17*

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen.

1. Allgemeinheit der Periodioitat in den Functionen der Pflanzen. Keine absolute Ruhezeit, sondern nur Ruhezeit einzelner Vorgänge. Vorkommen der Periodicitit in der tropischen Vegetation. 2. Periodioitat in der vegetativen Sphäre. § i. Laub- wechsel. Häufigkeit des periodischen Laubfalls in den Tropen. Verschiedenartiges Aus- sehen der Bäume in den Trockenzeiten. Jahreszeiten und Vegetation in den Campos. § 2. Wachsthum. Periodisches Laubabwerfen bei gewissen Arten von der Jahreszeit un- abhängig. Individuelle Periodicität der einzelnen Sprosse vieler Tropengewächse. Tem- perirte Holzgewächse in den Tropen. 3. Periodioitat in der sexuellen Sphäre. § 1. Allgemeines. Zeitliche Trennung der vegetativen und reproductiven Thätigkeit. § 2. Immer feuchte Gebiete. Ungleichzeitiges Blühen der verschiedenen Zweige bei Holzpflanzen. Gleichzeitiges Blühen aller Stöcke einer Art ohne Beziehung zur Jahreszeit. Beziehungen zwischen Blüthenbildung und Laubfall. § 3. Periodisch trockene Ge- biete. Blüthenreichthum in den trockenen Jahreszeiten und zu Beginn der nassen, Blüthen- armuth auf der Höhe der nassen Jahreszeiten. Die nasse Jahreszeit die Zeit der Fruchtreife. §4. Specielle Belege. Klima und Blüthezeit auf Java, im nordwestlichen Indien, auf Ceylon, in British - Guiana. 4. Die Caesalpiniaeeen im Botanischen Garten su Buitensorg.

1. Allgemeinheit der periodischen Erscheinungen.

Die periodischen Erscheinungen der tropischen Vegetation sind bisher wenig untersucht worden. Als Ergebniss der spärlichen und meist unrichtigen Angaben der Reisenden hat sich ziemlich allgemein die Vorstellung eingebürgert, dass in immerfeuchten tropischen Ge- bieten die vegetative und reproductive Thätigkeit ununterbrochen vor sich geht, während die wohl ausgeprägten Trockenzeiten anderer Ge- biete Ruhezeiten der Vegetation hervorrufen sollen.

Beobachtungen in tropischen Gebieten mit reich- lichem Regen zu allen Jahreszeiten haben mich gelehrt, dass auch da die Lebensvorgänge in der Pflanze eine rhythmische Abwechselung von Perioden der Ruhe und

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen. 26 1

Bewegung aufweisen. Allerdings beruht diese Anschauung auf einer von der gewöhnlichen abweichenden Auffassung der Ruhezeiten.

Neuere Untersuchungen, namentlich diejenigen von Sachs und Müller -Thurgau haben zur Genüge erwiesen, dass es Ruhezeiten der gesammten Lebensvorgänge nicht giebt, sondern nur Ruhezeiten für bestimmte Functionen. Die Pflanze ist während der „Winterruhe" keineswegs inactiv. Stärke wird ig manchen Bäumen in Oel umgewandelt; die Chlorophyllkörner der Coniferen er- zeugen rothe Farbstoffe; die Epidermis der Blätter vieler Kräuter bildet. Cyanophyll; die Wurzeln setzen ihr Längenwachsthum fort; die Winterknospen erhalten, in Folge unsichtbarer Vorgänge, die Fähig- keit der Fortentwickelung, die ihnen in der warmen Jahreszeit fehlte u. s. w. Stillstand herrscht dagegen meist in Bezug auf Anlage, Langen- und Dickenwachsthum der Sprosse, doch giebt es hierin Aus- nahmen. Die Assimilation erleidet eine Abschwächung, aber nur bei starkem Frostwetter eine gänzliche Unterbrechung.

Im Frühjahr hört in temperirten Zonen die Ruhezeit für die Wachsthumsvorgänge auf; Laubsprosse und Blüthen werden ausge- bildet; die Functionen der Ernährung, namentlich der Umsatz schon assimilirten Materials, treten in lebhafte Thätigkeit. Dagegen stellt sich für die an niedere Temperaturen gebundenen Functionen Ruhezeit ein.

Im Sommer herrscht grösste Bewegung auf dem Gebiete der Er- nährung, namentlich in Bezug auf Assimilation der Rohstoffe. Das Dickenwachsthum der Axen, das Dicken- und Längenwachsthum der Wurzeln sind in voller Thätigkeit, dagegen herrscht, nach der Fertig- stellung der Winterknospen, in der Regel Ruhe in den Gipfelmeristemen der Sprosse. Auf dem Gebiete der Reproduction ist, je nach der Art, Bewegung oder Ruhe.

Der Herbst ist eine Zeit der Abschwächung, der beginnenden Ruhe auf den meisten Gebieten. Bei einigen Arten jedoch tritt erst während desselben die reproductive Thätigkeit aus der Ruhe heraus.

Es giebt demnach in den temperirten Zonen keine Jahreszeit, die nicht gewisse Functionen des Pflanzen- lebens in Bewegung setzen, andere dagegen zur Ruhe bringen würde. Allerdings wiegt während des Herbstes und des Winters der Stillstand, während des Frühjahrs und des Sommers die Bewegung vor, so dass man von einer relativen Ruhe- und Vege- tationszeit sprechen darf, doch ist in keiner Jahreszeit der eine Zustand allein vorhanden.

Die tropischen Gewächse sind ebenso wie diejenigen kühler und kalte r Zonen der periodisch en Abwec hselung von Ruhe und Bewegung unterworfen. Wo eine scharfe klimatische Periodicität herrscht, zeigen sich die Functionen des pflanz-

2Ö2 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

liehen Organismus auch in den Tropen, von ihr wesentlich beeinflusst. So wirken trockene Jahreszeiten in mancher Hinsicht wie kalte. Je weniger ausgeprägt die Periodicität des Klimas, desto unabhängiger ist die Periodicität in der Pflanze von ihrem Einfluss. Innere Ursachen sind in dem nahezu gleichmässigen Klima für die Abwechselung von Ruhe und Bewegung vorwiegend oder allein maassgebend. Aufge- geben wird solche Rhythmik jedoch niemals, denn sie ist im Wesen des Organismus und nicht in den äusseren Be- dingungen begründet. Ihr Zusammenhang mit den letzteren ist eine seeundäre Erscheinung, eine Anpassung.

So ist auch das Bild allgemeiner und continuirlicher Bewegung, welches die meisten Reisenden von der Vegetation in immerfeuchten Tropenregionen mitgenommen haben, ein Trugbild. Dem aufmerk- samen Beobachter zeigt sich überall neben der Bewegung, die Ruhe, und beide Zustände vertauschen ihre Plätze fortwährend, wie die Theile eines Kaleidoskops. Der Unterschied zwischen einer solchen Vege- tation und einer dem Einfluss abwechselnd günstiger und ungünstiger Jahreszeiten unterworfenen, beschränkt sich darauf, dass im ersteren Falle die Summe von Ruhe und Bewegung in jedem Zeitabschnitte an- nähernd die gleiche bleibt, während sie im zweiten Falle periodisch zu- und abnimmt.

2. Periodicität in der vegetativen Sphäre.

§ i. Laubwechsel. Trotz zahlreicher anderslautender Angaben der Reisenden ist die Anschauung immer noch vorherrschend, dass die Tropenwälder weitaus zum grössten Theile immergrün sind und wesentlich nur immerfeuchte Gebiete bewohnen, während Gebiete mit ausgesprochenen Trockenzeiten nur an den Ufern der Gewässer Waldwuchs aufweisen sollen. Diese unrichtige Vorstellung hängt mit der nicht minder unrichtigen Annahme zusammen, dass trockene Jahres- zeiten dem Walde unzuträglich sind.

In der Wirklichkeit sieht die Sache ganz anders aus. Der tro- pische Wald ist zum grössten Theile aus periodisch un- belaubten Bäumen zusammengesetzt und ist, wie früher (S. 180) gezeigt wurde, sogar von Gebieten mit sehr dürren und heissen Jahres- zeiten keineswegs ausgeschlossen. Die indischen Forstbotaniker, nament- lich Brandis und Kurz haben uns zuerst mit den unterscheidenden Eigenthümlichkeiten der immergrünen und der regengrünen Wälder bekannt gemacht. Die Gehölze in Gebieten mit periodischen noch aus- geprägten Trockenzeiten bieten während der letzteren mehr Aehnlich- keit mit unseren Gehölzen im Winter als mit den dichten und üppigen

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen. 263

Regenwäldern, als welche gewöhnlich die Tropenwälder im Allgemein dargestellt werden. Allerdings ist das Bild der Ruhe, wie es die Trockenzeit hervorruft, weit weniger gleichmässig, als dasjenige einer Winterlandschaft in temperirten Zonen.

So behalten die Gehölze in der Nähe der Gewässer vielfach, auch während der Trockenzeit, ihre gesammte Belaubung oder doch einen grossen Theil derselben und stellen grüne Streifen und Flecken in dem sonst vorwiegend braunen und grauen Landschaftsbilde. Auch ausser- halb des Bereichs der Wasserinfiltration machen sich Unterschiede der chemischen und physikalischen Beschaffenheit des Bodens auf Zeit und Ergiebigkeit des Laubfalls geltend. So verzögert grössere Feuchtigkeit des Bodens das Ablösen der Blätter und beschleunigt die Entfaltung der Laubknospen. Auch hat Warming beobachtet, dass die auf Kalk- boden wachsenden Gehölze kahler werden, als auf anderen Bodenarten.

Ausserdem kommen specifische Unterschiede der Holzgewächse zur Geltung. Unter gleichen äusseren Bedingungen werden einige der- selben schon vor Ende der Regenzeit entlaubt, andere werfen ihre Blätter am Anfang der Trockenzeit, wieder andere thun es ganz all- mählich, im Laufe mehrerer Monate, andere endlich bleiben bis zur Entfaltung der Ruheknospen belaubt. Bei einigen Bäumen soll sogar, nach Warming, der Laubfall in manchen Jahren ganz ausbleiben. Die Buntheit des Bildes wird noch dadurch erhöht, dass einzelne immer- grüne Bäume im laubabwerfenden Walde eingesprengt zu sein pflegen.

Solche Unterschiede zeigen sich allerdings wesentlich nur da, wo die Trockenzeiten nicht sehr lang oder nicht ganz regenlos sind. Die dürren Savannenwälder an der Grenze der Llanos von Venezuela (Prov. Maturin) fand ich, abgesehen von einer kleinen immergrünen Baumart, Rhopala complicata, ebenso vollkommen entlaubt, wie im deutschen Wald im Winter; sie bildeten den auffallendsten Contrast zu den schmalen, aber dichten Waldstreifen längs der Wasserläufe, die ihre Belaubung beibehalten hatten.

Die Grasflur in den Tropen, meist als Savanne (S. 176) auftretend, zeigt sich während der Trockenzeit, falls nicht durch die üblichen Brände verkohlt, von strohartig trockenen Gräsern bedeckt, zwischen welchen nur vereinzelte Pflanzen grün sind und blühen. Einen auf- fallenden Contrast bilden zu solcher Grasnarbe trockene und, in der Sonne, brennend heisse Felsblöcke, mit ihrer Vegetation von Succu- lenten und anderen immergrünen Xerophyten, wie Cacteen, Bromelia- ceen, Orchideen, die gerade in der Trockenzeit zu blühen pflegen. *)

Warming stellt folgendermassen den Zusammenhang zwischen Vegetation und Jahreszeit für die Campos von Minas Geraes in Brasilien dar:

*) Eigene Beobachtung in Venezuela.

264 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Winter (Mai Juli. Grösste Kälte und Trockenheit). Gras der Cam- pos strohartig. Der Laubfall beginnt, setzt sich aber in den Frühjahrsmonaten fort. Einige Bäume verlieren schon ihr ganzes Laub, einige thun es erst im Frühjahr. Der Laubfall ist weit stärker und allgemeiner in den Campos (Savannen) als in den Wäldern.

Frühjahr (August Oktober). Zunnahme der Feuchtigkeit und Wärme; im Oktober beginnen meist die Regen. Der Laubfall setzt sich fort und wird allgemeiner. Während dieser Monate verlieren die meisten Bäume ihr Laub, jedoch zeigen sich gleichzeitig, oder schon etwas früher, die jungen Blätter, so dass der Wald stets grün bleibt. Die meisten Blätter verbleiben 12 14 Monate an den Bäumen, etwas länger im Wald als im Campo. Einige Stämme behalten ihr Laub 24 Monate oder noch länger. Im Ganzen betrachtet dauert die Laubbildung über ein halbes Jahr; bei den einen Arten länger, bei anderen weniger lang. Die neuen Blätter entwickeln sich vor dem Beginne der Regen.

Sommer (November Januar). Regenzeit. Der Laubfall hat aufgehört Manche Arten erzeugen zum zweiten Male Blätter. Einige scheinen drei Generationen von Trieben zu bilden.

Herbst (Februar April. Fortsetzung der Regenzeit nach einer trockenen Unterbrechung im Januar Februar). Der Laubfall beginnt im März, vor Schluss der Regenzeit

Je reicher die Regenzeit an Niederschlägen, desto mehr herrschen die immergrünen Bäume über die periodisch laubabwerfenden vor. In den dichten Wäldern immerfeuchter Gebiete findet Entlaubung nur noch bei den Riesen statt, deren Kronen sich kuppenartig über dem all- gemeinen Laubdach erheben und daher der Trockenheit mehr aus- gesetzt sind. Zu diesen periodisch kahlen Riesen gehören namentlich Feigenbäume; auch die Rasamala (Altingia excelsa), der höchste Baum der von Feuchtigkeit triefenden Wälder Java's, ist bei Beginn des trockenen Ostwinds auf kurze Zeit entlaubt.

In allen Tropen gebieten mit sehr schwacher klimatischer Periodi- cität giebt es Holzgewächse, die ohnejede Beziehung zur Jahres- zeit, in grösseren oder kürzeren Intervallen (1 6 mal jähr- lich) ihr Laub abwerfen, derart, dass Bäume derselben Art, unter denselben äusseren Bedingungen, sich zu un- gleicher Zeit belauben und entlauben.

So sah ich z. B. in Singapore Flamboyant-Bäume (Poinciana regia) mit und ohne Laub durcheinander wachsen, und ähnliches Verhalten habe ich mancherorts für Terminalia Katappa constatirt. Aehnliches berichtet Haberlandtvon Palaquium macrophyllum zu Buitenzorg. Die Zeit, während welcher solche Bäume unbelaubt bleiben, ist meist sehr kurz, I 2 Tage z. B. bei Excoecaria Agallocha, Acer niveum, vielen Urostigma-Arten *).

Ich habe im botanischen Garten zu Buitenzorg Urostigma glabellum, einen riesigen Baum, der ungefähr alle zwei Monate seine Blätter

!) Koorders en Valeton 1. c.

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen. 265

abwirft und neues Laub erzeugt, des Näheren beobachtet. Am 10. De- cember 1889 fiel das ganze Laub, im vollkommen grünen Zustande, im Laufe des Tages ab, so dass der noch am Morgen ganz frisch aus- sehende Baum , am Abend wie winterkahl dastand. Am 20. December war die Laubmasse wieder nahzu ausgewachsen. Einer der in der Zwischenzeit gebildeten jungen Sprosse, der ohne Wahl gepflückt wurde, war von der Basis bis zur äussersten Blattspitze 26 cm lang, die Axe allein 12 cm lang, die Spreite des drittältesten Blattes 13 cm lang, die des jüngsten 8 cm.

Solche Fälle von der Jahreszeit unabhängiger Ent- und Belaubung können nur auf innere Ursachen zurückgeführt werden. In manchen Fällen ist solcher Laubfall ein Anzeichen, dass der Baum sich zum Blühen vorbereitet. Bei Urostigma glabellum und bei manchen anderen Arten ist jedoch solcher Zusammenhang nicht oder doch nicht noth- wendig vorhanden.

Die Vermuthung liegt nahe, dass in solchen Fällen die anschwellenden Knospen den Wasserstrom an sich ziehen; doch sind noch keine Versuche darüber angestellt worden.

In den eben geschilderten Fällen zeigten sämmtliche Theile der Laubkrone gleiches Verhalten. In anderen Fällen entlauben und belauben sich die einzelnen Zweige zu ungleichen Zeiten. Ich habe solches Verhalten bei tropischen Bäumen nur in Zusammen- hang mit der Blüthezeit beobachtet und werde dasselbe daher erst nachher besprechen.

§ 2. Wachsthum. Die immergrünen Holzge wachse in den Gebieten mit Niederschlägen zu allen Jahreszeiten sind nicht in fortwährendem Wachsthum begriffen, son- dern, ebenso wie die laubabwerfenden, der periodischen Abwechselung von Ruhe und Bewegung unterworfen. Sehr in die Augen fallend ist der vegetative Rhythmus bei Bäumen, deren Laub in der Jugend sehr helle, im Alter dagegen dunkele Färbung be- sitzt. Da steht ein Baum wochen-, ja monatelang im dunkelen Laub- kleide; seine sämmtlichen Endknospen sind im ruhenden Zustande. Auf einmal zeigt sich der dunkele Grund weiss oder hellroth getupft; die L^ubknospen haben sich entfaltet. Häufiger als gleichzeitige Verjüngung der ganzen Krone ist der ungleichzeitige Uebergang der Endknospen einzelner Zweige oder Zweig- systeme aus dem ruhenden in den activen Zustand. Solche Bäume bilden dann allerdings, im ganzen betrachtet, ein Bild ununter- brochenen Treibens; doch ist, wenngleich mehr versteckt, die allen Lebensprocessen gemeinsame Abwechselung von Ruhe und Bewegung auch bei ihnen vorhanden.

Die Unabhängigkeit einzelner Sprosssysteme zeigt sich z. B. in

266 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

auffallender Weise beim Mangobäume. Sein röthliches junges Laub erscheint nicht auf einmal auf der ganzen Oberfläche der mächtigen, schwarzgrünen Krone, sondern nur an einer Stelle oder an zwei Stellen, entsprechend dem Verzweigungssystem eines dickeren Astes, deren End- knospen sich sämmtlich entfalten, während diejenigen anderer Aeste in Ruhe verharren.

Meist geht jedoch die Individualisirung der Zweige noch viel weiter. Als typisches Beispiel für die Mehrzahl der immergrünen Holzgewächse immerfeuchter Tropengebiete mag die viel cultivirte Caesalpiniacee Amherstia nobilis gelten. Hier sind, wie in vielen anderen Bäumen, alle Glieder des Verzweigungssystems von einander unabhängig, so dass stets, im buntesten Wechsel, Zweige mit ruhenden Endknospen und solche mit wachsenden Trieben in allen Stadien der Entwickelung durch- einander stehen.

§ 3. Temperirte Holzgewächse in den Tropen. Alle Lehrbücher wiederholen die Angabe Humboldts, dass die Weinrebe bei Cumanä (Venezuela) das ganze Jahr belaubt sei und Früchte trage. Ich ziehe die Richtigkeit dieser Beobachtung nicht in Zweifel; dagegen ist die daran geknüpfte Vorstellung, dass diese Rebe immergrün geworden sei, im selben Sinne etwa wie eine Tanne, höchst wahrscheinlich unrichtig.

Ich habe Gelegenheit gehabt, die periodischen Erscheinungen bei Bäumen aus den temperirten Zonen in einem Klima näher zu unter- suchen, das zu den gleichmässigsten der Erde gehören dürfte, nämlich in dem immer feuchten und kühlen Hochgebirge Westjava's. Der bei ca. 1 500 m ü. M. gelegene botanische Garten zu Tjibodas enthält Holz- gewächse aus Europa, aus dem temperirten Asien und aus Nord-Amerika, welche in der Heimath winterkahl, hier, wie die berühmte Weinrebe von Cumand, „immergrün" geworden sind. Ich lernte sie im December und Januar kennen, also zu einer Zeit, wo sie unter ihren natürlichen Bedingungen winterkahl gewesen wären ; sie waren jedoch alle reichlich mit Laub, zum Theil auch mit Blüthen und Früchten versehen.

Diese Bäume haben nichtsdestoweniger ihre Periodicität beibehalten, nur sind die einzelnen Aeste in mehr oder weniger hohem Grade von einander unabhängig geworden, so dass, zur Zeit meines Aufenthalts, manche Bäume gleichzeitig winterliche, frühjahrliche, sommerliche und herbstliche Sprosse trugen, die anderen aber meist wenigstens das Bild von zwei Jahreszeiten in ihrem Gezweige aufwiesen.

Die Unabhängigkeit von der Jahreszeit in der rhythmischen Abwechse- lung von Belaubung und Entlaubung, die Selbständigkeit der einzelnen Spross- systeme eines Baumes treten bei den in die Tropen verpflanzten jungen Bäumen erst im Laufe der Jahre auf; der bereits erlittene Einfluss der Jahres- zeiten auf die periodischen Erscheinungen macht sich noch lange als Nach-

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen. 267

wirkung geltend, um erst allmählich, durch ungleiche Verschiebungen in den verschiedenen Zweigen, verloren zu gehen.

Die im Garten zu Tjibodas cultivirten nordtemperirten Bäume waren zur Zeit meines Aufenthalts, soweit meine Beobachtungen reichen, folgende : Mag- nolia Yulan, Magnolia sp., Liriodendron Tulipifera, Diospyros Kaki, Pirus Malus, P. communis, Quercus pedunculata, Rhus succedanea, Olea europaea, Amygdalus communis.

Magnolia Yulan, z. B., wies folgendes Bild auf: Einzelne entlaubte Zweige mit Blatt- und theilweise Blüthenknospen ; andere mit jungen Blättern und offenen Blüthen; andere mit ausgewachsenen, lederartigsteifen Blättern und vertrockneten Blüthenresten Fruchtbildung trat nicht ein, andere mit einzelnen, „herbstlich" verfärbten, bei Berührung leicht abfallenden Blättern.

Bei Magnolia sp. waren die „sommerlichen" Zweige mit Früchten ver- sehen. Der in mehreren stattlichen Exemplaren vertretene Baum zeigte an seinen einzelnen Zweigen weniger grosse Unterschiede; dieselben stehen in grösserer Abhängigkeit von einander. Dagegen waren die einzelnen Bäume auf ungleichen Stadien der jährlichen Entwickelung. Die einen waren in der Tracht des ersten Frühjahres, mit ganz jungen Blättern; andere waren früh- sommerlich, mit noch frischem Laube und jungen Früchten; andere noch trugen reife Früchte und alte Blätter.

Liriodendron Tulipifera und Quercus pedunculata zeigten an ihren einzelnen Aesten Winter, Frühjahr und Sommer. Bei Pyrus malus und com- munis, denen übrigens anscheinend das Klima nicht zusagte, waren alle vier Jahreszeiten auf demselben Stämmchen vereinigt. Ein Strauch von Rhus succe- danea war an seiner Basis frühjahrlich, am Gipfel sommerlich; ein anderer, grösserer derselben Art prangte an einzelnen Aesten in den zartrothen Farben des Frühjahrs und in den dunkelrothen des Herbstes, während andere winter- lich kahl waren. Amygdalus communis war im reinen Frühjahrskleid.

In weniger gleichmässigen tropischen Klimaten scheinen die periodischen Erscheinungen der aus temperirten Zonen stammenden Holzgewächse sich an die neuen Jahreszeiten anzupassen. Da fallen die winterlichen und frühjahr- lichen Erscheinungen mit der Trockenzeit, die sommerlichen und herbstlichen mit der Regenzeit zusammen. So sagte mir Herr Nock, der Curator des bei c. 1800 m ü. M. gelegenen Versuchsgartens zu Hakgalla auf Ceylon, dass die europäischen Bäume den grössten Theil ihres Laubs noch während des nassen Stidwestmonsuns verlieren, während der massig feuchten Herbstmonate aber junge Blätter und Blüthen entwickeln. Genauere Beobachtungen über diese interessanten Erscheinungen liegen nicht vor.

3. Periodicität in der sexuellen Sphäre.

§ 1. Allgemeines. Blüthen und Laub weisen bei den meisten Pflanzen einen gewissen Antagonismus auf und pflegen sich entweder zeitlich oder räumlich getrennt zu entwickeln. Bei den krautigen Pflanzen ohne Knollen und Zwiebeln kommt es meist erst dann zu einer üppigen Entwickelung in der reproductiven Region, nachdem das

268 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Laub ganz oder nahezu ganz ausgewachsen ist. Man könnte in diesem Falle allerdings die Erscheinung dahin deuten, dass dem Laube die Rolle zufällt, Nährstoffe für die Erzeugung von Blüthen und Früchten zu bilden. Bei den Rhizompflanzen und Holzgewächsen ist jedoch eine solche direkte Abhängigkeit nicht vorhanden und wir sehen in der That die Blüthenbildung der Laubbildung oft vorausgehen, indem sie auf Kosten vorjähriger Reservestoffe stattfindet. Letzteres geschieht wohl auch häufig da, wo Blüthen und Laub weit von einander entfernt sind, wie bei caulifloren Gewächsen.

In den Zonen mit kalten Wintern zerfällt die Entwickelung der Blüthe bei vielen Gewächsen, namentlich bei holzbildenden, in zwei durch eine Ruhezeit getrennte Abschnitte, einen der Anlage und einen des Wachsthums. In wiefern ähnliches auch in den Tropen vorkommt, ist nicht ermittelt. Die folgenden Betrachtungen beziehen sich daher nur auf die späteren, für das blosse Auge leicht erkennbaren Ent- wickelungsstadien. Die Blüthen haben weit mehr Berücksichtigung ge- funden als die Früchte, indem sie sowohl von früheren Beobachtern, als auch von mir, genauer ins Auge gefasst wurden. So stellt sich das hier gegebene von vornherein als ein blosses Fragment dar.

Die Holzpflanzen sollen in erster Linie betrachtet werden, indem etwaige äussere Einflüsse auf die Blüthenentwickelung sich bei ihnen deutlicher bemerkbar machen, als bei den meisten Kräutern, wo die unmittelbare Abhängigkeit der reproductiven Sphäre von der Ernährungs- thätigkeit des Laubs solchen Beeinflussungen störend entgegentritt.

Die zeitliche Trennung des blühenden und des rein vegetativen Zustands wird dadurch erreicht, dass beide an ungleiche Jahreszeiten gebunden sind. Auch in den Tropen macht sich ein Einfluss der letzteren überall geltend, wo ein scharf ausgeprägter Klimawechsel vor- handen ist, doch ist dieser Einfluss im Allgemeinen schwächer, als in den Zonen mit kalten Wintern. Die Zahl der das ganze Jahr blühen- den Arten ist grösser und die Zeit, während welcher blühende Exemplare einer Art angetroffen werden, ist im Allgemeinen länger in den Tropen als da, wo die Jahreszeiten sehr grosse Temperaturunterschiede auf- weisen, und die im letzteren Falle beinahe nur als Anomalie auftretende Erscheinung des wiederholten Blühens in kurzen Intervallen, ist bei vielen tropischen Gewächsen eine normale und regelmässige Erschei- nung. Solche Unterschiede stellen sich am auffallendsten dar, wenn die Holzgewächse der temperirten und tropischen Zonen miteinander verglichen werden.

§ 2. Immerfeuchte Gebiete. Die Blüthezeiten tropischer Gewächse sind, wie Belaubung und Entlaubung, von den Jahreszeiten um so weniger abhängig, je weniger letztere klimatisch von einander abweichen. Die das ganze Jahr

IL Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen. 269

blühenden Arten sind in den Gebieten mit nahezu gleichmässigem Klima am häufigsten. Die in den tropischen Floren vielfach anzu- treffende Bemerkung: „Blüht das ganze Jahr" ist jedoch in der Regel keineswegs so zu verstehen, dass ein und derselbe Stock immer Blüthen trägt, sondern bedeutet lediglich, dass blühende Stöcke zu jeder Zeit angetroffen werden. Unter den Arten, die zur Kategorie der stets blühenden gehören, befinden sich manche, deren einzelne Stöcke nur einmal jährlich oder sogar nicht jedes Jahr Blüthen tragen. So verhalten sich namentlich viele Bäume feuchter Urwälder, die man nur selten blühend antrifft. Andererseits giebt es auch Arten, deren ein- zelne Stöcke eine sehr lange Blüthezeit besitzen, oder die letztere in kurzen Intervallen wiederholen, so dass die Zahl ihrer blühenden Exem- plare zu jeder Jahreszeit diejenige der nichtblühenden überwiegt. Der- artiges zeigt sich namentlich an offenen, sonnigen Standorten und in den Strandwäldern. Rhizophora- und Avicennia - Arten , besonders aber Hibiscus tiliaceus, haben auffallend lange Blüthezeiten und werden meistens blühend angetroffen. Ob es langlebige Gewächse giebt, deren einzelne Stöcke ununterbrochen Blüthen tragen, kann ich nicht angeben, da dazu mehrjährige Beobachtungen gehören würden, an welche noch Niemand gedacht hat. Jedoch halte ich es, namentlich für reichver- zweigte Holzgewächse, nicht für ausgeschlossen; einige viel cultivirte und, wie mir schien, stets blühende Hibiscus-Arten , sowie Ricinus dürften sich zur bequemen Feststellung der Frage eignen. Doch würde, auch in diesem Falle, die Abwechselung der Ruhezeiten und Bewegungszeiten in der Blüthenbildung nicht fehlen. Wir haben bei den Erscheinungen der Laubbildung gesehen, in welch hohem Grade die einzelnen Aeste vieler tropischer Holzgewächse individualisirt sind. Das gleiche gilt vielfach von der Erzeugung von Blüthen. Häufig steht ein einzelner Ast in Blüthe, während die übrigen Aeste in rein vegetativer Thätigkeit verharren, zu anderen Zeiten aber Blüthen tragen. Sehr auffallend ist die Erscheinung z. B. beim Mangobaum und bei Eriodendron anfractuosum , dem „Silkcottontree" , wo eine mehr oder weniger grosse, dem Bereich eines grossen Astes entsprechend Stelle der Krone allein Blüthen trägt, um zur andern Zeit von einer andern Stelle abgelöst zu werden. Fritz Müller erwähnt eines bei Blumenau wachsenden riesigen Feigenbaums, dessen verschiedene Aeste zu ver- schiedenen Jahreszeiten Frucht tragen.1) In anderen Fällen ist die Er- scheinung weniger in die Augen fallend, indem nicht das ganze Gezweige eines dicken Astes auf einmal, sondern kleinere Zweig- systeme höherer Ordnung oder sogar einzelne Zweige in Bezug auf die reproductiven Vorgänge abwechselnd Ruhe und Bewegung aufweisen.

*) 1. c. s. 392.

270 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Dass aber ein und derselbe Spross ununterbrochen blüht und fruchtet, kommt gar nicht vor.

Diejenigen Gewächse, deren Blüthezeit von der Jahreszeit un- abhängig ist, entfalten ihre Blüthen begreiflicherweise meist zu ungleichen Zeiten, so dass man häufig einen in vollem Blüthenschmucke prangenden Baum neben einem anderen derselben Art, der nur reife Früchte trägt, sehen kann.

Doch zeigt sich bei wenigen Arten mit kurzer Blüthezeit die räthsel- hafte Erscheinung, dass innerhalb eines mehr oder weniger ausgedehnten, häufig viele Quadratkilometer umfassen- den Gebietes, sämmtliche Stöcke einer Art am selben Tage aufblühen.

Der erste, der eine Thatsache dieser Art kennen lehrte, war, wie bei so vielen anderen Erscheinungen des tropischen Pflanzenlebens, Fritz Müller, der dieselbe an drei Arten der Iridaceen-Gattung Marica mit verschiedenen Blüthezeiten, nachwies. Später theilte mir M. Ridley in Singapore mit, dass eine dortige Orchidee sich ähnlich verhielte. Endlich machte mich, während meines Aufenthalts in Buitenzorg, Herr Dr. Treub auf das Verhalten von Dendrobium crumenatum, einer in West- und Mitteljava überaus häufigen epiphytischen Orchidee aufmerksam. Am 13. December 1889 sah ich alle Exemplare der Pflanze in Buiten- zorg und Umgebung (West- Java) ihre sämmtlichen Blüthenknospen öffnen. Am 19. Januar 1890 wohnte ich in Samarang (Mittel-Java) der gleichen Erscheinung bei. Wie ich erfuhr, hatte das Dendrobium nahezu zur selben Zeit auch in Buitenzorg geblüht. Am 19. Februar sah ich das gleiche in Garut, auf dem Hochplateau des Preanger, am 4. März wiederum in Buitenzorg. Noch einige andere, weniger häufige Orchideen, scheinen ein ähnliches Verhalten zu zeigen.

Mit den eben geschilderten räthselhaften Erscheinungen dürfte viel- leicht das Verhalten gewisser Bambuseen vergleichbar sein, welche nur in mehrjährigen Zeiträumen blühen, dann aber innerhalb eines grossen Bezirkes alle gleichzeitig. So blühen die Bambusen in den süd- brasilianischen Provinzen St. Catharina und Rio Grande do Sul in Zwischenräumen von etwa 13 Jahren, an der Westküste von Vorder- indien (Bambusa arundinacea) in solchen von 32 Jahren, z. B. 1804, 1836, 1868 1). Nach Ridley blühen zwei Arten von Hopea (H. inter- media und H. Mengarawan) und vier Arten von Shorea (S. leprosula, parvifolia, pauciflora und macroptera) mit grosser Regelmässigkeit jedes sechste Jahr. Diese Perioden sollen mit sehr trockenen Jahren zusammen- fallen2).

') Brandis bei Hackel 1. c. S. 90. -) Brandis II. S. 20.

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen. 271

In den meisten Fällen herrscht während des grösstenTheils der reproduktiven Periode eine Verlangsamung oder so- gar eine Stockung in der vegetativen Region, welche sich auf das ganze Geäst erstreckt, wenn dasselbe auf einmal zur Blüthe übergeht, andernfalls, je nach dem Grade der Individualisirung , auf grössere oder kleinere Aeste beschränkt bleibt. Die Einwirkung auf die vegetative Region ist vielfach auf das Ausbleiben der Laubtrieb- bildung beschränkt ; die vegetativen Knospen ruhen. In manchen Fällen geht jedoch der Antagonismus zwischen vegetativen und reproduktiven Functionen weiter. Der zum Blühen sich anschickende Baum oder Strauch wirft sein Laub ab, jedoch meist nur an den blühenden Aesten, während die rein vegetativ gebliebenen ihr Laub zu behalten pflegen.

Auf welchem Stadium der Entwicklung der Blüthen die Erscheinung eintritt, habe ich leider festzustellen unterlassen; auch die Litteratur bringt darüber nichts. Hier, wie bei der Entlaubung von Urostigma glabellum (£. 265) ist dieselbe vielleicht auf Ablenkung des Wasserstroms zu Gunsten der Blüthenknospen zurückführen. Das neue Laub entsteht bald schon zu Anfang, bald auf späteren Stadien der Fruchtbildung.

Bereits Crüger hatte auf Trinidad beobachtet , dass Erythrina im unbelaubten Zustande blüht und dass blüthenlos verbliebene Zweige ihr Laub behalten. Ich habe häufig Gelegenheit gehabt, diese Angabe bestätigt zu sehen und das gleiche hin und wieder auch bei Schizolobium giganteum , auf Java , beobachtet. Aehnliche Erscheinungen fand ich im botanischen Garten von Tjibodas (Java), wo ich auf dieselben mehr achtete, z. B. bei Paraspondias parviflora, deren reich blühende Zweige den grössten Theil ihrer Blätter abwarfen, während die nur wenige Blüthen tragenden entsprechend mehr belaubt blieben, ferner bei einer Ardisia und bei Juannuloa aurantiaca, wo die blühenden Zweige ganz oder nahezu entlaubt waren, während eine Abnahme der Belaubung sich an den rein vegetativ gebliebenen Zweigen nicht zeigte.

Bei manchen auch sonst laubabwerfenden Bäumen fand ich, dass die blühenden Zweige später belaubt werden alsdierein vegetativen. So sah ich (21. November 1889) im botanischen Garten zu Buitenzorg zwei Bäume von Firmiana colorata mit jungem Laube und Blüthen. Letztere waren bei dem einen Baume reichlich, beim anderen spärlich vorhanden, bei beiden aber auf einzelne Zweigsysteme beschränkt. An den blühenden Aesten waren die Laubblätter noch sehr klein und blass, an den sterilen bereits gross und lebhaft grün. Nach der Blüthezeit (13. XII.) war derjenige Baum, der reich geblüht, von dem anderen leicht an seiner weniger entwickelten Belaubung erkennbar. Bei Meliosma lanceolata, im selben Garten, sah ich am 21. November junges Laub nur an sterilen Aesten, während die mit Fruchtständen

272 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

oder jugendlichen Blüthenständen versehenen Zweige noch keine Spur von Belaubung zeigten.

Manche Bäume sind in der Jugend, so lange sie noch nichtBlüthen erzeugen, immergrün, während sie später, vor der jemaligen Blüthezeit, ihr Laub abwerfen. So ver- hält sich z. B. Schizolobium giganteum, wenigstens auf Java.

Man ersieht aus dem Vorhergehenden, dass wie Laubbildung und Laubfall, auch die Blüthenentwickelung an einen periodisch wieder- kehrenden inneren Zustand gebunden ist. Ebensowenig wie Sprosse, mit ununterbrochener Laubbildung giebt es solche mit ununterbrochener Blüthenbildung. Auch auf dem reproductiven Gebiet ist eine durch innere Ursachen bedingte rhythmische Abwechselung von Ruhe und Bewegung vorhanden.

§3. Periodisch trockene Gebiete. Wie die Rhytmik der Laub- bildung zeigt auch diejenige der Blüthenbildung einen Zusammenhang mit den Jahreszeiten, sobald letztere scharfe Unterschiede aufweisen. Auch für die repro- ductive Sphäre ist diese Abhängigkeit eine secundäre Erscheinung, eine Anpassung physiologisch nothwendiger Vorgänge an äussere Factoren. In den Tropen zeigt sich ein Einfluss der wech- selnden Temperatur nur in den Grenzgebieten, so dass derselbe hier vernachlässigt werden kann. In dem grössten Theile der heissen Zonen drückt sich der Unterschied der Jahreszeiten, soweit er für das Pflanzenleben in Betracht kommt, nur in den Hydrometeoren aus, nament- lich in Regenmenge und Luftfeuchtigkeit.

Ueberall in den Tropen fällt der Reichthum blühen- der Holz- und Knollenpflanzen, also solcher Gewächse, deren Blüthenbildung nicht in direkter Abhängigkeit vom Laube steht, während der Trockenzeiten oder unmittelbar nach den- selben auf. Manchmal finden wir es in den Berichten von Reisenden als eine merkwürdige Erscheinung berichtet, dass viele Bäume gerade in der Trockenzeit blühen. So erwähnt es Belt für Nicaragua, Crüger für Trinidad, Schweinfurth für Nubien und Kurz sagt von den laubab- werfenden Wäldern in Pegu, dass die meisten ihrer Bäume während der trockenheissen Zeit blühen, dass gleichzeitig eine Menge von Rhizom- und Knollenpflanzen (Scitamineen, Amaryllideen, Orchideen, Ochna suffruticosa, etc.) sich mit Blüthen bedecken, dass die ent- laubten, verdorrten Zweige der Bäume blühende Ochideen in Fülle tragen.

Aus eigener Anschauung lernte ich den Blüthenreichthum tro- pischer Trockenzeiten in den Savannenwäldern Venezuela's kennen. Die meisten Bäume waren während meines Aufenthalts (März 1883) entlaubt ; keine Spur von vegetativer Thätigkeit trat an ihnen zum Vor-

IL Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen. 273

schein, und doch waren viele derselben, namentlich Cassia-Arten und andere Leguminosen, über und über von Blüthen besäet. Auch epi- phytische Bromeliaceen und Orchideen blühten reichlich. Dagegen war die Bodenvegetation beinahe blüthenlos ; dieselbe war allerdings vor- nehmlich von Gräsern und anderen Kräutern gebildet, deren Nährstoffe sich vornehmlich im Laube ansammeln und daher noch während der Vegetationszeit, d. h. der Regenzeit, zur Blüthenbildung Verwendung finden müssen. Jetzt war das Laub strohartig trocken.

Ein oft noch reicherer Blüthenflor, namentlich von Stauden, begleitet die ersten Regen nach der Trockenzeit. Dagegen nimmt derselbe mit dem Fortschreiten der Regenzeit immer mehr ab, namentlich für Holz- gewächse und Knollenpflanzen, und sinkt am Ende derselben auf ein Mini- mum zurück, während das Wachsthum der Laubtriebe noch lange fort- dauert, das secundäre Dickenwachsthum die grösste Intensität aufweist, die Assimilation und andere Vorgänge der Ernährung im Maximum sind. Die Früchte vieler Holzgewächse, die in der Trockenzeit geblüht haben, gelangen in der darauf folgenden Regenzeit zur Reife; andere brauchen eine längere Zeit. Doch scheint die Reifezeit der meisten Früchte, so weit sie überhaupt an eine bestimmte Jahreszeit gebunden ist, vorwiegend die Regenzeit zu sein. Dementsprechend giebt es in der Trockenzeit nur wenig Obst.

Die fördernde Wirkung der Trockenzeit auf das Blühen ist keines- wegs eine überraschende Erscheinung. Im Gegentheil, das Ueber- raschende ist eher, dass gewisse Pflanzenarten, die allerdings, nament- lich wenn nur die Holzgewächse in Betracht gezogen werden, sehr in der Minderzahl sind, gerade auf der Höhe und gegen Ende der Regen- zeit blühen. Es ist in einem früheren Kapitel gezeigt worden, dass Wasserarmuth des Bodens und der Atmosphäre Anlage und Wachs- thum der Blüthen begünstigen. Das Blühen in der Trockenzeit oder gleich nachher ist eine physiologisch begreifliche Erscheinung. Warum dasselbe in anderen, allerdings seltenen Fällen, umgekehrt durch die grosse Nässe der Regenzeit herbeigeführt wird, ist bei den Holzgewächsen vielleicht auf besondere Anpassungen, z. B. an bestimmte Bestäuber und dgl., zurückzuführen. Dass aber viele Kräuter ohne persistirende Reserve- stoffbehälter während der Regen blühen, ist eine nothwendige Folge der unmittelbaren Abhängigkeit der Blüthen vom Laube.

§ 4. Specielle Belege. Um zu sicheren und zahlen massigen Er- gebnissen über den Einfluss der tropischen Jahreszeiten auf die Blüthen- bildung zu gelangen, habe ich in einigen Florenwerken die diesbezüglichen Angaben für die einzelnen Arten zusammengestellt. Es konnten nur solche Werke, welchen mehrjährige Erfahrungen an Ort und Stelle zu Grunde liegen, in Betracht kommen; in anderen wird man ganz gewöhnlich als Blüthezeit den Monat angegeben finden, in welchem das betreffende

Schimper, Pflanzengeographie. lg

274

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Exemplar zufällig gesammelt wurde. Allerdings ist die gelegentliche Verwendung solcher Sammlerangaben in einem Theile der von mir be- nutzten Werke nicht ausgeschlossen; doch kann den Angaben Brandis' in dessen Forest Flora of N. W. u. C. India unbedingtes Vertrauen geschenkt werden und Koorders und Valeton, die Herausgeber einer in Lieferungen erscheinenden Baumflora Java's, haben dieser Frage kritische Sorgfalt gewidmet. Ausser diesen Werken wurden die drei erschienenen Bände von Trimen's Flora of Ceylon und Schom- burgk's Verzeichniss der Flora von Guiana benutzt. Aus allen diesen Werken gab sich der fördernde Einfluss der Trockenzeiten auf die Blüthenentwickelung in deut- lichster Weise zu erkennen. Die Blüthezeit der Mehrzahl der Arten, namentlich aus schon erwähnten Gründen diejenige der Holz- gewächse, fällt mit dem Ende der Trockenzeit und dem ersten Anfang der Regenzeit zusammen.

Koorders' und Valeton's Werk verspricht, nach seiner Vollendung, die wichtigste Quelle für die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Blüthezeit und Jahreszeit darzustellen, einerseits wegen der Sorgfalt, mit welcher die Aufzeichnungen gesammelt werden, andererseits weil auf Java die Temperatur- unterschiede gar nicht in Betracht kommen. Soweit also das Klima auf Java die Blüthezeit mitbestimmt, kann es sich nur um die Unterschiede der Hydrometeore handeln.

Von 228 Arten, deren Blüthezeit angegeben ist, ist letztere bei 53 auf das ganze Jahr gleichmässig vertheilt, bei 12 fängt sie in der nassen Jahres- zeit (Dec. März) an und setzt sich in die trockene fort; bei 65 Arten oder ca. 2 9 °/0 haben also die Hydrometeore einen deutlichen Einfluss auf die Blüthezeit nicht. Bei 142 Arten, d. h. nahezu 63%, ist die Blüthezeit auf die Trockenzeit (April November) entweder ganz oder doch vornehmlich beschränkt Nur etwa 18 Arten oder nicht ganz 8°/0 blühen nur während der Regenzeit.

Die beigegebene Tabelle giebt diese Verhältnisse in übersichtlicher Darstellung.

Tabelle I.

Klima ur

id B1

üthezeiten auf Java.

MitteltempJ[Dec.

Jan.

Febr. | März

April

Mai 1 Juni

JuH

25-7

Aug. | Sept. 1 Oct. Nov.

Batavia ; , (Jahr 25.8) ;!25-6

25-3 19

25-4

25.8

26.3

26.4

26.0

! 26.0 1 26.3 26.4 , 26.1

Regenmengel in °/o ! II West -Java 1

12

13

8

5

6

4

3

1 - ' 5 6 , 9

Ost -Java ,| 16

22

18

12

8

5 1 7

3

i-4 | 0.5 ! 2 4

Blüthe- ,i R 6 ,, 0/ I

zeiten in %,| Regen- OI 2 /o |

Arten jl 8 u/n |

Regen: 38V, °/o

*9°/o

63%

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen.

275

Das im Brandis'schen Werke behandelte Gebiet ist insofern weniger in- structiv, als, namentlich im nordwestlichen Theile, die Temperaturunterschiede der Jahreszeiten nicht unbeträchtlich sind. Doch sind sie während der trocken- heissen Zeit und während der Regenzeit immerhin noch nicht sehr gross, während der Unterschied in den Blüthezeiten sehr zu Gunsten der ersteren fällt. Die geringe Menge von Blüthen während des Winters dürfte auf die niedere Temperatur zurückzuführen sein. Die Rubrik „Blüthezeiten" giebt die Zahl der Arten an, die in dem betreffenden Monate blühend angetroffen werden. Es ist also ein und dieselbe Art in mehreren Monaten aufgeführt, wenn ihre Blüthezeit sich auf mehrere Monate erstreckt

Tabelle IL Temperatur, Regen und Blüthezeit in NW.- und Central-Indien.

NW.

Peschawar

(Pendjab)

(mm Regen)

Jan.

Febr.

März

April

Mai 1 Juni

Juli

Aug.

Sept. 17

Oct.

Nov.

Dec.

42

40

40

50

18

5

44 177

65

7

25

19

Lahore (id) Delhi (id) i

14

34

26 ! 18

20 | 41

124

55 i 17 | 4

15

22

16

21

1 1

19 | 72

213

183

112

26.4

2

II

Agra (Temp.)

'S*

24.7

3I.I

343

30.6

29.1

2O.9

C. 1 Nagpur i (Regen) i

17

12

16

13

22

218

322

229

190 54 1

8

IO

Indore (id) Jubbulpoor

(Regen) Jubbulpoor i

(Temp.)

8

9

0

2

8

*54

289

255

218 1 17

I

4

16

13

12

6

10

198

45°

357

217 36

7

5

16.6

243

29.3

32.6

26.0

1 25.4 23.4 1 1

18.7 i

1

Regenmittel ] der 6 Orte

21

19

18

16

ii5

249

202

1 135 25

8 , 11

Blüthezeiten l 64

"3

23I

293

269

189

in 1 78

49 1 43

49 i 54

°/0 Regen

°'0 Blüthen-

zeiten

2.4

2-5

2-3

2.2

1.9

13.7

29.7

24.1

16.0 | 3.0

1.0

i-3

41

7-3

14.9

18.9

174

12.2

7.2

5-°

3.1

2.1

31

3.4

Aus Trimen's Flora of Ceylon habe ich nur die Arten des Tieflands entnommen, weil für dieses allein mir zuverlässige meteorologische Daten vorliegen. Die Insel gliedert sich in einen kleineren westlichen und südwest- lichen sehr regenreichen, und einen grösseren östlichen und nördlichen weniger regenreichen Theil. Nähere Daten über das Klima giebt die beiliegende Tabelle.

13"

276

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Tabelle III. Klima von Ceylon: Tiefland.

Meteorol. Zeitschr. 1886. S. 272 u. f.

I. Feuchtes|

Jan.|

Febr. |

März | April

Mai ' Juni 1 Juli 1

Aug. 1 Sept. 1

Oct.J

Nov.

Dec.

Gebiet. |

A. Westen.i Colombo Temperatur

26.1

26.7

27.8

28.3

28.1

273

27.0

1 26.9

27.1

26.8

26.5

26.2

Rel. Feucht

78

77

77

80

5-5

233

27.6 ~86~

81

83

82

83 |

81

82 82 | 80

Bewölkung

4.9

41

4.0

6.8

7.4

6.8

7.0

6.8

6.8

6.3 1 5-6

1

334 j 169

Regenfali

mm (Jahr 2219)

81

47

142

328

191

137

I20

121

316

B. Süden. Galle. I| Temperatur l 25.3

26.1 87 49

27.1

~8<r

27.4

26.7

26.3 90 6.5

26.4

91 6.6

26.4 9i 6.5

26.2

1

i 25-9 25.5

Rel. Feucht.'| 89

88

91 7.0

91 91 | 90

Bewölkung 1 5.6

5-°

6.0

6.7

284

6.7

7.0 1 5.6

Regenfall || (Jähr2273)j109

89

124

232 28.1

200

137

142 27.9

191

313

291 , 161

II. Trocke- nes Gebiet. A. Osten. Batticaloa. Temperatur

1 124.9

25-7 5-9

26.8

28.6

28.4

28.3

27.7

27.0

1

1

1

1

25.7 1 248

Rel. Feucht. | 88

84

82

79 6.8

79 6.8

82 ~678~

83 52

87

1 89 1 92

Bewölkung

6.9

85

_5:6_ 42

41

6.7 7.2 6.8

Regenfall (Jahr 1332)

206

91

32

17

72

146

33i

1

f 2I7

1

1

25-2

87

B.Norden. 1 Jaffna. | Temperatur ,1 25.3

26.2

77

28.1 79

34

29-5

29-3

28.7 86

28.1

85

27.9

27.8

27.4

26.1

Rel. Feucht, i1 81

82

85

86

87

86 ' 88

Regenfall (Jahr 121 5)

II

34

58

53

1

11

14

3i

65

227 | 37 5 , 262

i

Ceylon.

Vertheilung der Regenmenge nach Procenten.

Ost-Ceylon ;( 12 West- Ceylon 4

Jan. j Febr. März 1 April | Mai l Juni I Juli I Aug. 1 Sept. ! Oct. ' Nov. Dec

2.5 I 6

2.7

3_

1A. 9

1 1

14 14

7

II. Die periodischen Erscheinungen der Vegetation in den Tropen. Mitteltemperaturen in Celsius-Graden.

277

Jan. 1 März

April

Mai | Juli

Sept.

Oct.

Nov.

Jaffna (trocken) 25.6

28.6

29.9

29.7 1 28.4

28.2

27.8

26.6

Galle (feucht)

25-7

27.3

27.8

27.7

26.6

26.7

26.6

26.2

77 Mai 49 Oktober 20

Wie man sieht, darf hier, wie auf Java, der Einfluss der Temperatur vernachlässigt werden.

Es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass in Trimen's Flora die „Blüthe- zeiten" vielfach nur „Sammelzeiten" bedeuten. Nichts destoweniger weisen sie, namentlich bei den Holzgewächsen, den fördernden Einfluss der Trocken- zeit in schärfster Weise auf, und zwar entsprechen den beiden Trockenzeiten zwei Maxima der Bltithezeiten , ein grosses im Frühjahr, ein kleineres im Spätsommer.

Die Blüthezeiten, soweit sie nicht das ganze Jahr dauern, vertheilen sich auf Ceylon in folgender Weise auf die Monate:

1. Feuchtes Gebiet Holzgewächse.

Januar 81 Februar 126 März 183 April 159 Mai 88 Juni 67 Juli 74 August 66 September 104 Oktober 36 November 38 December 62.

2. Trockenes Gebiet. Holzgewächse.

Januar 57 Februar 92 März 97 April Juni 48 Juli 83 August 79 September 61 November 25 December 39.

3. Feuchtes Gebiet. Kräuter.

Januar 86 Februar 109 März 83 April 50 Mai 40 Juni 41 Juli 52 August 60 September 67 Oktober 49 November 51 December 80.

4. Trockenes Gebiet Kräuter.

Januar 117 Februar 147 März 105 April 45 Mai 34 Juni 35 Juli 59 August 73 September 57 Oktober 37 November 48 December 89.

Die drei bisher erschienenen Bände der Flora von Ceylon umfassen die Dicotylen mit Ausnahme der Euphorbiaceae, Urticaceae und Cupuliferae. Es sind 25 Holzpflanzen und 72 Kräuter als das ganze Jahr blühend aufgeführt, doch sind diese Zahlen gewiss zu klein. Es ist nämlich in den Tropen keine seltene Erscheinung, dass während die grosse Mehrzahl der Stöcke einer Pflanze blüthenlos dastehen, eine kleine Anzahl in Blüthe sind. So genau werden die Jahreszeiten nicht eingehalten. In den sorgfaltigen Aufzeichnungen Koorder's finden wir denn eine relativ bedeutend grössere Zahl Arten, die das ganze Jahre blühen, aber vielfach mit der Angabe, dass dieselben vorwiegend in einer bestimmten Jahreszeit, meist dem Ostmonsun in Blüthe sind. Von 107 Baumarten Java's der beiden ersten Lieferungen deren Blüthe-

278

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

zeit als ganz sicher bekannt angenommen werden kann, finde ich 22 als das ganze Jahr blühend aufgeführt. Nach Schomburgk würden in Britisch Guiana 172 Dicotylen und 36 Monocotylen das ganze Jahr blühen.

In Schomburgk's Catalog der Flora von Guiana wurden nur die Dico- tylen des Waldgebiets berücksichtigt, weil die Monocotylen beinahe nur Kräuter aufweisen. Die Beziehungen zwischen Klima (Georgetown) und Blüthe- zeiten zeigen folgende Tabelle:

Tabelle IV. Klima und Blüthezeiten in Britisch - Guiana.

Jan.

Temperatur || 25.8 Regenmenge! 1 174

Blüthezeiten 164

Febr. 148

*74

März 26.1

April

Mai

Juni

Juli

Aug.

Sept.

Oct

Nov.

Dcc.

26.4

26.3

26.1

26.1

26.5

27.2

273

26.9

26.1

185 1 73

186

357

353

274

189

66

63

142

273

I9I

108

"5

79

170

184

168

81

58

Die wasserreichsten Monate Mai, Juni, Juli und December sind blüthen- arm im Vergleich zu den massig feuchten Monaten Januar, Februar und April und den trockenen Monaten September und Oktober. Die Blüthenarmuth des März ist aus dem Klima nicht zu erklären.

4. Die Caesalpiniaceen im Garten zu Buitenzorg.

Als Beispiel der verwirrenden Erscheinungen, wie sie die Periodi- cität in den Tropen aufweist, seien aus meinen Reisenotizen folgende, die Abtheilung der Caesalpiniaceen im Botanischen Garten zu Buitenzorg (Java) betreffende Stellen mitgetheilt:

11. November 1889. Obwohl die Familie zu denjenigen gehört, die periodisch laubabwerfende Bäume in grosser Zahl besitzt, so sind doch beinahe sämmtliche Bäume mehr oder weniger belaubt. Die Section stellt sich in der Ferne, als eine Laubmasse in ver- schiedenen Schattirungen von grün dar. Bei näherer Betrachtung lernt man jedoch ein Bild kennen, wie es in keinem europäischen Garten ein Analogon bieten könnte, eine eigenartige Vermischung aller Jahreszeiten.

Inmitten der von der Mehrzahl der Bäume gebildeten Laubmasse erheben sich andere im unbelaubten Zustande. Zu diesen gehört eines von zwei Exemplaren des aus Brasilien stammenden Schizolobium excel- sum, welches allerdings einen beblätterten sterilen ganz jungen Zweig trägt, während die anderen Zweige Blüthenstände besitzen und laublos sind. Der andere Baum ist ganz belaubt und trägt einige alte Früchte. In der Heimath ist der Baum während des Winters (Süd-Brasilien) kahl und blüht am Ende desselben.

Auswahl der Literatur.

279

Wenige Bäume befinden sich in einem Zustande, den man mit demjenigen unserer Bäume vergleichen könnte. Zu ihnen gehören Phanera maculata und Ph. Richardiana, die mit ihrem ganz jungen Laube, ihren grossen, rosenrothen Blüthen ein Bild des Frühjahrs darstellen. In ihrer Nähe erheben sich mehrere mächtige Bäume, Hymenaea Courbaril und H. verrucosa, deren Aussehen als herbstlich bezeichnet werden kann; der Boden unter ihnen ist dicht mit trockenen Blättern bedeckt, ihr Laub ist zum grössten Theile vergilbt oder kupferfarbig; an der ganzen Oberfläche der Krone zeigen sich, an langen Stielen, die rundlichen reifen Früchte. An vielen Stellen schimmert jedoch schon, durch das vergilbte Laub, das frische Grün junger Triebe. Aehn- lich verhält sich Poliostigma acidum. Maniltea gemmipara ist in dem grösseren Theile ihrer Krone dunkelgrün, hat aber einzelne, weisse, schlaffherabhängende junge Triebe. Ihr vergleichbar sind Jonesia declinata, Cynometra sp. Amherstia nobilis zeigt alle möglichen Zu- stände von der Ruheknospe bis zum schlaff herabhängenden, noch rothen jungen Triebe und demjenigen, der sich versteift und grün wird; auch Blüthenstände sind in allen Stadien vorhanden, dagegen fehlen Früchte, die hier überhaupt nicht gebildet werden. Die Laub- krone von Jonesia minor ist derjenigen von Amherstia ähnlich ; am Stamme sieht man Inflorescenzen, von den ersten Anfängen bis zu den fertigen, orangegelben Dolden und Früchte von dem Augenblicke, wo sie aus der Corollen röhre eben hervorragen, bis zu der überreifen, auf- gesprungenen Hülse.

Auswahl der Literatur.

Belt, Th. The naturalist in Nicaragua. 2d edition. London 1888. Brandis, Sir D. I. The forest flora of North- West and Central India. London 1874.

II. Bambusen in Hackel, Gramineae. Die natürlichen Pflanzenfamilien,

H. Theil, 2te Abtheil. 1887.

III. Die Familie der Dipterocarpaceen und ihre geographische Verbreitung.

Sitzb. d. niederrhein. Gesellschaft. 1896. Crtiger, H. Westindische Fragmente. I. Ueber Periodicität in der Pflanze.

Botanische Zeitung 1854. ps. 8. Ernst, A. Botanische Miscellaneen. Botan. Zeitung 1876. S. 38. Haberlandt, G. Eine botanische Tropenreise. Leipzig 1893. Johow, Fr. I. Zur Biologie der floralen und extrafloralen Schauapparate.

Jahrb. des Königl. botan. Gartens zu Berlin. Bd. III. 1884.

II. Vegetationsbilder aus Westindien und Venezuela. III. Ein Ausflug

nach der Höhle del Guacharo. Kosmos. Bd. II. 1885.

280 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Koorders, S. H. en Valeton, Th. Bijdrage tot de kennis der boom- soorten van Java. No. i 1894. No. 2 1895. No. 3 u. 4 1896 (Mede- deeligen uit 's Lands Plantentuin). Batavia.

Müller, Fr. Bemerkungen zu Hildebrand's Abhandlung über die Lebens- dauer und Vegetationsweise der Pflanzen. Engler's Botan. Jahrbücher. Bd. II. S. 391. 1882.

Schomburgk, R. Versuch einer Fauna und Flora von Britisch - Guiana. Leipzig 1848.

Schwein furth. Zeitschr. für Erdkunde. 1865.

Trimen, H. A Handbook to the flora of Ceylon. London. Erschienen sind Bd. I bis IV.

Warming, E. Lagoa Santa. Et Bidrag til den biologiske PlantegeografL Kjobenhavn 1892.

IQ. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

1. Tropische klimatische Formationsgruppen. 2. Klimatische Bedingungen tropischer Hochwälder. Klima des malayischen Archipel nach Woeiko. Regen- verhaltnisse anderer tropischen Hochwaldgebiete. Regenwald und Monsunwald in Vorder- indien. Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Klimatische Tabellen aus tropischen Hochwald- gebieten. 3. Domwaldklima in Vorderindien. 4. Gehölzklima und Savannenklima in Brasilien. Küstengebirge und Campos von S. Paulo. Campos und Wälder in Minas geraes. Xerophiles Gehölzklima des Sertäo. 6. Klima des nördlichen Süd- Amerika und der Antillen. 6. Klima des tropischen Afrika. Westküste. Centralarrikanische Hochlandsavannen. Rückblick.

1. Tropische klimatische Formationsgruppen.

Die Gehölze der Tropen können, so weit ihr Charakter auf das Klima und nicht auf bestimmte Bodeneinflüsse zurückzufuhren ist, in drei Gruppen eingetheilt werden: Regenwälder, Monsunwälder, Savannenwälder und Dornwälder. Geschlossene Gesträuch- formationen sind bei günstigen physikalischen und chemischen Eigen- schaften des Bodens selten; wo das Klima für den Wald zu trocken ist, wird derselbe durch offene, halbwüsten- und wüstenartige Forma- tionen ersetzt, in dem xerophile Sträucher die Hauptrolle spielen, aber auch Bäume nicht immer fehlen.

Der Regenwald ist immergrün, von hygrophilem Charakter, wenig- stens 30 m hoch, aber meist bedeutend höher, reich an dickstämmigen Lianen und an holzigen, sowie krautigen Epiphyten.

Der Monsunwald ist während der Trockenzeiten, namentlich gegen Ende derselben, mehr oder weniger unbelaubt, von tropophilem Charakter, meist weniger hoch als der Regenwald, reich an Holzlianen, reich an krautigen, aber arm an holzigen Epiphyten.

282 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Der Savannenwald ist während der Trockenzeiten mehr oder weniger unbelaubt, selten immergrün, von xerophilem Charakter, meist unter 20 m hoch, oft viel niedriger, parkartig, sehr arm an Unterholz, Lianen und Epiphyten, reich an Bodenkräutern, namentlich an Gräsern.

Der Dornwald verhält sich in Bezug auf Belaubung und Ge- sammthöhe wie der Savannenwald, er ist noch mehr xerophil als der letztere, sehr reich an Unterholz und dünnstämmigen Lianen, arm an Bodenkräutern, namentlich an Gräsern und meist ohne Epiphyten. Dornige Gewächse sind in ihm stets reichlich vorhanden.

Die verschiedenen Waldtypen sind durch Uebergänge miteinander verbunden, ausserdem zeigen sich solche namentlich zwischen Savannen- wäldern und Savannen, sowie zwischen Dornwäldem und offenen Ge- büschformationen, welche als Zwischenformen die Gehölz- und Wüsten- formationen verbinden.

Die Gras flu r ist in den Tropen, da wo sie vom Menschen nicht erheblich modificirt ist, vornehmlich als Savanne, weniger als Steppe ausgebildet. Das Vorkommen von Wiesen, d. h. von hygrophilen oder mesophilen Grasfluren in den Tropen ist selten und stets durch ganz lokale Standortsfactoren bedingt.

Die Vegetation der tropischen Wüsten besteht aus Niederholz (d. h. aus Zwergbäumen und Sträuchern oder nur aus letzteren), aus Succulenten und Stauden. Die meisten tropischen Wüsten befinden sich in der Nähe der Wendekreise und hängen mit den weit aus- gedehnteren warmtemperirten Wüsten zusammen. Nur wenige Wüsten und zwar bloss solche von geringer Ausdehnung sind ganz in den Tropen eingeschlossen, so in Süd-Indien. Ueber das Klima dieser letzteren Wüste liegen mir keine Daten vor, die anderen sind in einem späteren Abschnitt mit den temperirten zusammen behandelt.

2. Klimatische Bedingungen des tropischen Hochwaldes.

Sir Dietrich Brandis, früher General-Forstinspektor der Wälder Eng- lisch-Indiens und Begründer einer rationellen Forstwirtschaft in diesem ungeheuren Gebiete, spricht sich dahin aus, dass wirklich gut gedeihende Wälder nur da auftreten, wo der Regen fall 40 Zoll (ca. 1 m) beträgt und eine üppige, reiche Vegetation auf diejenigen Gürtel beschränkt ist, wo die Regenmenge eine weit grössere ist.

Die vorliegenden meteorologischen Tabellen für tropische Gebiete weisen für die von Hochwald (Regenwald und hohen Monsunwald) be- deckten oder bedeckt gewesenen Gegenden eine jährliche Regenmenge von mindestens 180 cm auf, ausser in der Nähe grosser Wasserflächen, wo die

Fig. 124. Tropischer Regenwald: Urwald bei Pedro da Onza, Brasilien. Etwas schematisch. Nach Martius.

284 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Bodenfeuchtigkeit den Regen ersetzt. Innerhalb des ausgedehntesten Waldgebiets der Tropen, des indomalayischen, mit Einschluss Neu- Guineas, ist eine jährliche Regenmenge von über 2 m die Regel; da wo viel weniger als 2 m Regen fallen, besteht die ursprüngliche Vege- tation, soweit bekannt, aus weniger hochstämmigen Gehölzen, so an manchen Punkten Ostjavas, oder aus Savannen, wie auf Timor (Koepang auf Timor 145 cm). Andererseits fallen an vielen Punkten mehr als 300 cm, an mehreren mehr als 400, in Buitenzorg sogar 499 cm.

Woeikof hat1) auf Grund der vorzüglichen Aufzeichnungen der zahl- reichen meteorologischen Stationen Holländisch-Indiens, die Regenverhältnisse einer grossen Zahl der dortigen Ortschaften zusammengestellt Für Java werden für 62 Stationen die jährlichen Regenmengen aufgeführt; nur für 12 derselben betragen sie weniger als 200, für 5 weniger als 150, für keine weniger als 100 cm (Minimum 113 cm, Probolingo). Mehrere der erwähnten Ortschaften sind mir aus eigener Anschauung bekannt, so z. B. Probolingo, die regenärmste derselben, die sich im Osten Javas befindet, entfernt von jeder Waldung; in der Wildniss fand ich, abgesehen von der Mangrove nur dorniges Niederholz von xerophilem Charakter. Ganz ähnlich wie bei Probo- lingo ist die Vegetation in der Nähe des ebenfalls regenarmen Pasoeroean. Wie die ursprüngliche Vegetation in diesen von Zuckerrohrfeldern bedeckten Gegenden war, lässt sich zur Zeit nicht mehr erkennen. Bäume in Cultur sind an beiden Orten häufig. Die Umgebung von Buitenzorg (499 cm Regen), Malang (450 cm), Tjilatjap (463 cm) ist ebenfalls des Waldwuchses entblösst; die dort angepflanzten Bäume zeigen aber grösste Ueppigkeit In der Nähe von Depok (334 cm) ist etwas Wald, nicht gerade von grosser Ueppigkeit, erhalten. Borneo und Sumatra Sind bekanntlich ganz bewaldet. Von 22 Stationen auf Sumatra weist nur eine, Kotta Badja, weniger als 200 cm (175 cm) auf. Hingegen besitzen vier Stationen mehr als 400 cm. Die sieben für Borneo aufgeführten weisen alle mehr als 200, zum Theil mehr als 300 cm auf. Celebes, mit Ausnahme der Südküste (Kema 163 cm), die Molukken mit Ausnahme von Timor (145 cm) und Soembawa (109 cm) sind ebenso regen- reich, wie die grossen Inseln. Von Timor, sagt Forbes, dass der Pflanzen- wuchs „sehr verschieden von dem war, was ich bis jetzt auf den reich be- wachsenen westlichen Inseln und den feuchten Molukken gesehen hatte. Ich kann kaum behaupten, dass es wirklichen Wald gab, denn die Baumkronen berührten sich selten und der Boden war hinreichend mit dünnem Gras be- wachsen, um ein parkartiges Ansehen zu zeigen." Diese Schilderung ent- spricht dem Bilde eines typischen Savannenwaldes.

Neu-Guinea scheint, nach den allerdings spärlichen bisherigen Aufzeich- nungen, in Bezug auf Regenreichthum den malayischen Inseln nicht nach- zustehen. So wurden für Hatzfeldhafen 248, für Constantinhafen 296, für Finschhafen 288 cm angegeben.2)

Aehnliche Regenmengen wird wohl auch die Halbinsel Malakka besitzen

*) Zeitschr. d. Ges. f. Meteor. 1885. a) Met. Zeitschr. 1891. S. 277.

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III. Gehölzklima und Grrasflurklima in den Tropen.

285

Singapore, auf einer kleinen, durch einen schmalen Meeresarm von der Halb- insel getrennten Insel, besitzt 240 cm jährliche Regenmenge. Die Insel ist entwaldet, mit Ausnahme einer Anhöhe, auf welcher die Regenmenge eine noch grössere sein dürfte. Ueberall zeigen die auf der Insel angepflanzten Bäume sehr üppigen Wuchs. Kwala Lumpur, im Staat Selangor, auf der Halbinsel selbst, hat jährlich 243 cm.

Die Niederschläge im malayischen Waldgebiet sind nirgends gleich- massig auf das Jahr vertheilt, sondern man unterscheidet eine feuchte Jahreszeit (im Sommer) und eine trockene (im Winter), oder auch zwei Regenzeiten. Der Unterschied in den Jahreszeiten ist bald grösser, bald kleiner, doch niemals so stark ausgeprägt, wie in Vorderindien.

Tabelle I.

Vertheilung der Regenmenge in Procenten der Jahresmenge im malayischen Archipel.

(Nach Woeikof.)

W,Java(Ge- g j dehgruppe) NO.-Ja^a

Sumatra (Paday)

Dec. i Jan. Febr. \ März j April Mai i Juni Juli | Aug. Sept. 1 Oct.

7 j 6 | 6 i 5 ' 8 ! 8 3 14

Nov.

IO

16

12

W.-Borneo , 10

22 18 12 10 0 i 11

10

11

8

0.5

8

8

SW.-Celebes 23 1 25 16 i 12 5

2.4

4

9

9

12

1 1

2.2

0.8 I 0.7 0.26,

Die anderen tropischen Gebiete mit Hochwald weisen ähnliche Regenmengen auf, wie das malayische Gebiet. So in Asien: Rangun 250 cm, Colombo 222, Kandy 212, Ratnapura (Ceylon) 384, Maha- blesmar im Ghätgebirge 723 (nach Woeikof 657), Mangalore 338, Saigon 211, Kelung aufFormosa 305. In Afrika: Kamerun 388 cm, Gabun 226, Sierra Leone 319. In Amerika: NO. Jamaica 281 cm, Haiti (Sanchez) 206, Colon 289, Georgetown (British-Guiana) 214, Paramaribo 228, Bahia 229, Santos 250. Australien: Kap York (N.-Austr.) 220, Papete (Tahiti) 218, Samoa (Utumapu) 212. An einzelnen Punkten der tropischen Hochwaldgebiete sehen wir die Regenmenge bis gegen 150 cm, jedoch nicht tiefer fallen. Nur am Amazonas bilden anscheinend Regenmengen von 200 und mehr die Ausnahme; der dortige Wald verdankt dort seine grosse Ueppig- keit dem Grundwasser und bildet daher nicht eine zusammenhängende grosse Area, sondern ist auf die Uferlandschaften beschränkt.

Die Vertheilung der Niederschläge auf die Monate sei noch für einige nicht malayische Stationen tropischer Hochwaldgebiete in mm erwähnt.

286

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen. Tabelle IL

1 Jan.

Febr. j März i April 1 Mai 1 Juni ' Juli ! Aug. 1 Sept. i Oct. 1

Xov. Dec.

Kandy (Ceylon)

i 144

1 ! 1 i l !

64 | 79 | 148 210 357 1 357 1 240| 228, 268 j

241 j 204

Kamerun

54

97 i 214 j 292 1 1641 407 II0501 473 j 473! 406

£75 l_?3

Colon

42 | 28 | 40 | 54 j 296j 444| 398 | 259 1 2i5| 354, 561 J96

In den tropischen Gebieten mit Niederschlägen zu allen Jahreszeiten ist der Wald immergrün, als Regen- wald entwickelt. In Gebieten mit ausgeprägter trockener Jahreszeit zeigt er sich während derselben weniger reich belaubt, wie z. B. in Ostjava, oder sogar unbelaubt, als typischer Monsunwald, wie im grössten Theile Vorder- indiens. Die mir vorliegenden meteorologischen Angaben gestatten eine genauere Darstelhmg der Bedingungen, welche in Vorderindien den Laubfall veranlassen, nicht. Ausser der Vertheilung der Regen kommen jedenfalls noch andere Factoren in Betracht, wie Regenmenge, Temperatur und Luftfeuchtigkeit.

Tabelle in.

Vorderindien.

Vertheilung der Regenmenge auf die Monate in mm.

1 Jan.

Febr.

März I April

Mai | Juni

Juli 839

Aug. | Sept.

Oct. 1 Nov. | Dec 86 20 8

Ratnagiri 1

(34 ü. M.) 1 27

0.2

O

4

36 | 795

1 32 J1802

5"

384

Mahablesh- |

war 'i 10 (1380 ü.M.)

li

I

IO

*3

2575

1742

860

1 137 | 28 10

j 1

Ratnagiri, an der Westküste Vorderindiens, am Fusse der Ghäts, befindet sich in einem Gebiete, dessen Wälder in der Trockenzeit laublos sind. Die Tabelle zeigt, dass die Trockenzeit weit mehr ausgeprägt ist, als im malayischen Waldgebiet, sogar als in Ostjava; wirklich trockenkahle Wälder gehen dem letzteren Gebiet denn auch ab. Mahableshwar ist von immergrünem Hoch- wald umgeben. Auch hier ist eine lange, wohl ausgeprägte trockene Jahres- zeit vorhanden, doch ist dieselbe immerhin weniger arm an Niederschlägen als im Tiefland. Niedrigere Temperatur und grosse Bodenfeuchtigkeit dürften ausserdem zur Erhaltung des Laubes wesentlich beitragen.

Ausser der grossen Regenmenge kommt den tropischen Hochwald- gebieten grosse Luftfeuchtigkeit zu Gute, welche während der Nacht sich der Sättigung nähert, aber auch während der Mittagsstunden, wenig- stens in den Gegenden mit immergrünem Wald, kaum unterhalb 700 '0 fällt.

m. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

287

Die Bedeutung der Temperatur als Factor der Ausbildung und Erhaltung tropischer Hochwälder ist eine weit geringere als diejenige der Hydrometeore. Sie bewegt sich in Graden (25 30 C), die das ganze Jahr hindurch, falls die nöthige Feuchtigkeit vorhanden ist, sämmtliche vegetative Thätigkeiten begünstigt. Sie ist auch niemals hoch genug, um, bei hinreichender Feuchtigkeitsmenge im Boden, ein Miss- verhältniss zwischen Abgabe und Aufnahme des Wassers und hiermit Vertrocknen oder Abwerfen des Laubes zu bedingen. Der Laubfall tritt vielmehr nur da ein, wo bei grosser Hitze Wasserarmuth im Boden und in der Luft herrscht.

In die Existenzbedingungen der Vegetation in tropischen Hoch- waldgebieten werden folgende Tabellen eine Einsicht eröffnen.

Tabelle IV. Batavia 11 ' S. B., 106 ° 50' E., 7 m ü. M. 25 Jahre.

Temperatur Mitt. | Tägl. Ampi.

Relat. 1 Mitti.

Feuchtigkeit Tagt. Ampi.

24

Be- wölk.

7-4

Re Menge

"756 ~

?en Tage

Januar

25-3

5-2

87

22.6

Februar

25-4 25.8

5-2

87

23

7-3

317

20.4

März

5-9

86

26

6.7

204

17.3

April

26.3

6.4

85

28

5.8

117

13.6

Mai

26.4 26.0

6.6

84

29

5-4

85

9.7

Juni

6.7

83

30

5.4

88

9.2

Juli

25-7

7.2

81

32

47

57

6.9

August

26.0

7.7

78

35

4.1

39

5.3

September

26 3

7.6

78

35

5-°

76

7.9

October

26.4

7.5

79

34

5.7

108

IO.I

November |

26.1

6.8

82

3i

6.8

122

13.4

December

25.6

6.0

85

27

7 2

233

18.9

,

1803

155-3

(Meteorol. Zeitschr. 1893 S. 353).

Tabelle V.

Nord-Indien. Sibsagar 260 59 N., 940 40' E, 101 m. ü. M. (Vegetation in Upperassam: Dichter Wald.)

Mitti. Temp.

Relat. Feuchtigkeit.

Be- wölkt.

Nieder- schlag.

Januar . . .

M-3 16.1

89 84

6.1

30

Februar . .

55

März . . .

19.7

83

86

6.6

116

April . . .

22.9

7-7

249

288

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Tabelle V (Fortsetzung).

Mai . . . | 25.2

86

8.4

295

Juni . . . |l 27.7

87

9.0

37i

Juli . . . . ,| 28.3

86

92

396

August . . !| 28.1

86

8.7

394

September . || 27.1

88

8.2

301

Oktober . . I| 24.8

87 87

6.1 4.6

100

November

19.7

3i

December . |

15-5

88

42

M

Meteor. Zeitschrift 1894.

S. 411.

Jahr: 2

381.

Tabelle VI. Manila. 140 35 N, 270 n'E. 14.2 ü. M. Jahr i8qo.

Jahr.

1 Temperatur

1 mittl. I max. I min.

Relat. Feuchtigk.

78

Re Menge

gen Tage

Ver- dunstung

Tage heiter 1 trübe

Januar . . .

25.6

32.3

17.8

14 16

8

162

~~i~

Februar

1 25'9

32.8

18.2

74

5

179

257

6 l 2

März .

I, 27.3

34.8

20.5

69

16

5

16 | *5

April .

1 27.9

35-6 35-7 34.7

21.9

73

77

8

14

15 18

251 221

11 ' 6

Mai . .

jl 27.9

22.9 22.2

79 82

83 82

_7°_ 255 502

2 24

Juni.

27.3

208

x5°

4 1 9

Juli . .

27-3 1 27.4

33-1

22.4

0 17

August .

333

22.3

131

13

27

25

163

0 '12

September

1 26.5

33.2

22.5

87

539 205

118

0 26

October

1 26.1

32.2

20.4

86

U5

2 ; 18

November

25.4

32.2 | 18.4

80

210

15

145 *59

9 15

December

1 25.2

32.1 1 17.8

79

45

8

20 2

35-7 I 17.8

2080 1 161 I 2157 1 77 1 147 I 1 I 1

Meteorol. Zeitschr. 1893. S. 73.

Tabelle VII. Sandakan (Borneo) N, n8°E. 1888.

i_9h'

Temper. | 3 h.

j 27.8 l 28.5

9 h.

Mittl. Max. | Min.

28.6 23.3 29.0 23.4

Rel. Feucht. | Regen- 1 Bewol- 3 h. 1 9 h. menge 1 kung

Januar . .

,1 26.1 , 27-4

25.2 25-7

74 86 , 280 5.7

Februar

68 « 82 48 5.3

März

1 28.5 , 29.4

, 29-3 27.6

29.7

1 30.4 !_30.8

1 3i.5

26.3 27.9 27.1 26.4

3°-3 1 23.8

66 | 82 I 101 y^

April . .

32.2 1 24.6

33-Q IJM-7 31-8 , 23.9

63 , 84 1 47 2.7

Mai .

Juni . .

63 85 1 72 2.0

62 85 | 236 5.0

III. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

289

Tabelle VII (Fortsetzung).

Juli . . .

1 27.8

31.6

26.9

3i.9

243

62

81

81

5-°

August . .

28.3 1 31.4

26.5

324

23.8

60

83

300

3.3

September

28.0 ' 30.0

26.7

31-4

23-5

67

85

339

4.0

October

28.6 | 30.2

25-7

31-9

23-9

69

88

239

3-3

November

28.2

30.0

24.8

30.9

23.8

70

86

343

3-o

December

28.1

29-3

26.1

30.1

24.1

72

87

496

4.7

Jahr . .

|!

2582

3-9

(Meteorolog. Zeitschr. 1889, S. 316.)

Tabelle VIII. Gabun, Ssibange-Farm. o°25'n. B., 9°35' ö. L. Seehöhe ca. 90 m.

Jahr 1880.

| Temp 7 U.

eratur 2 U.

Relat. 7 h.

Feucht 2 h.

Bwlk. MitU.

Heitere Tage

Regen- Menge I Tage

Windst 2 h.

Januar

' 22.6

29.6

98

72

5-3

2

170

18

2.2

Februar

23.6

2 9.3

95

73

7.0

I

271

21

2.2

März .

| 23.8

28.4

96

77

7.9

0

490

28

1.9

April

; 24.1

28.9

95

77

7.5

0

331

25

2.3

Mai .

. ■■ 23.8

28.4

94

72

7.9

0

64

17

1.9

Juni .

1 20.9

26.3

94

73

7.6

2

30

3

1.9

Juli .

! 21.3

25.2

9i

75

9.2

0

I

10

1.7

August

. ,| 21.7

26.2

93

77

8.6

0

27

18

1.7

September

| 22.8

27.6

92

70

8.4

0

108

21

2.2

October .

i| 23.3

27.7

95

73

8.5

0

198

26

2.0

November

23.0

27-3

97

70

8.3

0

619

25

i-7

December

1 22.9

28.1

97

79

7.9

0

299

24

1.6

!

2608

236

Im Juli 14, im August 15 Nebeltage. Reiche Thauftlle.

Vegetation: Urwald, einzelne Häuschen Zeitschrift d. Ges. etc. 1881

1000 8000 Schritt vom Urwald.

S. 424.

Tabelle IX. Kamerun Seehöhe 12 m. Jahr 1890 1891.

] Temp.

II 2 Uhr

Absol. Max.

Rel. mittl. Feuchtigkeit

MitU. Bewölk.

Re(

Menge

jen- Tage

l6~~

April . . .

28.3

31.2

88

8.4

292

Mai ....

27.9

31-2

88

8.2

164 ; 19

Juni ....

26.2

21.4

88

9-4

407

24

Juli ....

25-3

27.7

92

9-3

1050

26

Schimper, Pflanxengeographie.

3

-3 ff

3 P

>

c

Hl. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

291

Tabelle IX

(Fortsetzung).

August . .

25.6

28.4

89

8.8

473 47 3

27

September .

1 26.3

29.0

92

9-i

25

October

26.1

294

94

8.8

406 *75

26

November .

| 27.6

30.8

96

8.2

22

December .

i' 282

30.0

90

7.8

73

12

Januar . .

28.6

30.8

89

5-5

54

14

Februar. .

ll 29'3

31.0

88

4-7

97

12

März . .

1 28.8

31.2

88

5-6

214

15

Zeitschr. 1893, p. 435.

Tabelle X. Colon (Panama).

i

Temperatui | 6a J 1 p.

r tägl. Amp.

Relative Feuchtigk. 1 Bewölk.

Regen Menge 1 Tage

Decemb.

25.3 ' 28.3

6.8

82 4.1

196

15

Januar

! 25.7

28.0

5.5

78

5-o

42

11

Februar .

1 25.2

27.8

6.2

77

5-°

28

12

März.

l! 25-5

28.0

4-9

76

3.8

40

10

April

1 26.2

29.0

7.6

77

4.2

54

14

Mai .

25.0

28.7

8.1

84

5-9

296

21

Juni .

\

25.0

28.4

7.3

87

71

444

26

Juli . .

\

25-4

28.3

74

87

7.3

398

26

August

24.5

28.0

8.1

88

6.9

259

24

Septemb

24.4

28.2

8.5

88

6.3

215

21

October

24.2

28.1

9.1

88

6.2 6.6

354 56i"

25

Novemb

,

24.4

28.0

8.2

87

23

Jahr 28.2. Mittlere Temp. : Jahr 26.4. Regen: Jahr 2887. Zeitschr. 1886, p. 367.

3. Dornwaldklima in Vorderindien.

Die vorderindische Halbinsel bietet nur an ihrer Westküste und in einem kleinen Theil des Nordostens, im Monsungebiet des Ganges und Brahmaputra, die für Hochwald (Regenwald und Monsunwald) nöthige Regenmenge. Im mittleren Theile der Halbinsel fallen meist 760 1900 mm, nach Hann's Karte befindet sich da etwa zwischen dem 80 und 88° ö. L., dem Wendekreis und dem 180 n. B. ein weites Gebiet mit etwa 125 cm Regen. Der südliche und der nordwestliche Theil der Halbinsel sind, im Grossen, weit regenärmer (380 760 mm); letzterer grenzt an das westliche Gebiet des Indiens.

Alle diese Gebiete erhalten Sommer- und Hochsommerregen, mit Ausnahme des Süd-Ostens (Madras), wo Herbstregen vorherrschen. Sie

292

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

21

o 5*

5

I

ES

p

e

i

s

et 3

2

I

III. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

293

sind von Dornwald, Halbwüsten, im Süden von Wüsten je nach der Regenmenge, überzogen. Baumwuchs ist nirgends ganz ausgeschlossen (Fig. 126).

Das Klima ist überall Gehölz-, nirgends Grasflurklima : während der Vegetationszeit äusserst heiss, meist sehr trocken, letzteres namentlich während der kühlen Winter- und Frühjahrsmonate.

Tropisches xerophiles Gehölzklima.

Tabelle XI.

Roorkee. Patna

29 ° 52' N., 770 56 E., 270 ü. M. 25037f N., 85 ° 14' E., 56 ü. M.

Mittlere j Temper.

Januar

I3-6

Februar

15-4

März

21.6 1

April .

28.0

Mai .

29.0

Juni .

32.2

Juli .

. ! 288

August

28.2

Septembe Öctober

r . 27.7 . 22.5

Novembe

r . 16.8

December

Amplit.

13.7

I Relat. 1 Regen- Feuchtig. I menge

12.9 14X

J5-7_

_L3;8_

70^ "62

12.8

6.0

ZÄC

_ ?d_

152

_L6-s_

14.4

52

36

54 80

5*

37

Mittlere . .. Relat. I Regen- Temper. I P * I Feuchtig.1 menge

15-9

18.4

24

25-1

10.2

13.6

14.2

69

18

57

12

43

59

28

124

329

81

_63 7i

316

140

30.1

14.0

312

"•5

30.8

7.6

29.0

4.5

4o

7

55

46

72

181

83 i 280

28.7

4.2

28.6

15

26.2

21.0

16.9

_>3 I

1 1.7 i

12.0 1

84

258

81

201

72

70

65

5

69

4

(Meteorologische Zeitschrift 1894, S. 411.)

4. Gehölzklima und Savannenklima in Brasilien.

Der Unterschied zwischen Gehölzklima und Grasflurklima zeigt sich sehr instructiv beim Ueberschreiten des südbrasilianischen Küstenge- birges Serrä do Mär, welches von Nord nach Süd streichend, dem See- wind einen so grossen Theil seiner Feuchtigkeit entzieht, dass es schon erheblich trockenere Winde sind, welche über die brasilianische Hoch- ebene bis nach den Anden hinüberwehen, deren mächtige Mauer, den übrig gebliebenen Wasserdampf condensirt.

Oestlich der Serra do Mär dehnt sich der grossartige immergrüne brasilische Küstenwald aus, meist nur solche Unterbrechungen, wie sie die Cultur hervorgerufen hat, aufweisend ; westlich herrscht die Savanne

2 Q4 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

vor. Der Wald zieht sich auf die Ränder der Flüsse zurück (Gallerie- wald) oder bekleidet häufig als lockerer, niedriger Savannenwald, auch als Hochwald die östlichen, dem Seewind ausgesetzten Abhänge der Gebirgszüge, oder auch muldenartige Bodenvertiefungen, in welchen das Grundwasser sich ansammelt. Erst die Flanken der Anden sind wieder von echten immergrünen hochstämmigen Regenwäldern bedeckt, indem sie, dank ihrer mächtigen Höhe, dem Wind den Rest seiner Feuchtigkeit entziehen.

Landet man z. B. in dem Küstenplatz Santos in der Provinz Säo Paulo, so wird man an dem stattlichen Wuchs immergrüner Bäume, an dem massenhaften Auftreten der Epiphyten, an stattlichen Lianen er- kennen, dass man sich im Gebiet des Hochwalds befindet, wenn auch letzterer in der Nähe der Stadt ausgerodet ist. Santos hat in der That eine jährliche Regenmenge von 250 cm.

Raiz de la Serra, am Fuss$ der Serra (21 m. ü. M.) weist eine noch grössere Regenmenge auf als der Küstenplatz Santos, nämlich 280 .cm und Alto da Serra (800 M. ü. M.), auf dem Gebirge selbst gelegen, be- sitzt sogar 336 cm. Ist aber der Kamm des Gebirges überschritten, so fallt die Regenmenge unterhalb der für Hochwald nöthigen Höhe herab, aber nicht Niederwald, sondern Savanne wird die herrschende Vege- tation. Am Fusse der Serra liegt Säo Paulo (740 m. ü. M.) mit noch 120 150 cm Regen, aber die Regenmenge nimmt mit der Ent- fernung vom Gebirge natürlich abgesehen von den Gebirgszügen des Inneren ab. Porto Ferreira (531 m ü. M.) hat z. B. 1042 mm. Unter 100 cm scheint die Regenmenge in der Provinz Säo Paulo nicht zu fallen.

Die nördlich von der Provinz Säo Paulo gelegene Provinz Minas Geraes wird nach Saint-Hilaire , durch die Serra do Espinhago, in ein östliches Gebiet des Hochwaldes und ein westliches der Savanne (Campos) und der laubabwerfenden Savannenwälder gegliedert. Im ersteren überschreitet die jährliche Regenmenge 200 cm, im letzteren schwankt sie meist zwischen 100 150 cm, und erreicht, im Durch- schnitt, nicht 170 cm.

Nach Süden erstreckt sich die Region der Savannen sammt den sie auf feuchterem Boden ersetzenden Savannenwäldern über das Innere der Provinzen Parana und Sta. Catarina (Araucaria-Savannen) nach Rio Grande do Sul, wo sie, durch Verlust des Baumwuchses, in die reine Grassteppe, die Pampa übergehen.

Im Norden hingegen, im Sertäo, tritt die Savanne allmählich gegen Dornwald und Dorngebüsch mehr und mehr zurück. Woher rührt der Unterschied in der Vegetationsdecke der südlichen und der nördlichen inneren Provinzen, warum ist in ersteren die Grasflur, allerdings als Savanne nicht ganz ohne Baumwuchs und von Savannen-

III. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

295

Wäldern unterbrochen, in letzteren aber das Gehölz vorwiegend ? Die klimatischen Unterschiede geben eine bestimmte Antwort.

Das Camposgebiet besitzt ein ausgezeichnetes Grasflurklima: nament- lich häufige Niederschläge und massige Wärme während der Vegetations- zeit, dagegen enthält das Klima einen für das Gehölz ungünstigen Factor in dem trockenen, kalten Winter. (Vgl. S. 188).

Tropisches Grasflurklima.

Brasilianische Campos.

Tabelle XII.

Säo Paulo. 230 36' s. B. 460 25 W. v. Gr., 745 m ü. M.

Januar.

! Mittel

Temperatur Monatl. ; Extreme

Relative Feuchtigk.

Regen Menge Tage

Heitere Tage

21.4

34-2

15-3

88

300

21

7

Februar

#

21.7

32.2

11.6

82

158

16

8

März .

.

19.8

3!-3 14.3

87

134

22

6

April .

. , 18.6

28.8 | 8.8

87

114

*9 13

9

Mai .

'5-4

26.7 ! 6.6

88

64

10

Juni

151

26.0

6.8

88

17 4

21

Juli. .

L-

I4.0 13-9

25.0

5-4

86

23

10

14

August.

3°-4

6.3

74

6 1 6

20

September

173

30.2

8.8

93

177 i 22

7

October

18.5

33.o

5-7

86

137

16

13

November

. 1

19 O

32.8

8.5

80

79

15

15

December

. |

21.3

32.1

13.5

83

288

24

7

|

|

|

1497

188

Verdunstung: 1887 545.2 mm. 1888 454.0 mm. Nach den 5 jährigen Beobachtungen von Joyner (Meteorol. Zeitschr. 1886, S. 312) sind die mittleren tiefsten Temperaturen: Mai 2.7, Juni 1.7, Juli 2.1, August 0.7.

Tabelle XIII. Tatuhy. (Prov. S. Paulo).

230 20' s. B., 48(

10' w. v. Gr. 600 m ü. M. 1888.

Temperatur Mittel I Extreme

Relative Regen

Feuchtigk.; Menge I Tage

Ganz heitere Tage

Januar

. . 21.8

33^|^2^o 35-5:i4.5

75

103

7

18

Februar . .

20.7

76

124

17

10

März . . .

. . 21.4

33-9 !3-9

81

105

12

13

April . . .

. 16.3

309

7.0

90

8

4

16

Mai . . .

16.3

27j7_ 25.6

2.2 4.0

90

S2

206 26

13

4

12

Juni . . .

14.8

19

296

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen. Tabelle XIII (Fortsetzung).

Juli . . .

|i 14.2

25.0

4.0

83

18

4

26

August . .

|l 16.1

27.7

5.3 10.7

82

135

8

19

September .

. . ,| 18.6

29.7

85

iS«

11

I I

October . .

. . ;i 21.8

34.0

7.8

85

211

*5

8

»November .

. . !| 21.4

34.3

16.0

85

285

17

9

December .

ii 23.4

35-7

11.0

85

20

'5

9

II

1393

127

Verdunstung: 736 mm.

Tatuhy liegt weiter im Innern als S. Paulo.

Tabelle XIV.

Campos von Minas.

Hochwald in

|;Uberaba. I9°33S. !48° 5W. 750 mü. 1 M. 3 Jahre

Congonhos de

Sabara. I9°47 S.

44°I9W. 695 ü.M.

25 Jahre

Queluz. 2o°4oS. 44°I7W. 982 Ü.M.

Minas.

Gongo Soco. io* 58 S. 43° 33 W. 2 Jahre. 1 090 m ü.M.

December

i 211.3

39°

339-1

369.6

Januar .

\ 3083

299

3oi-7

604.3

Februar

1 321.3

221

303.1

5377

März .

1 M2.3

I92

94-5

2 53.0

April

Ii io9-3

52

29.2

172.0

Mai . .

!i 31.3

36

312

57 9

Juni . .

i| 25.0

15

12.0

55-1

Juli . .

Jl *3-7

I I

22.3

34.o

August .

29.3

13

19.5

20.3

September

1 59-7

53

109.0

93-2

October .

| 137-3

121

87-5

169.7

November .

172.0

234

104.0

573-5

Jahr mm

1

| 1560.8

1637

2939-3

Draenert in Meteorol. Zeitschr. 1886.

Das Klima ist jedoch dem Baumwuchs nicht so ungünstig, dass es xerophilen Savannenbäumchen unmöglich machte, sich in der Prärie zu behaupten und ihr dadurch den Charakter der Savanne zu verleihen. An den Punkten, wo Bodenwasser reichlicher vorhanden ist, wo die Winde, namentlich im Winter, schwächer wehen, wo die Luftfeuchtig- keit grösser ist, siegt das Gehölz über die Grasflur, so dass das ganze Gebiet die Abwechselung beider Formen in parkartiger Gliederung aufweist.

Im Gegensatz zum südlichen besitzt der mittlere Theil des centralen Brasilien, das sogenannte Sertäoge- biet, ein xerophiles Gehölzklima.

III. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

297

Es ist dort das ganze Jahr hindurch heiss, zeitweise sehr heiss, die dem Gehölz schädlichen trockenkalten Wintermonate fallen weg, da- gegen enthält das Klima für die Grasflur wenige günstige Momente in der grösseren Hitze und in der geringen Menge der Niederschläge im grössten Theile des Gebiets mit Ausnahme der Küste. Endlich ist die Vegetationszeit vielfach von trockenheissen Perioden unterbrochen.

Das Sertäogebiet, also namentlich das Innere Brasiliens zwischen Minas geraes und dem Amazonasbecken ist denn auch weit reicher an Gehölzen als das südliche, kühlere Camposgebiet. Der Baumwuchs ist* in der Savanne reichlicher, weite Strecken sind von Savannenwald und Dornwald überzogen, überhaupt herrscht das Gehölz über die Grasflur weit vor. Im Einzelnen angeben, warum hier Gehölz, dort Savanne auftritt, ist beim Fehlen genauerer meteorologischer und geognostischer Daten, denn der Boden spielt in solchen Mischgebieten eine grosse Rolle, zur Zeit nur theilweise möglich (Vgl. Kap. V).

Ein ganz schmaler Küstenstrich der Provinz Pernambuco besitzt eine sehr grosse Regenmenge, geradezu Hochwaldklima (Pernambuco 297 cm). Der Baumwuchs ist in den öffentlichen Anlagen der Hauptstadt äusserst üppig; über die ursprüngliche Vegetation lässt sich nichts angeben.

Tropisches xerophiles Gehölzklima.

Tabelle XV. Klima des Sertäo.

>

Colonia Isabel (Prov. Pernam- buco) 229 ü. M. 80 Kil. v. d. Küste.

Valledoalto Parnahyba.

S. B., 43° 30f W.

124 ü. M.

Forta-

leza,

Ceard-

Küste.

S. Anna d. Sobradinho am unteren R. S. Francisco.

December .

Mittl. Temp.

Relat. Feucht.

Regen- menge

Rel. Feucht

Regen- Menge | Tage

Regenmenge

Regen

26.3

65

259

80.8

58.6

67

22

2.3

Januar .

26.5

68

36.1

219.0

165.4

67

78

3-7

Februar

1 1

26.7

69

46.6

109.8

269.9

73

40

6.0

März .

26.1

74

77-7

234-4

294.4

77

148

7.0

April .

25.8

76 144.7

81.4

307-5

77

1 1

i.3

Mai

24.9

79

193.0

55-4

256.4

84

5

1.0

Juni

i| 23.Q

81

144.8 154.7

0.0

133.9

77

7

1

i-7

Juli . .

23.0

81

0.0

82.9

78

0.5

August .

23.2

79

124.9

0.0

77-6

70

0

0.0

September

lj 236

75

49.9

0.0

52.3 64

12 1 0.2

Oktober

24.8 1 68

19.2

93-8

17.8

64 66

38 | 2.5

November

26.0 1 64

19.5

91.0

72.2

" i-5

Jahr (Draenert i

Q

Meteorol. Zeitschi

mm 1037.0

r. 1887.)

111111965.6 Draenert.

mm

i49I-5 Drae- nert.

mm 375.

Regenmenge: 1884 =

399, 1885 = 527,

1886 = 186 mm.

2Q8 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

5. Klima des nördlichen Südamerika.

Zwischen den waldreichen Gebieten des Amazonasbeckens und des südlichen Theils des Orinokobeckens befindet sich das kleine guianische Savannen gebiet, über dessen Klima keine Daten vorliegen. Nördlich vom Orinoko bis zur waldigen Gebirgsküste am Antillenmeer, dehnt sich das weite Präriengebiet der Llanos aus, meist typische Savanne, ^ bald mit sehr zerstreuten, bald mit dichter gedrängten Bäumen. Hoch- wald zeigt sich, nach meinen Beobachtungen als Galeriewald an den Wasserläufen, Savannenwald am Fuss der Küstencordillere , also mit zunehmender Regenmenge, oder auch in feuchten Bodenvertiefungen, wie in den Campos.

Ueber das Klima der Llanos ist man nur im Allgemeinen unter- richtet; genaue meteorologische Daten fehlen. Doch lässt sich nach dem vorliegenden Material das Klima als g e h ö 1 z f e i n d 1 i c h bezeichnen. Das Jahr zerfällt in eine fünfmonatliche, völlig regenlose Trockenzeit, die mit unserem Winter und Vorfrühling zeitlich zusammenfallt, und eine Regenzeit, welche Ende April beginnt. Die Trockenzeit ist es, welche im Llanosklima gehölz feindlich ist, indem während des grössten Theils ihrer Dauer der trockene Ostpassat bei grosser Hitze und grösster Lufttrockenheit beinahe fortwährend und meist mit grösster Intensität bläst.

Eine windige Trockenzeit ist aber dem Gehölze ungünstig, während sie der völlig ausgedörrten Prärie, die nur in ihren unterirdischen Theilen fortexistirt, keinen Schaden zufügt, ausser wenn sie sich übermässig ausdehnt. Derartige abnorm lange Dürreperioden sind nicht selten, aber für die Gehölze noch verhängnissvoller als für den Graswuchs.

Während der Regenzeit regnet es, nach Humboldt, be- ständig. Hierin liegt aber eine direkte Begünstigung der Prärie, deren Bestehen, wie wir wissen, mehr von grosser Häufigkeit, als von grosser Menge der Niederschläge während der Vegetationszeit abhängt.

Zur Kennzeichnung des Llanosklimas seien aus Hann's Klimatologie folgende Stellen wiedergegeben: „Unvergleichlich ist die Reinheit der Luft vom December bis in den Februar. Der Himmel ist beständig wolkenlos, und zieht je ein Gewölk auf, so ist dies ein Phänomen, das die ganze Ein- wohnerschaft beschäftigt. Der Wind bläst stark aus E und NE." (Humboldt")

C. Sachs, der sich in der Trockenzeit (Dec. 1876 bis Febr. 1877) zu Calabozo (90 N., 150 m ü. M.) aufhielt, fand eine Morgentemperatur von 22 25 ° vor Sonnenaufgang und 34 35 ° zwischen ih und 2 h Nachm. Im Februar war das Mittel um diese Zeit 35.9 und die relative Feuchtigkeit 3o°/0, in einzelnen Fällen nur i6°/0. Der Ostpassat wehte constant, er setzte

Fig. 1 28. Tropischer Domwald. Mexico. S1*« Maria, tierra caliente, Staat Vera Cruz. Mitte: Cereus polylophus, hinter demselben: Acacia cornigera. Nach einer Photographie von Herrn Prof. Dr. E. Stahl.

In der

III. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

299

hier mit Sonnenaufgang ein und Hess gegen Mittag nach. Gänzliche Trocken- heit herrscht durch fünf Monate, Thaubildung fehlt während derselben. Im April beginnt die Regenzeit und das zur Wüste ausgedörrte Land bedeckt sich wieder mit einem dichten Pflanzenwuchs (S. 365, 366).

Die kleinen westlichen Inseln des westindischen Archipels sind sämmtlich von Gehölzen eingenommen , welchen die hohe Luftfeuchtigkeit zu Gute kommt. Die Gehölze sind, bald als Dornwald (z. B. Saint Kitts), bald als Regenwald (z. B. Dominica) ausgebildet, je nachdem die Regenmenge weniger oder mehr als ca. 150 cm. beträgt. Die Vegetation der beiden Inseln, deren Regenverhältnisse unten mitgetheilt sind, kenne ich aus eigener Anschauung. Die Regenmenge beträgt, wie ich aus Erfahrung weiss, in Dominica auf den Bergen, wo der Hochwald seine völlige Ueppigkeit entfaltet, beträchtlich mehr, als in Roseau, oder überhaupt an der Küste. Saint-Kitts hat so hohe Berge wie Dominica nicht.

Tabelle XVI. Regen in den kleinen Antillen.

Regenfall in Roseau Das Mittel von 21 Jahren (1865 bis 1885) beträgt 1901; das Minimum während dieses Zeitraumes 1309, das Maximum 2690. Monats- mittel:

December 145

Januar 148

Februar 71

März

April

Mai

Juni

Juli

August

September 223

October 176

November ....... 200

56 61

73 207 266 274

Regenfall in S. Kitt. Das Mittel von 30 Jahren (1856 1885) betrug 1292; das Minimum 895, das Maximum 21 11, 200 cm nur ein Jahr überschritten. Monatsmittel :

December 96

Januar 103

Februar 48

März 55

April 90

Mai 98

Juni . . 92

Juli 105

August 144

September 154

October 173

November 134

(Meteorol. Zeitschr. 1886, p. 462.)

Die grossen Antillen Jamaica, Haiti, Cuba besitzen theils Hochwald, theils Dornwald oder vielleicht Savannen. Es ist nicht möglich, sich nach der vorliegenden Litteratur ein irgendwie deutliches Bild der Vegetation dieser Inseln zu machen.

6. Klima des tropischen Afrika.

Reiche Abwechselung von Wald und Savanne zeigt sich an der West- küste des tropischen Afrika. Die echte Wüste hört wenig südlich vom

300 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Wendekreise auf und wird durch eine noch sehr dürftige offene Gehölzvegetation mit Adansonia digitata und Borassus flabelliformis ersetzt (Saint Louis 42 cm, Goree 53 cm Regen). Weiter nach Süden wird der Baumwuchs reichlicher und üppiger. In der Umgebung von Sierra Leone (319 cm Regen) sind Ebene und Berge von Hochwald bedeckt An der Zahnküste und Goldküste (Elmira 72 cm, Christiansburg bei Akkra 58 cm Regen) ist die Vegetation wieder ärmlicher. OestHch von Akkra, im Golf von Benin, herrscht echte Savanne mit Fächerpalmen (Lagos 172 cm Regen, nach 2 jähr. Beob.), das Gebiet an der Mündung des Niger, dasjenige von Kamerun (249 cm), Gabun (226 cm) sind von Regenwald bedeckt, im Hochland von Gabun jedoch herrschen baumreiche Savannen vor. Südlich von Ogowe nehmen letztere auch an der Küste die Oberhand und Regenwald zeigt sich nur an Flüssen und Lagunen. In Jumba tritt Wald (Regenwald?) von Savannen unterbrochen wieder auf, bis zur Mündung des Kiulu, südlich von welcher Savanne mit Fächerpaimen und Affenbrotbäumen vorherrschend sind (Chinchoxo 108 cm). Die letzten grossen Wälder bekleiden, wohl mehr als Galeriewälder, die Niederungen der Congo- mündung, während das Hochland am unteren Congo (San Salvador 988 mm) von Savanne bedeckt ist. Südlich von der Congomündung zeigt sich zunächst wiederum Savanne, mit riesigen Adansonien. In der Richtung südwärts zeigt die Savanne allmähliche Verkümmerung, und bei Kinsembo tritt mit dem Vorherrschen der Succulenten (Euphorbia, Aloe) Wüstencharakter auf. Nörd- lich von Mossamedes zeigt sich zuerst Welwitschia mirabilis, der Graswuchs wird immer spärlicher, und jenseits des Kunene, des Grenzflusses von Unter- guinea, wachsen auf dem ausgedörrten und steinigen Land nur noch ver- streute Grasbüschel und genügsame Dorngewächse.

In deutlichster WTeise zeigt sich, nach dem Vorhergehenden, die Ver- theilung von Hochwald wohl überall Regenwald und Savanne von der Regenmenge abhängig. Ersterer ist überall da Alleinherrscher, wo die Nieder- schläge 200 cm im Jahre erreichen, er wird durch die Savanne gänzlich verdrängt, wenn die Regenmenge 170 180 cm nicht übersteigt Endlich verkümmert die letztere bei etwa 30 35 cm Regen zur Wüste.

Stellenweise, in fruchtbaren Gebieten, namentlich in solchen mit hoher Luftfeuchtigkeit, wechselt die Savanne mit Savannenwäldern ab, die in anderen Gebieten, z. B. auf der Hochebene am Congo und südlich von der Congo- mündung, zu fehlen scheinen.

Fragt man sich, warum die für Hochwald zu trockenen Gebiete von der Savanne, also der Grasflur und nicht von Niederholz behauptet sind, so wären als für die Grasflur günstig die Häufigkeit der Niederschläge, die sich in der grossen Zahl der Regentage ausdrückt, und die nicht sehr hohe Temperatur zu erwähnen. Für die Congoküste erwähnt Pochuel-Loesche das nicht seltene Vorkommen andauernder Dürreperioden, z. B. Jahre mit nur 20 cm Regen, und solche sind, wie früher erläutert, dem Bestehen der Grasflur weit weniger verhängnissvoll als demjenigen der Gehölze. Die reichliche Thaubildung der normalen trockenen Jahreszeit wird wohl auch in solchen Dürreperioden die oberflächliche Bodenschicht befeuchten, während sie für die Wurzeln der Holzgewächse nicht in Betracht kommt. Unsere meteorologischen Tabellen für

IH Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen.

301

San Salvador auf dem Savannenhochland am unteren Congo zeigt, dass dort, namentlich in der trockenen Jahreszeit, heftige Winde wehen. Auch dieser Umstand kommt der Grasflur zu Gute, indem sie dem Gehölz ungünstig ist Immerhin ist unsere derzeitige Kenntniss des afrikanischen Klimas noch zu unvollkommen, um eine ganz befriedigende Antwort der Frage zu ermöglichen.

Unsere Kenntnisse der Savannengebiete auf dem Hochplateau des inneren tropischen Ost -Afrika sind meteorologisch noch sehr unvollkommen, doch weisen die vorliegenden Daten, z. B. die unten mitgetheilte Tabelle, auf ein typisches Savannenklima hin, mit massig warmer Vegetationszeit, während welcher etwa 100 cm Regen in sehr häufigen Güssen (siehe Zahl der Regentage) fallen.

Tropisches Grasflurklima.

Tabelle XVII.

Klima der westafrikanischen Savannen.

Chinchoxo (Loango). 9' S., 120 4' E., 12 m ü. M. 2 Jahre.

Temperatur (1874)

6h

1

2h

Rel. Feuchtigk. mittel (1874)

Tage (1875) heiter1) ! trüb2)

Regen- (1875) Tage8) I Menge

Januar

Februar

März

April

22.79

24.17

23-77

22.92

27.04

28.45

28.44

26.24

87

84

82

13

14

88

16

17

3ii

301

267

202

Mai

21.56

24.70

86

Juni

20.50

23-99

86

107

>^

Juli

19.06 22.84

84

August

19.37 j 22.01

88

13

?4)

September

October

21.79

23.26

November

23.88

23.91

83

I 18

11

25.94

84

10

27.69

85

177

December

23-49

27-75

85

25

Jahr

28

83

95

1419

Die Regenmenge ist ausserordentlich schwankend, soll in einzelnen Jahren auf 200 mm gefallen sein ; doch liegen genaue Messungen nicht vor. Starker Thau in der trockenen Jahreszeit, oft entsprechend einem Niederschlag von 3 mm.

') Bewölkung = 2 und weniger. *) Bewölkung = 8 oder mehr.

3) Mit messbarem Niederschlag.

4) Nicht messbar.

302

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Tabelle XVIU.

Westafrikanische Savannen.

San Salvador (Congo). 6017' S., 14.0 53' E. 579 ü. M. (Hochebene).

Temperatur Relat. Feucht.

9 h. a.

Januar

Februar

März

April

Mai ,

Juni

Juli .

August

September Oktober

November

December

Jahr

23-4

24.0

I 24.3

24.0

3 h. p.

27.8

9h^l_Ah*

80 | 61

Bewölk.

28.9

28.4

28.2

22.5

19.9

27.7

26.6

80

79

84

88

9j^

7*[

59 7.5

60

7.3

67

87

18.7 25.5 I 84

19.2

7.8

25-9

1, 2°-3 "I 21.8

81

6A_

53

52 I 7-6

1-3 8-4 7-7

3 h. I Menge

Regen Tage

6.9

5-6

7.2

_59 118

132

27 1

5-3

2.9

87

n.o 11.7

271 80 | 56 ; 8.5

27-5 I 84

59 66 22.8 I 27.0 ' 85 | 66

8.8

22.3 27.0

86

\_9±_ I 8.9

2.3

4.6

53

7.3

42

6.8

9.3

Wind- ' Verdun- starke ' stung

5-4 I 147

5.8

6.0

4.4

5-4

I 51

*-5

3-5

3-°

10.1

8.3

129 100

88

59 110

13°

8.9 i 143

16.5

8^, 158 6.7 120

194

77 | 12.0 l 5.7 1 1 20

I ( 988 |ni.o] ( 1454

(Meteorol. Zeitschrift 1888, p. 395.)

Tabelle XIX.

Centralafrika, Hochlandsavanne.

Kakoma u. Igonda. 50 40' S. 32 ° 35' E, 1 120 m ü. M. 1881 —1882.

Temperatur 7 h. I 2 h. I Mittel

Relat. Feuchtigk. 7 h. | 2 h.

Bewöl- kung

Regen Menge ' Tage

März . . .

19.0

26.8

21.6

95

58

8.0

293

27

April . . .

1 18.6

27.3

21.4

94

55 43

5-7

114

17

Mai . .

1 16.7

29.0

20.8

91 90

2.6

13

4

Juni . . .

'r I 2.0

28.5

18.0 ~i8.8~

28

1.1

0

0

Juli . . .

II.9

29-5

86

24

13

0

1

August . .

! J5-4 1 2°-4

21.6 1 22.3 | 20.3 ,| 20.0

18.4

3o.5

21.7

72

23 23

2.4

0

0

September .

315

25-7

52 52

3-o

0

2

October . .

33-2 32.1

26.8 25-9

18 26

52

2.4

3-9 6.0

0

0

November .

60

73

9

December .

27. 7_

28.2

24.1

23.1

82

124

22

Januar . .

23.0

81

45

5-3

ii5

15

Februar . .

20.4

93

69

7.3

265

lS

Jahr . .

J

997

112

Die Monate Juni bis November (trockene Jahreszeit) sind sehr windig, stark ist SO.- Wind vorherrschend. Die Savannenbrände beginnen im Mai.

Meteorol. Zeitschr. 1887, S. 421.

in. Gehölzklima und Grasflurklima in den Tropen. 303

Tropisches xerophiles Gehölzklima.

Tabelle XX.

Ladö am oberen Nil. 1878— 1884. 50 2' n. B. 310 44 E.

Seehöhe 465 m.

i Temperatur

1 7 Uhr | 2 Uhr

Relat. F 7 Uhr

euchtigk. 2 Uhr

Bewölk. 1 Mittlere

Re Tage

*en- Menge

Wind- stärke

Januar . .

| 23.4

34-7

62

29

2.3

°-5

0

2.0

Februar

24.6

35-2

62

30

4.1

3.7

0.2

2.1

März

26.5

35-i

74

43

5-o

io.5

27.0

1.9

April . .

26.4

32.9

74

50

6.2

16.2

I35-6

2.1

Mai . . .

25.0

3o.9

85 9i

60

6.0

*s*

86.8

2.0

Juni . . .

1 23.6

29.5

60

6.3

19.0

i$i>4

2.0

Juli . . .

23.0

28.8

90

62

6.4

17.0

217.8

1.9

August . .

23°

28.6

88

65

5.9

18.4

128.8

1.9

September .

23.0

29.1

88

56

6.0

15.8

122.8

1.9

October

22.6

30.2

79

57

5-7

14.0

56.5

1.9

November .

22.5 22.7

31.8

75

5i

4.5

8.7

20.0

2.6

Dezember .

33-7

55

24

3-2

2.7

1.6

2.0

1

141.7

948.5

(Meteorologische Zeitschrift 1890, p. 109).

Ueberblicken wir die Ergebnisse dieses Kapitels, so kommen wir zu folgenden Sätzen:

1) Bei mindestens 180 cm Regen hat der Hochwald Alleinherrschaft. Für die Regenmengen 150 180 cm fehlt es an Daten.

2) Bei 90 150 cm Regen kämpfen xerophiles Ge- hölz und Grasflur. Ersteres siegt bei grosser Hitze und grösseren regenfreien Perioden in der Vegetationszeit, letzteres bei milderer Temperatur, reicher Vertheilung der Regen in der Vegetationszeit, windigen Trocken- oder Frostzeiten.

3) Unter 90 cm Regen herrscht xerophiles Nieder- holz, namentlich Dornwald und Dorngebüsch, beide bei noch geringeren Niederschlägen in offene Niederholz- formationen (Halbwüsten) und Wüsten übergehend.

304 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Auswahl der Literatur.

Die klimatischen Tabellen sind entnommen aus: Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie 1866 1885 (I XX) und: Meteorologische Zeitschrift derdeutschen und österreichischen meteorologischen Gesellschaft 1884 1896.

Benutzt wurde ausserdem ohne besondere Angaben: Hann. Atlas der Meteorologie. Gotha 1887.

Brand is, D. On the distribution of forests in India. Ocean Highways. 1872.

Influence of forests on rainfall. Indian forester. Vol. XIV.

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IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

L Verbreitung des tropischen Regenwaldes. 2. Allgemeiner Charakter des tropischen Regenwaldes. § i. Das Aeussere des Waldes. Oberfläche und Profil § 2. Das Innere des Waldes. Ungleiche Dichtigkeit Häufige und ver- breitete floristische Bestandteile. Holzgewächse. Kräuter. Lianen und Epiphyten. Der Zug nach dem Lichte. Luftfeuchtigkeit. § 3. Der tropische Regenwald in Asien. Vegetation und Flora am Gedeh und Salak auf Java. Charakteristische Formen. Vorkommen lebhaft gefärbter Blüthen. Regenwälder von Pegu nach F. Kurz. § 4. Der tropische Regenwald in Afrika. Der Wald der Loangoküste nach Pechuel- Lösche. Der Regenwald in Usambara. § 5. Der tropische Regenwald in Amerika.

§6. Der tropische Regenwald in Australien und Mikronesien. Oeko- logische Eigen thümlichkeiten der Regenwaldgewächse. § 1. Bäume und Sträucher des Regenwaldes. Die Stämme der Bäume. Plankengerüste. Borke. Verzweigung. § 2. Die Bodenkräuter. Farbiges Laub. Die Hymenophyllaceen. § 3. Die Lianen. Palmlianen. Kletternde Bambusen. Wurzelkletterer. Cyclanthaceen und Pandanaceen. Araceen. Ihre Nähr- und Haftwurzeln. Winder. Ranker. Bauhinia- Arten mit bandförmigen, welligen Stämmen. § 4. Die Epiphyten. Vorkommen. Ein- theflung nach der Lebensweise in Protoepiphyten, Hemiepiphyten, Nestepiphyten und Cistern- epiphyten. Charakteristik der Gruppen. Wasserspeicher. Velamen der Orchideen und Araceen. Unbelaubte Orchideen. Der Banyan. Humussammelnde Orchideen. Farne mit Sammeltrichtern und mit Nischenblättern. Bromeliaceen. Wasseraufnahme durch die Blätter. Beleuchtung der Epiphyten. Epiphyllen. Vertheilung der Epiphyten auf demselben Baume.

§ 5. Die Knospen. Unbeschützte Knospen. Schutzmittel activer Knospen. Das Aus- schütten des Laubes. Hängeblätter und Hängezweige. Blüthenknospen unter Wasser. Blüthen- knospen mit Wasserkelchen. §6. Cauliflorie. Stamm- und Astcauliflorie. Unbelaubte fertile Zweige. § 7. Saprophyten und Parasiten. Chlorophyllfreie Orchideen» Burmanniaceen, Triuridaceen, Gentianaceen. Loranthaceen. Balanophoraceen. Rafflesia.

1. Verbreitung des tropischen Regenwaldes.

Auf seiner Karte der zeitlichen Vertheilung der Niederschläge theilt Hann die tropische Zone in Gebiete mit Trockenzeit, bezw. mit Monaten, deren normale Regenhäufigkeit unter 0.20 (= 6 Regentage im Monat) sinkt und in solche ohne eigentliche Trockenzeit ein. Letztere werden gewöhnlich als immerfeuchte bezeichnet. Doch sind auch in ihnen die Niederschläge nicht gleichmässig auf das ganze Jahr, sondern

Schimper, Pflanzengeographie. 20

jOÖ Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

auf regenreichere und regenärmere Perioden vertheilt, deren Abwech- selung nicht ohne Einfluss auf die Vegetation bleibt, sondern sich, wie im vorhergehenden Capitel gezeigt wurde, namentlich in den Blüthe- zeiten häufig bemerkbar macht. Im Grossen und Ganzen ist die Vege- tation der immerfeuchten Gebiete vor derjenigen der periodisch trockenen wohl gekennzeichnet: Die ersteren sind da, wo von derCultur unberührt, beinahe stets von immergrünem Regenwalde, letztere von laubabwerfenden Gehölzen und von Savannen bedeckt. Sind die Niederschläge auch in der Regenzeit sehr spär- lich, so wird der Charakter der Vegetation wüstenartig.

Hann's tropische Gebiete ohne Trockenzeit umfassen in ost-westlicher Richtung, i. In Australien, Neu-Guinea mit den benachbarten Archi- pelen (Bismarck- und Salomons-Inseln) und die meisten pacifischen Inseln. 2. In Asien, die Philippinen, die Molukken (zum grössten Theilei, Westjava, Celebes, Borneo, Sumatra, die Süd-Spitze von Malakka. 3. In Afrika, die Mascarenen, Ost-Madagascar , Zanzibar mit der benach- barten Festlandküste, das Gebiet der grossen afrikanischen Seen. 4. In Amerika, das brasilianische Küstenland südlich vom 15° S. B., der nördliche Theil des Amazonasbeckens, Guiana, die kleinen Antillen (zum grösseren Theile), die Ostküste von Central- Amerika.

Im allgemeinen fallen die Grenzen des eben bezeichneten Gebiets mit denjenigen des tropischen Regenwalds zusammen. Derselbe über- zieht, wo er nicht durch die Cultur ausgerodet ist, die Tiefländer, und zieht sich in das Hochland soweit hinauf, als das tropische Klima reicht. Stellenweise überschreitet der tropische Regenwald sowohl in horizontaler als in verticaler Richtung um ein weniges die Grenzen des eigentlichen Tropenklima. Ausserdem befindet er sich im Bereich der Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten, meist in die Feuchtigkeit con- densirenden Gebirgen, in engbegrenzten Gegenden, wo das Klima immer- feucht ist und das Auftreten des Regenwalds bedingt, so am östlichen Himalaya und in Birmah, an den westlichen Abhängen der Nilgherries in West-Ceylon, in Kamerun, an der Ostküste des tropischen Australiens.

Ein ähnlicher, jedoch meist weniger üppiger, immergrüner Wald tritt häufig, aber nicht überall, längs der Flüsse der periodisch trockenen Gebiete auf. Solche „Galleriewälder" sind, wie früher gezeigt, von den Hydrometeoren unabhängig und werden im Abschnitt über edaphische Wirkungen Berücksichtigung finden.

2. Allgemeiner Charakter des tropischen Regenwaldes,

§ 1. Das Aeussere des Waldes. Betrachtet man den Regenwald von Aussen, z. B. von einem an bewaldeter Küste fahrenden Schilfe

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Fig. 1 30. Eben gelichtete Waldpartie im Innern von Samoa, 300 m ü. M. Palmen. Auf dem Aste rechts eine blühende epiphytische Astelia sp. Im Hintergrund der unveränderte Regenwald.

Nach einer Photographie.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

307

oder vom Gipfel einer in bewaldeter Gegend sich erhebenden Höhe, so fallen schon manche Unterschiede gegenüber den Wäldern der temperirten Zonen in die Augen. Die Oberfläche zeigt nie gleich- massige Färbung, sondern stellt ein reich gegliedertes Mosaik dar, in welchem die ganze Scala der grünen Schattirungen vertreten ist , unter diesen am wenigsten das frische Grün etwa des Buchenwaldes im Frühsommer, während gelbliche, bräunliche, graue, olivenähnliche Töne ein etwas düsteres, unendlich nüancirtes Farbenbild zusammenstellen. Hie und da leuchtet auf dem nüchteren Grunde der helle Fleck einer

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Fig. 131. Profil des tropischen Regenwaldes bei Blumenau, Brasilien. Die Palme ist Euterpe edulis. Nach einer Photographie von Herrn Prof. Dr. H. Schenck.

blühenden Baumkrone auf. Als ich mich im Winter der Küste von Trinidad näherte, glichen die blühenden Erythrinen einzelnen Feuern im dunkelen Walde. In ähnlicher Weise konnte ich auf Java in weiter Ferne den Puspabaum ' (Gordonia Wallichii) an seinem schneeweissen Kleide erkennen. Der Eingeborene vermag aber schon am Farbentone ihres Laubes werthvolle Bäume im reich gemusterten Teppich der Waldoberfläche zu erkennen. So suchen die Cascarilleros der Anden einen erhabenen Punkt aus, um die Standorte der im Walde zerstreuten Chinabäume festzustellen.

Auch die Profilansicht des tropischen Regenwaldes weicht von

j08 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

derjenigen eines deutschen Laubwaldes wesentlich ab ; sie ist nicht, wie hier, nach oben von einer nahezu ebenen Linie begrenzt, sondern un- regelmässig zackig , gleichsam unruhig. Im natürlichen Zustande, z. B. an den Ufern der Wasserläufe, sind solche Waldprofile mit dem reichen Laube von Lianen und Epiphyten so behangen, dass die Stämme gar nicht zum Vorschein kommen und auch die Kronen sich überschleiert zeigen. An künstlichen Profilen, wie sie bei der Ausrodung des Waldes entstehen, fällt die grosse Mannigfaltigkeit der Baumstämme, das regel- lose Gewirr der Lianen, das Wechselnde in den Formen der Laub- kronen drastisch in die Augen.

§ 2. Das Innere des Waldes. Das Bild, welches das Innere des Regenwaldes bietet, ist je nach dem Einzelfalle sehr verschieden. Manche Wälder stellen vom Boden bis zu den Gipfeln der Bäume eine dichte Laubmasse dar, in welcher man sich nur mühsam mit dem Wald- messer einen Weg bahnt; andere sind dunkele Säulenhallen, welche nach allen Richtungen freie Bewegung und freien Ausblick gewähren, wo nur einige Farngewächse auf dem Boden und den Baumstämmen die Monotonie brauner Farben hie und da unterbrechen. Selbstverständ- lich sind solche extreme Formen durch Uebergänge verbunden.

Der dichte Regenwald mit sehr reichem Unterholze scheint, wenigstens nach meinen Beobachtungen, der häufigere zu sein; ich habe ihn auf allen meinen tropischen Zügen weite Flächen einnehmen sehen. Den lichten Säulenwald kenne ich namentlich aus den Ge- birgen Dominicas, wo er hauptsächlich von einem Canarium gebildet ist, in weniger reiner Form, mit vielen Baumfarnen, aus Trinidad. Kurz beschreibt ähnliche offene Wälder für Pegu. Die Bäume in denselben scheinen weniger mannigfaltig zu sein als in den geschlossenen Wäldern.

Im Innern des Waldes wird der Botaniker zunächst versuchen, sich über dessen systematische Zusammensetzung einige Aufklärung zu verschaffen. In Bezug auf die grossen, das Oberholz bildenden Bäume ist dieses in der Regel vergebliche Mühe. Nur das Fällen des Baumes kann zum Ziele fuhren, und dieses ist mit noch weit grösseren Schwierigkeiten verbunden als bei uns, da die Bäume durch das Lianen- gewirr zusammenhängen. Es fuhrt auch nicht immer zu entscheidendem Resultate, da nicht alle Bäume schon nach ihrem Laube hinreichend charakterisirt sind, und viele nur selten oder nur auf kurze Zeit blühen. Von dem Herunterreissen von Zweigen habe ich nur äusserst selten ein brauchbares Ergebniss erzielen sehen.

Das Geschrei von Papageischaaren wird manchmal die Bäume mit reifen Beeren, namentlich Feigenbäume kennzeichnen, und dann wird Suchen auf dem Boden in der Regel zur Entdeckung einiger Früchte fuhren. Gelegentlich ist das dem einzelnen Baum entsprechende

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

309

JIO Erster Abschnitt: Die tropischen .Zonen.

Bodenareal ziemlich reich mit herabgefallenen oder herabgeworfenen Früchten bedeckt, z. B. mit den Beeren von Myrtaceen und Meliaceen, mit den leicht kenntlichen Samen einer Myristica. In anderen Fällen findet man Corollen oder Blumenblätter. Stets muss man jedoch der Möglich- keit eingedenk bleiben, dass solche Früchte und Blüthen von Epiphyten oder Lianen herrühren. Zweifel sind bei den caulifloren Arten aller- dings nicht möglich; dieselben bilden aber die Ausnahme, namentlich unter den grossen Bäumen.

Wohl zeigt die Rinde der meisten Bäume viel charakteristisches. Hier ist sie glatt, dort rissig; bei vielen Myrtaceen löst sich die Borke in dünnen Tafeln oder Blättern ab, bei gewissen Leguminosen ist die Ober- fläche grün ; in anderen Fällen ist sie mit Dornen oder mit Korkwarzen bewehrt, oder sie entlässt bei der Verwundung Milchsäfte oder Harze. Genaue Untersuchung solcher Merkmale könnte sicher weit auf dem Wege der Bestimmung fuhren. Das zeigt schon der Umstand, dass die Eingeborenen vielfach die einzelnen Baumarten, nach ihren vom Wald- boden aus erkennbaren Eigenthümlichkeiten, zu welchen ausser der Rinde, noch die Dicke des Stammes, das etwaige, nachher zu besprechende Plankengerüst, zuweilen die Verzweigung gehören, mit Sicherheit be- stimmen. Bestimmungstabellen nach solchen, allerdings vielfach sehr schwer zu schildernden Merkmalen würden von ungeheuerem Nutzen sein.

Auch die meisten Lianen, die holzigen Kletterpflanzen, welche in jedem tropischen Urwalde meist massenhaft auftreten, entziehen ihre Laubkrone dem Blicke des an den Boden gebundenen Forschers, und der Versuch, sie herunterzuziehen, ist in der Regel ebenso vergeblich, wie das Abhauen. Hier zeigt aber der anatomische Bau des Stammes so vie1 eigenthümliches, dass die Bestimmung wenigstens der Gattung, dank den ausgezeichneten Arbeiten Radlkofer's, Bureau's, Schenck's,1) möglich ist.

Um sich eine Vorstellung von der systematischen Zusammensetzung des Oberholzes zu bilden, ist der Botaniker, auch wenn er den Urwald schon häufig durchstreift und durchsucht hat, auf die Florenwerke an- gewiesen, welche, hauptsächlich auf Grund der Sammlungen von Ein- geborenen bearbeitet, meist nur sehr unvollständiges Material bringen ; weit brauchbarer sind die Aufzeichnungen der Forstbotaniker, welche leider für das tropische Amerika und Afrika noch ganz fehlen. Quellen für die systematische Zusammensetzung der vorder- und hinterindischen Wälder sind namentlich die Werke von Brandis, Kurz, Koorders und Valeton. Verhältnissmässig leicht ist es, sich von der systematischen Zusammensetzung des Unterholzes, zunächst abgesehen von den Lianen und der Krautflora die nöthigen Kenntnisse, ohne welche Arbeiten über die Physiologie des Urwalds werthlos sind, zu verschaffen.

l) Vgl. S. 211.

Fig. 133. Aus dem südmexikanischen Regenwalde: Unterholz mit Baumfarnen. Nach einer Photographie von Herrn Dr. G. Karsten.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

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7 i2 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Nicht bloss ist die Mannigfaltigkeit des Laubes viel grösser als bei uns, sondern eine Menge von Arten tragen Monate, wenn nicht das ganze Jahr hindurch, Blüthen und Früchte, allerdings häufig in nur geringer Anzahl. Beim ersten Blicke werden in feuchten, kühlen Wäldern die Baumfarne auffallen, welche, wie die Farne überhaupt, mit den vor- liegenden Herbarien leicht bestimmt werden können. Kleine Palmen, in Brasilien, z. B. Arten von Geonoma, in Java solche von Pinanga werden selten fehlen. Hier und dort zeigen sich Dickichte von Bambusen, oder von Kletterfarnen (Lygodium), oder von kletternden Selaginellen. Die Hauptmasse des Unterholzes und Gesträuches ist jedoch von Dicotylen gebildet. Selten werden im letzteren die Urticaceen vermisst, z. B. Arten von Boehmeria, in Asien auch solche von Laportea, an der Form ihrer Blätter, an ihrer Behaarung, auch im sterilen Zustande leicht kenntlich. In ihrer Gesellschaft wird man strauchige Piperaceen finden, namentlich Arten von Artanthe, Ottonia mit knotigen Stengeln und aufrechten, weissen, kerzenartigen Blüthenkolben , sowie die mannig- fachen unscheinbar blühenden Croton- Arten mit ihren unterwärts schuppigen Blättern. Weniger massenhaft, aber äusserst charakteristisch sind die Araliaceen, mit ihren Rosetten grosser Blätter auf einfachem oder schwach verzweigtem Stamm.

Sind die erwähnten Strauch- und Zwergbaumtypen meist mit un- scheinbaren Blüthen versehen, so prangt, namentlich im tropischen Amerika, eine Fülle von Melastomaceen in unvergleichlicher Blüthenpracht. Die verschiedenartigsten Rubiaceen (Pavetta, Psychotria- Arten u. s. w.) tragen ihre schönen straussigen Blüthenstände corallenrother oder weisser Blüthen vielfach an in der gleichen Farbe glänzenden Axentheilen. Ist ein Kelchblatt gross oder blutroth gefärbt, so liegt eine Mussaenda (Asien) oder Warszewiczia (Amerika) vor. Gewisse Rubiaceen der javanischen Wälder haben einen höchst abstossenden , aber charak- teristischen, excrementellen Geruch (Lysianthus purpureus etc.). Unter den Sträuchern oder kleinen Bäumen wird man ferner, in Amerika, leicht in blühenden Exemplaren Vochysiaceen , Malvaceen (Abutilon), Samydaceen (Casearia), Mutisiaceen (Stifftia), Solanaceen, Mimosaceen (Inga, Calliandra), die prächtigen Brownea-Arten (Caesalpiniaceen) mit ihren hochrothen, caulifloren Blüthensträussen finden. Im tropischen Ostasien wiederum werden, ausser den schon erwähnten Typen, namentlich Anonaceen, Ternstroemiaceen (Saurauja etc.), Myrsineen (Ardisia etc.) durch ihre Blüthen auffallen und mit Hülfe derselben leicht bestimmbar sein. Beinahe stets treten allerdings solche reich und schön blühende Arten gegenüber den spärlich oder unscheinbar (Urticaceen, Piperaceen, Euphorbiaceen etc.) blühenden sehr zurück. Auch wird man, nament- lich auf der Höhe der Regenzeit sehr viele Sträucher und kleine Bäume ohne Blüthen und Früchte finden.

Fig. 135 u. 136. Bodenvegetation im südmexikanischen Regenwaldc. Oben: In der Mitte eine Rubiacee mit bunten Sammetblättern. Rechts und links Scitamineen. Unt en : In der Mitte, Begonia sp. n. Nach einer Photographie von Herrn Dr. G. Karsten.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. 3 1 3

Die krautige Vegetation ist in den dunkelsten Urwaldpartien sehr schwach entwickelt, in den helleren dagegen manchmal von erstaunlicher Ueppigkeit. Ihre hervorragendsten Vertreter, sowohl was die Dimensionen, als die grossen, lebhaft gefärbten Blüthenstände und häufig das massen- hafte Vorkommen betrifft, sind wohl die Scitamineen. Auf den kleinen Antillen sah ich vielfach übermannshohe Heliconien (H. Bihai, H. caribaea etc.) (Fig. 176), mit ihren langgestielten Blättern, zwischen welchen die grossen Blüthenstände, mit zweizeilig geordneten rothen, kahnförmigen Bracteen hervorragen, üppiche Dickichte bildend. Noch auffallender und jedenfalls mannigfacher in ihrer Erscheinung sind, in Ostindien, die in mehreren Gattungen (Elettaria, Hedychium, Zingiber, Costus, Alpinia etc.) und zahlreichen Arten kleine Wälder im Hochwalde bildenden Zingiberaceen. So sieht man in den Wäldern Java's häufig dichte, weit übermannshohe Bestände solcher Zingiberaceen, deren steife, zweizeilig beblätterte Sprosse keine andere Vegetation zwischen sich aufkommen lassen, während gleich leuchtend rothen Kohlköpfen (z.B. Costus globosus, Elettaria-Arten) oder als feuerfarbige Sterne (z. B. Elettaria coccinea) die wunderbaren Blüthenstände dem nackten Boden mit breiter Basis aufsitzen.

Es ist, im tropischen Urwald, überhaupt eine häufige Erscheinung, dass ein weites Terrain wesentlich von demselben krautartigen Gewächs, bei Ausschluss eines jeden Anderen, eingenommen ist, so dass in der krautigen Vegetation weit grössere Gleichförmigkeit herrscht, als in der holzigen. So sah ich in den Wäldern Ceylon's und Java's gewisse Arten der Acanthaceengattung Strobilanthus auf ungeheuren Strecken die krautige Vegetation für sich allein bilden, und mit ihren saftigen brüchigen Stengeln zartbelaubte Gebüsche bilden, welche den Menschen weit überragen. Noch viele andere Kräuter sah ich gesellig auftreten, wenn auch nicht in so grossen Beständen, so z. B. Arten von Impatiens, Cyrtandra, Elatostema, Selaginella etc. Gräser treten im tropischen Urwalde ganz zurück.

Unter den mehr vereinzelt auftretenden, jedoch selten fehlenden Kräutern des Regenwalds seien noch die Begonien (Fig. 136) erwähnt, die sowohl in Amerika, wie in Asien, theils niedrig und aufrecht, theils an Baumstämmen und Felsen ziemlich hoch emporkletternd, grosse Mannigfaltigkeit ihrer Formen aufweisen, ferner die Araceen des Bodens, mit ihren oft an Schlangen erinnernden bunten Blattstielen, endlich, als seltenere Erscheinungen, die parasitischen Balanophoren, die sapro- phytischen Orchideen und Burmanniaceen etc.

Die Baumstämme sind von einem reichen Flor der verschieden- artigsten Lianen und Epiphyten, auf welche nachher in's Einzelne zurück- gekommen werden soll, bedeckt. Die verschiedensten Formen, oft durch grosse Laubflächen oder prächtige Blüthen ausgezeichnet, bilden diese oberirdischen Gärten.

\\A. Erster Abschnitt : Die tropischen Zonen.

Suchen wir in der Flucht der Urwaldbilder das gemeinsame fest- zuhalten, so fällt in erster Linie das Streben nach Licht in die Augen und die Möglichkeit, diesem Streben beinahe unbehindert zu folgen, ist in der grossen, immerdauernden Feuchtigkeit gegeben.

Der Kampf ums Licht herrscht allerdings in den Wäldern aller Zonen. Ueberall treibt er die Vegetation aus der schattigen Tiefe in die Höhe, aber dieser Wettkampf ist nirgends so ausgeprägt als in den immergrünen Wäldern tropischer Gebiete, mit ihren schlanken Stämmen, deren aufrechte, schwach verzweigte Aeste so begehrlich nach dem Lichte streben und gleichzeitig eine Fülle von Gästen mit an das Licht fördern, wie Lianen, deren schwache Stämme sich am Baumgerüst fest- klammern, Epiphyten, welche im Geäste keimen und sich so von Anfang an im Besitze der ihnen zusagenden Beleuchtung befinden.

In der epiphytischen Vegetation ist das Streben nach Licht am vollkommensten befriedigt, überzieht dieselbe doch, mit ihren oft statt- lichen, sogar baumartigen Formen, das Geäst des Wirthsbaums bis zu seinen äussersten Enden, sogar die Blätter nicht verschonend, auf welchen nicht nur Moose und Algen wachsen, sondern gelegentlich sogar blühende Orchideen gefunden werden.

In den Epiphyten zeigt sich aber auch der Kampf um's Licht am meisten ausgeprägt, und verursacht grosse Verwüstungen. Häufig hört man im Urwald den Baumast krachend brechen, unter der Last des zu üppig gewordenen atmosphärischen Gartens, und vielen früher statt- lichen Bäumen dienen die zum Hohlcylinder verwachsenen Wurzelgerüste der epiphytischen Feigen oder Clusien als lebende Särge, in welches sie allmählich vermodern.

Während das Bedürfniss nach Licht die Vegetation in die Höhe treibt, zieht sie dasjenige nach Feuchtigkeit nach unten. Bei ab- nehmender Feuchtigkeit werden die Gestalten der Holzgewächse massiv, die Laubkronen dichter, die Laubblätter kleiner und sämmtliche Ge- wächse, mit Ausnahme genügsamer Moose und Flechten, bleiben an den Boden gebunden. Die grosse Feuchtigkeit ist der physio- logische Factor alles Charakteristischen in der Plastik des tropischen Regenwaldes.

Thatsächlich sind alle Regenwaldgebiete im Besitze nicht bloss von Niederschlägen zu allen Jahreszeiten, sondern auch sehr grosser Regen- mengen. Letztere betragen in den klimatischen Regenwaldgebieten mindestens 200 cm jährlich, häufig aber bedeutend mehr. 300 400 cm sind keineswegs selten. Die Feuchtigkeit der Luft ist entsprechend gross. Sie fällt selten beträchtlich unter 8o°/0 und nähert sich in den Nacht- und Frühmorgenstunden der vollkommenen Sättigung.

G. Haberlandt stellte einige Beobachtungen über die Luftfeuchtigkeit am Rande des Urwaldes bei Tjibodas. Danach betrug dieselbe daselbst auch

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IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. * i e

in den hellen Vormittagsstunden 80 9o°/0, Morgens um 7 h. und in den Nachmittagsstunden stets 97 99°/0- Die geringste relative Feuchtigkeit habe ich am 12. Februar Mittags 12 h. bei heiterem Himmel beobachtet: sie be- trug 79%. Im Walde selbst ist die Feuchtigkeit natürlich noch grösser; da wird sie wohl wochenlang nicht unter 90 °/0 herabsinken. *)

§ 3. Der tropische Regenwald in Asien. Besser als allgemeine Betrachtungen dürfte die Schilderung einer Excursion im tropischen Urwalde eine Vorstellung von dem allgemeinen Charakter eines solchen geben. Ich entnehme aus meinen Reisenotizen folgende an Ort und Stelle entnommene Skizze eines Urwaldes am Gedeh, auf Java, gelegent- lich unter Hinweis auf die Wälder des benachbarten Salak *) (Fig. 137).

Im Vergleich zum mitteleuropäischen Walde ist das Bild ein solches erstaunlicher Ueppigkeit, aber auch wirrer Unordnung. Die Bäume haben sehr ungleiche Stammdicke, die Stämme sind zumTheil an der Basis durch Brettergerüste gestützt, Lianen, deren Stämme selten mehr als Faust- dicke besitzen, durchziehen in wirren schlangenähnlichen Windungen die Luft. Das Dickicht grossblätteriger, oft buntblühender Sträucher zwischen den Bäumen ist manchmal durch Lücken unterbrochen, welche von sehr saftigen, oft über manneshohen Kräutern behauptet sind. Was beirn ersten Blicke die Physiognomie dieses Waldes von derjenigen eines europäischen oder nordamerikanischen auszeichnet, ist die Ausfüllung des Raumes mit Laub und das erdrückende Vorherrschen der grünen Farbe.

Die Oberfläche der Baumstämme ist beinahe ganz unter einer grünen Pflanzenhülle verborgen. Solche wird stellenweise vornehmlich von Freycinetia insignis gebildet, einer epheuartig kletternden Pandanacee, deren in eleganten Festonen herabhängende, von schlaffen bandartigen Blättern dicht besetzte Zweige bis in das Innere der Baumkrone hinein reichen. Von den Baumästen hängen die zwei oder drei Meter langen Schweife von Lycopodium Phlegmaria, Psilotum flaccidum, und anderen Lycopodiaceen (Fig. 138) mit den kammartig zerschlitzten Bändern einer Nephrolepis herab; ihnen gesellen sich eine Fülle kleinerer Farngewächse. Die Oberseite der Aeste ist ein atmosphärischer Blumengarten, wo in- mitten eines kurzen Rasens kleiner Orchideen, kriechender Peperomien und Farne, scharlachroth blühender Aeschynanthus- Arten, strauchige Medinilla-Arten mit rosenrothen Blüthenrispen sich erheben. Auf dem Gipfel der höchsten Bäume prangt manchmal Rhododendron javanicum, in der Ferne als feuerrother Blumenstrauss weit sichtbar, innerhalb des Urwalds aber nur durch herabgefallene Corollen verrathen. In höheren Regionen wird dieses prächtige Gewächs häufiger und ist dann weniger an die Baumwipfel gebunden.

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*) Der betreffende Gedehwald befindet sich bereits in kühlerer Region, bei ca. 1 500 m, doch hat er noch sein tropisches Gepräge.

Fig. 1 38. Epiphytische, von Baumästen herabhängende Lycopodiaceen des tropischen Regenwaldes am Gedeh. / Psilotum flaccidum. 2 Lycopodium nummulariaefolium. 3 Lycopod. Phlegmaria. a, 6, c nat Gr.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

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Auf manchen Strecken ist es nicht Freycinetia, sondern das noch weit auffallendere Asplenium nidus (Fig. 1 39), welches das innere Waldgepräge in erster Linie bedingt. An allen Baumstämmen, den dicken wie den dünnen, sogar an den Lianen sind seine Riesentrichter reihenweise über- einander befestigt. Sie füllen alle Zwischenräume aus, sie beherrschen die ganze Landschaft, sie sind die wahren Sieger im Kampfe ums Dasein, und der übrigen Vegetation scheint keine andere Bedeutung mehr zuzukommen, als den Trichtern als Träger zu dienen und sie mit

Fig- I39» Asplenium nidus im Botanischen Garten zu Buitenzorg. Stark verkleinert. Nach einer Photographie des Herrn Dr. Treub.

todten Blättern auszufüllen, bis die Baumstämme unter ihrem Ge- wichte zusammenbrechen oder, was häufiger eintritt, an gestörtem Stoff- wechsel zu Grunde gehen.

Noch viele andere Pflanzentypen siedeln sich auf der Baumrinde an. Die Basis des Stammes ist von grösseren Epiphyten frei, dagegen von einem Schleier zarter Hymenophyllaceen umhüllt. Vaccinium lucidum entwickelt aus knolligem Stamme seine buchsähnlichen, kleinblüthigen Zweige; Ficus diversifolia lockt den Blick durch ihre unterseits ocker-

3 18 * Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

gelben Blätter und ihre lebhaft gelben erbsengrossen Feigen. An vielen anderen Punkten Java's, jedoch stets auf tieferem Niveau, sind den Stämmen und dickeren Aesten vielfach die rübenartig angeschwollenen Sprosse der berühmten Ameisenpflanzen, Myrmecodia und Hydnophytum, (Fig. 85 u. 86) befestigt. Moose und Rechten sind in solchen tiefgelegenen Wäldern als Epiphyten schwach entwickelt; ihre eigentliche Heimath ist die höher gelegene kühle Region der Nebel.

Gegen das Grün treten die anderen Farben stark zurück. Der tropische Regen wald ist jedoch keineswegs so arm an schön blühenden Gewächsen , wie es gewöhnlich behauptet wird , wohl im Anschluss an Wallace, welcher wahrscheinlich die englische Wiese im Auge hatte und nicht den Wald mit dem Walde verglich. Der Tropenwald ist im Allgemeinen eher farbenreicher als der europäische Wald, namentlich in Amerika, wo die so mannigfachen und so massenhaft auftretenden epiphytischen Bromeliaceen häufig mit lebhaft gefärbten Blüthen, Früchten oder Hochblättern versehen sind.

Als schön blühende Gewächse des javanischen Waldes wurden bereits Rhododendron javanicum und die Medinilla-Arten erwähnt Manche Sträucher des Bodens verdienen dieselbe Bezeichnung, so namentlich Pavetta-Arten, mit corallenrothen Doldenrispen, die stellen- weise am Salak recht häufig sind. Allgemeiner sind die ebenfalls zu den Rubiaceen gehörigen Mussaenda-Arten, bei welchen eines der Kelch- blätter zu einem grossen blendendweissen Blatte sich entwickelt, während die kleinen Corollen in sattem Orangengelb prangen. Schön blühend ist in höchstem Grade Dichroa Cyanites, mit ihren herrlichen himmel- blauen und schneeweissen Blüthenständen und die eher als kleine Bäume, denn als Sträucher zu bezeichnenden Saurauja-Arten (Tern- stroemiaceen) erinnern in ihrem zarten Blüthenflor an unsere Kirsch- bäume. Die zahlreichen Melastomaceen fallen auf Java meist mehr durch eigenartiges Laub als durch schöne Blüthen auf, welche mit Ausnahme von Medinilla, in Farbenglanz und Grösse den tropisch- amerikanischen Arten weit nachstehen. Ziemlich unscheinbar sind in den tiefer gelegenen Wäldern auch die Ardisia-Arten (A. semidentata, polyneura etc.), während die so richtig benannte Ardisia decus montis eine Hauptzierde des höher liegenden temperirten Regenwalds bildet- (Vgl. d. Abschnitt IV).

Die Rubus-Arten (R. glomeratus, chrysophyllus, alceaefolius) fallen mehr durch die Schönheit des Laubes als der Blüthen auf; sie treten übrigens erst in höher gelegenen Wäldern als wesentliche Bestandteile der Vegetation auf. Die ganz unscheinbar blühenden Bäumchen und Sträucher sind daneben, sowohl der Zahl der Arten, wie der Individuen nach, sehr stark entwickelt. Dahin gehören Vertreter der Urticaceen, mit lockeren, hängenden, grünlichen Blüthenständen (Boehmeria- und

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. 31g

Lasortea- Arten) , Piper- Arten , mit aufrechten , kerzenartigen Blüthen- ständen, Euphorbiaceen (Croton-, Phyllanthus- Arten), Lasianthus pur- pureus mit kleinen violetten Blüthen. Endlich seien als wesentliche Bestandtheile der holzigen Schattenvegetation noch erwähnt, kleine Palmen (Pinanga), Pandanus furcatus und zahlreiche Baumfarne.

Die krautige Vegetation zeigt einen erstaunlichen Formenreich thum. Ihre vornehmsten Bestandtheile sind die gesellig wachsenden Zingi- beraceen, deren Haine bereits erwähnt wurden. Vereinzelt zeigt sich hier und dort eine stattliche, nicht blühende Musa. Weite Strecken sind von einem dichtstehenden Strobilanthusgebüsch (Acanthaceae) bedeckt, dessen durchsichtige Stengel beim Durchgehen . glasartig zer- brechen und dessen zartes Laub von ziemlich grossen hellrothen Blüthen geschmückt ist. Anderwärts ist die krautige Vegetation kaum kniehoch und wesentlich von Cyrtandra nemorosa und Elatostema- Arten gebildet; auf der sattgrünen ebenen Fläche erheben sich vereinzelte höhere Kräuter, so die grossblätterige Begonia robusta, die mehr durch ihre Kobaltblauen Beeren als durch ihre weissen Inflorescenzen auffallende Pollia thyrsiflora, in der Blüthen- und seltenen Fruchtfarbe mit der vorgenannten übereinstimmende Dianella montana , Disporum multi- florum, mit hängenden , violetten Blüthenglocken , Polygala venenosa mit grossen, gelben Blüthen etc.

Schiebt man mit der Hand die Blätter des Krautteppichs auseinander, so erblickt man zwischen saftstrotzenden, zerbrechlichen Stengeln das von verfaulenden, stets nassen Blättern bedeckte Substrat. Die Zwischen- räume erscheinen sehr gross, obwohl vom Laubdache der Kräuter ganz überwölbt und ernähren keine dem blossen Auge sichtbare Vegetation. Hingegen ist man überrascht, einen Blüthenflor zu entdecken, von welchem man oberhalb des Laubdachs nichts merkte, namentlich den Stengeln von Cyrtandra nemorosa entspringend, aber auch am Stamme von Saurauja cauliflora, der seine dichten rothen und weissen Blüthenbüschel nur an seiner Basis, ganz unter Kräutern verborgen, zur Ausbildung bringt.

Die Bäume sind im Regenwalde die am wenigsten auffallenden Bestandtheile; nur die Plankengerüste zeichnen viele derselben beim ersten Blicke vor den Bäumen eines europäischen Waldes aus. Der stattlichste Baum dieser Wälder ist Altingia excelsa (Hamamelidaceae), die Rasamala der Eingeborenen, welcher bis gegen 60 m Höhe und 112 cm Stammdicke erreicht, meist jedoch 40 45 m hoch ist.1)

Zu voller Geltung kommt der Baum erst in der Ferne, bei Betrachtung des Waldes von oben, da seine Krone die anderen weit überragt. Sehr häufig ist ferner die Puspa (Gordonia Wallichii, eine Ternstroemiacee), welche

*) Koorders tu Valeton I, p. 204. Der höchste von diesen Autoren gemessene Baum hatte 58 m Höhe und war erst oberhalb 40 m verzweigt.

J20 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

zur Blüthezeit in der Ferne als schneeweisse Masse erscheint und sich an den zahlreichen abgefallenen Blumenblättern im Waldinnern verräth. Die Feigenbäume, welche vornehmlich die am tiefsten gelegenen Wälder be- wohnen, sind an ihren Luftwurzeln leicht kenntlich und manchmal cauliflor. Nach Junghuhn gehören die höchsten Bäume dieser Wälder namentlich zu den Gattungen Canarium (C. altissimum), Thespesia (Th. altissima), Dipterocarpus (D. trinervis und D. retusa), Epicharis (E. altissima und E. cauliflora). Die kleineren Baumarten sind weit mannigfacher. Als besonders häufig erwähnt Junghuhn Vertreter aus den Familien der Myristicaceen , Tiliaceen, Sapotaceen, Compositen (Vernonia javanica), Rubiaceen, Euphorbiaceen, Büttneriaceen, Laura- ceen (Cinnamomum), Mimosaceen etc.1)

Kurz unterscheidet in Pegu zwei Formen der Regenwälder, die ge- schlossenen und die offenen, welche zwei Graden der Feuchtigkeit entsprechen.

Der geschlossene Wald bildet eine 150 200' dicke Vegetationsmasse, in welcher 4 bis 5 Stockwerke unterschieden werden können. Die höchsten, das gemeinsame Laubdach überragenden Bäume werfen zum Theile ihre Blätter während der trockenen Jahreszeit ab, so Arten von Sterculia, einzelne Datiscaceen (Tetrameies), Leguminosen (Parkia, Albizzia, Aerocarpus, Ptero- carpus, Xylia), Anonaceen (Guatteria), Anacardiaceen (Swintonia), Lythraceen (Duabanga), Artocarpeen (Artocarpus) , Tiliaceen (Pentace) u. a. Immergrün sind unter diesen Riesenarten Dipterocarpeen (Dipterocarpus, Parashorea, Hopea, Anisoptera), Sapotaceen (Payena), Guttiferen (Garcinia), Urticaceen (Antiaris). Die grossen Bäume des mittleren Stratum sind hauptsächlich immer- grün. Es sind darunter namentlich vertreten einzelne Arten aus den Anona- ceen (Mitrephora), Sterculiaceen (Pterospermum), Burseraceen (Bursera), Melia- ceen (Amoora, Cedrela, Disoxylum, Sandoricum), Celastraceen (Kurrimia), Cornaceen (Marlea), Bignoniaceen (Stereospermum) , Verbenaceen (Vitex», Leguminosen (Pithecolobium , Adenanthera, Dalbergia, Albizzia), Sapindaceen (Sapindus), Lythraceen (Lagerstroemia), Anacardiaceen (Mangifera, Semecarpus», Guttiferen (Xanthochymus), Ficus-Arten, Diospyraceen (Diospyros), Lauraceen (Litsea), Euphorbiaceen (Bischofia, Trewia), Malvaceen (Hibiscus), Sterculiaceen (Sterculia, Pterospermum), Tiliaceen (Elaeocarpus), Podocarpus u. a. m.

Das dritte Stockwerk ist von immergrünen, höchstens 30' hohen Bäumchen zusammengesetzt, und zeigt eine noch mehr verwirrende systematische Zu- sammensetzung als die obersten Stockwerke. Da sind Violaceen (Alsodeia), Lauraceen (Litsea, Phoebe, Cinnamomum), Bixaceen (Hydnocarpus) , Hippo- crateaeeen (Siphonodon) , Euphorbiaceen (Cleistanthus , Ostodes, Baccaurea, Aporosa, Excoecaria, Antidesma), Rutaceen ( Micromelum ) , Bignoniaceen (Spathodea), Tiliaceen (Elaeocarpus), Sapindaceen (Erioglossum , Lepisanthes, Cupania, Euphoria), Meliaceen (Aglaia, Heynea), Anacardiaceen (Drimycarpus, Semecarpus), Myrsinaceen (Maesa, Ardisia) , Urticaceen (Celtis), Ficus-Arten,

») 1. c. I, p. 315-

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. 32 1

Leguminosen (Millettia, Erythrina, Dalbergia), Myrtaceen (Eugenia), Melastoma- ceen (Memecylum), Anonaceen (Cyathocalyx , Goniothalamus, Saccopetalum), Cupuliferen (Castanopsis) , Diospyraceen (Gunizanthus , Diospyros), Guttiferen (Garcinia), Ternstroemiaceen (Eurya), Tiliaceen (Grewia), Rutaceen (Zantho- xylum, Glycosmis, Murraya), Simarubaceen (Picrosma) , Ochnaceen (Ochna), Dicineen (Ilex), Celastraceen (Evonymus), Verbenaceen (Vitex), Myristica, u. a. m. Verschiedene Palmen, Bambusen und Pandanus fiircatus gehören auch zu diesem Stockwerke.

Unter den Lianen sind vertreten Malvaceen (Hibiscus), Combretaceen (Illigera, Calycopteris), Anonaceen (Artabotrys), Leguminosen (Dalbergia, Acacia, Bauhinia), Rhamnaceen (Colubrina, Zizyphus, Gouania, Ventilago), Araceen (Pothos, Scindapsus) , Ranunculaceen (Naravelia), Acanthaceen (Thunbergia), Convolvulaceen (Porana), Vanilla, Jasminum, Menispermaceen (Tinospora), Rubiaceen (Ancistrocladus, Uncaria), mehrere Vitis- Arten, 3 oder 4 Arten von Calamus und viele Andere.

Unter den aufrechten Sträuchern zeigen sich z. B. Violaceen (Alsodeia), Rubiaceen (Musssaenda, Morinda, Ixora), Urticaceen (Boehmeria), Verbenaceen (Clerodendron), * Anonaceen (Unona), Capparidaceen (Capparis), Myrsinaceen (Maesa, Ardisia), Diospyros, Connarus u. a. m.

Die Kräuter sind spärlich. In den dichten Theilen des Waldes ist der Boden nur von faulenden Blättern, Baumstämmen u. s. w. bedeckt; an lichten Stellen dagegen zeigen sich in zahlreichen Exemplaren Arten von Strobilanthus und anderen Acanthaceen, einzelne Aristolochiaceen (Bragantia), Urticaceen (Elatos- tema), Piper, Rubiaceen, Araceen, Liliaceen (Dracaena, Dianella), Commelina- ceen (Pollia), wenige Cyperaceen und Gräser, viele Scitamineen und noch mehr Farne. Die Bäume tragen auf ihren Stämmen und Aesten als Epiphyten Orchideen, Cyrtandreen u. s. w., aber wenig Moose, die überhaupt sehr schwach vertreten sind, ausser als Epiphyllen auf den Blättern, wo sie reichlich sind. Flechten kommen auf Bambusen und den höchsten Baumästen vor.

Pilze sind zahlreich, namentlich während der Regen. Einige Algen (Chroolepus, Scytonema) kommen als Epiphyten auf Stämmen und Blättern vor.

Die offenen immergrünen Wälder stimmen floristisch mit den geschlossenen nahe überein, sind aber bedeutend formenärmer. Es sind nur drei oder vier Stockwerke der Vegetation und wenige Lianen und Sträucher vorhanden, so dass solche Wälder weniger undurchdringlich sind.

§ 4. Der tropische Regenwald in Afrika. Die durch Pechuel-Lösche entworfene Schilderung des Regenwalds an derLoango-Küste (West- Afrika) ist mehr malerisch als wissenschaftlich. Immerhin giebt sie eine an- schauliche Vorstellung von der Physiognomie des westafrikanischen Waldes. (Fig. 140). „In seiner mächtigsten Entfaltung beherrscht er Höhen, Hänge und Thäler des Gebirges, sowie die Niederungen vieler Wasserläufe ; besonders die aus sehr fruchtbarem Schwemmlande aufgebauten Uferleisten des Kuflu schmückt er in unvergleichlicher Schönheit Er ist ebenbürtig den groß- artigsten Waldungen, die ich in anderen Ländern bewundert habe. Doch sind in ihm nicht, wie z. B. in den Wäldern Brasiliens, Guyana's, Westindiens, grosse und kleine Pflanzengestalten in reicher Abwechselung mit der denkbar

Schimper, Pflansengeographie. 21

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Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

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IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. 323

äussersten Benutzung des Raumes zusammengedrängt, in ihm wiederholen sich vielmehr gewisse zu riesigen Formen entwickelte Typen in Menge und ver- leihen ihm eine imponirende Gleichförmigkeit.

„Wie eine weite, grün überwölbte Halle empfangt er den Eintretenden. Das Laubdach ist durch unzählige, oft wunderlich geformte Säulen an 20 m über den Boden emporgelüftet. Ungeheure Stämme, astlos, schnurgerade und walzenrund, dazwischen schwächere, knorrig, verbogen, vielgetheilt, verlieren sich nach oben in den lockeren Blättermassen, welche an vielen Stellen von üppig belaubten Lianen durchzogen sind. Eine gedämpfte geheimnissvolle Beleuchtung umwebt die hellrindigen silbergrauen oder bräunlichen Schäfte, während vereinzelte wie in eine Kirche einfallende Sonnenstrahlen in zitternden goldigen Lichtern spielen. Immergrüne Bäume, an Höhe denen unserer schönsten deutschen Forsten gleichend, bilden die Hauptmasse des Waldes und drängen ihre Wipfel eng in einander. Ueber dieses dichte, von Schling- gewächsen übersponnene Laubdach ragen gewaltige unserer Buche gleichende Bäume mit periodischem Laubwurfe hinaus und entfalten erst in 30 und 50 Meter Höhe ihre feinverzweigten Kronen. Die meisten Stämme zeigen an ihrem Wurzelende in auffallender Weise die Neigung zur Pfeilerbildung . . ."

Nach einer eingehenden Besprechung der Pfeiler und der Lianen fahrt Ver- fasser fort, „Epiphyten haften nirgends an den hellen glatten Stämmen, selbst Moose sind verhältnissmässig nicht häufig. Das Unterholz ist spärlich vertheilt, und nur dichte Bestände einer Blattpflanze mit geraden, weithin rankenden Stengeln beleben einzelne Strecken. Eine Schicht trocknen Laubes lagert auf dem Boden; eingebettet in sie modern die niedergebrochenen Hölzer. Wo einer der hochragenden Riesenstämme in gewaltigem Sturze den ganzen Wald unter sich niedergeschmettert hat, da strömt durch die weite Lücke im Laubdache das Tageslicht herein, niedere Pflanzenformen haben sich angesiedelt, während junge Bäume im Wettwuchse nach oben streben.

. . . Wenn auch die Menge des hochübereinander geschichteten Laub- wuchses dem Untenstehenden vielfach eine völlig geschlossene Wölbung zu bilden scheint, so ist er doch locker angeordnet; die Blätter sind vorwiegend büschelförmig an die Spitzen der Zweige gerückt, und letztere sind nicht so vielfach getheilt wie an deutschen Waldbäumen. Daher können allenthalben Lichtstrahlen durch das Laubdach dringen und, wenn auch mannigfach ge- brochen, den Boden erreichen ..." S. 142. 145.

Der ostafrikanische Regenwald ist sowohl, was die Ausdehnung, als die Ueppigkeit der Vegetation betrifft, schwächer entwickelt als in West- Afrika; er zeigt sich wesentlich auf Bergschluchten beschränkt. Die Regenwaldflora von Usambara ist durch Engler in Bearbeitung genommen worden. Unter den bisher erkannten Bäumen desselben zeichnen sich durch Höhe aus u. a. Mesogyne insignis; Paxiodendron usambarense (Lauracee); Albizzia fastigiata; Sorindeia usambarensis (Anacardiacee); Stearodendron Stuhlmannii; Chryso- phyllum Msolo (Sapotacee). Diese Bäume sind 30 bis 60 m hoch. Kleinere Bäume sind u. a. Ficus Volkensii (15 m); Myrianthus arborea (10 m hohe Urticacee); Dasylepis integra (bis 10 m hohe Bixacee); Oxyanthus speciosus (bis 10 m hohe Rubiacee) u. a. Als Sträucher und Zweigbäume des Unterholzes

21*

J2A Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

zeigen sich Arten von Piper, Cassia, Brucea (Simarubacee); Pycnocoma (Eu- phorbiacee), Allophyllus (Sapindacee), Alsodeiopsis (Olacacee), Haronga (Hy- pericacee), Oncoba (Bixacee), Clerodendron (Verbenacee), Whitfieldia (Acantha- cee), Pavetta, Chasalia und Psychotria (Rubiaceen), Vernonia (Composite) und ein niedriger Baumfarn (Alsophila Holstii) u. a. Die krautige Vegetation ist hauptsächlich von Farnen gebildet, dazu treten einige Scitamineen, Urticeen, Euphorbiaceen etc. Lianen kommen wenig im dichten Walde vor, Epiphyten sind vornehmlich Farne, untergeordnet Orchideen und Peperomien. (S. 82.)

§ 5. Der tropische Regenwald in Amerika. Die grösste Berühmt- heit haben die tropischen Urwälder Amerikas erlangt und wohl mit Recht. Auf sie beziehen sich in erster Linie die gewöhnlichen Vor- stellungen und diese sind den Schilderungen Humboldt 's, Martius\ Schomburgk's , Saint-Hilaire's entnommen. Ich habe an verschiedenen Stellen des tropischen Amerika, auf den Antillen, in Venezuela, in Brasilien den Urwald betreten. Vielfach fand ich denselben noch weit majestätischer als auf Java, dank der grösseren Mächtigkeit der Bäume, der grösseren Dicke der Lianenstämme, dem noch viel massenhafteren Auftreten der Epiphyten. Die wesentlichen Züge der Physiognomie sind aber nahezu dieselben hier und dort, entsprechend der Aehnlichheit der Existenzbedingungen. Doch tritt sowohl in Westindien wie in Bra- silien und Süd -Mexiko, wohl auch anderwärts in Amerika , ein Merkmal hinzu , welches ich auf Java nicht fand und welches für die vorderindischen Wälder nicht erwähnt wird, nämlich der ausserordent- liche Reichthum an unverzweigten senkrecht durch die Luft ziehenden Luftwurzeln, den „cipös" der Brasilianer, die als stramm gespannte Drähte die auf demGeäste der Bäume befindlichen kletternden und epiphytischen Araceen und Clusiaceen mit dem nährenden Boden verbinden (Fig. 352).

Unter den floristischen Merkmalen des tropisch-amerikanischen Regen- waldes fällt wohl zunächst sein Besitz an Bromeliaceen in die Augen, die beinahe stets epiphytisch lebend, meist einen wesentlichen und durch eigenartige Formen wie durch Farbenpracht ausgezeichneten Bestand- teil der Vegetation bilden. Auch die epiphytischen Cacteen, nament- lich Rhipsalis- Arten, fehlen selten und sind leicht kenntlich.

Einem weit verbreiteten Irrthum gegenüber muss betont werden, dass baumartige Palmen keineswegs nothwendig zu den vorherrschenden Bestand- theilen des tropischen Regenwaldes gehören, weder in der neuen, noch in der alten Welt. Wohl sind Vertreter der Familie meist vorhanden. Es sind aber vorwiegend kleine Formen, oder stachelige Palmlianen. Hochstämmige, auf- rechte Palmen treten im Walde häufig ganz zurück, so z. B. auf Java; da- gegen sah ich auf Dominica Euterpe oleracea, in Süd-Brasilien Euterpe edulis häufig im Urwald wachsen. Einen an Palmen reichen Wald zeigt auch Fig. 1 30 für Samoa.

§ 6. Der tropische Regenwald in Australien und Mikronesien. Eine Schilderung des tropischen Waldes, der sich von der Nordküste

Fig. 141. Aus dem tropisch-amerikanischen Regenwalde. Blumenau, Brasilien.

Links: Schizolobium excelsum, entblättert. Euterpe edulis. In der Mitte ein Farnbaum.

Nach einer Photographie von Herrn Prof. Dr. II. Schenck.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

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1 26 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Australiens nach Südosten, längs der Küstengebirge von Queensland (Fig. 142) bis über den Wendekreis hinausdehnt, ist von Tenison- Woods gegeben worden. Dieselbe ist mir leider unzugänglich und nur durch den Auszug in Drude's Pflanzengeographie *) bekannt. Von der Ueppig- keit des Regenwaldes auf Samoa geben die Fig. 130, 150, nach Photo- graphien, die unter Leitung des Weltreisenden Herrn Küppers - Loosen ausgeführt wurden, eine prägnante Vorstellung.

3. Oekologische Eigentümlichkeiten der Regenwald- gewächse.

Die Gewächse des immergrünen tropischen Regenwaldes sind aus- gesprochen hygrophil und besitzen, mit Ausnahme eines Theils der Epiphyten, bei welchen ganz eigenartige Existenzbedingungen vorliegen, entsprechende Structur. Alle Eigenthümlichkeiten , die wir in einem früheren Kapitel als charakteristisch für die Vegetation in sehr feuchtem Klima kennen lernten, wie schwache Ausbildung des Korks und der Fasern in den Axen, Ombrophilie des Laubes, Hydathoden, Träufel- spitzen an den Blättern sind bei ihnen stark ausgeprägt. Die zuletzt erwähnten Eigenthümlichkeiten hygrophiler Pflanzen scheinen in den Tropen stärker entwickelt zu sein als in den temperirten Zonen und sind auch dort vornehmlich nachgewiesen worden.

Im Folgenden sollen einige Eigenthümlichkeiten der tropischen Regenwaldgewächse geschildert werden, welche, ohne in anderen Zonen ganz zu fehlen, doch nur in den tropischen zu hervorragender Be- deutung gelangen und das ökologische Vegetationsbild beherrschen.

§ 1. Die Bäume und Sträucher des Regenwaldes. Die Stämme der Bäume, deren Kronen das von unten meist unsichtbare Laubdach bilden, sind sehr ungleich dick und im Durchschnitt dünner als in weniger dichten und feuchten Urwäldern. Manche derselben sind an ihrer Basis von Strebepfeilern gestützt, welche zuweilen aus cylindrischen Wurzeln bestehen, die in einiger Entfernung vom Boden aus dem Stamme entspringen (Cecropia-, Myristica- Arten), weit häufiger jedoch brettartige Auswüchse der Stammbasis und der obersten Wur- zeln darstellen (Fig. 143). Diese von der Basis vieler Baumstämme bis zu einer Höhe von meist 1 bis 2 m über dem Boden ausstrahlenden Planken bilden tiefe Nischen, in welchen nicht selten zwei oder drei Menschen bequem Platz haben. Die Dicke der Planken ist vielfach so gering, dass dieselben ohne weiteres zur Herstellung von Tischen Ver- wendung finden können. Solche Gerüste kommen übrigens keines-

') S. 495.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

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wegs allen Bäumen des Regenwaldes, sondern nur der Minderzahl derselben zu; man sieht sie vornehmlich an sehr hohen, oberwärts relativ dünnen Stämmen, aber auch an den massiven Stämmen von Feigenbäumen.

Wie für so viele andere Erscheinungen der tropischen Vegetation, bietet der botanische Garten zu Buitenzorg reiche Gelegenheit die Plankengerüste in verschiedener Ausbildung kennen zu lernen und zwar, was im Walde in der Regel nicht der Fall, an Bäumen bekannter systematischer Stellung. Die auffallendsten dieser Bildungen zeigen sich dort, wie es Haberlandt bereits mitgetheilt hat, bei Bäumen aus der Familie der Sterculiaceen. In meinen

Fig. 143. Stammbasis mit Plankengerüst einer Sterculia-Art im Botanischen Garten zu

Buitenzorg. Nach Haberlandt.

Notizen finde ich Sterculia spectabilis Miq. , Firmiana colorata R. Br. und Pterygota Roxburghii als besonders ausgezeichnet angeführt. Ferner habe ich als bemerkenswerth bezeichnet: Dysoxylum mollissimum und D. Kadoya (Meliaceae); Urostigma altissimum und Cecropia cyrtostachya (Artocarpeae) ; Spathodea campanulata (Bignoniaceae) ; Vitex timorensis, V. cofassus, V. leu- coxylon (Verbenaceae); die meisten Terminalia- Arten (Combretaceae). Keine Plankengerüste haben unter anderen die hohen Bäume aus den Familien der Sapindaceae, Apocynaceae, Sapotaceae, die Myristica- Arten. Mehrere Arten der letzten Gattung haben Stützwurzeln. Brandis erwähnt Brettergerüste u. a. für Bombax malabaricum , Vitex- , Antiaris- , Lagerstroemia- , Hymenodyction-, Nuclea- Arten.

328

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Das Plankengerüst ist eine Eigenthümlichkeit der Bäume regenreicher tropischer Klimate, ohne auf den

immergrünen Regenwald be- schränkt zu sein, denn es zeigt sich auch im laub- abwerfenden Monsunwald (Fig. 189); dagegen fehlt es in weniger feuchten Ge- bieten. Die für sein Auf- treten nöthige Regenmenge ist nicht ermittelt. Die phy- siologischen Ursachen der Erscheinung und ihre Bedeu- tung für das Leben des Bau- mes sind zur Zeit noch unklar. An den meisten Baum- stämmen des Regenwaldes ist in Folge der Beein- trächtigung der Korkbildung durch die Feuchtigkeit, die Borke nur schwach entwickelt. Die Stämme im Regenwald zeigen nie solche Borkenschuppen, wie sie in den trockenen tro- pischen Gebieten in so auf- fallender Dicke sich zeigen. Vielmehr sind sie oft ganz glatt, oder mit wenig tiefen Längs- und Querrissen ver- sehen. Ja, die Korkbildung ist manchmal so schwach, dass mitteldicke Stämme von durchschimmerndem Chloro- phyll grün sind. Möglicher- weise hängt die nachher zu besprechende Erscheinung der Cauliflorie mit der schwachen Ausbildung der Borke zusammen. Selten hat man im Walde Gelegenheit, in die Verhältnisse der Verzweigung einen Einblick zu gewinnen, da dazu der Baum gefallt werden müsste. Dafür liefert wiederum der Garten zu Buitenzorg reichen

Fig. 144. Schizolobium excelsum. Nach einer Photographie von Herrn Dr. Treub.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

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Ersatz, wobei allerdings in Betracht gezogen werden muss, dass er so- wohl Bäume des Regenwalds, als solche laubabwerfender Wälder, der Strandwälder und sogar der Savannen enthält. Die besonders in die Augen fallenden Gestalten der Schirmbäume treten im immergrünen Urwalde nur ausnahmsweise auf und dann sind es gewöhnlich Wald- riesen , deren Kronen sich über das allgemeine Laubdach erheben während die noch auf- fallenderen Formen der Etagenbäume ihnen ganz fehlen dürften. Solche Baumformen sind viel mehr für lichte, laub- abwerfende, mehr oder weniger xerophile Wäl- der, für die Savannen und die höchsten Wald- regionen der Gebirge, überhaupt für ein trocke- nes Klima charakteri- stisch. Die Kronen der Urwaldbäume sind in der Regel länglich, von mehr oder weniger ei- förmiger Gestalt oder sehr unregelmässig.

In den sorgfaltigen Aufzeichnungen von Koor- ders und Valeton1) ist für die grosse Mehrzahl der Fälle die Gestalt der Krone angegeben. Beinahe für alle Bäume des immer- grünen Urwalds Java's ist dieselbe als eiförmig oder unregelmässig bezeichnet.

Schirmbäume oder Bäume mit abgeplatteten bis halbkugeligen Kronen sind nur Parkia biglobosa (häufiger in dünnen, laubabwerfenden Wäldern), Tarrietia javanica (seltener Waldriese mit etwas abgeplatteter Krone), Dysoxylum mollis- simum (bis 58 m hoher, seltener Waldriese mit unregelmässig schirmförmiger

Fig. 145. Averrhoa Bilimbi L. Eine baumartige Oxali-

dacee (ca. 8 m h.) im Botanischen Garten zu Buitenzorg.

Aus natürl. Pflanzenfam. Nach einer Photographie.

*) 1. c. Lief. 1—3.

330 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Krone), Cedrela febrifuga (Waldriese mit halbkugelförmiger Krone, auch in dünnen, laubabwerfenden Wäldern).

Die Bäume des tropischen Regenwaldes sind weit weniger verzweigt, als diejenigen der Wälder der tempe- rirten Zonen. Viele der Tropenbäume bleiben ganz unverzweigt, wie die Baumfarne, Cycadeen, Palmen und manche kleinere Dicotylen (Carica Papaya, Theophrasta, Araliaceen etc.). Manche verzweigen sich erst, nachdem sie 2 m oder darüber hoch sind und einen faustdicken Stamm besitzen, wie Albizzia-, Schizolobium-Arten und andere Legu- minosen , Cecropia etc. Die später auftretenden Aeste bleiben theil- weise unverzweigt oder erzeugen nur wenige einfache Seitenäste (Fig. 144 und 145). Häufig werden sogar bei sehr hohen Bäumen nur drei Zweigordnungen ausgebildet (z. B. Strombosa-, Cinchona-, Jagera-, Hopea- Arten). Bei unseren Holzgewächsen sind hingegen höhere Zweig- ordnungen, meist 5 8, vorherrschend (Wiesner).

„Selbst bei den grössten von mir in den Tropen beobachteten Bäumen ging die Ordnungszahl über 5 nicht heraus (Ficus elastica, mit oft nur 2 4 Zweigordnungen, F. religiosa, Pterocarpus indica, Altingia excelsa, Gre- villea robusta). Die zahlreichen Beobachtungen des Herrn Koorders führen zu demselben Resultat; ausnahmsweise kommen auch noch höhere Zweig- ordnungen vor. Die Complication der Verzweigung betrifft aber nur die unmittelbar das Laub tragenden Zweige. Die blattlos gewordenen Stammtheile sind durchweg nur spärlich verzweigt"1)

Die Blätter der Regenwaldbäume sind sehr mannigfach, oft von derber lederartiger Beschaffenheit und stark glänzend, ziemlich selten zart gefiedert oder filzig behaart. Sie sind, wie bereits des näheren auseinandergesetzt1), meist schief zum Zenith gestellt, oft schopfartig am Ende langer, nackter Axen angehäuft (Fig. 145).

Die Sträucher des Regenwaldes sind, wie die Bäume, im Ver- gleich zu den Sträuchern unserer Wälder meist schwach verzweigt. Ihre Blätter sind meist gross und zart krautig, selten lederartig.

§ 2. Die Bodenkräuter (Fig. 135 u. 136). Die Bodenkräuter sind theils aufrecht, theils kriechend, schwach verzweigt und beinahe stets mit gestreckten Axen versehen ; dichte Rosetten kommen, entsprechend der grossen Feuchtigkeit, nicht vor. Bei grösserer Beschattung trägt der Boden nur zarte Kräuter, die in der schwachen Bewurzelung, den grossen über- zarten Blättern, der spärlichen Entwicklung von Fasern und von Ge- lassen in ihren safttrotzenden, zerbrechlichen Stengeln den Einfluss der Feuchtigkeit in Boden und Luft aufs deutlichste zu erkennen geben (z. B. verschiedene Rubiaceen, Urticeen).

Manche Kräuter des Urwaldbodens sind auf ihrem Laube mit

l) Wiesner, S. 73—74.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

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wunderbaren Zeichnungen, wie weissen, silbernen, goldenen, rothen Flecken und Streifen versehen, welche manche derselben zu gesuchten Zierpflanzen erhoben haben (Begonien, Marantaceen, Orchideen).

Stahl erblickt in derartigen farbigen Flecken Vorrichtungen zur Be- förderung der Transpiration. Seine diesbezüglichen Erörterungen sind scharf- sinnig und anregend, aber bei dem Fehlen ganz beweiskräftiger Experimente noch zu hypothetisch, um eingehende Berücksichtigung finden zu können.

Nicht selten, namentlich an sehr feuchten und schattigen Stand- orten, zeigt das Laub der Kräuter die sammetige Oberfläche (Fig. 24), deren Zusammenhang mit der Lichtconcentration und der Beförde- rung der Transpiration frü- her dargestellt wurde.1) An ähnlichen Orten schimmert das Laub vieler Gewächse, vornehmlich Selaginella- und Trichomanes-Arten in metal- lischem blauem Glänze.

Eine eigene Vegetations- form bilden die im tiefsten Waldschatten niemals fehlen- den Hymenophyllaceen (Fig. 146), welche zwar vielfach als Epiphyten die Basis der Baumstämme bekleiden, aber auch auf dem Boden und auf Felsen vorkommen und über- haupt die Eigenart epiphy- tischer Gewächse nicht auf- weisen. Die Hymenophylla- ceen (Hymenophyllum und Trichomanes) veranschau- lichen besser als irgend welche andere Gewächse des Ur- walds dessen grosse Feuchtigkeit, indem sie manche Merkmale mit den Wasserpflanzen theilen. Ihre zarten und, ausgenommen an den Nerven, meist einschichtigen Blätter saugen an ihrer ganzen Oberfläche das Wasser auf und schrumpfen rasch zusammen, sobald die Atmo- sphäre nicht nahezu mit Wasserdampf gesättigt ist. Wie bei Wasser- pflanzen spielen die stark reducirten Wurzeln nur eine untergeordnete Rolle als Organe der Befestigung oder fehlen sogar gänzlich.2)

Fig. 147. HymenophyUaceen des tropischen Regen- waldes Amerika's. / Trichomanes angustatum Carm. 2 Trichomanes sinuosum Rieh. Epiphyten auf Farn- bäumen. Blumenau, Süd-Brasilien.

») S. 22.

2) Vgl. namentlich die citirten Arbeiten von Prantl und Mettenius.

332

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

§ 3. Die Lianen. Die eigenartigsten Bestandteile des Regen- waldes, diejenigen, welche den Reisenden zuerst auffallen und von ihnen am häufigsten erwähnt werden, sind die Epiphyten und die Lianen. Beide Vegetationsformen finden sich zwar auch in anderen Wäldern und sind nicht auf die Tropen beschränkt, der tropische Regenwald ist aber, wie bereits gezeigt wurde, die Urheimath beinahe sämmtlicher höheren Epiphyten, auch solcher, die in offenen, trockenen Landschaften vorkommen, während die Holzlianen in demselben aller- dings nicht ihren ausschliesslichen Bildungsherd, wohl aber die Statte

ihrer üppigsten Entwickelung ^ '^M|^: und ihres bei weitem gröss-

ten Formenreichthums besitzen. Beide Formen zeigen insofern einen Zusammenhang, als ein an Holzlianen reicher Wald, auch reich an Epiphyten zu sein pflegt und dass die Vertreter beider Genossenschaften vielfach denselben Familien angehören. Die Entstehung beider Formen ist auf die gleichen Factoren zurück- zufuhren, das Streben nach Licht unterstützt durch grosse Feuch- tigkeit, beide sind durch Ueber- gänge verbunden und manche Epiphyten sind augenscheinlich aus Lianen hervorgegangen.

Die ökologischen Eigen- tümlichkeiten der Lianen sind in einem früheren Kapitel in ihren allgemeinen Zügen dar- gestellt worden, aber die wenigen dort auf Grund des Klettermo- dus unterschiedenen Typen geben von der reichen Mannigfaltigkeit der tropischen Lianenformen keine Vorstellung und die diesbezüglichen Merk- male pflegen, ausser bei den Wurzelkletterern, im Walde dem Blicke entzogen zu sein. Viele der zu verschiedenen ökologischen Typen gehörenden Lianen sehen in ihren unteren allein sichtbaren Theilen einander sehr ähnlich, während andere an ihrer Wachsthumsweise, nament- lich aber an der Form ihrer Stämme leicht erkannt werden.2)

Fig. 148. Gnetum scandens auf Cocospalmen. Nach einer Photographie v. Herrn Dr. G. Karsten.

l) S. 209.

*) Vgl. darüber und das Folgende namentlich Schenck I u. IT.

Kig. 147. Eine Liane im botanischen Garten zu Peradenyia. Nach einer Photographie.

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Fig. 149. Palmlianen im botanischen Garten zu Buitcnzorg. Nach einer Photographie des Herrn Dr. M. Treub.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

333

Zu den charakteristischsten und häufigsten Erscheinungen unter den Lianen der Tropenwälder gehören die kletternden P a 1 m e n , Arten von Calamus und einigen verwandten kleinen Gattungen im tropischen Asien und Australien, solche von Oncocalamus und anderen Raphieen im tropischen Afrika und von Desmoncus im tropischen Amerika. Die dünnen und zähen , als „Rotang" wohl bekannten , oft stacheligen Stämme bilden zwischen den Stämmen in vielen Tropenwäldern weit ausgedehnte Gewirre, welche das Waldmesser nur mit grösster Mühe durchschneidet, und liegen in ungeheuren Schlingen auf dem

Fig. 150. Waldrand in Amboina mit einer Palmliane. Nach einer Photographie von Herrn Dr. G. Karsten.

Boden. Ein von Treub gemessener herabgerutschter Stammtheil hatte 240 m Länge.

Noch mehr als der Wachsthummodus ist für die Palmlianen die Art ihres Kletterns charakteristisch. Bei Calamus und den Raphieen setzt sich die Rhachis des Blatts in ein langes, biegsames, mit haken- förmigen Stacheln versehenes Flagellum fort, welches als rankenähnliches, aber nicht reizbares Organ die Befestigung der belaubten Sprossgipfel am Geäst des Stützbaums in wirksamster Weise bewirkt. Ist der Gipfel des letzteren erreicht und hiermit das fernere Emporwachsen der Liane ausgeschlossen, so rutschen die blattlos gewordenen älteren Axentheile,

334

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

ihrem Gewichte folgend, herab und liegen schliesslich in Form der erwähnten, auf Fig. 149 wohl sichtbaren Schlingen auf demselben.

Fig. 151. Eine Palme, deren Stamm unterwärts von einem wurzelkletternden Farn, ober- wärts von Freycinetia sp. umrankt ist Samoa. 300 m ü. M. Nach einet Photographie.

Noch eigenartiger sind die Klettervorrichtungen bei den amerika- nischen Desmoncus-Arten, mit welchen ich namentlich in den Wäldern

lg. 152. Wurzelkletternde Lianen an einem Baumstamm im süd-mexikanischen Regenwalde (Chiapas). nten : Sarcinanthus utilis, mit zweispaltigen Blattern. Weiter oben : Araceen. Zu oberst sind neben Araceen- üLttern epiphytische Sträucher sichtbar. Rings um den Stamm die drahtartigen Luftwurzeln der im Geäst be- findlichen Araceen. Nach einer Photographie des Herrn Dr. G. Karsten.

Verlag von Qattav Fitefctr, Jena.

Reprodukt. von J. B. Obernetter, München.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

335

•auf Trinidad nähere Bekanntschaft machte. Hier sind die obersten Fiederpaare in lange und starke, nach rückwärts gekrümmte Dornen umgewandelt, so dass die verlängerte Rhachis einer Harpune gleicht.

Die kletternden Palmen sind ökologisch als höchste Stufe des Spreizklimmertypus zu betrachten, zu welchem noch viele an- dere Lianen des Regenwalds, unter anderen Bambusen gehören. Manche Arten der Bambusen klettern hoch an den Bäumen empor; häufiger jedoch verbleiben sie im Bereich des Unterholzes und ver- ankern sich an dem Geäst der kleineren Bäume und Sträucher mit Hülfe ihrer nach unten gekrümmten, langen und dornähnlichen Laub-

Fig. 153. Sarcmanthus utilis (Cyclanthaceae) an Baumstämmen des süd-mexikanischen Regen- waldes (Prov. Chiapas) emporkletternd. Nach einer Photographie des Herrn Dr. G. Karsten.

knospen. Besondere Kletterorgane sind also hier nicht vorhanden, doch dürften einige Eigenthümlichkeiten der Knospen, namentlich deren Krümmung, als Anpassung an das Klettern entstanden sein.

Die mit den Palmen verwandten Cyclanthaceen und Pandanaceen haben ebenfalls lianenartige Vertreter, erstere in Arten der Gat- tungen Carludovica und Sarcinanthus (tropisches Amerika), letztere in zahlreichen Freycinetia- Arten des malayischen Archipels und Mikro- nesiens. Alle drei Gattungen bestehen ganz oder zum Theil aus Wurzel- kletterern, und gehören in ihren Verbreitungsgebieten zu den ver- breiteten und augenfälligen Bestandtheilen des Regenwalds. Die

336 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Freycinetien (Fig. 151) sind hohe Kletterer, welche bis an das Geäst der höchsten Bäume gelangen und die Stämme in üppigster Weise mit langbeblätterten Sprossen umhüllen (z. B. auf Java). Die Carludovica- Arten sind weniger hohe und weniger üppige Kletterer. Doch sah ich in den Wäldern der kleinen Antillen Carludovica Plumieri eine Haupt- rolle spielen, indem sie als ausgeprägte Schattenpflanze an allen Stämmen dunkeler Wälder ihre palmähnlichen Blätter ausbreitete, zwischen welchen die höchst eigenartigen, cr£meweissen, von langen fädigen Staminodien bedeckten Blüthenkolben sich erhoben. Sarcinanthus ist mit nur einer Art, S. utilis, auf die Wälder des centralen Amerika und südlichen Mexiko * beschränkt. Er ist auf unseren Figuren 129, 152 und 153 an den zweispaltigen Blättern leicht erkennbar.

Den ersten Rang nehmen unter den monocotylen Lianen, neben den Palmen, die Araceen ein, welche in den grossen Gattungen Philo- dendron, Monstera, Pothos und einigen anderen kleineren eine Reihe hochemporwachsender grossblätterigfcr Wurzelkletterer besitzen, die zu den auffallendsten Erscheinungen der tropischen Regenwälder, nament- lich derjenigen Amerika's gehören. (Fig. 129 u. 152.)

Die Stämme dieser Lianen auch diejenigen von Carludovica erzeugen ihrer ganzen Länge nach zahlreiche Adventivwurzeln von ganz ungleichen morphologischen und physiologischen Eigenschaften. (Fig. 154.) Die einen sind als Haft wurzeln ausgebildet und sind verhältnissmässig kurz (oft 2 3 dem oder auch weniger); sie sind ausgesprochen negativ heliotropisch, so dass sie sich der Stütze direkt andrücken ; sie wachsen, sei es in Folge von Diageotropismus oder von Rectipetalität, ungefähr horizontal. Im histologischen Bau der Haft- wurzeln herrschen die mechanischen Elemente, namentlich zähe Fasern vor, während die leitenden Elemente sehr zurücktreten (Fig. 155 £).

Die Nährwurzeln sind ausgesprochen positiv geotropisch und wachsen, ohne sich zu verzweigen, nach abwärts, bis sie den Boden erreichen ; dort angelangt, pflegt das Spitzenwachsthum bald aufzuhören, während aus dem Gipfeltheil zahlreiche Nebenwurzeln entspringen und senkrecht in den Boden dringen. Aehnliches geschieht im Wasser. Bei manchen Arten kriechen die Nährwurzeln an der Oberfläche der Rinde, in der Nähe der Stämme, bei anderen hingegen, namentlich solchen, die hoch in das Geäst emporklettern und die ich nur im tropischen Amerika, dort aber überall beobachtete, wachsen die Nährwurzeln frei durch die Luft herab und stellen, nach Erzeugung der Bodenwurzeln, straff gespannte Drähte von oft ungeheurer Länge, aber nur etwa Blei- stiftdicke dar, welche in den Heimathländern als Stricke (cipö der Brasilianer) ausgedehnte Verwendung finden (Fig. 152 u. 159).

In den Nährwurzeln sind, im Gegensatz zu den Haftwurzeln, die leiten- den Elemente stark und die mechanischen schwach entwickelt (Fig. 1550).

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

337

Ausser den erwähnten giebt es in den Regenwäldern noch zahl- reiche andere Wurzelkletterer, z. B. Piper-, Ficus- Arten etc. unter den holzigen, Vanilla-, Begonia- Arten unter den krautigen. Im tropischen Amerika sind die ebenfalls durch Haftwurzeln kletternden Marcgravia- Arten namentlich wegen des stark ausgeprägten Dimorphismus der Blätter an den dem Stützstamm aufliegenden und den frei wachsen-

Fig. 154. Stengel von Philodendron mela- nochrysum mit vertikalen Nähr- und horizon- talen Haftwurzeln. 1L nat. Gr. Nach Went.

Fig. 155. Anthurium sp. Epiph. Liane aus

Trinidad. Wurzelquerschnitte, a Nährwurzel.

b Haftwurzel. Vergr. 10.

den Aestcn sowie wegen der eigenartigen Blüthenstände , ebenso auf- fallende wie allgemein verbreitete Erscheinungen.

Hin und wieder zeigen sich Baumstämme des Regenwaldes, doch nur solche von massigem Durchmesser, von Lianen umwunden. Doch ist dies nicht gerade häufig. Die meisten W i n d e r unter den Lianen erheben sich völlig frei und oft pfeilgerade zwischen den Baumstämmen, sei es dass sie sich an einem dünnen , seitdem abgestorbenen Stamm

Schimper, Pflanzengeographie. 22

338 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

bis zum Lichte emporgehoben hatten, sei es dass sie zunächst ohne Stütze in die Höhe gewachsen sind.1)

Die Mehrzahl der stattlichen Holzlianen-Arten des tropischen Regen- waldes, namentlich derjenigen mit bis schenkeldickem gelapptem oder zerklüftetem Stamme, gehören zur höchsten Stufe der Kletterpflanzen, derjenigen der Ranker.

Davon kann man sich in der Regel jedoch erst überzeugen, wenn man die im Geäste des Laubdaches verborgenen oberen Theile zu Ge- sicht bekommt. An den unteren Stammtheilen ist ebenso wenig wie an den Schifftauen, denen sie gleichen, die Art der Befestigung der oberen Theile erkennbar.

Unter den verbreitesten und auffallendsten Rankenkletterern befinden sich in der alten wie in der neuen Welt mehrere, wegen fehlender Blüthen theilweise noch unbeschrieben gebliebene Arten der grossen Gattung Bauhinia, deren Axen durch bandartige Abplattung und mehr oder weniger starke wellenartige Krümmungen ausgezeichnet sind (Fig. 156). Solche Bauhinien gehören zu den gemeinsten und zu den grössten Lianen des tropischen Amerika. Ich habe sie massenhaft in Brasilien und auf den Antillen gesehen , am meisten auf Trinidad, wo die zickzackigen Schlingen der weniger alten Aeste in jedem Wald- theile vom Laubdach herabhängen.

Die Wellung ist an jungen Axen noch nicht vorhanden und geht von einem früheren oder späteren Altersstadium ab wieder verloren, indem gerade Holzschichten den verbogenen aufgelagert werden (Fig. 157). Der ursprüngliche wellige Axentheil stellt sich dann wie eine schmale Leiter zwischen zwei mächtigen Leiterbäumen dar.

Die ökologische Bedeutung der Wellung kommt zum Vorschein, sobald der Versuch gemacht wird, die Liane herab zu ziehen. Die Aeste des Stützbaumes bleiben in den Schnallen, welche durch die nach unten gekrümmten hakenförmigen Ueberreste von Seitenästen eine Verstärkung erhalten , derart festgeklemmt , dass solches Unter- nehmen wenn überhaupt, nur unter Zerbrechen vieler Zweige gelingt. Der gerade gewordene Stamm hingegen findet kein Hinderniss mehr und gleitet allmählich, seinem Gewicht folgend, auf den Boden. Dass in Folge des Absterbens des stützenden Gezweiges und des bedeuten- den Eigengewichts auch noch wellige Axen heruntergleiten, zeigt ihr häufiges Herabhängen vom Laubdach herunter.

Zu den hohen Rankern des tropischen Regenwaldes gehören ausser- dem eine Anzahl durch auffallende Stammbildung ausgezeichnete Arten,

*) Zu den hohen Windern des tropischen Regenwaldes gehören namentlich Menis* perraaceen, Malpighiaceen, Euphorbiaceen (Tragia, Dalechampia), Combretaceen (Combretnm, Quisqualis), Asclepiadaceen, Corapositen (Mikania), Magnoliaceen (Schizandra, Kadsura).

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

339

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Hg, 156. ItiiuhmiH. sp, aus 4tan Rc£enwald bei Hlumcnau, / St tick einer jüngeren Axe. 3 Stock einer ganz jungen noch geraden Axe. 'j Lungere« Stück der Axe 1 , verkleinert.

340 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

z. B. Sapindaceen (Uhrfederranker), mit kabelartig aus Strängen zu- sammengesetztem Stamme, blattrankende Bignoniaceen, mit im Quer- schnitt kreuzförmigem Holzkörper etc.1)

§ 4. Die Epiphyten.2) Noch mehr als die Lianen tragen die Epi- phyten zur charakteristischen Physiognomie des tropischen Urwalds wesentlich bei, sitzen doch auf den Stämmen und aufwärts bis zu den äussersten Astspitzen der Bäume eine Fülle von Phanerogamen und Farnen, und zwar nicht bloss Kräuter, sondern Sträucher und sogar Bäume, während bei uns nur Moose, Flechten, kleine Algen an solchen Standorten wachsen können. Im Regenwald sind solche kleine Formen meist auf die Blätter zurückgedrängt, die sie vielfach als Epiphyllen dicht überziehen.

Die Standorte der Epiphyten scheinen im Allgemeinen zur Er- nährung grosser Pflanzen wenig geeignet. Zwar wachsen dieselben manchmal auf sehr rissiger Rinde, in Gabelungen des Geästes, wo sich Humus angesammelt hat, in den persistirenden nischenartigen Blattstiel- basen von Palmen, etc. Doch kommen viele ihrer Arten vornehm- lich auf ganz glatter Rinde vor, z. B. auf den mastähnlichen glatten Stämmen vieler Palmen, auf den noch glatteren, gleichsam gefirnissten der Bambusen, auch auf glatten Blättern. Die einige Meter langen Schweife der Tillandsia usneoides liegen wurzellos und ohne jeden Zusammenhang, gleichsam hingeworfen auf den Astspitzen und Asple- nium nidus hängt häufig seine über meterhohen Trichter an dünnen Lianenstämmen reihenweise auf.

Nach ihrer Lebensweise können die Epiphyten in vier Gruppen ein- getheilt werden. Die erste, diejenige der Protoepiphyten ist sehr wenig homogen und fasst alle Arten zusammen, die für ihre Er- nährung auf die Rinde und die direkte Zufuhr seitens der Atmosphärilien angewiesen sind. Zu der zweiten Gruppe, derjenigen der Hemiepiphyten gehören solche Epiphyten, die zwar auf den Bäumen ihre Keimung und erste Ent- wickelung durchmachen, nachträglich aber durch ihre Wurzeln mit dem Boden in Verbindung treten, so dasssie in Bezug auf ihre Ernährung den gleichen Bedingungen unterstehen wie Bodenpflanzen, namentlich wie wurzel- kletternde Lianen. Die dritte Gruppe, diejenige der Nest- epiphyten, ist von denjenigen Arten gebildet, welche durch ge- eignete Vorrichtungen grosse Mengen von Humus und Wasser sammeln. Die epiphytischen Bromeliaceen sind wenigstens

l) Zu den hohen Zweigklimmern gehören Securidaca- Arten, die Hippocratea- Arten der neuen und alten Welt, diejenigen von Dalbergia und Machaeriuni in Brasilien, Anonaceen im tropischen Asien, zu den Fadenrankern die Cissus- Arten etc. *) Schiniper I u. IL

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

341

in den Tropen, die neuseeländische Lianen -Gattung Astelia scheint sich ihnen anzuschliessen die einzigen Vertreter der vierten Gruppe derjenigen der Cisternepiphyten, bei welchen dasWurzelsystem nur als Haftapparat entwickelt oder ganz unterdrückt ist, so dass die ganze Ernährung durch die Thätigkeit des Laubes stattfindet.

Die Protoepiphyten entbehren vielfach ausgeprägter An- passungen. So unterscheiden sich z. B. kleine Farne, die auf feuchter rissiger Rinde wachsen, in keiner Weise von denjenigen des Bodens. Im Allgemeinen jedoch zeichnen sich auch die Farne dieser-Gruppe vor den verwandten Gewächsen des immergrünen Regen- walds durch ihren ausge- prägten xerophilen Charak- ter aus, welchen die un- regelmässige und spärliche Zufuhr des Wassers durch das Substrat zur Genüge er- klärt. Die Epiphyten des feuchten Waldes zeigen ähnliche Schutzvorrichtungen gegen Wasserverlust durch Transpiration, wie die Be- wohner physiologisch trocke- ner Standorte überhaupt. Solcher Schutz wird in die- sem Falle sehr selten durch Behaarung gewährt , viel öfter durch eine sehr dicke Cuticula und durch trichter- förmige Einsenkung der Spaltöffnungen, am häufigsten jedoch durch Vor- richtungen zur Speicherung des Wassers, welches die Regen zeitweise in übergrosser Menge zufuhren, während es in anderen Zeiten sehr spärlich ist. Solche Wasserspeicher sind vielfach als mächtiges Wassergewebe in den Blättern entwickelt, welche dann auffallend dick und saftig erscheinen (Peperomia, Aeschynanthus-Arten und andere Gesneraceen, viele Ascle- piadaceen etc.) (Fig. 16 a), oder es sind zahlreiche Wassertracheiden vorhanden, wie im Laube vieler Orchideen (Fig. 16), oder bestimmte Glieder der Pflanze sind in Wasserspeicher umgewandelt. So versehen die knollenartigen Gebilde, welche so vielen Epiphyten zukommen,

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Fig. 157. Bauhinia sp. Pernambuco. Der welligen

jungen Axe sind gerade Zuwachsschichten aufgelagert

worden.

342

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

z. B. zahlreichen aber nicht allen Orchideen, manchen Ericaceen, Utri- cularien, den jungen Feigenbäumen (Fig. 160), auch die spindelförmigen angeschwollenen Blattstiele von Philodendron cannifolium und die altern- den, vergilbten, stark verdickten Blätter von Peperomien und Gesnera- ceen, wie experimentell nachgewiesen wurde, die zugehörige Pflanze mit Wasser, so dass sie bis zur Erschöpfung dieser Vorräthe, ohne Zu-

Fig. 158. Schiefgewachsener Baumstamm mit Epiphyten. Von rechts nach links: Oben Philodendron cannifolium, unten hängende Codonanthe Devosii; oben Ficus sp. (baumartig}. Vriesea; unten: Anthurium sp. , Rhipsalis 2 spec. Nach einer Photographie von Herrn

Prof. Dr. H. Schenck.

fuhr von Aussen weiter gedeiht, bei Entfernung derselben aber rasch vertrocknet.

Während die Wurzeln vieler Protoepiphyten sich nicht wesent- lich von denjenigen terrestrischer Gewächse unterscheiden, sind andere mit Vorrichtungen versehen, durch welche jeder Tropfen herab- fallenden Wassers sofort aufgenommen wird. Dieses geschieht durch Vermittelung des Velamen, eines Gewebes, welches die Wurzeln

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*ig- *57- Baumstamm mit Epiphyten. Blumenau, Brasilien. Unten: Vriesea; oben:

Khipsalis sp. Rechts, drahtartige Luftwurzeln (Nährwurzel n) von Philodendron sp. ; links

ein schief aufstrebender Lianenstamm.

Nach einer Photographie von Herrn Prof. Dr. H. Schenck.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

343

beinahe aller epiphytischen Orchideen und gewisser Araceen überzieht. (Fig. 161). Die Zellen dieses Gewebes, welches mehrschichtig zu sein pflegt, sind tracheidenähnlich, mit Spiralfasern versehen, bei trockenem Wetter lufthaltig. Sie grenzen nach innen an eine Endodermis, deren Zellen zum Theil als Durchlasstellen ausgebildet sind. Wird der Wurzel Wasser zugeführt, so wird dasselbe durch das Velamen, wie durch Löschpapier, aufgesogen und füllt die Zellräume aus. Von dort gelangt es langsamer , durch die Durchlassstellen , in das Innere der Wurzel hinein.

Die Wurzeln der Epiphyten dieser Gruppe sind meistens dem Lichte ausgesetzt, und in Folge dessen häufig chlorophyllhaltig. Dieser Umstand hat eine der eigenthümlichsten An- passungen unter den Epiphyten zur Folge gehabt, nämlich die Ausbildung des Wurzel- systems, unter gleichzeitiger Unterdrückung des Laubes, zum alleinigen Organ der As- similation. Solche assimilirende Wurzeln kriechen entweder auf der Rinde oder hängen frei in der Luft herab, sind in man- chen Fällen dorsiventral und stets mit Durch- lassstellen für den Gasaustausch versehen, welche den schwach assimilirenden Wurzeln anderer Orchideen fehlen (Fig. 114).

Zu den Hemiepiphyten gehören meist sehr stattliche, zum Theil baum- artige Formen, wie die epiphytischen Feigen- bäume, Clusia - Arten , grosse Araceen aus den Gattungen Philodendron und Anthu- rium, Carludovica etc. Der Epiphyt ver- hält sich anfangs wie ein solcher der ersten Gruppe und entwickelt ähnliche Wasser- speicher. Seine Wurzeln sind gleichartig ausgebildet und dienen zugleich zur Befestigung und zur Nahrungsaufnahme. Später zeigt sich, wie bei den vorherbeschriebenen wurzelkletternden Araceen, eine scharfe Differen- zirung in kurze Haftwurzeln und in lange zum Boden herabwachsende Nährwurzeln derart, dass der Epiphyt zwar hoch oben auf dem Baume sitzt, aber bezüglich der Nahrungsaufnahme einer Bodenpflanze gleicht. Viele Epiphyten dieser Gruppe sind gleichzeitig Lianen, wie die schon im Zusammenhang mit letzteren erwähnte Carludovica Plumieri und ver- schiedene Araceen, andererseits fehlt es nicht an auf dem Boden keimen- den Lianen , deren Stamm allmählich von unten nach oben abstirbt, so dass sich dieselben auf späteren Stadien ganz wie Hemiepiphyten unterhalten. Sie sind als Pseudoepiphyten bezeichnet worden.

Fig. 160. Ficus sp. Epiphyt.

Junge Pflanze mit Knollen , in

nat. Gr. Nach Went.

344

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Die stattlichsten unter den Hemiepiphyten sind in den Tropen beider Welttheile Arten der Gattung Ficus. Allgemein bekannt ist der riesige Banyanbaum Ostindiens, (Ficus bengalensis) (Fig. 162) eine lebende ungeheure Säulenhalle, bestehend aus flachem, weit ausgebreite- tem Laubdach und zahlreichen von den Aesten herabwachsenden, stamm- ähnlichen Stützwurzeln. Wie alle Hemiepiphyten, keimt der Banyan auf einem Baumaste und hat anfangs nur solche Nährstoffe zur Ver- fügung, wie sie auf der Rinde des Tragastes sich befinden. Hat derselbe aber seine Nährwurzeln entwickelt, so geht der stützende Baum im

Fig. 161. Querschnitt durch die Luftwurzel von Dendrobium nobile, vi Velamen, cc Exo-

dermis, / Durchgangszellen derselben, c Kinde, ei Endodermis, / Pericykel, s GeßLsstheile,

v Siebtheile, m Mark. Vergr. 28. Nach Strasburger.

Schatten des sich nun rasch vergrössernden Gastes bald zu Grunde, so dass ohne die Entwickelungsgeschichte die einstige Anwesenheit eines solchen nicht mehr vermuthet werden würde.

Wie viele andere baumartige Formen dieser Gruppe ist derselbe eigentlich ein Epiphyt nur in der Jugend. Hat derselbe seine Nährwurzeln entwickelt, die hier säulenartig ausgebildet sind und sehr dick werden, und ist der ur- sprüngliche Wirtsbaum zu Grunde gegangen, so stellt der Banyan ein ganz selbständiges Gewächs dar. Immer neue Nährwurzeln, die hier gleich- zeitig Stützwurzeln sind, werden von der in horizontaler Richtung wach- senden Krone ausgebildet, wodurch die erwähnte Säulenhalle zu Stande kommt. Bei den meisten hierhergehörigen Epiphyten , deren Nährwurzeln

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

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Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

keine mechanischen Functionen zu verrichten haben, bleiben letztere weich und biegsam.

Das Sammeln von Humus, das das Charakteristische der Nest- epiphyten bildet, geschieht auf verschiedene Art. Bald sind es die Wurzeln, welche zu einem mächtigen schwammartigen Gerüst ver- flochten, die herabfallenden Blätter und dgl. auch nach ihrer Zersetzung festhalten, so bei manchen Orchideen (Fig. 163), bald schliessen die rosettenartig gebildeten Blätter unterwärts zu einem Trichter zusammen, wie bei Asplenium nidus (Fig. 139), wo letzterer ungeheure Dimension erreicht, bei vielen anderen Farnen und bei dem habituell sehr ähnlichen

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Fig. 163. Grammatophjllum speciosum (Orchidee). Nest-Epiphyt mit negativ geotrop. Wurzeln. Nach einer Photographie von Herrn Dr. G. Karsten (Hort. Bogor).

Anthurium Hügelii Westindiens. Auch hier pflegt, namentlich bei dem erwähnten Anthurium und bei den Orchideen, eine Differenzirung des Wurzelsystems vorhanden zu sein, indem die einen Glieder desselben, des Geotropismus entbehrend und sehr fest gebaut, wesentlich gerüst- bildend sind oder als Haftwurzeln wirken, während zahlreiche dünne Seitenwtrrzeln zenithwärts wachsen, derart, dass die Oberfläche des Wurzelnestes wie von zahllosen Nadeln gespickt erscheint (Fig. 163). Diese letzteren Wurzeln sind, im Gegensatz zu beinahe allen übrigen Wurzelgebilden, negativ geotropisch, eine ökologische Folge des Um- standes, dass die Nährstoffe, namentlich das Wasser, nicht von unten, sondern von oben kommen.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

347

In anderen Fällen sind entweder sämmtliche Blätter oder ein Theil derselben als „Nischen" ausgebildet, indem sie eine derartige Stellung gegen den Stamm annehmen, dass sie mit demselben eine Höhlung bilden, in welcher Humus sich ansammeln kann. Entweder bildet jedes Blatt eine Nische für sich oder es nehmen mehrere Blätter an der Bildung einer Gesammtnische theil. Bei manchen Arten ist eine

Fig. 164. Platycerium grande, Nest-Epiphyt mit Nischenblättern. Pasoeroean, Ost -Java. Nach einer Photographie von Herrn J. Kobus.

Differenzirung eingetreten in Nischenblätter, welche die Function der Assimilation nur untergeordnet und kurze Zeit verrichten und assi- milirende, mit ganz anderen Eigenschaften ausgerüstete Laubblätter.

Die merkwürdigsten Beispiele von Nischenblättern zeigen sich bei der Farngattung Platycerium (Fig. 164), wo die Nischenblätter, ungestielt und breit, der Baumrinde unterwärts dicht anliegen, oberwärts aber

348

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

eine Nische bilden, während die gestielten, schmalen, gabelig ver- zweigten Laubblätter schlaff herabhängen.

Fig. 165. Nidularium Innocentii. Ein Cisternepiphyt aus Brasilien. *U nat. Gr.

Die epiphytischen Bromeliaceen, die namentlich zu den Gattungen Tillandsia, Vriesea, Aechmea und Nidularium gehören, besitzen in der

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. *aq

Mehrzahl der Fälle rosettenartige Laubsprosse, deren steife Blätter unterwärts löffelartig erbreit ert sind und derart zusammenschliessen, dass sie als wasserdichte Cisternen das Regenwasser aufsammeln, von welchem bei grösseren Formen manchmal ein ganzes Liter sich über den unvorsichtigen Sammler ergiesst; ausserdem enthalten sie, ähnlich wie die weniger dichten Blatttrichter der dritten Gruppe, allerhand Detritus mineralischen, vegetabilischen und thierischen Ursprungs, der wie das üppige Wachsthum der Pflanzen zeigt, ein kräftiges Nährsubstrat darstellt. Die Laubrosetten entspringen einem knorrigen, kurzen Axen- system, welches durch dünne und kurze, aber drahtzähe Wurzeln dem Substrat befestigt ist (Fig. 165).

Die Wurzeln bestehen beinahe ausschliesslich aus dickwandigen Fasern, und spielen bei der Ernährung, wie experimentell nachweis- bar, keine Rolle. Die Aufnahme der Nährstoffe geschieht vielmehr lediglich durch die Blätter und zwar durch Vermittelung schildför-

Fig. 166. Haarschuppen von Fig. 167. Tillandsia usneoides. Schuppenhaar.

Vriesea. Vergr. 340. Vergr. 375.

miger Schuppenhaare (Fig. 166), die namentlich an der erbreiterten, gewöhnlich unter Wasser befindlichen Basis des Blattes vorhanden sind. Bei Fehlen von Wasser an der Blattoberfläche fuhren diese Haarbildungen nur Luft; jeder Wassertropfen wird aber sofort von ihnen aufgesogen, ähnlich wie vom Velamen der Orchideen und gelangt, wie bei diesem, durch die Thätigkeit plasmareicher Durchlassstellen in das Innere des Blattes (Fig. 167).

Von diesem Typus, der sich namentlich rein bei Arten von Vriesea, Aechmea, Nidularium zeigt, weichen manche Tillandsia-Arten nicht un- wesentlich ab, namentlich Tillandsia usneoides (Fig. 168, 169). Dieser merkwürdigste aller Epiphyten, welcher im tropischen und subtro- pischen Amerika die Bäume oft ganz umschleiert, besteht aus oft weit über meterlangen, fadendünnen Sprossen, mit schmalen, grasartigen Blättern, die nur in der ersten Jugend durch früh vertrocknende schwache Wurzeln an der Rinde befestigt sind. Ihren Halt verdanken sie dem Umstand, dass die Basaltheile der Axen die Stammzweige

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

umwinden. Ueber und über sind die Sprosse von Schuppenhaaren bedeckt, die in Bau und Verrichtungen mit denjenigen anderer Bromeliaceen übereinstimmen. Die Verbreitung der Pflanze geschieht weniger durch Samen als vegetativ dadurch, dass abgerissene Sprosse durch den Wind oder durch Vögel, die sich derselben gerne als Material zum Nestbau bedienen, fortgetragen werden.

Fig. 169. Fragment eines Sprosses von Tillandsia usneoides in natürlicher Grösse.

Wiesner hat im Orchideenquartier des botanischen Gartens zu Buitenzorg Lichtbestimmungen vorgenommen. Die daselbst cultivirten Orchideen befinden sich auf Stämmen von Plumiera- Arten, im Schatten hochstämmiger Bäume von Evia acida D. C Die Helligkeit im Orchideenquartier betrug durchschnitt- lich 1/10.8 des gesammten Tageslichtes, das diffuse Vorderlicht an den Stämmen der Plumiera Zwei 1? von Til- Bäume durchschnittlich 1/60 1/65 des ge- landsia usneoi- sammten Tageslichtes (I max. = 0.02 5—0.023). des. >/Ä nat. Gr. Bei Sonnenbeleuchtung stieg die Intensität des

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

351

Oberlichtes auf 1/4.7 1/7«7 des gesammten Tageslichtes (I max = 0.319— 0.194).

Folgende Orchideen be- fanden sich in guter Entwicke- lung : Agrostophyllum javani- cum BL, Eria ornata Lindl., Spathoglossis plicata BL, The- lasis carinata BL Andere da- gegen schienen unter dem Mangel einer hinreichenden Lichtintensität zu leiden (The- lasis elongata BL, Dendrobium acuminatissimum Lindl., Coe- logyne Rochussenii T et B., C. Lowii Pont., C. macro- phylla Pont, Vanda tricolor Lindl. , Oncidium ampliatum Lindl).

Diese Orchideen sind nach der Art der Ausbreitung ihrer Organe vor Allem auf Oberlicht angewiesen.

Das gleiche gilt von mehreren epiphytischen Far- nen. Das weit verbreitete und sehr häufige Asplenium nidus kommt bei sehr ver- schiedenen Intensitäten der Beleuchtung vor. Wiesner con- statirte für dasselbe : L = 1 /4 bis 1/38 (I max = 0.4 0.042).

Diejenigen Epiphyten, deren vegetative Organe der Rinde flach aufliegen, sind auf Vorderlicht angewiesen. So kommt das in dem Garten von Buitenzorg sonst überaus häufige Taeniophyllum Zol- lingeri Reichb. fil., eine kleine laublose Orchidee mit assimi- lirenden der Rinde angedrück- ten Wurzeln, in Folge zu schwachen Vorderlichts , im Orchideenquartier nicht vor. Wiesner hat über das Licht-

Fig. 170. Blatt von Kibessia azurea mit zahlreichen epiphyllen Flechten übersäet. Nat. Gr. Nach Stahl.

352

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

bedürfniss dieser Pflanze zahlreiche Beobachtungen angestellt und in folgender Tabelle mitgetheilt:

Grenzen der Entwickelung . .

Ueppigste Entwickelung . . .

Verkümmerung in Folge zu ge- ringer Lichtintensität . . .

Verkümmerung in Folge zu hoher Lichtintensität

Blüthen wurden beobachtet . .

L.

I max.

I med.

l/3— 1/32

°-533 °-°5°

0.166 O.Ol 5

l/7 1/9

0.228 0.177

0.071 0.055

l/32

0.050

0.015

l/2— W3

0.811 0.533

0.251 0.166

I/5-I/8

0.320 0.205

0.101 0.062

Fig. 171. Tillandsia stricta var. Schlumbergeri , ein ausgesprochener xerophiler und licht- bedürftiger Epiphyt Südbrasiliens. */2 nat. Gr.

Ausser den im Vorhergehenden ausschliesslich behandelten phanero- gamischen und farnartigen Epiphyten besitzt der tropische Urwald auch solche unter den Algen, Pilzen, Flechten und Moosen und manche dieser Gewächse, namentlich unter den Lebermoosen, zeigen ebenfalls eine hochgradige Anpassung an das Substrat. Während das Auftreten solcher niederen Kryptogamen auf der Baumrinde auch in temperirten Wäldern und zwar in weit grösserem Umfange als in den tropischen sich zeigt , ist das Vorkommen derselben als E p i p h y 1 1 e n , also epiphytisch auf Laubblättern (Fig. 170), anscheinend auf die letzteren beschränkt. Epiphyllen sind namentlich auf alternden Laubblättern in sehr feuchten Regenwäldern ganz gewöhnliche Erscheinungen.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

353

Die epiphystischen Gewächse eines Urwaldbaumes sind von der Basis bis zu den Gipfelästen nicht gleichartig, sondern weisen eine wohl ausgeprägte Differenzirung auf. Unten am Stamme sind manche Arten noch mit dem Boden gemeinschaftlich (Hymenophyllaceen , kletternde Araceen, Carludovica u. a.); mit steigender Höhe schwinden solche indiffe- renten Formen und der dem Regenwald sonst fremde xerophile Charakter nimmt mit der wachsenden Anpassung an epiphytische Lebensweise

Fig< 170. Laubknospen tropischer Holzgewächse (alle aus dem Botanischen Garten zu

Buitenzorg). / Alstonia verticillata. 2 Tectona Hamiltonii. 9 Garcinia ferrea. 4 Dillenia

ochreata. 5 Wormia triquetra. Nat. Gr. R. Anheisser del.

zu (Fig. 171), sodass diejenigen Arten, welche gelegentlich auf dem Boden vorkommen, an sehr trockene Standorte und zum Theile an starke Beleuchtung gebunden erscheinen. Die Epiphyten der höchsten und daher am stärksten bestrahlten Aeste sind mit denjenigen identisch, die die atmosphärische Flora der lichten Gehölze und der Savannen trockener offener Gebiete bilden. Desgleichen gehen nach der partiellen Aus- rodung des Waldes die Epiphyten der unteren Theile der stehen-

Schtmper, Pflanzengeographie. 23

354

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

gebliebenen Bäume zu Grunde, während diejenigen der Wipfel sich all- mählich nach unten ausbreiten und den ganzen Baum in Beschlag nehmen.

Verschiedene Baumarten zeigen manchmal Unterschiede ihrer epiphytischen Flora. So werden die Farnbäume und der im tropischen Amerika sehr ver- breitete Calebassenbaum (Crescentia Cujete) in auffallender Weise bevorzugt; ja, gewisse Arten, wie Trichomanes sinuosum im tropischen Amerika, kommen anscheinend nur auf den ersteren vor.

§ 5. Die Knospen. Die Laubknospen der Holzgewächse im Regenwalde weisen einen scharfen Unterschied, je nachdem sie sich

im activen oder im ruhenden Zustande befinden, nicht auf. Der Typus der Winterknospen, mit ihrer mächtigen, trockenen Schuppenhülle und reichen Gliederung ist dem immerfeuchten Walde fremd, während er in trockenen Wäl- dern und Savannen wieder auftritt.

Die Ruheknospen sind im Regen- walde in der Regel sehr klein, häufig ohne jede Bedeckung durch Schuppen und ohne Schutz durch andere Pflanzen- glieder ; sie sind dann allerdings oft von dichter brauner Behaarung oder von einer Art Firniss überzogen. Ihre Um- wandlung in active Knospen beschränkt sich für das Auge darauf, dass ihre Theile zu wachsen beginnen.

In anderen Fällen sind sowohl die activen, wie die ruhenden Knospen be- hüllt. Solche Hülle ist beinahe stets krautig-saftig und wird von Nebenblättern oder von den Stielen der nächst älteren Blätter gebildet.

Kleine behaarte, aber sonst unbe- deckte Knospen habe ich im Botanischen Garten zu Buitenzorg bei folgenden Holz- pflanzen beobachtet: Calophyllum tomentosum, Viburnum sundaicum, Rottlera tinctoria, Chrysophyllum Cainito, Sideroxylon firmum, Ardisia fuliginosa, Diospyros subtruncata, Maba Ebenus, Pterospermum Heynea- num, Sterculia-Arten, Schima Noronhae, Thea cochinchinensis, Flacourtia Ramentschi, Capparis Heyneana, Nothopegia colebrookiana Bl., Cinnamo- mum sericeum, Ryparia caesia, Cluytia oblongifolia, Coelodepas banta- mensis, Tetranthera chrysantha, Tectona Hamiltoniana. Viele dieser Pflanzen haben im ausgewachsenen Zustande unbehaarte Blätter.

Fig. 173. / Gipfelknospe vonTaber-

naemontana dichotoma. 2 Junger

Zweig von Clusia grandiflora (?). Nach

P. Groom.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. 355

Unbedeckte Knospen mit Firnissüberzug sind weit weniger häufig. Ich fand sie im Garten zu Buitenzorg bei: Tabernaemontana pentasticha, Achras Sapota. Schutz durch Nebenblätter sah ich ausser bei den Artocarpeen, Urticaceen. Piperaceen, Rubiaceen noch bei Wormia ochreata, Tabernaemontana sp., Phyllanthus ceylanicus. Treub und Potter haben mehrere derartige Fälle beschrieben, letzterer hat auch Abbildungen geliefert. Entfernung der schützenden dütenförmigen Stipulae bedingt nach dem letzteren bei Artocarpus incisa Verkümmerung der eingeschlossenen Blätter. Bei Canarium zeylanicum Bl. entwickeln sich die schuppenformigen Stipulae schneller als die Spreite und umhüllen die Knospe. Bei mehreren Wormia -Arten ist die Knospe von flügelartigen Auswüchsen des Blattstiels eingeschlossen (Fig. 1 70, 5). Sehr eigenartig sind die bei einigen Holzgewächsen vorkommenden Kammern zwischen den Blattstielen der nächst älteren in solchen Fällen stets in zwei- oder mehrgliedrigen Quirlen stehenden Blättern. Sie

Fig. 1 74. Wormia Burbidgei. Blatt mit in der Scheide verborgener Knospe. Nach P. Groom.

entstehen durch Verkleben der unteren Blattstielränder und sind ober- wärts mit einem Spalt versehen, aus welchem das zunächst ganz ver- borgene Sprossende nach einiger Zeit hervorragt.

P. Groom hat derartige Bildungen beschrieben und abgebildet (Fig. 173 und 174). Ich habe einen ähnlichen Modus des Knospenschutzes beobachtet (Hort. Bogor.) bei Calpicarpum Roxburghii (Fig. 173, j), Alstonia verticillata (Fig. 172, /), Garcinia Livingstonii und G. ferrea (Fig. 170, j). Am auffallendsten ist die Erscheinung bei Alstonia: Die Kammer ist hier von den Blattstielbasen der vier Blätter des Quirls gebildet und ihre Oeffnung durch einen kugeligen Harztropfen verdeckt.

Die Stipulae- und Blattstielkammern enthalten im Innern eine aus harzigen oder schleimigen Stoffen oder einem Gemenge beider bestehende, von Colleteren ausgeschiedene Flüssigkeit, die als Schutz- mittel aufgefasst wird. Näheres darüber hat Groom mitgetheilt.

Merkwürdiger als die Structur der Laubknospen selbst ist in vielen Fällen die Art ihrer Entfaltung. Treub hat mit vollem Rechte

23*

356

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

sagen können: Die Bäume schütten die Blätter aus. Es gehört zu den überraschendsten Erscheinungen der tropischen Vegetation, dass

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F*g- x75- Brownea hybrida mit hängenden jungen Zweigen. Botan. Garten zu Buitenxorg. Nach einer Photographie von Herrn Dr. M. Treub.

bei vielen Bäumen die jungen Blätter (z. B. Theobroma Cacao, Mangi- fera indica Fig. 177), oder ganze junge Sprosse (z. B. Brownea hybrida Fig. 175, Amherstia nobilis Fig. 176 und andere Caesalpiniaceen) noch

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

357

nachdem sie ihre definitive Grösse erreicht haben, quastenartig schlaff herabhängen und dabei meist noch des Chlorophylls entbehren, so dass sie durch weisse oder rosenrothe Färbung vom grünen Laube abstechen. Die Vertikalstellung ist bei den Hängesprossen lediglich durch fehlenden Turgor, bei den Hängeblättern gleichzeitig durch active Krümmung der Blattpolster bedingt.

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Fig. 176. Zweig von Armherstia nobilis mit hängenden jungen Seitenzweigen. Botanischer Garten zu Buitenzorg. Nach einer Photographie des Herrn Dr. Treub.

Die herabhängenden Blätter erhalten ihre definitive Differenzirung erst, nachdem sie ihr Flächenwachsthum abgeschlossen haben. Dann tritt das Chlorophyll in den bisher farblosen und kleinen Chroma- tophoren auf, während sich das anfangs homogene Mesophyll in Palis- saden- und Schwammparenchym differenzirt und seine zarten Wände verstärkt. Diese Vorgänge sind vom allmählichen Eintritt der Tur- gescenz und Gewebespannung begleitet.

Sämmtliche Autoren, die die eben geschilderte Erscheinung be- handelt haben, haben dieselbe, wohl mit Recht, zu den Schutzmitteln

358

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

gerechnet. Ueber die Natur der abzuwehrenden Gefahr gehen jedoch die Ansichten auseinander, indem dieselbe in zu starker Beleuchtung (Wiesner), in zu grosser Erhitzung (Potter), in mechanischer Be- schädigung durch heftigen Regen (Stahl) oder gleichzeitig in verschie- denen Factoren (Haberlandt) erblickt wird. Entscheidende Versuche wurden noch nicht angestellt.

Stahl, der sich mit den Hängeblättern und Hängezweigen besonders ein- gehend beschäftigt hat, erwähnt sie u. a. für Monstera deliciosa, Mangifera indica, Theobroma Cacao, Durio zibethinus, Quercus glaberrima, Acer lauri-

folium u. a., demnach für Bäume aus sehr verschiedenen Verwandtschaftskrei- sen. Dagegen sind Stahl, ebenso wie mir, die Hängezweige nur für Caesal- ^k piniaceen bekannt (Amherstia nobilis,

Arten von Brownea, Jonesia, Maniltoa, *^2^ Humboldtia, Cynometra).

Hängeblätter und Hängezweige kommen keineswegs bei der Mehr- zahl der Holzgewächse des Urwalds vor, sondern wohl nur bei einer Minderzahl von Arten, zu welchen allerdings eine Anzahl Nutz- und Zierbäume gehören, so dass die Er- scheinung allgemein auffallt.

In vielen Fällen unterscheidet

sich die Art der Sprossenentwicke-

lung in nichts wesentlichem von

derjenigen der Holzgewächse tem-

perirter Zonen. Doch ist wohl

häufiger als bei uns ein Schutz der

jungen Glieder erkennbar, sei es

durch reiche Behaarung, oder durch

Verticalstellung der Blätter oder

auch dadurch, dass sie sich unterhalb des älteren Laubes ausbilden.

Viele diesbezügliche Angaben befinden sich in den citirten Arbeiten

von Potter, Stahl, Wiesner.

Die vortrefflichen Untersuchungen Raciborski's über die Structur der Blüthenknospen wurden zum Theile an tropischen Gewächsen angestellt; charakteristische, auf das Klima zurückzuführende Unter- schiede derselben den Blüthenknospen in anderen Zonen gegenüber werden nur in geringer Zahl erwähnt. Doch scheint die eigenthüm- liche Erscheinung, dass Blüthenknospen sich bis kurz vor der Anthese in Wasser befinden oder in ihrem Kelche Wasser

Fig. 177. Zweigspitze von Mangifera in- dica. Die jungen Blätter schlaff herab- hängend. V2 nat- Gr- Nach Stahl-

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

359

enthalten, auf die feuchten tropischen Gebiete beschränkt zu sein. So fand ich die kahnförmigen Deckblätter der Inflorescenzen von Heliconia Bihai (Fig. 178) und Heliconia caribaea in Westindien stets voll Regen- wasser; die Blüthenknospen befanden sich unter dem Wasserniveau, er- hoben sich aber kurz vor dem Oeffnen unter scharfer Krümmung über

Fig- 179. Blüthenknospen von Mendozia Vellosiana von dem verklebten und mit Wasser gefüllten Bracteen- paar umhüllt. Blumenau, Süd-Brasilien.

Fig. 1 78. Heliconia Bihai, mit kahnförmigen wasserhaltigen Bracteen. 1jq nat. Grösse. Nach Flora Brasiliensis.

Fig. 1 80. Wasserkelch einer

Frucht von Clerodendron

Minahassae. Nat. Grösse.

Nach Koorders.

dasselbe. In ähnlicher Weise sah ich den zwischen den Hochblättern nistenden kurzen Blüthenstand von Nidularium-Arten (Fig. 165) stets untergetaucht in einer vom Regen und Thau gespeisten Cisterne, aus welcher die offenen Blüthen einzeln hervorragten. Die kahnförmigen Bracteen der langen, zweizeiligen Blüthenstände von Vriesea-Arten (z. B. Vriesea incurvata) enthalten eine schleimige Flüssigkeit, welche die

360 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Knospe vollkommen umgiebt und wahrscheinlich von der Pflanze secernirt wird. Letzteres gilt unzweifelhaft von der ebenfalls schleim- haltigen Flüssigkeit, die sich in dem sackartig verwachsenen, die Blüthen- knospen gewisser Acanthaceen umhüllenden Bracteenpaare ansammelt und so prall ausfüllt, dass sie beim Durchstechen mit Gewalt hervor- spritzt (Fig. 179). Die Blüthenknospen mit wasserhaltigem Kelche wurden zuerst von Treub für Spathodea campanulata beschrieben und haben durch Koorders eine ausführliche und abschliessende mono- graphische Bearbeitung erfahren, die eine Fülle interessanter Einzel- heiten, namentlich über die secernirenden Hydathoden ans Licht brachte. Die Zahl der Arten mit Wasserkelchen ist eine geringe und, soweit bekannt, beschränkt auf Vertreter der Familien der Bignoniaceen, Sola- naceen, Verbenaceen, Scrophulariaceen und Zingiberaceen, zusammen 13 Arten, während wasserhaltige Bracteen sehr häufig sind.

§ 6. Cauliflorie. Während in den temperirten Zonen Blüthen nur an diesjährigen, seltener an vorjährigen Zweigen, an den älteren Aesten und Stämmen von Holzgewächsen aber nur bei wenigen Arten, wie Cercis siliquastrum, erscheinen, ist Cauliflorie, d. h. Blüthenbildung am alten Holze in den immerfeuchten tropischen Wäldern nicht selten. Sie kommt dadurch zu Stande, dass ruhende axilläre Knospen sich nach mehreren bis vielen Jahren weiter entwickeln und die Rinde durch- brechend, ihre Blüthen frei entfalten (Fig. 181 u. 182).

Cauliflore Blüthen zeigen sich bald nur am Stamme, bald nur an den Aesten, bald, und dieses ist der häufigere Fall, an Stamm und Aesten zugleich. Eine und dieselbe Art ist entweder stets oder nur theilweise cauliflor.

Ausschliessliche Stammcauliflorie beobachtete ich z. B. auf Java, *) bei Aristolochia barbata H. B., Saurauja cauliflora, Parmentiera cereifera, Kadsura- Arten, Cynometra cauliflora, Diospyros stricta etc. Nur an den Aesten be- obachtete ich die Erscheinung bei Jonesia minor, Epicharis sericea, Flacourtia inermis, Evodia Batjan, Actinodaphne sp. , Kibara coriacea, Saurauja nudiflora.

Natürlich ist es keineswegs ausgeschlossen, dass die Arten der ersten Reihe gelegentlich auch an alten Aesten Blüthen erzeugen und umgekehrt Constant halte ich das bezügliche Verhalten nur für die beiden Saurauja« Arten, die ich in zahlreichen Exemplaren untersuchte.

An Stamm und Aesten zugleich fand ich das Durchbrechen der Rinde durch Blüthen bei Theobroma Cacao, Crescentia Cujete, Artocarpus integri- folia, Covellia lepicarpa, Sterculia rubiginosa, Oreocnide major, Diospyros sp., Averrhoa Bilimbi etc. Sehr eigenartig ist die Cauliflorie bei Stelechocarpus Burahol, einem Bäumchen aus der Familie der Anonaceen, wo die weiblichen

*) Wo keine Autoren erwähnt sind, handelt es sich um die Namen auf den Etiketten des Botanischen Gartens zu Buitenzorg.

Fig. 181. Ein cauliflorer Baum, Parmentiera cereifera, in Frucht.

Nach einer Photographie.

Cult. auf Ceylon.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete.

361

Blüthen büschelförmig aus dicken Warzen des Stammes entspringen, während die kleineren männlichen aus den Achseln kürzlich abgeworfener Blätter der Zweige hervorspriessen. Bei Taxotrophis javanica hingegen fand ich die männlichen Blüthen entschieden cauliflor, die weiblichen dagegen an jungen Zweigen, in Blattachseln.

Die Cauliflorie schliesst entweder die Bildung von Blüthen an jungen Zweigen aus, wie in den vorhin zusammengestellten Fällen, oder

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Fig. 182. Kadsura cauliflora. Javanische Liane in Frucht. Nat. Gr. R. Anheisser del.

die Blüthen können sowohl auf der alten Rinde wie an jungen Zweigen auftreten. Manchmal stellt die Cauliflorie sogar nur eine gelegentliche Erscheinung dar.

Solche nicht ausschliesslichen oder gelegentlichen Caulifloren sind z. B. : Saurauja pendula, Ficus cuspidata, Capura alata, Medinilla laurifolia, Drimy- spermum longifolium, Oreocnide major, Sterculia rubiginosa, Brownea coccinea etc.

Alle möglichen Uebergänge verbinden die typische Cauliflorie mit der Erzeugung von Blüthen an jungen Zweigen. So sind eine Anzahl

362

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Arten nur an relativ noch jungen Aesten cauliflor, z. B. Flacourtia inermis, Evodia Batjan. In anderen Fällen zeigen sich die Blüthen an der entblätterten Basis von Laubtrieben, deren oberer Theil Blätter trägt, z. B. bei Lasianthus-Arten, Goniothalamus Tapis, Gonocaryum myrospermum. Bei verschiedenen krautigen Gewächsen zeigen sich die Blüthen nur in den Achseln abgeworfener Blätter, so bei Campelia

Fig. 183. Ficus „Minahassae." Cauliflor. Botanischer Garten zu Buitenzorg. Nach einer Photographie des Herrn Dr. Treub.

marginata, Agalmyla staminea, Cyrtandra nemorosa. Nach Johow treten die Blüthen bei verschiedenen Sapotaceen nur an zweijährigen, ent- blätterten Zweigtheilen auf.

Die räumliche Trennung der vegetativen und reproduktiven Functionen denn um eine solche handelt es sich hier zeigt sich noch auffallender, als in der eigentlichen Cauliflorie, da wo besondere, unbelaubte oder sehr schwach belaubte aus dem Stamme

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. 363

und den dicksten Aesten entspringende Zweige allein fertil sind, während die Krone rein vegetativ bleibt. Solche Zweige umhüllen z. B. lianenartig den hohen Stamm von Couroupita guianensis und tragen die kopfgrossen kugeligen Früchte.

Bei Ficus „sp. Minahassae", (Fig. 183) entspringen aus dem Stamm und den dicksten Aesten dünne, ruthenartige schuppenblätterige Zweige, an welchen kleine Feigen köpfchenartig gruppirt sind. Bei Ficus rhizocarpa entspringen solche Zweige nur dicht am Boden.1) Bei der von Eichler näher untersuchten Anona rhizantha sind die fertilen Zweige an ihrer Basis unterirdisch und ragen nur mit den blühenden Spitzen aus dem Boden hervor.

Warum die Cauliflorie so viel häufiger in den Tropen als in den temperirten Zonen auftritt, ist häufig erörtert und gewöhnlich mit den Bedingungen der Bestäubung in Zusammenhang gebracht worden. Mir erscheint es am wahrscheinlichsten, dass sie auf die schwächere Ent- wickelung oder geringere Zähigkeit der Rinde zurückzufuhren ist. Dafür spricht auch der Umstand, dass sie in trockenen Gebieten, wo die Rinde eine beträchtliche Entwicklung und grossen Faserreichthum erhält, sehr selten ist.

§ 7. Saprophyten und Parasiten. Saprophytische Pilze scheinen im Humus tropischer Regenwälder, wenn Alf. Möller's Beobachtungen in Süd-Brasilien allgemeine Geltung beanspruchen dürfen, noch reich- licher als in unseren Wäldern zur Entwicklung zu gelangen. „Nie- mals", sagt der genannte Forscher, „drängt sich uns das Wirken des zwischen Thier- und Pflanzenreichs mitten innen stehenden Pilzreichs so unmittelbar auf, wie hier im tropischen Walde, wo die dauernde Feuchtigkeit und Wärme fortwährend jene Organismen in einem Grade zur äusseren Erscheinung ruft, wie er bei uns nur ausnahmsweise, nach warmen Regentagen erreicht wird."2)

Dennoch tritt, wie früher erwähnt wurde, die saprophytische Pilz- vegetation der Tropenwälder weit weniger in die Augen, als in den kühlen Wäldern höherer Breiten, indem sie sich ganz vorwiegend aus kleinen bis mikroskopischen Formen zusammensetzt und wenige grosse Hutpilze aufweist. Dass es aber an sehr auffallenden und grossen Pilzgestalten unter den tropischen Humusbewohnern nicht fehlt, hat Alf. Möller in seinen mycologischen Beiträgen aus Süd - Brasilien 8) nachgewiesen.

Die phanerogamischen Saprophyten sind der Artenzahl nach weit zahlreicher zwischen den Wendekreisen als ausserhalb derselben und

*) Beide Arten beobachtete ich in Buitenzorg. «) I. S. 3.

*) n— iv.

364 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

ganz vorwiegend Bewohner der feuchtesten und schattigsten Regen- wälder. Jedoch spielen sie auch dort für das Auge niemals eine hervor- tretende Rolle, was allerdings theilweise damit zusammenhängt, dass die häufigsten Arten meist sehr klein und zart sind, so dass sie auch bei grosser Anzahl wenig in die Erscheinung treten. Die wenigen grösseren Formen solche von der Grösse unserer Neottia und sogar von Monotropa sind dazu zu rechnen kommen, soweit meine Be- obachtungen reichen, nur vereinzelt vor, während manche der kleinen gesellig wachsen und strichweise reichlich auftreten, wie die Orchidee Wullschlägelia aphylla und die Burmanniacee Apteria setacea auf Dominica, die Gentianacee Voyria trinitatis auf Trinidad, die nicht ganz chlorphyllfreie Lecanorchis javanica und Burmannia (Gonyanthes) Candida auf Java. Doch sind das vereinzelte Vorkommnisse. Ich bin oft stunden- lang durch den tropischen Regenwald in Amerika und Java gestreift, ohne einen einzigen phanerogamischen Saprophyten zu erblicken.

Die Saprophyten des tropischen Regenwaldes kommen sowohl auf festem, vorwiegend mineralischem, aber von Humuslösungen durch- tränktem Mineralboden als auf lockerem wenig zersetztem Mull vor und auf noch zusammenhängenden, wenn auch faulenden Stämmen und Aesten. So fanden wir auf Dominica Burmannia capitata auf verwesenden Stämmen und Aesten und mein einziger Fundort des Epipogon nutans auf Java war ein faulender Baumstrunk, der in Deutschland bei mir die Vorstellung von Buxbaumia indusiata, aber niemals diejenige einer saprophytischen Orchidee geweckt haben würde. Ich fand aber in diesem Baumstrunk, dicht bei einander wie in einem Neste, an zwanzig Exemplare des merkwürdigen Epipogon in den verschiedensten Entwickelungsstadien.

Mit den Holoparasiten verhält es sich, was das für das unbewaffnete Auge sichtbare Auftreten betrifft, nicht viel anders als mit den Sapro- phyten, doch sind es häufiger stattliche Formen. So begegnete ich viel mehr grossen parasitischen Polyporeen auf Bäumen als grossen Humuspilzen. Unter den phanerogamischen Parasiten sind, wie unter den Saprophyten, gesellig wachsende Arten häufig. Dieses gilt z. B. im hohem Maasse von der javanischen Balanophora elongata, doch kenne ich dieselbe nur aus den hohen Gebirgsregionen , oberhalb des tropischen Klima. Dicht gedrängten Himbeeren gleich sahen wir in den dunkelen Regenwäldern des Inneren von Trinidad die braunrothen Blüthenstände der Helosis guyanensis dem sonst nackten Boden ent- springen.

Die wunderbarsten aller Parasiten sind bekanntlich die malayischen Rafflesia- Arten, in erster Linie Rafflesia Arnoldi auf Sumatra), deren

') Auch das scharfe Auge des ausgezeichneten Kenners des javanischen Waldes Pa- ldang, wusste in solchen Fällen „weisse Orchideen" nicht zu entdecken.

IV. Immerfeuchte tropische Gebiete. 365

Einzelblüthen bis 1 m im Durchmesser besitzen. Selber habe ich nur die etwas kleinere R.Patma an natürlichem Standorte beobachtet und zwar auf der kleinen südjavanischen Insel NoesaKambangan, wo sie in einem aller- dings nicht jungfräulichen, jedoch seit vielen Jahren sich selbst überlassenen Walde gesellig wächst. Ueber Standort und Vorkommen habe ich an Ort und Stelle folgende Notiz geschrieben: „Ist der schmale Gürtel des Strandwalds überschritten, so gelangt man in einen dünnen, mittelhohen Wald, der die steinigen Südabhänge ununterbrochen überzieht. Beinahe ganz ist der Boden von einer krautigen Aracee von ungefähr Meter- höhe bedeckt. An den Bäumen hängen die ungeheuer langen Seile eines Cissus, die, nach Art der meisten Lianen, mit ihrer Basis auf lange Strecken auf dem Boden kriechen. Diese oft viele Meter langen liegenden Theile der Liane sind, wie Junghuhn bereits richtig angiebt, die Träger der Parasiten. Reihenartig tragen sie die bis kopfgrossen Knospen in allen Entwickelungsstadien , abwechselnd mit verfaulten, schwarzen Blüthenresten und den leeren becherartigen Wucherungen, welche jetzt verschwundenen Blüthen als Matrix dienten. Die einzige voll- kommene Blüthe, die anscheinend erst seit kurzem geöffnet ist, besitzt eine helle tabakbraune Färbung und verbreitet einen aasartigen Ge- ruch. Insekten sind trotzdem in oder an der Blüthe nicht sichtbar." (Februar 1890.)

Nicht innerhalb des Regenwaldes, sondern an offeneren, helleren Standorten sind mir die auffallendsten Erscheinungen tropischen Parasiten- wachsthums begegnet. Besonders merkwürdig war eine Landschaft auf der westindischen Insel Grenada, welche durch Cuscuta americana ganz beherrscht war; die meisten Bäume waren vollständig von einem leuchtend gelben Schleier überzogen, der ringsum bis zum Boden herunter- hing und Sträucher und Kräuter bis zu den nächsten Bäumen ver- deckte. Massenhaft treten auch an vielen Stellen , z. B. auf Java und besonders auf den benachbarten Tausend -Inseln, Cassytha- Arten als rother bis gelbgrüner Filzüberzug von Holzgewächsen und Kräutern auf.

Cuscuta enthält ein wenig Chlorophyll, Cassytha bedeutend mehr. Die Reihenfolge fuhrt zu den belaubten Hemiparasiten , die in den Tropen nur durch Loranthaceen, aber durch zahlreiche Arten in mehreren Gattungen vertreten sind. Den Epiphyten untermischt, von welcher sie sich nur in den Wurzeln unterscheiden, tragen sie zu der Ueppig- keit der das Geäst der Bäume bedeckenden Vegetation bei und manche von ihnen entfalten eine grossartige Blüthenpracht.

366 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

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Schi m per, Pflanzengeographie. 24

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

1. Allgemeine Eigentümlichkeiten der Vegetation periodisch trockener Tropengebiete. Formationen. Xerophile Bäume. Xerophile Sträucher. Lianen. Epiphyten. 2. Die Gehölzformationen der periodisch trockenen Tropengebiete. § i. All- gemeines. Veränderung der Gehölzvegetation beim allmählichen Uebergang aus immer- feuchten in periodisch trockene Gebiete. Haupttypen der Gehölze: Monsunwald, Savannen- wald, Dornwald. § 2. Die tropophilen und xerophilen Gehölze Indiens, Die Waldvegetation in Pegu nach F. Kurz. Die Wälder von Tectona grandis in Ost- Java. §3. Die Gehölze des tropischen Ost-Afrika. Engler's Darstellung der Formationen. §4. Tropophile und xerophile Gehölze im tropischen Amerika. Savannen- wälder in Venezuela. Die Dorngebüsche (Caatingas) Brasiliens. Dorngebüsch auf Kalk- hügeln in Minas geraes. 3. Die tropischen Grasflurformationen. § I.Allgemeiner Charakter der Savannen. •§ 2. Afrikanische Savannen. Die Savannen an der Loango- Küste nach Pechuel - Lösche. Der Baobab. Ostafrikanische Savannen nach H. Meyer und nach Engler. § 3. Amerikanische Savannen. Die Llanos. Die Campos Brasiliens, nach Warm in g.

1. Allgemeine Eigentümlichkeiten der Vegetation periodisch trockener Tropengebiete.

Die Tropengebiete mit mehrmonatlicher ausgeprägter, einfacher oder doppelter Trockenzeit nehmen namentlich das Innere der Con- tinente ein und bedecken weit grössere Areale, als diejenigen mit immerfeuchtem Klima. Ihre Vegetation erreicht nirgends die Ueppig- keit des Regenwalds und trägt überhaupt den Stempel minder günstiger Bedingungen. Die trockenen Perioden bringen ökologisch die Vege- tation der Tropen derjenigen der winterkalten Zonen näher, indem sowohl Kälte wie Mangel an Niederschlägen physiologische Trockenheit des Bodens bedingt.

Während die immerfeuchten Gebiete vom immergrünen Regen- walde gleichmässig überzogen sind, bieten die periodisch trockenen ein

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten. 371

viel bunteres Vegetationsbild, indem kleine Unterschiede des Klimas einen raschen Wechsel des Formationstypus bedingen und edaphische Einflüsse weit mehr zur Geltung kommen, als wo der Boden immer feucht ist.

Die in der nassen Jahreszeit sehr regenreichen Gebiete sind, auch bei sehr ausgeprägten mit grosser Hitze verbundenen Trockenzeiten, von üppigen Wäldern bedeckt, deren Bäume ihr hygrophiles Laub während der Trockenzeit verlieren und bei Beginn oder unmittelbar vor Beginn der Monsunregen erneuern, während sie im Uebrigen nur xerophile, gegen Trockenheit wohl geschützte Organe besitzen. Wir haben solche tropophile Wälder, deren abwechselnd hygrophiler und xerophiler Charakter durch die Monsune regulirt wird, Monsunwälder genannt.1) Die weniger regenreichen Gebiete sind, je nach dem Charakter ihres Klimas, von xerophilen Gehölzen (Savannenwälder, Dornwälder, Dorngebüsche) oder von Grasfluren, meist des Savannentypus, einge- nommen. Noch grössere Trockenheit bringt Wüstencharakter. Die tropischen Wüsten sollen im Zusammenhang mit den temperirten be- sprochen werden. 2)

Die ökologische Physiognomie der Vegetation ist in den periodisch trockenen Gebieten eine ganz andere als in den immerfeuchten, nament- lich wenn wir den letzteren die überhaupt niederschlagsarmen Gebiete mit zu jeder Zeit xerophiler Vegetation gegenüberstellen. Hier hat die namentlich hoch wachsende Gewächse bedrohende Gefahr des Ver- trocknens zur Entstehung hochgradig xerophiler Bäume geführt, eines höchst eigenartigen Baumtypus, der sich namentlich in Savannen und in Dornwäldern in charakteristischer Ausbildung zeigt.

Structur und Lebensbedingungen der tropischen xerophilen Bäume, deren Analoga bei uns gänzlich fehlen und sich erst im Mittelmeergebiet in schwacher Ausbildung zeigen, sind näherer Untersuchung sehr be- dürftig.

Pechuel-Lösche entwirft von den Bäumen der westafrikanischen Savanne folgendes anschauliche Bild:

„Viele dieser Charaktergewächse entwickeln sich bloss als knorrige und verkrüppelte Sträucher oder Zwergbäumchen , manche aber auch als stattliche Bäume, einige Arten gehören sogar zu den Riesen des Pflanzenreichs. Allen aber ist das gemeinsam, dass sie nur in der offenen Landschaft, in der sonnenhellen, wohldurchlüftetf n und trockenen Grasflur gedeihen; dass sie wohl stellenweise sich zu lichten Hainen vereinigen und den räumen Beständen von Eichen auf unseren Hutungen gleichen können, aber dennoch niemals waldbildend auftreten. Sie

») Vgl. s. 281.

*) Vgl. im zweiten Abschnitt das Kapitel über die Wüsten.

24*

372

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

ersticken vielmehr rettungslos im Schlüsse des vollwüchsigen Waldes und finden sich darum weder in den Galeriewäldern noch in den Regen Wäldern. Wohl aber trifft man sie nicht selten an den Rändern der Savanne an, da, wo die Grasflur beginnt.*'

Der Mehrzahl nach sind die Bäume der xerophilen Gehölze und der Savannen niedrig, mit relativ dickem Stamme, der von einer äusserst mächtigen, rissigen Borke bedeckt zu sein pflegt, manchmal ist die

Krone stockwerkartig gegliedert (Fig. 184), viel häufiger aber schirmartig , sogar

nahezu scheibenartig abgeplattet (Fig. 185). Schirmbäume tre- ten in allen Be- schreibungen der Savannen und lich- ten Waldforma- tionen derTropen auf. Ich habe sie in den Savannen Vene- zuela^ die Physiogno- mie der Vegetation beherrschen und in den später zu schildern- den alpinen Savannen Java's wieder auftreten sehen, Warnung bildet sie für die Campos Brasiliens, allerdings in weniger regelmäs- sigen Formen , ab. Hans Meyer sagt von den ostafrikanischen Savannen:'4 Mag der Baum einen Einzel- 1 stamm haben oder sich

strauchartig unmittelbar über dem Boden verzweigen, in jedem Falle strebt er zunächst möglichst in die Höhe, um sich dann wagerecht, wie ein Pilz oder Schirm, auszubreiten. Oben ist er immer flach, wie abgeschnitten. Tausende und abertausende dieser meist graubraunen Baumschirme, zerstreut über die vom rothen Boden durchleuchteten, während der längsten Jahreszeit braunen Grasflur verleihen der Land-

Fig. 184. Bombax malabaricum , in der trockenen Jahres- zeit, Früchte tragend. Ceylon. Nach einer Photographie.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

373

schaft eine eigenartige Physiognomie". *) Brandis erwähnt als charak- teristisch für die offenen, trockenen Gebüschformationen Süd -Indiens „Acacia planifrons, genannt umbrella-thorn, (Fig. 126), weil ihre Krone aus einer Masse verschlungener, knotiger Aeste, Dornen und zart- gefiederter Blättern bestehend, sich auf dem Gipfel des Stammes in Form eines Regenschirmes ausbreitet." Dass die Schirmform eine An-

Fig. 185. Aus der ostafrikanischen Savanne. Schirmakazie. Nach Engler.

passung an das Klima darstellt, geht daraus hervor, dass sie sich unter gleichen äusseren Bedingungen zeigt, bei Vertretern sehr verschiedener Familien, so bei Mimosaceen, Caesalpiniaceen (Cassia), Burseraceen, Myrtaceen etc. Als Schutzmittel gegen übermässige Transpiration,

l) Engler, S. 58.

374 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

wie man es in einer offenen xerophilen Formation erwarten würde, erscheint solches Ausbreiten des Laubes höchst ungeeignet. Als Schutz- mittel gegen die mechanischen und trocknenden Eigenschaften des Windes ist sie im Gegentheil zweckentsprechend, indem sie den Angriffen des letzteren die schmale Kante bietet. Dass ein solcher Schutz aber in den offenen Gefilden der Savannen wie auf dem Hochgebirge von Nöthen ist, liegt auf der Hand. Aehnliches gilt von den Etagenbäumen, (Terminalia Katappa, Bombax malabaricum u. a.), die ich ebenfalls nur an offenen Standorten und in ganz lichten Gebüschen gesehen habe. Vieles spricht dafür, und bereits Reiche hat es ausgesprochen, dass solche Schirmgestalten im Kampf gegen den Wind als Schutzmittel entstanden sind, doch können allein Experimente zur Entscheidung fuhren. Die xerophilen Bäume der Tropen sind meist trockenkahl ; ihr Laub ist, trotzdem nur in der Regenzeit vorhanden, meist derb und mit ausgeprägten Schutzmitteln gegen Transpiration versehen. Gefiederte Blätter sind besonders häufig und durch ihre Beweglichkeit, welche

Fig. 1S6. Aus den brasilianischen Campos. Xerophile Laubknospen. Links: Myrcia longipes ; Mitte: Eugen ia Jaboticaba; Rechts: Eugenia dysenterica. Nach Wanning.

ihnen die jemalige vortheilhafteste Lage ermöglicht, den klima- tischen Bedingungen besonders entsprechend. Immergrüne Bäume hingegen haben gewöhnlich einfache, oft stark behaarte Blätter, welche in manchen Fällen derart verkieseln, dass sie blechartige Consistenz annehmen und im Winde metallisch rasseln, (z. B. die Proteacee Rhopala complicata, ein Charakterbaum der Llanos). Die Laubknospen sind mit einer ebenso starken oder noch stärkeren schützenden Schuppen- hülle versehen, als bei den Bäumen der temperirten Zonen. Nur die Blüthen scheinen eines entsprechenden Schutzes zu entbehren, und be- sitzen sogar oft grosse , zarte Kronen, obwohl sie sehr häufig auf der Höhe der Trockenzeit zur Entfaltung kommen und dafür sowie zur Transpiration beträchtliche Wassermengen beanspruchen.

Die Masse des Holzes ist im Vergleich zu derjenigen des Laubes eine stärkere, als bei den hygrophilen Bäumen und die Rinde ist häufig von einer mächtigen, schuppigen Borke überzogen (Fig. 187).

Ausser den eben besprochenen Schutzvorrichtungen gegen Trocken- heit, welche in ähnlicher Ausbildung auch bei Xerophyten hoher Breiten

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

375

vorkommen, giebt es unter den tropischen Holzgewächsen Fälle be- sonderer und sehr eigenartiger Anpassung. So verdanken manche Bäume der Tropen die Fähigkeit, in sehr trockenen Ge- bieten nicht nur fortzukommen, sondern stattliche bis riesige Dimensionen zu erreichen, dem Umstände, dass sie für die Trockenzeit grosse Wasservorräthe an- sammeln. Zu diesen Bäumen gehört der mächtige Baobab der Savannen Afrika's (Adansonia digitata), der nachher besprochen werden soll, ferner die wunderbaren Fassbäume (Cavanillesia arborea (W.) K. Schum. u. a. Bombaceen) der lockeren Dorngebüsche des Inneren Brasiliens, deren bis 5 m dicker tonnenartig angeschwollener Stamm (Fig. 193) als Wasserbehälter dient, ferner Spondias tuberosa (Anacardiacee) derselben Wälder, bei welcher knollenartige Wurzel- anschwellungen sich mit Wasser füllen. Endlich kommen, im Gegensatz zu den Regenwäldern und zu den Monsun- wäldern, baumartige Succulenten in den xerophilen Gehölzen, namentlich in den Dornwäldern, häufig vor, vornehm- lich Arten von Cereus im tropischen Amerika (Fig. 128) und solche von Euphorbia (Fig. 198) in Afrika.

Die Sträucher der Savan- nen sind nicht weniger xerophil als die Bäume. Ihre unterirdischen Theile sind im Vergleich zu den oberirdischen mächtig entwickelt und bilden manch- mal ein so mächtiges Gerüst dicker ver- holzter Axen, dass man einige derselben,

wie Andira laurifolia und Anacardium humile der Campos, mit Lund und Liais als unterirdische Bäume bezeichnen möchte. Bei der Andira z. B. (Fig. 188) nimmt das aus armsdicken Aesten bestehende Rhizomsystem manchmal ein Areal von zehn Metern im Durchmesser ein , während die oberirdischen Laubäste dünn und höchstens ein Meter hoch sind. Solche unterirdische Axen scheinen als Wasserbehälter zu dienen, ebenso wie die knolligen holzigen Rhizome, welche zahlreichen kleinen Sträuchern und Halbsträu ehern der Campos zukommen (Fig. 203, 204).

Dünne Holzlianen kommen in den xerophilen Gehölzen, namentlich in den Dornwäldern vor, dagegen gehen sie den Savannen ab ; man findet in den letzteren vielmehr, z. B. in den Campos Brasiliens, aufrechte Sträucher aus Familien und Gattungen, die sonst nur kletternde Formen aufzuweisen haben. Schenck hält es für wahrscheinlich, dass manche dieser Sträucher sich von Lianen abgeleitet haben und als Rückkehr

Fig. 187. Aus den brasilianischen Cam- pos. Querschnitt durch den Stamm von Sweetia dasycarpa. Nach Warming.

376

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

zum aufrechten Wuchs aufzufassen sind.1) Ebenso gehen sie den niederen Gesträuchformationen des nördlichen Brasiliens ab. In den Savannen- wäldern und Dornwäldern, in welche die Savannen, bezw. die Ge- sträuche bei zunehmender Feuchtigkeit übergehen, finden sie sich zu- weilen in geringer Anzahl und schwacher Entwickelung.

Phanerogamische und farnartige Epiphyten sind auf den Bäumen lichter xerophiler Gehölze der Savannen äusserst spärlich vertreten oder fehlen ganz. Sie werden reichlicher, sobald die Bäume näher zusammen- rücken, und mancher Savannenwald hat keinen geringen Schmuck an Bromeliaceen , Orchideen, Cactaceen , Farnen aufzuweisen. Auch epi*

Fig. 188. Aus den brasilianischen Campos: Andira laurifolia. Nach Warming.

phytische Ficus- und vielleicht Clusia-Arten kommen in der Savanne vor, wo sie an die Palmen gebunden zu sein scheinen, deren persistirende Blattstielbasen den jungen Pflanzen als Behälter dienen (Fig. 200). Allen Epiphyten solcher trockenen Formationen ist der xerophile Typus im höchsten Grade aufgeprägt ; alle Schutzmittel gegen Wasser- verlust, alle Mittel zum Auffangen und Aufbewahren des Regenwassers, die wir früher kennen lernten, sind bei ihnen besonders stark ent- wickelt. Dabei sind es doch, mit Ausnahme der Feigen, nur kleine Formen.

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Fig. 187. Im Monsunwalde, Birniah. Thonye Reserve, Thawawaddy.

a Cephalostachyum pergracile, b Sterculia sp. Nach einer Photographie von Herrn J. W. Oliver, Conservator of forests.

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ig. 188. Tcctona grandis, a erwachsener Baum, b jung, c Doani, d Acacia Catechu, e Blühende Bambusa. Buet Reserve, Thawawaddy, Birmah. Nach einer Photographie von Herrn J. W. Oliver, Conservat. of forests.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten. $jj

So charakteristisch diese Epiphytenflora der xerophilen Tropen- gebiete, so vollkommen sie den klimatischen Bedingungen der letzteren angepasst erscheint, so setzt sie sich doch ausschliesslich aus Arten des Regenwaldes zusammen. Die höchsten Zweige der Urwaldbäume, diejenigen, welche das Sonnenlicht beinahe unbehindert erhalten, sind die Heimath derSavannenepiphyten. Von da aus haben sie die trockenen Ländereien bevölkert. ')

2. Die Gehölzformationen der periodisch trockenen Tropengebiete.

§ I. Allgemeines. Der Unterschied der Vegetation beim Ueber- gang aus einem immerfeuchten tropischen Gebiet in ein zwar regen- reiches, aber periodisch trockenes erscheint während der nassen Jahres- zeit nur gering, während er sich in der trockenen namentlich durch die grosse Zahl entlaubter Bäume kundgiebt.

Zeitweise kahle Bäume treten in den Regenwäldern sehr zurück und werden meist gar nicht bemerkt, um so mehr als ihre Entlaubung und Neubelaubung häufig in keinem Zusammenhang mit den Jahres- zeiten steht. Geht man hingegen in der Trockenzeit z. B. vom immer- feuchten Westjava nach dem während des Ostmonsuns sehr regenarmen Ost-Java, so zeigt sich das Laub stark verdünnt, indem dasselbe von manchen Bäumen ganz, von anderen zum Theil abgeworfen worden ist. Zudem genügen kleine Einflüsse des Bodens, um den beinahe ganz trockenkahlen Tectona-Wald hervorzurufen. Das Bild ist ein ganz anderes, als während der sogenannten Trockenzeit in Westjava, wo der Unterschied der Vegetation zwischen Westmonsun und Ostmonsun im Tiefland, z. B. bei Buitenzorg, zwar wohl sichtbar, aber wenig ausgeprägt ist und im Gebirge beinahe ganz schwindet.

Nördlich von der Küstencordillere in Venezuela sowie innerhalb derselben, im feuchten Thale von Caripe, befand ich mich während der Trockenzeit (Februar) von immergrünem, dichtem Regenwald um- geben, während südlich von der Cordillere, auf der Llanosseite, der beinahe nur von entlaubten Bäumen zusammengesetzte lockere Savannen- wald ein winterliches Bild geboten hätte, wenn nicht viele Bäume und Epiphyten in voller Blüthe gewesen wären.

Die periodisch laubabwerfenden tropischen Wälder und die niedrigen xerophilen Gehölze der Tropen sind bisher weit weniger untersucht worden als die Regenwälder. Doch steht es fest, dass sie grosse Mannigfaltigkeit bieten. Sie bilden meist, ähnlich wie die Regenwälder,

!) Vgl. s. 217.

378 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

gemischte Bestände, in welchen kaum eine Baumart als vorherrschend bezeichnet werden kann ; zuweilen jedoch nimmt eine Art die Oberhand und kann sogar nahezu reine Bestände bilden, wie beispielsweise Tectona grandis in Ost- Java. In Bezug auf Höhe und Wuchsart der Bäume, sowie auf Unterholz und krautige Boden Vegetation giebt es zahl- reiche Modificationen , welche seitens der indischen Forstmänner zur Aufstellung zahlreicher Typen und Untertypen benutzt worden sind. Alle lassen sich jedoch zwanglos auf die von uns unterschiedenen Haupt- typen der Monsunwälder, Savannenwälder und Dornwälder, oder auf Zwischenformen derselben, zurückführen.1)

§ 2. Die tropischen und xerophilen Gehölze Indiens. Kurz hat die periodisch kahlen Wälder in Pegu, wo dieselben allerdings ihre wechselnden Eigenthümlichkeiten nicht bloss dem Klima, sondern auch im hohen Maasse Einflüssen des Bodens verdanken, eingehend ge- schildert. Den immergrünen Regenwäldern kommen diejenigen laub- abwerfenden Bestände physiognomisch am nächsten, welche Kurz als gemischte Wälder (mixed forests) bezeichnet, die nach unserer Termino- logie zu den Monsunwäldern gehören und in Birmah die eigentliche Heimath des werth vollen Teakbaums (Tectona grandis) darstellen. Hier sind die Bäume im Durchschnitt 70 80 ', in manchen Gegenden aber auch 120' hoch (upper mixed forests). Sie besitzen geraden Wuchs und sind vielfach mit Lianen verbunden. Ihre Epiphyten sind wesentlich auf die Wipfel beschränkt. Manchmal sind die Zwischenräume von hohem Bambusdickicht ausgefüllt, aber die strauchige und krautige Vegetation, namentlich der Graswuchs, tritt stark zurück (Fig. 125 und 189).

Andere Wälder Pegu's, namentlich diejenigen, welche Kurz „offene4* (open forests) nennt, vielleicht auch seine „trockenen Wälder" (dry forests) sind xerophile Nieder- oder höchstens Mittelwälder (30' 6or hoch), die zu unserem Typus der Savannenwälder gehören. Hier ist der Baumstand locker; Stämme und Aeste sind plump und knorrig, von einer reichen Epiphytenflora bedeckt. Lianen und Sträucher treten stark zurück; dagegen ist der Boden von einem aus Gräsern und Stauden oder von ersteren allein bestehenden Rasen überzogen.

Kurz unterscheidet zwei Formen seiner „mixed forests", „upper" und „lower mixed forests". In ersteren ist der Baumwuchs höher als in den letzteren, aber weniger mannigfach. Grosse Bambusen spielen in den „upper mixed forests" eine wichtige Rolle (Fig. 189); Teak ist in der Regel vorhanden; Sterculia villosa und urens, Milletia Brandisiana, Grewia elastica, Duabanga grandiflora, Erythrina stricta und suberosa sind die charakteristischen Bäume; es sind aber noch viele andere Arten vertreten. Sträucher sind spärlich und schlecht entwickelt (Helicteres plebeja, Thespesia lampas, Grewia hirsuta etc.).

l) Vgl. S. 281.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten. 379

Lianen sind ebenfalls wenig zahlreich (Combretum, Calycopteris, Abrus preca- torius etc.), das Waldinnere dementsprechend sehr frei. Grasüberzug des Bodens ist nur ausnahmsweise vorhanden und besteht dann aus dem so- genannten Teakgrase, einer Pollinia-Art. Farne sind auf dem Boden spärlich und nur in solchen Arten vertreten, die viel Trockenheit ertragen. Zahlreiche Kräuter entspringen dem Boden, ohne denselben zu bedecken. Moose sind sehr spärlich und auf feuchte Sandsteinfelsen beschränkt (Hypnum, Fissidens, Mar- chantia). Die Epiphyten sind wenig zahlreich und nur auf Baumwipfeln vorhanden.

Die „lower mixed forests" sind im Durchschnitt 70 8o', zuweilen bis ioor hoch, reicher an Lianen und auch an Sträuchern und daher dichter als die „upper mixed forests". Kurz erwähnt gegen 50 Baumarten als Haupt- bestandtheile dieser Wälder, und ungefähr ebensoviele als von mehr lokalem Auftreten. Wir finden unter den ersteren die verschiedeasten Familien ver- treten: Sterculiaceen , Malvaceen, Bombaceen, Dilleniaceen , Sapindaceen (Schleichera) , Anacardiaceen (Odina, Mangifera, Spondias), Combretaceen (Terminalia sp. div., Anogeissus), Lythraceen (Lagerstroemia sp. div.), Samyda- ceen (Homalium), Diospyraceen , Bignoniaceen (Spathodea, Heterophragma, Stereospermum, Calosanthus), Euphorbiaceen (Antidesma, Emblica), Mimosaceen (Albizzia), Rubiaceen (Nauclea sp. div., Gardenia, Randia), Artocarpeen (Ficus sp. div.), Myrtaceen (Barringtonia , Careya), Strychnos nux vomica u. a. m.

Unter den Sträuchern zeigen sich namentlich Thespedia lampas (Malva- cea), Grewia hirsuta (Tiliacea), Verbenaceen (Premna, Clerodendron), Euphor- biaceen (Ceratogynum, Phyllanthus, Baliospermum), Papilionaceen (Desmodium, Flemmingia), 2 Calami u. a. m.

Die Lianen sind äusserst verschiedenartig. Kurz erwähnt namentlich über 50 Arten, darunter zahlreiche Leguminosen (Butea, Spatholobus, Entada, Caesalpinia sp. div., Acacia, Dalbergia, Phaseolus, Pueraria, Mucuna, Dolichos, Mezoneurum, Abrus precatorius) , Menispermaceen (Stephania), Rhamnaceen (Ziyphus, Gouania, Colubrina), Celastraceen (Celastrus), Sapindaceen (Stephania), Vitaceen (Vitis sp. div.), Rubiaceen (Paederia), Euphorbiaceen (Rottlera, Bri- delia), Verbenaceen (Symphorema, Congea), Combretaceen (Combretum sp. div., Calycopteris), Cucurbitaceen (Zehneria, Luffa), Convolvulaceen (Argyreia sp. div., Ipomoea), u. a. m., auch einige Monocotylen (Smilax, Scindapsus), Gne- tum scandens, Lygodium etc.

Unter den Kräutern, die den Boden nirgends bedecken, zeichnen sich namentlich Scitamineen aus. Daneben kommen eine Anzahl Gräser, Araceen, Compositen, Malvaceen u. s. w.

Die Bäume tragen als Epiphyten Moose (Neckera, Meteorium), ver- schiedene gemeine Orchideen, Farne und Asclepiadeen , ausserdem aufTallend viele und verschiedenartige parasitische Loranthaceen.

Die Savannenwälder in Pegu zeigen sich unter verschiedenen Formen, die Kurz als „Eng forests" oder „Latente forests", „low forests" und „savannah forests" bezeichnet. „Eng" ist die einheimische Bezeichnung für Diptero- carpus tuberculatus, der für die erstere Waidform charakteristisch ist.

Die Engwälder befinden sich hauptsächlich auf Laterit, aber auch, allerdings in weniger entwickelter Form, auf verschiedenen Diluvialböden. Das Niveau

380 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

des Laubdaches liegt auf reinem Lateritboden bei etwa 30 40', auf mehr thonigem oder lehmigem Boden bei etwa 70 80'. Die meisten Stämme haben eine dicke, rissige, schuppige Borke und auffallend plumpe, knotige, krumme Aeste. Vorherrschend auf reinem Lateritboden ist Dipterocarpus tuberculatus ; auf anderen Bodenarten tritt er zurück oder fehlt Mehr als vierzig andere Baumarten pflegen ausserdem reichlich aufzutreten. Es sind Dipterocarpaceen (Shorea, Pentacme), Meliaceen (Walsura), Dilleniaceen (Dillenia), Celastraceen (Lophopetalum), Rhamnaceen (Zizyphus), Anacardiaceen (Buchanania, Melanorrhoea), Styracaceen (Symplocos), Diospyraceen (Diospyros), Myrsinaceen (Myrsine), Euphorbiaceen (Phyllanthus , Aporosa), Papilionaceen (Dalbergia, Xylia), Rubiaceen (Wendlandia , Nauclea, Randia, Gardenia, Com- bretaceen (Terminalia), Myrtaceen (Careya, Eugenia), Lythraceen (Lager- stroemia), Strychnos nux vomica u. a. m. in buntester Abwechselung. Zwischen den Bäumen wachsen Bambusen (B. tulda und B. stricta). eine stammlose Palme (Phoenix acaulis), niedriges, sehr spärliches Gesträuch, zu welchem Verf. merkwürdigerweise auch grössere Kräuter, sogar einjährige rechnet und wenige, kaum kletternde Lianen. Der Graswuchs auf dem Boden pflegt sehr reich entwickelt zu sein (Andropogoneen, Paniceen, Cyperaceen) und ist von zahl- reichen kleineren Kräutern untermischt (Malvaceen, Acanthaceen, Rubiaceen, Campanulaceen , Gentianaceen , Scrophulariaceen , Labiaten, Papilionaceen, Compositen, Scitamineen, Amaryllidaceen , Orchideen, Commelinaceen , Erio- caulaceen etc.).

Eine Fülle epiphytischer Orchideen, Hoyae, Farne (Platycerium etc.) wachsen in grosser Menge auf den Baumästen.

Die „low forests" sind in Wuchs den Engwäldern ähnlich, und systematisch als Uebergang der letzteren zu den „lower mixed forests" (v. oben) zu be- trachten. Ihr Boden ist von Andropogoneen oder von Imperata cylindrica reich bewachsen.

Kurz, „Savannah forests" haben dieselbe Höhe wie die Engforests. Sie wachsen auf tiefem Alluvialboden, namentlich in der Nähe der Flüsse. Die Stämme in ihnen sind sehr kurz, oft kaum höher als das den Boden be- deckende sogenannte Elephantengras (Arten von Andropogon, Coix, Sac- charum, Phragmites) ; die Kronen sind auffallend stark entwickelt und oft flach ausgebreitet Die Baumarten sind zum Theil die gleichen wie in den „lower mixed forests". Es sind typische Savannenwälder.

Der grösste Theil des Waldes in Ostjava kann als eine Zwischen- form von Regenwald und Monsunwald bezeichnet werden, aber edaphische Einflüsse machen sich hier, wie überhaupt in klimatischen Uebergangs- gebieten sehr geltend und bedingen eine reichere Gliederung der Vegetationsdecke als in Westjava, wo dieselbe sich wesentlich nur vom Klima abhängig zeigt. Namentlich tritt in Ostjava auf leicht trocknendem, bezw. schwer durchlässigem Boden die Formation des Djatiwalds, ein typischer, tropophiler laubabwerfender Wald auf.

Der Djatiwald verdankt seinen Namen dem technisch werthvollen Djatibaum, Tectona grandis, dem Teak der Engländer (Fig. 1901,

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten. 38 1

welcher auch in Continentalindien sehr verbreitet ist, jedoch nur auf Java selbstständige Wälder bildet, in welchen andere Bäume nur als Nebenbestandtheile auftreten. Der Tiekbaum gehört keineswegs zu den Riesen, weder was seine Höhe noch seine Stammdicke betrifft. Er wird höchstens 25 m hoch. Seine herzförmigen an diejenigen der Catalpa erinnernden Blätter sind sehr gross und die violetten, mitten in der Regenzeit sich öffnenden Blüthen sind in pyramidenförmige Rispen vereinigt. Der Stamm besitzt eine helle Rinde und entbehrt der Epiphyten; dagegen siedeln sich Feigen (Urostigma- Arten) häufig im Geäste an. Zur Trockenzeit ist der Tiek ganz unbelaubt (Juni bis October) und entfaltet seine neuen Blätter mit dem Auftreten des West-Monsuns im November.

Cordes hat die natürlichen Tiekwälder Ost-Java's Waldculturen sind auch in West-Java sowie in Englisch-Indien vorhanden nach ökologischen und floristischen Gesichtspunkten eingehend dargestellt.

Im Gegensatz zum Regenwalde West-Java's ist das Aussehen des Tiekwalds in den verschiedenen Jahreszeiten ein sehr ungleiches. Im August und September, auf der Höhe der Trockenzeit, ist das von ihm dargebotene Bild ein beinahe winterliches. Die überwiegende Mehrzahl der Bäume, darunter namentlich alle Tiekbäume sind ganz laublos und der Boden ist von einer knisternden Lage ihrer trockenen, erst in der Regenzeit verwesenden Blätter bedeckt. Die den Tiekbaum begleitenden Bäume sind in der Trockenzeit leichter als in der Regenzeit erkennbar. An der schirmförmigen Krone erkennt man Acacia leucophloea, an der weissen, derjenigen der Birke ähnlichen Borke Albizzia procera. Einige Baumarten sind grün geblieben, darunter der häufigste Begleiter der Djati, Butea frondosa, welche im Gegensatz zum letzteren sich auf der Höhe der Trockenzeit mit ihren grossen feuerfarbigen Schmetterlings- blüthen schmückt. Immergrün sind ferner die Sapindacee Schleichera trijuga, die Mimosee Albizzia stipulata, mit regelmässiger schirmförmiger Krone und die auf dem Geäst anderer Bäume angesiedelten Feigenbäume.

Zwischen den hohen Bäumen wachsen zahlreiche kleinere, nament- lich Emblica officinalis Gaertn., eine Euphorbiacee, ferner Dillenia aurea etc. Palmen sind sehr selten, Bambusen kommen hier und da vor. Reich entwickelt und mannigfach ist die Strauchvegetation. Be- sonders zahlreich sind die Leguminosen, z. B. Acacia tomentosa Wild., Cassia- Arten, Papilionaceen, aber auch Hibiscus lampas zeigt häufig seine grossen gelben Blüthen. Die Lianen sind alle dünnstämmig und vorwiegend Papilionaceen, wie Abrus precatorius, Mucuna- Arten etc. Die Kräuter sind nach der Bodenbeschaffenheit sehr wechselnd. Ist dieselbe feucht und humös, so zeigen sich Dickichte stattlicher Zingiberaceen (Curcuma-, Kaempferia-, Elettaria-Arten etc.), die in der zweiten Hälfte der Trockenzeit (September bis October), ihre prächtigen

2 82 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Blüthen entfalten. Besonders trockene Böden sind vornehmlich von hohen Gräsern bewachsen, wie Alang -Alang (Imperata arundinacea) und Glagah (Saccharum spontaneum L.). Unter den zahlreichen, meist unscheinbaren Stauden sind namentlich Malvaceen (Urena, Sida\ Compositen (Conyza lacera Burm., Wollastonia, Adenostemma vis- cosum etc.), einige Araceen, sehr kleine Acanthaceen und Comme- linaceen, endlich verschiedene in der Trockenzeit blühende Amaryl- lidaceen (Eurycles ambonensis, Pancratium zeylanicum, Crinum asiaticum ) zu erwähnen.

Ausser den schon berücksichtigten Feigen sind Epiphyten im Djati-Wald sehr spärlich und auf wenige kleine Orchideen, Asclepiadeen, Aeschynanthus beschränkt. Das Vorkommen epiphytischer Farne ist ein Zeichen, dass im Geäst Höhlungen vorhanden sind und Moose sind auf gesunden Bäumen nur ausnahmsweise vorhanden. Dagegen sind parasitische Loranthaceen sehr häufig.

Die meisten der erwähnten Kräuter sind in der Trockenzeit sehr reducirt oder, soweit sie annuell sind, gar nicht vorhanden. Mit der Butea, im Juli und August, blühen die Amaryllideen, später, im Sep- tember und October treten sehr viele andere Gewächse hinzu, wie die ebenfalls schon erwähnten Zingiberaceen, namentlich aber die meisten Bäume, mit Ausnahme der Tectona. Noch grösser ist der Blumenflor beim ersten Beginn der Monsunregen, im November ; namentlich blühen dann die meisten Sträucher, während die Kräuter, deren Blüthen- entwickelung in engster Abhängigkeit von der Ernährungsthätigkeit steht, meist in der Regenzeit blühen. Im Ganzen ist der Blüthenflor im Djatiwald, entsprechend der grösseren Trockenheit und stärkeren Be- leuchtung, weit grösser als im Regenwald.

November ist die Zeit, wo das Laubdach sich neubildet. Der Djatibaum bedeckt sich mit anfangs rothen Blättern, die bald dichte Laubmassen bilden. April, Mai und Juni sind die blüthenärmsten Monate.

§ 3. Die Gehölze des tropischen Ostafrika. Es ist zur Zeit noch nicht möglich, eine befriedigende Darstellung der Vegetationsverhältnisse des tropischen Ost-Afrika südlich vom Aequator zu geben. Meteoro- logische Aufzeichnungen liegen nur wenige, auf kurze Zeit sich er- streckende vor, und, mit Ausnahme von Volkens, der sich ganz wesentlich im Hochland von Kilimandscharo aufhielt, haben bis jetzt Botaniker das Gebiet nicht bereist. Aus den Aufzeichnungen der Sammler und anderer nicht wissenschaftlich gebildeter Reisenden ergiebt sich für die Küstenlandschaften bis zum Zambesi das Bild einer reich diflferenzirten Vegetationsdecke mit verschiedenartigen Gehölz- Grasflur- und Wüstenformationen. Welcher Antheil bei dieser Gliederung den klimatischen und welcher den edaphischen Einflüssen, in wieweit der Charakter ursprünglich oder vom Menschen modificirt ist, lässt sich

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten. 383

gegenwärtig nicht angeben. Die Gehölze des Küstengebiets Ost- Afrika 's sind zum grösseren Theile xerophil und sind theils als Savannen- wälder, theils als Dornwälder und Dorngebüsche ausgebildet, natürlich mit verschiedenen Zwischenformen. Die wenig ausgedehnten hoch- stämmigen Waldparcellen (Fig. 191 u. 192) werden wohl, entsprechend

Fig. 191. Waldpartie im Küstenland von Deutsch -Ost -Afrika. Nach einer Photographie.

der schart ausgeprägten Gliederung des Jahres in Regenzeit- und Trockenzeit, den Monsunwäldern anzugliedern sein, doch fehlt es an genaueren Darstellungen, wie auch an Angaben über das Verhalten der Belaubung in den verschiedenen Jahreszeiten.

„Kein Formations-Typus", sagt Engler, „ist in Afrika so reich entwickelt, wie der der Buschgehölze11. Nach seiner Schilderung gehören diese Gehölze

384

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

zu unseren Dornwäldern, mit häufigem Vorherrschen der Sträucher und bei abnehmender Feuchtigkeit, allmählichem Uebergang zur Wüste.

Zu den afrikanischen Dornwäldern gehören namentlich Engler's „dichter Buschbestand" des unteren Buschlandes und sein „Steppenbuschdickicht" im Inlande.

Engler betont die systematische Aehnlichkeit der „Buschwälder" des tro- pischen Afrika unter sich und mit denjenigen Vorderindiens und ihre physio- gnomische Aehnlichkeit mit denjenigen Central- und Südamerikas (Mexico, Argentinien, Chile). In systematischer Hinsicht ist für sie charakteristisch das reichliche Vorkommen der Acacien in verschiedenen Arten Neben ihnen sind auch die ebenfalls mit doppeltgefiederten Blättern versehenen Gattungen Dichrostachys und Albizzia an Individuen reich vertreten. Holzgewächse mit

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Fig. 192. Waldpartie im Küstenland von Deutsch -Ost -Afrika. Nach einer Photographie.

einfach gefiederten Blättern sind selten gleich dominirend (Bignoniaceen , die Anacardiacee Odina, die Simarubacee Harrisonia, einige Rutaceen, Burseraceen, Connaraceen, Caesaipiniaceen). Gewächse mit gedreiten Blättern sind häufig (z. B. Commiphora, Rhus, Jasminum, Vitex etc). Die meisten Gewächse des Dornwaldes haben einfache Blätter, die in der Mehrzahl der Arten persistirend sind und eine sehr dicke Cuticula besitzen (Euphorbia ceen, Celastraceen, Rhamnaceen, Rubiaceen, Sterculiaceen , Verbenaceen, Compositen u. s. w., häufig mit unscheinbaren, weisslichen Blüthen). In den dichten Gehölzen treten nur wenige Kräuter auf, während solche sich in den Lichtungen zahlreich zeigen. Schling- und Kletterpflanzen, wohl nur dünnstämmig, sind artenreich; Peperomia und Angraecum treten als Epiphyten auf.

Der zweite Typus des xerophilen Niederwalds, der Savannenwald, ist anscheinend in Afrika weit weniger entwickelt als der Dornwald. Typischer

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten. 385

Savannenwald in unserem Sinne ist Engler's „Steppenwald", der namentlich in Unyamwesi auftritt. „7 12 m hohe geradstämmige Bäume, mit 3 4 cm dicken Stämmen bilden den Hauptbestand; vorherrschend, bisweilen alleinherrschend sind Leguminosen mit einfach gefiederten Blättern, die als Myombo bezeichnet werden, so in Unyamwesi Berlinia Eminii, aber auch Acacia-, Sterculia-, Termi- nalia- und Kigelia- Arten kommen vor. Unterholz ist wenig vorhanden, die Sträucher und kleinen Bäumchen von Anona, Combretum und Anderen sind so zerstreut, dass der Marsch durch solche Myombowälder in keiner Weise behindert wird. Succulente Pflanzen sind selten, nur hier und da tritt eine Aloe oder eine Kandelaber- Euphorbie auf; aber zahlreiche Kräuter bedecken den Boden." (S. 62.)

§ 4. Tropophile und xerophile Gehölze im tropischen Amerika. Die Hochwälder des Innern Südamerikas, namentlich Brasiliens südlich vom Amazonas, dürften zum Theil tropophil und zu den Monsunwäldern zu rechnen sein. Die von Warming geschilderten Wälder von Minas geraes werfen ihr Laub periodisch ab, allerdings ohne jemals kahl zu werden, indem die Entlaubung der meisten Bäume der Neubelaubung unmittelbar vorausgeht.

Die ausgeprägt xerophilen Typen der Savannenwälder und Dorn- wälder (bezw. Dorngebüsche) sind im ganzen tropischen Amerika reich vertreten und wechseln häufig mit den Savannen ab. Nimmt die Feuchtigkeit zu, so geht die Savanne zunächst in Savannenwald über. So wenigstens habe ich es in Venezuela beobachtet, wo bei der Be- steigung der Küstencordillere vom Süden her die bisher zerstreuten Bäume sich zum nahezu geschlossenen Walde näherten, während der Boden seinen Graswuchs behielt. Der niedrige, einem dichten Obst- garten vergleichbare Wald bestand vorwiegend aus Leguminosen mit schirmförmiger Krone, namentlich aus Cassia-Arten , deren vollständig entlaubte Zweige von gelben Blüthen bedeckt waren. Zerstreut zwischen den entlaubten Bäumen zeigten sich zwei immergrüne, sehr derbblätterige Baumarten, die Proteacee Rhopala complicata und der Cajü, Anacardium occidentale. Alle Aeste, namentlich aber diejenigen der entlaubten Bäume, trugen kleine hartblätterige oder dichtbehaarte Tillandsien (darunter sehr reichlich T. recurvata) und einige ebenfalls ausgesprochen xero- phile Orchideen, namentlich eine schön blühende Jonopsis. Eine säulen- förmige Cereus-Art von gleicher Höhe wie die Bäume zeigte sich häufig zwischen den letzteren. Der Boden war von reichem und hohem, aber völlig vertrocknetem Graswuchs bedeckt.

Savannenwälder sind gewiss noch anderwärts im tropischen Amerika vorhanden. So scheinen die „Capoes", die Waldparcellen, die die Vege- tation der Savannen (Campos) in Centralbrasilien auf feuchterem Boden ersetzen, zu diesem Typus gehören (Vgl. Fig. 127).

Die Dorngehölze, als Wälder, Gebüsche oder Gesträuche, sind im tropischen Amerika sehr entwickelt. So bilden sie einen wesent-

Schimper, Pflansengtographie. 25

ßgg Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

liehen Theil der Küstenvegetation im östlichen mittleren Mexiko (Fig. 128). Namentlich aber überziehen sie, unter dem Namen „Caatingas" bekannt und gefürchtet , ausgedehnte regenarme Landschaften in Brasilien, zwischen den Savannen (campos) des Südens und den Regenwäldern des Amazonas und seiner Nebenflüsse. Sie wechseln vielfach mit den Savannen ab und zwar sind, wie in allen trockenen Gebieten, eda- phische Einflüsse für den Wechsel des Vegetationscharakters in erster Linie maasgebend, indem sich die Savanne auf dem festeren, bei Regen oberflächlich benetzten, das Gehölz aber auf sandhaltigem, für Wasser sehr durchlässigem Boden behauptet. Die Caatingas stellen dornige, vorwiegend von Mimoseen gebildete Gebüsche dar, in welchem mehr oder weniger zahlreiche Bäume sich erheben, darunter die wunder- baren, früher schon erwähnten Barrigudos und Säulencacteen. Dünne Lianen klettern zwischen dem Gesträuch, Epiphyten fehlen oder sind äusserst spärlich. Die krautige Vegetation ist auf stachelige Bromelia- ceen beschränkt (Fig. 193).

Die Caatingas Brasiliens sind häufig geschildert worden, namentlich durch Martius, St. Hilaire, Liais, in neuester Zeit durch Detmer. Martius entwirft von ihnen folgendes anschauliche Bild:

„Ganz anders (d. h. im Vergleich zu den Regenwäldern) verhält sich dieses mit denjenigen Wäldern, welche, vom Brasilianer mit dem Namen der Catingas oder der lichten Wälder bezeichnet, während der Dürre ihre Blätter verlieren, und erst, wenn sich mit der nassen Jahreszeit ein anhalten- der Regen eingestellt hat, wieder ausschlagen. Sie bestehen aus Bäumen von bedeutend niedrigerem Wuchs und erneuern, wenn sie entblättert sind, dem europäischen Reisenden das Bild seiner vaterländischen Laubwälder im Be- ginne des Winters. Sie gehören hauptsächlich den nördlichen Provinzen von Cearä, Rio Grande do N'orte, Pernambuco, Piauhi, Goyaz und Bahia an, wo sie den sandigen, ur-granitischen oder jura-kalkigen Boden in ungeheueren Strecken einnehmen. Dürre, quellenarme Gegenden, deren Flüsse während des Sommers versiegen, hügeliges Land oder Ebenen, sind das Vaterland dieser sonderbaren Wälder. Nur mit Furcht und Grauen durchzieht sie der Reisende in den trocknen Monaten. So weit er blickt, umstarren ihn regungs- los, von keinem Lüftchen gefächelt, die entblätterten Stämme; kein grünes Blatt, keine saftige Frucht, kein frischer Grashalm auf dem glühenden nackten Boden; nur sonderbar gebildete Cereus - Stämme , welche sich hier wie un- geheuere Candelaber erheben, dort, in geschlossene Reihen zusammengedrängt, mit ihren giftigen Stacheln drohen, scheinen noch eine Spur des flüchtigen Lebens in sich erhalten zu haben . . . Löst aber hier ein plötzlicher Regen die Banden des Pflanzenreichs ... so ersteht, wie im Zauberschlage, eine neue Welt. Auf den vieiverzweigten Stämmen spriessen Blätter von mildem Grün hervor, un- zählige der seltsamsten Blumenformen entfalten sich, die Gerippe der drohen- den Dornhecken und Schlingpflanzen umkleiden sich mit frischem Laube . . ."r»

l) 1. c. S. 16—17.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten. 387

Als Charakterpflanzen der Caatingas werden von Martius erwähnt: Spondias tuberosa Arr., Anona obtusifolia Mart, Caesalpinia pubescens, glandulosa Mart. , Capparis lineata, Ico, longifolia, laevigata Mart., Pourretia ventricosa Mart und Chorisia ventricosa N. M.; Thryallis brasiliensis , mehrere kleine Arten von Bombax, viele Acaciae und Mimosae, Jatrophae, „eine eckige gabiige Euphorbia, die einzige Art dieser afrikanischen Form, welche uns in Brasilien vorgekommen.' ' Die Palme auf Fig 193 ist Cocos coronata.

Liais' Schilderung fügt derjenigen Martius keine wesentlichen Züge hinzu. Doch betont er das Vorkommen vielgestaltiger Cacteen und die grosse Menge stachlicher Bromeliaceen als Bodenkräuter.

Detmer, der die Caatingas der Prov. Bahia im September (Uebergangs- monat von Trocken- zu Regenzeit) sah, spricht sich darüber folgendermaassen aus:

„Der dürre Boden besteht aus grauweissem, lockerem Sande. Auf ihm wachsen überall, zu dichtem, zum Theil undurchdringlichem Gestrüpp ver- einigte, meist völlig laublose, dornige Sträucher, die nur hier und dort von einzelnen Bäumen wenig überragt werden. Zwischen den Sträuchern erheben sich oft in grosser Anzahl ca. 20 Fuss hohe Mandacarus, d. h. Cereusbäume, deren mächtiger, an seiner Basis holziger Stamm sich weiter nach oben in einzelne dicke, 4 5 kantige, verzweigte, mit langen Dornen besetzte Aeste auflöst Den Boden zwischen den Sträuchern bedecken sehr grosse Gravattas, erdbewohnende Bromeliaceen mit halb verdorrten scharfrandigen, rosettenartig gruppirten Blättern, über welche die vertrockneten Blüthenstände emporragen, und nur wenige andere Pflanzen, die zum Theil graugrüne, stark behaarte Blätter tragen. Auch niedrige Fächer- und Fiederpalmen sind reichlich vertreten."

Den Caatingas ähnliche Dorngebüsche zeigen sich auch im süd- lichen Theile Brasiliens, in Minas geraes. Da sind sie nach Liais und Warming an felsige Kalkhügel gebunden, und unterscheiden sich von den benachbarten Wäldern durch viel vollständigere Entlaubung, durch grösseren Reichthum des Gesträuchs zwischen den mehr ge- trennten Bäumen, durch mehr ausgeprägten xerophilen Charakter und, im Einklang mit letzterem, durch grösseren Reichthum an Dorngewächsen und Succulenten.

Dorngehölze sind auf den Antillen reich entwickelt. Sie zeigen sich beispielsweise in grosser Ausdehnung an der Ostküste Jamaika's, wo sie namentlich aus Mimoseen und Cereus- Arten bestehen und, wie in Minas, an Kalkboden gebunden zu sein scheinen. Mehrere der kleinsten Inseln sind von ihnen fast ganz überzogen, z. B. die von Eggers geschilderten dänischen Inseln.

3. Die tropischen Grasflurformationen.

§ 1. Allgemeines. Während in den Gebieten mit Regen zu allen Jahreszeiten die Grasflur eine ganz untergeordnete Rolle spielt und ihr

l) 1. c S. 77.

25*

388

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

*ig- *93- Tropisches Dorngehölz: Caatingawald im unbelaubten Zustande. Prov. Bahia , Brasilien. Nach Martius.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

389

beschränktes Auftreten standortlichen Einflüssen verdankt, nimmt sie in den Gebieten mit markirten Trockenzeiten, namentlich in Afrika und in Süd-Amerika, gewöhnlich in Form der Savanne, weniger häufig als Steppe ausgedehnte Areale ein.

Das Bild der tropischen Savanne bleibt überall wesentlich das gleiche, wenigstens in den Niederungen (Fig. 127 und 195). Hohe, in manchen Gebieten über manneshohe Gräser entspringen in dichten, durch nackte Zwischenräume getrennten Büscheln dem physikalisch

Fig. 194. Dorngebüsch auf Kalkboden in Minas geraes. Uvaria macrocarpa, Cereus coerulescens. Nach Warming.

und chemisch sehr verschiedenartigen, häufig durch Eisenoxyd roth- gefarbten Boden. Auf den Hochebenen wird der Graswuchs niedriger, manchmal nicht höher als auf unseren Wiesen und mehr von Stauden und Halbsträuchern durchsetzt. In grösseren oder kleineren Abständen erheben sich Bäume, meist krüppelhafte, knorrige, an unsere Aepfel- bäume erinnernde Zwergbäume, zuweilen jedoch hochstämmige Bäume, welche gewöhnlich charakteristischen, dem Wald fehlenden Arten an- gehören. Ausser dicotylen Laubbäumen kommen auch Palmen in der Savanne vor.

390

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Durch dichteres Zusammentreten der Bäume geht die Savanne allmählich in den Savannenwald, durch Verschwinden der Bäume in die Steppe über. Solche Uebergänge sind häufig und werden zuweilen durch klimatische Ursachen, häufiger jedoch durch Wechsel der Bodenbeschaffenheit bewirkt.

§ 2. Afrikanische Savannen. Eine anschauliche Schilderung hat Pechuel- Lösche von den Savannen an der Loangoküste gegeben, die für die Physiognomie der Savannen in Niederungen überhaupt als typisch gelten können. Allerdings fehlen in dem Bilde der Baobab

Fig. 195. Landschaft bei Lagoa Santa in Minas geraes. Auf den Rücken Savanne ^CaniposJ, in den Thälern Wald. Nach Warniing.

(Adansonia digitata) und die derbblätterigen Zwergbäume, die vereinzelt aus dem Grase hervorwachsen und die der Verfasser anderwärts be- schreibt. Zwei Formen der Savannen werden von ihm unterschieden, die offene und die geschlossene: „Die ersteren bestehen aus minder voll bestockten und locker vertheilten schmiegsamen Gräsern unter Manneshöhe, welche das Durchstreifen und eine genügende Umschau gestatten: die letzteren aus enggedrängten, steifen und kräftiger auf- schiessenden, welche den Eingeborenen fest umschliessen und ein Ab- weichen vom gebahnten Pfade theils sehr erschweren, theils gänzlich verhindern. " „Räumlich waltet die offene Grasflur vor. Die Haupt-

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

391

masse derselben liefern durchschnittlich einen Meter hohe Gramineen. In vielen Gegenden finden sich allenthalben zwischen diesen verstreut graciös im Winde schwankende, sehr lockere Garben eines schönen drei Meter hohen Andropogon und Cympogon und ein niedriges Ctenium. Die geschlossene Grasflur, auch wo sie zum niederen Dschungel umgewandelt ist, wird fast ausschliesslich durch Paniceen gebildet, deren starre Halme vier und fünf Meter hoch aufschiessen. Letztere Grösse ist indessen schon eine verhältnissmässig bedeutende und ungewöhnliche, nach zahlreichen Messungen ist eine Länge von

Fig. 196. Aus der westafrikanischen Savanne. Anona senegalensis , Gräser und Termiten- nester. Loango. Nach Pechuel - Lösche.

fünf und einem halben Meter als die äusserste Grenze des Wachsthums zu betrachten."

. . . „Die Vegetationszeit aller Campinengräser l) fällt in die gewitter- reiche Zeit; bevor diese zu Ende gegangen, haben sie ihre Samen gereift und beginnen abzusterben wie das Getreide unserer Felder. Selbst während ihrer kräftigsten Entwickelung zeigen sie nicht das saftige, erfrischende Colorit unserer Wiesen, weil die aufschiessenden Halme stets mit vertrockneten, niedergebrochenen oder ruthengleich emporschauenden untermischt sind, welche dem ohnehin matten Grün

l) Campine = Savanne.

392 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

einen fahlen gelblichen oder bräunlichen Farbenton verleihen. Diese verdorrten Reste liefern auch mitten in der Regenzeit dem Feuer hin- reichende Nahrung und ermöglichen ein theilweises Niederbrennen oder doch Absengen der Bestände. Bis auf den Grund von den Flammen gereinigte Strecken erinnern, von fern betrachtet, in den ersten Tagen des Wachsthums, wenn die unzähligen jungen Schösslinge und Blatt- spitzen hervorkommen, zuweilen lebhaft an die auf unseren Feldern spriessenden Saaten."

„Der reiche Blüthenschmuck mannigfaltiger Staudengewächse, welcher die Weideländer anderer Erdtheile ziert, die vergängliche Pracht der Zwiebelgewächse vieler Steppengebiete ist den Campinen fremd. Nur in den offenen finden sich verstreut einige Kinder Floras : mattroth oder gelb blühende Indigo-Stauden, eine niedliche Striga lutea Louret mit brennend rothen, die zierliche Cassia mimosoides L. mit goldgelben, stellenweis auch ein Clerodendron mit lebhaft scharlachrothen Blüthen. Seltener gedeihen zwischen den Gräsern Vernonieen, die violette V. cinerea Less. und die weiss oder leicht rosa blühende V. senegalensis Desf.; die letztere ist eine der verbreitetsten . . . .ul)

Die afrikanischen Savannen besitzen nicht bloss Zwergbäume, sondern auch grosse, ja riesenhafte Bäume. Der berühmteste dieser Riesen der Savannen ist der Affenbrotbaum oder Baobab, Adansonia digitata, „ein verschiedenartig entwickelter, in der Regel aber wohl- gewachsener Baum von gigantischer Gestalt, dessen Stamm und Geäst von übermässiger, man könnte sagen, ungeschlachter Dicke er- scheinen."2) Der Baobab ist durchaus auf offene Landschaften, nament- lich Savannen beschränkt und beherrscht auf weiten Strecken die letzteren vollständig.

„Im Allgemeinen ähnelt die Gestalt des Affenbrotbaumes der unserer riesigen, auf Hutungen wachsenden Eichen. Wie diese besitzt er mannig- faltige individuelle Verschiedenheiten, zeigt jedoch in der Regel ein weniger knorriges und nicht in so scharfen Biegungen verlaufendes Astgerüst Man könnte behufs schärferer Eintheilung einen dreifachen Habitus der Adansonia aufstellen. Ihr massiger, astloser Stamm ist entweder walzenrund, fast gleich- massig dick und trägt säulenähnlich in grosser Höhe den Wipfel; oder ist kurz, auffallend gedrungen und gewulstet und zertheilt sich unfern vom Boden in eine Anzahl gleichwertiger Aeste; oder er sendet schon von geringer Höhe an riesiges Astwerk aus, bleibt aber bis mindestens ca. zwei Drittel Entfernung vom Boden, als Haupttheil des Baumes deutlich erkennbar."8)

Eine zu Landäna stehende Adansonia der ersten Form maass nach Pechuel- Lösche bis zu den ersten Aesten an 17 m, bei einem Umfange von S m.

*) 1. c. S. 130 132. *) 1. c S. 178. 3) 1. c. S. 177.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

393

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394 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Der Umfang des Stammes eines bei Ambrisette stehenden Baumes der zweiten Form betrug 27 m.

„Eine besondere Wichtigkeit gewinnt die Adansonia, da sie ein Wahr- zeichen der offenen Landschaft ist. Sie braucht Raum, Luft und Licht; werden ihr diese Bedingungen des Gedeihens beschränkt, so verkümmert sie und geht zu Grunde. Die freie Grasflur ist ihre Heimath; im Hochwalde habe ich sie niemals gefunden. Im Uebrigen ist es ihr aber gleichgültig, ob sie hart am Wasser oder auf trockenen Hügelkuppen wächst ; einige habe ich sogar auf vollständig versumpften Stellen gefunden. Sobald sich jedoch Busch- wald um sie ansiedelt und Bäume sie einzuschliessen beginnen, zeigt sie bedenkliche Spuren des Verfalles: sie wird erdrückt, verliert ihr Geäst und bricht endlich ganz und gar zusammen."1)

Das Holz des Baobab ist schwammig weich, saftig und stellt ein mächtiges Wasserreservoir dar, dem derselbe sein Bestehen und seine mächtige Entwickelung in der Savanne verdankt. Während der trockenen Jahreszeit ist er übrigens unbelaubt.

Kürzer aber ebenfalls sehr anschaulich wird von Hans Meyer die östliche tropisch -afrikanische Savanne geschildert. Sie besteht vor- wiegend aus Gras und kleinen Stauden, wenigen Dornsträuchern ; alle 100 200 Schritt erhebt sich ein Baum oder Busch von der Mimosen- form, d. h. mit doppeltgefiederten Blättern. Das Gras bildet keine geschlossene Narbe , sondern wächst in getrennten Büscheln , deren Zwischenräume von nacktem, rothem Lateritboden eingenommen sind. Meist stehen die Bäume so weit auseinander, dass man nach allen Richtungen kilometerweit zwischen ihnen hindurchsehen kann, seltener rücken sie zusammen und geben der Landschaft ein parkähnliches Aussehen.

Als Beispiel der systematischen Zusammensetzung der inneren ostafrikanischen Grasflur möge hier einiges aus den Ausführungen Engler's über die von ihm Hochgrassteppe, Buschgrassteppe und Baumgras- steppe genannten Formationen entnommen werden.

Die Hochgrassteppe, die auch nach unserer Terminologie zu den Steppen gehört, besteht hauptsächlich aus Andropogoneen mit 1 2 m hohen Halm- büschen; es treten aber noch zahlreiche andere, meist weniger hohe Gras- formen hinzu, Paniceen (Tricholaena, Setaria, Pennisetum), Agrostideen (Sporo- bolus, Aristida gracillima), Chlorideen (Enteropogon , Chloris, Leptochloa, Lepidopironia) , Aveneen (Tristachya, Trichopteryx) , Festuceen (Eragrostisl Die untergeordnet zwischen den Gräsern wachsenden Kräuter sind „theils Zwiebelgewächse oder Rhizompflanzen mit einzelnen blühenden Sprossen, theils Stauden, welche aus kurzem, niedrigem Grundstock ein Büschel von blühenden Sprossen emporsenden." Die krautigen Monocotylen sind nicht zahlreich Engler erwähnt namentlich Aneilema Johnstonii, Commelina bracteosa, Chloro- phytum macrophyllum und Chi. tuberosum, Gloriosa virescens, ferner einige Scilla-Arten, Asparagi, einzelne Amaryllidaceen (Haemanthus, Hypoxis), lridaceen

x) 1. c S. 181.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

395

( Acidanthera) , Orchidaceen (Lissochilus , Habenaria). Unter den Dicotylen nehmen grau-grüne, nicht selten i 2 m hohe Amarantaceen eine hervor-

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Fig. 198. Baumartige Euphorbia in der Savanne. Deutsch-Ost- Afrika. Nach einer Photographie.

ragende Stellung ein; sie gehören namentlich zu Celosia, Digera, Serico- comopsis, Pupalia, Aerua, Achyranthes, Nothosaerua. Die Nyctaginaceen sind

396 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

durch das häufige Unkraut Boerhaavia diffusa, die Aizoaceen ziemlich schwach mit Trianthema pentandrum und Glinus lotoides, die Phytolacaceen mit zwei einjährigen fleischigen Kräutern, Limeum viscosum und Giesekia pharnaceoides vertreten. Talinum patens, ein succulentes Unkraut aus der Familie der Portulacaceen ist gemein. Die Cruciferen treten ganz zurück (2 Farsetia- Arten). Ein Hauptcontingent liefern die Papilionaceen, namentlich Arten von Indigofera und Tephrosia, ausserdem verschiedene Hedysareen (Zornia, Stylo- santhes, Desmodium, Pseudarthria), Phaseoleen (Rhynchosia, Eriosema) u. a. m. Die Caesalpiniaceen sind schwach mit einigen Cassien vertretend Ziemlich zahlreich sind die Polygala- Arten, die Malvaceen und Sterculiaceen. Die Euphorbiaceen treten zurück, die Umbelliferen fehlen.

Unter den Sympetalen spielen Asclepiadaceen (Gomphocarpus, Stathmos- telma, Schizoglossum) und Convolvulaceen (Convolvulus, Ipomoea, namentlich Astrochlaena) durch massenhaftes Auftreten und durch grosse Blüthen eine auffallende Rolle. Zahlreich sind auch die Labiaten ( namentlich Leucas- Arten), am zahlreichsten aber unter allen Dicotylen die Acanthaceen (nament- lich Arten von Justicia , Barleria , Blepharis capensis , Neuracanthus scaber). Die in der südamerikanischen Prärie so reich entwickelte Familie der Compo- siten ist in der afrikanischen formenarm und auf einige namentlich zu den Vernonieen und Inuleen gehörige Arten beschränkt. Endlich liefern auch die Gentianaceen (Enicostemma verticillatum), die Boraginaceen (Heliotropium- Arten), die Verbenaceen (Leptostachya), die Scrophulariaceen (Striga, Scoparia\ die Solanaceen (Solanum), die Cucurbitaceen (Corallocarpus , Cucumis), die Passifloraceen (Tryphostemma, Adenia) und die Rubiaceen (Oldenlandia) unter- geordnete Bestandtheile.

Engler's Buschgrassteppe, nach unserer Terminologie eine Strauchsavanne, trägt einzeln oder in kleinen Gruppen, verschiedenartige Sträucher. Vertreten sind Anonaceen (Anona senegalensis) , Capparidaceen (Capparis, Courbonia, Cadaba, Maerua, Tylachium), Leguminosen (Acacia, Diphaca), Malpighiaceen (Diaspis albida, Triaspis auriculata), Euphorbiaceen (Phyllanthus-, Bridelia-, Acalypha-, Flueggea- Arten) , Anacardiaceen (Rhus villosa, Rh. glaucescensi, Celastraceen (Gymnosporia senegalensis), Sapindaceen (Deinbollia borbonicai, Rhamnaceen (Zizyphus Jujuba), Thymelaeaceen (Gnidia), Verbenaceen (Bouchea pterygocarpa), Acanthaceen (Blechum hamatum, Hygrophila Volkensii), Rubia- ceen (Crossopteryx africana, Gardenia Thunbergii).

Die Bäume in Engler's Baumgrassteppe, nach unserer Terminologie eine ächte Savanne, sind vorwiegend Acacien (A. subulata, A. Seyal, A. spiro- carpa, A. Senegal u. a. m.). Hervorragende Bestandtheile sind ferner Adan- sonia digitata, der Baobab, und Kigelia aethiopica, ein Baum der bis 25 m hoch wird bei einem Stammumfang von 8 m. Auch Dumpalmen (Hyphaene- Arten) treten in manchen Savannen massenhaft auf. Andere Bäume der ost- afrikanischen Savanne sind: Dalbergia melanoxylon (Papilion. -Dalbergieaei, Poinciana elata (Caesalpiniaceae) ; Zizyphus mucronata und Berchemia discolor (Rhamnaceae) , Sterculia- Arten ; Odina tomentosa und Heeria insignis (Ana- cardiaceae); Combretum und Terminalia (Combretaceae) ; Spathodea nilotica (Bignoniaceae) ; Strychnos- Arten.

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V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

397

§ 3. Amerikanische Savannen. Humboldt, der in seinen Ansichten der Natur die erste Schilderung der tropischen Grasflur für die LIanos Venezuela's gegeben, hat letztere als unermessliche, baumlose Gras- fläche gesehen. Nicht nur ich selbst, der bloss einen sehr kleinen Theil der LIanos gesehen hat, sondern auch Carl Sachs, der dieselben nach verschiedenen Richtungen durchstreifte und vielfach dieselben Gebiete, wie Humboldt, bereiste, haben von den LIanos andere Ein- drücke mitgebracht. Nicht die von Humboldt beschriebene uferlose

Fig. 200. Llanoslandschaft mit Copernicia tectorum, letztere zum Theil von epiphytischein Ficus befallen. Venezuela. Nach C. Sachs.

Grasflur hat sich unseren Augen gezeigt, sondern eine parkartige Landschaft, in welcher Gehölze Oasen und Streifen in der Grasflur bilden und in welcher letztere meist auch nicht als baumlose Steppe, sondern gewöhnlich als spärlich von Einzelbäumen besäete Savanne sich vorstellt.

Ein ähnliches parkähnliches Aussehen, eine ähnliche Ausbildung der Gras- flur als Savanne ist nach den Schilderungen Schomburgk's dem guianischen Savannengebiete eigen: „. . ." Waldungen, ich habe sie mit dem Namen Oasen belegt, hier von meilenweiter, dort von geringerer Ausdehnung, am

Fig. 20 1. Camposflora von Minas geraes. Compositen. / Baccharis sermlata rar. Pingraea.

2 B. rufescens. g Riencourtia oblongifolia. 4 Veraonia elegans. 5 Micania officinalis.

6 Brickellia pinifolia. 7 Eupatorium horminoides. Nat. Gr. Nach Flora brasiliensis.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten.

399

häufigsten von kreisförmigem Umfang, steigen, wie Inseln aus dem Meere, aus der Savanne auf. . . Ein meist ioo bis 200 Fuss, oft noch breiterer Vegetationssaum , weniger üppiger, aber sehr dicht verwachsener Bäume und Sträucher begleitet die Savannenflüsse. . . Die Gräser (der Savanne) mit ihren gelben Halmen sind rauhhaarig, sparrig, bestehen grösstentheils aus Cyperaceen und werden durch eine Menge stachliger, holziger, krautiger Pflanzen aus der Familie der Malpighiaceen, Leguminosen, Rubiaceen, Myrtaceen, Malvaceen, Convolvulaceen , Menisperraaceen , Apocynaceen u. a. m. durchsetzt. Der Wuchs der hier und da, besonders auf Erhebungen auftretenden, isolirt stehen- den Bäume, als Curatella, Bowdichia, Psidium, Rhopala u. a. m. ist ein krüppel-

Fig. 202. Aus den brasilianischen Campos (Minas geraes). Das Bäumchen : Andira i dermis (?). Links: Bromelia bracteata. Ausserdem Eremanthus sphaerocephalus und Ipomocea sp.

Nach Warming.

hafter; nie findet man diese in den Waldungen. Die sumpfigen Niederungen der Savanne werden grösstentheils von der Mauritia flexuosa, hier vereinzelt, dort förmliche Wälder bildend, eingenommen." (Reisen III. S. 798).

Aehnlich wie die Llanos und das Savannenland Guiana's stellen die Campos Brasiliens nicht eine gleichmässig über ein weites Areal ausgebreitete Formation, sondern eine reich gegliederte, wellige Park- landschaft dar, an welcher verschiedene Formen der Gehölze und der Grasflur, allerdings unter Vorherrschaft der letzteren, theilnehmen.

Auch de Saint-Hilaire schildert die Campos von Minas geraes als ein hügeliches Gebiet, dessen Niederungen echte Savanne mit Krüppel-

400

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

bäumen tragen, während die Höhen von reiner Steppe bedeckt sind. Doch ist das Camposgebiet keineswegs waldlos: „Wo inmitten der freien und nur welligen Oberfläche dieses ungeheuren Gebiets ein feuchtes und tiefes Thal sich zeigt, wo am Abhang eines Hügels eine Vertiefung vorhanden ist, da kann man sicher sein, eine Baumgruppe zu finden.*4 f)

Die krautige Vegetation der Savannen hat höchst wahr- scheinlich überall xerophile Struc- tur; doch liegen darüber nur wenige Untersuchungen , diejenigen War- ming's, für die Camposvegetation vor. Nach demselben haben viele Kräuter, Dicotylen wie Monocotylen, Knollen, welche als Haupt- oder Nebenfunction diejenige von Was- serspeichern besitzen (Fig. 203 u. 204). Die Grasblätter sind schmal und steif, die Blätter der Dico- tylen sind meist klein und hart, oft bis zu vollkommener Aphyllie reducirt.

Warming hat die systematische Zusammensetzung (Fig. 201 bis 204; der Campos von Lagoa santa in Minas geraes genau untersucht An krau- tigen Arten fand er 554. Der Menge der Individuen nach wiegen die Gräser vor, deren ca. 60 Arten na- mentlich zu den Paniceen (Paspalum, Panicum) und Andropogoneen (Andro- pogon u. a.) gehören. Der Zahl der Arten nach überwiegen die Compo- siten, vornehmlich Vernonieen (Ver- nonia) und Eupatorieen (Eupatorium), auch Asteroideen, Inuloideen, Helian- thoideen, Helenioideen, Mutisieen. Die Ligulaten sind nur durch ein Hieracium vertreten. Sehr zahlreich sind auch die Papilionaceen (60 70 Arten), während die Caesalpiniaceen und Mimosaceen nur wenige Arten aufzuweisen haben. Zu den stark vertretenen Familien gehören auch die Orchideen (35 40 Arten), und mit 20 25 Arten die Cyperaceen, Labiaten, Asclepiadaceen, ConvolvulaGeen, Euphorbiaceen, Rubia- ceen. Die Polygalaceen haben 10 15 Vertreter, 5 10 die Iridaceen,

Fig. 203. Aus den brasilianischen Campos

(Minas geraes). Vernonia desertorum. Nat. Gr.

Nach Warming.

l) 1. c. S. 9.

V. Tropische Gebiete mit ausgeprägten Trockenzeiten. 40 1

Apocynaceen , Melastomaceen , Verbenaceen, Acanthaceen, Gentianaceen, Scrophulariaceen , Caesalpiniaceen, Mimosaceen, Amarantaceen , Malvaceen; 3 4 Arten die Malpighiaceen , Cucurbitaceen, Ampelidaceen , Umbelliferen, Polypodiaceen , Sterculiaceen ; 1 2 Arten die Oxalidaceen, Gesneraceen, Turneraceen, Passifloraceen, Bromeliaceen , Menispermaceen , Commelinaceen, Lobeliaceen, Anonaceen, Aristolochiaceen, Rhamnaceen, Boraginaceen, Hypo- xydaeeen, Eriocaulaceen, Cordiaceen, Moraceen, Lauraceen, Droseraceen.

Fig. 204. Brasilianische Camposflora. Gomphrena jubata. Nat. Gr. Nach Flora Brasiliensis.

Sträucher hat Verf. an 170 180 Arten gefunden. Besonders zahlreich sind unter ihnen die Myrtaceen und Malpighiaceen; dann kommen die Melastomaceen und Compositen. 5 10 Arten haben die Euphorbiaceen, Lythraceen, Rubiaceen, Anonaceen, Papilionaceen, Caesalpiniaceen, Mimosa- ceen aufzuweisen. Durch 3 4 Arten vertreten sind die Apocynaceen, Bixa- ceen, Ternstroemiaceen , Loranthaceen. Auf 1 Art, höchstens 2 Arten be- schränkt sind die Erythroxylaceen , Connaraceen, Sapindaceen, Dilleniaceen,

Schimper, Pflanzengeographie. 26

Fig. 205. Brasilianische Camposflora (Minas Geraes). / Sida linifolia. 2 Lippia rotundifolia.

3 Eryngium ebracteatum. 4 Tibouchina frigidula. 5 Croton antisiphyliticus. 6 Cromenarii

erecta. 7 Hyptis virgata. 8 Borreria eryngioides. Nat. Gr. Nach Flora brasiliensis.

Auswahl der Literatur. 403

Myrsinaceen, Solanaceen, Loganiaceen, Bombaceen, Cordiaceen, Artocarpeen, Bignoniaceen, Simarubaceen, Ochnaceen, Anacardiaceen, Symplocaceen.

Die Zahl der Baumarten schätzt Warming auf 76 oder, mit Einschluss der zweifelhaften Arten, 80. Mehr als eine Art haben die Vochysiaceen 8, Papilionaceen, Myrtaceen und Compositen, je 5 ', Bombaceen , Malpighiaceen, Nyctaginiaceen, je 4 ; Caesalpiniaceen, Mimosaceen, Bignoniaceen, Proteaceen, Myrsinaceen, Rubiaceen, Melastomaceen je 3; Sapotaceen, Combretaceen, Apocynaceen, Erythroxylaceen , Sapindaceen, Palmen je 2. Nur eine Art haben die Anonaceen, Araliaceen, Connaraceen, Rhizoboleen, Ternstroemia- ceen, Loganiaceen, Chrysobalanaceen , Solanaceen, Verbenaceer, Lythraceen, Euphorbiaceen, Labiaten, Bixaceen, Styraceen, Ebenaceen, Celastraceen, Olaca- ceen, Dilleniaceen.

Auswahl der Literatur.

Die Literatur zu 1. Allgemeine Eigentümlichkeiten etc. fällt mit derjenigen von 2 und 3 zusammen.

2. Die Gehölaformationen der periodisch trockenen Tropengebiete.

Berg, A. Physiognomy of tropical Vegetation in South- America etc. 14 plates.

London 1854. Börgesen, F. og Paulsen, O. Om Vegetationen paa de dansk-vestindiske

öer. Kjöbenhavn 1898. Brand is, J. I. Forest flora of Northwest and Central-India. London 1874.

II. Report on the Attaran forests for the year 1860. Selection from the

records of the Government of India. Calcutta 1861. Cordes, J. W. H. De Djati-Bosschen op Java; hunne natuur, verspreiding,

geschiedenis en exploitatie. Batavia 1881. Detmer, W. Botanische Wanderungen in Brasilien. Leipzig 1897. Engler, A. Die Pflanzenwelt Ost-Afrikas und der Nachbargebiete. Theil A.

Berlin 1895. Falconer, H. Reports on the teak forests of the Tenasserim provinces.

With other papers on the teak forests of India. Selections from the

records of the Bengal government. Calcutta 1852. Hooker and Thomson. Flora indica. Vol. I. 1854. Kurz, S. Preliminary report on the forest and other Vegetation of Pegu.

Calcutta 1875. Liais, E. Climats, gdologie, faune et gdographie botanique du Brasil.

Paris 1872. M a r t i u s , C. F. P. v o n. I. Die Physiognomie des Pflanzenreichs in Brasilien.

München 1824.

II. Tabulae physiognomicae. Flora brasil. Fase. I IX. 1840 1847. Saint-Hilaire, Aug. de. Tableau de la vdgdtation primitive dans la

province de Minas Geraes. Annales des sciences naturelles. 1831.

26*

404 Erster Abschnitt : - Die tropischen Zonen.

Schenck, H. Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen. I. Theil.

Jena 1892. Schimper, A. F. W. Die epiphytische Vegetation Amerikas. Jena 1888. Volkens, Z. Der Kilimandscharo. Berlin 1897. Warming, E. I. Une excursion aux montagnes du Br&il. La Belgique

horticole. 1883. IL Lagoa Santa. Kjöbenhavn 1892.

Die tropischen Grasflurformationen.

Man vergleiche die unter 2 citirten Arbeiten von Engler, Liais, Martius St. Hilaire, Schenck, Schimper, Volkens, Warming.

Ausserdem : Humboldt, A. v. Ansichten der Natur. Jenman, G. S. Aspect and flora of the Kaieteur Savannah. Demerara

1882. Johow, Fr. Vegetationsbilder aus West -Indien und Venezuela, III. Ein

Ausflug nach der Höhle del Guacharo. Kosmos 1885. Pechuel-Lösche, E. Die Loango - Expedition. Abtheil. III. ilc Hälfte.

Leipzig 1882. Sachs, Carl. Aus den Llanos. Leipzig 1879. Schomburgk, R. I. Reise in Britisch-Guiana. Theil IIL 1848. II. Fauna und Flora von Britisch-Guiana. 1848.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

1. Edaphische Wirkungen in tropischen Binnenländern« § i. Der Laterit. Physikalische und chemische Eigenschaften. Wirkungen auf die Vegetation. Eng -Wälder in Birmah. §2. Der Kalk. Ungünstiger Einfluss auf die Vegetation in den Tropen. Vorkommen der Dornwälder auf Kalkhoden. §3. Der Humus. Seine relativ schwache Entwickelung in den Tropen. Fehlen der Torf bildung. Der Regur in Süd-Indien. § 4. Kiesböden. Die Sal -Wälder Vorder -Indiens. Bambusenwälder. §5. Sumpfboden. Palmenbestände. Die Sumpfwälder in Pegu. Nicht bewaldete Sümpfe. §6. Die Fu- marolen auf Java. Xerophile Vegetation. 2. Die Formationen des tropischen Meereestrandes. § 1. Eintheilung. § 2. Offene Formationen des san- digen Strandes. Pescaprae - Formation. Strandsträucher. Pandanus. § 3. Strand- gehölze oberhalb der Fluthlinie. Vorkommen derselben im malayischen Archipel, in Pegu, in Ost -Afrika. Oekologische Eigenthümlichkeiten. Casuarina -Wälder. § 4. Die Gehölzformationen im Bereich der Fluth. Mangrove oder Fluthgehölze. Die östliche Mangrove. Charakterpflanzen. Oekologische Eigenthümlichkeiten. Rhizophora mucronata. Viviparie und Keimung bei Rhizophoraceen , Avicennia und Aegiceras. Habitus der Mangrovegewächse. Stelzwurzeln. Pneumatophoren. Physiognomie des Man- grovewaldes in Süd -Java. Nipaformation. Uebergang in die Festlandformationen. Die westliche Mangrove. §5. Geographische Verbreitung der tropischen Strand- formationen.

1. Edaphische Wirkungen in tropischen Binnenländern.

Die durch Unterschiede in der Beschaffenheit des Bodens bedingte floristische und ökologische Gliederung der Pflanzendecke zeigt sich weit schärfer ausgeprägt in den periodisch trockenen als in den immer- feuchten Gebieten, wo die Regenwälder sich, anscheinend ohne wesent- liche Unterschiede aufzuweisen, auf die verschiedensten Bodenarten ausdehnen und nur an sumpfigen oder sehr salzreichen Standorten eine abweichende Physiognomie erhalten.

Das Auseinanderhalten physikalischer und chemischer Einflüsse des Bodens ist für die tropischen Gebiete, mangels diesbezüglicher Unter- suchungen, zur Zeit noch unmöglich und das ganze Gebiet der eda- phischen Wirkungen ist noch, ausser für die Strandformationen, sehr

406 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

wenig bebaut, so dass man sich zur Zeit mit der Aufführung einzelner Bodenarten und der Eigenart ihrer Vegetation begnügen muss, ohne auf die Ursachen näher einzugehen.

§ i. Der Latent.1) Die tropischen Zonen besitzen eine charakte- ristische und weit verbreitete Bodenart in demLaterit, einem durch Eisenoxyd und Eisenoxydhydrat imprägnirten röthen oder dunkelgelben Lehm, der durch Verwitterung aller Thonerde und Eisen enthaltenden Gesteine hervorgeht und entsprechend seinem verschiedenen Ursprung, sowohl in seinen chemischen wie in seinen physikalischen Eigenschaften manche Unterschiede aufweist. Wohltmann trennt vom eigentlichen Laterit, der harte glasige oder zellige, aus Eisenoxyd oder Eisenoxyd- hydrat bestehende Concretionen enthält und auf die Tropen beschränkt ist, die Rotherde, welcher solche Concretionen fehlen und die nament- lich im extratropischen Südamerika, jedoch auch in den Mittelmeer- ländern eine wichtige Rolle spielt.

Bei aller chemischen Verschiedenheit der Latente sind einige negative und für die Vegetation wichtige Merkmale ihnen gemein, nämlich grosse Armuth an Alkalien und Kalk, bezw. gänzliches Fehlen derselben und geringer Gehalt an Phosphor, Magnesia und Schwefel. Die Hauptbestandtheile sind Kieselsäure, Thonerde und Eisenoxyd in sehr wechselnden Verhältnissen.

Von der grossen Ungleichheit der chemischen Zusammensetzung der Latente giebt folgende, von Wohltmann zusammengestellte Tabelle eine Vorstellung :

Malaiisch (Inner-Afrika)

Tafelberg

Gabun.

Ragoon (ungef.)

SiO2

8o.5 °/o

53-5 °/o

'»•4°/.

37.o°'0

AlsO»

I I.I

26.8

17.8-

6.0

Fe*08

4.0

9.8-

58.0

47.0

Physikalisch ist der Laterit durch sehr geringe, wasserhaltende Kraft charakterisirt ; namentlich sind alte, ausgelaugte, schlackenreiche Laterite sehr durchlässig. Als nährstoffarme, schnell trock- nende Bodenart stellt der Laterit, namentlich nach dem Auswaschen seiner feinkörnigen Bestandtheile, ein für das Pflanzenleben sehr ungünstiges Substrat dar. Inwie- fern der grosse Eisengehalt die charakteristischen Eigentümlichkeiten der Vegetation mitbedingt, ist zur Zeit noch unbekannt.

Laterit, vornehmlich in seinen steinigen, porösen Formen bedingt eine sowohl ökologisch wie floristisch charakteristische Physiognomie des Waldes, welche von Brandis und Kurz für Birmah geschildert worden ist.

l) Wohltmann 1. c. S. 145.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen. 407

Bezeichnend ist für die dortigen Lateritgegenden der Engbaum, Dipterocarpus tuberculatus , welcher den Wald durch sein geselliges Auftreten beherrscht und sich dadurch wesentlich von den anderen Bäumen des letzteren unterscheidet, dass er normalen hohen Wuchs zeigt, während andere Bäume auf knorrige, mehr oder weniger zwerg- hafte Gestalten reducirt sind. Solche Wälder wurden von Brandis und Kurz „Engforests" genannt.1)

§ 2. Der Kalk. Der Kalk scheint in warmen Klimaten eine wesent- lich andere Wirkung auf das Pflanzenleben auszuüben als in tempe- rirten und kalten. Die Verwitterungsböden von reinem Kalkgestein bieten weniger günstige Bedingungen für den Pflanzenbau und die Zahl der Gewächse, deren Entwickelung durch Kalkdüngung günstig gefordert wird, ist kleiner in den niederen als in den hohen Breiten.2)

Ueber den Einfluss der chemischen Eigenschaften des Kalks auf die Gliederung der Pflanzendecke ist für die Tropen ganz sicheres nicht bekannt, obwohl mehrere Arten an Kalkboden gebunden zu sein scheinen. Die bis jetzt nachgewiesenen Wirkungen des Kalkbodens sind auf steinige, humusarme Standorte in periodisch trockenen Gebieten beschränkt und wohl in erster Linie auf die geringe wasseraufsaugende Kraft des Kalks, also auf eine rein physikalische Eigenschaft zurückzuführen.

Im Klima des Monsunwaldes bedingt Kalkboden der erwähnten Beschaffenheit das Auftreten des am meisten xerophilen unter den tro- pischen Waldtypen, nämlich des Dornwaldes, bezw. der noch grössere Trockenheit anzeigenden Dorngebüsche und Dorngesträuche. Das Vor- kommen des Dornwaldes auf Kalkboden im Inneren Brasiliens wurde bereits früher erwähnt. Aehnliches gilt von den periodisch trockenen Gebieten in Pegu, wo der von Kurz als „dry forest" (trockener Wald) bezeichnete, unserem Dornwald vollkommen entsprechende Waldtypus für trockenen steinigen Kalkboden charakteristisch ist. Es ist ein ge- büschartiger, regengrüner Wald, „wenig einladend wegen des Vor- wiegens dorniger Bäume und Sträucher." Der Baumwuchs ist hier mittelhoch (50 70', ausnahmsweise bis 100'). Acacia Catechu (Sha) ist in solchen Wäldern oft die herrschende Baumart (Sha -Wälder). Endlich wurden von Warburg Wälder und Gebüsche ähnlichen öko- logischen Charakters für Kalkboden auf Ceram-Laut beschrieben.

Warburg beobachtete auf fast humusfreien Kalkfelsen, wenn dieselben nur hinreichend zerklüftet waren, eine mannigfaltige primäre Waldvegetation, die hauptsächlich aus zum Theil mit Stacheln ausgerüsteten Büschen bestand. Eine oder zwei endemische Arten wurden nur dort gefunden. Vorwiegend waren folgende Arten: Trema virgata BL, Dalbergia densa Benth., Eugenia Reinwardtiana D. C, Zanthoxylum diversifolium Warb., Atalantia paniculata

*) Vgl s. 379.

*) Wohltmann 1. c. S. 134—135-

408 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Warb., Breynia cernua Müll.-Arg., Acalypha grandis Müll-Arg., Flagellaria indica L., Citrus Hystrix D. C. Stellenweise zeigten sich Bestände einer kleinen Bambusee, Schizostachyum Zollingeri.

§ 3. Der Humus.1) Humusreiche Böden nehmen in den Tropen weniger grosse Areale als in den temperirten Zonen ein und reine tief- gründige Humusböden sind sehr selten. Die Armuth an Humus ist eine Folge der Förderung der Entwicklung der Mikroorganismen durch die wenigstens zeitweise mit grosser Feuchtigkeit verbundene tropische Hitze. Zudem werden die organischen Zersetzungsprodukte, namentlich die löslichen, in regenreichen tropischen Gebieten, ent- sprechend der grossen Menge und Intensität der Niederschläge in so grossem Maassstabe fortgespült, dass viele tropische Flüsse, namentlich in der Regenzeit, eine kaffeebraune Farbe annehmen.

Humusreicher Boden mit 8— 9°/0 organischer Substanz zeigt sich zwischen den Wendekreisen namentlich in Süd-Indien, welches zu un- gefähr einem Drittel von der auch weiter nördlich vorkommenden sehr fruchtbaren, Regur genannten Schwarzerde bedeckt ist, ferner in flachen, dicht bewaldeten Gegenden, wo der Abfluss der Gewässer langsamer vor sich geht und die Beschattung den Zersetzungsprozess beeinträchtigt. Zur Torfbildung kommt es, ausser im Ge- birge oberhalb 1200 m., nirgends.

§ 4. Kiesboden. Ein kies- und geröllreicher sehr durchlässiger Boden ist für den Baumwuchs ein ungünstiges Substrat und Standorte von solcher Bodenbeschaffenheit zeigen daher stets ein charakteristisches Vegetationsbild. Einige Pflanzen-Arten ertragen solche ungünstige Be- dingungen besser als andere und bilden oft mehr oder weniger reine Bestände. Letzteres ist in Vorderindien in grossem Maassstabe der Fall für den Sal-Baum, Shorea robusta,2) welcher Wälder von grosser Aus- dehnung in den Längsthälern (Dun) zwischen den äusseren Ketten des Himalaya- Gebirges (Fig. 206), sodann in einem südlichen, sehr aus- gedehnten tropischen Verbreitungsbezirke, der von dem nördlichen durch die Ganges -Ebene getrennt ist, bildet. Stets zeigen sich die Sal- Wälder an einen lockeren, für Wasser sehr durchlässigen Boden gebunden und fehlen, wo der Boden bindige Beschaffenheit annimmt. Maassgebend für ihr Auftreten ist überhaupt nicht das Klima, sondern nur der Boden. So fehlt der Sal-Baum in der westlichen Hälfte Vorderindiens, wo die herrschende Bodenart Trapp ist, während er in der klimatisch ganz ähnlichen östlichen Hälfte ausgedehnte Waldungen bildet.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist das Auftreten selbständiger Bambus- bestände (Fig. 207) ebenfalls mit Eigenschaften des Bodens verknüpft, die an- deren baumartigen Gewächsen weniger günstig sind, da dieselben, ausser in den

1) Wohltmann 1. c. S. 173.

2) Brandis 1. c.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

409

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Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Gebirgen Birmah's, wo sie stellenweise grosse Ausdehnung besitzen, rein lokal aufzutreten pflegen. Kurz bezeichnet als Substrat der Bambusbestände in

Fig. 207. Aussenseite eines Bambusenbestands. Links: Areca Catechu. Java. Nach einer Photographie.

Pegu felsigen Boden oder untiefen Alluvialboden für gewisse Arten, tiefen Alluvialboden für andere.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen. a\ \

Die Bambusbestände verdienen mehr als irgend welche andere die Be- zeichnung rein, denn sie bestehen nur . aus einer Art oder zwei Arten von Bambusen und entbehren aller anderen- Gewächse. Nur in den sehr dichten Wäldern bestimmter Bambusarten sollen, nach Kurz, einige Moose (Hypnum, Fissidens) und Flechten fleckenweise auf dem Boden und den Stammbasen auftreten.

Die Bambusbestände verdanken ihren Ursprung sehr häufig der Cultur. Da sie im letzten Falle von den natürlich entstandenen oft nicht mit Sicherheit unterschieden werden können, so wird das Dunkel, welches über die Bedingungen ihres Auftretens herrscht, voraussichtlich nicht leicht ge- lichtet werden.

§ 5. Sumpfboden. Andauernde grosse Nässe des Bodens ist nach den noch sehr unvollständigen Beobachtungen für die Oekologie der tropischen Vegetation von hervorragender Bedeutung. Durch Infiltration des Wassers der Flüsse und Seen werden in Grasflurgebieten die Be- dingungen des Waldwuchses geschaffen und der tropophile oder xerophile laubabwerfende Wald periodisch trockener Waldgebiete wird in hygro- philen immergrünen umgewandelt. Stagnirendes Wasser bedingt noch tiefergreifende floristische und ökologische Abweichungen vom klimatischen Typus. Sumpfiger Boden ist vielfach von reinen Beständen bestimmter Palmenarten eingenommen. So sah ich Mauritia setigera auf Trinidad die einzige Vegetation sumpfiger Partien in der Savanne von Aripo bilden, andere Mauritia-Arten (M. vinifera, flexxuosa) vereinigen sich in Venezuela und Brasilien an solchen Standorten ebenfalls zu reinen Be- ständen, Phönix paludosa wächst gesellig in den Sümpfen des Ganges- Delta u. s. w. Es fehlt zwar nicht an gemischten Waldbeständen auf Sumpfboden, doch sind dieselben meist viel weniger artenreich, nament- lich was die höheren Bäume betrifft, als diejenigen weniger nassen Bodens. Am bekanntesten sind unter ihnen die Mangroven des tropischen Strandes im Bereich der Flut; dieselben verdanken ihre Eigenthümlichkeiten theilweise dem Salzgehalt des Substrats und sollen erst später im Zusammenhang mit den übrigen Littoralformationen be- sprochen werden. Im Gegensatz zu den Mangroven sind die gemischten Waldbestände der Süsswassersümpfe im Innern von Birmah, Sumatra und Borneo (Fig. 208), bisher nur sehr wenig untersucht worden, ob- wohl sie sowohl floristisch wie ökologisch viel eigenartiges zu bieten scheinen.

Kurz bezeichnet1) die Sumpfwälder als „die merkwürdigsten Wälder in Birmah und von grossem Interesse für den Botaniker. Ihre Bestandteile sind von denjenigen der benachbarten Wälder so abweichend, dass man sich un- willkürlich fragt, wie alle diese Bäume hierher gekommen sind? Die grosse Mehrzahl derselben kommt ausschliesslich in Sumpf oder an ähnlichen wasser-

') 1. c. S. 29.

412

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

reichen Standorten vor und sie überspringen weite Landstrecken, um an anderen, ihrem Gedeihen entsprechenden Orten wieder aufzutreten. Sie könnten die Mangroven (s. u.) der Süsswasser genannt werden, denn der Boden, auf welchem sie wachsen, ist beinahe ebenso sumpfig wie in Mangroven". Nach einer Mittheilung von Capt Seaton an Kurz sollen diese merkwürdigen Wälder auf der Höhe der Regenzeit vollkommen kahl werden. Sumpfwälder zeigen sich in Birmah vornehmlich auf hohem Alluvialboden des Irawaddithals, aber auch längs des Sittang und am Fusse des Yomah. In typischer Form kommen sie in Lokalitäten, welche in der Regenzeit von bis 4 5' (zuweil bis i4) Wasser bedeckt sind. Sie bestehen, wie die Regenwälder, aus mehreren Stock- werken: Hohe Bäume von 60 70' Höhe, kleine Bäume, Sträucher und Bodenflor.

Fig. 208. Ein Sumpfwald auf Borneo. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Dr. Kükenthal.

Die hohen Bäume bestehen, wie in den meisten Formationen mit sehr eigenartigem Substrat, aus wenigen Baumarten: Anogeissus acuminatus, Mangi- fera longipes und Xanthophyllum glaucum sind bei weitem vorherrschend. Die kleineren Bäume sind mannigfacher; vornehmlich sieht man Memecylon Hel- fen, Elaeocarpus photiniaefolia (?), Pavetta parviflora und nigricans, Gonocarvum Lobbianum, Symplocos leucantha, Glochidion sp., Hemicylia sumatrana, Flacourtia sp., Cassia Fistula, Randia sp., zwei Eugenia sp., zwei Aporosa sp., Garcinia succifolia, Barringtonia acutangula, Dalbergia flexuosa etc. Sträucher sind namentlich Glycosmis pentaphylla, Capparis disticha, Hymenocardia Wal- lichii, Grewia sinuata, Psilobium sp., Crataeva hygrophila , Combretum trifoliatum, Gardenia sp. Die Lianen sind zahlreich und viele sehr eigenartig,

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen. a\*

indem sie einen kurzen, nur bis zum Niveau des Wassers zur Regenzeit sich erhebenden Stamm besitzen, aus welchem unverhältnissmässig lange und ver- bogene Zweige sich erheben, welche ein undurchdringliches Dickicht bilden. (Jasminum sp., Gmelina asiatica, Pachygone odorifera, Sphenodesma eryciboides, Tetracera sp., Acacia pennata?, Ancistrocladus Griffithii, Combretum tetrogono- carpum, Roydsia obtusifolia, Derris scandens, D. elegans, D. uliginosa etc.). Die Bodenkräuter sind spärlich und gehören hauptsächlich Carex Wallich ii an, ferner Cyperus sp., Fimbristylis sp., Arten von Polygonum, Maranta etc. Orchideen treten massenhaft als Epiphyten auf, namentlich in der Nähe kleiner Seen. In ihrer Gesellschaft wachsen grosse Farne wie Asplenium nidus etc., ferner zahlreiche Laub- und Lebermoose. Das Wasser der Tümpel und Sümpfe ist gewöhnlich sehr schmutzig und pflanzenarm; klares, reines Wasser ernährt nirgends eine sehr reiche Flora gewöhnlicher Stisswassergewächse.

Ausser den bewaldeten Sümpfen giebt es solche, die Grasfluroasen mitten im Walde darstellen. So schildert Junghuhn *) Sümpfe, die in Ostjava während der Regenzeit von Wasser bedeckt sind, in der Trockenzeit aber mehr oder weniger austrocknen und von rohrartigem Gras bedeckt werden. Ganz ähnliche Formationen hat Kurz in Birmah kennen gelernt. Dieselben sind während der Trockenzeit theilweise wasserlos und von weichen saftigen Grasarten be- deckt (Hymenachne myurus und interrupta, Panicum crus galli und P. antidotale, Isachne sp. , Leersia hexandra neben einigen Kräutern, wie Jussiaea-, Xyris- Arten etc.), welche in der Regenzeit flutende Wiesen bilden. Sümpfe, welche auch in der Trockenzeit sehr nass bleiben, tragen entweder eine ganz ähn- liche Flora wie die periodisch trockenen oder sind von Schilf (Phragmites Roxburghii und Phragmites sp.) überzogen.

§ 6. Fumarolen. Auf Java wurde zuerst von Zollinger,2) später von Junghuhn8) die eigenartige Erscheinung beobachtet, dass die Vege- tation in der nächsten Nähe der Fumarolen wesentlich von alpinen Arten zusammengesetzt ist, auch wenn sich dieselben iooo 1500 m unterhalb der alpinen Region befinden. Ausser den rein alpinen Arten treten an denselben Standorten auf Java Pflanzen auf, die im be- nachbarten Walde als Epiphyten wachsen, aber als Bodenpflanzen sonst ganz unbekannt sind.

Die von mir näher untersuchten Fumarolen Java's stellten bald trockene, von auskrystallisirtem Schwefel überzogene Spalten, bald kesselformige Wasserpfutzen dar, deren heisses, vielfach dem Siede- punkt sich näherndes Wasser (nach Junghuhn bis 1970 F = 92 ° C) durch Gase in heftigster brodelnder Bewegung unterhalten wird. Der Boden, auf weichem solche Pfützen meist in grosser Anzahl und ver- schiedener Grösse zusammen vereinigt sind, stellt einen nassen, weissen Thon dar, dessen Ursprung von Junghuhn auf die Einwirkung von Schwefel-

») l. c. S. 208. «) 1. c S. 43.

*) 1. c. S. 453; ferner Schimper I.

414 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

säure auf Trachyt zurückgeführt wird; er ist meist von einem gelben Schwefelauftrag überzogen. Vielfach ist der Boden so heiss, dass das Verweilen auf demselben ganz unmöglich ist. Aus allen Spalten und Pfützen entweichen heisse Dämpfe von erstickendem Gerüche bald nach Schwefelwasserstoff, bald nach schwefliger Säure. Das Wasser schmeckt sauer und stumpft die Zähne ab.

Inmitten solcher eigenartigen Bedingungen, häufig bis hart an die brodelnden Pfützen, in heissem, saurem Boden wurzelnd, das Laub in heissen schwefelhaltigen Dämpfen gebadet, gedeihen üppige Gebüsche, die keine andere Wirkung ihrer Umgebung aufweisen, als, an besonders dampfreichen Stellen, einen weissen, mehligen Ueberzug auf Rinde und Blättern.

Die Gebüsche der Solfataren sind viel niedriger als der umgebende Wald und äusserst scharf gegen denselben abgegrenzt. Keine der kleinen Bäume und Sträucher, die den Hochwald im Unterholz bilden, treten in ihnen auf und die Waldkräuter nur in wenigen Arten und vereinzelten Individuen; auch solche Gewächse, die sonst in derselben Region an offenen Standorten auftreten, fehlen durchaus. Trotz der Feuchtigkeit der Atmosphäre und des Bodens setzt sich die Flora der Solfataren aus xerophilen Arten zusam- men, — ja, beinahe alle Xerophilen der Umgebung finden sich da vereinigt. Stets zeigt sich in zahlreichen Exemplaren Vaccinium varin- giaefolium, welches sonst nur die trockene alpine Region oberhalb 2600 m bewohnt, zusammen mit Rhododendron javanicum, welches auf den höchsten Wipfeln des benachbarten Waldes gedeiht, mit Ficus diversifolia, der sonst nur als Epiphyt und, auf dem Strande bei Singa- pore, als Halophyt vorkommt. In den Solfataren der tieferen Regionen treten noch andere sonst epiphytische Arten hinzu, wie Medinilla java- nica und Rhododendron tubiflorum, während mit Zunahme des Niveau über dem Meere die alpinen Arten in den Solfataren immer zahl- reicher werden (Rhododendron retusum, Gaultheria leucocarpa, Myrsine avenis etc.). Ausserdem sind einzelne nicht näher bestimmte Farne mit lederartigen Blättern und Lycopodien stets an solchen Orten vor- handen. Bemerkenswerth ist, dass, wie es Junghuhn bereits erwähnt, die Stämme der Solfatarengebüsche jeder epiphytischen Vegetation, auch der Moose und Flechten, ganz entbehren ; diese sind, wie der genannte Autor sich ausdrückt, gleichsam weggefegt, eine Erscheinung, die sich auch auf dem Meeresstrande zeigt.

Die physiologische Ursache des Auftretens einer ganz xerophilen Vegetation auf nassem Boden, in sehr regenreichem Klima, mitten im üppigsten Regenwalde, ist, wie an früherer Stelle nachgewiesen, in dem Reichthum der Solfataren an leicht löslichen Salzen, namentlich an Alaun und anderen Sulfaten, gegeben.

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416 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

2. Die Formationen des tropischen Meeresstrandes.

§ i. Eintheilung der tropischen Strandformationen. Unter den edaphischen Formationen der Tropen sind bis jetzt nur diejenigen des Strandes genauer untersucht worden. Dieselben verdanken ihre aus- geprägten Eigenthümlichkeiten theils physikalischen, theils chemischen Einflüssen und bieten, da letztere sehr wechselnd sind, eine oft schon in kurzen Abständen wechselnde Physiognomie.

Die tropischen Strandformationen können in vier Gruppen ein- geteilt werden:

i) Offene Formationen auf steinigem und felsigem Boden.

2) Offene Formationen auf sandigem Boden.

3) Gehölzformationen auf sandigem oder steinigsandigem Boden.

4) Gehölzformationen auf schlammigem Boden im Bereich der Fluth. Die Formationen des felsigen und steinigen Bodens sollen, da es

darüber an Untersuchungen fehlt, unberücksichtigt bleiben. Nach meinen gelegentlichen Beobachtungen scheinen dieselben nur wenig charakte- ristisches zu bieten.

§ 2. Offene Formationen des sandigen Strandes. Der flache, sandige Strand an offenen, dem Winde ausgesetzten Küsten ist nur dürftig bewachsen. Das gleiche gilt von der äussersten Dünenreihe, während vom Meere entferntere Dünen und noch mehr die zwischen ihnen befindlichen Thälchen eine landeinwärts an Dichtigkeit zunehmende Pflanzendecke aufweisen. Die eigentümlichsten Gewächse zeigen sich, den ungünstigen äusseren Bedingungen entsprechend, auf dem lockeren beweglichen Sande der dem vollen Anprall des Seewindes ausgesetzten Standorte. Der ökologische Charakter der Vegetation auf beweglichem Sande am Meer ist an früherer Stelle (S. 195) bereits in seinen all- gemeinen Zügen dargestellt worden. Es wurde gezeigt, dass die ersten Ansiedler vornehmlich kriechende Gewächse sind, welche sich durch Adventivwurzeln festankern. Die verbreitetste dieser Pflanzen ist Ipomoea pes caprae (I. biloba), welche in der neuen wie in der alten Welt auf sandigem Strande selten fehlt und deren rasch wachsende, oft mehrere Meter lange Sprosse meist am weitesten nach dem Meere hinaus ge- langen. Die Fig. 210 zeigt die Pescaprae- Formation in ganz typischer Ausbildung. In anderen Gegenden sind andere Gewächse von ähnlicher Lebensweise maassgebend, so dass man z. B. eine Canavalia-Formation, nach einer in mehreren Arten auf dem ostasiatischen Strande ver- breiteten Papilionaceengattung , eine Spinifex - Formation etc. unter- scheiden kann. Unsere Fig. 211 zeigt, wie die Pescapraeformation sich an geschützteren Standorten entwickelt. Die kriechenden Sprosse bedecken den Boden mit einem Netze, welches nur hier und da von

Fig. 210. Sandiger Strand in West-Java mit Ipomoea pes caprae. Strauch in der Mitte: Scaevola Koenigii. Rechts: Croton sp. Nach einer Photographie.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

417

grösseren Lücken durchbrochen ist. Einige andere Gewächse haben sich auf dem befestigten Boden angesiedelt , namentlich sind einige Gräser und zwei strauchige Arten, Scaevola Koenigii und Croton sp. erkennbar.

Fig. an. Sandiger Strand mit Gesträuch und Pandanus sp. in Deutsch - Ost - Afrika.

Nach einer Photographie. Schimper, Pflanzengeographie. 27

4i8

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

In noch mehr geschützten Lagen aber auf weniger beweglichem, grobem oder kiesigem Sandboden werden die Sträucher zahlreicher und kleine Bäume, in der alten Welt Pandanus - Arten , treten hinzu (Fig. 212, 213).

In Ostasien sieht man besonders häufig an solchen Standorten Pemphis acidula, eine buschige strauchige Lythracee, mit kleinen, fleischigen, silber- grau beschuppten Blättern, Clerodendron inerme, einen etwas dornigen Strauch, dessen lange, von tiefgrünen succulenten Blättern bedeckte Aeste herabhängen und, nach Art der Brombeeren und anderer wenig entwickelten Spreizklimmer

Fig. 212. Gesträuchformation auf dem Meeresstrande, dicht an der Fluthlinie, bei Singapore.

Pandanus sp. vorherrschend, dazwischen Scaevola Koenigii und Thespesia populnea. Nach

einer Photographie von Herrn P. Groom.

wirre Dickichte bilden , wenn sie nicht eine Stütze gefunden haben , ferner Scaevola Koenigii (Fig. 213), der tropische Kosmopolit in der sonst beinahe auf Australien beschränkten Familie der Goodeniaceen, eine der merkwürdigsten Erscheinungen der Strandvegetation, dank ihren langen, vielfach gekrümmten, wirr durcheinander wachsenden Sprossen, ihren grossen fleischigen Blättern und grossen Rispen sonderbarer weisser Blüthen, aus welchen weisse gerippte Stein- früchte hervorgehpn.

Im malayischen Archipel, und wahrscheinlich anderwärts in Ostasien, sind an solchen Standorten Sträucher und Kräuter häufig durch ein dichtes Gewirr der grünen und rothen Fäden der Cassytha filiformis verbunden und überzogen.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

419

Die am äusseren Rande zunächst nur zerstreuten Sträucher und Bäumchen treten in grösserer Entfernung der Fluthlinie an ruhigen Buchten jedoch schon in deren nächster Nähe zu mehr oder weniger geschlossenen Gehölzformationen von Wald-, Gebüsch- oder Gesträuch- charakter zusammen.

§ 3. Die Strandgehölze oberhalb der Fluthlinie. Gehölzformationen auf dem sandigen und sandigsteinigen Strande wurden zuerst von Jung- huhn für Java und von Kurz für Pegu geschildert. Aus dem Vorkommen vieler ihrer charakteristischen Arten in einem grossen Theile der alten Welt ist mit Wahrscheinlichkeit auf weite Verbreitung derartiger Formationen zu schliessen; doch ist darüber nur weniges bekannt.

Fig. 213. Strandformationen. Lagune junge Rhizophoren.

Im Hintergrund: Strandwald (Barrington iaformation). In der Java. Nach einer Photographie von Herrn Dr. Warburg.

Engler erwähnt die Strandgehölze für Ostafrika, wo sie jedoch grössere Bestände nicht zu bilden scheinen. Ueber ihr etwaiges Vorkommen in Westafrika ist nichts bekannt und ich kann mich nicht erinnern, etwas ihnen ähnliches im tropischen Amerika gesehen zu haben, ob- wohl es an Bäumen auf dem Strande auch ausserhalb der Mangrove (z. B. Coccoloba uvifera) nicht fehlt. Die in Brasilien „Restinga" genannten Gebüsche sandiger Küsten scheinen des halophilen Charakters zu entbehren.

Als niedrige bis mittelhöhe, hie und da durch Gestrüpp oder spär- lich bewachsene Sandflächen unterbrochene Wälder habe ich die Strand- gehölze namentlich an der Nordküste Java's, auf den kleinen Korallen-

27*

420

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

inseln des Java -Meers und auf der Insel Singapore kennen gelernt. Folgende Schilderung wurde an Ort und Stelle, in einem Walde un- weit Priok (Java) geschrieben; sie könnte sich aber ebenso gut auf die anderen mir bekannten Strand wälder beziehen (Fig. 213 u. 214).

„Haben wir das dichte Geflecht von Zweigen, welche durch die rothen und grünen Fäden der Cassytha häufig gleichsam zusammen-

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Fig. 214. Das Innere eines Strandwaldes. Pandanus als Unterholz. Insel Singapore. Nach einer Photographie des Herrn P. Groom.

genäht sind, durchbrochen und sind in das Innere einer Waldpartie ein- gedrungen (Fig. 214), so tritt uns ein Bild entgegen, das ganz und gar nicht an dasjenige der meisten Tropenwälder, wenigstens derjenigen feuchter Gebiete, erinnert. Auf dem sandigen oder steinigen, nackten oder doch nur von spärlichen todten Blättern bedeckten Boden erheben sich ebenfalls nackte oder einige wenige dickblätterige Epiphyten (Hoja, Dischidia- Arten) und kleine Krustenflechten tragende Stämme,

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen. 42 1

die vielfach durch ein Gewirr dünner Schlinggewächse verbunden sind. Stehen die Bäume weniger dicht, so sind die Zwischenräume von struppigem Unterholz eingenommen, in welchem junge Exemplare der Baumarten mit echten Sträuchern und kleinen Pandani um den Raum streiten, oder Crinum asiaticum bildet zwischen den Stämmen mannes- hohe Dickichte.

„Die Blätter dieser Gewächse sind manchmal recht gross, sie zeigen aber nichts desto weniger in ihrer Structur das Gepräge ungünstiger Transpirationsbedingungen, namentlich am äusseren Rande der Formation, wo der Boden am salzreichsten ist. Das Laub der grösseren Bäume ist entweder sehr dicht, oder, wie bei so vielen Bewohnern trockener Gebiete, schirmförmig bezw. in Etagen gegliedert ; die Blätter sind dick lederartig (Calophyllum inophyllum, Terminalia Katappa, Barringtonia speciosa) oder fleischig saftig (Scaevola Koenigii, Pemphis acidula, Morinda citrifolia, Clerodendron inerme, Tournefortia argentea, Ximenia americana), manchmal, an jüngeren Teilen, dicht behaart (Pemphis, Sophora tomentosa, Tournefortia, Thespesia populnea, Heritiera litto- ralis), selten mit Firnissüberzug versehen (Dodonaea viscosa). Casuarina equisetifolia erinnert, in grösserem Maasstab, an die Tamarix- Arten der Mediterranregion, die leicht gefiederten Albizzien und Acacien, die Zwiebelgewächse, das schmal- und hartblätterige Gras an trockene Savannen und Steppen.

Mit der Entfernung vom Meere werden die Schutzmittel gegen Transpiration weniger ausgeprägt; die dicken, saftigen Blätter von Gerodendron inerme, Ximenia americana, Wollastonia etc. werden gewöhn- lichen Blättern gleich, manche ausgeprägt halophytische Arten, wie Barring- tonia speciosa, Scaevola, Wollastonia, Tournefortia, nehmen mehr und mehr ab, während umgekehrt Binnenlandformen etwas zahlreicher auftreten.

Ich habe in den Strandgehölzen Java's und der benachbarten kleinen Koralleninseln folgende Baumarten beobachtet: Cycas circinalis; Pandanus, sp. div.; Casuarina equisetifolia; Calophyllum inophyllum (Guttif.); Cerbera Odollam (Apocyn.); Hibiscus tiliaceus und Thespesia populnea (Malvac); Terminalia katappa (Combret); Hernandia peltata (Hernand.); Heritiera litto- ralis (Stercul.); verschiedene Leguminosen (Inocarpus edulis; Albizzia-, Cyno- metra-, Erythrina- Arten; Pongamia glabra; Sophora tomentosa etc.). Die Zahl der Straucharten ist eine weit grössere, z. B. Pandani sp. d., Scaevola Koenigii, Cordia subcordata, Clerodendron inerme, Vitex trifolia, Premna integrifolia, Pemphis acidula, Ximenia americana, Dodonaea viscosa, Allophyllus sundanus, Climacandra obovata, Colubrina asiatica, Suriana maritima, Morinda citrifolia, Guettarda speciosa, Excoecaria Agallocha.

Die sehr zahlreichen Schlinggewächse sind, mit Ausnahme von Entada scandens, sämmtlich dünnstämmig, und vorwiegend Leguminosen, wie Guilan- dina Bonducella, Derris uliginosa, Canavalia- Arten, ferner Cassytha filiformis und Arten von Ipomoea. Die kleinen sandigen Lichtungen sind vornehmlich

422 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

von Gräsern bewachsen ; andere Bestandteile sind verschiedene Papilionaceen (Vigna-, Crotalaria-Arten etc.), einige unscheinbare Compositen (Conyza indica, Wollastonia glabra und biflora), krautige Euphorbiaceen (Euphorbia Atoto, Phyllanthus - Arten , Acalypha indica), Portulaca oleracea und P. quadrifida, und stattliche, grossblüthige Zwiebelgewächse (Tacca pinnatifida, Crinum asiaticum, Pancratium zeylanicum).

Kurz erwähnt als Bestandtheile der Strandgehölze in Birmah: Pongamia glabra, Erythrina indica, Bombax malabaricum , Hibiscus tiliaceus , Cynometra bijuga, Guettarda speciosa, Cycas Rumphii, Thespesia populnea, Scaevola Koenigii, Colubrina asiatica, Derris sinuata, Breynia rhamnoides, Caesalpinia Bondhuc, Ipomoea pes caprae, Ischaemum muticum. Epiphyten sind Poly- podium quercifolium , Arten von Hoya, Dischidia und einige Orchideen. In Tenasserim kommt Casuarina equisetifolia hinzu.

Verschiedene Bäume und Sträucher der Strandgehölze gehören zu den bekanntesten und häufig cultivirten, wie Cycas circinalis und Rumphii, ver- schiedene grosse Pandani, Casuarina equisetifolia, Calophyllum inophyllum, Terminalia Katappa, Morinda citrifolia. Die Strandgehölze sind unzweifel- haft auch die Heimath der Cocospalme.

Eine ähnliche floristische und ökologische Physiognomie wird wahr- scheinlich noch an anderen Punkten der ostasiatischen und australischen Küsten dem Strandwalde zukommen. Es giebt jedoch nicht unwesent- liche Abweichungen von derselben. So gehört er in Birmah, nach Kurz, zu den periodisch völlig kahlen Gehölzen und reine Bestände von Casuarina equisetifolia ersetzen am Golf von Bengalen stellenweise den gemischten Wald.

Die Nähe des Meeres macht sich in den Strandgehölzen nicht bloss in der trotz Feuchtigkeit des Klimas und Wasserreichthum des Bodens ausgeprägt xerophilen Structur geltend, sondern auch in den Früchten, bezw. in den Samen, welche in der Regel mit Schwimmvorrichtungen versehen sind. Die meisten der an früherer Stelle (S. 32 u. f.) er- wähnten charakteristischen Früchte und Samen der Driftauswürfe stammen von Bäumen und Sträuchern der Strandgehölze. So ist z. B. Barringtonia speciosa nicht bloss durch grosse Blätter und prachtvolle Blüthen ausgezeichnet, sondern ökologisch weit mehr durch die über- faustgrossen pyramidenförmigen Früchte, welche leicht sind wie Flaschen- kork und deren Perikarp aus einer mächtigen Lage Schwimmgewebe besteht. Ein ähnliches Schwimmgewebe verbirgt sich unter grüner Schale in der grossen eiförmigen Frucht von Cerbera Odollam, in der kleineren, mandelähnlichen Frucht von Terminalia Katappa, unter dem dicken saftigen Mesokarp von Scaevola Koenigii, in der Samenschale von Cycas circinalis und Calophyllum inophyllum etc. Heritiera littoralis besitzt bootförmige, gekielte, hartschalige Nüsse, welche, dank einer grossen inneren Höhlung zu den besten Schwimmern gehören und die Einzelfrüchte der riesigen Fruchtstände von Pandanus sind, trotz ihrer

Fig. 215 u. 216. Mangrovelandschaft auf den Seychellen. Rhizophora mucronata.

Oben: Fluth. Unten: Ebbe.

Nach einer Photographie des Herrn Dr. A. Brauer.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen. 423

schönen, anscheinend zum Anlocken der Thiere erworbenen rothen Farbe, hart und beinahe saftlos, und werden vornehmlich, wie ihre Häufigkeit in den Driftauswürfen zeigen, durch die Meeresströmungen verbreitet.

Die Schwimmfähigkeit der Samen hat die ungeheure Verbreitung der meisten Gewächse der Strandgehölze, welcher sich in dieser Hin- sicht die zum Theil identischen Arten der offenen Formationen an- schliessen, bedingt. Auch die Arten der nachher zu besprechenden Mangrove sind mit Schwimm fruchten oder Schwimmsamen versehen. Doch zeigen sich die letzteren in keiner Formation in solcher Voll- kommenheit und Mannigfaltigkeit wie in den Strandgehölzen oberhalb der Flut

§ 4. Die Gehölzformationen im Bereich der Fluth. Während in den tropischen wie in höheren Breiten der im Bereich der Fluth be- findliche Strandgürtel, die „Schorre", an den dem Winde und starken Wellenschlage ausgesetzten sandigen oder thonigen Küsten ganz vegetationslos ist und an felsigen Küsten nur Algen trägt, ist derselbe an Buchten und Lagunen, wo die Bewegungen des Meeres und der Luft schwächer sind, von dichten, bald mehr gesträuch- oder gebüsch- artigen, bald waldartigen Gehölzen bedeckt, welche Mangroven oder Fluthgehölze genannt werden und welche, sowohl ökologisch wie floristisch, von allen Binnenlandformationen abweichen.

Aehnlich wie die Strandgehölze oberhalb der Fluth bestehen auch die Mangroven zum grösseren Theile aus Arten weitester Verbreitung. Doch lassen sich sehr scharf zwei grosse Areale unterscheiden, ein östliahes, welches sich von Ost-Afrika über Asien nach Australien und Mikronesien erstreckt und ein westliches, welches die west- afrikanische Küste und die amerikanischen Küsten umfasst.

Die östliche Mangrove.

Die östliche Mangrove, welche ihren grössten Formenreichthum in Hinterindien und im malayischen Archipel aufweist und da seine Ur- sprungsstätte haben dürfte, besteht, abgesehen von wenigen seltenen Arten, deren Zugehörigkeit zur Mangrove noch zweifelhaft ist, aus folgenden Formen:

Charakterpflanzen der östlichen Mangroven.

Rhizophoraceae: Rhizophora mucronata Lam., conjugata L. Ceriops Candolleana Arn., Roxburghiana Arn., Kandelia Rhedii W. et A., Bruguiera gymnorhiza Lamk. , eriopetala W. et A., caryophylloides Bl., parviflora W.

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VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

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etA. Combretaceae: Lumnitzera racemosa Willd., coccinea W. et A. Lythraceae: Sonneratia apetala Harn., acida L., alba Smith. Melia-

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Fig. 218. Kandelia Rheedii, Keimlinge in 3/4 nat. Gr. / Jung und noch in der Frucht

steckend. 2 Abgelöst, oben mit der Plumula. ß Nach der Bewurzelung ; vom mehrblätterigen

Sprosse nur die Basis. (N. d. Nat. gez. v. R. Anheisser.)

ceae: Carapa moluccensis Lam., obovata Bl. Myrsinaceae: Aegiceras majus Gaertn. Rubiaceae: Scyphiphora hydrophyllacea Gärtn. Ver-

426 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

benaceae: Avicennia officinalis L., und var. alba Bl. sp. Acantha- ceae: Acanthus ilicifolius L. Palmae: Nipa fruticans Wurmb.

Manche Arten der Strandgehölze kommen gelegentlich an trockenen Stellen der Mangroven vor, aber nur selten auf dem Schlamm (Heritiera litto- ralis auf Ceylon, nach Karsten).

Zur Fluthzeit sieht man vom Meere aus lebhaftgrüne, bald dicht aneinander schliessende, bald gleichsam als Vorposten einzeln sich erhebende Laubkronen diesseits der Strandlinie aus dem Meere hervor- ragen (Fig. 215). Zur Ebbezeit ist der Boden, soweit die Mangrove reicht, vom Meere entblösst und stellt einen blauschwarzen Schlamm dar, aus welchem die Bäume auf kurzen, aber von hohen Stelzwurzeln getragenen Stämmen sich erheben (Fig. 216). Diejenige Baumart, welche in den östlichen Mangroven die Aussenseite der Mangrove nach dem Meere hin einnimmt und durch langsames Fortschreiten eine allmähliche Hebung der Küste bedingt, ist Rhizophora mucronata (Fig. 215 217 und 227). Kein Baum der Mangrove ist besser aus- gerüstet, um im weichen Schlamme der Flutbewegung zu widerstehen, sich unter solchen schwierigen Bedingungen fortzupflanzen und aus dem häufig ganz unverdünnten salzigen1) Meereswasser den Transpirations- verlust zu decken. Das den Stamm tragende Gestell bogenförmiger Stelzwurzeln stellt ein vollkommenes Ankersystem dar, welches durch neue, von den Zweigen herabwachsende Wurzeln, dem Zuwachs der Krone entsprechend, verstärkt wird. Die Blätter (Fig. 17) besitzen aus- geprägte xerophile Structur, mit dicker Cuticula, grossen Schleimzellen, geschützten Spaltöffnungen und namentlich einem grosszelligen und dünnwandigen Wassergewebe, dessen Mächtigkeit mit dem wachsenden Alter des Blattes und dem correspondirenden steigenden Salzreichthum zunimmt. Alte Blätter dienen wesentlich nur noch als Wasserspeicher für jüngere Blätter.

Am merkwürdigsten ist bei Rhizophora mucronata, welcher sich in dieser Hinsicht die übrigen Rhizophoraceen der Mangrove in der Hauptsache anschliessen (Fig. 218), die Fortpflanzung. Die Frucht, eine lederartige Schliessfrucht, etwa von der Grösse einer Haselnuss, wird bald nach Abschluss ihres Wachsthums vom grünen Hypocotyl am Gipfel durchbrochen, indem der Keim eine Ruhperiode nicht durch- macht, sondern sich ununterbrochen weiter entwickelt. Das Hypocotyl hat bei Rhizophora mucronata keulenförmige Gestalt und erreicht 60 cm, zuweilen sogar noch beträchtlichere Länge, bevor es unter Hinterlassung der verwachsenen und als Saugorgan dienenden Coty-

*) Die in der Literatur häufig wiederkehrende Angabe, dass Rhizophora im reinen Meereswasser nicht vorkommt, ist unrichtig. Ich habe Rh. mucronata auf felsigem Boden der Koralleninseln des Javameeres, wo Süsswasser ganz fehlt, gedeihen sehen.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

427

Fig. 219. Bruguiera parviflora. Früchte mit Keimlingen in verschiedenen Stadien der Entwickelang, doch keine noch ganz ausgewachsen. Süd -javanische Mangrove. Nat. Gr.

428

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

ledonen herausfallt. Entsprechend der grösseren Dicke des unteren Endes fällt der Keim senkrecht mit der Wurzelspitze nach unten in den Schlamm und erzeugt schon nach wenigen Stunden Wurzeln, welche ihn festankern; doch wird er an weniger geschützten Stellen von der sich zurückziehenden Fluth, wie das Vorkommen der Keimlinge in den Driftauswürfen zeigt, nicht selten mitgenommen. Die aus- geworfenen Keimlinge vermögen an geeigneten Standorten sich eben- falls weiter zu entwickeln, indem der untere Theil positiven, der obere

negativen Geotropismus be- sitzt. Auf Fig. 214 sind in einem seichten , offenbar erst kürzlich entstandenen Strandtümpel zahlreiche junge Exemplare von Rhi- zophora mucronata in ver- schiedenen Stadien der Entwickelung sichtbar.

Bei den anderen Rhizo- phoraceen der Mangrove sind die Keimlinge kleiner als bei Rh. mucronata und nicht immer ausgeprägt keulenförmig (Fig. 218 und 219).

Viviparie zeigt sich ausserdem bei Aegiceras majus und bei Avicennia officinalis. Die Keimlinge von Aegiceras sind horn- artig gekrümmt und klei- ner als diejenigen derRhizo- phoraceen; sie bleiben in der dünnen Fruchtschale eingeschlossen. Diejenigen von Avicennia, die bald von der erst später aufspringenden lederartigen Fruchtschale umhüllt, bald ohne dieselbe herabfallen, sind mit krummem, dicht behaartem Hypocotyl und zwei grossen Cotyledonen versehen. Die Haare sind steif und nach oben gekrümmt und befestigen den Keimling im Schlamm. Bei den anderen Pflanzen der Mangrove ist Viviparie nicht vorhanden, doch sind die Keimlinge einiger Arten, namentlich diejenigen von Acanthus und, in Amerika, von Laguncularia immerhin viel weiter ent- wickelt, als es bei Binnenlandpflanzen der Fall zu sein pflegt.

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Fig. 220. Javanische Mangrove. Bruguiera gymnorhiza. Nach einer Photographie des Herrn Dr. G. Karsten.

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

429

Fig. 221. Sonneratia acida in der javanischen

Mangrove. Nach einer Photographie von Herrn

Dr. G. Karsten.

Gelangt man in das Innere der Mangrove, so treten der Rhizophora mucronata andere Holzarten hinzu und werden mit der Entfernung vom Meere vorherrschend. Als stattlicher Baum überragt Bruguiera gym- norhiza alle anderen Mangrove- bäume (Fig. 220). Die übrigen Bruguiera - Arten , Rhizophora conjugata, Ceriops Candolleana und Kandelia Rheedii sind klei- nere Bäume oder Sträucher. Die oft Bestände für sich allein bil- dende Sonneratia acida (Fig. 221) ist ebenfalls ein kleiner Baum; die verwandte und ähnliche Sonneratia alba liebt mehr stei- nige Standorte und wächst häufig ganz vereinzelt an offenen Stellen, ausserhalb der eigentlichen Man- grove. Auch Avicennia officinalis bildet oft ausgedehnte buschige Bestände (Fig. 222), in welchem das graue, häufig von den hoch- gelben Blüthenständen bedeckte Laub nahezu bis zum Boden reicht. Aegiceras majus ist ein massig hoher Strauch und Acanthus ilici- folius ein distelähnliches Kraut.

Die Stelzwurzeln , welche der Rhizophora mucronata einen so eigenartigen Habitus verleihen, zeigen sich nur noch bei dem krautigen Acanthus in relativ starker Entwicklung. Sie sind bei der weniger weit als Rh. mucronata in das Meer hin- austretenden Rh. conjugata schwächer als bei letzterer ent- wickelt und bei den übrigen Bäumen der Mangrove gar nicht oder nur wenig ausgeprägt (Fig. 225); namentlich fehlen der letzteren die nachträglich aus Fig 222 Javanische Mangrove: Avicennia 0fn-

den Aesten herabwachsenden cinalis zur Ebbezeit. Nach einer Photographie Ankerwurzeln. des Herrn Dr. G. Karsten.

Fig. 223. Pneumatophoren von Mangrove-Bäumen, Java. / Bruguiera caryophyllata. 2 Bing* gymnorhiza. ß Carapa obovata, junger Wurzelast Sämmtlich verkleinert

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

431

Hingegen sind die Wurzeln der meisten Mangrovebäume durch den Besitz höchst eigenartiger Pneumatophoren ausgezeichnet (Fig. 223, 224, 225). In einfachster Gestalt zeigen sich dieselben bei Carapa obovata (Fig. 223, j), wo die schlangenartig kriechenden Wurzeln mit ihrer oberen, der Klinge eines dicken Messers ähnlichen, aber von Lenticellen übersäeten Kante aus dem Schlamm hervorragen. Bei Carapa moluccensis ist das secundäre Dickenwachsthum im oberen Theile ungleichmässig , derart dass derselbe sich in fingerartige Aus- wüchse auflöst. Bei den Arten von Bruguiera (Fig. 223 und 225 / u. 2) biegen sich die horizontalen Wurzeln stellenweise zu knie- artigen, über den Schlamm hervorragenden Gebilden , die bei Bruguiera gymnorhiza grosse Lenticellen tragen, bei Bruguiera caryophyllata aber ihre Rinde allmählich abwerfen. Avicennia officinalis (Fig. 221, 223), wel- cher sich die beiden amerika- nischen Arten anschliessen, Son- neratia acida (Fig. 2234, 221) und alba, Ceriops Candolleana und die amerikanische Combre- tacee Laguncularia racemosa erzeugen negativ geotropische, spargelähnlich aus dem Boden hervorragende finger-, bei Son- neratia armlange negativ-geotro- pis che Neben wurzeln. DieRhizo- phora-Arten besitzen besondere Pneumatophoren nicht , jedoch übernehmen die oberen, aus dem Schlamm ragenden Theile ihrer Stelzwurzeln deren Function.

Dass die Pneumatophoren zur Sauerstoffversorgung der unter- irdischen Theile dienen, wurde, wie auf Seite 84 des Näheren dargestellt, von G. Karsten und Greshoff nachgewiesen. Alle diese Bildungen sind dementsprechend mit Vorrichtungen zur Aufnahme des Sauerstoffs (Lenticellen, Spalten, dünner Kork) und zu dessen Transport (Inter- cellulargänge in der primären Rinde oder Bast) versehen.

In der folgenden, an Ort und Stelle geschriebenen Skizze habe ich den Versuch gemacht, eine Vorstellung von der Physiognomie der Mangrove auf Java zu geben.

Fig. 224. Pneumatophoren von Avicennia offici- nalis. Mangrove, Java. */* nat- Gr.

432

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Die unter dem Namen Kindersee bekannte lagunenartige Bucht in Süd- Java ist nach Süden durch die hügelige Insel Noesa-Kambangan vom Indischen Ocean getrennt, im Uebrigen zwischen den hier ganz flachen Ufern der Hauptinsel eingeschlossen. Mehrere Flüsse ergiessen in dieselbe ihre träge fliessenden Gewässer und sind, ihrem niederen Niveau entsprechend, noch in grosser Entfernung ihrer Mündung dem Einflüsse der Fluthbewegungen aus- gesetzt. Der Mehrzahl nach spalten sie sich in mehrere Arme. Diese Delta- bildungen liegen zur Fluthzeit unter Wasser, zur Ebbezeit ein wenig über dem Niveau desselben. Ein besseres Substrat für die Entwicklung der Mangrove könnte kaum existiren und letztere ist denn auch mit seltener

Ueppigkeit entwickelt.

Fährt man iit einem Canoe längs der Ufer der Bucht oder in einem der zahlreichen Flussaxmc, so erblickt man nicht immer das gleiche Bild. Weit mehr als an freien , schiefen Küsten, wo betnahe

allein Rhizophora nmeronata dem An- prall der Wellen Widerstand zu leisten oder sich im bewegten Wasser fortzupflanzen im Stande ist, «iml auT diesen seichten Ufern, wo derWellcD- schlag unbekannt jm die Ex iste uz \ *ed m - gütigen für verschie- dene Arten ungefähr Raum bald die eine,

Fig. 225. Aus der Mangrove: Bruguiera gymnorhiza mit Knie- wurzeln. Ebbe. Süd-Liukiu. Nach einer Photographie von Herrn Dr. O. Warburg.

gleich günstig, so dass in dem Kampfe um den bald die andere Art den Sieg davon trägt. Bald ist das Ufer von einen* dichten Gürtel von Rhizophoreen eingenommen, bald fahrt man lang* eines Wäldchens der silbergrauen, weidenartigen Avicennia offidnalis var. alba an anderen Stellen noch ist das matte Grün der Sonneratia aeida vorherrschend, oder endlich die Vorposten sind von einer schmalen Hecke der Nipa fruticans behauptet. Hin und wieder fällt die sonderbare Erscheinung einer Carapa obovata auf, deren kopfgrosse braungelbe Früchte aus der kleinen Krone hervorschimmern, oder ein von schneeweissen Blüthen und hornartigen Fruchten bedeckter Busch des Aegiceras majus. Die beiden hier vorkommenden Bruguiera- Arten (B. gymnorhiza und B. parviflora) sind am Rande mehr vereinzelte Erscheinungen ; um so häufiger sind sie im Inneren der Mangrove,

Fig. 226. Cocos nucifera, Nipa fruticans, Hibiscus tiliaceus (rechts) an einer Meereslagune bei Singapore. Nach einer Photographie. Schimper, Pflanzengeographie. 28

434

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

wo die Kronen der Br. gymnorhiza die übrigen Bäume weit überragen, während die bedeutend kleinere und unscheinbar blühende Br. parviflora sich den Blicken mehr entzieht.

Zur Ebbezeit blickt man in das Gewirr der Rhizophorastelzen oder in den Rasen der Spargelwurzeln von Avicennia und Sonneratia, mit seiner Be- völkerung von Fischen und Krabben. Nirgends habe ich die Kniewurzeln von Bruguiera gymnorhiza in solcher Menge und Grösse gesehen. An anderen ^teilen kriechen die scharfgekielten Wurzeln der Carapa obovata mit allerlei Windungen an der Oberfläche des Schlammes.

Zur Fluthzeit ist das ganze Wurzelwerk unsichtbar, sogar die untersten Blätter der Rhizophoreen und der Sonneratia bleiben eine Zeitlang unter dem

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Fig. 227. Aus der javanischen Mangrove: Im Vordergrund Rhizophora mucronata, Keim- pflanzen tragend ; im Hintergrund Nipa fruticans (Nipa- Formation). Nach einer Photographie

von Herrn Dr. G. Karsten.

Wasserspiegel. Jüngere Exemplare der Rhizophora mucronata konnte ich, vom Canoe aus, in der Tiefe des Wassers erblicken.

Epiphyten sind in der Mangrove meist sehr spärlich und fehlen am äusseren Rande, auf Rhizophora mucronata, gänzlich. Offenbar entspricht ihnek die salzige Oberfläche nicht, durch welche das schon wasserarme Substrat physio» logisch noch trockener wird. Nur an tiefen Buchten und im Inneren aus- gedehnter Mangroven, wo der Wind salzigen Wasserstaub auf die Aeste nicht bläst, treten epiphytische Arten reichlicher auf, z. B. Platycerium grande, PI. alcicorne, am Kindersee auch Hydnophytum montanum. Daneben sind kleine Flechten stets vorhanden, dagegen keine Moose; letztere gehören zu

Vi. Edaphische Wirkungen in den Tropen.

435

den besonders salzscheuen Gewächsen. Ueber die Algen, welche die Wurzeln bedecken, wird im Abschnitt über die Wasserpflanzen berichtet werden.

Die vom Meere entfernteren Lagunen, wo der Boden zwar noch dem Einfluss der Gezeiten unterworfen, aber bereits weniger salzig ist, pflegen im tropischen Ostasien und Australien vornehmlich von den Beständen einer kurzstämmigen Palme, Nipa fruticans, (Fig. 226 u. 227) umgürtet zu sein, welche stellenweise, z. B. auf Sumatra, für sich allein ungeheure Flächen bedeckt. Diese Abart der Mangrove wird am besten

Fig. 228. Mangrove auf Samoa. Innenrand auf weniger salzigem und weniger nassem

Boden. An beiden Ufern Chrysodium aureum. Rechts: Hibiscus tiliaceus (?). Im

Hintergrund Cocos nucifera. Nach einer Photographie.

als Nipaformation von der eigentlichen Mangroveformation getrennt. Rhizophoraceen kommen mitten in der Nipa-Formation kaum vor, wohl jedoch einige andere Mangrovebäume wie Avicennia officinalis, Sonne- ratia acida und sehr häufig der Farn Chrysodium aureum.

Der allmählich wasserärmer werdende, der regelmässigen Ueber- schwemmung durch die Fluth entzogene Boden jenseits der Mangrove und der Nipaformation zeigt eine zunehmende Zahl von Pflanzenarten des trockeneren salzigen Bodens, besonders zahlreich Hibiscus tiliaceus und dazwischen Chrysodium aureum (Fig. 228).

28*

436

Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

Die westliche Mangrove. Die westliche Mangrove ist in ihrem ökologischen Charakter der östlichen sehr ähnlich, aber viel artenärmer und viel weniger reich gegliedert. Sie besteht aus nur vier Arten, Rhizophora Mangle L., der Combretacee Laguncularia racemosa, Avicennia tomentosa und A. nitida. Der westafrikanischen Mangrove scheint Avicennia tomentosa zu fehlen.

Rhizophora Mangle (Fig. 229, 230) nimmt, wie in der östlichen Mangrove Rh. mucronata, den äusseren Rand der Formation ein, wäh- rend Laguncularia racemosa nament- lich am Innenrand auftritt und dort oft reine Bestände bil- det. Die Avicennien zeigen ein mittleres Verhalten. Aehnlich wie in der östlichen Mangrove treten auch in der west- lichen, auf trocke- neren Inselchen ei- nige andere Arten hinzu, welche beim Uebergang in ' die Binnenland formatio- nen vorherrschend werden , darunter tropisch - kosmopoli- tische Arten nie Hi- biscus tiliaceus und Chrysodium aureum, aber auch rein west- liche Arten , wie die Combretacee Conocarpus erectus etc. Epiphyten * sind in der westlichen, ebenso wie in der östlichen Mangrove spärlich und meist auf einige Bromeliaceen und Flechten beschränkt.

§ 5. Verbreitung der tropischen Strandformationen. Offene Strandformationen sind in der ganzen Ausdehnung der tropischen Zonen, in regenarmen Gebieten sogar meist allein vorhanden. Die

Fig. 229. Mangrove in Florida. Aussenansicht. Rhizophora Mangle. Nach „Garden and Forest".

VI. Edaphische Wirkungen in den Tropen. 437

zusammenhängenden Gehölze oberhalb der Fluthlinie und die im Be- reich der Fluth befindlichen Mangroven sind in üppiger Entwicklung und gemischter floristischer Zusammensetzung nur in regenreichen Gebieten vertreten und werden bei Abnahme der Niederschläge niedriger, weniger zusammenhängend und artenärmer. Zudem sind die Strandgehölze ausschliesslich tropisch, bezw. in den temperirten Zonen nur durch einige tropische Flüchtlinge in verkümmerter Form vertreten, während die offenen Formationen mit denjenigen höherer Breiten ökologisch übereinstimmen.

Fig- 230. Mangrove in Florida. Innere Ansicht. Rhizophora Mangle. Aus „Garden

and Forest".

Genauer wurde bis jetzt nur die Verbreitung der Mangroven untersucht. Dieselbe zeigt innerhalb der Wendekreise nahe Ueber- einstimmung mit derjenigen der Regenwälder. Sie fehlt oder sie ist ärmlich entwickelt an den Küsten, deren Festlandvegetation xerophilen Charakter besitzt, ausser wo, wie an der Mündung des Indus und anderer grosser Flüsse, eine beträchtliche Aus- süssung des Meereswassers stattfindet. Diese Abhängigkeit ist trotz der fortwährenden grossen Nässe des Substrates auf Grund des Unterschiedes zwischen physikalischer und physiologischer Trocken- heit vollkommen verständlich. Das Meeres wasser ist physiologisch

438 Erster Abschnitt: Die tropischen Zonen.

trocken1) sodass Gewächse, die ihren Wasserbedarf aus demselben decken, der Gefahr zu grossen Transpirationsverlustes ausgesetzt sind und die diesem entgegenwirkenden klimatischen Factoren müssen Entwicke- lung und Verbreitung der Mangroven günstig beeinflussen. Die Luft ist allerdings auch in den regenarmen Gebieten über dem Meere wahr- scheinlich ebenso feucht als in den regenreichen, dagegen ist die Be- wölkung, welche die Erwärmung des Laubs durch die Sonnenstrahlen und die dadurch bedingte Transpiration herabsetzt, in den letzteren weit stärker und regelmässiger als in den ersteren.

Starke und häufig wiederkehrende Bewölkung dürfte die wesent- lichste klimatische Bedingung des Vorkommens der Mangrove in den Tropen darstellen.

Jenseits der Tropen sind die Grenzen der Formation im ganzen und diejenigen ihrer einzelnen floristischen Glieder vornehmlich durch die Temperatur bedingt. Die Nord - Ost - Grenze der östlichen Mangrove als geschlossene Formation dürfte, nach Warburg's Beobachtungen, in Süd-Liukiu (Iriomotte 25 ° N.) liegen; hochwüchsige Mangrove hat der genannte Forscher weiter nördlich nicht mehr gesehen. Sie ist auch dort bereits verarmt und besteht nur noch aus vier Arten (Brag- uiera gymnorhiza, Rhizophora mucronata, Sonneratia acida, ? Avicennia officinalis); in vereinzelten Exemplaren zeigt sich, als nördlichster Ver- treter der östlichen Mangrovenflora, Rhizophora mucronata noch in Süd- Japan (Kagoshima 32 °). In südöstlicher Richtung setzt sich die Mangrove bis zum Wendekreis in unverminderter Ueppigkeit fort, wird aber an der Küste von Neu-Süd- Wales niedriger und formenärmer (Avicennia officinalis, Aegiceras). Gebüsche der Avicennia zeigen sich noch in Neu-Seeland und sogar auf der Chatham-lnsel, bei 44° s. B. Die nordwestliche Grenze der gemischten Mangrove liegt an der Mündung des Indus, jenseits derselben zeigt sich nur noch, an einzelnen Punkten bis zum Sinai, Avicennia officinalis. In südwestlicher Richtung setzt sie sich als gemischte Formation bis ca. 30 ° s. B., in Natal fort.

Die westliche Mangrove reicht in nordöstlicher Richtung bis Ber- muda (32 ° N.), auf dem Continent aber nur bis Süd-Florida (27— 280). Südöstlich habe ich sie noch auf der Insel St. Catharina (27 ° s. B.) in üppigen gemischten Gebüschen beobachtet. Die nordwestliche Grenze befindet sich, nach Drude's Atlas, in Süd-Kalifornien, die süd- westliche bereits bei 40 s. B., da die Trockenheit des Klimas ihrem weiteren Fortschreiten nach Süden ein Ende setzt.

a) Vgl. s. 6.

Auswahl der Literatur. A2Q

Auswahl der Literatur.

1. Edaphische Wirkungen im Binnenlande.

Brand is, D. Die Familie der Dipterocarpaceen und ihre geographische Verbreitung. Sitzungsber. d. niederrhein. Gesellsch. für Natur- und Heil- kunde zu Bonn. 1896.

Junghuhn, Fr. Java, seine Gestalt, Pflanzendecke und innere Bauart. Ueber- setzt von Hasskarl. Bd. I. 1852.

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Wohltmann, F. Die natürlichen Faktoren der tropischen Agrikultur und die Merkmale ihrer Beurtheilung. Leipzig 1892.

Zollinger, H. Ueber Pflanzenphysiognomie im Allgemeinen und diejenige der Insel Java insbesondere. Zürich 1855.

2. Die tropischen Strandformationen.

Börgesen, F. og Ove Paulsen. Om Vegetationen paa de dansk- vestindiske oer. Kjöbenhavn 1898. (Die reich illustrierte Arbeit konnte, da ausschliesslich dänisch geschrieben, keine Verwendung finden.)

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Pflanzenbiol. Schilderungen. I.

Haberlandt, G. I. Eine botanische Tropenreise 1893.

IL Ueber die Ernährung der Keimlinge bei viviparen Mangrovenpflanzen.

Ann. du jard. de Buitenzorg. 1893.

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Pechuel-Lösche. Die Loango-Expedition. 3 Abth. Leipzig 1882.

Schenck, H., Ueber die Luftwurzeln von Avicennia tomentosa und Lagun- cularia racemosa. Flora 1889.

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und der Uferländer des Rothen Meeres. Petermann's Mittheil. 1868. Warburg, O. Vegetationsschilderungen aus Süd-Ost- Asien. Engler's Botan.

Jahrbücher. Bd. XVII. Warming, E. Rhizophora Mangle. Engler's Botan. Jahrb. Bd. IV. 1883.

Zweiter Abschnitt:

Die temperirten Zonen.

I. Allgemeine Charakteristik

der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen

auf Vegetation und Flora.

1. Allgemeine Eigentümlichkeiten der temperirten Klimate. § i. Die

Wärme. Grosse Unterschiede der Temperatur. Seeklima und Conti nenialklima. Isothermen des Januar und Juli. Tägliche Oscillationen. § 2. Das Licht. Zonenartige Gliederung der Beleuchtung. Absorption und Diffusion des Lichtes in verschiedenen Breiten. § 3. Die Hydrometeore. Periodicität und Menge der Niederschläge. Bedeutung för den Boden. 2. Einige allgemeine Wirkungen der temperirten Klimate auf das Pflanzenleben. § 1. Wärmewirkungen. Ueberwiegende Bedeutung derselben. Tem- peraturen unter dem Gefrierpunkt. Gürtel der milden und Gürtel der kalten Winter. Ver- breitung der Arten. Mesotherme Pflanzen. Ungleichheit des ökologischen Temperatur- optimum. — § 2. Lichtwirkungen. Lichtmenge und Lichtintensität Schattenlicht in den temperirten Zonen. Fixe Lichtlage des Laubes. § 3. Wirkungen der Hydro- meteore. Geringere Bedeutung im Vergleich zu den Tropen. 3. Floriatischer Cha- rakter der temperirten Zonen. Uebersicht der mesothermen Formenkreise.

1. Allgemeine Eigentümlichkeiten der temperirten Klimate.

§ 1. Die Wärme. Die zwischen den Wende- und Polarkreisen befindlichen Zonen verdienen nur bezüglich der mittleren Temperaturen die Bezeichnung der temperirten. Auf Grund der Unterschiede zwischen Winter- und Sommertemperaturen müsste man sie vielmehr die excessiven nennen. Namentlich gilt dieses von der nördlichen Zone: „Zwischen dem nördlichen Wendekreis und dem Polarkreis ist fast die ganze Wärmescala vertreten, innerhalb welcher die Lufttemperatur an der Erdoberfläche sich überhaupt bewegt. Im mittleren Ostasien sinkt die mittlere Januartemperatur fast Jahr für Jahr auf 40 ° C. und noch tiefer

I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen. aa i

herab, während die Julitemperatur im Pandschab, Mesopotamien, wahr- scheinlich auch in Arabien, dann in Nordafrika und in Arizona und Südkalifornien sich bis 35 ° C. erhebt. Gleichzeitig liegen die absoluten Wärmeextreme dieser Gegenden zwischen 60 und + 50 ° und darüber. Auch was Temperaturwechsel anbelangt, die Veränderlichkeit des Wärmezustandes von einem Tage zum anderen, leistet die nörd- liche temperirte Zone das Höchste, in ihr finden sich die Gebiete der grössten Veränderlichkeit der Temperatur.** (Hann.)

Die Nähe der See wirkt im Allgemeinen mässigend auf das Klima. Ein mildes Klima wird dementsprechend oft als Seeklima, ein ex- cessives als Continentalklima bezeichnet. Neben der Eigenschaft der Wassermassen sich langsamer zu erwärmen und zu erkalten als das Festland, spielen bei den Wirkungen der Oceane auf das Klima der Küstengebiete und Inseln die Strömungen eine wichtige Rolle. Der westliche Theil des Britischen Archipels und die Westküste Nor- wegens verdanken ihre für die Breite auffallend hohen Wintertem- peraturen dem Einfluss des Golfstroms und die Ostküste Nordamerikas ist aus ähnlichem Grunde wärmer als die Westküste. Die folgende Tabelle giebt, nach Peschel, die mittleren Temperaturen für eine Reihe massiger (1 6), halbmässiger (7 8) und extremer (9—12) Klimate.

Mittlere Temperaturen (Celsius).

r

Ort: Breite

See- höhe

Jahr

Januar

Juli

Diffe- renz

1) Hokitika (Neu-Seeland)

420 42'S.

3m

11.60

iS-7°(a)

7-2°

8.5°

2) Falkland - Inseln . .

■5i°4if"

6.10

9-8°(a)

2.50

7-3°

3) Hobarton (Tasmanien)

,42° 52'

10m 48 m

13.1°

17-3°

8.8°

8.50

4) Dublin .

53° 22'-

9-5°

4-7°

15-4°

10.7»

5) Sitcha .

!i57° 3'-

5-7°

- I.O°

12.5» (b)i3.S°

6) Reykjavik

640 8'-

33°

- *-5°(a)

12.1°

14.60

7) Dresden

5*° 3'-

128 m

9.20

- 0.30

I9.20

19-5°

8) Ofen .

47° 3°' ~i53m

10.70

- 1-4°

22.3°

23-7°

9) Astrachan

460 21'-

-20m

9-4°

- 7-i°

*5-5°

32.6°

10) Irkutsk

52° 17'-

460 nr - o.i°

-20.5°

18.8« 139.3°

11) Jakutsk

620 1'-

160 m

-11.2°

-42.80

18.80

6 r6°

12) Werchojans

>k

67° 34'-

50m

-l6.7°

-49.00

15-4°

64.40

(a) Februar (b) August. (Nach O. Peschel.)

Die jährlichen Temperaturschwankungen sind in der südlichen temperirten Zone weit geringer als in der nördlichen ; nur die täglichen Oscillationen erweisen sich hier stellenweise (im Innern Südafrikas und Australiens) ebenso gross oder gar grösser.

442 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Im Grossen und Ganzen nimmt die Lufttemperatur mit steigender Entfernung von den Wendekreisen ab, jedoch in höchst unregel- mässiger Weise, so dass die Isothermen in den temperirten Zonen viel stärkere Krümmungen als in den Tropen aufweisen.

Die Januarisotherme von z. B. hat nördlich von Sitcha, etwa bei 5 8°, ihren nördlichsten amerikanischen Punkt, sie fällt ostwärts schnell herunter bis Saint-Louis, ihren südlichsten nordamerikanischen Punkt (381/,0), verläuft unter schwacher Steigerung über Washington (39 °) nach Philadelphia (40 °), steigt beträchtlich in dem Atlantischen Ocean, erreicht die Stidküste Irlands (ca. 6 3*1 n. Br.), überschreitet an der Westküste Norwegen's den 70 ° und erreicht hiermit ihren absolut nördlichsten Punkt, fällt dann senkrecht nach Süden, der Westküste Dänemarks entlang quer durch Centraleuropa (Wilhelms- haven, Bamberg, München), biegt sich dann nach Osten, erreicht südlich von Sofia, ungefähr bei 42 °, ihren südlichsten europäischen Punkt, verläuft dann, unter schwächeren Undulationen , in östlicher Richtung, erreicht in Central- china bei ca. 32 ° (also ca. 38 ° südlich vom nördlichsten) ihren südlichsten Punkt, steigt dann allmählich, durchzieht das südliche Korea und erreicht im nördlichen Theile von Nippon, bei etwa 3 8°, ihren nördlichsten asiatischen Punkt, der demnach nur etwa nördlich vom südlichsten und bedeutend südlicher liegt, als an den Westküsten Amerika's und Europa's.

In der südlichen Hemisphäre haben diesseits vom Polarkreis nur ein Theil von Feuerland und einige unbedeutende Inselgruppen (z. B. Süd- Georgien) eine Julitemperatur von oder darunter.

Die Juliisotherme von 20 ° ist in der nördlichen Hemisphäre die bewegeste, ohne so scharfe Krümmungen auszuführen, als die Isotherme von o°. Sie erreicht ihren absolut südlichsten festländischen Punkt in Californien bei 31 ° n. B. (im Ocean geht sie beträchtlich südlicher), erhebt sich beinahe senkrecht nach Norden bis ungefähr zum 55 ° im Nordwesten, geht dann westlich unter nochmaligen Undulationen durch Canada (Winnipeg 500, Quebec), durch Boston (ca. 421/8°), durchzieht den Atlantischen Ocean etwas nördlich vom 40 °, läuft längs der Nordküste Spaniens (ca. 44 °), längs der Westküste Frankreichs (Bordeaux), krümmt sich östlich über Paris nach Moskau, dann quer durch Sibirien, erhebt sich in Ostsibirien bis Jakutsk (ca. 6 20), ihren absolut nördlichsten Punkt (etwa 31 ° nördlich vom süd- lichsten), fällt dann an der Küste China's bis südlich vom 40. °, ihrem südlichsten asiatischen Punkte, und erreicht die Südspitze der Insel Jesso.

In der südlichen Hemisphäre erreicht die Januarisotherme von 200 die Westküste Amerika's bei etwa 200 s. B., also noch diesseits des Wende- kreises, ihren nördlichsten Punkt, fällt längs der Anden nach dem südlichen Argentinien, verläuft längs der Westküste Afrika's südlich vom Wendekreise bis zum Kap der guten Hoffnung, dann östlich, ohne Natal zu erreichen, nach der Südküste Australiens, welche ihr beinahe ganz angehört, und durch- zieht das nördliche Neu-Seeland.

Die täglichen Oscillationen der Lufttemperatur sind meist grösser in den temperirten Zonen als in den Tropen. Sie erreichen ihre höchsten Grade in den Wüstengebieten. So las G. Rohlfs am

I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen. 443

25. December 1878 morgens zu Bir Milrha, südlich von Tripolis, 0,5° an seinem Thermometer ab, am Nachmittag dagegen + 37°,2.1) Die täglichen Schwankungen sind in erster Linie auf die Wärme- strahlung — diejenige der Sonne bei Tag, diejenige der Erde bei Nacht zurückzufuhren und sind dementsprechend viel erheblicher bei klarem als bei bewölktem Himmel. Im ersteren Falle, also nament- lich in trockenen Gebieten, dürften sie für die Vegetationsvorgänge erhebliche Bedeutung haben; diesbezügliche Beobachtungen sind in- dessen nicht vorhanden.

§ 2. Das Licht. Da die nicht wärmenden Elemente der Sonnen- energie ausschliesslich durch Strahlung auf die Vegetation wirken können, so sind die Zonen des Lichtklimas, die ultravioletten Strahlen mögen, soweit sie auf die Pflanze wirksam sind, zum Lichte gezogen werden, im Gegensatz zu denjenigen des Wärmeklimas, dem Aequator parallel. Die Gesammtintensität des Lichtes nimmt polwärts gleich- massig ab, aber die Länge der Tage nimmt während des grössten Theiles der Vegetationszeit, während des Winterschlafs ist die Be- leuchtung bedeutungslos in gleicher Richtung zu.

D

auer

Breite

des längsten Tages

des kürzesten Tages

30°

13 St. 56 Min.

10 St. 4 Min.

40°

14 51 »

9 » 9 »

5O0

16 9

7 »51 n

60O

18 30

5 m3<> »

6«1/.0

24 » »

0 0

Dank der grösseren Tageslänge wäre die Bestrahlung eines Punktes in der temperirten Zone während eines Sommertages viel stärker als diejenige eines Punktes während eines Tages am Aequator, wenn die Absorption durch die Atmosphäre nicht gleichfalls polwärts stiege. Bei Zenithstand der Sonne lässt die Atmosphäre von den leuchtenden Strahlen 8i°/0, von den Wärmestrahlen 75°/0, von den chemischen Strahlen 4O°/0 durch; bei zunehmender Entfernung vom Zenith wird die Absorption natürlich entsprechend grösser.

Die wachsende Absorption der Sonnenstrahlen mit der Entfernung vom Aequator wird allerdings durch die in gleicher Richtung statt- findende Zunahme des diffusen Lichtes, bis zu einem gewissen Grade aufgehoben, so dass die Summe leuchtender Energie an einem Punkte der temperirten Sonne im Sommer grösser bleibt als gleich- zeitig am Aequator. Die chemische Strahlung dagegen bleibt in Folge ihrer stärkeren Absorption beträchtlich abgeschwächt. Dem-

!) Peschel loc. cit. II. S. 174.

444 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

nach erhält bei gleicher Oberfläche eine Pflanze der temperirten Zone während der Vegetationszeit mehr leuchtende, aber weniger chemische Energie als eine solche der Tropen.

§ 3. Die Hydrometeore. Die zwischen den Wendekreisen nahezu allgemeine, wenn auch nicht überall gleich ausgeprägte Abwechselung von trockenen und feuchten Jahreszeiten setzt sich jenseits derselben ungefähr bis zum 40. ° n. und s. Breite fort. In höheren Breiten über- wiegen die Gebiete mit Niederschlägen zu allen Jahreszeiten (z. B. im grössten Theile Europa's, in Westsibirien, im östlichen Nordamerika, Süd-Chile, Japan, Kamtschatka, Neu-Seeland) ; doch giebt es in denselben Breiten auch ausgedehnte Gebiete mit ausgesprochener Periodicität der Niederschläge (Central- und Ost-Asien, westliches Nordamerika).

Die Menge der Niederschläge kommt in den temperirten Zonen nur an wenigen Stellen derjenigen der regenreichsten tropischen Punkte gleich ; mehr als 2 m jährlich haben, von einigermaassen ausgedehnten Gebieten, Assam, ein» kleiner Theil der Nordwestküste Amerika's, Süd- Chile, ein Theil des westlichen Neu-Seelands, im Uebrigen bloss ein- zelne Punkte namentlich im Himalaya, ferner in den Alpen, in Nor- wegen, Grossbritannien. Gleiche Regenmengen bedingen jedoch in den temperirten Zonen eine vollkommenere Durchfeuchtung des Bodens als in den Tropen, indem sie im Durchschnitt auf weit grössere Zeit- räume vertheilt sind und daher in geringerem Grade abfliessen. Von grosser Bedeutung ist für die kalttemperirten Zonen der winterliche Schnee, dessen Schmelzwasser zum grössten Theile dem Boden zu Gute kommt.

Die Thaubildung ist in den temperirten Zonen im Allgemeinen schwächer als in den Tropen, Nebel sind für die feuchten und kühlen Gebiete namentlich in der Nähe des Meeres charakteristisch.

2. Einige allgemeine Wirkungen der temperirten Klimate auf das Pflanzenleben.

§ I. Wärmewirkungen. Während in den Tropen die Wärme zwar überall Bedingung des Pflanzenlebens ist, aber wegen ihrer Gleich- mässigkeit gleichsam verborgen bleibt und die räumlichen wie zeidichen Unterschiede der Vegetationsdecke neben den Hydrometeoren nicht wesentlich beeinflusst, nehmen in den temperirten Zonen die Wärme- unterschiede, sowohl räumlich als zeitlich eine beträchüiche, polwärts rasch wachsende und schliesslich diejenige der Hydrometeore weit über- treffende Bedeutung in Anspruch.

Von besonderer Bedeutung sind für das Pflanzenleben die etwas

I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen. 445

unterhalb des Nullpunkts gelegenen Temperaturen, solche nämlich, die dem Gefrierpunkt der Pflanzensäfte, welcher, je nach deren Con- centration, von dem Bruchtheil eines Grades bis zu 2 30 C. tiefer liegt als derjenige reinen Wassers, entsprechen. Für viele Pflanzen ist das Gefrieren gleichzeitig Erfrieren; andere werden zwar nicht durch Erfrieren, wohl aber durch die Hemmung der Wasserabsorption in Folge der Erkaltung des Bodens, schon wenig unter dem Nullpunkt beschädigt oder getödtet. Wie verwüstend die ersten Fröste aus beiden Ursachen bei uns wirken, ist zur Genüge bekannt ; sie sind aber weniger verheerend als ausnahmsweise auftretende Frosttemperatur in Gebieten niederer Breiten, wo ein leichter Nachtfrost für die Vegetation ver- hängnissvoller wird als lange und strenge winterliche Kälteperioden in Gebieten, wo tiefe Temperaturen alljährlich wiederkehren. Es giebt unverhältnissmässig mehr Pflanzenarten, die durch eine Lufttemperatur von bis 30 getödtet oder doch schwer beschädigt werden, als solche, die wohl noch 30, aber nicht die tieferen der in der Natur vorkommenden Temperaturen ertragen.

Man darf wohl annehmen, dass in der Nähe der Tropen die Wintertemperaturen, in grösserer Entfernung derselben hingegen die Sommertemperaturen für das Pflanzenleben der temperirten Zonen vor- wiegend wichtig sind, so dass z. B. der Unterschied zwischen Süd- und Mitteleuropa vorwiegend auf den ersten, derjenige zwischen Mittel- und Nordeuropa vorwiegend auf den zweiten Factor zurückgeführt werden müsste. Diese Auffassung hat uns dazu geführt, die temperirten Zonen in je zwei Gürtel zu spalten, einen der milden Winter oder warmtemperirten und einen der kalten Winter oder kalttemperirten, ersterer ist durch immergrüne oder regengrüne, letzterer durch winterkahle, sommergrüne Laubhölzer, ersterer durch einen nur partiellen, letzterer durch einen allgemeinen Winterschlaf der Holzgewächse charakterisiert. Die Grenze zwischen bei- den Gürteln entspricht ungefähr der Isotherme +6° des kältesten Monats.

Ein genaueres Zusammenfallen der Grenzen der Vegetationsgürtel mit Isothermen wäre vielleicht erreichbar, wenn auch die Isothermen des wärmsten Monats mit berücksichtigt werden würden, indem man in der nördlichen Hemisphäre die Gebiete nördlich von der 200 Juli-Isotherme, in der südlichen, wo die Erwärmung durch Strahlung stärker ist, die Gebiete südlich von der -f-140 Januar-Isotherme von den wintermilden Gürteln ausschliessen würde, um sie den winterkalten anzuschliessen. Grosses Gewicht ist indessen auf solche Versuche nicht zu legen, da ein vollkommenes Zusammenfallen von Wärme- und Vegetationszonen, wenigstens bei der üblichen Art der Bestimmung klimatischer Elemente, ausgeschlossen erscheint

Die allgemeinen Wirkungen der Temperatur auf die Vegetation kommen in den temperirten Zonen namentlich in den Erscheinungen

AAf% Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

der Periodicität zum Vorschein. Indirekt, durch ihre Beeinflussung der Aufnahme und Abgabe des Wassers, kommt die Wärme auch bei der Vertheilung von Gehölz und Grasflur zur Geltung. Beiden Gruppen von Erscheinungen sind besondere Kapitel gewidmet.

Die Temperatur spielt bei der Vertheilung der Florenelemente in den temperirten Zonen eine viel wichtigere Rolle als in den Tropen, wo sie in dieser Hinsicht gegen die Wirkungen der Hydrometeore ganz zurücktritt. Die Areale vieler europäischer, nordasiatischer und nordamerikanischer Pflanzenarten sind, gewiss mit Recht, als Functionen der Temperatur aufgefasst worden.

Die Flora der temperirten Zonen wird in ihrer Gesammtheit als mesotherm bezeichnet, obwohl ihre Sippen, in Bezug auf ihre Temperaturansprüche, grosse Unterschiede zeigen, welche in keiner Weise durch die allerdings gemässigte mittlere Temperatur, noch durch Summirung der Wärmegrade zum Ausdruck kommen. Das ökologische Temperaturoptimum stellt bald eine nahezu ebenso flache Curve dar, wie diejenige tropischer Gewächse, bald weist dieselbe eine steile Steigerung von tiefen zu hohen Graden und einen ebenso steilen Ab- fall. Sehr ungleich ist ferner nachgewiessenermaassen das absolute Minimum des Pflanzenlebens, während über das wahrscheinlich ebenfalls ungleich hohe Maximum Daten bis jetzt nicht vorliegen.

Während ungleiche Ansprüche an die Hydrometeore meist auf Gruppen niederen Ranges, von den Gattungen abwärts, beschränkt zu sein pflegen, ist das Verhalten gegen die Temperatur häufig für Gruppen höheren Ranges charakteristisch) so dass, abgesehen von den historischen Einflüssen, die Unterschiede der Flora innerhalb einer jeden der beiden temperirten Zonen grösser sind, als innerhalb der tropischen, wo wesentlich nur die Hydrometeore in Betracht kommen. Floristisch sind in erster Linie die Gürtel mit milden Wintern von denjenigen mit kalten, in zweiter Linie die Gebiete mit Seeklima von denjenigen mitContinentalklima ausgezeichnet.

Von allgemeinen Betrachtungen über die Wirkungen der Wanne auf Wachsthum, Transpiration u. s. w. in den temperirten Zonen muss abgesehen werden, da die grossen Temperaturunterschiede der letzteren entsprechende Unterschiede der vegetativen Functionen bedingen.

§ 2. Lichtwirkungen. Der Unterschied für das Pflanzenleben zwischen Lichtmenge und Lichtintensität kommt beim Vergleich der tropischen und temperirten Zonen in augenfälliger Weise zum Vorschein. Unter einer gleich dichten Laubkrone nimmt die Summe leuchtender Energie polwärts zu, aber die Fähigkeit der Pflanzen unter derselben zu existiren ab. Die Schattenvegetation ist dementsprechend in den Tropen weit stärker entwickelt als in den temperirten Zonen.1) Die

«) Vgl. S. 242.

I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen. 447

ungleiche Lichtintensität bedingt ausserdem eine ungleiche fixe Licht- lage des Laubes in den temperirten Zonen und in den tropischen. In den letzteren ist die direkte Sonnenstrahlung maassgebend; das Laub stellt sich schief oder parallel zu derselben, während es in den temperirten Zonen, ohne Rücksicht auf die direkte Strahlung, seine Flächen senkrecht zur Richtung des stärksten diffusen Lichtes aus- breitet. Trotz der exponirten Stellung sind die zerstörenden Wirkungen auf das Chlorophyll weit weniger ausgeprägt in den temperirten Zonen als in den Tropen. Das Laub der skandinavischen Vegetation gilt sogar für intensiver und reiner grün als dasjenige Mitteleuropa^, ob- wohl es während des Sommers beinahe ununterbrochen beleuchtet wird.

Manche, an weniger hohe Intensitäten gebundene Lichtwirkungen werden natürlich bei zunehmender Dauer des Tageslichtes stärker aus- geprägt. So wird, wahrscheinlich mit Recht, die Zunahme der Pigment- bildung in Blüthen und Früchten sowie diejenige der ätherischen Oele in der Nähe des Nordpolarkreises auf die längere Dauer der Beleuchtung zurückgeführt. *)

§ 3. Wirkungen der Hydrometeore. Die Hydrometeore bestimmen in erster Linie die Vertheilung von Gehölz, Grasflur und Wüste und den vegetativen Charakter ihrer Einzelformationen in den temperirten Zonen; ihre Bedeutung ist jedoch etwas geringer als in den Tropen, indem sie sich von der zur Zeit der Niederschläge herrschenden Tempe- ratur abhängig zeigt, so dass, in beiden temperirten Zonen, Gebiete mit Sommerregen und trockenen Wintern sich vegetativ aufs schärfste von Gebieten mit Winterregen und trockenen Sommern unterscheiden (vgl. Kap. III bis V).

Niederschlagsmengen, die in den Tropen die üppigste Entfaltung der Vegetation bedingen würden, haben in den temperirten Zonen eine so fördernde Wirkung auf das Pflanzenleben nicht. Dieser Unterschied rührt namentlich daher, dass die Winterkälte pflanzenphysiologisch einer ausgesprochenen Trockenzeit entspricht und, wie jede solche, der Flächen- bildung der Pflanzenglieder bestimmte Schranken setzt.

Die periodischen Erscheinungen des Pflanzenlebens, welche in den Tropen ausschliesslich durch die Abwechselung der feuchten und trockenen Jahreszeiten geregelt werden, sind auch in den wintermilden Gebieten der temperirten Zonen theilweise von diesen abhängig, ob- wohl sich dort auch bereits der Wechsel der Temperatur geltend macht. Letzterer überwiegt oder kommt allein zur Geltung in den winter- kalten Gebieten, je nachdem diese einen trockenen oder einen feuchten Sommer besitzen.

In ähnlicher Weise tritt für die Abgrenzung der Areale der meso-

l) Schübeler 1. c. S. 83.

aaR Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

thermen Pflanzenarten die Bedeutung der Feuchtigkeit gegen diejenige der Temperatur zurück. Nur in ausgesprochen wintermilden Klimaten dürfte es Pflanzensippen geben, für deren Verbreitung, wie in den Tropen, die Hydrometeore allein maassgebend sind.

3. Floristischer Charakter der temperirten Zonen.

Aehnlich wie für die tropischen Zonen und unter Hinweis auf die S. 245 mitgetheilten Gesichtspunkte, sollen im Folgenden die meso- thermen Formenkreise in gedrängter Uebersicht zusammengestellt werden.

Thallophyten.

Die Algen sind in den temperirten Landfloren noch schwächer entwickelt als in den tropischen, ausser in Verbindung mit Pilzen in den Flechten, die an Arten und Individuen mit der Abkühlung des Klimas rasch zunehmen und die in den Wäldern namentlich der kalt- temperirten Gürtel, sowie auf Felsen und Steinen, mit Moosen zu- sammen, als Epiphyten und Lithophyten die Hauptrolle spielen. Dass die Pilze in den temperirten Zonen vielmehr grosse Formen aus den Unterklassen der Ascomyceten und Basidiomyceten als in den Tropen aufweisen und daher, trotz anscheinend schwächerer Entwicklung, mehr augenfällig sind, wurde bereits früher (S. 246) erwähnt.

Bryophyten.

Die Moose, namentlich die Laubmoose, bilden in den temperirten Zonen einen weit wesentlicheren Bestandteil der Vegetationsdecke als in den tropischen Tiefländern. Namentlich sind feuchte, kühle Gebiete mit Seeklima, z. B. das westliche Neu -Seeland, die atlantische Küste Europa's, die nordpacifische Küste Amerika's, Feuerland etc. sehr moosreich.

Pteridophyten.

Die Farne sind an ähnliche Existenzbedingungen gebunden wie die Moose, jedoch mehr wärmebedürftig und daher vornehmlich in den feuchten warmtemperirten Gebieten entwickelt. Durch massenhaftes Auftreten der Farne ist Neu -Seeland vor allen anderen Gebieten der Erde ausgezeichnet. Systematisch sind die temperirten Farnfloren weniger reich als die tropischen , insofern sie mehrere in den letzteren

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I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen. 449

vertretenen Ordnungen nahezu oder ganz entbehren und keine eigene Ordnung aufweisen. Die Cyatheaceen weisen nur wenige temperirte Arten auf, welche vornehmlich den südlichen warmtemperirten Gürtel bewohnen; ihre baumartigen Formen bilden, allerdings in nur wenigen Arten, einen Hauptbestandtheil der Flora Tasmaniens (Fig. 231) und Neu-Seelands, weniger derjenigen Süd-Afrika's. Die Hymenophyllaceen zeigen eine ähnliche Reduction und ähnliche Verbreitung. Noch viel mehr als in den Tropen sind in den temperirten Zonen die Polypodia- ceen vorherrschend.

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Fig. 232. Zamia integrifolia in Florida. Nach einer Photographie des Herrn H. G. Webber.

Die Rolle der Lycopodiaceen und Equisetaceen ist in den tem- perirten Zonen stets eine untergeordnete.

Gymnospermen.

Der Reichthum an Gymnospermen und deren grosse Verbreitung als gesellig wachsende Waldbäume kennzeichnet die temperirten Floren beim ersten Blick von den tropischen. Diese wichtige Rolle kommt ausschliesslich den Coniferen1) zu, die Cycadaceen (Fig. 232) sind noch

') Vgl. die Verbreitung der Coniferen in Drude's Atlas No. II. Schimper, Pflanzengeographie. 29

450

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

weit artenärmer und seltener als in den Tropen und die kleine Familie der Gnetaceen nur durch einige Ephedra-Arten vertreten. Die aus- gedehntesten Coniferenwälder sind diejenigen des kalten Gürtels der nördlichen temperirten Zone ; . dieselben bestehen beinahe ausschliess-

Fig- 233- Waldlandschaft in Natal mit Aloe. Nach einer Photographie.

lieh aus Pinaceen (Pinus, Abies, Picea, Larix, in Nord- Amerika auch Taxodium, Sequoia etc., in Japan auch Cryptomeria etc.), die Taxaceen (Taxus, Ginkgo) sind unwesentlich. Die Coniferen der südlichen tempe- rirten Zone sind ebenfalls vorwiegend Pinaceen, aber nicht aus den

I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen. ac\

Unterfamilien der Abietoideen und Taxodioideen wie in der nördlichen, sondern vorzugsweise Araucaroideen (Araucaria, Agathis). Die Taxa- ceen (Podocarpus, Dacrydium etc.) sind hier, namentlich in der öst- lichen Hemisphäre, wichtigere Waldbestandtheile als im Norden.

Fig. 234. Yucca arborescens in der Mohave -Wüste, Kalifornien. Nach Coville.

Monocotylen.

Die Monocotylen sind in den warmtemperirten Gürteln ähnlich wie in den Tropen, ausser durch Gräser und andere Kräuter auch durch auffallende und stattliche Formen vertreten, welche nur zum

29*

452

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

kleinsten Theile den in den Tropen durch Grösse besonders hervor- ragenden Formenkreisen der Palmen und Bambuseen, und gar nicht zu den Pandanaceen und Scitamineen, sondern vornehmlich zu den Liliaceen und Amaryllidaceen gehören. So sind die Arten von Aloe namentlich für Süd- Afrika (Fig. 233), diejenigen von Yucca (Fig. 234), Dasy Urion, Agave für das warme Nordamerika, die- jenigen von Xanthorrhoea für Australien (Fig. 235), die bis 10 m hohe Cordyline australis (Fig. 236) für Neu -Seeland und der

riesige Drachenbaum , Dra- caena Draco für die Canarien charakteristisch.

Die mesothermen Pal- men sind wenig zahlreich und auf einige warme Striche beschränkt, wo sie, wenig- stens im wilden Zustande, selten hervortreten. Ihr be- kanntester und verbreitester Vertreter, Phoenix dactylifera, ist im wilden Zustande nicht bekannt, die häufig als Zier- baum angepflanzte Pritchardia filifera ist auf einige Thäler Süd-Kaliforniens beschränkt. Von hochstämmigen Palmen ist wohl Sabal Palmetto (Florida bis Nord - Carolina) (Fig. 242) die einzige, welche in ihrem Verbreitungsgebiet häufig ist. In Gesellschaft der letzteren zeigen sich zwei oder drei Zwergpalmen (Sabal serrulata Adansonii), die oft ein dichtes Gestrüpp bilden, ähnlich wie Chamaerops humilis an den Küsten des Mittelmeers.

Baumartige Bambuseen zeigen sich in den temperirten Zonen nur in Japan. Die übrigen mesothermen Monocotyledonen sind bei- nahe ausnahmslos Kräuter und theilweise ganz wesentliche Bestand- teile der Grasfluren, der Wüsten und des krautigen Bodenflors der Gehölze. Die Bedeutung der Gräser ist allgemein bekannt, Cy- peraeeen und Juncaceen sind weit verbreitet, Liliaceen, Amaryllidaceen und Iridaceen, weniger die Orchideen sind wichtige Bestandtheile der trockenen Gebiete in den warmtemperirten

Fig. 235. Flussufer bei Sydney mit Xanthorrhoea sp. Nach einer Photographie.

I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen. 453

Gürteln, die Bromeliaceen haben im wärmeren extratropischen Amerika einige sehr häufige Arten (Tillandsia usneoides, in Chile Puya -Arten).

Dicotylen.

Die Dicotylen der temperirten Zonen haben eine viel geringere Zahl Baumarten aufzuweisen als diejenigen der Tropen und die von ihnen gebildeten Wälder bieten weniger reiche Mischungen ; namentlich ist letz- teres in den kalttemperirten Gürteln der Fall, wo die Laubwälder meist nahezu reine Bestände bestimmter Amentaceen darstellen, während mit

Fig. 236. Cordyline australis am See Wakatipu, Neu-Seeland, S. Insel. Nach einer Photographie.

der Annäherung an die Wendekreise die Zahl der Baumarten grösser und ihre Mischung gleichmässiger wird. Dicotyle Sträucher sind in den warmtemperirten Gürteln sehr formenreich, dagegen treten die Holzlianen stark zurück. Die Betheiligung krautiger Dicotylen an den Grasfluren und an der Schattenflora der Gehölze ist ungefähr die gleiche wie in den Tropen.

Nächst den Coniferen sind Amentaceen, namentlich Arten von Fagus und Quercus, in der südlichen Zone solche von Nothofagus, we- niger einige andere Gattungen (Castanea, Carpinus, Betula, Juglans etc.) die wichtigsten Waldbildner der temperirten Zonen. Auf Standorten, wo

454 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

edaphische Einflüsse bestimmend hervortreten, zeigen sich Bestände anderer Amentaceen, namentlich solche von Salix- und Alnus-Arten auf nassem Boden, solche von Betula auf Sandboden und Hoch- . mooren etc.

Die Urticineen haben, im Vergleich zu den Tropen, als Bäume untergeordnete Bedeutung (Ulmus, Celtis, Morus); häufiger sind die krautigen Formen (Urtica, Parietaria, Humulus etc.).

Von den beiden Familien der Polygoninen fehlen die Piperaceen fast gänzlich, während die Polygonaceen weit zahlreicher sind als in den Tropen und namentlich in Grasfluren und an offenen Standorten auftreten.

Centrospermen: Die Chenopodiaceen sind als unscheinbare Sträucher und Kräuter, sehr selten als kleine Bäume, auf salzreichem Boden, namentlich solchem der Steppen und Wüsten, aber auch an gedüngten Standorten ungemein häufig und sehr formenreich. Die Caryophyllaceen liefern in beiden Zonen, in der südlichen nur als Alsinoideen, wichtige Bestandtheile der Grasfluren und des krautigen Bodenflors der Gehölze. Die Nyctaginaceen sind in den warm- temperirten Gürteln Amerika's vertreten und die Aizoaceen sind namentlich wichtige Bestandtheile der südafrikanischen Flora.

Unter den Polycarpiern nehmen die rein mesothermen Ranun- culaceen in den temperirten Zonen, vornehmlich in der nördlichen, den ersten Rang ein. Die Magnoliaceen sind durch einige Waldbäume in Japan und Nord-Amerika vertreten, nur die verbreitete Drimys Winteri erreicht das australe Amerika. Die Lauraceen überschreiten beide Wendekreise und bilden wichtige Bestandtheile der warmtemperirten Gehölze, dagegen sind sie in den kalttemperirten nur durch ein paar Arten vertreten (Laurus Sassafras in Nord- Amerika).

Die Rhoeadinen sind, mit Ausnahme der Capparidaceen, in überwiegender Mehrzahl mesotherm und namentlich durch Cruciferen in beiden temperirten Zonen reich vertreten. Die Papaveraceen und Fumariaceen sind beinahe ausschliesslich nordtemperirt , die Cappa- ridaceen auf die trockenen Gebiete der warmen Gürtel beschränkt und die wenigen Resedaceen vorwiegend mediterran.

Von den Familien der Cistifloren sind die Cistaceen mesotherm und vorwiegend Bewohner der Mediterranländer, die Violaceen in beiden temperirten Zonen vertreten, die vorwiegend tropischen Tern- stroemiaceen erreichen ihre Nordgrenze in China und Japan (Cameilia), die Tamaricaceen 'bewohnen hauptsächlich die Mediterranländer und centralasiatischen Wüsten.

Die für sich allein die Ordnung der Opuntinen bildende amerikanische Familie der Cactaceen ist nicht bloss zwischen den Wendekreisen, sondern auch in den warmtemperirten Gürteln reich

I. Allgemeine Charakteristik der temperirten Klimate und ihrer Wirkungen. 455

vertreten und für die Wüstenfloren namentlich Nord-Amerika's von hervorragender physiognomischer Bedeutung.

Die temperirten Columniferen gehören vornehmlich zu den Malvaceen, welche in strauchigen und krautigen Formen sowohl austral wie boreal vorkommen. Die einzige grössere Tiliaceen-Gattung ausser- halb der Tropen ist Tilia; ihre Arten sind Waldbäume der nord- temperirten Zone. Die ganz vorwiegend tropischen Sterculiaceen sind durch die Lasiopetaleen im temperirten Australien vertreten.

Die Gruinalen besitzen, obwohl der Mehrzahl nach mesotherm, für die Zusammensetzung der Pflanzendecke nur untergeordnete Be- deutung, mit Ausnahme der Geraniaceen, die in beiden Hemisphären, ganz besonders aber am Kap (Pelargonium) zahlreiche Arten aufweisen. Die übrigen temperirten Gruinalen gehören zu den Linaceen, Oxalida- ceen, Balsaminaceen und den auf das Kapland beschränkten Treman- draceen.

Die Terebinthinen sind mit wenigen Ausnahmen wärme- bedürftig und daher, in ihren mesothermen Formen, auf die Gürtel der milden Winter beschränkt, wo sie trockene Gebiete in grosser Zahl bewohnen. Die Zygophyllaceen sind vornehmlich Halophyten der Wüstengebiete beider Hemisphären, die Rutaceen sind, namentlich als Sträucher, Hauptbestandtheile xerophiler Gehölze, namentlich in Süd- Afrika und Australien. Die vorwiegend tropischen Anacardiaceen spielen eine ähnliche Rolle wie die Rutaceen, sie sind aber namentlich für die Mediterranflora wichtig (Pistacia, Rhus, letztere Gattung auch nordamerikanisch und ostasiatisch).

Die Aesculinen sind durch baumartige Acer- Arten in den nord- temperirten Wäldern, namentlich denjenigen Nord-Amerika's, China's und Japan's vertreten. Die Hippocastanaceen sind ebenfalls vor- wiegend nordamerikanisch, Aesculus Hippocastanum ist jedoch von Griechenland bis nach Nordindien verbreitet. Sapindaceen sind nur wenige vorhanden.

Die Frangulinen steuern namentlich zu der Strauchvegetation beider temperirten Zonen zahlreiche Arten bei, z. B. hauptsächlich in Amerika, Hex -Arten (Aquifoliaceen) , ferner verschiedene Celastraceen, wie Evonymus -Arten in der nördlichen Zone, Gymnosporia- Arten in Süd-Afrika, endlich zahlreiche, namentlich zu den Gattungen Rhamnus (Europa, Nord- Asien), Phylica (Kapland), Ceanothus (Kalifornien) ge- hörende Rhamnaceen. Die vorwiegend tropischen Vitaceen sind meist als Lianen, aber auch in abweichenden Formen in den warmen tem- perirten Gürteln vertreten. Vitis vinifera ist in den Mittelmeerländern, die meisten anderen Vitis-Arten sind in Nord-Amerika heimisch.

Trikokken: Die Euphorbiaceen haben für die temperirten Floren nicht eine gleich hohe Bedeutung wie für die tropischen; doch haben

456 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

einige ihrer Arten, namentlich solche der Gattung Euphorbia, grosse Verbreitung in den verschiedensten Formationen. Buxus sempervirens (Mediterranländer, atlant. Europa) und Empetrum nigrum (nördl. temp. und polare Zone) sind die hauptsächlichen Vertreter der Buxaceen und Empetraceen.

Die Thymela einen (Thymelaeaceen , Penaeaceen, Proteaceen) sind ganz vorwiegend mesotherm, aber ihrer Hauptmasse nach an die wärmeren Gürtel gebunden. Ihre Hauptverbreitung haben sie in den trockenen Gebieten des Kaplands und Australiens.

Umbellifloren: Die Umbelliferen sind beinahe ausschliesslich mesotherm und liefern einen Hauptbestandtheil der Flora in der nörd- lichen und der südlichen temperirten Zone, namentlich in den Grasflur- formationen. Von den drei Unterfamilien, in welche Drude die Um- belliferen eingetheilt hat, sind nach ihm die Hydrocotyloideae austrat, die Saniculoideae austral und boreal vermischt, die Apioideae in der Hauptmasse ihrer Gattungen boreal. Die Araliaceen sind zum grossen Theile makrotherm, jedoch noch in den wärmeren Gebieten jenseits der Wendekreise reich vertreten. Europa besitzt nur eine Art, Hedera Helix. Die kleine Familie der Cornaceen ist beinahe ausschliesslich nordtemperirt.

Unter den Saxi fraginen sind die Crassulaceen vorwiegend Be- wohner trockener, warmer Gebiete und im Kapland am stärksten ent- wickelt. Die wenig homogenen Saxifragaceen sind durch ungleiche Formenkreise in beiden temperirten Zonen vertreten, ebenso die Hamamelidaceen. Einige verwandte Familien (Cunoniaceen, Bruniaceen, Pittosporaceen) sind vornehmlich in der südlichen Zone heimisch.

Rosifloren: Die Rosaceen sind beinahe ausschliesslich meso- therm und ein wichtiger Bestandtheil namentlich der nordtemperirten Flora; die südliche temperirte Zone besitzt nur wenige, allerdings theilweise artenreiche Gattungen (Acaena in Süd- Amerika, Cliffortia am Kap). Die Rosen, die Prunoideen und Pomoideen sind ausschliesslich boreal.

Von den drei Familien der Leguminosen haben die Papiliona- ceen bei weitem die grösste Bedeutung für die temperirten Zonen ; sie sind in denselben überall und in den verschiedensten Formationen reich vertreten. Die Mimosaceen sind auf die warmtemperirten Gürtel beschränkt und für die xerophilen Gehölze namentlich Süd-Afrika's, Australiens (Acacia) und Argentiniens (Mimosa) von hervorragender Bedeutung. Nur wenige Caesalpiniaceen überschreiten die Wendekreise (Cercis, Ceratonia Siliqua, Gleditschia).

Unter den Myrtifloren nehmen die Myrtaceen in den tem- perirten Zonen wie in den tropischen den ersten Rang ein; sie sind auf die wintermilden Gürtel beschränkt und spielen nur in Australien

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458 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

eine hervorragende Rolle (z. B. Eucalyptus). Die Onagraceen sind namentlich westamerikanisch (z. B. Fuchsia) und die Lythraceen, ob- wohl überall vertreten, nirgends maassgebend. Punica bewohnt das westliche warmtemperirte Asien.

Die Hysterophyten sind für die temperirten Floren noch un- wichtiger als für die tropischen. Sie sind auf wenige Aristolochiaceen, Santalaceen und Loranthaceen und ganz vereinzelte Rafflesiaceen und Balanophoraceen beschränkt.

Die Ericaceen besitzen in Calluna vulgaris und verschiedenen Eriken gesellig wachsende Arten, welche die namentlich im nördlichen kalttemperirten Gürtel ausgedehnten , Heiden genannten Gesträuch- formationen bilden. Die meisten Arten von Erica sind jedoch kap- ländisch. Auch Nordamerika ist sehr reich an Ericaceen. Die Epacri- daceen sind charakteristische Bestandtheile der südlichen temperirten Zone, namentlich Australiens und fehlen in der nördlichen durchaus.

Von den drei Familien der Primulinen fehlen die Myrsinaceen in den temperirten Zonen vollständig, während die rein mesotherme Familie der Primulaceen zahlreiche Arten aufweist und diejenige der Plumbaginaceen eine Hauptrolle in Steppen und Wüsten mit salzreichem Boden, ausserdem auch auf dem Meeresstrande spielt. Beide Familien sind vorwiegend boreal.

Die Contorten besitzen einen beinahe rein mesothermen Formen- kreis in den Gentianaceen, welche, durch Arten von Gentiana vertreten, beide temperirte Zonen bewohnen und einen vorwiegend mesothermen in den Oleaceen, deren Heimath vorwiegend die ostasiatischen und nordamerikanischen Waldgebiete sind. Die in den Tropen formen- reichen Familien der Asclepiadaceen und Apocynaceen treten in den temperirten Zonen sehr zurück, die Loganiaceen fehlen beinahe gänzlich.

Die Tubifloren sind in ihren Familien der Boraginaceen (mit Ausschluss der Cordiaceen), der Polemoniaceen und Hydrophyllaceen ganz vorwiegend Bewohner der temperirten Breiten, die beiden letzten vorwiegend in Amerika. Die Convolvulaceen sind weniger zahlreich als in den Tropen.

Die Scrophulariaceen stellen den vorwiegend mesothermen Formen- kreis unter den Personaten dar und sind in beiden temperirten Zonen reich vertreten, während die Solanaceen viel weniger zahl- reich sind als in den Tropen. Die kleineren Familien der Orobancha- ceen, Utriculariaceen , Plantaginaceen kommen wenig, die beinahe rein makrothermen , grossen Formenkreise der Bignoniaceen, Gesneraceen, Acanthaceen noch weniger in Betracht.

Von den beiden Familien der Labiatifloren ist diejenige der Ver- benaceen vorwiegend makrotherm und nur für die warmtemperirten Gürtel von einiger Bedeutung, während die Labiaten hauptsächlich

Literatur. 450

mesotherm sind und in zahlreichen, theilweise sehr häufigen Arten auf- treten. Besonders weisen sie in den Mediterranländern eine reiche Entwicklung auf.

Rubiinen: Die in den Tropen mächtig entwickelte Familie der Rubiaceen tritt in den temperirten Zonen ganz zurück und ihre Formen sind ganz vorwiegend krautig. Die viel kleineren Familien der Caprifolia- ceen und Valerianaceen sind zwar beinahe rein boreal-mesotherm, aber nirgends wichtige Bestandtheile der Pflanzendecke.

Die Compositen spielen in den temperirten Floren eine mindestens ebenso grosse Rolle wie in den Tropen; auch hier bevorzugen sie die Grasflurgebiete. Ihre Unterfamilien bewohnen theilweise beide Zonen, theilweise ausschliesslich oder hauptsächlich die eine. So sind die Ligulifloren und die Cynareen vorwiegend boreal, die Labiatifloren austral, letztere nahezu auf Amerika beschränkt. Die beiden anderen Familien der Aggregaten sind mesotherm und zwar die Dipsacaceen vorwiegend nordtemperirt, die Calyceraceen südamerikanisch.

Literatur.

Die klimatischen Angaben stützen sich vornehmlich auf Hann's Hand- buch der Meteorologie, 2. Aufl. 1897, und dessen Atlas der Meteorologie, 1887, auch auf Woeikof, Die Klimate der Erde, Jena 1887. Die Angaben über geographische Verbreitung der mesothermen Formenkreise sind den Natürlichen Pflanzenfamilien von Eng ler und Prantl entnommen.

IL Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen.

Einleitung. 1. Stoff- und Kraftweohsel der mesothermen PfLansen in verschiedenen Jahreszeiten« § i. Die Periodicität beim Kirschbaum. Aeusser- lich sichtbare Vorgange. Entwickelung der Blüthenknospen beim Kirschbaum. Grosse Periode und Temperatur. Ruhezeit und Temperatur. Die Kohlehydrate in den activen und in den ruhenden Perioden. Wirkungen der Temperatur auf Lösung und Regeneration der Stärke. § 2. Stärkebäume und Fettbäume. Ursachen von Entstehung und Verschwinden des Fettes. § 3. Theorie des Forcirens. Die beiden Zustände des Protoplasma. Der ruhende Zustand durch niedere Temperaturen verlängert Unterdrückung der Ver- längerung. Ökologisches Temperaturoptimum in der activen Periode mit den natürlichen Temperaturen im Einklang. § 4. Periodicität krautiger Gewächse. Das Sass- werden der Kartoffel. § 5. Kälte und Trockenheit. Aehnliche Wirkungen von Winter und Trockenzeit. 2. Periodische Vegetationsbüder. § 1. Allgemeines. Winterliche Erscheinungen. Winterblüthler in Japan. Kälte und Blüthenentwickelung. § 2. Periodische Erscheinungen in den südlichen temperirten Zonen. Chile. Kapland. Südaustralien.

Schon in geringer Entfernung der Wendekreise, ja, stellenweise, z. B. in Süd -China, noch innerhalb derselben, macht der periodische Wechsel der Temperatur seinen Einfluss auf denjenigen der Vegetation geltend. Bei sonst gleich günstigen Verhältnissen der Feuchtigkeit ist eine Verlangsamung in den Erscheinungen des Pflanzenlebens unver- kennbar und die Blüthezeiten zeigen einen unzertrennbaren Zusammen- hang mit der Abwechselung kalter und warmer Jahreszeiten. Besonders deutlich zeigt sich solche Abhängigkeit bei Pflanzen, die aus höheren in niedrigere Zonen verpflanzt worden sind. So verhalten sich die periodischen Erscheinungen unserer Laubbäume in Madeira, wo die Mitteltemperatur des kältesten Monats (Januar) 150, die des wärmsten (August) 22,2° beträgt, in Bezug auf ihre periodischen Erscheinungen ähnlich wie in der Heimath und Viola odorata erzeugt in St. Catharina (Süd-Brasilien) ihre Insektenblüthen von März bis December, im Hoch- sommer aber meist nur kleistogamische Blüthen (Fr. Müller).

IL Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen. 46 1

Je niedriger die Wintertemperaturen werden, desto grösser wird natürlich der Unterschied der Vegetation in der kalten und der heissen Jahreszeit, namentlich bei feuchtem Sommerklima. In Gebieten mit trockenem Sommer, z. B. in den Steppen, noch mehr aber in den Wüsten, kommt neben dem Unterschied der Temperatur derjenige der Feuchtigkeit wesentlich zur Geltung.

Die nachfolgenden Erörterungen beziehen sich hauptsächlich auf den kühlen Gürtel der nördlichen temperirten Zone, da es für den war- men oder subtropischen Gürtel derselben bis jetzt an genaueren physio- logischen Untersuchungen fehlt; übrigens handelt es sich gewiss auch dort um die gleichen Erscheinungen wie weiter nördlich, nur in weniger ausgeprägter Form.

1. Stoff- und Kraftwechsel der mesothermen Pflanzen in verschiedenen Jahreszeiten.

§ 1. Die Periodicitat beim Kirschbaum. Von einer Schilderung der auch ohne genauere Untersuchung wohl sichtbaren periodischen Erscheinungen, wie Belaubung und Entlaubung, Blüthenentfaltung und Fruchtreife soll hier, da es sich um allgemein bekanntes handelt, ab- gesehen werden. Hingegen hat man erst in neuester Zeit, durch An- wendung des physiologischen Experiments und des Mikroskops be- gonnen, eine tiefere Einsicht in diese Vorgänge zu gewinnen und damit den Weg zu einer Erklärung derselben anzubahnen. Eine ein- gehendere Berücksichtigung dieser Untersuchungen an dieser Stelle wird hoffentlich zur Veranstaltung ähnlicher Beobachtungen und Ex- perimente in anderen Klimaten die Anregung geben.

Die periodischen Erscheinungen im kühltemperirten Klima scheinen in der ganzen Pflanzenwelt, abgesehen von den Annuellen und den wenigen immerblühenden Gewächsen, im Ganzen einen ähnlichen Ver- lauf zu nehmen. Doch zeigen sich in Einzelheiten mannigfache Unter- schiede, so dass es sich empfiehlt, zunächst ein bestimmtes Beispiel ins Auge zu fassen. Die Süsskirsche, Prunus avium, erscheint dazu besonders geeignet, indem sie von verschiedenen Autoren, namentlich von Askenasy und A. Fischer, eingehend untersucht, von anderen wenigstens berücksichtigt wurde und ausserdem als Typus für die Mehrzahl unserer Laubbäume gelten kann.

Die active und die ruhende Jahresperiode des Kirschbaums um- fassen, bei oberflächlicher Betrachtung, in Süd- und Mitteldeutschland je etwa 6 Monate, indem die erstere ungefähr von Mitte April bis Mitte October, letztere während des Restes des Jahres dauert. Während der Ruheperiode sind die Zweige entlaubt und tragen nur beschuppte

J.Ö2 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Knospen, welche, wie nachher gezeigt werden soll, beinahe stets in Wachsthum begriffen sind. Allerdings ist letzteres meist ein äusserst langsames und wird erst gegen Ende der Ruheperiode ohne genaue Messung als Schwellung bemerkbar.

Die auffalligsten Zeitpunkte während der activen Periode sind, für die reproductive Sphäre, die Blüthezeit im April oder Mai und die Fruchtreife im Juni oder Juli. Die äusserlich sichtbaren vegetativen Erscheinungen *) zerfallen in eine Periode des Wachsthums der Laub- knospen (April Mai), eine solche der Assimilation, während welcher Axen und Wurzeln in die Dicke wachsen *) und die Winterknospen ausgebildet werden (Mai September), endlich in eine Periode der Verlangsamung und des Verfalls, die in dem herbstlichen Laubfalle ihren Abschluss findet

Unter allen diesen Erscheinungen hat sich die Entwickelung der Knospen, speciell diejenige der Blüthenknospen, als am besten geeignet erwiesen, die periodischen Erscheinungen in ihren einzelnen Momenten kennen zu lernen.

Nach Askenasy, welcher die erste gründliche Untersuchung dieser Verhältnisse ausführte, zerfallt die Entwickelung der Blüthenknospen des Kirschbaums in zwei Perioden, die durch eine Periode der Ruhe oder besser des äusserst schwachen Wachsthums getrennt sind. Die Ruheperiode dauert in Heidelberg etwa von Ende October bis Anfang Februar, also ungefähr ixf% Monate; sie ist demnach bedeutend kürzer als die durch die auffallenderen Erscheinungen des Laubfalls und der Knospenentfaltung begrenzte Periode, die gewöhnlich als Ruheperiode bezeichnet wird.

Die nächstjährigen Knospen werden bereits zur Blüthezeit, die Blüthen im Laufe des Juli angelegt. Die Zunahme der Knospen in der ersten Wachsthumsperiode, d. h. während des Sommers und Früh- herbstes bis zum Eintritt in die Ruheperiode, wo sie beinahe null wird, ist eine sehr langsame und gleichmässige.

Zu Beginn der zweiten oder frühjährlichen Wachsthumsperiode ist die Zunahme anfangs noch langsam, sie wird aber allmählich schneller, schliesslich so schnell, dass die Blüthenknospen, gegen das Ende ihrer Entwickelung, in 6 10 Tagen um das Doppelte bis Dreifache ihres Frischgewichtes zunehmen. Das Wachsthum wird bis kurz vor Er- reichung des fertigen Zustandes ununterbrochen beschleunigt, unmittelbar vor dem Schlüsse jedoch verlangsamt. Die ganze Entwickelung stellt demnach ein ausgezeichnetes Beispiel der Sachs'schen grossen Wachs- thumsperiode dar.

l) Askenasy, 1. c.

*) Die Wurzeln setzen nach Mohl ihr Dickenwachsthum, wenn auch sehr abgeschwicht im Winter fort.

II. Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen. 463

Wasser ist an der Zunahme der Knospen natürlich mehr betheiligt als Trockensubstanz. Vom Gesammtgewicht frisch aufgeblühter Knospen kommen 7/8 auf Rechnung des frühjährlichen , 1/8 auf Rechnung der sommerlichen Wachsthumsperiode. Die Trockengewichte hingegen verhalten sich wie 8/4 und 1/4. Einhundert Knospen nehmen während der Frühjahrsperiode um 6 Gr. Trockengewicht zu. Besitzt der Baum 200000 Blüthenknospen eine meist zu niedrig gegriffene Schätzung so ist zu deren Ausbildung 12 Kilogramm Trockensubstanz noth- wendig.

Die durch ihre plötzliche scharfe Steigerung ausgezeichnete Wachs- thumscurve der Kirschenblüthe ist nur zeitweise und dann auch nur bis zu einem gewissen Grade von der Temperatur abhängig. Ein Ein- fluss der letzteren ist während der Sommerperiode nicht nachweisbar, aber auch während der Frühjahrsperiode vermögen Schwan- kungen der Temperatur den Verlauf der Wachsthumscurve nicht zu ändern. In anderen Worten, wenn die Februartemperatur höher ist, als die des März, so wird das Wachsthum im März doch energischer sein als im Februar und mit zunehmender Schnelligkeit vor sich gehen. Vergleicht man jedoch mehrere Jahrgänge mit einander, so kommt der Einfluss der Temperatur sehr deutlich zum Vorschein, indem die Curve in einem nassen Frühjahr steiler ist und früher zur Blüthezeit fuhrt, als in einem kalten. Allerdings hat Askenasy mit sehr niedrigen Temperaturen, wie sie im März nicht selten sind, nicht ge- rechnet; welchen Verlauf die grosse Periode annimmt, wenn im Früh- jahr leichtes Frostwetter auftritt starker Frost tödtet bekanntlich die wachsenden Knospen bleibt zu untersuchen.

Noch auffallender als in den Erscheinungen der grossen Periode zeigt sich das Ueberwiegen innerer Eigenschaften über die Wirkungen der Temperatur in dem Umstände, dass eine Erhöhung der letzteren im Oktober die Ruheknospen nicht zur Wiederentwicklung veranlasst, während sie es von Ende November an thut und sich um so wirksamer zeigt, als bei Beginn des Versuchs das Ende der normalen Ruhezeit näher war. Die Erscheinung lässt sich nicht auf inzwischen statt- gehabtes Wachsthum zurückfuhren, denn die Gewichtszunahme der Knospen von Anfang Oktober bis Ende November ist kaum merklich und die Stiele der Knospen verbleiben anscheinend auf der gleichen Stufe der Entwickelung.

Zur Illustrirung des eben Gesagten sei nach Askenasy folgende kleine Tabelle über das Treiben von Kirschbaumzweigen mitgetheilt, in welcher allerdings, weil der Versuch erst im December begonnen wurde, frühe Daten fehlen.

464 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Datum des

Erste

Anzahl

Einsteilens im Warmhause

geöffnete Bltithe

der verflossenen Tage

14. December

10. Januar

27

10. Januar

28. Januar

18

2. Februar

19. Februar

17

2. März

14. März

12

11. März

21. 22. März

«V.

23. März

31. März

8

3. April

8. April

5

Der äusseren, in den Wachsthumserscheinungen zum Vorschein treten- den Periodicität entspricht im Innern eine solche der Stoffwechsel Vorgänge.1) Vom Augenblicke an, wo die Laubblätter ausgewachsen sind bis zum herbstlichen Laubfalle, fliesst ein ununterbrochener Strom von Assimi- laten aus den grünen Zellen in die Aeste und den Stamm herab. Die stickstofffreien Assimilate, die wir allein berücksichtigen, weil die stick- stoffhaltigen zu wenig bekannt sind, wandern in Form der leicht dif- fundirbaren Glycose; unterwegs wird dieselbe allerdings zeitweise in Stärke (transitorische Stärke) umgewandelt.

Die Bahn dieses Glycosestroms ist überall die gleiche. Sie ist in den Blättern durch die langgestreckten Parenchymzellen der Nerven und des Stiels (Leitscheide) gekennzeichnet und ist in den Axen auf das Parenchym der Rinde beschränkt. Aus der Rinde dringt der Strom in horizontaler Richtung in das Holz hinein, wo die Parenchymzellen sich allmählich mit Stärke füllen, während die Gefässe die von ihnen aufgenommene Glycose als solche bewahren. Eine Abwärtsbewegung der Assimilate im Holze findet nicht statt.

Der Beginn des Laubfalls bezeichnet für den Baum den Zeitpunkt, in welchem er die grösste Menge Assimilate ent- hält (Herbstmaximum). Von nun an, bis zum Beginn der nächsten Vegetationszeit wird eine fortdauernde, zunächst langsame, schliesslich sehr schnelle Abnahme derselben stattfinden.

Gleich nach Erreichen ihres Herbstmaximum, welches speciell auch dasjenige der Stärke ist (herbstliches Stärkemaximum) zeigen die Assimilate der Axen folgende Vertheilung: Das Parenchym der Rinde, namentlich in den Markstrahlen, ist reich an Stärke und Glycose. Das Cambium entbehrt beider. Das Holz enthält viel Stärke, aber keine Glycose in seinen lebenden Zellen, viel Glycose, aber keine Stärke in den Gefässen. Die Markgrenze ist reich an beiden Stoffen, dagegen befinden sich solche im Mark nur stellenweise.

Kurz nach dem Laubfalle verschwindet die Stärke in der Rinde gänzlich, indem sie theils in Glycose und etwas Fett, theils in noch unbekannte Körper (Zuckerarten) umgewandelt wird. Das Holz ist

*) Alf. Fischer 1. c.

II. Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen. 465

etwas weniger reich an Glycose als im Sommer, zeigt aber keine merk- liche Abnahme seines Stärkegehalts.

Die Knospen enthalten zur Zeit des Stärkemaximum keine Glycose, dagegen in den Schuppen und noch mehr im Mark reichlich Stärke. Die embryonalen Organe sind frei von Stärke und Glycose.

Gegen Schluss des Winters, noch bevor äusserlich sichtbare Ver- änderungen den Beginn der Vegetationszeit anzeigen, beginnt es sich im Innern des Baumes zu regen. Die stärkefreie Rinde füllt sich wieder mit Stärke an und zwar natürlich auf Kosten der Glycose und der im Herbst entstandenen unbekannten Körper (frühjährliches Stärkemaximum). Dieser Zustand ist von kurzer Dauer. Die Stärke wird wieder theil- weise in Glycose umgewandelt und diese fliesst den Gefässen zu. In den letzteren setzt sich der Saftstrom jetzt in Bewegung und versieht die wasser- und nährstoffarmen Knospen mit Wasser und Glycose.

Auch in den Knospen haben während des Winterschlafs Bewegungen der Reservestoffe stattgefunden. Die Stärke hat das Mark, wo sie an- fangs so reichlich vorhanden gewesen , verlassen und ist nun in den embryonalen Blättern und Blüthen, wo sie bisher fehlte, angehäuft. Sie stellt einen Reservestoff dar und reicht für die ersten Stadien der Knospenentfaltung, nämlich bis zum Schluss der Schwellungsperiode eben aus. Das später stattfindende rasche und ergiebige Wachs- thum geschieht, bis zur Erreichung des fertigen Zustandes, auf Kosten der durch die Gefässe aus den Aesten und dem Stamme zugeführten Glycose.

Die Entfaltung der Knospen beansprucht einen beträchtlichen Theil der in den Axen aufgespeicherten Kohlehydrate. Namentlich weist die Stärke, welche unmittelbar vorher so reichlich vorhanden war, eine ge- waltige Abnahme, welche allerdings zum Theile auf die Umwandlung in nicht verbrauchte Glycose zurückzuführen ist. Dieses Frühjahrs- minimum der Kohlehydrate, speciell der Stärke, ist von kurzer Dauer, indem recht bald neue Mengen von Assimilaten durch die Thätigkeit der jungen Blätter erzeugt und den Reservespeichern zugeführt werden. Damit beginnt die Ansammlung, welche im Herbstmaximum gipfeln wird.

Es sind im Vorhergehenden Vorgänge des Stoffwechsels geschildert worden, die sich zumTheile in der Ruheperiode, während der kühlen und kalten Jahreszeiten abspielen. Es fragt sich in wiefern dieselben von der Temperatur1) direkt abhängig oder durch innere erbliche Eigenschaften bedingt sind. Das Experiment zeigt, dass beide Ursachen dabei mitwirken.

Das Schwinden der Stärke in der Rinde am Anfang des Winters ist eine unmittelbare Wirkung niederer Temperaturen, denn es unter-

l) Vgl. S. 54.

Seh im per, Pflanzengeographie. 30

466 Zweiter Abschnitt: Die temperirteo Zonen.

bleibt in Baumzweigen, die während der betreffenden Zeit höheren Temperaturen, im Zimmer oder im Gewächshaus ausgesetzt sind. Die Regeneration der Stärke ist ebenfalls eine Function der Temperatur, denn sie stellt sich bei hinreichender Höhe derselben (Minimum 4- 5 ° C, Optimum 25 30 °) schon nach wenigen Stunden ein und zwar sogar in den kleinsten Rindenstücken, soweit dieselben nur unversehrte Zellen besitzen. Abkühlung solcher Aeste, in welchen die Regeneration der Stärke stattgefunden hat, bis auf -f- C. herab, bedingt abermaliges Schwinden der Stärke.

Der Zusammenhang zwischen den eben geschilderten Erscheinungen und der Temperatur ist einleuchtend, doch ist letztere nicht allein maassgebend, denn die Stärke müsste sonst auch im Sommer bei künstlicher Herabsetzung der Temperatur aufgelöst werden. Dieses ist aber nicht der Fall.

§ 2. Stärkebäume und Fettbäume. Die Holzgewächse der kühlen temperirten Zonen verhalten sich sämmtlich, soweit bekannt, in den Hauptzügen dem Kirschbaume ähnlich. Im Einzelnen jedoch zeigen sich manche Abweichungen. Abgesehen von allgemein bekannten äusseren Unterschieden der Periodicität, ist auf Grund des winterlichen Zustandes, seit den Untersuchungen Russow's, eine Gruppe der Stärke- bäume und eine solche der Fettbäume aufgestellt worden. In der ersten, zu welcher vornehmlich hartholzige Bäume, u. a. auch der Kirschbaum gehören, wird am Beginn des Winters nur sehr wenig Fett auf Kosten der Stärke erzeugt, die sich in der Rinde in Glycose und unbekannte Körper umwandelt, im Holze aber unverändert bleibt In der Gruppe der Fettbäume, die namentlich weichholzige Arten, wie Nadelhölzer, Birken und Linden umfasst, wird die gesammte Stärke der Rinde und des Holzes in Fett umgewandelt und dieser Zustand dauert bis zum Frühjahr, wo Regeneration der Stärke aus dem Fette stattfindet.

Die Fettbildung aus Stärke und die Stärkebildung aus Fett sind, ebenso wie die eben geschilderten Metamorphosen in der Rinde des Kirschbaums, einerseits an innere, nur während der Ruhezeit vorhandene Eigenschaften gebunden, andererseits von der Temperatur abhängig. Fettbildung bleibt in der Wärme aus und etwa vorhandenes Fett wird in Stärke umgewandelt.

§ 3. Theorie des Forcirens. Das Plasma der Gewächse temperirter Zonen besitzt zwei Zustände, einen activen und einen ruhenden, deren regelmässige periodische Abwechselung, wie in den Tropen, durch innere, erb- liche Eigenschaften bedingt ist und die sich unter Anderem durch ungleiches Verhalten der Temperatur

II. Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen. 467

gegenüber unterscheiden. Durch höhere Temperatur werden im activen Plasma Reize ausgelöst, die zu Wachsthumsvorgängen führen, während niedere Wärme- grade einen allgemeinen Stillstand des Wachsthums zur Folge haben. Der ruhende Zustand wird auch nicht durch Optimaltemperaturen zu Wachsthumserscheinungen an- geregt, dagegen reagirt er auf Tempera turwechsel durch Stoffmetamorphosen, die zum Theil durch niedere, zum Theil durch höhere Wärmegrade ausgelöst werden.

Der ruhende Zustand des Plasma ist von viel kürzerer Dauer als der active und erstreckt sich keineswegs auf die ganze normale Ruhe- periode, welche vielmehr, in ihrem zweiten und grösseren Theil, eine direkte Folge der niederen Temperatur darstellt und dementsprechend durch Temperaturerhöhung um diesen Theil abgekürzt werden kann. Das Treiben oder Forciren der Gewächse beruht auf diesem Um- stände. Der erste Theil der Ruheperiode dagegen, der beim Kirsch- baum von Mitte October bis Ende November, bei anderen Holz- gewächsen aber manchmal kürzer ist (z. B. Forsythia viridissima) oder länger (Fagus silvatica etc.) dauert, ist ausschliesslich durch innere Eigenschaften bedingt und weicht keiner Erhöhung der Temperatur. Es ist vollkommen nutzlos und sogar schädlich, das Treiben vor dem Ende dieser nothwendigen Ruheperiode beginnen zu wollen; die Knospen verharren auch bei günstigster Temperatur im winterlichen Stadium. Der Uebergang aus dem einen Zustande in den anderen ist ein langsamer und das Treiben geht dementsprechend um so schneller vor sich, als die Umwandlung des ruhenden Plasma in actives der Vollendung näher war. Letztere wird durch niedere Temperaturen be- schleunigt.

Die durch die Gärtnerei zu rein praktischen Zwecken ausgeführten, aber desswegen nicht minder verwerthbaren Experimente über be- schleunigte Entwickelung (Forciren) namentlich der obsttragenden Hölzer erweisen aufs Klarste das Vorhandensein einer von äusseren Einflüssen unabhängigen Ruheperiode. Sie haben aber ausserdem die Optimaltemperaturen für die Entwickelung der Blüthen und Früchte temperirter Bäume festgestellt und damit, allerdings ohne die verdiente Berücksichtigung zu finden, einem Wust falscher Vorstellungen über den Zusammenhang zwischen Temperatur und Periodicität den Garaus gemacht.

Die meisten Obstbäume sind erst nach einigen, den Uebergang zum activen Zustand beschleunigenden, Frösten zum Treiben geeignet, so dass letzteres z. B. für den Pfirsichbaum erst im Januar in Angriff genommen werden kann, während es in Belgien von November an ge- lingt. Dagegen wird der Weinstock schon durch Temperaturen etwas oberhalb des Nullpunkts in den treibfähigen Zustand versetzt.

30*

468 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Die Temperatur darf zu Anfang des Forcirens keineswegs eine hohe sein, sondern zunächst + bis C. nicht überschreiten. Sie wird allmählich erhöht, jedoch niemals wesentlich über die in der Natur während der entsprechenden Entwickelungsstadien herrschenden Grade. Höhere Temperaturen bedingen abnorme Erscheinungen, wie Ueber- verlängerung, mangelhafte Holzbildung, Verkümmerung der Blüthen etc. Namentlich müssen während der Blüthezeit und, bei den Steinfrüchten, während der Ausbildung des Steins die Temperaturen niedrig gehalten werden, da sonst Ablösen der Blüthen, bezw. der jungen Früchte statt- findet. Das Heranwachsen der Früchte beansprucht im Uebrigen höhere Temperaturen als die Entwickelung der Blüthenknospen , doch sind bei den Spätherbstfrüchten (Weintrauben) massige Temperaturen zuletzt wieder erforderlich.

Die Nachttemperaturen sind um 2 40 niedriger als die Tages- temperaturen zu halten, da Vergeilungserscheinungen sonst eintreten.

Es geht aus den eben erwähnten und aus anderen Erscheinungen hervor, dass die Optimaltemperaturen der Vorgänge des Längenwachs- thums oberhalb derjenigen anderer Vorgänge (Blüthenbildung , Holz- entwickelung etc.) liegen, sodass höhere Temperaturen die ersteren auf Kosten der letzteren begünstigen. Dem entsprechen die Erfahrungen bei den Culturen temperirter Holzgewächse in wärmeren Zonen vollständig; auch hier wird das Wachsthum stark beschleunigt.1) Das Licht wirkt ver- langsamend auf das Wachsthum und es ist wohl diesem Umstände zu- zuschreiben, dass die getriebenen Pflanzen am Tage und bei Sonnen- schein höhere Temperaturen ertragen als in der Nacht oder bei bewölktem Himmel.

Die Gesammtheit der Erfahrungen der Praktiker läuft darauf hinaus, dass die in der Natur während der Vegetationszeit herrschenden Tempe- raturgrade für unsere Obstbäume ungefähr dem Optimum der Blüthen- und Fruchtbildung sowie der Holzbildung entsprechen, aber unterhalb desjenigen der Wachsthumsvorgänge der Laubsprosse. In Folge dessen beschränkt sich das Forciren im Allgemeinen auf die Aufhebung der durch die niederen Temperaturen bedingten Theile der Ruheperiode und einer möglichst genauen Nachahmung der während der verschie- denen Stufen der normalen Vegetationsperiode herrschenden Tem- peraturen. Nur bei der Pflaume sind etwas höhere Temperaturen als die im mitteleuropäischen Frühjahr und Sommer herrschenden der Blüthen- und Frucht entwickelung günstig, so dass, im Gegensatz zu an- deren Obstbäumen, die Zeit von der Knospenentfaltung bis zur Frucht- reife erheblich abgekürzt werden kann.

Die schon an früherer Stelle mitgetheilte Tabelle der zum Treiben des

*) Vgl. S. 56 u. f.

II. Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen. 469

Pfirsichbaums geeigneten Temperaturen (nach Pynaert) möge, ihrer Wichtig- keit und Uebersichtlichkeit wegen, hier nochmals reproducirt werden.

Periode Tagestemperatur Nachttemperatur

C.

C.

Erste Woche

9— IO°

5-7°

Zweite Woche

IO— 12°

7~

Dritte Woche

12— 150

9—110

Bis zur Blüthe

15— 18°

11— 140

Blüthe

8—12°

6— io°

Nach der Blüthe

15-18°

11— 140

Bildung des Steines

12— 150

9—110

Nach der Bildung der Steine

16— 190

12-150

Reife

20 22°

15— 17°

Pynaert, S. 129

Was für unsere Obstbäume gilt, gilt gewiss auch von der grossen Mehrzahl unserer Holzgewächse, sowie von der einheimischen Flora. In anderen Worten, die Flora der temperirten Zonen befindet sich während der Vegetationszeit im ökologischen Temperatur- Optimum, sodass sämmtliche Functionen harmonisch neben- einander verlaufen. Dementsprechend bedingt, wie bereits an früherer Stelle gezeigt wurde, das Versetzen in Klimate mit höherer oder tieferen Temperaturen wenigstens im Anfang unharmonische Stö- rungen. Später findet bei gewissen Arten Akklimatisation durch Anpassung an die neuen Temperaturbedingungen statt,1) wenn letztere von denjenigen der Heimath nicht zu sehr abweichen.

§ 4. Periodicität bei krautigen Gewächsen. Dass die für die Holzgewächse festgestellten Thatsachen auch für die perennirenden Kräuter gelten, geht aus allen über dieselben bereits gewonnenen Er- fahrungen hervor, aus welchen namentlich das Auftreten einer durch innere Ursachen bedingten Ruheperiode und ähnliche Stoffmetamor- phosen, wie in Holzpflanzen, sich ergeben.

In sehr wichtigen Arbeiten hat H. Müller-Thurgau die Periodicität der Kartoffel näher beleuchtet Der bekannte süsse Geschmack gefrorener Kar- toffeln ist nicht, wie es gewöhnlich angenommen wird, eine Folge des Frostes, sondern stellt sich bei Temperaturen zwischen und +6°C. in Folge der Umwandlung eines Theils der Stärke in Zucker (Glycose, In vertose) ein. Müller glaubt die Erscheinung dahin deuten zu dürfen, dass in der Kartoffel fortwährend Stärkelösung und Stärkebildung vor sich gehen und dass der letztere Vorgang an höhere Temperaturen gebunden ist als der erstere, so dass es in der Nähe des Gefrierpunktes zu einer Anhäufung des Zuckers kommt, der bei höherer Temperatur in Stärke umgewandelt worden wäre. Gegen diese Deutung spricht der Umstand, dass die Zuckerbildung wesentlich an

*) Ueber Akklimatisation S. 56 u. f.

470 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

die winterliche Periode gebunden ist; in September und October tritt dieselbe nicht oder doch weit weniger intensiv auf, als später.

Wir haben es vielmehr offenbar mit ganz ähnlichen Erscheinungen zu thun, wie bei den Holzgewächsen. Auch hier wechseln im Plasma, in Folge innerer Ursachen, der winterliche und der sommerliche Zustand periodisch mit einander ab. Während des ersten rufen tiefe Temperaturen zwischen und -j- eine intensive Umwandlung der Stärke in Zucker hervor, während sie in der letzten nur schwach und erstarrend wirken. Aehnlich wie bei den Holzgewächsen, wird in hoher Temperatur die Stärke aus ihrem Umwandlungsprodukt, hier Zucker, regenerirt Die winterliche Zuckerbildung ist für die Weiterentwicke- lung der Kartoffel nicht nothwendig, wirkt aber auf dieselbe beschleunigend. Dass die Knospen der Kartoffel sich im Herbste nicht weiter entwickeln, muss auf anderen Ursachen beruhen. Sachs hat die anziehende Hypothese aufgestellt, dass es sich dabei und in anderen ähnlichen Fällen um die all- mähliche Entstehung von Fermenten handeln dürfte; eine experimentelle Prüfung dieser Vermuthung ist noch nicht versucht wordea1)

§ 5. Kälte und Trockenheit* Kalte Perioden zeigen in ihren Wirkungen auf die Vegetation unverkennbare Aehnlichkeit mit trockenen. Dass die Aehnlichkeit nicht scheinbar, sondern in der Organisation der Pflanze begründet ist, dafür spricht der Umstand dass beide Factoren die Periodicität oft in ganz ähnlicher Weise be- einflussen und einander ersetzen können. So wird das Forciren be- schleunigt, wenn vor Eintritt der Winterkälte das Wasser eine Zeit lang entzogen wird; die winterliche Ruheperiode tritt dann früher ein und kommt früher zum Abschluss.9) Andauernde Trockenheit be- schleunigt den Laubfall unserer winterkahlen Bäume. Die Knospen der Holzgewächse und Stauden werden während der Trockenzeit eben- sowenig durch Befeuchtung zur Entfaltung veranlasst, als die Winter- knospen durch höhere Temperaturen, solange ein bestimmter, durch innere Ursachen bedingter Zeitpunkt nicht erreicht ist. Die mit Reserve- stoffen reichlich versehenen Gewächse blühen in den Tropen vornehm- lich in der Trockenzeit und unmittelbar nach den letzteren, in den temperirten Zonen vornehmlich im Frühling. Viele Bäume, die normal nach der kalten Jahreszeit blühen, haben, nach einem trockenen Sommer, eine zweite schwächere Blüthe etc. Nähere Untersuchungen über den Stoffwechsel während der durch Trockenheit verursachten Ruheperioden der Vegetation werden zeigen, in wieweit diesen äusseren Analogieen solche in den Metamorphosen und Bewegungen der Reservestoffe ent- sprechen.

J) Vgl. namentlich auch Lidforss, 1. c.

*) Müller -Thurgau II, S. 901. Pynaert S. 263. Nach letzterem ist allerdings das Resultat nicht ganz sicher.

II. Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen. 471

2. Periodische Vegetationsbilder.

§ 1. Allgemeines. Die mit jeder Jahreszeit wechselnde Buntheit der Vegetationsbilder ist zum grossen Theil auf die periodischen Er- scheinungen zurückzufuhren. Die meist in die Augen fallenden Ver- änderungen in der vegetativen Region zeigen sich bei den Holzgewächsen mit herbstlichem Laubfalle. Jedoch ist auch das winterliche Gepräge immergrüner Gewächse in manchen Fällen von dem sommerlichen nicht unwesentlich verschieden, indem viele Coniferen eine braungelbe, andere, sowie einige Laubhölzer eine braunrothe Färbung annehmen. Solcher Farbenwechsel tritt erst in Folge des Frostes ein und ist auf die dem direkten Sonnenlichte ausgesetzten Blätter beschränkt. Die Vergilbung beruht auf partieller Zerstörung des Chlorophyllfarbstoffs, die Rothfärbung wird entweder durch ein rothes Pigment in den Chloro- phyllkörnern (Thuja, Buxus) oder durch Anthokyan im Zellsafte (Hex, Hedera, Mahonia etc.) bedingt.1) Manche Pinus-Arten erhalten dadurch ein characteristisches winterliches Aussehen, dass ihre Nadelbüschel sich, in Folge nicht näher bekannter physiologischer Ursache, den Zweigen andrücken.

Im Gegensatz zur holzigen Vegetation herrschen in den krautigen die immergrünen Arten vor, so dass die Wiesen in milden Wintern ihr frisches grünes Ansehen bewahren und nur durch anhaltende starke Fröste gelbe Farbentöne erhalten. Viele Kräuter entwickeln allerdings während des Winters Anthokyan, doch kommt solche Verfärbung, da sie den Gräsern meist fehlt, weit weniger als bei Holzpflanzen zur Gel- tung. Viele Stauden sind nur vorübergehend grün; das Absterben der oberirdischen Sprosse pflegt aber schon während des Sommers statt- zufinden und ist daher wohl auf innere Ursachen zurückzufuhren.

Blüthen fehlen bekanntlich zu keiner Jahreszeit gänzlich, indem bei milder Witterung manche Arten, wie Bellis perennis, Senecio vul- garis, Veronica hederaefolia etc. auch im Winter blühen. Wirkliche Winterblüthler fehlen allerdings in den ausgesprochen kalten Gürteln der temperirten Zonen, denn die eben erwähnten Arten sind Alljahrblüthler und in den wärmeren Jahreszeiten noch viel produktiver. Dagegen haben die wärmeren Gürtel eine Anzahl Gewächse, deren Blüthezeit in die Monate November bis Februar fallen. So berichtet z. B. Rein über die Winterflora Japan 's:

„Gegen Ende Oktober ist das sommergrüne Gehölz kahl, wie bei uns, und es gibt nur noch wenige Gewächse, die nicht ihre Winterruhe angetreten haben. Es sind dies vor allem wintergrüne Sträucher und

») Schimper 1. c. S. 166 u. f.

47 2 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Bäume . . . deren Florescenz in die ersten Wintermonate fallt. Hierher gehören Olea Aquifolium S. et Z., Aralia japonica Thbg. und einige andere Araliaceen, welche im November blühen, Thea chinensis Sims, und Camellia Sasanqua Thbg., deren Blüthezeit in den November und December fallt und bei denen schliesslich Nachtfröste die letzten Knos- pen zerstören, einige Arten Daphne, welche im Januar und Februar zur Blüthe kommen, und vor allem auch Camellia japonica, die in dieser Jahreszeit zuweilen den überraschenden Anblick gewährt, Blüthen und Schnee zugleich zu tragen, deren Blüthezeit sich aber bis in den April verlängert."

„Unter den Kräutern finden wir noch weniger Arten, deren Blüthe- zeit in den Spätherbst fällt oder gar in den eigentlichen Winter hinein- ragt, wie bei einigen Compositen, insbesondere bei Pyrethrum und Aster." *)

Auch in den wärmeren Gürteln treten die Winterblüthler zurück. Der Beginn der eigentlichen Blüthenperiode fällt gewöhnlich mit dem- jenigen der Vegetationszeit im Frühjahr zusammen und das Ende mit deren Ende im Herbste. Anfang und Ende sind in hohem Grade von der Temperatur abhängig und daher nicht nur an verschiedenen Orten im selben Jahre, sondern auch am selben Orte in verschiedenen Jahren ungleichzeitig. Doch erweist sich die innere Periode überall als starker als die äusseren Einflüsse, sodass das Erwachen der Vegetation sehr häufig bei tieferer Temperatur als ihr Einschlummern stattfindet.

Es ist bereits gezeigt worden,2) dass tiefe Temperaturen in den temperirten Zonen gewöhnlich die Entstehung der Reproduktionsorgane begünstigen und dass das Wachsthum der letzteren sich in sehr vielen Fällen innerhalb tieferer Wärmegrenzen vollzieht oder doch ein tiefer gelegenes Optimum besitzt, als dasjenige der Laubsprosse. Die experimentell festgestellten ungleichen Temperaturwirkungen auf die geschlechtliche und die vegetative Sphäre kommen auch in der Natur zum Vorschein, namentlich bei niederen Kryptogamen und Moosen, deren Geschlechtsleben sehr häufig mit dem Winter zusammenfallt, während die vegetative Thätigkeit in den warmen Monaten stattfindet. Bei den Phanerogamen ist der Zusammenhang in Folge einer Anzahl entgegenwirkender Umstände weniger klar. So vermögen viele krautige Pflanzen erst dann zur Blüthenbildung überzugehen, nachdem sie das nöthige Material assimilirt haben ; die Bildung der Assimilations- organe, ist aber, wie die Assimilation selbst, an höhere Temperaturen gebunden. Andere Gewächse wiederum sind an bestimmte Bestäuber angepasst und blühen zur Zeit, wo dieselben ihre Thätigkeit entfalten.

*) Rein 1. c. Bd. I, S. 155—156. a) S. 54 u. f.

II. Die periodischen Erscheinungen in den temperirten Zonen. 473

Trotz derartiger Einschränkungen, lässt sich der günstige Einfluss tiefer Temperaturen auf die Geschlechtsorgane auch in der Periodicität der Phanerogamen nicht verkennen, wenn nur solche Pflanzen, die die Bildungsstoflfe der Blüthen bereits in der vorhergehenden Vegetations- zeit erzeugen, in Betracht gezogen werden.

Dass die Mehrzahl der Stauden aus den Familien der Liliaceen,

Amaryllidaceen, Iridaceen in den temperirten Zonen FrühblüthJer sind,

ist zur Genüge bekannt; in den Mittelmeerländern gehören auch die

Orchideen und Araceen zu den ersten Frühlingsgewächsen. Aehnlich

verhalten sich viele Dicotylen mit nährstoffreichen Rhizomen oder

Wurzeln, wie Anemone, Helleborus, Eranthis, Corydalis, Ficaria etc.

Einige Knollenpflanzen blühen im Herbste, wie Colchicum autumnale,

Spiranthes autumnalis, Crocus sativus, Cyclamen europaeum. Auch

die Bäume sind der grossen Mehrzahl nach Frühblüthler und entfalten

vielfach ihre Blüthen früher, also bei tieferen Temperaturen als ihr Laub.

Die einheimischen Beispiele, zu welchen der Epheu als Nachblüthler sich

gesellt, sind hinreichend bekannt. Ich hatte in der so viel reicheren

Baumflora Nord -Amerika 's dieselbe Erscheinung bemerkt und eine

Zusammenstellung der Blüthezeiten der Bäume in Asa Gray's Flora der

nördlichen amerikanischen Staaten hat meine Erfahrungen bestätigt.

Von 141 Arten, von welchen es in der erwähnten Flora heisst, dass

sie baumartig oder Strauch- bis baumartig sind die eigentlichen

Sträucher habe ich nicht berücksichtigt haben 110 den Beginn ihrer

Blüthezeit von März bis Mai, 25 in Juni, 6 im Juli; im August findet

nur noch der Schluss der Blüthezeit einzelner Julibäume statt. Der

Zusammenhang zwischen der Entfaltung der Blüthen und den kühleren

Temperaturen erscheint namentlich auffallend, wenn man bedenkt, dass

das Frühjahr in den Nordstaaten Amerika's kälter ist, als in Süd- und

Mitteldeutschland, so dass der Mai in Boston kaum dem April am

Mittelrhein vergleichbar ist.

§ 2. Periodische Erscheinungen in der südlichen temperirten Zone. Die mir zugängliche Literatur enthält nur wenige Daten über die periodischen Erscheinungen in der südlichen temperirten Zone. Ein Aufsatz Hann's über das Klima Mittelchile's bringt folgende Angaben: Im Juni (unserem December entsprechend) blühen die Mandelbäume, die wilden Veilchen, Hyacinthen, Ranunkeln, Acacia cavenia. Im Juli und August: Datura arborea, Richardia aethiopica, Heliotropium (peruvianum ?). Im August blühen Kirschen, Pfirsiche, Pflaumen, Acacia lophanta, eine Fumaria und eine Anzahl einheimischer Amaryllideen und Anemonen. Birnen und Apfelbäume stehen in der ersten Septemberhälfte in Blüthe; die Feigenbäume, die lom- bardische Pappel sind voll belaubt zu Ende dieses Monats. Lilac, Gladiolus byzantinus, Nelken und eine Menge anderer Gartenpflanzen entfalten ihre Blüthen. Mitte November gelangen die ersten Erdbeeren zur Reife; die Olivenbäume blühen in diesem Monate. Weizen und Gerste werden im

474

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

December geerntet; Erdbeeren, Feigen, Kirschen, Melonen, Aprikosen reifen. Im März und April erntet man Bohnen, Capsicum, Kartoffeln; die Trauben werden reif zur Lese zwischen dem 10. und 20. April.

Temperatur und Regen in Santiago.

|Dec.

Jan.

Febr.

März

April

Mai

Juni

Juli | Aug. | Sept. | Oct ' Nov.

Temp. Cels.

18.2

18.9

18.4

16.4

131

9.6

7.8

7-3

8.3

10.7

1 3.0 1 15.8

Regen (mm)

6.4

O.O

1-3

2.5

13-7

51.6

IOQ.2

105.8

70.4

41.8

17.9,14.9

Reiche berichtet über die Vegetation am Rio Maule (ca. 35 ° s. Br.): „Der Beginn des Vegetationscyclus kann zweckmässig mit dem Aufblühen der Oxalis lobata gerechnet werden; es erfolgt im April, nach Beendigung der sommerlichen Dürre, und erreicht im Mai seinen Höhepunkt In dieser Zeit hat sich unter dem Einfluss der ersten Regen die bisher gelbbraune oder rothbraune, kahle oder mit verdorrten Resten der Vegetation bedeckte Steppe mit einem grünen Anfluge bedeckt ; er besteht aus Keimpflanzen von Erodium cicutarium, Lupinus microcarpus, Medicago dentulata sowie Blättern von Scilla, Achyrophorus , Soliva, Briza und anderen Gräsern. Während der Regenzeit selbst behält der Campo seine grüne, wenig von Blüthen unterbrochene Farbe bei ; hier und da tritt Stenandrium dulce (rosa) oder vom August ab Anemone decapetala (weiss oder blau) auf. Vom September ab bereichert sich das Bild mit jedem Tage ; zunächst fallen die zahlreichen feuerrothen Kronen des Habranthus phycelloides auf, zumal an den Bergabhängen; dann dominirt Triteleia porrifolia und im October und Anfang November, der Hauptblüthezeit des Jahres, ist es unmöglich, einzelne besonders hervorstechende Gewächse namhaft zu machen. Aber schon um dieselbe Zeit geben sich die ersten Anzeichen des Vertrocknens und Absterbens der Vegetation auf besonders exponirten Punkten kund, zumal durch das Verschwinden der Tillaea- Arten und der Poa annua. In derselben Zeit, von Ende September oder Anfang October ab, haben sich die blattwechselnden Bäume (Fagus obliqua, Pappeln, Obstbäume) mit neuen Blättern und eventuell Blüthen geschmückt Von Ende October an nimmt der Blüthenreichthum stetig ab; Alstroemeria Liglu und Habranthus chilensis, local mit den Compositen Triptilion spinosum und Cephalophora plantaginea, geben ihm nochmals bis in den December hinein dauernden Blüthenschmuck. Schliesslich bleiben Noticastrum Haplopappus, Madia sativa, Wahlenbergia linarioides, Cephalophora aromatica, Boisduvalia concinna mit gelegentlichen Nachzüglern anderer Art die letzten blühenden Kräuter in dem sonst braungelb gewordenen Gebiet Das Wiederauftreten der Oxalis lobata bezeichnet endlich den Eintritt der neuen Vegetationsperiode. In den mit zahlreichem Strauchwerk bestandenen Schluchten und in den Wäldern spielt sich dieser Wechsel weniger ausgeprägt ab ; doch ist er sowohl in der Staudenvegetation als auch in der Lebensthätigkeit der Holzpflanzen (Austreiben, Blühen, Reife) deutlich nachweisbar." (S. 26.)

Ebenso wie im mittleren Chile giebt es auch bei Kapstadt Blüthen xn allen Jahreszeiten, aber vornehmlich im Frühjahr; September ist der blüthen-

Auswahl der Literatur.

475

reichste Monat, der Herbst ist blüthenarm. Nach Thode ist der Winter (Mai Juli) durch die Blüthe der Oxaliden, der Frühling (August October) namentlich durch diejenige der Compositen, Iridaceen, Ficoideen, Proteaceen, der Sommer (November Januar) durch diejenige der Geraniaceen und Cras- sulaceen und der Herbst (Februar April) durch diejenige der Amaryllidaceen gekennzeichnet Auch das östliche Kapland hat hauptsächlich Frühjahrsblüthen.

Nach Behr blühen die krautigen Gewächse in Südaustralien kurz nach Schluss der Regenzeit, im Frühjahr die Eucalypten, Acacia retinodes, die Loranthen mitten in der Trockenzeit. Der Scrub blüht vornehmlich zu Beginn der Trockenzeit, im September, October und November, aber auch während der ganzen Dauer derselben; dagegen ist die Regenzeit sehr blüthenarm (Astroloma u. a.). Das Grasland entfaltet seinen ganzen Blüthenschmuck auf einmal, zu Anfang des Sommers.1)

In den im Vorhergehenden aufgezählten Gebieten, die theils Sommer- regen, theils Winterregen besitzen, macht sich überall ein nachträglicher günstiger Einfluss der kühlen Temperaturen auf die Blüthenentwickelung geltend. Im Uebrigen lassen sich nach so spärlichen Daten Rückschlüsse auf die wirksamen Factoren nicht ziehen.

Auswahl der Literatur.

Askenasy, E. Ueber die jährliche Periode der Knospen. Botanische Zeitung 1877.

Brandts, D. Effect of seasons upon the flowering of plants. Indian Forester 1882 u. Nature 1882.

Drude, O. Deutschlands Pflanzengeographie Bd. I, S. 425. (Da auch Lite- ratur über mitteleuropäische Phänologie.)

Candolle, A. de. Les effets d'une m&me tempdrature sur une meme espece au nord et au midi. Comptes rendus de l'Acaddmie des sciences. 1875. S. 1369.

Fischer, Alf. Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse. Pringheim's Jahrbücher Bd. XXII. 1890.

Gray, Asa. Manual of the botany of the northern United-States. Spedition. New- York 1868.

Hann, J. Beiträge zur Klimatologie von Südamerika. 3. Zeitschrift der österr. Gesellschaft für Meteorologie Bd. V. 1870.

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Ho ff mann, H. I. Phänologische Untersuchungen. Giessener Universitäts- programm. 1887.

EL. Witterung und Wachsthum oder Grundzüge der Pflanzenklimatologie. Giessen 1857.

*) 1. c. S. 552.

476 Zweiter Abschnitt: Die temperirtcn Zonen.

Jacob. Untersuchungen über zweites oder wiederholtes Blühen. Diss.

Giessen 1889. K i e n i t z. Vergleichende Keimversuche mit Waldbaum-Samen Mitteleuropa's.

Botan. Unters, v. N. J. C. Müller. Bd. II. 1879. Lidforss, Bengt. Zur Physiologie und Biologie der wintergrünen Flora.

Botanisches Centralblatt Bd. 68. 1896. Linsser. Die periodischen Erscheinungen des Pflanzenlebens. M&noires

de l'Acaddmie de Saint P&ersbourg. VII. S£rie. Bd. XI u. XIE Ludwig, Fr. Lehrbuch der Biologie der Pflanzen. Stuttgart 1895. M a r g i n , L. Observations sur le ddveloppement des fleurs dans les bourgeons.

Journal de botanique. Bd. II. 1888. Molisch, H. Untersuchungen über Laubfall. Sitzb. d. k. k. Akad. d

Wiss. z. Wien. Bd. XCIII. 1886. Müller-Thurgau, Herrn. I. Ueber Zuckeranhäufung in Pflanzentheilen

in Folge niederer Temperatur. Landwirtschaftliche Jahrbücher. Bd. XL

1882.

II. Beitrag zur Erklärung der Ruheperioden der Pflanzen. Ibid. Bd. XIV.

1883. Pynaert, Ed. Les serres-vergers. Traitd complet de la culture forcde et

artificielle des arbres fruitiers. 4C Edition. Gand 1888. Reiche, K. I. Zur Kenntniss der Lebensthätigkeit einiger chilenischen

Holzgewächse. Pringheim's Jahrbücher. Bd. 30. 1896.

IL Die Vegetationsverhältnisse am Unterlaufe des Rio Maule (Chile).

Engler's Jahrbücher. Bd. 21. 1896.

Rein, J. J. Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig 1881.

Schimper, A. F. W. Untersuchungen über die Chlorophyllkörner und die ihnen homologen Gebilde. Pringheim's Jahrbücher 1885.

Schübeier, F. C. Die Pflanzenwelt Norwegens. Christiania 1873 1875.

Thode, J. Die vier Jahreszeiten am Cap. Naturwiss. Wochenschrift 1892.

Warming, E. Beobachtungen über Pflanzen mit überwinternden Laub- blättern. Vorl. Mittheil. Botan. Centralblatt. Bd. XVL 1883. p. 350.

Wiesner, J. Untersuchungen über die herbstliche Entlaubung der Holx- gewächse. Sitzber. der Wiener Akad. 187 1.

m. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln.

§ I. Allgemeines. § 2. Die subtropischen Gebiete. Florida. Süd- brasUien. Paraguay. § 3. Warmtemperirte Gebiete ohne Trockenzeit Klima des temperirten Regenwaldes. Süd -Japan. Neu -Seeland. Süd -Chile. Grasflurklima der Falklands- Inseln. §4. Das temperirte Südafrika. Regenprovinzen und Vegetations- provinzen. Die Südwestküste mit Winterregen. Klima der immergrünen Hartlaubgehölze. Die Süd- und Ostküste mit Frühjahr- und Sommerregen. Klima der Savannen. Das innere östliche Südafrika (Transvaal und O ran je) mit Sommerregen. Klima der Steppen. § 5. Sommerfeuchte warmtemperirte Gebiete. Uebergangsklima in Nord -Argentinien. Parklandschaften. Klima der Pampas. Klima der westargentinischen Dorngehölze (Espinal).

§ 6. Winterfeuchte warmtemperirte Gebiete. Klima der immergrünen Hart- laubgehölze. West- und Süd - Australien. Mittleres Chile. Mittelmeerländer. Kalifornien.

Schluss.

§ 1. Allgemeines. Diejenigen Striche der temperirten Zonen, welche an die Wendekreise grenzen und allein die Bezeichnung sub- tropisch verdienen, zeigen wenig ausgeprägte Eigentümlichkeiten und schliessen sich, bei grosser Feuchtigkeit den tropischen, bei trockenem Klima den eigentlich temperirten Gebieten an. Mit fortschreitender Entfernung von den Wendekreisen tritt in der winterlichen Abkühlung ein neuer Factor hinzu, welcher, wenn auch mehr indirekt als die Hydrometeore und diesen untergeordnet, die Gliederung der Vegetations- decke in ökologische Gebiete mitbedingt. Ob die Regenzeit in den Sommer oder in den Winter fallt, ist nicht mehr, wie in den Tropen, gleichgültig, sondern bedingt einen wesentlichen Unterschied der öko- logischen Bedingungen der Vegetation.

Ausser den wenig charakteristischen subtropischen Gebieten können die warmtemperirten Gebiete in drei Gruppen eingetheilt werden, nämlich die Gebiete ohne Trockenzeit, die sommerfeuchten und die winter- feuchten Gebiete. Die meist wenig ausgedehnten Uebergangsgebiete mit Frühjahrs- und Herbstregen schliessen sich bald mehr den winter- feuchten, bald mehr den sommerfeuchten Gebiete an.

478

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

§ 2. Die subtropischen Gebiete. Die an die Wendekreise gren- zenden temperirten Gebiete, ungefähr bis zum 30. Breitegrade, sind vorwiegend von Wüsten eingenommen. Hochwaldgebiete haben in denselben nur geringe Ausdehnung. Die klimatischen Bedingungen der letzteren lassen sich aus der mir vorliegenden Litteratur nicht zu einem befriedigendem Bilde zusammenstellen; eine Regenmenge von 130 150 cm. scheint bei entsprechender Luftfeuchtigkeit, schon ziem- lich reichen Waldwuchs zu ermöglichen. Doch stehen die Gegenden mit wirklichem Hochwald, abgesehen natürlich von% den Gallerie- wäldern, in ihren Regenmengen den tropischen nicht nach.

Das von ausgedehnten, jedoch nicht sehr hohen und üppigen Wäldern bedeckte Florida scheint eine Regenmenge von 130 140 cm zu besitzen (Fort Brook 136 cm); die Golfküste östlich vom Mississipi hat 147 cm, während die nur Buschwald und Gesträuch aufweisenden Bahamainseln auch nur etwa 120 cm (Nassau 118 cm) erhalten. Alle diese Gebiete haben vorwiegend Sommerregen; jedoch ist auch der Winter sehr feucht.

Tropische Regenmengen und tropischer Waldwuchs zeigen sich südlich vom Wendekreise, in Süd-Amerika, an der brasilianischen Küste ungefähr bis 30 ° z. B. (vgl. in Tabelle I: Joinville, Blumenau) und, im Inneren, in Paraguay und längs der Anden, bis etwa zum 25 ° s. B. (vgl. in Tabelle I: Asuncion).

Im nördlichen Argentinien bedingt, wie nachher gezeigt werden soll, Sinken der Regenmenge unter 120 cm, bei grosser Häufigkeit der Niederabläge die Herrschaft der Grasflur (Savanne), mit, wo der Boden etwas feuchter ist, zerstreuten Parcellen Savannenwald.

Klima des subtropischen Hochwalds: Südamerika.

Tabelle I.

Joinville. |26°i9' S., 49°43'W.

Blumenau (1889). 260 55' s. Br.f 49° 9' W.

Asuncion (Paraguay i. 25°i6's.B., 57*40' W., 98 ü.JL

1

1 Temp

! 6 h.

eratur Regen-

1 menge

2 h. | (1890)

Temp Mittel

eratur Amplit.

Re| Menge

jen-

Tage (7 Jahre) IO.3

Temperatur Regen- mittl. ! max. ! min.

Januar

22.1

273

362

27.6

4.5

195

26.7

j8^3|_i9.4 68

38.9 ! 16.7 1 Q9 7^6_l"i8.6 1" 91

Febr. .

22.1

27.4

227

26.1

4-5

154 189

235

12.7

10.4

27.5

März .

1 21.4

26.5 224

25.0

3-7 5-3 6.4 8.0

April .

|I8.7

23.8

217

22.1

23.1 20.0

33.8 14.2 . 175

Mai .

1 15-5 1 20.7

142

18.6

191 x5

8.3

28.9 . 9.7 168

Juni .

14.8 19.5

156

152

6.7

15-6

26.1 69 201

Juli .

14.5 ' J9 3 |

17.6

5-9

57 , 6.7

21. 1

30.0 ' 10.6 | Q^ 333 l3-3 2'

August

i 144

19.8

121

16.2

7.7

118

71

23.3

HI. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln.

479

Tabelle I (Fortsetzung).

Septbr. 16.1

20.5

189

17.8

7-7

l6l

9.4

25.6

36.7

I5.°

132

Octbr. 17.4

22.6

184

20.7

8.4

137

7.2

28.1

38.8

16.1

307

Novbr.'j 19.6

24.3

147

22.7

9.8

127

10.0

27.8

39-°

20.0

250

Decbr. 1 20.6

26.0

186

26.4

7-9

247

8.2

27.2

37-8

17.8

467

1 li

2245

1826

109.3

2083

Die Regenmenge ist in Blumenau sehr schwankend. Sie betrug im Durchschnitt 1868 74 1406 mm, 1875 80 1676 mm, im Jahre 1888 2149 mm, in 1890 1333 mm.

Meteorol. Zeitschr. 1891. S. 272 u. Zeitschr. d. Ges. f. Meteorologie

Bd. 12, 1877, S. 333.

§ 3. Warmtemperirte Gebiete ohne Trockenzeit. Unter den warmtemperirten Regengebieten stimmen diejenigen, wo Regen zu allen Jahreszeiten wenn auch meist in ungleicher Menge fallen, am meisten mit der tropischen überein. Sie sind, bei hinreichender Regen- menge, von Wäldern bedeckt, welche den tropischen Regen Wäldern ähneln, aber weniger formenreich und weniger üppig sind und als temperirte Regenwälder bezeichnet werden sollen. Dieselben nehmen, im Gegensatz zu den tropischen nur kleine Areale ein. Sie sind in den Tiefländern beschränkt auf das südliche Japan, Tasmanien, das westliche Neu-Seeland und Süd-Chile. Ihr Vorkommen in Hochländern ist im 4. Abschnitt des näheren geschildert.

Die südlichsten Inseln Japan's, sowie der südöstliche Theil von Nippon, nordwärts bis Tokio, haben sehr milde Wintertemperaturen und reichliche Regen zu allen Jahreszeiten, mit Maximum in den war- men Monaten. Die Luftfeuchtigkeit ist stets sehr beträchtlich.

Klima des temperirten Regenwaldes : südl. Japan.

Tabelle IL

Tokio. 350 40' N, 1390 44' E. 24 ü. M. 1 (1876) bis 4 Jahre (1873—76).

j Temperatur jRel.Feuch- 1 Mittel (1 J.)| Mittel jExtreme (4 J.)'tigkeit(4 J.)

Bewölkung

(iJO

Regenmenge (1 J.) 1876 | 1873

Januar .

4.0

16.9

-3.8

70

3-5

5-5

68

93

Februar

1.6

12.2 13.2

-6.9 5.3

68

llS 65

März .

33

63

5.7

1 16

50 80

April .

8.1

20.2

3-7

70

5-8

141

Mai . .

12.2

22.4

0.6 ! 71

6.0

122

63

Juni. .

17.0

27.0

5-4

75

6.5

I52

46

Juli . .

18.5

28.8

12.0

82

7.5

276

256

7i

210

August .

_2 4^_

26.7

32.0 333

l6-5

83

5-4

15°

65

359

September

18.3

80

5-3

7-7

October

22.6

29.9

13.8

84

486

480

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle II (Fortsetzung).

November. 14.7

24.1

4-3

78

5-2

158

202

December. 1 9.1

20.0

1-5

72

3-2

38

6;

Jahr. . . jj

33-9

7.2

....

1760

t f%r\n

I69O

(Zeitschr. der österr. Gesellsch. für Meteorologie. 1878, S. 26—27.)

Tabelle m.

1875: 1742

Niigata (Japan). 370 55' N., 1390 ior E., 6.5 m ti. M. 10 Jahre.

|

Mittel

Temperatur Mittlere

Extreme

Niede Menge

rschlag

Tage

10.2

December

1 5-2

12.9

0.6

178

Januar . .

. || 2.2

9.0

2.6

HO

II.4

Februar .

i 2.9

10.2

3-2

77 1 8.6

März . .

5-8

16.4

1.1

105 | 8.9

April . .

IO.7

22.9

3.1

99 | 6.8

Mai

i I6.I

27.4

8.0

106 | 5.7

Juni . .

| 2I.O

29.4

12.5

126 1 5.8

Juli. . . .

| 26.0

34.0

19.0

204 | 7.1

August . .

I 27.2

34-8

21.0

103 | 6.2

September

II Z2,9

31-4

14.6

167 8.2

Oktober . ,

| 15-5

24.6

74

197

8-9

November

.1 9-8

19-3

2.9

216

i°-3

Jahr . .

i

35-o

4.3

1688mm

98.8

(Zeitschr. der österr. Gesellsch. für Meteorologie 1883, S. 71.)

Tabelle IV.

Ancud (West-Chile).

410 59r S. B., 740 W., 15 m ü. M. 3 Jahre, Temp. 1 J.

j| Tem- | peratur

Rej Menge

149.7

jen- Tage

12.3

Heitere Tage

December .

,1 12-8

12.3

Januar . .

Jl 13-4

i55.o

11.7

14.O

Februar

. 1

" "1

*3-9

147.3

73

I4.0

März . .

9.9

216.0

18.0

8.0

April . .

1

10.2

303.5

20.0

35

Mai . . .

9.7

466.5

22.0

2.0

Juni . .

1

7.0 8.1

6I95

24.0

2-5

Juli . . . .

1

366.0

19.0

4.5

August . .

7-9 8.0

474.o

21.0 3.7

September

196.7

11. 7 | 12.0

October .

| I0.4

107.3

9.o 1 9-7

November .

', 12.6

196.9

177 1 77

!| 3397.5 | | |

(Zeitschr. d. österr. Gesellsch. f. Meteor. 1872, S. 11.)

HI. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln.

481

Temperatur und Regen im westl. Neu-Seeland.

Tabelle V.

1 Tara ; (Nord < Temper.

naki insel) Regen

Hokitika

(Südinsel)

Temper. Regen

December .

j i7-i

125.0

14.8

309.1

Januar . .

18.7

81.8

15-0

226.1

Februar

. ! 18.6

101.8

IS.5

250.7

März . .

16.9

65.5

13.6

171.5

April . .

15-2

894

12.0

218.7

Mai . . .

12.6

196. 1

9.6

161.8

Juni . .

11. 0

150.2

7.8

209.3

Juli . . .

10.4

160.0

7.3

244.8

August . .

1 10. 0

I3I.5

7-5

231.9

September

11.8

133.4

9.6

149.3

October .

13.2

151.6

10.8

340.4

November .

;

15 -o

123.4

12.3

322.3

Jahr . .

i5°9-7

2835-9

Ein immerfeuchtes warmtemperirtes Gebiet mit unzureichendem Regen für Waldwuchs zeigt sich nur in den Falkland-Inseln. Dieselben besitzen, da die Regen ausserordentlich häufig sind, ein vortreffliches Grasflurklima und sind ia der That zum grössten Theile von Grasfluren bedeckt.

Warmtemperirtes Grasflurklima.

Falkland-Inseln. Tabelle VL

Falklan Stanley-Hafen 5 1 ° 4 1 r s. Br 11 Temperatur i^JjExtr.! Mittel

d-Insel

.. 57° 51' :Rel.Feucht.

(9 a)

n.

w. L. 1

Bewölk.

(9 a)

875-

Re,

Menge

-1877. *en- Tage

Neu- Ostseite Chris Regen

Seeland d. Südinsel. >tchurch. Temperatur

Januar . 1 1.7 | 4.7 | 8.2

7-4

2I.O

41.2

15-9

Februar . 13.4 6.2

9.8

72

7.2

69

21.3

58.7

16.6

März . . 1 12.81 5.6

9.2

76

7.2

55

19-3

60.2

16.6

April . . ' 12.4, 6.0

9.2

81

6.6

43

18.3

44.5

14.4

Mai . . | 9.5

3-6

6.6

84

6.4

5i

22.3

46.0

12.6

Juni . . 7.0

2.2

4.6

90

6.9

43

19.3

579

8.9

Juü . 5.3

1.2

3-3

91

7.6

37

20.6

81.0

6.3

August . 4.8) 0.2

2-5

91

7-2 1 47

20.3

62.2

6.2

September 5.6

Schimper, Pflan

0.6

zcngeof

3-i

jraphie.

88

6.7 |

30

22.O

58-9 31

6.6

482

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle VI (Fortsetzung).

October

73 1-5 44

November J 8.0 2.0

5.o

81

82

6.2

7.7

29 15.7

34

21.3

29-5

9.8

54-4 [

11.7

December 10.3

3-9

7-1

76

7-9

29 ! i5«3

54.*

14.0

Jahr: || | 517 I236.1

Zeitschr. d. Gesellsch. für Meteorologie. Bd. 16. 1881 Seite 299.

648.6 Mittl. Jahres- minimum :

; -3-8

Hann in Zeitschr. d. Ge- sellsch. f. Meteor. 1871.

§ 4. Das temperirte Südafrika. Länder, in welchen das Regenklima schon in geringen Entfernungen wechselt, sind natürlich für die Erkennt- niss des Zusammenhangs zwischen dem letzteren und dem Vegetations- charakter instructiver als solche von grösserer Ausdehnung, wo noch andere klimatische Bedingungen wechseln. Eine hervorragende Be- deutung kommt in dieser Hinsicht dem extratropischen Süd -Afrika zu, dessen Regen Verhältnisse dank den Untersuchungen Dove's sehr genau bekannt sind und dessen Flora ihren ursprünglichen Charakter im Wesentlichen beibehalten hat. Es zeigt sich, dass die von Dove unterschiedenen Regenprovinzen gleichzeitig ökologische Vegetationsprovinzen sind.

Südlich vom Küstenstreifen der Karroo wüste, ungefähr von 32 ° s. B. an, nehmen die bisher (vgl. Wüsten) sehr geringen Niederschläge rasch zu. Die Südwestküste der Kapcolonie erhält 60 75 cm Regen, vornehmlich als Winterregen, der Sommer ist trocken. Die relative Luftfeuchtigkeit ist eine hohe. Die Vege- tation besteht aus niederen xerophilen immergrünen Gehölzen mit kleinen, lederartigen Laubflächen. Solche Pflanzen sollen als Sklerophyllen1) oder Hartlaub- pflanzen bezeichnet werden und sind, wenn auch ander- wärts als zerstreute Bestandtheile der Vegetation nicht fehlend, für regenarme warmtemperirte Gebiete mit nassen Wintern und trockenen Sommern charakteristisch. Nur da bilden sie die Grundmasse der Vegetation.

Klima der warmtemperirten Hartlaubgehölze: Südwest- Afrika.

Tabelle VII. Wellington. 330 8' S., 190 or E., 120m ü.M.

Temperatur (4l/2 J.)

Januar . Februar.

Mittel

Schwank.

22.9

12. 1

22.7

11.4

I Rel. Feuchtig- | keiMÖ'^JO

I 6l

i 65

Regen- ( Bewölkung

^enge (8 J.) , (3 P

11.9 2.6

19-3 I *T

»)S. 11.

ITT. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln.

483

Tabelle VII (Fortsetzung).

März . .

i| 21.3

T2.4

67 24.4

3-°

April . .

18.1

11.9

75

46.0

3.7

Mai . . .

. 13.9

9.2

81

io5-7

5-3

Juni . . .

. ' n. 9

94

82

88.1

4.9

Juli . . .

|l "-5

9.2

84

93-o

4.6

August . .

1, »•«

9.8

83

76.5

4-4

September .

jl

I4.I

10,7

77

77.2

4.2

October

|| 16.8

11.4

72

59-4

4.0

November .

li I0,4

H.8

66

21.3

31

December . . 1 20.9

12.4

63

30-7

2.9

i!

653-5

Nach Dove.

Tabelle VIII.

ii K

apstadt

Clanwilliam

Worcester

Temp

|> Mittel

~|l 20.8

eratur Schwank.

Regen- menge

Temp Mittel

236

eratur Schwank.

I9.8

Regen- menge

Temperatur Mittel | Schwank.

Regen- menge

Januar

131

16.8

8.9

22.2 ! 16.3

5-1

Februar

20.8

12.8

15-7

2 3.7

20.I

5-6

21.9

151

19.8

März .

j! 19.3

13.0

24.1

2 1.6

I9.6

7-9

20.8

14.7

10.7

April .

' 17.3

9-7

46.7

17.9

l8.2

12.7

17.7

14.9

23-4

Mai .

14.6

7.8

98.8

14.5

13-7

42.2

13.4

131

48.0

Juni .

13.1

8.3

112. 5

11.4

15-2

36.1

11.8

12.2

53-3

Juli .

1 12.6

9.8

88.6

10.8

15-4

41.9

10.8

11.9

54.4

August

. 1 13-2

9-5

83.6

11.9

i5-5

23.9

12.8

11.8

32.0

Septembe

r,i I4-2

10. 1

55.i

15. 1

18.8

16.5

14.3

12.7

30.7

October

. ,1 16.1

11.7

41.1

18.4

19.1

19-3

16.7

13.2

38.4

Novembe

r1 18.0

11.9

28.5

20.4

18.7

10.2

18.7

14.4

14.7

Decembe

r ' 19.8

12.3

20.0

22.3

19.1

6.4

20.1

15-4

7 1

1

63I-5

231.6

337.6

I1 Relati Jahr:

ve Feuch 74 (67

tigkeit : —81).

Relati Jahr:

^e Feuch 73 (61

tigkeit : —84).

Relafc Jahr:

ive Feucl 68 (S,

1 tigkeit :

?-78).

Dove, S. 30 f.

Tabelle IX. Südktiste: Mosselbai. 340 11' S., 220 9' E., 30m ü.M.

Januar . Februar

1

Temperatur (9*/4 J.) Mittel Schwank.

20.9

2-8_ 6.9

Rel. Feuchtig- keit (53/«J-)

~76~ 78

Regen- Menge (9 J.)

52-8

Bewölkung (5 J-)

±2

4.9

484

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle IX (Fortsetzung).

März

1 19.3

6.9

83

48.5 5-6

April

Ü x7-5

7.0

83

27.2 | 4.1

Mai . .

1 15.8

7-5

82

38.1 i 4.6

Juni . .

P 14.4

8.3

79

22.9 1 3.4

Juli . .

i1 13-3

7.7

82

42.4 1 3-6

August .

!l J3-7

7.8

82

40.4 1 3-7

September

1 14.9

7.8

80

40.1 ' 4.8

October

1 l6-5

7.4

78 | 38.9 1 4.3

November

i 17.7

7-5

78 | 20.8 | 4.6

December

ll 20-1

7-5

73

18.5 | 4.1

Nach Dove.

Oestlich von dem regenarmen westlichen Gebiete nähert sich das Gebirge an die Küste derart, dass nur ein schmaler flacher Strich dasselbe vom Meere trennt. Auf kurzer Strecke, in der Knysnagegend, beträgt die jährliche Regenmenge 100 110 cm. Hier ist die Küste von immergrünem Hochwald bedeckt. Doch ist derselbe auf die feuchten Thäler beschränkt, während die trockeneren Hügelrücken nur von Gesträuch bedeckt sind. Es ist hier also die untere Regengrenze des Hochwaldes wohl kaum erreicht und dessen Existenz durch Grundwasser mitbedingt.

Oestlich vom Knysnawald sinkt die jährliche Regenmenge wiederum auf die Höhe, die sie an der Westküste besitzt, mit 50 70 cm. Der Regen ist aber nicht mehr Winterregen, sondern vornehmlich Früh- jahrs- und Herbstregen, und fehlt zu keiner Jahreszeit Mit der Vegetation vollzieht sich ebenfalls eine Wandlung. Die Hartlaubgehölze schwinden, und werden von Grassavannen mit kleinen Akazien ersetzt Wald ist auf die Flussufer beschränkt

Warmtemperirtes Grasflurklima.

Oestliche kapländische Küstensavanne. Tabelle X.

P Temp

1 Mittel

ort-El

eratur

Schwank.

7.8

isabet Regen- Menge

h.

Relative Feucht

74

East-L

Temperatur 1 Mittel (Schwank.!

21.4 j 7.1

ondon. Regen- 'Relative Menge | Feucht

Januar

| 21. 1

20.8

66.5 1 79

Februar .

1 2°9

7.6

35-8

77 81

21.3 j 6.7

45-5 *4

März . .

' 19.7

7.3

54-6

20.4 ' 7.1 '

92.5 &2

April . .

1 17.7

7-7

47.2

78

19.0 1 8.8 1 17.6 | 9.3

64.8 80

Mai . .

1 l6.2

8.0

60.5 47.5

77

66.8 79

Juni . .

14.7

9.1

72

15.6 1 10.3 » 14.8 ! 11.4 j

37.1 74

Juli . .

I3.6

8.8

533

74

36.8 , 12

August

I1 14-3

8-3

52.3

77

15.6 1 IO.I

54.4 ! 74

m. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln. Tabelle X (Fortsetzung).

485

September .

J5.2

6.7

53-8

78

17.2

8.0

53.3

79

October . .

16.5

7.8

59-2

76

l8.0

7-4

69.1

81

November .

18.4

8.1

52-3

74

19.4

7.6

81.0

83

December .

1 20.1

8.2

38.9

74

20.9

8.1

2 3.9

78

Jahr: ,

576.2

76

691.7

79

Tabelle XI. King-Williamstown.. 320 51' S., 270 22' E. 400 m ü. M.

! Temp j Mittlere

eratur Schwankungen

Relative Feucht. (6*/4J.)

Regen- Menge (16 J.)

Bewölkung

(5J.)

Januar .

| 21.2

137

75

58.8

4.9

Februar

| 21.2

13.2

75

90.2

4.9

März

1 I9.I

12.4

^

86.1

6.2

April

16.6

13-9

79

49.8

3.6

Mai . .

I4.O

14.6

76

43.2

3.o

Juni . .

11.6

156

73

13-7

2.1

Juli . .

"•3

16.4

73

37-3

2.2

August .

12.4

15-3

74

28.7

2.7

September .

14.7

14.9

75

34.o

4.6

October

16.6

13.9

75

63.0

4.9

November

18.1

13.2

72

62.7

5-o

December

2°-3

14.7

70

693

4.8

||

75

638.8

East- London gehört bereits zur Ostküste der Kapcolonie. Indem wir uns in nordöstlicher Richtung weiter bewegen, gelangen wir nach Natal und hiermit in ein Gebiet von Sommerregen, welche jedoch schon im Frühjahr reichlich sind. Der Winter ist sehr regenarm.

Die Regenmenge steigt an der Küste von Natal bis über 100 cm (Durban 1036 mm); sie beträgt dagegen im Binnenland, schon in geringer Entfernung des Meeres, nur etwa 60 75 cm, wie an der Süd-Küste des Kaplands.

Möglicherweise war früher, wie es Thode vermuthet, der regen- reichere Küstenstrich von Wald bedeckt. Derselbe dürfte dann den Charakter eines wenig üppigen Regenwalds getragen haben. Das regenärmere Innere hingegen ist echte Savanne mit Akazien und einigen anderen Bäumen, ausser auf den an dieser Stelle nicht zu berücksichtigenden Gebirgen, wo reichere Niederschläge stellenweise Waldwuchs hervorrufen.

486

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Warmtemperirtes Grasflurklima.

Tabelle XII.

Pietermaritzburg (Natal).

, 1

Temperatur Mittel I Schwank.

Relative Feuchtigkeit

Regen

Januar

.

i

22.0

7.8

74

106.7

Februar

.

1

22.1

7-5

76

II3-7

März .

.

1

20.9

8.8

75

87.1

April

\ 18.3

8.9

73

37-3

Mai .

.

|l 14.9

11.7

69

22.6

Juni .

| 12.8

13.2

66

6.6

Juli .

1 13.2

'3-5

63

5-3

August

*5-7

12.3

63

6.6

September . .

jl 18.2

10.4

67

36.6

October . .

1 l8-9

8.7

74

83.8

November .

| 20.8

8-3

75

11 2.3

December .

1 21-3

7-8

76

124.7

Jahr .

'

7i

743-1

Während die westliche Hälfte des Innern Süd- Afrikas Wüsten- charakter aufweist, ist die östliche Hälfte (Orange-Freistaat und Trans- vaal) von Grasfluren und zwar, entsprechend der baumschädlichen trockenenen Winterkälte, nicht von Savannen, sondern von Steppen bedeckt. ') Hier ist der Winter sehr regenarm und November bis März erhalten den grössten Theil der Niederschläge, wie folgende procentige Zahlen (nach Hann) zeigen.

1

Tan.

Febr.

März

April

Mai 4.8

Juni 2.7

Juli 2-5

Aug.

*2.I

Sept. 4.2

Oct.

Oberer Oranje. 360 m ü. M. | Jahres - Regen : 53 cm !

16.7

*i8.i

16.9

6.3

5-5

Transvaal. ! 850 m ü. M. Jahres - Regen : 64 cm.

♦26.3

17-3

12.6

4.4

3.o

2.0

*o.8

X-S

1.4

49

IO.I IO.I

I2.I 13-7

Sehen wir von den später zu besprechenden Wüsten und von den für Südafrika nicht hinreichend bekannten und unbedeutenden Regen- wäldern ab, so gelangen wir zu folgenden für die warmtemperirten Gürtel allgemein gültigen Sätzen:

1) Die westliche Küste des temperirten Süd-Afrika hat

*) Vgl. S. 188.

III. Gehölzklima und Grasnurklima in den warmtemperirten Gürteln.

487

einen nassen Winter und einen trockenen Sommer; die Vegetation besteht aus xerophilen immergrünen Hart- laubgehölzen.

2) Die südliche und östliche Küste und das östliche Innere haben einen relativ trockenen Winter und feuchte warme Jahreszeiten (Frühjahr bis Herbst); die Vegetation besteht aus Grasfluren (Savannen bezw. Steppen).

§. 5. Sommerfeucht warmtemperirte Gebiete. Das östliche Südamerika südlich vom 3O0S.B., also namentlich Rio Grande do Sul, Uruguay und Argentinien, ist klimatisch von den meisten der im Vor- hergehenden besprochenen warm temperirten Gebiete durch das Vorherr- schen der Sommerregen ausgezeichnet; es ist hierin Natal vergleichbar. Im Küstengebiet und im unteren Theile des La Platabeckens ist eine ausgesprochen trockene Jahreszeit nicht vorhanden, dagegen zeigt sich eine solche, während des Winters, im grössten Theile des Inneren.

Im nördlichen Argentinien, sowohl am Fusse der Anden, wie in den mehr östlichen Provinzen Entrerios und Corrientes, besitzen weite Landschaften eine zwischen 100 und 120 cm schwankende Regenmenge. Da kämpfen Hochwald, Savannenwald, Savanne und Steppe um die Herrschaft; locale Einflüsse sind maassgebend und führen zu reich ge- gliederten Parklandschaften.

Klima der östlichen argentinischen Parklandschaft.

Tabelle XIII. Corrientes ca. 270 30' S. (9 Jahre.)

Temperatur Rel. Feucht.

7 a. | 2 p.J 7 a. | 2 p.

Bewö 7 a.

3^~

lkung 2 p.

6.0

Reg Menge

183

en- Tage

Kalmen in -

Januar

. ! 24.8

28.9

78 76

61

~6<r

5-8

O

Februar .

24.1

28.6

3-7

5-5 5-6

1 10

~o8~

35

0

März .

2 3-4

_2719_ 23-4

80 j 65

~8cT:~68~

3-8

4.9

April .

19-5

4.4

5-o

118

4.7

Mai . .

16.2

19.9

81

_7_2_

74

4-3

4.8

95

39

Juni .

IS-» 13.8

17.5

82

4.4

5-°

48

2-4

Juli . .

18.2

83

73

5-o

_ 4-9_ 4.0

_ 43

20

1.0

August

x5-5

20.2

79 1 65

3-5

O

September

17.0 21.7 1 78 ' 64

4.1

4.7

73

4.6

O

October . .

19.5 22.3

24.1 i 77

63 63 63

4.9

in

4.2

O

November

26.2

76 76"

4.1

5-1

113

5-6

I

December .

24.3 j 28.4

3.6

I51

5-°

I

ii73 47-5

Zeitschr. f. Meteorologie 1894, S. 356.

488

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen. Tabelle XIV.

T u c u m a n. 260 5vV s. B., 430 m ü. M.

Salta. 240 51' s. B., 1500 m ü. M.

|| Regen

Regen

Januar .

. 1 267.0

Winter . . . | 0.0

Februar

! 217.0

Frühjahr . . . ( 199.3

März . .

|' 209.0

Sommer ... 763.4

April .

39.0

Herbst . . .

179.6

Mai

. 1 27.0

1

Juni

. |l 0.0

1

Juli. .

1 9.0

August .

. 1 0.0

September

I| 0.0

1

October .

I1 37.0

November

1 56.0

December

1 197.0

1

Jahr .

i, 1060.0

11

Jahr ....

1142.3

1

Weiter südlich sinkt die jährliche Regenmenge mit Ausnahme vereinzelter Stellen unter 100 cm. Die östliche Hälfte Argentiniens besitzt meist 70 100 cm Regen; im Westen werden die Niederschläge geringer; sie fallen auf 20 und weniger cm und die Gegend nimmt Wüstencharakter an (Lorentz's Westliche Monte).

Der östliche, der atlantischen Küste näher liegende Theil Uruguays und Argentiniens besitzt Niederschläge in einer Höhe von meist 70 100 cm und ist von reiner Steppe (Pampa) bedeckt. Westlich von der Pampa dehnt sich bis zur Cordillere ein weites Gebiet von Dorngehölzen mit in westlicher Richtung abnehmenden Niederschlägen, Lorentz's Monte- formation, Hieronymus's Espin alformation. Dieses Gehölzgebiet gliedert sich in einen relativ niederschlagsreichen, Lorentz östliche Monte, mit etwa 40 70 cm und einen niederschlagsarmen Theil, der zum grossen Theil als Wüste zu bezeichnen ist. Die Menge der Niederschläge schwankt zwischen weniger als 20 cm am Fusse der Anden (Pilciao 13 cm, San Juan 7 cm) und etwa 40 cm, an der Grenze der östlichen Monte.

Viele Forscher haben sich darüber gewundert, dass das östliche feuchtere Gebiet nur Gras, das westliche trockenere dagegen Gehölze erzeugt. Denselben war der Unterschied zwischen Grasflurklima und Gehölzklima unbekannt, unbekannt auch, wie die Grasflur in einem ihr zusagenden Klima den Raum gegen das Gehölz zu behaupten vermag. Nur da wird sie im Pampagebiet verdrängt, wo das Grundwasser sehr reichlich ist, so am Rande der Wasserläufe. In der That ist das

HI. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln.

489

Pampasklima, wie die Tabellen zeigen, ein vollkommenes Grasflurklima, mit seinen nicht übermässigen, aber reich vertheilten Regen und seiner feuchten, mildwarmen Vegetationszeit. Ausserdem stellen die heftigen Winde der Pampa, bei massiger Luftfeuchtigkeit einen dem Gehölz feindlichen, der Grasflur hingegen unschädlichen klimatischen Factor dar.

Dem Vordringen der Grasflur nach Osten setzt sich die abneh- mende Regenmenge und wie aus der bedeutenden Zahl der Stunden Sonnenschein hervorgeht, ihre weniger reiche Verth eilung entgegen; letztere geht auch aus den Angaben der Reisenden hervor, die das Klima als ein im Gegensatz zu demjenigen der Pampa trockenes be- zeichnen. Dass das Klima in der Espinalformation der Grasflur direkt ungünstig ist, geht aus den Beobachtungen Lorentz's hervor, nach welchen Gräser nur selten in grösserer Menge freie Räume ausfüllen, ja manchmal aus dem einer Tenne an Kahlheit vergleichbaren Boden nur im Schatten der Bäume hervorspriessen.

Dass Gehölze unter solchen Umständen gedeihen, ist eine Folge der Genügsamkeit der xerophilen Dorngehölze. Es kommt ihnen ausser- dem der Umstand zu Gute, dass im Gegensatz zur Pampa, die Kalmen über die Winde vorherrschen.

Das nördliche Patagonien schliesst sich klimatisch dem westlichen Argentinien an, und besitzt eine ähnliche, vornehmlich von Gesträuch gebildete Vegetation, die in dem wüstenartigen Inneren sehr spärlich wird.

Warmtemperirtes Grasflurklima.

Pampas.

Tabelle XV.

San Jörg

e

(Central-Uruguay).

32° 43

'S. 122 m

ü.M. 1881— 1

884.

j Mittlere Max.

Temper. Min.

TägL Ampi.

Relat. 97* a.

Feucht.

3l/*P.

Wind- stärke

Sonnensch. Stunden

Rei Menge

gen- Tage

December . .

34-2

5.6

15-5 ' 6o

46

2.2

308

88

8.2

Januar .

373

7.8

15.8

64

50

*-5

336

9i

7-2

Februar

35-6

8.2

16.2

63

45

i-5

319

26

3-o

März

35.3

6.1

14.3

74

57

1.7

267

96

7-5

April

1; 294

2.1

12.6

78

68

1.6

224

131

8.2

Mai .

23.8

1-3

II. I

82

70

1.2

188

83

7.0

Juni .

21.8

2.8

10.2

90

77

i-7

142

125

1 1.0

Juli . .

! 23.4

—3-1

10.2

88

73

2.1

I71

82

9-7

August .

, 26.9

°-3

10.8

83

73

2.1

200

87

8.8

September

29.2

07

II. 2

79 66

2.5

204

126

9.2

October

293

2.3

12.6

76 ; 67 i 2.1

252

71, 9.0

November

31.9

4.7

13.4 69 | 57 | 1.9

294

101 j 6.8

J*

ihr.

i

1 107

95-°

490

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Der Februar 1884 hatte eine mittlere tägliche Amplitude von 17.8°, war aber auch sehr trocken (mittlere Feuchtigkeit bloss 33%), mit 1.3 mittlerer Bewölkung und 338 Stunden Sonnenschein. Häufiger Wechsel zwischen extremen Feuchtigkeitsgraden gehört zur Charakteristik von San Jorge. Der Regen fällt meist in einzelnen heftigen Güssen. Die Zahl der Regenstunden ist in Central-Uruguay sehr klein.

(Meteorolog. Zeitschrift 1886, S. 324.)

Tabelle XVI. Matanzas. 340 49' S., 580 37' W. (12 Jahre.)

1

7 a.

Tempei 2 p.

ratur

Mittl. Extr.

Rel. Fei 7 a.

ichtigkeit 2 p.

Regen- menge

| Kalmen 1 in°o

Januar

. . . I

234

30-9

38.4— 16.1

68

60

92

1 5

Februar

21.3 19.6

30.0

36.5— 14.1

69

60

58

1 7

März .

1

27.5

34.0—12.3

70

60

97

1 9

April .

1

13.6 10.1

21.4

27-4— 5-7

67

59

83

1 2

Mai .

i

18.0

23-4— 3.1 20.6 1.6

64

61

73

i 0

Juni .

8.5

151

62

61

73

0

Juli .

;

8-3

^•o

21.2 1.7

61

64

55

0

August

:

9.8

17-3

25.1 2.6

66

66

64

0

September . .

"•3

18.6

26.9— 4.5

67

67

^3

0

October . . . i

x5-4 19.6

22.2

28.9— 8.3

70

68

7i

0

Novembe Decembe

r

26.4

33.5 II-7

69

65

69

0

r . .

22.1

29.3

36.6-13.8

70

65

110

0

Jahr: j

1

928

(Meteor. Zeitschr. 1894, S. 356.}

Tabelle XVII.

iß. Antonio de Areco

|| (2 Jahre)-

l'34°i2'S.,59°3o,W., |l 43 m ü. M.

Januar .

Februar

März

April

Mai .

Juni

Juli .

August

September

' Temperatur | Regen 1 22.6 114

1 16.0 il 12.4 I 10. o

~ 9-5~ I *JS_

i 12.7

32 9i 3i

72

26

S a 1 a d o.

35°44'S., 59° 5' W., 15 m ü. M.

Temperatur 21.7 22.0

^9-3_

14.2

8.8

10.6 12.2

Regen

39 _4Q_ _4i_

60

HL

47

_47_ "56

Dolores.

36°i9'S.>58°2orW.

10 m ü. M.

Temperatur Regen 21.2 1 121

21.6

19 I !5-2 12.2

8-9

IO.6

12. 1

122

37 36

J_-$ 1 73

41 60

~45~

Andere

Pampas- ortschaften

Jährl. Re- genmenge

Az-

acucho. 37° r *•

6356

mm.

Bahia blanca.

450 mm.

m. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln. aq\

Tabelle XVII (Fortsetzung).

October .

16.1

81

15-7

58

15.2

88

November . t

20.4

58

19.2

105

18.9

73

December. j

23.8

139

22.2

94

21.4

64

Jahr . . '

796

773

805

Zeitschr. der Gesellsch. für Meteorologie 1884, S. 382 u. 592.

Warmtemperirtes Dornholzklima.

Tabelle XVHI. Oestliche argentinische Espinalgehölze.

I C 0 r d 0 b a.

310 25' S., 640 12' W., 437 m ü. M.

La Rioja. 290 20' S., 670 15' W., 540 m ü. M.

|, Mittlere Temperatur

Relat. Feuchtigk.

~65

Regen- menge

115

Sonnen- schein (Std.)

Mittlere Temperatur

Regen- menge

Januar . . 23.0

306

25.7

33

Februar . 22.4

63

89

244

24.9

41

März . . 20 3

72

96

227

24.9

57

April . . 15.9

69

33

190

20.9

144

Mai. . . 12.9

67

16

229

17. 1

24

Juni . . 9.9

67

5

153

131

i5

Juli ... 10.0

60

2

191

9.8

2

August . . 12.7

55

9

229

9-7

7

September 15.0

55

25

187

12.8

17

October . 17.6

61

56

252

J5.3

24

November. 20.2

64

113

300

19.0

49

December. 22.3

63

107

277

23-5

44

Jahr . . 1

666 mm

457 mna

Tabelle XIX. Westliche argentinische Espinalgehölze: Catamarca.

Temperatur 7 a. 2 p.

Rel. Keuch. Bewöl- 7 a. | 2 p. ! kung

Regen- menge 1 Heiter

Wind- Kai- Trüb Geschwind, men

Januar .

li 25.4^ 32.5

57

38

4.0

67

1 4

2

2.0

Februar

23-3

3°-7

61 ~66~

39 __44_

46

3.7

27

! 4

2

1.9

März .

. '1 21.7

29-5

3-4

29

1 8

_ 3

7

i.9

April .

lS>* 1 234

7i 74

2.8

21

1 IO

i-5

Mai

10.9

21.2

3-1

1 1

1 20

1 J4

1 15

1.2

Juni

1, 6-7

14.1

81

59

5-o

6

1.0

"16

20

29

37_ 35

492

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle

XIX

(Fortsetzung).

Juli . . .

! 7.5

17.4

68

38

3.1 0 18 I

2i-

I :

4!

4 1

1

i-5 1.6

1.8

23 2.8 2.8

: 33

August . .

1 10.9

15.6

i 18.6

21.8 62

39

2.7 | 4 | 27 |

35

September

24.9 27.6

55

32

3-3 | 2 23

1 20

October .

56

35

3-5 i 24 14 !

8

November

21.8

30.2

55 | 34

3-8 47 ' 19 '

14

December .

24.9

3"

54

37 i 3.9 i 32 i 8 1

18

Jahr . .

1

1 27° 1 !

1

!

Zeitschr. fiir Meteorologie 1884. S. 357.

Das extratropische östliche und südöstliche Australien hat Regen zu allen Jahreszeiten, jedoch mit einem relativ trockenen Winter (namentlich August); die Maxima sind an der Küste im Spätsommer, im Inland im Frühjahr und Herbst. Die Regen- menge ist, ausser an Gebirgshängen , für Regen wald zu gering. Das Fehlen trockener Perioden in den Frühjahrsmonaten und deren günstige Temperaturverhältnisse geben dem Klima das Gepräge eines guten Gras- flurklima und die Milde des Winters ermöglicht, trotz seiner relativen Trockenheit, den Baumwuchs. Dementsprechend ist der Vegetations- typus derjenige der Savanne und geht an der Küste, ent- sprechend der Zunahme der Niederschläge, in Savannenwald, im Innern hingegen, mit der Abnahme der Niederschläge, in Steppe über, welche ihrerseits, mit zunehmender Trockenheit, durch Wüste ersetzt wird.

Tabelle XX. Warmtemperirtes Grasflurklima.

Extratropisches Südost- und Ostaustralien.

Höhe

Neusüdwales. Küste : Lismore 2 50' S.

Sydney 330 51' S. .

Neusüdwales. Innere : Narrabi 300 20' S.

Dubbo 3 20 18' S.

Deniliquin 350 32' S. .

Victoria. Küste:

Gabo Island 370 35' S.

Portland 3 2ir S.

Victoria. Innere : Sandhurst 360 47' S.

Echuca 3 5' S.

*5

45

230 260

Temperaturmittel Januar April j Juli , October

25.4

21.4

28.6

25.0

95

*5

10

24.0

18.1

17.2

230

100

22.3 23.8"

20.9

14.1

21.9

27.6

10.9

16.9

19.8

9.8

20.8

17.2

8.2

16.8

16.3

7.8

15.7

16.0

10.4

13.4

14.6

10.0

_I4_ll

_L5^_

7.7

14.2

*S-1

8.7 | i5-°

Regen- menge Jahr

257

128

59 44

96 82

57_ 47

DI. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln.

493

Tabelle XX

(Fortsetzung).

Regenverhältnisse: Neusüdwales

Victoria

Ort

i Küste Bergland

Inland

Inland

Küste

S. Br.

i. 30.3 35-1 ' 34.5

31.3

31.6

34-4

36.9

38.5

E. L.

152.5 150.6

149.5

148.3

144.2

144.6

I45-I

I45-0

Januar

. ' 10.3 I 7.9

8.4

9.4.

9.9

7.3 6.3 9.0

5.9*

6.4

7.3

5-6

Februar .

12.8* 1 12.4

10.6 10.2

9-5* 8.1

7.2

8.1

~~9.6~

11.3*

10.0

5-4*

März . .

io-5 8.2 9.0

12.7

6.1

April .

| 9.6 1 11.7* 7.8 9.9 7.5 IO-2

io.3_ 9.2

9-1

8.7

8.1

Mai . .

10.4 *

.10.5*

7.2

9-3 9.6*

7.9*

10.7

Juni .

8.1

8.5

10.9*

Juli . .

6.9 1 5.4*

1 6.0 "'-6.8

7.7

7.4 7.0*

9.0*

5.9* 6.6

5.6*

9-9

August

5-1* 6.7 7.2* 7.0

5.6*

7.8 ' 8.9*

7-4

8.5 8.9

8.6

95 10.9*

74

9.8

September

7.6

7-5

9-9

October .

93* 8.0

5-5

9-3

November

9.1

7-9 8.0

7.8

December

I 8.7 5.8*

7.8

5.1*

6.5

Jahr . cm

1 | 127

in

90

61

35

42

58

85

Hann, Handb. Hl, S. 399.

§ 6. Winterfeuchte warmtemperirte Gebiete. Mehrere Klima- gebiete der nördlichen und südlichen warmtemperirten Gürtel besitzen ein ähnliches Klima wie Südwestafrika und diesem Klima entspricht stets ein ganz ähnliches ökologisches Gepräge der Vegetation. Das immergrüne Hartlaubgehölz ist für sie charakteristisch.

Zu den erwähnten Gebieten gehört das südwestliche und südliche Australien.

Klima der warmtemperirten Hartlaubgehölze.

Südwestliches Australien.

Tabelle XXI.

Perth. 14.3 m ü. M. Jahr 1880.

1 Tempe

I Mittel 1

Max.

. . j 36.1

ratur S.

tägliches

Min.

18.9 17.2

Relative Feuchtig- keit

Re

Menge

gen- Tage

Be- wölkung

Januar . . .

64

7

5

3-9

Februar

32.8

67

18

4

6.3

März . . .

. . 26.7 ; 15.0

73

29

6

4-7

April . . .

. . 25.0

12.2

68

84

12 13

5-5

Mai ....

. . 21. 1

9-4

82 80

85

4.2

Juni . . .

. . 18.3

6.7

182 16

3-4

494

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle XXI (Fortsetzung).

Juli . . .

i 18.3

6.7

74

95

10

3.2

August ...

| i8.9

8.3

75

159

17

6.1

September . . .

22.2

1

9-4

66

65

14

4-2

October .

1

22.2

8.9

7i

26

9

4.0

November.

.

1 26.7

12.8

64

54

7

3-4

December. . . .

I 30-0

13-9

69

2

3

2.3

Jahr:

!

7i

806

116

Nach 5 jähriger Beobachtung ist zu Perth die mittlere jährliche Regen- menge 822.

10 Stationen in 1879: Fremantle 655, Albany 770, Vaste 604, Bun- bury 785, Geraldton 472, Guilford 891, Newcastle 312, Northam 211, York 317, Sinjarrah 754. Zeitschr. d. österr. meteorol. Gesellschaft 1883, S. 285.

Grosse klimatische und pflanzenökologische Ana- logie zeigt sich zwischen den eben geschilderten Ge- bieten und dem mittleren Chile. Der Karroowüste entspricht die Wüste Atakama. Südlich von der letzteren werden die Nieder- schläge reichlicher und nehmen mit der Entfernung vom Wendekreise fortdauernd zu. Santiago hat 33 cm, das etwas südlicher gelegene Talka 53 cm. Diese Regen fallen vorwiegend im Winter, der Sommer ist regenlos.

Klima der warmtemperirten Hartlaubgehölze.

Mittleres Chile.

Tabelle XXII.

Santiago de Chile.

1 Temperatur 1' Mittleres |! Max. | Min.

Rel. Feu Mittel

"~6t~

chtigkeit

Mittleres

Min.

34

Re Menge

5

igen- Tage 0.9

Heitere Tage

December

., 29.7

8.8

21.2

Januar . .

!' 30.4

10.4

69

39

1

1.0

23.3

Februar

i; 29.4

9.1

72

41

3

0.9

2 1.0

März .

. | 286

6.8

75

38

5

1.1

20.4

April .

.!' 2Y.3

3-3

80 83

42

24

3-2

I5-1

Mai

. I1 21.8

1.1

4i

47

5-7

"•3

Juni

. 1; 18.3

0.6

87

45

67

6.1

8.5

Juli . .

. , 18.4

or8

87

49

81

8.6

9-3

August

. . 11 20.3

0.7

85

37

6.1

10.6

Septembei

. |i 22.5

2.0

84

40

38

6.3

11.6

October

. . , 24.8

4.2

79

42

14

3-7

12.2

November

. 28.3

6.7

73

38

6

i-3

17.7

F

1

1

327

44-9

1 182.2

und noch 73.1 halb- heitere Tage.

HL Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln.

495

In der nördlichen Hemisphäre befindet sich das ausgedehnteste der Winterregengebiete, dasjenige der Mittel meerl an der. Im nörd- lichen Theile sind allerdings vorwiegend Spätherbst und Frühjahr feucht, doch ist das, bei der schon niedrigeren Temperatur, ökologisch ohne Bedeutung.

Die Regenmenge ist sehr ungleich. Sie beträgt meist zwischen 60 und 90 cm, erhebt sich jedoch stellenweise etwas über 100 cm, während sie im östlichen Theil des afrikanischen Küstengebiets so tief sinkt, dass die Wüste sich bis an das Meer erstreckt.

Die Vegetation besteht wiederum aus Hartlaub- gehölzen.

Klima der warmtemperirten Hartlaubgehölze.

Mittelmeergebiet.

Tabelle XXIII.

Nikosia, im Innern von Cypern.

Januar

-=■-

!: Temper. Mittel

Mitt Max.

leres Min.

Relative Feuchtigk.

Be- wölkung

Regen- Menge | Tage

i 10. 0

23.0

0.2

84

4.6

IOI

11.8

Februar

9.8

21-5

0.1

84

5-i

94

11.8

März.

1 12.8

24.7

2.4

81

4.0

31

7-4

April

1 16.7

29.2

3-8

78

3-7

29

4.5

Mai .

20.9

32-4

7.9

74

2.5

16

4-3

Juni .

25.0

37.8

H.3

67

1.1

10

1.4

Juli .

Il 2<5*8

38.3

131

68

0.8

3

o-3

August

' 27.8

39-4

14.0

66

o.7

2

°-5

September .

26.0

38.1

12.3

73

1.0

1

0.6

October . .

' 22.0

34.2

8.7

76

i-9_

3-4

3.7

9

2.3

November .

16.2

29.0

41

82

6-5

December .

12.3

25-3

1.1

85

59

7.8

J

ahr

h

405

Meteorolog. Zeitschr. 1889, p. 427.

Tabelle XXIV. Athen. (1859 1882.)

December . Januar . Februar

Temperatur

Mittleres

Mittel ~9.8~7~

Maximum

8.20

8.89

12.81

10.87

12.63

Minimum 7.66

Mittlere Regenmenge

69.4

3-97

5-°9

526

37-9

Regen- tage1)

Trübe Tage

10.9 "9.8'

8.0

J'3

_5'° 4.0

l) Mit messbarem Niederschlag.

496

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle XXIV (Fortsetzung).

März

{! 11.33

14.19

6.64

36.7

8.2 1

4-3

April .

1 i5-°4

17.80

10.69

19.1

6-3

i.9

Mai. .

IO-95

22.24

17.53

24.5

1 5-i

1.0

Juni . .

24.45

26.65

22.75

10.8

23

°-5

Juli . .

. j! 27.00

28.19

2536

7-4

1.6 !

0 1

August .

. 26.75

28.91

25.68

10.7

1.9 ,

0 1

September.

. 23.42

25.67

20.19

'5-4

2.6 '

0.4

October

1 iß-75

20.74

16.63

53.i

7.i 1

2.1

November .

. I 14.02

12.67

8.74

70.4

8.9

3-8

Ja

hr: ||

408.0

72.8 |

Tabelle XXV. Rom.

,1 T

'1 Mittel

emperat M. Min.

ur M.Max.

Regen- Menge | Tage

Bewöl- kung

Relat Wind- Feuchtig.l^^

December . | 7.4

i-3

16.0

82

"•5

5-2

7 5 204 74 | 200

Januar

.

6.7

1.8

15-3

74

11.8

5.0

Februar .

t

8.1

o.5

16.7

60

IO-5

4.9

73 , 180

März . .

10.3

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19.0

64

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5-5

68 226

April . .

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13.9

4-7

231

60

10.6

4.6

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61 1 197

Mai . .

1

17.9

8-5

28.5

55

9-7

43

Juni . .

1

21.9

12.8 ~^5^~

31-3

38

7-5

3-5

Juli . .

24.6

34.o

17

3.6

1.8

56 210

August .

1 24.3

14.9

34-2 30.6

29

5.o

2.1

_5^_ J_I99_

64_ ' _*77

71 181 74 : 201

September ,

1

21.3

11.8

70

8.6

3-4 1 4.6 1

October .

1 16.6

6.6

26.0

106

11. 1

November

li 10.9

1.2

20.0 | 114

12.8

5-4

Jahr . .

1

769

1

Meteorol. Zeitschrift Bd. in, S. 409.

Tabelle XXVI. Malaga. 360 43' n. B., 40 27' w. L., Seehöhe 23 m

Relative

Temperatur Mittlere | Monatl.

Extreme Feuchtigk.

Januar 21.2

Februar .... 23.9

März 24.6

April ! 27.8

I

3^5_

6.4. 8.6

70

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68

TT

Regen- Menge I Tage

~76~~

_J°_

68

Wind- starke Tage ' T*&

4.9

J7_

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2.2

7.1

2.2

7.1

2.3

Heitere

J.2.S 1 1.0 10.0

III. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln.

497

Tabelle XXVI (Fortsetzung).

Mai . .

i 31. i

11. 0

61

28

4.3

1.2

16.3

Juni . .

35-2

15-3

60

13

1.9

O.8

22.2

Juli. . .

38.0

18.3

62

3

0.8 0^8

0.3

25-5

August. .

38.7

18.1

62

5

O.6

23.8

September

34-3

15.0 ,

62

27

1.8

1.8

26.O

October .

29 0

10.2 |

65

64

4-6

3.8

13-8

November

. 25-5

6.6 | 3.o 1

68

87

4-6

2.2

I4.0

December

21.6

70

I02

5.8

2-3

I4.0

Jahr . .

I

|

607

46.2

20.8

173.9

Tabelle XXVII. Lissabon.

Mittlere Temperatur

Relative Feuchtigk.

Bewölkung (0— 10)

Verdun- stung

Reg Menge

'en- Tage

December .

! 10.2

79

5-°

57

91

12.6

Januar .

10.3

81

5.7

55

98

J5-4

Februar

10.9

76

5-o

69

94

I2-5

März . .

12.4

70

4-7

118

88

12.0

April . .

14.6

70

5.o

141

48

97

Mai . . .

16.6

69

4.6

172

56

10.0

Juni . .

i9-5

64

33

244

14

4.7

Juli . . .

21.2

62

2.0

263

3

1.8

August . .

21.7

61

1.9

270

9

2.0

September

19.9

67

36

189

34 87

7.2

October .

16.9

73

4.8

121

1 1.0

November

i3.5

78

5.4

74

109

13.0

Jahr . .

|;

73i

Tabelle XXVIII. Tanger.

Temperatur

7 h. I 12 h. I 9 h.

Tage heiter I trüb

Regen- Menge I Tage

Stürme

December

11. 2

14.5

.12.3

11

11

1 10

10. 0

3

Januar

. 11.6

152

12.6

9

13

118

11.7

6

Februar .

. 12.5

16.1

132

9

10

90

12.0

4

März . .

. 13.5

17.0

13.9

10

1 1

128

15-2

6

April . .

. 15.0

18.1

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9

9

119

13.2

4

Mai . .

- 179

21. 1

17.6

14

7

63

8.2

5

Schimper, Pflanzengeographie.

32

498

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle XXVIII (Fortsetzung).

Juni . . .

2I.O

24.O

20.2

17

3

7

2-5 3

Juli . . .

23.O

26.3

22J

21

4

3

1.7 1 4

August . .

231

27.2

2 3.4

21

4

9

0.8 , 4

September .

2O.4

24.4

2I.O

18

3

10

2.2 1 3

Oktober . . [

17.3

2I.O

I8.I

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November . 1

14.3

18.2

15.4

II

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73

7-5 2

Jahr:|

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93

815

1

(Meteorolog. Zeitschr. Bd. IV, 1887, S. 27.)

Die nördliche temperirte Zone besitzt im Küstenland Kaliforniens ein zweites Gebiet der Winterregen und trockenen Sommer, welchen wiederum eine xerophile Vegetation von Hartlaub- hölzern entspricht.

Die jährliche Regenmenge beträgt in San Francisco 55 cm, in Monterey 40 cm, die procentige Vertheilung desselben auf die Monate ist nach Woeikof für ganz Kalifornien:

Jan. Febr. März April Mai Juni Juli ' Aug. Sept Oct. Nov. Dec. 20 14 16 84 0.3 0.1 0.1 0.5 2 11 24

Vollständige klimatische Tabellen wie die im Vorhergehenden mit- getheilten scheinen für Kalifornien nicht zu existiren. Die mittlere Temperatur des Winters ist in San Francisco 10,5, diejenige des Som- mers 14,8.

§ 7. Schlussfolgerungen. Die drei in diesem Kapitel unterschie- denen Formen des Regenklimas in den warmtemperirten Gürteln können in Bezug auf die Existenzbedingung der Vegetation auf zwei Typen zurückgeführt werden. Der erste Typus setzt sich, meteorologisch be- trachtet, allerdings aus sehr heterogenen Elementen zusammen, indem er Gebiete mit ungefähr gleichmässiger Feuchtigkeit mit solchen, die vorwiegend Winter- und Frühsommerregen, aber trockene Spätsommer und solchen, die trockene Winter und nasse Sommer besitzen, zu- sammenfasse Der gemeinsame Zug besteht darin, dass hohe, der Vege- tation günstige Temperaturen mit reichen Niederschlägen, wenn auch nur im Frühsommer, zusammenfallen. Das Klima ist demnach während der warmen Monate tropenähnlich und verleiht der Vegetation tropenähnlichen Charakter.

Wir finden hier der tropischen ganz ähnliche Vegetationstypen und an ähnliche Verhältnisse der Hydrometeore gebunden. Sehr reiche Niederschläge bedingen das Auftreten des temperirten Regenwalds, weniger reiche, aber während der Vegetationszeit, namentlich des Frühsommers häufige Regen dasjenige der Grasflur und zwar, wegen der milden Wintertemperatur in der tropischen Form der Savanne, welche, bei zunehmender Regenmenge, zunächst in

IQ. Gehölzklima und Grasflurklima in den warmtemperirten Gürteln. aqq

Savannenwald übergeht. Unregelmässige durch Trockenzeiten unterbrochene Niederschläge in der Vegetationszeit schliessen die Grasflur aus und bedingen das Auftreten des genügsamsten aller Gehölztypen, des Dorngehölzes, als Wald, Gebüsch oder Gesträuch. Noch grössere Trockenheit fuhrt zur Wüste.

In den zum zweiten Typus gehörigen Gebieten fallt die Regen- zeit mit den kühlen Wintertemperaturen zusammen. Letztere liegen aber für eine Anzahl vegetativer Processe, namentlich für das Wachs- thum, unterhalb des Optimum, in einigen der hierher gehörigen Gebiete sogar zeitweise unterhalb des Minimum. Der Sommer ist sehr trocken. Solche klimatische Bedingungen sind auf die betreffenden Klimagebiete der warmtemperirten Gürtel beschränkt und dementsprechend ist der ökologische Charakter ihrer Vegetation, nämlich die Herrschaft der immer- grünen xerophilen Gehölze, ohne Analogon in den tropischen Zonen und den winterkalten Gürteln der temperirten.

Literatur,

Die meteorologischen Tabellen sind aus: Zeitschrift der öster- reichischen Gesellschaft für Meteorologie 1866 1885 (I XX) und: Meteorologische Zeitschrift der deutschen und meteoro- logischen Gesellschaft 1882 1896.

Die allgemeinen Darstellungen stützen sich namentlich auf: Hann, Handbuch der Meteorologie. Zweite Auflage. 1897. Drei Bände, und des- selben Verfassers Atlas der Meteorologie. Gotha 1887. Für Südafrika wurde benutzt: K. Dove, Das Klima des aussertropischen Südafrika. Göttingen 1888.

32*

IV. Die immerfeuchten und die sommer- feuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel.

1. Die subtropischen und die temperirten Begenwälder. § i. Die sub- tropischen Regenwälder. Charakter. Verbreitung. Süd -Brasilien. Nord -Argentinien. Golfktiste und Florida. § 2. Der temperirte Regenwald im Allgemeinen. Oekologischer und floristischer Charakter. Verbreitung. § 3. Der neuseeländische Regenwald. Darstellung Hochstetter's. Oekologische Merkmale nach Diels. § 4. Der australische temperirte Regenwald. § 5. Der temperirte Regen- wald in Süd-Japan. § 6. Der temperirte Regenwald in Süd-Chile. Val- divien nach PhilippL Juan Fernandez nach Johow. 2. Die xerophilen Gehölftforma- tionen der warmen temperirten Gürtel. § 1. Dorngehölze. Charakter und Verbreitung. „Espinalformation" in Argentinien. § 2. Savannen wälder. Cebilwalder in Nord -Argentinien. Eucalyptus -Wälder in Australien. 3. Die Grasflurformationen der warmtemperirten Gürtel. § 1. Verbreitung. Nördlicher Gürtel. Savannen in Texas und Neu-Mexico. § 2. Südafrikanische Grasfluren. Thode über Britisch -KafTrarien. Transvaal. § 3. Die Pampas. Schilderung durch Lorentz. § 4. Die australischen Grasfluren. Die südaustralischen Savannen nach SchomburgL

1. Die subtropischen und die temperirten Regenwälder.

Die Gebiete mit reichlichem Regen zu allen Jahreszeiten (mindestens 120 cm) sind in den wintermilden Gürteln der temperirten Zonen, ähnlich wie in den Tropen, von Regen Wäldern, d. h. von immer- grünen, hygrophilen Wäldern, auf sandigem Boden oder in Sümpfen jedoch von Nadelwäldern eingenommen.

§ 1. Der subtropische Regenwald. Der tropische Regen wald überschreitet* stellenweise die Wendekreise, zunächst ohne seine charakteristischen Eigenschaften einzubüssen, dann unter allmählicher Verarmung des Formenreichthums und Abnahme der specifisch tropischen Eigenthümlichkeiten, wie Grossblätterigkeit, Plankengerüste, Holzlianen und Holzepiphyten, Epiphyllen, Cauliflorie, Wasserkelche. Das Auftreten einiger temperirter Formen verleiht diesen Schlussabschnitten der

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Fig. 238. Subtropischer nord mexikanischer Regenwald der Niederung, in Misantla. Platanus sp. mit kletternden Araceen. Nach einer Photographie von Herrn Dr. G. Karsten.

Verlag von QutUv Fltoher, Jena.

Reproduktion von J. B. Obernetter, München.

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 50 1

tropischen Regenwälder, die man als subtropische bezeichnen kann, ein auch nach der positiven Richtung hin etwas abweichendes Gepräge. Zu den subtropischen, d. h. abgeschwächten tropischen Regenwäldern gehören diejenigen Nord-Mexiko's (Fig. 238), der Südspitze Florida's und der benachbarten Key Inseln, vom südlichsten Brasilien (Rio Grande do Sul), des Ostabhangs der Cordillere in Nordargentinien (Oran, Tucuman), die spärlichen Regenwälder Natal's, wohl auch die etwas abweichenden Wälder in Queensland und Neu-Süd-Wales. Die

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Fig. 239. Ficus aurea im subtropischen Regenwalde Florida's. Aus „Garden and Forest."

Grenze ist namentlich gegen die nachher zu besprechenden viel eigen- artigeren temperirten Regenwälder schwer zu ziehen ; manchmal stellen solche subtropische Regenwälder das Bindeglied zwischen letzteren und den tropischen Regenwäldern dar.

Der tropische Regenwald der brasilianischen Küste in St. Catarina bei etwa 27 ° s. B. erschien mir nicht weniger üppig und formenreich, durch die charakteristischen ökologischen Elemente des Tropenwaldes nicht minder aus- gezeichnet, als die Wälder von Rio de Janeiro, oder diejenigen von Trinidad

S02

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

(n°n. B.). Erst in Rio Grande do Sul tritt nach Ihering eine starke Verarmung an tropischen Formen, verbunden mit dem Auftreten neuer, nicht tropischer ein, während gleichzeitig das tropische Gepräge durch Abnahme der Lianen und Epiphyten sich verwischt Sein südliches Ende erreicht dieser Wald zwischen dem 310 und 320 s. B., an den letzten Abhängen der Serra dos Taypes. Wie der brasilianische, setzt sich auch der bolivianische Tropenwald unter allmählicher Verarmung und Hinzutreten temperirter Formen über den Wendekreis hinaus fort, hört aber bereits zwischen dem 27 ° und 28° s. B. in Tucuman auf. Die auch hier eintretende Verarmung des Typus zeigt sich

Fig. 241. Subtropischer Regenwald (Eichenwald) in Louisiana. Quercus vircns. Arundinaria macrosperma (Cane). Nach einer Photographie.

Links:

namentlich in der Abnahme der Mannigfaltigkeit und Stattlichkeit der Holz- lianen und der phanerogamischen epiphytischen Flora, welch' letztere in Tucuman nur noch wenige Orchideen (Oncidium) , neben einigen Rhipsalis- und Peperomia - Arten und den herrschenden Bromeliaceen aufzuweisen hat Die Bäume wachsen, in höherem Maasse als in den eigentlichen, nachher zu besprechenden temperirten Regenwäldern, in bunter Mischung und erreichen stattliche Dimensionen. Ein reiches, theils kleinblätteriges, theils grossblätte- riges Unterholz aus Dicotylen Baumfarne und Bambusen fehlen füllt die Zwischenräume mehr oder weniger aus.

Die stattlichsten Bäume im Regenwalde von Tucuman sind nach Lorentz namentlich: Machaerium fertile (wird bis gegen 150' hoch), Nectandra por-

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IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 503

phyria, Juglans nigra L. var boliviana D. C. , Cupania uruguensis u. C. ver- nalis, Cedrela brasiliensis v. australis, Acacia -Arten, Eugenia Mato und Eu. uniflora, Myrsine floribunda und M. marginata, Chorisia insignis (eine Bom- bacee mit angeschwollenem, stacheligem Stamme), Pentapanax sp. , kleine Bäume sind u. a. Terminalia sp. (Lanza amarilla), Ruprechtia excelsa, Schmi- delia edulis, Achatocarpus nigricans, Erythroxylum ovatum, Candia pubes- cens, Kageneckia amygdalifolia, verschiedene Solanaceen wie Jochrona arbo- reum, Solanum verbascifolium und pulchrum etc.

Unter den noch nie- drigeren, mehr oder weniger strauchigen Holzgewächsen un- terscheidet Lorentz hartholzige, die zuweilen baumartig werden, und festere, kleinere Blätter haben (Celtis Tola, C. acumi- nata, Acacia tucumanensis, diese drei stachelig und mehr lianen- artig; Enkea Sieberi; Pisonia hirtella, Abutilon niveum etc.), von solchen, die bei niederem Wuchs wenig holzig und breit- blätterig sind (Phytolacca bogo- tensis, Celosia major, Chamissoa celosioides , Acalypha cordi- folia, Phenax urticifolius, Boeh- meria caudata, einige Sola- neen etc.).

Die grössten Lianen sind Bignoniaceen. Ausserdem klet- tern im Walde verschiedene Leguminosen , wie Canavalia gladiata , Desmodium adscen- dens, Colagonia australis, Rhyn- chosia melanosticha ; Euphor- biaceen (Tragia volubilis und dodecandra) ; Malpighiaceen (Heteropteris glabra , Janusia

guaranitica) ; Sapindaceen (Serjania fulta und foveolata) ; Cucurbitaceen (Cyclan- thera tamnifolia, Prasopepon cucumifolius, Sicyos montanus). Die krautige Flora des Bodens ist arm ; sie setzt sich zusammen aus einigen Farnen, breitblätterigen Gräsern, der Phytolaccacee Petiveria alliacea und anderen meist unscheinbar blühenden Dicotylen.

Auch die nördliche Fortsetzung des tropischen Regenwalds an der amerikanischen Ostküste, in Mexiko, Louisiana, Florida zeigt noch rein tropische, dem nachher zu schildernden autochthonen temperirten Regen- wald fremde Erscheinungen, wie kletternde Araceen die sich auf

Fig. 242. Subtropischer Regenwald in Mittelflorida. Sabal Palmetto. Nach einer Photographie.

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

unserer Fig. 238 an Platanen, also einer temperirten Baumform kletternd zeigen, baumartige epiphytische Feigen vom Banyantypus aber von weniger mächtigen Dimensionen (Fig. 239) etc. An der Küste von Louisiana und im mittleren und nördlichen Florida sind die tropischen Anklage in Flora und Oekologie viel schwächer, immergrüne Eichen (Quercus virens) (Fig. 241) werden vorherrschend, die Palmen gehören temperirten Sabal- Arten an und nur eine, S. Palmetto erreicht Mittel- höhe (Fig. 242), die Epiphyten bestehen nur noch aus wenigen krautigen Formen, von welchen eine allerdings die Landschaften oft beherrscht,

die auch in den Tropen und den nördlichen tem- perirten Zonen Amerikas allgemein verbreitete Til- landsia usneoides (Fig. 240). Der Laubwald tritt übrigens in den feuchtwarmen tem- perirten Gebieten Nord- amerika^ sehr zurück, in- dem edaphische Einflüsse das Auftreten von Nadel- wäldern bedingen (Pinus- Wälder (Fig. 244) auf Sand- boden, Taxodium distichum (Fig. 48) in Sümpfen).1)

Ich fand den subtropi- schen Regenwald in Nord« und Mittelflorida hauptsäch- lich charakterisirt durch die immergrüne Lebenseiche, Quercus virens, zu welcher die höchsten Bäume gehören, durch Magnolia grandiflora, die mit ihren grossen, glan- zenden Blättern an manche tropischen Feigenbäume er- innert, im April aber von riesigen, weissen Bltithen geschmückt ist; ferner durch Sabal Palmetto R. et S. , eine kleine, aber schlanke Fächerpalme, endlich nicht am wenigsten durch Tillandsia usneoides, die auf dem Walde einen grauen Schleier ausbreitet. Das reich entwickelte Unterholz be- steht oft nur aus Zwergpalmen (Sabal Adansonii, serrulata), sonst aus sehr verschiedenartigen Sträuchern, die zuweilen in ihrer Blattgrösse nicht weniger als in ihrer systematischen Stellung an Sträucher des tropischen Regenwaldes erinnern (z. B. Styrax grandifolium Ait.). Die holzigen Lianen sind wenig

Fig. 243. Aus dem subtropischen Regenwald in Mittelflorida. Nach einer Photographie.

») Vgl. Kapitel VIII.

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IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 505

verschiedenartig; am meisten fällt im ersten Frühling durch ihre grossen, gelben, duftenden Blüthenglocken Gelsemium sempervirens (Loganiaceen) in die Augen, in allen Lichtungen, namentlich am Ufer der Flüsse. Epiphyten sind ausser Tillandsia usneoides noch einige andere Tillandsien, theils die schmalblätterige T. recurvata, theils Arten vom gewöhnlichen rosettenfbrmigen Habitus (T. utriculata See. etc.), eine kleine Orchidee, die nördlich bis Süd- Carolina verbreitet ist (Epidendrum conopseum Ait), das noch weiter nach Norden dringende, massenhaft auftretende Polypodium incanum, Polypodium aureum, dessen grosse Wedel meist die beschuppten Stämme des Palmetto schmücken, und die zierliche Vittaria lineata, die mit Vorliebe zwischen den weissen Moospolstern des ebenfalls tropischen Octoblepharum albidum ihre schmalen Blätter erhebt.

Die Kiefernwälder bestehen ganz vorwiegend aus Pinus australis Michx. (Pinus palustris L.). Sie sind sehr licht und besitzen ein gestrüppartiges Unterholz, in welchem namentlich kleine Sabal- Arten (S. Adansonii und serrulata) massenhaft aufzutreten pflegen.

§ 2. Der temperirte Regehwald. Während die eben geschil- derten verarmten und bald aufhörenden subtropischen Fortsätze der tropischen Regenwälder relativ wenig eigenartiges bieten, tritt in grösserer Entfernung der Wendekreise, theil weise ebenfalls mit dem Tropenwalde zusammenhängend und mit ihm durch Uebergänge ver- bunden, theilweise in geographischer Isolirung, aber stets als ganz selbständige Bildung innerhalb des Typus, der temperirte Regen- wald auf.

Wie der tropische, ist auch der temperirte Regenwald wesentlich von immergrünen hygrophilen Bäumen gebildet, denn darin liegt gerade das wesentlichste Merkmal des Regenwaldes. Meistens jedoch treten auch hier periodisch belaubte Bäume als untergeordnete Bestandtheile auf, doch sind diese nicht mehr regengrüne, sondern sommergrüne Bäume, wie z. B. Fagus obliqua in Süd-Chile etc.

Die Grossblätterigkeit der tropischen Holzgewächse ist im tem- perirten Regenwalde selten. Meist sind vielmehr die Blätter klein (Fig. 245), dabei von festerer, mehr lederartiger Beschaffenheit. Sie sind unbehaart , oberseits gewöhnlich glänzend, ganzrandig oder wenig zertheilt, zuweilen jedoch gefiedert, ohne „Träufelspitze" und enthalten oft Wasserspeicher in Form von Wassergewebe, mehrschichtiger Epi- dermis oder Schleimzellen; ihre Cuticula ist meist ziemlich dick. Solche schwach ausgebildete Schutzmittel gegen Transpiration zeigen sich be- kanntlich auch bei den Bäumen des tropischen Regenwalds. Der ganze Charakter des Laubes weist jedoch im temperirten Regenwalde auf etwas ungünstigere Bedingungen der Wasserversorgung hin, welchen weniger sommerliche Trockenheit als die Erkaltung des Bodens im Winter zu Grunde liegen dürfte.

Fig. 245. Blätter einiger der wichtigeren Laubbäume des neuseeländischen Regenwaldes. / Alseusosmia macrophylla. 2 Olea montana. 9 Nesodaphne Jawa. 4 Knightia excelsa. 5 Pittosporum Colensoi. 6 Pittosporum tenuifolium. 7 Metrosideros lucida. 8 Fagus fusca. 9 Hedycarya dentata. 10 Myrtus bullata. // Kleinmannia silvicola. 12 MjTsine Urvülei. 79 Coprosma foetidissima. 14 Phebalium nuduni. 75 Fagus Solandri. Nat. Gr.

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 507

Die bei tropischen Bäumen so häufigen Brettergerüste kommen im temperirten Regenwalde nur ausnahmsweise vor. Epiphyllie, Cauliflorie, Wasserkelche sind hier unbekannt.

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Das Unterholz zeigt oft ebenso dichten Wuchs als in den Tropen ; dagegen entbehrt es der reichen Frondosität bei schwacher Ver- zweigung, welcher namentlich die tropisch -amerikanischen und die malayischen Regenwälder ihre unvergleiche Ueppigkeit zum grossen

508

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Theile verdanken. Aehnliches gilt von den Lianen. Auch sie sind im temperirten Regenwalde beinahe stets reichlich vorhanden, aber nie in der Mannigfaltigkeit und mit den mächtigen Dimensionen derjenigen wärmerer Gebiete. Ein solches Bild der Abschwächung innerhalb des gleichen Typus zeigt endlich ebenfalls die epiphytische Vegetation (Fig. 246 und 248). Farne und Phanerogamen schmücken, wie im tropischen, auch im temperirten Regenwalde stets Stämme und Aeste der Bäume; aber ihre Armuth an Formen, ihre meist geringe Grösse, welche Baumdimensionen nie erreicht (mit einer Ausnahme in Juan

Fig. 247. Astelia Banksii, blühend, ca. 1 m hoch. Neu -Seeland. Kew Gardens Photographie durch Herrn J. Gregory, Plant photographer.

Fernandez), das Vorherrschen unter ihnen der genügsamen Farne weisen auf weniger günstige Bedingungen hin.

Seiner floristischen Zusammensetzung nach stimmt der temperirte Regenwald in der grossen Mannigfaltigkeit seiner Baumarten mit dem tropischen überein; doch ist weit häufiger als in letzterem eine Art oder eine Gruppe verwandter Arten vorherrschend. So wachsen in demselben Quercus- oder Fagus- Arten gerne gesellig. Temperirte Formen sind tropischen beigemischt ; letztere sind natürlich in Wäldern, die mit denjenigen der Tropen zusammenhängen, zahlreicher als

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 509

etwa in den ganz isolirten Regenwaldgebieten Valdivia's und Neu- seelands.

Die in ihrer Lebensweise am meisten an das tropische Klima gebundenen Elemente des Regenwaldes, die farnartigen und phanero- gamischen Epiphyten sind, innerhalb des temperirten Regenwalds, ganz vornehmlich tropischen Ursprungs, weit mehr als die Bodenpflanzen; ja, die Wälder Neuseelands und Valdiviens haben allein, neben tropischen, einige wirklich autochthone Epiphyten entwickelt, während die weniger feuchten Wälder Japans, Australiens, Argentiniens und Nordamerikas nur tropische Auswanderer oder aus. solchen hervorgegangene Arten besitzen. Unter diesen befinden sich sogar die letzten Auswanderer der tropischen Flora, wie Tillandsia usneoides (Fig. 240) und Poly- podium incanum in Nordamerika.

Nur an wenigen Stellen ausserhalb der Wendekreise haben sich die Bedingungen, welche das Gedeihen der Phanerogamen des Bodens auf rissiger Baumrinde, diese erste Stufe bei der Entstehung von Epiphyten , vereinigt gefunden denn von dem gelegentlichen Vorkommen von solchen in Höhlungen und dgl. ist natürlich abzusehen. Namentlich setzte der epiphy tischen Lebensweise die Winterkälte ein unüberwindliches Hinderniss entgegen, denn während derselben ver- mögen die Wurzeln auf die Baumrinde fallende Niederschläge nicht zu verwenden. Daher konnten nur solche Phanerogamen, die sich in den Tropen an grösste Trockenheit angepasst hatten, Gebiete mit Winter- kälte als Epiphyten besiedeln, vorausgesetzt dass sie, wie die oben erwähnten tropischen Auswanderer in Nordamerika, tiefere Temperaturen als solche vertrugen.1)

Ueber Structur und Lebensweise der Gewächse in den temperirten Regenwäldern, namentlich in den interessantesten, weil isolirtesten der- selben, denjenigen von Neu-Seeland und Valdivia, liegen bis jetzt nur wenige an Ort und Stelle gemachte Beobachtungen vor.

Hochstetter entwirft folgende populär gehaltene Schilderung des temperirten Regenwalds auf Neu-Seeland : „Betritt man den Wald, so sind es abermals Farne, welche vor allem in die Augen fallen, herrliche Farnbäume mit schuppenartig gezeichneten Stämmen und zierlichen Kronen (Dicksonia und Cyathea), Hymenophyllen und Folypodien in den mannigfaltigsten Varietäten, welche üppig den Stamm der Wald- bäume bedecken, die seltsame Form des Nierenfarn (Trichomanes reniforme), dessen runde nierenförmige Blätter am Rande ringsum auf

*) Solche erste Anfänge des Epiphytismus, nämlich das gelegentliche Vorkommen von Bodenpflanzen auf Bäumen sind, nach Johow, in den Regenwäldern von Juan Fernandez häufig, L c. S. 250.

5io

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

die zierlichste Weise mit Samenkapseln besetzt sind, Farnkräuter in den Aesten und Zweigen der Bäume, Farnkräuter am Boden, lebendig gebärende Asplenien (Asplenium bulbiferum), zarte Goniopteris- und Leptopteris -Arten, kurz Farnkräuter in jeder Art und Zahl.

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Aber auch im Wald fast nirgends bunte Blüthen und Blumen, wenig krautartige Gewächse, nichts als Sträucher und Bäume, Sträucher mit unscheinbaren grünen Blüthen .... Nur wenige Bäume wachsen ge- sellschaftlich, und nur in der Kauri-Fichte (Dammara australis), der

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 511

Kahikatea-Fichte (Podocarpus dacrydioides) und der Schwarzbirke (Fagus fusca) haben wir einzelne Arten, die durch massenhaftes Vorkommen oder durch besondere Gruppirung physiognomisch in der Landschaft hervortreten. Ausser den Kauri-Wäldern des Nordens, den Kahikatea-

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Wäldern an sumpfigen Flussufern und dem Schwarzbirkenwald auf der Südinsel lässt sie sichl daher nicht vergleichen mit dem individuellen Cha- rakter unserer Fichten-, Buchen- oder Eichenwälder ....

„Zu den Hauptzierden des gemischten Waldes gehören die ver-

c 1 2 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

schiedenen Arten von Coniferen. Totara (Podocarpus totara) und Matai (Podocarpus spicata) sind grosse, schöne Waldbäume, die man in je- dem Walde antrifft, Rimu (Dacrydium cupressinum) zeichnet sich durch hängende Blätter und Zweige, Tanekata (Phyllocladus trichomanoides) durch seine petersilienartigen Blätter aus. Neben ihnen erhebt sich die pappelähnliche Rewarewa (Knightia excelsa), zu den Proteaceen gehörig, der Hinau-Baum (Elaeocarpus hinau), dessen Früchte das Lieb- lingsfutter der Papageien sind .... Auch der Kowai (Edwardsia mi- crophylla) mit seinen herrlichen gelben Schmetterlingsblüthen erreicht in manchen Gegenden eine ansehnliche Grösse. Zu den grössten Wald- bäumen gehören ferner mehrere Repräsentanten aus der Familie der Myrtaceen und Laurineen, vor allem der Rata-Baum (Metrosideros ro- busta), dessen oft 40 Fuss im Umfang messender Stamm stets mit Schmarotzern aller Art bedeckt ist, und dessen Krone scharlachrothe Blüthenbüschel trägt, ferner Kahikatoa (Leptospermum), Tawa (Laurus*, Pukatea (Laurelia), Karaka (Corinocarpus) und viele andere. Das Unter- holz bilden Gebüsche und Sträuchfcr der mannigfaltigsten Art, nament- lich Panax- und Aralia- Arten , über welche die zierliche Nikau-Palme (Areca sapida), die einzige Repräsentantin ihres Geschlechtes in Neu- seeland, malerisch ihre saftig grüne Krone erhebt.4*

„Während diese Palme und die oben erwähnten Farnbäume durch ihre Formen an tropischen Wald erinnern, verdankt der neusee- ländische Wald seine tropenartige Fülle den zahllosen Schmarotzer- gewächsen, Farnen, Pandanen (Freycinetia , Banksia) und Orchideen, welche Stämme und Aeste bedecken, und den Schlingpflanzen (Rhipo- gonum, Rubus, Metrosideros, Clematis, Passiflora, Sicyos etc.), welche den Boden verstricken und namentlich sich in die höchsten Bäume schlingen. Dadurch wird der Urwald zu einem undurchdringlichen Dickicht, das mit dem Messer oder Schwert durchgehauen werden muss für jeden Schritt, den man auf ungebahntem Wege darin machen will. Auf den schmalen Pfaden der Eingeborenen arbeitet man sich nur mühsam durch über das knorrige Wurzelwerk der Bäume und durch die immer wieder nach kurzer Zeit den Durchgang versperrenden Schlinggewächse . . . ."*) Reiche Mischung der floristischen Bestand- teile verbunden mit grosser Ueppigkeit zeigt sich in Neu-Seeland vor- nehmlich auf der Nord-Insel und nimmt im südlichen Theil der Sud- Insel ab, indem Buchen immer mehr vorherrschen (Fig. 251).

Im Folgenden sollen einige Charakterzüge, hauptsächlich nach Diels' Unter- suchungen, etwas genauer ins Auge gefasst werden. Die Coniferen nehmen unter den Bäumen den ersten Rang, was die Individuenzahl betrifft, ein. Eigentliche Nadelblätter kommen bei ihnen nicht vor, sondern theils dicht-

>) 1. c. S. 418.

IV. Die ininierfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 513

dach ige Schuppenblätter (Libocedrus Demiana Endl., Podocarpus dacrydioides A. Rieh., Dacrydium-Arten), theils grössere breitere Blätter (Agathis australis Salisb. , Podocarpus- und Phyllocladus- Arten). Die systematische Mannich- faltigkeit der dicotylen Holzpflanzen ist eine erstaunliche (110 Arten aus

Fig. 251. Waldbäume des neuseeländischen Regenwaldes: Coniferen. / Phyllocladus glaueus

Cass. 2 Dammara australis. 3 Dacrydium cupressinum Soland. 4 Podocarpus ferruginea

Don. 5 Podocarpus Totara A. Cunn. Nat. Gr.

61 Gattungen und 39 Familien, aber noch erstaunlicher ihre habituelle Aehn- lichkeit. Beinahe sämmtlich besitzen sie lederartige, eiförmige, ganzrandige, oberseits glänzende Blätter, welche, an höheren Bäumen, Vorrichtungen zur Wasserspeicherung (Wassergewebe, Schleimzellen u. dergl.) zu besitzen pflegen.

Schimper, PBanzengeographie. 33

t\A Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Das dichte Unterholz ist reich an Baumfamen. Kleinere Farne bilden den wesentlichen Bestandteil der krautigen Bodenflora, deren Lücken von Moosen eingenommen sind. Die Stammbasen sind von Hymenophyllaceen überzogen, höher hinauf werden sie von anderen epiphytischen Farnen (Arten von Poly- podium, Asplenium etc.) ersetzt; auf den Baumästen prangen die grossen Rosetten der endemischen Astelien (A. Cunninghamii Hook, fil., A. Solandri Cunn., A. spicata Col. u. a.) (Fig. 124 u. 249), welche, wie die ihnen ähnlichen epiphytischen Bromeliaceen, zwischen ihren dichtschliessenden Blättern Wasser sammeln, das sie wahrscheinlich in ähnlicher Weise benutzen. Andere autochthone Epiphyten sind strauchig entwickelt (Pittosporum cornifolium A. Cunn. und P. Kirkii Hook, f., Metrosideros robusta A. Cunn. und M. Colensoi Hook, f., Griselinia lucida Forst, Gaultheria epiphytica Col.)* die Luzuriagee Enargea marginata B. et S. erinnert, wie die epiphytische Griselinia, an den Regenwald Süd-Chiles, einige Orchideen und eine Peperornia deuten auf theils alte, theils recentere Einwanderungen aus den Tropen. Wie die Epi- phyten treten auch die Lianen im Vergleich /um tropischen Regenwalde m Bezug auf Formenreichthum stark zurück; sie bilden aber doch, dank des massenhaften Auftretens der Individuen, einen wesentlichen Bestandthoil derselben. Es sind theils Ranker (namentlich Clematis- Arten), theils Winder (Arten von Lygodium, Rhipogonum, Mühlenhei kia. , Parsonsia, Ipomoea, Se- necio), theils Wurzelkletterer (namentlich M^trosideros-Arten), theils Spreiz- klimmer (Rubus australis). Charakteristisch für diese Lianenflora sind die anderswo nicht kletternden Myrtaceen.

§ 4. Der australische Regenwald. Ganz eigenartige Physiognomie zeichnet die „Fern gullies" in Victoria aus, eine Waldfarm, die allerdings ihre Ueppigkeit mehr dem Grundwasser als dem Regen verdankt. Auf weiten Strecken besteht hier der Wald aus zwei scharf begrenzten Stockwerken* einem unteren aus Baumfarnen, das sich bis 40 50' engl erhebt und einem oberen aus Eucalypten, dessen durchschnittliche Höhe 300—400' engl betragen dürfte. Die Eucalypten gehören zu mehreren Arten, namentlich zu E. amygda- lina und E. obliqua; sie stehen bald dichter zusammen, bald in grösseren Entfernungen von einander. Unter den Baumfarnen herrschen Alsophila austräte R. Br. und Dicksonia antaretica Labill. (Fig. 232) vor. Auch die Vegetation des Bodens ist oft meilenweit beinahe nur von Famen in den verschiedensten Formen gebildet (z. B. Pteris aquilina, Pt. incisa Thunb. , Asplenium bulbt- ferum Forst, A.aculeatum Sw., Lomaria -Arten, Davallia dubia Gaud., Gleichenia flabellata R. Br. und Gl. circinata Sw. u. a. m.), und krautige Farne über- ziehen die Baumfarnstämme als Epiphyten (z. B. Polypodium grammitidis R. Br., P. australe Mett., Aspidium capense Willd., Hymenophyllum tunbrid- gense Sm.).

Andere Bezirke des Waldes bieten ein anderes, mehr an dasjenige ty- pischer Regenwälder erinnerndes Bild dar. Unterholz aus dicotylen Bäumen und Sträuchern bildet, mit Farnbäumen zusammen, zwischen den auch hier hochthürmenden Eucalypten die Ausfüllung der Zwischenräume; höchst eigenartig ist dieses untere Gehölz durch den Reichthum an baumartigen Compositen, wie Atherospermum moschatum, Helichrysum ferrugineum, Senecio Bedfordi etc.;

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. t\t

auch mehrere Acacien (z. B. A. decurrens in zwei Var., A. retinodes. A. leprosa, A. penninervis) kommen in demselben vor, neben verschiedenen Holzgewächsen aus anderen Familien. Die vorwiegend dünnstämmigen, meist krautigen Lianen sind namentlich durch Rubus macropodus und durch ein, einzelne Partieen des Waldes undurchdringlich machendes Gras, Tetrarena tenacissima,

Fig. 252. Natürliche Waldpartie im Park von Sydney. Nach einer Photographie.

vertreten, das zu den eigenartigsten Erzeugnissen dieser merkwürdigen Wälder gehört und an tropische Ueppigkeit erinnert. „Die rankende Tetrarena," sagt Krone, „bildet hier und da hohe, dicht verfilzte grüne Wände von Eucalyptenstämmen oder aus den Laubkronen anderer Bäume und Gesträuche herab oder zwischen hohen Baumfarnen, deren alte abgestorbene Wedel, die an

33*

5 1 6 Zweiter Abschnitt : Die temperirten Zonen.

den Stämmen herunterhängen, immer mit hineingesponnen werden. Oft hat das Gras ganze Wegstrecken überkleidet und dabei zugleich alte, in das Waldlabyrinth hineingefallene querliegende Riesenstämme von Eucalypten und die aus diesen wieder hervorwachsende üppige Vegetation mannigfacher Art oder umgestürzte Farnstämme mit ihren dürr gewordenen, aber dessenungeachtet noch an ihrem Platze befindlichen Wedelkronen derart überstrickt und über- wuchert, dass man wie auf einem, freilich nicht ganz regelrecht gepolsterten Kissen darauf geht und dieser Grasfilz eine Art von unzerreisslicher Hänge- brücke von Stamm zu Stamm und über breite Einsenkungen bildet, in denen unten der Waldbach dahinbraust . . ." (S. 167 168).

Zu den tropenähnlichen Vegetationsformen gehört auch eine halbepiphy- tische Farnliane, Polypodium scandens var. Billardieri, welche sich, in Vic- toria, merkwürdigerweise streng an die hie und da im Walde auftretende immergrüne australische Buche, Fagus Cunninghami, gebunden zeigt „Am Myrtle-Creek finden wir nachbarlich gruppirte Buchen beisammen, meist Prachtexemplare von hohem Alter und dabei strotzender Gesundheit, deren imponirende Stämme fast bis zur Laubkrone hinauf von dem Polypodium scandens in üppiger Fülle umstrickt sind, das zugleich hier und da von Buche zu Buche in mehrfachen Lianengewinden, die, um sich selbst zurückkehrend, sich wieder vielfach umwuchern, und dann und wann noch hoch hinaufzieht in die Laubkronen der Buchen."1)

Aehnliche Waldformationen, in welchen das Laubdach hauptsächlich von Eucalypten, das Unterholz von Baumfarnen (Dicksonia antarctica) gebildet ist, kommen auch in Tasmanien vor.2) (Fig. 232.)

§ 5. Der temperirte Regenwald in Süd -Japan. Grossartig und eigenartig ist, nach Rein's Beschreibung, der temperirte Regenwald in Südjapan, oder er ist es vielmehr früher gewesen, denn er hat beinahe überall der Cultur weichen müssen und ist wesentlich nur in den hei- ligen Tempelhainen8) ganz verschont geblieben.

Hochstämmige immergrüne Eichen (Quercus cuspidata, glabra, thalasiana, phylliraeoides, acuta, sessilifolia, glauca, gilva) bilden die Hauptbestandteile dieser Wälder und setzen dieselben streckenweise sogar allein zusammen. In der Regel treten jedoch noch andere ebenfalls immergrüne Bäume hinzu, wie der Kampherbaum (Cinnamonum Camphora) und andere Lauraceen, Iücium anisatum und andere Magnoliaceen. Die ebenfalls allgemein verbreitete Camellie bildet in diesen Wäldern einen dickstämmigen, bis 10 m hohen Baum. Gesträuch aus Ternstroemia japonica, Eurya japonica, Pittosporum Tobira und vielen anderen Arten liefert ein dichtes Unterholz* Dickstämmige holzige Lianen, anscheinend zu den gleichen laubwerfenden Arten gehörig, wie in dem später zu besprechenden winterkahlen Walde, durchziehen mit gewundenen Stämmen die Luft, und die Aeste der Bäume tragen einige

1) Krone S. 175—176.

2) Die diesbezügliche Arbeit Tenison -Woods' ist mir nicht zugänglich. Vgl. Drude, Pflanzengeographie S. 501.

8) Nach Mayr.

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel, J 1 7

Jl8 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

epiphytische Orchideen (Luisia teres, Dendrobium moniliferum, Malaxis japo- nica, Sarcochilus japonicus), epiphytische Farne, verschiedene parasitische Loranthaceen (Viscum articulatum Burm., Loranthus Yadoriki S. et Z.). In diesen Wäldern finden viele tropische, indo - malayische Familien ihre Nord- grenze, so z. B. die Sterculiaceen, Simarubaceen, Meliaceen, Melastomaceen, Begoniaceen, Ebenaceen, Piperaceen, Scitamineen, Commelinaceen etc.

§ 6. Der temperirte Regenwald in Süd -Chile. Folgende Schilde- rung der Regenwälder in Valdivia, die wir einem Reiseberichte von R. A. Philippi, dem besten Kenner der chilenischen Flora, entnehmen, giebt einige Vorstellung von ihrem ökologischen und floristischen Charakter :

In Europa, in Nordamerika kann man fast überall in einem Walde zwischen den Bäumen hindurchgehen, hier aber ist es nur in höchst seltenen Fällen möglich wegen des zahlreichen Unterholzes, unter welchem die Quila unstreitig das schlimmste ist Dies ist eigentlich ein Gras, aber ein strauchartiges, un- gemein verästeltes, mit immergrünen Blättern versehenes, welches oft bis 30 Fuss hoch in die Bäume rankt, und solide, elastische, sehr harte Stengel hat, die gar nicht zu zerbrechen sind. Sie gehört zu dem Südamerika eigentüm- lichen Geschlecht Chusquea Kth., und kommen in Valdivia drei Arten vor: Ch. quila Kth., Ch. valdiviensis Desv., Ch. tenuiflora Ph. Die Stämme sänimt- licher Bäume sind nicht nur überreichlich mit Moosen, Lebermoosen, zahl- reichen Arten Hymenophyllum , von denen H. pectinatum Can., sowie das ungetheilte H. cruentum Can. besonders zierlich ist, kleineren Farnen, wie Asplenium magellanicum , Aspl. trapezoideum , Grammitis repanda bedeckt, sondern auch mit phanerogamischen Schmarotzern und Schlingpflanzen. Be- sonders häufig sind hier die beiden Arten von Luzuriaga, L. scandens R. et P. und L. reeta Kth., gleich reizend, wenn sie ihre weissen Sternblumen im Frühling entfalten, oder im Herbst mit ihren scharlachrothen, mehr als erbsen- grossen Beeren prangen. In Chiloe benutzt man allgemein ihre drahtdicken, zwischen dem Moos an den Stämmen in die Höhe laufenden Würzelchen, um daraus Körbe und Stricke zu machen. . . . Nächst der Luzuriaga sind fast an allen Bäumen zwei Pflanzen aus der Familie der Gesneriaceen zu finden, beide mit prächtigen scharlachrothen Blumen, die niedrige, kriechende Sarmienta repens R. et P., und die Mitraria coccinea Cav., welche einen 2 3 Fuss hohen Strauch bildet. Unter den zahllosen Schlingpflanzen der Wälder Val- divia's werden unstreitig die Cornidia integerrima und C. serrata, Saxifrageen, am dicksten. Es ist nicht selten, armsdicke Stämme derselben zu sehen, welche 40 Fuss hoch von den unteren Aesten herabzuhängen scheinen. So lange sie jung sind, liegen sie dicht an den Baumstämmen an, an welchen sie sich mit Luftwurzeln wie der Epheu befestigen ; wenn sie aber älter werden, vertrocknen - und verfaulen diese Wurzeln , und der Stamm der Liane trennt sich vom Baumstamme, um frei in der Luft zu schweben, getragen von seinen in der Krone des Baumes befindlichen Aesten. . . . Nächstdem ist Cissus striata besonders häufig, dessen biegsame Stämme vielfach anstatt der Seile dienen, wenn man die vorzüglicheren der Lardizabala biternata nicht haben kann. Zu den Schlingpflanzen, welche in den Wäldern um Puerto Montt ferner

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 519

häufig sind, gehören Aralia valdiviensis apud Gay, Boquila (Lardizabala) trifoliata, Ericilla volubilis Juss., welche bis -P^ru hin vorkommt, Echites

Fig. 254. Temperirter Regenwald auf Juan Fernandez. Nach Fr. Johow.

chilensis Dev. und ein oder zwei Arten Cynoctonum. Die schöne Lapageria rosea R. et P., unstreitig mit ihren rosenrothen, lilienartigen Glocken die

jj20 Zweiter Abschnitt: Die teoiperirten Zonen.

schönste Zierde der Wälder, und überaus häufig von Osorno bis Concepcion ist auch eine Schlingpflanze, deren zähe, drahtartige Stengel nicht wenig lästig sind , wenn man vom Pfade abbiegend in den Wald eindringen will. ... Die häufigsten Waldbäume sind hier der Vauvan, Laurelia serrata Ph., der Coigne, auch wohl Roble genannt, Fagus Dombeyi , ein prachtvoller Baum, mit hori- zontal ausgebreiteten Aesten und kleinem, immergrünem Laube. Er liefert in dieser Gegend das dauerhafteste, der Feuchtigkeit am besten widerstrebende Bauholz, ist aber bei weitem nicht so häufig als weiter im Norden, wo man Riesenbäume sieht, deren ausgehöhlter Stamm Canoes liefert, in denen 7 bis

9 Personen Platz haben. Häufig ist der Canelo, Drimys chilensis D. G, der Tineo oder Tenui , Weinmannia trichosperma Cav. , mit den zierlichen , ge- fiederten Blättern, die Tiaca, Caldcluvia paniculata Don., der Tique oder Palo muerto, Aegotoxicum punctatum P. et P., der Sahuco falco, Aralia laete-virens bei Gay, die Luma, Myrtus Luma Mob, mit sehr hartem, zähem Holz, ein Baum mittlerer Grösse, endlich von Nadelhölzern die Saxegothea conspicua Lindl., welche ich mit unserem Eibenbaum vergleichen möchte, was den Wuchs und die Blätter betrifft, und Podocarpus nubigena Lindl., welche fast genau die Nadeln unserer Weisstanne hat. . . . Der werthvolle Lingue, Persea Lingue, kommt hier noch nicht vor. Unterholz sind besonders Berberis Dar- winii Hook, und B. buxifolia Lawk., Azarea lanceolata Hook., deren zahllose goldene Blüthen die Luft mit Wohlgeruch erfüllen, Cytharexylum cyanocarpum Hook., Eugenia apiculata und Eug. planipes, sowie Myrtus Uni MdL, endlich der Tepu, Tepualia stipularis Griseb. Er bildet am Ufer von Bächen und sonstigen feuchten Stellen ein vollkommen undurchdringliches Buschwerk, sog. Tepuales."1)

Die Insel Masatierra, die grösste des Juan Fernandez- Archipels , besitzt, obwohl ungefähr in der Breite von Santiago in Chile gelegen (ca. 36 °S. B.), ein viel regenreicheres Klima und ist zum Theil von Regen wäldern bedeckt, die, entsprechend ihrer insularen Natur, weniger formenreich sind als diejenigen des Continents (Figur 254). Drei Bäume bilden sie hauptsächlich, von welchen die Myrtacee Myrceugenia fernandeziana die erste Stelle einnimmt, ein bis 25 m Höhe und 80 cm Stammdicke erreichender Baum mit dichter, schirm- förmiger Krone und mittelgrossen, pergamentartigen Blättern ; die zweite Stelle nach der Zahl der Individuen, aber die erste nach den Dimensionen, nimmt Xanthoxylum Mayu ein, ein 30 m hoch werdender Baum mit gefiederten, lederartigen Blättern; diesen beiden Arten tritt stets noch eine endemische Varietät der Drimys Winteri hinzu (var. confertifolia) , welche, nur etwa

10 m hoch werdend, einen überaus dicken, massiven Stamm besitzt und ihre lorbeerartigen Blätter, ähnlich wie die meisten endemischen Pflanzen des Archipels, am Gipfel der Achsen angehäuft zeigt. Diesen vorherrschenden Bäumen treten untergeordnet andere hinzu, wie Psychotria pyrifolia (Figur 255), Boehmeria excelsa, Sophorä tetraptera, die ebenfalls nur 10 m hoch werden und wie die vorhergehenden, saftloses Laub besitzen. Auffallende Neben- bestandtheile des Waldes sind ferner die endemische, in kleinen Gruppen wachsende Juania australis und einige massivstämmige Baumfarne (Dicksonia berteroana, Thyrsopteris elegans). Von dem ehemals häufigen Santalum

l) Mit Abkürzungen. Philippi 1. c. S. 266—268.

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 52 1

femandezianum ist nur ein einziges lebendes Exemplar noch bekannt. Die Holzlianen fehlen auf Masatierra gänzlich, denn die stellenweise massenhafte und anscheinend wilde Lardizabala biternata scheint vom Festlande herzurühren; immerhin zeigt das üppige Gedeihen dieser Form, wie das Vorkommen einer

Fig. 255. Aus dem temperirten Regenwalde auf Juan Fernandez: Psychotria pyrifolia.

Nach Fr. Johow.

holzigen Convolvulaceenliane auf Masatierra, dass die insulare Lage und nicht das Klima die Ursache des Fehlens von Holzlianen ist. Sodann sind im Walde von Masatierra zwei stattliche wurzelkletternde Farne vorhanden, Nephrolepis altescandens und Lomaria attenuata. Sehr reichlich sind die

522

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Epiphyten vorhanden, namentlich unter den Farnen (Hymenophyllaceen, Poly- podiaceen etc.). Von phanerogamischen Epiphyten ist nur eine, allerdings baumartige Art vorhanden, die Composite Rhetinodendron Berterii, ein Baum- würger nach Art der Clusien und Feigen. Doch ist dieselbe nicht ein aus- schliesslicher Epiphyt und viele Baum- und Straucharten, die sonst als Boden- pflanzen wachsen, treten an besonders feuchten Standorten als accidentellc Epiphyten auf.

Die Bodenvegetation ist ganz vornehmlich von Farnen und Zellenkrypto- gamen gebildet; Phanerogamen, nur in etwa einem Dutzend Arten vertreten, spielen in derselben nur eine unwesentliche Rolle.

Fig. 256. Prosopis albaGriseb. Ein Baum des argentinischen Dornwaldes (Espinal-Formarion).

ll2 nat. Gr. Nach Hieronymus.

Trotz der grossen Regenmenge ist auch hier die Träufelspitze nirgends ausgebildet. Auch fehlen andere Merkmale des tropischen Regenwaldes, wie Plankengerüste, Cauliflorie, Wasserkelche etc.

2. Die xerophilen Gehölzformationen der warmen temperirten Gürtel.

Wie in den Tropen, können die xerophilen Gehölze der wannen Gürtel der temperirten Zonen, soweit sie das S. 498 gekennzeich- nete tropenähnliche Klima besitzen, auf die beiden Typen des Sa-

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 523

vannenwalds und des Dornwalds zurückgeführt werden. Auch hier schliesst sich der erstere den Grasflurformationen nahe an und geht oft in dieselben über, während der Dornwald, mit den für die Grasflur ungünstigen Bedingungen unregelmässiger, durch Trockenzeiten unter- brochener Niederschläge vorlieb nimmt und durch zunehmende klima- tische Trockenheit in Dorngesträuch, schliesslich in die offenen For- mationen der Wüste übergeht.

§ I. Dorngehölze. Dorngehölze zeigen sich als edaphische For- mationen in Regenwald- und namentlich in Grasflurgebieten auf sehr durchlässigem, trockenem, sandigem Boden, sie nehmen aber auch als

Fig. 257. Flora des argentinischen Dornwaldes (Espinalformation). Gourliea decorticans Gill. Nach Taubert in: Natürliche Pflanzenfamilien.

klimatische Formationen ausgedehnte Areale ein, namentlich im Inneren Argentiniens, westlich von den Pampas, wo sie, nach Lorentz, die verschiedensten Bodenarten bewachsen : Pampaslehm, Geröll- und Sand- dünen, Granit und Kalk. Die ausgedehnten Dorngehölze Argentiniens, Hieronymus' Espinalformation, verdienen nur streckenweise, namentlich im östlichen Theile, die Bezeichnung Wälder; nach Westen hin werden sie gebüsch- und gesträuchartig und gehen gegen Westen und Süden hin allmählich in Wüstenformationen über. Die Bäume sind sehr verschieden- artig, jedoch mit wenigen Ausnahmen (z. B. Aspidosperma Quebracho) durch krüppelhaften Wuchs, struppige Verästelung, lichte Kronen und reiche Dornbildung charakterisirt. Aehnliche Eigenschaften wiederholen

524

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

sich bei den Sträuchern. Leguminosen sind unter ihnen viel vertreten, in erster Linie Arten von Prosopis (Fig. 256), Acacia, Mimosa, weniger Gourliea decorticans, der „Chanar"-Baum, nach welchem Grisebach die ganze Formation bezeichnete1 (Fig. 257). Auch das schon erwähnte Aspidosperma Quebracho, Celtis- Arten, Anacardiaceen (Fig. 285), Zygo- phyllaceen sind häufig. Wie in den Dorngehölzen der Tropen sind auch hier Fiederblätter (Leguminosen, Zygophyllaceen, Anacardiaceen) vorherrschend. Aphyllen sind unter den Sträuchern verbreitet. Reich-

thum an ätherischen Oelen ist vielen Arten, namentlich Terebinthi- nen eigen.

Eine Fülle von meist krautigen Schlingpflan- zen (Bignoniaceen, As- clepiadaceen, Convolvu- laceen , Cucurbitaceen), viele Opuntien, in den mehr wüstenartigen Ge- bieten auch säulen- hohe Cereus-Arten, aus- gesprochen xerophile, grosse Tillandsien nebst bunten Loranthaceen auf den Baumästen und eine ganz dürftige, aus dem vorwiegend nackten har- ten Boden entspringende Vegetation aus einzel- nen harten Gräsern und kleinblätterigen Com- positen vervollständigen das Bild eines noch ganz tropenähnlichen Dorn- waldes.2) Aehnliche Dorngebüsche sollen am mexikanischen Meerbusen auf- treten und scheinen auch in Südafrika ausgebildet zu sein.

§ 2. Savannenwälder. Ein wesentlich anderes weit freundlicheres Bild als die Dornwälder bieten die Savannenwälder, welche in Argen- tinien z. B. in der Provinz Tucuman, ausserdem wohl auch im Nord-

Fig. 258. Aus dem argentinischen Dornwalde (Espinal- formation: Schinopsis Lorentzii [Griseb] engl., eine baum- artige Anacardiacee). */t nat. Gr. Nach Engler in: Nat. Pflanzenfamilien.

J) Lorentz bezeichnet die Formation als Monte, d. h. Wald.

*) Vgl. über diese Wälder: Lorentz 1. c. S. 20 u. f., Tschudi 1. c. S. 14.

IV. Die ininierfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 525

Osten, auftreten. In Tucuman gehören zu denselben die Cebilwälder, die beinahe ausschliesslich von Acacia Cebil gebildet sind; unter- geordnet tritt höchstens noch Caesalpinia melanocarpa auf. Der Boden ist von einem aus schmalblätterigen Arten gebildeten Gras- teppich überzogen, in dessen Lücken verschiedene dicotyle Stauden, namentlich Solidago -Arten und Plantago scandens nebst einigen Sträuchern sich angesiedelt haben.

Fig. 259. Eucalyptus globulus. 2/5 nat. Gr. Nach einer Photographie.

Die ausgedehntesten und eigenartigsten aller Savannenwälder sind die Eucalyptus- Wälder, die die Küstengebiete Australiens von Süd- Australien bis Queensland zum grossen Theile bedecken und auch in Tasmanien vorkommen. Diese Wälder weichen in einiger Hinsicht von gewöhnlichen Savannenwäldern ab, z. B. häufig, aber nicht immer, durch die grössere Höhe der Bäume, ferner durch das immergrüne Laub, jedoch nicht in wesentlichen Merkmalen z. B. dem reichen Graswuchs zwischen den in ganz lockerem Bestand sich erhebenden Stämmen, bei fehlendem oder ganz zurücktretendem Unterholz. Wie andere Savannenwälder geht auch der Eucalyptus- Wald allmählich in Savanne über (Fig. 260 262).

526

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Eine der charakteristischsten Eigenthümlichkeiten der Eucalypten (Fig. 259) wurde bereits von R. Brown meisterlich geschildert. Er erwähnt, dass „ihre Blätter, oder diejenigen Theile, welche Blattfunction verrichten, den Rand gegen den Zweig richten, wodurch alfeo beide Oberflächen dasselbe Verhältniss zum Lichte erhalten ; diese Einrichtung, welche bei den Acacien durchweg stattfindet, ist hier Folge der ver- tikalen Erweiterung des blattförmigen Blattstiels, während sie bei Eucalyptus, wo sie zwar sehr allgemein, aber nicht ohne Ausnahme eintritt, von einer Drehung des Blattstiels abhängt/4') In Folge

Fig. 26 i< Blick auf den Eucalyptus -Wald in den Bluc Mountains, Neu-Süd-Wald Nach einer Photographie.

der erwähnten Drehung der Blattstiele wirft die Krone der Eucalypten nur einen schwachen Schatten. Der Zusammenhang zwischen solcher Lage der Blätter und den klimatischen Bedingungen ist einleuchtend und fehlt bei den Eucalypten wie auch bei den australischen Phyllodien-Acacien den jungen Pflanzen, deren Blätter vielmehr ihre von den älteren auch abweichend gestalteten Spreiten senkrecht zum stärksten diffusen Lichte stellen. Die Blätter der Eucalypten sind auch

*) 1. C. S. 122.

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Fig. 260. Eucalyptus -Wald und Savanne in den Blue Mountains, New - Süd -Wales. Nach einer Photographie.

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 527

in ihrer Structur ausgesprochen xerophil und mit dicker Cuticula, ein- gesenkten Spaltöffnungen und Wachsüberzug versehen.

Behr entwirft von den Eucalyptuswäldern des südaustralischen Gebirgslandes folgende in ihren Hauptzügen für die Formation über- haupt geltende Schilderung:

„Ein in der Regel ziemlich dichter Wiesenteppich, wozu sich in den meisten Fällen ein lichter, parkartiger Wald von riesigen Eucalypten gesellt, dessen Kronen sich jedoch nie untereinander be- rühren. Die glatten, der äusseren Rindenschicht beraubten Stämme

Fig. 262. Das Innere des Eucalyptus- Waldes in Queensland. Nach einer Photographie

von Herrn Prof. Dr. Semon.

stehen in abgemessenen und oft sehr regelmässigen Entfernungen. . . . Wo der Boden magerer ist, treten hin und wieder Casuarinen auf, deren braungrüne Kronen im Frühjahr sonderbar mit dem saftigen Grün des Rasens contrastiren. Sie erreichen die Höhe von 20', höchstens 30' und stehen wie Zwerge neben den Eucalypten. Die gummiliefernden Acacien, A. retinodes und pyenantha, gehören eben- falls zu dieser Vegetation. . . .ul)

Schomburgk entwirft, ebenfalls für Süd - Australien , folgendes Bild des Eucalyptus -Waldes : „Das Waldland Süd -Australiens nimmt vornehmlich die

>) 1. c S. 546.

528 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

bergigen Bezirke ein und erstreckt sich auch längs der Basen der Gebirge. Die Wälder haben nicht den dichten Wuchs und die Baumhöhe anderer Gegenden, ihre Ausdehnung ist geringer und sie sind oft von Grasflächen unterbrochen. Ihr Unterholz ist offener und leichter zu durchdringen, Euca- lypten sind die hauptsächlichen Waldbäume . . . namentlich sind : E. paniculata Sw., viminalis Labill, rostrata Schlecht, odorata Behr. häufige Arten.

„Die Waldbäume sind nicht gehäuft und die Zweige eines Baumes be- rühren selten diejenigen eines benachbarten. Die Abhänge sind zum grössten Theile ähnlich bewaldet, und die Bäume gehen oft bis zu den Gipfeln, während die übrigen Theile zur Hälfte oder zu Zweidritteln von Grasflächen bedeckt sind, mit welchen hier und da Gebüsche aus niederen Sträuchem und mit verzweigten Zwergbäumen abwechseln; oft sind jedoch die Abhänge ganz begrast, ohne einen einzigen Baum oder Strauch.

. . . Das ebene Tafelland ist im Allgemeinen von Gras bedeckt und entbehrt der Sträucher. Hier sieht man, zerstreut wachsend, die majestätischsten Eudalypten; solche Tafelländer sind mehr parkähnlich, da die Bäume in an- scheinend abgemessenen Entfernungen von einander stehen, frei oder in kleinen Gruppen, wie von einem Kunstgärtner angepflanzt Der Boden solchen Tafellandes ist im Allgemeinen sehr fruchtbar ... Im Unterholz der Wälder sind vornehmlich folgende Gattungen vertreten: Correa (Rutaa), Alyxia (Apocyn.), Prostanthera (Labiat.), Grevillea (Proteac), Hakea (id.), Isopogon (id.), Exocarpus (Santal.), Acacia, Banksia (Thymel.), Cassia (Caesalpin»\ Calytrix (Myrtac), Pomaderris (Rhamnac), Leucopogon (Epacrid.)» Leptosper- mum (Myrtac), Daviesia (Papilion.), Dillwynia (id.), Eutaxia (id.), Platylobram (id.), Pultenaea (id.) und strauchige Eucalypten." *)

3. Die Grasflurformationen der warmtemperirten Gürtel.

§ i. Verbreitung. Die Grasflurformationen der warmen Gürtel der temperirten Zonen sind den tropischen oft ähnlich und stellen dann Savannen mit freistehenden meist kleinen Bäumen und Sträuchern dar; so hohe Baumgestalten, wie in manchen tropischen Savannen kommen nicht vor. In anderen Fällen stellen die Grasfluren echte baumlose Steppen dar.

Die Grasfluren haben im nördlichen warmtemperirten Gürtel geringe Ausdehnung. Sie sind meist sehr trocken und eher als Halbwüsten zu bezeichnen. In Neu -Mexiko und Texas sind dürre $avannen sehr ausgedehnt; charakteristisch ist für sie in erster Linie der Mezqirite, Prosopis juliflora, der je nach Klima und Boden, bald als kleiner Baum (Fig. 263), bald als Strauch zerstreut in der Savanne wächst oder auch zu lockeren Savannenwäldern zusammentritt. Mit ihm zusammen

!) 1. c. S. 7 8. Die Familiennamen habe ich hinzugefügt, ebenso die Orthographie einiger Namen geändert.

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 529

wächst oft der Riesencactus, Cereus giganteus. Die sogenannten Steppen Spaniens dürften wohl eher zu den Wüsten und Halbwüsten zu rechnen sein.

Im Gegensatz zur nordtemperirten , ist die südtemperirte Zone in ihrem warmen Gürtel reich an Grasfluren. Namentlich sind solche in den südöstlichen Theilen der australen Continente sehr ausgedehnt.

Alle diese Grasflurgebiete dürften, ihrer floristischen Zusammen- setzung nach, in allen wesentlichen Punkten genügsam bekannt sein.

Fig. 263. Prosopis juliflora D. C, der „Mezquite". Texas, am unteren Rio Grande. Nach einer Photographie des Herrn C. G. Pringle. (Mitgeth. von Herrn Prof. Sargent.)

Aber wie sich die Bestandtheile den klimatischen Bedingungen gegen- über verhalten, in welcher Weise ihre Abhängigkeit von diesen in ihren Formen aufgeprägt ist, wie sich die verschiedenen Glieder der Gemein- schaft gegenseitig beeinflussen, welcher Antheil den zahllosen pflanzen- fressenden und samenschleppenden Säugethieren und Vögeln, den be- stäubenden Insekten, den wühlenden Thierchen aller Art an der^Ge- staltung und Verbreitung der einzelnen Formen zukommt, das alles harrt noch der Forschung. In den meisten Fällen liegen keine an

Schimper, Pflaniengeographie. 34

5JO Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Ort und Stelle gemachten Beobachtungen vor, sondern die ganze Naturkunde der Grasflur ist wesentlich auf die Specimina der Herbarien und die darauf gegründeten Verzeichnisse beschränkt.

§ 2. Südafrikanische Grasfluren. Thode giebt folgende anschauliche Schilderung der Savanne in Britisch -Kaffrarien:

„Die Monate Mai bis Juli bezeichnen die trockenste Jahreszeit und sind daher auch die blüthenärmsten *) : wolkenlos wölbt sich über der winterlich dürren Landschaft der Himmel, klar und durchsichtig lässt die reine, trockene Luft die Umrisse entfernter Gegenstände, die tiefe Bläue des Oceans aufs schärfste hervortreten. Dann zeigen die ausgedehnten Grasflächen ein fahles, einförmiges Aussehen, die Sträucher und Bäume mit periodischer Belaubung verlieren ihre Blätter, nur die saftreichen Crassulaceen und dornengewehrten Celastrineensträucher, die kletternden Senecionen und Asparagus -Arten machen sich durch zahlreiche weisse oder gelbe Blüthen bemerkbar. Kaum sind jedoch im Frühjahr die ersten Niederschläge gefallen, so beginnt der miss- farbige Grasrasen mit wunderbarer Schnelligkeit zu grünen, Orchideen (Habe- naria), Zwiebelgewächse und Stauden der verschiedensten Familien entspringen dem durchfeuchteten Boden . . ."

Die gesellig wachsenden Gramineen (vorzüglich Arten von Danthonia, Panicum und Eragrostis) „erreichen weder die Höhe tropischer Savannengräser, noch die Weichheit ihrer die Wiesen Mitteleuropas bildenden Verwandten". . . „Der bunte Blumenteppich, in welchem indessen doch die gelben und weissen Farben vorherrschen, gewährt, an die Physiognomie der Prärieen Nord-Ameri- kas erinnernd, einen erfreulichen Anblick, der nur in der trockenen Periode für einige Wochen vermisst wird. Die verschiedensten Familien sind hier vertreten und nach der Jahreszeit einem gewissen Wechsel unterworfen. So können für den Frühling die Zwiebelgewächse (besonders Liliaceen und Iri- deen) und Orchideen (Disa cornuta, Satyrium), für den Sommer die Sero- phularineen (Cycnium, Graderia) und Asclepiadeen (Gomphocarpus) , sowie unter den Compositen die Gnaphalieen (Leontonyx, Helichrysum) , ja sogar eine gesellig wachsende Umbellifere (Peucedanum Cynorrhiza), für den Herbst die Malvaceen (Sida, Hibiscus), Oxalideen (Oxalis) und Campanulaceen (Lo- belia, Wahlenbergia) als charakteristisch gelten, wogegen die Leguminosen und Compositen im Allgemeinen zu jeder Zeit die Hauptrolle spielen . . .

„Noch merkwürdiger aber als durch die niedrigen Bestandteile wird das Grasfeld durch die einzeln oder gruppenweise darüber vertheilten Holz- gewächse, deren dunkele Belaubung gegen das hellere Grün oder fahle Stroh- gelb der Rasendecke lebhaft contrastirt; man könnte sie mit den Mezquite- Gebüschen der südlichen Prärieen vergleichen, insofern wie dort als charakteristisches Erzeugniss die Mimosenform bei weitem vorherrscht, während die übrigen Arten fast ausnahmslos als Flüchtlinge aus den Uferdickichten zu betrachten sind. Der gesellige Karroodorn (Acacia horrida), eine durch die ganze Kolonie verbreitete Akazie mit starren, elfenbeinweissen Dornen und gelben, wohlriechenden Blüthenköpfchen , erhebt sich hier wie in den

!) Diese Schlussfolgerung ist nicht richtig.

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel. 531

trockenen Flussbetten der Karroo zuweilen zu baumartigem Wüchse und gleicht dann mit seiner schirmförmig ausgebreiteten Krone den Pinien. Kein Gewächs ist für die Grasflächen bezeichnender als dieses : wohin es sich auch wenden mag, begegnet das Auge des Wanderers dem feinzertheilten Fieder- blatte der Akazien. Oft sind die nur wenig schattenden Laubkronen von Schlinggewächsen der Convolvulusform durchrankt oder von holzigen Parasiten (Loranthus Dregei) bedeckt . . . Auch andere Sträucher, wie die allgegenwärtige Grewia occidentalis aus der Familie der Tiliaceen, der periodisch seine Blätter abwerfende Büffeldorn (Zizyphus mucronata), einige Arten von Royena, eine

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Fig. 264. Savanne im nördlichsten Natal. Nach einer Photographie.

stark aromatische Verbenacee (Lippia asperifolia) u. a. m. finden sich häufig in Gesellschaft der Dornbüsche."1)

Nach Norden hin, mit der Annäherung an den Wendekreis, werden die Bäume der Savanne stattlicher, der Charakter derselben ganz entschieden tropisch (Figur 264). Hingegen ist die westlich von Natal sich ausdehnende Hochebene der südafrikanischen Republiken beinahe reine Grasflur (Figur 265), ausser in der Nähe der Wasserläufe. In westlicher Richtung werden Zwerg- bäume und Sträucher häufiger (Vaalboschsteppe) (Figur 266), die Grasvege- tation niedriger und dürrer, der Gesammtcharakter halbwüstenartig.

>) 1. c. S. 597—599-

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532 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

§ 3. Die südamerikanischen Grasfluren. Die Pampas der argenti- nischen Provinz Santa Fe* werden von Lorentz folgendermaassen geschildert: „Die Vorstellungen, die wir in unserer Gegend von den Pampas einzusaugen gewöhnt sind, und in denen sie sich in unserer Phantasie als absolute Ebenen mit meeresgleichem Horizonte darstellen, in welchen auf Hunderte von Meilen nicht die geringste Erhöhung des Bodens zu bemerken ist, ist für die nörd- lichen Pampas unrichtig; mehr soll sie auf die Pampas im Norden der Provinz Buenos Aires passen. Das Terrain der erstgenannten ist flachwellig und wenn auch dem Auge die Erhöhungen und Vertiefungen nicht imponirend entgegentreten, so bemerkt man sie doch gleich an der verschiedenen Ve- getation, und den Pampasbewohnern sind sie aus Tausenden praktischen Gründen von der höchsten Bedeutung. Vor Allem dem europäischen Ein- wanderer, der mehr sein Augenmerk auf Ackerbau als auf Viehzucht richtet . . . Die Ansiedelungen des Ackerbauers sind stellenweise an die Canadas, die flachen Vertiefungen gebunden, in deren Grunde dann oft Lagunen Vieh und Menschen den nöthigen Wasserbedarf liefern, oder doch Wasser in ge- ringerer Tiefe zu ersenken ist; wo schon die Natur durch einen dichten mehr mit Blättern untermischten weichen Rasen besonders günstige Vegetations- bedingungen andeutet und wo die Culturpflanzen einen reicheren und sicheren Wasserzufluss und in dem fetten, jungfräulichen, an löslichen mineralischen Nahrungsmitteln reichen Boden ein üppiges Gedeihen finden. In den dichteren Grasrasen mischen sich dann noch allerlei andere Pflanzen aus verschiedenen Familien; eine je nach dem Salzgehalte und dem Feuchtigkeitszuflusse ver- änderliche Vegetation von Gewächsen, die oft mit fleischigen Blättern versehen und dem Boden anliegend, zuweilen auch dem Menschen eine gesunde und angenehme Nahrung darbieten (wie verschiedene Portulac-Arten), zuweilen sein Auge durch reichen Schmuck in brennendsten Farben prangender Blüthen erfreuen (Portulac-Arten, Verbenen, besonders die herrliche Scharlach verbene, Korbblütler, Schmetterlingsblüthler, Euphorbien) und fast durchweg dem Vieh eine rasch fettmachende Nahrung gewähren".

„Trockener sind die flachen Anschwellungen der unendlichen Pampa und ihre Vegetation trägt hauptsächlich jene Eigentümlichkeiten an sich, die dem Europäer, besonders dem Deutschen, durch den Gegensatz zu seiner Heimath auffallen".

„Nicht der schwellende, dichte, üppige Grasrasen ist es, von Blumen durchwebt, welcher unsere Wiesen schafft, sondern zerstreute dichte Büschel harter Gräser (vorwiegend Stipa- und Melica-Arten), die sich inselartig über den gelbbraunen Lehmboden erheben. WTo die Formation am ausgeprägtesten ist, befindet sich zwischen diesen isolirten Grasbüscheln nackter Lehmboden, oft ausgewaschen und durch Regen fortgeführt, so dass die einzelnen Gras- büschel auf wirklichen Erhöhungen aufsitzen ; oft aber auch, besonders in der günstigen Jahreszeit, ist er mit allerlei zarteren Gräsern und Stauden bedeckt, wenigen Arten, aber zum Theil mit prächtigen Farben. Zwischen die wenigen Grasarten der oben erwähnten Gattungen, welche ohne Zweifel den Hauptton in der Grasvegetation angeben , mischen sich noch eine Anzahl anderer . . . Für das Auge stellen diese Gräser eine geschlossene Grasdecke dar und

IV. Die immerfeuchten und sommerfeuchten Gebiete der warmtemperirten GürteL 533

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534 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

die Pampa bietet den Anblick grosser Rasenfluren von sehr verschiedener Färbung je nach den Jahreszeiten: Kohlschwarz im Frühjahre, wenn die alten Grasreste weggebrannt sind ; lebhaft blaugrün, wenn die jungen Blätter hervor- kommen; später braungrün, die Farbe des erwachsenen Grases; endlich zur Blüthezeit wenn die silberweissen Blüthenähren die Rasen überragen, gewährt sie auf weiten Strecken den Anblick eines wallenden, wogenden Meeres von flüssigem Silber . . .

Die Pflanzenfamilie, die nach den Gramineen durch die grasste Anzahl Individuen in den Pampas vertreten ist, ist die der Compositen ; meist struppige Halbsträucher mit unansehnlichen Blüthen, nur eine lebhaft gelbe Solidago leuchtet aus den arideren hervor.

Sonst sind es hauptsächlich Verbenen, Portulac- Arten, Malven und einige Schmetterlingsblüthler, die den ärmlichen Blüthenschmuck der Pampa bilden . . . Schilfgräser und eine hohe Mannstreu (Eryngium) wachsen häufig am Rande von Gewässern."1)

§ 4. Die australischen Grasfluren. Von den ausgedehnten Savannen und Steppen des Inneren von New -South -Wales (Fig. 266) und Victoria liegen Schilderungen nicht vor. Die vielfach von niederen Hartlaubgehölzen (Scrub) und von Wüsten unterbrochenen, in ihren mehr fertilen Theilen meist in Getreidefelder umgewandelten Grasfluren Süd -Australiens werden von Schomburgk folgendermaassen beschrieben: „Das sogenannte Grasland2) nimmt den grösseren Theil der Oberfläche Süd -Australiens ein und besteht aus endlosen welligen Ebenen, die sich von der Küste nach Norden und Osten ausdehnen. Längs der Küste und Hunderte von Meilen im Inneren sind die Grasebenen grösstentheils verschwunden und bilden nur landwirtschaftliche Bezirke, wo das beste aller bekannten Getreide gezogen wird; der Boden ist bald von bester, bald von massig guter Qualität."

Die Ebenen des Innern sind zum grössten Theil wüstenartig und ihr Boden oft sehr salzreich. „Die Ebenen in der Nähe der Küste haben anderen Charakter, ihr Boden ist meist fruchtbar . . . Die Gräser gehören mehr nahrhaften Arten an als im Innern, nämlich : Poa, Panicum, Festuca, Agrostis, Aira, Andropogon, Cynodon, Stipa, Pennisetum, Bromus, Eriachne, Anthistiria, Hordeum etc. Hier erscheinen auch zahlreiche niedrige Sträucher, wie Bursera und Grevillea, sowie kleine, starkverzweigte Bäume von „Peppermint" (Eucalyptus odorata), Myoporum, Pittosporum, Casuarina und Acacia, die bald einzeln wachsen, theils zu Hainen ohne Unterholz, ähnlich Oasen in der Wüste, vereint sind.8) Die Ufer der Flüsse und ihrer Mündungen sind von majestätischen Eukalypten, oft riesenhafter Dimensionen, und von Sträuchern eingefasst. Diese Ufervegetation stellt gleichsam grüne Bänder dar . . . Das Grasland, thatsächlich die ganze Oberflächenbildung der Ebenen, hat grosse

*) Lorentz, S. 17—19.

2) Schomburgk rechnet zu demselben auch die Wüste.

3) Kleine Savannenwälder, offenbar in feuchten Depressionen, ähnlich wie in den Campos Brasilien^.

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Aehnlichkeit mit den Savannen von Britisch-Guiana natürlich bei grossem Unterschied beider Floren; die Savannen haben meistens ebenfalls den welligen Boden, die zerstreuten reich verzweigten Bäume, die Oasen, die Baumgürtel längs der Wasserläufe, und die Gräser- und Kräuterdecke zeigt, während der Trockenzeit, das gleiche vertrocknete vergilbte Aussehen. Nach Beginn der Regenzeit kommt das gleiche zauberartige Erscheinen von Gräsern und Kräutern zum Vorschein."

„Die Regenzeit beginnt gewöhnlich im Mai und hat auf die Kräuterdecke der Ebene eine zauberartige Wirkung; einige starke Regenschauer wandeln die strohähnliche Decke in einen schönen grünen Teppich um."

„Die Schnelligkeit, mit welcher namentlich die einjährigen Gräser auf- gehen, ist so gross, dass die Ebene nach wenigen Tagen in einem saftigen Grün erscheint, welches sonst nur in nördlichen Zonen gesehen wird. Gleich- zeitig mit dem Gras kommen viele Blüthen zum Vorschein, die gelben von Ranunculus lappaceus Sm., rivularis Banks; Oxalis cognata Steud; Hypoxis glabella R. Br., die weissen von Drosera rosulata Lehm; die blauen von Wahlenbergia gracilis Dec; Anguillaria biglandulosa R. Br.; Stackhousia ob- tusa Lindl. Jede Woche fügt neue Farben hinzu : Die scharlachrothen Blüthen von Kennedya prostrata, die violetten von Swainsonia procumbens F. Muell., die zarten Blüthen des an trockenen Grashalmen emporkletternden oder nie- deres Gesträuch überziehenden Thysanotus Patersoni. Die Blüthen der frei- stehenden und der in Haine vereinigten Bäume glänzen bald in gelbem Kleid. Loranthus Exocarpi Behr. und Miqueli Lehm., welche auf Casuarina und Eucalyptus odorata schmarotzen, hängen bedeckt von rothen Blüthen, frei in die Luft Die kleinen Sträucher von Bursera spinosa sind von weissen Blüthchen besäet, mitten unter roth blühenden strauchigen Grevillea -Arten; Compositenblüthen sind überall in den verschiedensten Farben sichtbar . . . Gegen Ende November wird die Zahl der blühenden Pflanzen bereits viel kleiner, die einjährigen Gräser und andere krautige Gewächse vertrocknen und verschwinden, das Grasland gleicht im Januar einem reifen, dürren Korn- feld und nur wenige vereinzelte Sträucher und Kräuter, wie Convolvulus erubescens, Lobelia gibbosa Labill., mit fleischigen Stielen und Blättern, Mesem- bryanthemum australe Soland. In einigen Gegenden erscheint diese Periode früher oder auch später. Die Samen der einjährigen Gewächse sind gefallen, die Stauden sind in Schlaf versunken, um bei Beginn der nächsten Regen- zeit zu neuem Leben zu erwachen, und die Ebenen haben während des Sommers ein düsteres, vertrocknetes Aussehen."1)

*) L c. S. ii— 12.

536 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Auswahl der Literatur.

1. Die subtropischen und die temperirten Regenwälder.

Di eis, L. Vegetations - Biologie von Neu -Seeland. Engler's Botan. Jahrb. Bd. XXII. 1896.

Hochstetter, F. v. Neu -Seeland. Zwei Bände.

Ihering, H. v. Zur Kenntniss der Vegetation der südbrasilianischen Sub- region. Ausland. Bd. LX. 1887. S. 801.

Johow, F. Estudios sobre la flora de las islas de Juan Fernandez. San- tiago 1896.

Krone. Bilder aus Australien. Isis 1877.

Lorentz, P. G. Vegetationsverhältnisse der argentinischen Republik. Buenos -Aires 1876.

Mayr, H. I. Die Waldungen von Nordamerika. München 1890.

IL Aus den Waldungen Japans. München 1891.

P h i 1 i p p i , R. A. Botanische Reise nach der Provinz Valdivia. Botanische Zeitung. Bd. XVI. 1858.

Rein, J. J. Japan nach Reisen und Studien. Bd. I. Leipzig 1881.

Sargent. Die Wälder von Nordamerika. (Auszug.) Petermann's Mit- theilungen 1886.

Tenison-Woods. On the forests of Tasmania. Nature. Bd. XXI.

s. 573.

2. Die xerophilen Gehöliformationen.

B e h r , H. Ueber die Verhältnisse der südaustralischen Flora im Allgemeinen. Linnaea. 1847. S. 543.

Brown, R. Bemerkungen über die Flora Australiens. Vermischte Schriften. Bd. I.

Hieronymus, G. Ueber die klimatischen Verhältnisse der südlichen Theile von Süd -Amerika und ihre Flora. Jahresber. der schlesischen Gesellschaft für vaterl. Cultur. 1884. S. 306.

Lorentz, P. G. I. Vegetationsverhältnisse der argentinischen Republik. Buenos-Aires. 1876.

IL La Vegetacion del Nordeste de la provincion de Entre-Rios. Buenos- Aires 1878.

Schomburgk, R. The flora of Southaustralia. Adelaide 1875.

Tschudi, J. J. v. Reisen durch Südamerika. Bd. IV. (Südbrasilien, Argen- tinien). Leipzig 1868.

8. Die Grasflurformationen.

Bolus, H. Grundzüge der Flora von Südafrika. Aus dem Englischen von

O. Kersten. Leipzig 1888. Hieronymus s. u. 2. Kurtz, F. Dos viajes botanicos al Rio Salado superior. Bolet de la

Academia nac. de Cordoba. T. XIII. 1893. Lorentz s. u. 2.

Auswahl der Literatur.

537

Marloth, R. Das südöstliche Kalahari - Gebiet. Engler's Botan. Jahrb. Bd. Vni. 1887. Beiblatt No. 18.

Niederlein. I. Südöstliche Pampa bis Rio Salado. Zeitschr. der Gesell- schaft für Erdkunde. Bd. XVI und XVIII.

IL Einige wissenschaftliche Resultate einer Reise in die südöstliche Pampa

bis zum Rio Salado. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. Bd. XVIII.

1883. Schomburgk s. u. 2. Scott Elliot, G. F. Notes on the regional distribution of the Cape Flora.

Transactions of the botanical Society. Vol. XVIII. Edinburgh 1891. Thode, J. Die Küstenvegetation von British -KatTrarien und ihr Verhältniss

zu den Nachbarfloren. Engler's Botan. Jahrb. Bd. XII. 1890. S. 589.

Die botanischen Höhenregionen Natal's. Engler's Botan. Jahrb. Bd. XVIII.

1894. Beibl. No. 43.

V. Die winterfeuchten Gebiete der warm- temperirten Gürtel.

§ i. Die Hartlaubgehölze im Allgemeinen. Verbreitung und ökologischer Charakter der Formationen. Blattstructur. Nebenbestandtheile. Existenzbedingungen. § 2. Die Hartlaubgehölze der Mittelmeerländer. Maquis. Physiognomie. Systema- tische Zusammensetzung. Charakter-Gewachse. § 3. Die kapländi sehen Hartlaub- gehölze. Niedrige Gebüsche. Seltenheit der Bäume. Vorwiegen kleiner linealiscber Blätter. § 4. Süd- und westaustralische Hartlaubgehölze. Oekologische Aehnlichkeit mit anderen Hartlaubgehölzen. Vorherrschen schmal elliptischer Blätter. Der südwestliche „Scrub" nach Schomburgk und nach Behr. § 5. Die kalifornischen Hartlaubgehölze. Oekologischer und systematischer Charakter. Gesträuche. Hoch- wälder von Sequoia sempervirens. Die „Chaparrals". § 6. Die chilenischen Hart- lau bgehölze. Oekologie und systematische Bestandteile.

§ 1. Die Hartlaubgehölze im Allgemeinen. Während die im Vor- hergehenden besprochenen Gebiete in dem Zusammenfallen der Regen- zeit mit hohen Temperaturen klimatisch den Tropen ähnlich sind und dementsprechend eine tropenähnliche Vegetation besitzen, hört die Aehnlichkeit in den Strecken vollkommen auf, wo die Niederschläge mit den niederen Temperaturen zusammenfallen , während die wannen Jahreszeiten ganz oder nahezu regenlos sind. Dem scharfen Unter- schied der klimatischen Bedingungen entspricht hier ein völlig ver- ändertes Vegetationsbild, welches eines Analogon zwischen den Wende- kreisen durchaus entbehrt. Die mildtemperirten Gebiete mit Winterregen und langer Sommerdürre sind die Heimath der immergrünen xerophilen Holzpflanzen, die wir wegen der Härte ihrer dicken, lederartigen Blätter als Sklerophyllen oder Hartlaubhölzer bezeichnet haben.

Die in diese Gruppe gehörigen klimatischen Gebiete sind die Küstenländer des Mittelmeeres, die Südwestecke Afrika's, Südwest- australien und der grössere Theil von Südaustralien, das mittlere Chile und der grössere Theil des Küstenlands von Californien. In allen diesen

V. Die winterfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel.

539

weit von einander entfernten Ländern, trägt die Vegetation, trotz aller tiefgreifenden Unterschiede der floristischen Zusammensetzung, wesent- lich das gleiche Gepräge. Sie ist von den Sklerophyllen und, in untergeordneter Weise aber regelmässig , von Knollen- und Zwiebel- pflanzen beherrscht. Formationen immergrüner xerophiler Laubhölzer zeigen sich, ausserhalb der erwähnten Gebiete, beinahe nur im Bereich des Höhenklimas. So bilden sie z. B., wie in einem spätem Kapitel gezeigt werden soll, auf den Berggipfeln des malayischen Archipels ausgedehnte Gebüsche. Wesentlich abweichende anatomische Anpas- sungen der Blätter zeichnen jedoch diese Gewächse vor den Hartlaub-

Fig. 268. Oelbäume bei Nizza. Nach einer Photographie.

gehölzen der winterfeuchten temperirten Niederungen aus. Hingegen kön- nen edaphische Einflüsse das Colonisiren benachbarter Gebiete von ab- weichendem Klima durch die Hartlaubgehölze bedingen. So treten sie in den Savannengebieten des östlichen Kaplands als Bekleidung san- diger Dünen auf. Ausserdem haben sich vereinzelte Arten neuen kli- matischen Bedingungen angepasst und treten als Nebenbestandtheile in den klimatischen Formationen anderer Gebiete auf, wie Lorbeer und Buchs. Es handelt sich jedoch in solchen Fällen um untergeordnete Erscheinungen, ausser in Australien, wo die Hartlaubgehölze eine sehr grosse Verbreitung haben. Viele Erscheinungen machen es wahrschein- lich, dass das winterfeuchte und sommertrockene Westaustralien, wo die

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

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V. Die winterfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel.

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Hartlaubflora bei weitem ihren grössten Reichthum zeigt, der Heerd ist, aus welchem dieselbe andere Gebiete Australiens colonisirt hat.

Innerhalb der Hartlaubgebiete zeigen sich an zwei Stellen Grasfluren, nämlich im Sacramento-Thal in Californien und in einem Theil Süd -Austra- liens. Hohe Temperaturen erlauben hier die Entwickelung der Gräser wäh- rend des Winters, ausserdem dürften edaphische Einflüsse dieselbe begünstigen. Der Boden ist, wie die Getreide-Culturen zeigen, für das Gedeihen der Gräser in ganz hervorragender Weise geeignet.

Fig. 270. Kapländische Hartlaubflora: Proteaceenvegetation auf dem Tafelberg. Nach einer Photographie.

Die Hartlaubhölzer der winterfeuchten Gebiete sind, da wo der Mensch die ursprünglichen Verhältnisse nicht zerstört hat, stets zu zusammen- hängenden und dichten Gehölzen vereinigt, welche in der Mehrzahl der Fälle vorwiegend oder ausschliesslich aus Sträuchern bestehen, stellen- weise aber echte, wenn auch nur niedere bis mittelhohe Wälder bilden.

Die Bäume sind meist niedrig, ihr Stamm ist gewöhnlich massiv, ihre Aeste sind knorrig. Die Blätter sind (Fig. 271 278) höchstens mittel- gross, etwa von der Grösse von Lorbeer- oder von Oleanderblättern, meistens kleiner bis sehr klein; sie sind beinahe niemals zusammen- gesetzt, in der Regel schmal lanzettlich oder linealisch bis nadeiförmig,

542

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

meist ganzrandig. Sie stellen sich gewöhnlich nicht mit ihrer breiten Fläche senkrecht zur Richtung des stärksten Lichtes, sondern pflegen dem letzteren durch schiefe oder gar durch parallele Stellung auszuweichen. Reiche lufthaltige Haarüberzüge gehen den Blättern ab oder sind auf die Unterseite beschränkt, dagegen sind Drüsenhaare auf beiden Blatt- seiten nicht selten. Auch bei Fehlen der Behaarung sind die Blätter

Fig. 271. Kapländische Hart- laubflora. Breites lorbeerähn- liches Blatt von Olea capensis. Nat. Gr.

Fig. 272. Kapl&ndische Hartlaubflora.

Olinia acuminata L. IC (Oliniaceae).

Nat. Grösse.

relativ selten glänzend, sondern häufiger, auch bei glatter Oberfläche, vielleicht durch Harzausscheidungen, matt, oft bläulich. In histologischer Hinsicht ist das Laub charakterisirt durch Dickwandigkeit sämmtlicher auch der parenchymatischen Zellen, Reichthum an Sklerenchym, starke Ausbildung der Cuticula, Zurücktreten der Intercellularen ; alle diese Eigenschaften zusammen verleihen ihm seine charakteristische, hart lederartige Beschaffenheit.

V. Die winterfeuchten Gebiete der warmtemperirten Gürtel.

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Knoblauch hat die Blätter der kapländischen Hartlaubgehölze näher untersucht Dieselben gehören vorwiegend dem e r i k o i d e n Typus an. Die- selben besitzen auf einer Blattseite eine oder zwei Längsfurchen, in welchen die Spaltöffnungen sich ausschliesslich oder fast ausschliesslich befinden: Ericaceen, Verbenaceen, Rubiaceen, Rhamnaceen (Phylica), Thymelaeaceen, Rosaceen (Cliffortia falcata), Anacardiaceen (Rhus rosmarinifolia).

Im pinoiden Blatttypus ist das Chlorophyllgewebe centrisch gelegen. Derselbe zeigt sich bei verschiedenen Leguminosen, Bruniaceen, Diosmeen, Proteaceen, Polygalaceen, Thymelaeaceen, Ericaceen.

Die flachen Blätter treten in der Capflora zurück, namentlich solche grosser Dimensionen (Leucadendron argenteum. Protea macrophylla, Pr. coc- cinea). Ihre Epidermis besitzt stets sehr dicke Aussenwände.

Vergleicht man die Sklerophyllen mit anderen xerophilen Holzpflanzen, so fällt, nächst dem immergrünem Laube, namentlich das Fehlen eines der gewöhnlichsten Schutzmittel gegen die Gefahr des Vertrocknens, dasjenige der Wasserspeicher, auf, welche sich weder im Laube, noch in den Wurzeln zeigen. Bereits wurde auf das gewöhnliche Fehlen schützender Haarbekleidung an der Blattoberseite sowie auf die Selten- heit der in anderen xerophilen Ver- einen so häufigen Fiederblätter hin- gewiesen. Die bei anderen xerophilen Gewächsen ebenfalls häufige Dorn- bildung ist bei den Sklerophyllen bei- nahe unbekannt und die Laubknospen entbehren in der Mehrzahl der Fälle einer schützenden Schuppenhülle.

Wenn auch die Sklerophyllen die Vegetation in den durch sie charakterisirten Gebieten vollkommen beherrschen, so sind sie doch stets von Gewächsen abweichender Structur und Lebensweise be- gleitet. Unter diesen nehmen Zwiebel- und Knollenpflanzen einen hervorragenden Platz ein; man findet sie stets in nächster Nähe der Hartlaubgebüsche und meist in grösster Formenmannigfaltigkeit. Der Reichthum der Mediterranländer, des Caplandes, Chiles und Cali- forniens an solchen Gewächsen ist allgemein bekannt und auch für Süd- und Südwestaustralien wird dieselbe betont. Nirgends in an- deren Gebieten bilden sie einen so wesentlichen Bestandtheil der Vege- tation. Zwischen den Sklerophyllen sieht man einzelne aphylle Holz-

Fig. 273. Kapländische Hartlaubflora.

Grubbia stricta A. DC. (Grubbiaceae). Nat. Gr.

Nach Hieronymus in: Nat. Pflanzenfam.

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

gewächse, einige Succulenten, z. B. Cacteen in Amerika, Mesembryan- themum am Cap ; doch sind diese Gewächse keineswegs formenreich und sind stets Colonisten aus andern Gebieten, namentlich aus den Wüsten. Die Holzlianen sind spärlich und sehr dünnstämmig; dagegen sind krautige Schlingpflanzen manchmal häufig. Sonstige Kräuter bieten ausser den schon erwähnten Succulenten, nichts charakteristisches. Moose undFlech-

Fig. 274. Californische Hartlaubflora: Umbellularia californica (Laurac). Nat Gr.

(Herb. Dudley.)

ten sind auf der Rinde der Bäume sehr spärlich oder fehlen ganz; höhere Epiphyten sind nie vorhanden, auch da, wo sie in benachbarten Gebieten mit ähnlichen oder niedrigeren Temperaturen vorkommen (Kapland, Chilel Es wäre verfrüht, die eben erwähnten Eigentümlichkeiten der Sklerophyllen und der von ihnen gebildeten Vereine, nament- lich in Bezug auf ihre Unterschiede anderen Xerophilen gegenüber,

V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete.

545

auf Grund der vorhandenen klimatischen Daten deuten zu wollen. Da bleibt vielmehr für exakte physiologische Forschung ein weites Feld offen. Doch lässt sich der Nutzen der auffallendsten Eigenthümlichkeit der Sklerophyllen, das immergrüne Laub, schon jetzt mit Wahrschein- lichkeit nachweisen. Die Vegetation in den Hartlaubgebieten ist nämlich nur kurzen, aber häufigen und unregelmässigen Perioden des Stillstandes unterworfen, die theils durch Winterkälte, theils durch sommerliche Trockenheit bedingt sind ; anderseits bieten nur kurze Pe- rioden in Bezug auf Temperatur und Feuchtigkeit Optimalbedingungen. Vielmehr zeigen diese beiden wichtigsten kli- matischen Factoren des Pflanzenlebens meist eine sehr ungünstige Trennung voneinander. Die Winter- temperaturen sind an vie- len Tagen hoch genug, um die an wenig Wärme gebundene Arbeit der Assimilation zu ermög- lichen *) und während die- ser Zeit der grössten Bodenfeuchtigkeit ist der Zufluss von Rohsaft, so- wie dessen Verarbeitung gewiss weit ergiebiger als während der sommer- lichen Trockenheit.

Während der letz- teren ist die Temperatur für die Assimilation zwar andauernd günstig ; da- gegen wirkt ihr die Trockenheit, indem sie

Verengung oder Verschluss der Spaltöffnungen bedingt, entgegen. Es wäre von grossem Interesse, die Ergiebigkeit der Assimilation bei den Sklerophyllen während der verschiedenen Jahreszeiten und bei möglichst verschiedener Witterung, natürlich nur an natürlichen Standorten, zu untersuchen, und festzustellen, ob die niedrigen Temperaturen des Winters oder die Trockenheit des Sommers ihr mehr entgegenwirken. Höchst wahrscheinlich ist die jährliche Assimilation der Sklerophyllen

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Fig. 275. Californische Sklerophyllen : Quercns chrysolepis. Nat. Gr. Nach Sargent.

J) Ueber winterliche Assimilation bei chilenischen Sklerophyllen s. Meigen, II. S. 101. Schimper, Pflanzengeographie. 35

546

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

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Fig. 276. Mediterrane Hartlaubflora. Cneo- rum tricoccum. Nat. Gr.

Fig. 277. Kapländische Hartlaubflora. Poh- gala myrtifolia. Nat Gr.

Fig. 278. Westaustralische Hartlaubflora.

Amphithalea ericifolia E. et Z. Nat. Gr.

Nach Taubert in: Nat. Pflanzenfam.

Fig. 279. Kapländische Hartlaubflon : Phylica ericoides. Nat. Gr.

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V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete.

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nicht grösser als die der periodisch grünen Holzpflanzen, indem letztere nicht nur ein zarteres Laub mit weniger geschützten Spaltöffnungen besitzen, sondern dasselbe ausserdem unter viel günstigeren Bedingungen functioniren lassen.

Der grosse Nutzen des immergrünen Laubes in einem Klima mit winterlichen Regen und sommerlicher Trockenheit ist nach dem Vor- hergehenden einleuchtend. Von den übrigen Eigentümlichkeiten der

Fig. 281. Mediterrane Hartlaubflora: Quercus Ilex. Nach Flahault.

Sklerophyllen erscheint auch die grosse Häufigkeit unbeschuppter Knos- pen wohl begreiflich, indem letztere während des Winters keines Schutzes gegen Trockenheit bedürfen, im Sommer aber ausgebildet werden und daher eine starre Hülle entbehren müssen; der nöthige Schutz wird durch Behaarung, Harzüberzüge etc. geliefert.

§ 2. Die Hartlaubgehölze der Mittelmeerländer. Das bekannteste der von Sklerophyllgehölzen bewohnten Gebiete ist das Küstenland

35*

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

des Mittelmeers;1) dasselbe bietet jedoch kaum irgendwo noch ein unverändertes Bild der ursprünglichen Vegetation dar. Weite Strecken erscheinen in der Ferne beinahe pflanzenleer, indem das fahle, staubige Gestrüpp, das den Boden dürftig bedeckt, sich in der Farbe nur wenig von demselben unterscheidet. Solche öde Strecken, die in Südfrankreich „garigues" genannt werden, kommen meist nur auf Kalkboden vor und stellen die Ueberreste früherer Wälder, in welchen Steineiche (Quercus Hex L. Fig. 281) und Aleppokiefer

(Pinus ha] epensts) herrsch- ten, dar; nur selten sind diese Bäume noch zu niedrigen lichten Wäl- dern gruppirt AuflGeseU boden ist die Vegetation üppiger ; das Gesträuch wird dichter, höher und stellt den sogenannten „Maquis" dar (Fig. 280), der namentlich in Corsika zu reicher, typischer Au* bildung gelangt ist. Auch der Maquis ist vielfach als das allein erhallen 1 Unterholz ursprünglicht*: Wälder zu betrachten deren Bäume, bis auf einige Exemplare, der Axt verfallen sind. Auf Kiesel- boden sind diese Bäumt in Südfrankreich , vor- nehmlich Pinus mannen. und Quercus Subcr, wih~ rend Steineiche und Alep pokiefer nur noch unter geordnet auftreten. Die auf den meisten Landschaftsbildern aus den Mittelmeerländern vertretene Pinie (Pinus Pinea Fig. 283) bildet hie und da, auf Sandboden, lockere Bestände, ohne einen wesentlichen und allgemeinen Bestandtheil der Vegetation zu bilden, wie die eben genannten weniger schön ge-

Fig. 282. Quercus Dex. 2/3 nat. Gr.

!) Die genauesten diesbezüglichen Arbeiten sind diejenigen von Flahanlt. (VgL das Literaturverzeichniss.) Eine sehr anziehende Schilderung hat Grisebach in der Vegetariern der Erde Bd. I, S. 240 u. f. auf Grund eigener Beobachtungen gegeben.

V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete.

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stalteten Kiefern. Noch mehr tritt die allbekannte Cypresse (Fig. 284) im wildwachsenden Zustande zurück.

Fig. 283. Pinus Pinea am Mittelmeer. Nach einer Photographie.

Die Maquis besitzen manchmal auf weiten Strecken eine sehr monotone Zusammensetzung; so sind sie in Spanien meilenweit

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

ganz vorwiegend von Cistus-Arten (Fig. 285), im Osten nicht selten hauptsächlich von Pistacia Lentiscus (Fig. 286), gebildet. Auch in diesen Fällen jedoch sind den vorherrschenden andere Typen bei- gemengt und ein buntes Formengemisch bildet wohl die Regel.

Die systematische Zusammensetzung der Hartlaubgehölze zeigt je nach der Gegend, der Höhe über dem Meere, der physikalischen und chemischen Beschaffenheit des Bodens mannigfache Unterschiede; überall jedoch ist ihr ökologischer Charakter bewahrt. Niedrig und locker in den Garigues, höher und mehr verschlungen in den Maquis, zeigen

Sträucher und Bäume stets aufrechte, steife, mattgrüne Blätter. Man möchte diesel- ben für Glieder einer grossen Familie betrachten , wenn die Blüthen, die in keiner erkennbaren Weise den Ein- fluss des Klimas erlitten haben, nicht sofort eines anderen belehrten.

Die Zahl der häufigen Sklerophyllen ist in den Mittelmeerländern eine so grosse, dass eine Auswahl besonders wichtiger Formen stets willkürlich erscheinen wird. Doch wird man immer den Oelbaum, Olea euro- paea L. (Fig. 268), erwähnen, welcher stellenweise in den Maquis des Orients und der mediterranen Inseln noch als Strauch wild wächst und als Culturbaum das ganze Culturland des Gebiets beherrscht. Er stellt einen typischen Vertreter des Sklerophylltypus dar, mit seinem massiven, schon in geringer Höhe verzweigten Stamme, seinen knorrigen Aesten, seiner tiefrissigen, dicken Borke, namentlich aber mit seinen kleinen, schmalen, harten Blättern, die oberwärts spärlich behaart und mattgrün, unterwärts aber durch schuppige Behaarung, silberglänzend erscheinen.

An die Olive schliesst sich habituell Quercus Hex L. (Fig. 281 u. 282) nahe an. Diese Art vertritt in den Mediterranländern, mit einigen anderen, wie Q. coccifera (Fig. 288) und Q. Suber den Sklerophylltypus in der Gattung Quercus, während andere häufige Arten des Gebiets

Fig. 284. Cupressus sempervirens, die Cypresse. Oben ein Ast von Olea europaea. Ravenna, Corner See. Nach einer Photographie des Herrn Fr. Sönnecken.

V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete.

551

wie Q. lusitanica, sommergrün geblieben sind. Die Hartlaubeichen haben kleine, harte, bei Q. Hex meist ganzrandige, bei anderen Arten spitz gezähnte Blätter.

Einige durch die Cultur auch nach Deutschland gelangte Sträucher und kleine Bäume der Mediterranländer tragen das Sklerophyllgepräge nicht weniger zur Schau. Allerdings sind zwei der bekanntesten der- selben, Oleander und Lor- beer, kaum als typische Vertreter des Maquis zu be- trachten. Nerium Oleander wächst am Rande und auf den Inselchen des steinigen Bettes wasserarmer Ströme und der Lorbeer (Laurus nobilis), dessen Verbreitung sich über Westfrankreich er- streckt, ist im Maquis eine seltene Erscheinung und, wie der Oleander, mehr grossblätterig als dessen gewöhnliche Bestandtheile. Recht typische und häufige Mäquissträucher sind hin- gegen die Myrte (Myrtus communis) mit ihren kleinen, steifen Blättern und die aro- matischen Labiaten wie Ros- marin (Rosmarinus officina- lis) , Lavendel (Lavandula latifolia) und Thymian (Thy- mus vulgaris), während die Salbei (Salvia officinalis) mit ihren breiten , filzig be- haarten, weicheren Blättern wiederum aus dem Typus ausschlägt.

Alle diese Culturge- wächse zusammen vermögen jedoch keineswegs ein Bild der natür- lichen Mediterrangehölze, sei es des Waldes, des Maquis oder der Garigue zu geben, da so viele ihrer Bestandtheile nur im wilden Zustande vorkommen. Letzteres gilt z. B. von den zahlreichen, namentlich auf Kieselboden sehr häufigen Cistus -Arten, welche durch ihre grossen weissen oder carminrothen Blüthen zu den schönsten

Fig. 285.

Mediterrane Hartlaubflora. Cistus crispus. Nat. Gr. Nach Reichenbach.

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

natürlichen Zierpflanzen der Mediterranländer gehören; ihre Blätter sind bald lederartig und glänzend, bald von harzigen Ausscheidungen klebrig, bald stark behaart und in diesem Falle von weicherer Beschaffen- heit. Bei keinem Bestandtheile der Maquis jedoch ist der Sklerophyll- typus mehr ausgeprägt als bei solchen unscheinbaren und sehr häufigen Arten, wie Daphne gnidium (Fig. 287, /), Phillyrea media (Fig. 287,^), Cneorum tricoccum (Fig. 276), Globularia alypum (Fig. 287,6) mit

Fig. 286. Mediterrane Hartlaubflora: Pistacia Lentiscus. Xat Gr.

ihren starren, schmalen Blättern, die sich schief oder nahezu parallel zur Richtung der Lichtstrahlen stellen. Zur Nadelform wird das immergrüne Blatt (bezw. Cladodium) bei dem selten fehlenden Asparagus acutifolius, bei den zum Theil an Kieselboden gebundenen Erica-Arten, unter welchen Erica arborea (Fig. 287, 5) durch ihren nahezu baumartigen Wuchs besonders hervorragt. Dazwischen zeigen sich einige Gewächse von etwas abweichendem Aussehen, wie Pistacia Lentiscus (Fig. 286,

V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete.

553

Fig. 287. Mediterrane Hartlaubflora. / Daphne gnidium. 2 Passerina hirsuta. 3 Lavandula Stoechas. 4 Phillyrea media. 5 Erica multinora. 6 Globularia Alypum. Nat. Grösse.

(Nach Reichenbach.)

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

der einzigen immergrünen Holzpflanze mit gefiederten Blättern, in den Mediterranländern, wie ihre laubabwerfende, ebenfalls fiederblätterige Verwandte, Pistacia Terebinthus, wie das aphylle Spartium junceum oder auch noch als häufigster Vertreter der wenigen Kletterpflanzen, Smilax aspera, die in ihren harten, persistirenden Blättern allerdings dem Sklerophylltypus sich nähert.

An freien oder doch weniger von Gesträuch bestandenen Stellen entwickeln sich in zahlreichen Formen Knollen- und Zwiebelpflanzen, die gewöhnlichen Begleiter der Sklerophyllen. Es sind hier namentlich Tulpen, Narcissen, Asphodelen, Arten von Muscari, Orchis, Ophrys, Gladiolus, Arum etc. ; auch die Anemonen kann man ihnen anschliessen. In ihrer Gesellschaft zeigen sich schmalblätterige, xerophile Gräser,

perennirende Kräuter mit persistirenden harten Blät- tern , kurzlebige Frühlings- annuellen in grosser Mannig- faltigkeit.

Um die mediterranen Hart- laubformationen genauer zu charakterisiren , sei hier her- vorgehoben, dass die Quercus Hex- Formation in Frankreich stets folgende Gewächse auf- weist1): Cistus monspeliensis und albidus, Lavandula lati- folia, Thymus vulgaris, Genista scorpius , Daphne Gnidium, Brachypodium ramosum, Smi- lax aspera, Quercus coccifera, Phillyrea angustifolia , Pistacia Terebinthus , Dorycnium suf- fruticosum, Juniperus Oxycedrus. Meist, aber nicht immer treten noch folgende Arten hinzu: Pistacia Lentiscus, Rosmarinus officinalis, Cneorum tricoccum, Spartium junceum, Rhamnus alaternus, Cercis siliquastrum , Erica multiflora.

In den wärmsten Theilen Südfrankreichs, an der Küste der Provence, treten diesen allgemein verbreiteten Gewächsen noch folgende hinzu *) : Myrtus communis, Cneorum tricoccum, Calycotome spinosa, Anthyllis cytisoides, Anth. barba jovis, Hyoseris radiata, Convolvulus althaeoides, Teucrium fruti- cans, Orchis longebracteata, Anagyris foetida, Erica arborea, Thapsia villosa, Ferula nodiflora, Cistus ladaniferus, C. crispus, C. populifolius, Vitex Agnus Castus, Thelygonum Cynocrambe.

Fig. 288. Mediterrane Hartlaubflora : Quercus conifera. */. nat. Gr.

1) Flahault, Carte, S. 66.

2) Ibid. S. 69.

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V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete. ccc

In der Nähe ihrer klimatischen Grenze sind die Gehölze wieder ab- weichender Zusammensetzung:

Genista scorpius, Psoralea bituminosa, Sedum altissimum, Rubia peregrina, Carlina corymbosa, Lavandula latifolia, Thymus vulgaris, Euphorbia Characia Jasminum fruticans, Aegilops ovata, Brachypodium ramosum, Asparagus acuti- folius, Dorycnium suffruticosum, Rhamnus Alaternus, Spartium junceum, Ononis minutissima, Scabiosa maritima, Catananche coerulea.

Meist nur in vereinzelten, zu wenigen Arten gehörigen Individuen, zeigen sich in den Hartlaubgehölzen sommergrüne Holzgewächse. Im westlichen Theile des Mediterranlandes ist unter ihnen nur Pistacia Terebinthus sehr häufig; Vitex Agnus Castus, Cercis siliquastrum sind es nur stellenweise. Pappeln, Eschen und andere laubabwerfende Bäume nordischer Verwandtschaft, die im Littoral häufig sind, kommen nicht in den Sklerophyllgehölzen, sondern in der Nähe der Gewässer auf immer feuchtem Boden, vor; Wälder laubabwerfender Bäume, zu- nächst von Kastanien, fehlen dem Küstenlande und zeigen sich erst in den klimatisch abweichenden Gebirgsgegenden, oberhalb der Oliven.

§ 3. Die kapländischen Hartlaubgehölze. Alle in Bezug auf zeit- liche Vertheilung der Regen- und Trockenzeit mit der Mediterranküste übereinstimmende Gebiete wiederholen in ihrer Vegetation die wesent- lichen ökologischen Züge der Mediterranvegetation. So könnten z. B. die Schilderungen, welche Bolus und Scott-Elliot von der südwestlichen Kapflora entworfen haben, soweit sie sich auf die vegetativen Organe beziehen, auf die Mediterranflora ohne weiteres übertragen werden und passen, wie wir nachher sehen werden, nicht weniger gut zu den an- deren Hartlaubgebieten.

Nach Bolus ist die Südwestecke Afrika's von immergrünem „nied- rigem Gebüsch von dunkler oder bläulichgrüner Farbe" überzogen. Seine Bestandtheile haben gewöhnlich sehr kleine Blätter und sind von einer graugrünen oder stumpfen Farbe, so dass sie von der Ferne einen sehr düstern Eindruck machen. An der Küste sind die Büsche übrigens grösser, zumeist 4 8 Fuss hoch. Bäume, namentlich Proteaceen, sind auf die feuchteren Abhänge und Schluchten des Tafel- bergs beschränkt.

Im Vergleich zu den Blättern der Mediterrangehölze sind hier sehr kleine Blätter noch häufiger, obwohl relativ grosse Blätter (z. B. bei Leucadendron argenteum Fig. 294) an etwas feuchteren Standorten nicht fehlen. Hier scheint ausserdem das Klima auch die Blüthen beeinflusst zu haben, welche meist sehr klein, aber dicht gedrängt sind und oft eine Reduction der Corolle zu Gunsten der Staubfäden aufweisen. Annuellen scheinen zu fehlen. Diese geringen ökologischen Unterschiede zwischen Capland und Mediterrangelände hängen mit der noch grösseren Trockenheit des ersteren zusammen und sind gegenüber den schwer-

556

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

wiegenden Uebereinstimmungen bedeutungslos. Letztere erstrecken sich auch auf die Begleitpflanzen, zu welchen Zwiebel- und Knollenpflanzen

Fig. 290. Kapländische Hartlaubvegetation: Leucadendron argenteum am Tafelberg. Nach einer Photographie.

in erster Linie gehören. Auch hier sind die Dorngewächse, die Aphyllen die Succulenten, die Holzpflanzen mit Fiederblättern nur schwach ent-

Fig. 29 1 . Kapländische Hartlaubflora. / Gnidia pinifolia L. (Thymelaeaceae). 2 Leucadendron Levisancus R. Br. (Proteaceae). 3 Berzelia abrotanoides Brongt. (Bruniaceae). 4 Diosma sncculentum (Rutaceae-Diosmeae). 5 Phylica paniculata (Rhamnacea). 6 Coleonema album (Rutaccae). 7 Agathosma capitatum L. (Rutaceae). Nat. Gr. (R. Anheisser n. d. Nat.)

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

wickelt, während sie in den benachbarten, nicht weniger oder noch mehr regenarmen, aber in der Zeit ihrer Niederschläge abweichenden Gebieten eine wesentliche Rolle spielen.

Sammlungen von Pflanzen auf dem reichen Abhang etwa des Tafelbergs, des Lion's Head, des Devil's Peak, des Minzenbergs, der Houwhoek-Gebirges gemacht, zeigen, nach Scott -Elliot, eine bemerkenswerthe Aehnlichkeit der Lebensweise und des Aussehens. Es sind sämmtlich strauchige Perennen. Anscheinend giebt es nicht eine einzige unzweifelhafte Annuelle in der süd- westlichen Flora. Die Blätter sind klein, hart und häufig am Rande eingerollt, die Blüthen sind ebenfalls klein; jedoch zahlreich und dicht gehäuft. „Dieser

Typus ist in den verschiedensten Ordnungen vertreten, z. B. bei zahlreichen Arten von Heliophila unter den Cruciferen ; bei vielen Arten von Polygala und Muraltia, von Polycarpon, Hermannia und Maternia, bei der ganzen Gruppe der Diosmeen unter den Rutaceen, bei Phylica und Noltea unter den Rhamnaceen ; unter den Leguminosen bei Amphithalea, Borbonia, Rafhia, Listia, Lebeckia und anderen, und höchst vollkommen in der grossen Gattung Aspalathus; unter den Rosa- ceen finden wir Cliffortia; die Ordnung der Brunia- ceen besteht ebenfalls aus solchen Gewächsen."

§ 4. Süd- und westaustralische Hartlaub- gehölze. Der west- und südaustralische Scrub nähert sich in seinem ökologischen Gepräge den anderen Sklerophyllformationen so vollkommen, dass eine Schilderung desselben einer Wieder- holung gleichen muss : Immergrüne, vornehmlich strauchige Gewächse, mit steifen, saftarmen, einfachen, ganzrandigen Blättern, die sich schief oder sogar parallel zum Lichte stellen, eine matte, hier oft durch Harz- oder Wachskörnchen bläuliche Oberfläche besitzen und Behaarung, wenn überhaupt, nur an der Unterseite auf- zuweisen pflegen. Auch die Nebenvegetation stimmt überein mit ihrem Reichthum an Zwiebel- und Knollenpflanzen (Liliaceen, Haemodoraceen, Orchideen), ihrer Armuth an Dorngewächsen und Fiederblättern. Wiederum würde man nach den vegetativen Organen die Glieder eines Verwandtschaftskreises vermuthen und denselben zu demjenigen der Mediterranküste und des Kaplandes in Beziehung stellen, und doch handelt es sich im australischen Scrub um ein äusserst formenreiches Gemisch meist ganz eigentümlicher Typen aus den Familien der Mimosaceen , Myrtaceen , Proteaceen , Thymelaeaceen, Epacridaceen, Myoporaceen etc.

Schmal elliptische, denjenigen der Olive und des Oleander ähnliche

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Fig. 292. Kapländische

Hartlaubflora. Cliffortia

ilicifolia (Rosaceae). Nat.

Grösse.

V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete.

559

Blätter herrschen vor (Fig. 297), doch kommen auch linealische und breitere Formen vor.

Leider sind wir über die formenreichen und oft waldartigen Hart- laubgehölze West -Australiens nur ganz im Allgemeinen unterrichtet. Genauere Schilderungen liegen nur für den Scrub Süd-Australiens vor. Schomburgk spricht sich darüber folgendermaasen aus:

„Die Gebiete des sogenannten „Scrublands" erscheinen auf der ganzen Oberfläche Süd-Australiens in den verschiedensten Bezirken, doch dehnen sie

Fig« 293- Kapländische Hartlaubflora. Cunonia capensis L. (Cunoniaceae).

sich vornehmlich nach Norden und Osten aus und nehmen ungefähr den achten Theil der Colonie ein. Sie stellen weite trostlose, dürre Flächen dar, deren Boden von schlechtester Beschaffenheit und für die Cultur ungeeignet ist; derselbe besteht bald aus lehmigem Thon, bald aus reinem Sande und seine Oberfläche ist von Kieseln, Eisenstein und Eisensand bedeckt; Wasser ist in diesen Gegenden nicht sichtbar. Die Vegetation ist von zwerghaftem Wuchs und der Scrub beinahe frei von Gräsern und anderen Kräutern. Die wenigen Genera der ersteren sind vorwiegend Neurachne, Stipa, Isolepis, Spinifex, das wohlbekannte Kanguroogras, Anthistiria ciliaris und einige Juncaceen, nämlich Xerotes glauca R. Br. und filiformis R. Br. ; alle wachsen nur in vereinzelten, weit von einander stehenden Büscheln. Das Fehlen anderer Kräuter ist

JÖO Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

während des Sommers ebenso gross; aber ihre Abwesenheit ist durch die endlose Mannigfaltigkeit der Genera und Arten der Sträucher aufgewogen. Der allgemeine Eindruck, den der Scrub hervorruft, ist düster, obwohl die grosse Mannigfaltigkeit der hier zusammenwachsenden Sträucher den Botaniker interessirt. Diese Sträucher werden gewöhnlich 4 bis 6' hoch und sind untermischt von Zwergbäumen aus den Genera Eucalyptus, Casuarina, Santalum, Melaleuca, Exocarpus1), Camphoromyrtus2), Dodonaea3), Frenela4), Banksia

Fig- 294. Kapländische Hartlaubflora: Leucadendron argentenm. */9 nat. Gr. (R. Anheisser n. d. Nat.)

(Fig. 297, /)5) etc. Kleinere Sträucher aus den Genera Pimelea (Fig. 295, j)\ Leucopogon (Fig. 298,7)®), Dillwynia7), Acrotriche6), Calythrix (Fig. 295, <?}*) bedecken den Boden und sind überragt von solchen höheren Wuchses, wie Hakea (Fig. 298, ^)8), Logania, Alyxia9), Myoporum (Fig. 295,6), Stenochilus 10), Euphrasia, Thomasia11), Bursaria12), Pomaderris18), Haloragis, Melaleuca (Fig. 295, z)8), Leptospermum (Fig. 298,3*)2), Eutaxia7), Acacia (Fig. 296), Iso- pogon8), Correa14), Rhagodia15) etc., welche zuweilen undurchdringliche

») Santalac. «) Myrtac. *) Sapindac. 4) Callitris Vent. Conif. a) Thymel. 6) Epacrid. *) Papilion. 8) Proteac. 9) Apocyn. 10) Myopor. n) Stercul. ia) Pittospor. ,g) Rhunnac u) Rutac. ,B) Chenopod.

Fig. 295. Westaustralische Hartlaubflora.

/ Melaleuca densa R. Br. (Myrtac). 2 Brachysema undulatum R. Br. (Papilion). 3 Pimelea spectabilis Lindl.

(Thymelaeac). 4 Chorizema triangularis (Papil.). s Styphelia (Leucopogon) squarrosa Benth. (Epacrid.).

6 Myoporum tuberculatum R. Br. (Myoporac.) 7 Styphelia verticillata Spreng. (Epacrid.). S Calythrix

glabra Br. (Myrtac). 9 Boronia crenulata Smith (Rutac.) Nat. Gr.

Schimper, Pflanzengeographie. 36

562

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Dickichte bilden; an anderen Orten besteht der Scrub ausschliesslich aus Eucalyptus dumosa A. Cunn. oder aus anderen buschigen Eucalypten, wie E. uncinata Turcz., bicolor A. Cunn. und incrassata Labil., welche nur 6 bis 8' hoch werden und über Hunderte von Meilen sich ausdehnen."

„Die bei weitem vorherrschende Farbe im Scrub ist ein bläuliches Grün, hier und da gesprenkelt durch die weisslichen Blätter der Rhagodia und die röthlich braunen anderer Sträucher. Die meisten Blätter sind eiförmig, ganz- randig, lederartig und scharfspitzig; Sträucher mit gefiederten Blättern sind selten.

Fig. 296. Westaustralische Hartlaubflora. Acacia- Arten. / A. armata. 2 A. marginata. 2 A. decipiens R. Br. 4 A. alata R. Br. Nat. Gr.

„Das einförmige und düstere Aussehen eines ausgedehnten Scrub ist er- drückend, namentlich bei der Betrachtung von einer Erhöhung. Die gleich- massige Höhe der Gewächse, die mattbläuliche Laubfarbe sehen in der Ferne wie ein bis an den Horizont sich ausdehnendes Meer aus; wenigstens machte mir der erste Blick auf den über Hunderte von Meilen sich erstreckenden Murray Scrub diesen Eindruck. Jeder vermeidet den Scrub so viel als möglich. Viele haben in demselben ihren Weg verloren und sind an Wasser- mangel zu Grunde gegangen."

„Die Scrubgehölze der verschiedenen Bezirke machen alle den gleichen gesammten Eindruck, doch gehören die dieselben zusammensetzenden Pflanzen

Fig. 297. Westaustralische Hartlaubflora: Proteaceae. / Banksia marginata Cav. 2 Banksia serrata L. fil. 3 Dryandra mucronulata R. Br. 4 Banksia ericaefolia L. fil. 5 Banksia

spinulosa Sra.

36» .

Fig. 298. Australische Hartlaubflora. Wiederholung ähnlicher Blattformen.

/ Pittosporum phillyraeoides D. C. (Pittosporac). •? Acacia linearis. J Ac floribunda. 4 Hakea salif»a

Schrad. (Proteac). S Leptospermum resiniferum (Myrtac). 6 Metrosideros vimtnalis Girtn. (Myrtac -

7 Leucopogon Cunninghami (Epacridac). Nat. Grosse.

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V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete. eße

nicht zu den gleichen Genera und Arten, da Bodenqualität und Standort den floristischen Charakter beeinflussen.1)

Stets findet man die eine oder die andere Strauchart in Blüthe. Die meisten Arten entfalten ihre Blüthen im September oder October und die Regenzeit ist von geringem Einfluss auf dieselbe; doch weckt sie zahlreiche terrestrische Orchideen zu neuem Leben, nämlich Arten von Erochilus, Ca- ladenia, Diuris, Prassophyllum, Dipodium, Microtis, Cyrtostylis etc. In ihrer Gesellschaft erscheinen einige Stauden und Annuellen, Arten von Helichrysum, Drosera, Helipterum, Scaevola, Brunonia, Thysonanthus, Euphrasia, Goodenia, Hypoxis, Senecio etc. und einjährige Gräser. Aber ihre Dauer ist kurz, da sie beim Eintritt der Trockenzeit ebenso rasch verschwinden, als sie erschienen waren.1) „Heideartiges Laub oder vertical gestellte Blätter," sagt Behr, „drängen sich um moosartig in einander gewachsene kugelförmige Sträucher oder verdecken nur spärlich die Blossen der langen Ruthen, die sich aus hässlich sparrigem Gestrüpp herausstrecken. Die herrschende Farbe des Laubes ist ein todtes Blaugrün •, doch legt sich die Natur in dieser Beziehung wenig Zwang an; die Rhagodia trägt weisses Laub, anderes Gesträuch braun- rothes; am unheimlichsten, weil in solcher Umgebung am unnatürlichsten, ist das lebhafte Maigrtin der Cassia und des Santalum. Gefiedertes oder sonst zusammengesetztes Laub ist selten; ich erinnere mich nur als einzigen Beispiels einer Art von Cassia. Sonst findet sich bei dem rigiden Laube möglichste Mannigfaltigkeit, vom Eirund durch die Lanzettform bis zur blossen Borste, von der dichtesten Gedrängtheit durch alle möglichen Nuancen zum kahlen, blattlosen Zweige. Bei alledem treten oft Pflanzen aus sehr ver- schiedenen Familien im Habitus so zusammen, dass nur Blüthe oder Frucht ein sicheres Criterium geben können. Die Gesträuche und Bäume der Scrub- gegenden sind von sehr verschiedener Höhe, manche Eucalyptus- Arten wett- eifern mit denen des fruchtbaren Landes . . ." 2) Schomburgk's Schilderung stimmt mit der vorhergehenden wesentlich überein.

§ 5. Die califomischen Hartlaubgehölze. Das califo mische Küstenland ist vornehmlich von immergrünem Gesträuch bedeckt, aus welchem Bäume sich meist nur vereinzelt erheben. Die wichtigsten dieser letzteren, welche an trockenen Standorten auch als Sträucher auftreten, sind Quercus agrifolia N6e, Q. chrysolepis Liebm. (Fig. 275 und 299), Q. dumosa (Fig. 300, 6), Q. oblongifolia Torr. u. a. m., sammtlich immergrüne Arten mit kleinen, lederartigen, ganzrandigen oder mit Stachelzähnen versehenen Blättern; ihnen gesellen sich zwei immergrüne Bäume anderer Verwandtschaft, der kalifornische Lorbeer, Umbellularia californica Nutt (Fig. 274) und der Chinquapin, Castanopsis chrysophylla A. D. C. zu. Das den Hauptbestandtheil der Vegetations- decke bildende, auf Vorbergen und Hügeln schwer durchdringliche Dickichte bildende Gesträuch (Fig. 302), setzt sich, wie die ent- sprechenden Formationen anderer Sklerophyllgebiete , aus Vertretern

*) 1. c. S. 9—10. Uc.s. 548—549.

Fig. 300. Aus der californischen Hartlaubflora: Chaparralvegetation des Küstengebirges

/ Arctostaphylos tomentosa. 2 Adenostoma fasciculatum H. v. A. 3 Ceanothus cuneatus Nutt. 4 C papil-

losus Torr, j Pickeringia montana Nutt. 6 Quercus dumosa. Nutt. Ex herb. Prof. Dudley.

V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete.

567

der verschiedensten Familien zusammen, wie Eichen (Fig. 300, 6), Compo- siten, Rosaceen, (Adenostoma fasciculatum, Prunus ilicifolia (Fig. 300,2), Zygophyllaceen, Anacardiaceen (Rhus -Arten), Rhamnaceen (mehrere Cea- nothus-Arten) (Fig. 300 j,4\ Leguminosen, Hydrophyllaceen, Ericaceen (Arctostaphylos) (Fig. 300,/), Labiaten etc. Succulenten sind häufiger

Fig. 301. Californische Hartlaubflora: Dendromecon rigidum (Papav.). Nat. Gr.

(Herb. Dudley.)

als in anderen Hartlaubgebieten und durch verschiedene Cacteen vertreten. Zwiebel- und Knollenpflanzen sind hier wiederum als Begleiter der Hart- laubhölzer massenhaft vorhanden.

Der Fuss des Küstengebirges (Coast ränge) ist in Nordcalifornien,

*) Mayr, N.-Amerika, S. 261 u. f.

Fig. 30a. Am drr calttbrnU>chcn i

Louu Torr, f

Ü

■M

569

eher und flo- grossen Theile ud Häufigkeit immergrüne Neide baumartig, 1 strauchig bleibt

We (Coast- Range) Califomiens ; Sequoia sempervirens. fctncr Photographie.

Itckichte bildet. Die charakteristischen Sträucher I Uosacee AdeDostoma fasciculatum (Fig.500,2), ein Bat Spiraeabltithen versehener Strauch, der oft für deichte bildet Häutig und charakteristisch ist auch t (Fig. 300,^), ein buschiger, bis 2 m hoher, weiss Strauch, der ebenfalls die Neigung hat gesellig zu

568

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

dank den reicheren Niederschlägen, von Hochwäldern bedeckt, die vor- nehmlich von Sequoia sempervirens gebildet sind (Fig. 304). Das Unter- holz jedoch ist von typischen Hartlaubsträuchern gebildet. Weiter südlich sind sowohl auf dem Küstengebirge als an der unteren Region der Sierra Nevada immergrüne Gebüsche und Gesträuche, in welchen Eichen auf weiten Strecken beinahe allein herrschen. Dicht am Meere erhebt

Fig. 303. Californische Hartlaubflora: Prunus ilicifolia. Nat. Gr. Nach Sargent,

sich manchmal, freistehend oder in lichten Beständen, Juniperus macrocarpa (Fig. 305.).

Schilderungen des Vegetationscharakters an der Küste Kaliforniens sind äusserst spärlich. Nach C. A. Purpus nimmt an der südwestlichen Sierra Nevada Quercus Douglasii die unteren Abhänge ein; bei etwa 2000' beginnt eine Baum- und Strauchvegetation von wesentlich anderer Zusammensetzung ; es sind

V. Die winterfeuchten und warmtemperirten Gebiete.

569

die sogenannten Chaparrals, die in ähnlicher physiognomischer und flo- ristischer Zusammensetzung durch das Küstengebirge zum grossen Theile bedecken. Unter den Bäumen zeichnet sich durch Grösse und Häufigkeit aus Quercus chrysolepis. Mit ihr zeigen sich die ebenfalls immergrüne Q. Wislizeni D. C. und die laubabwerfende Q. Kellogi Newb., beide baumartig, während die nicht weniger charakteristische Q. Breweri Engelm. strauchig bleibt

Fig. 304. Aus dem pacifischen Küstenwalde (Coast-Range) Californiens : Sequoia sempervirens.

Nach einer Photographie.

und schwer durchdringliche Dickichte bildet. Die charakteristischen Sträucher sind aber in erster Linie die Rosacee Adenostoma fasciculatum (Fig. 5 00, 2), ein immergrüner erikenartiger, mit Spiraeablüthen versehener Strauch, der oft für sich allein ausgedehnte Dickichte bildet. Häufig und charakteristisch ist auch Ceanothus cuneatus Hook (Fig. 300, j), ein buschiger, bis 2 m hoher, weiss oder hellblau blühender Strauch, der ebenfalls die Neigung hat gesellig zu

S70

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

wachsen und dichtes Gestrüpp zu bilden. Ferner erwähnt Purpus namentlich die gross blühende Sterculiacee Fremontia californica, die sommergrüne Aesculus californica, die Rosacee Cercocarpus parvifolius Nutt., Arctostaphylos- Arten, namentlich A. Manzanita, Arten von Rhamnus (Rh. tomentella Benth., Rh. crocea, Nutt., beide immergrün), Rhus diversiloba Torr, et Gray., Pentstemon diver- sifolius Ldl., Diplacus glutinosus Benth. (Scrophul.), Eriodictyon glutinosum Hook, et Arn. (Hydrophyll.) , Bigelowia arborescens Gray. (Compos) , Um- bellularia californica Nutt. (eine weiter nördlich, in feuchteren Gegenden

baumartige Lauracee. Fig. 274) und einige Schlingsträucher : Lo- nicerahispidula DougL und Clematis lasiantha Nutt. Das in der Coast Range häufige Dendromecon rigidum Benth. (Fig. 30 1), eine strauchige Papavera- cee mit grossen Blü- then, die habituell an die mediterranen Cist- rosen erinnert, ist in den Chaparrals der Sierra Nevada seltener. § 6. Die chile- nischen Hartlaub- gehölze. Die mit- telchilenischen Hartlaubgehölze zei- gen sich nament- lich in der Berg- region , in Höhen zwischen 1000 und 2000 m; da bilden sie schwer durch- dringliche, immer- grüne Gestrauche, die an besonders günstigen Stellen von Bäumen überragt erscheinen. Ihr häufigster Be- standteil, als Strauch wie als Baum, ist Quillaja Saponaria. Constante Begleiter der letzteren sind Kageneckia oblonga und Litsaea caustica; es treten aber noch zahlreiche andere Sträucher hinzu (Fig. 304). Alle diese Holzgewächse haben kleine, bis höchstens mittelgrosse, saftarme, sklerenchymreiche Blätter mit dicker Cuticula. Halbstrauchige und krau- tige Schlingpflanzen sind in diesen Gehölzen häufig, Knollen- und

Fig. 305. Cupressus macrocarpa, die Monterey-Cypresse an der Meeresküste bei San Francisco. Nach einer Photographie.

Fig. 306. Chilenische Hartlaubflora.

/ Quillaja Saponaria Mol. 2 Escallonia arguta Presl. 3 Kageneckia oblong». 4 Kageneckia angustifolia

Don. 5 Colliguaya odorifera. 6 Col. intcgerrima Gill. et Hook. 7 Rhu» caustica Hook. 8 Satureja

virgata. g Baccharis rosmarinifolia. 10 Aristotelia maqui L'He>. Nat. Gr.

C72 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Zwiebelpflanzen (Liliaceen, Amaryllidaceen, Iridaceen bes. Sisyrinchium, Oxalis-Arten etc.) wachsen in ihrer Nähe. Abweichende häufige Formen sind die mächtige Bromeliacee, Puya coarctata sowie Cereus Quisco.

Auswahl der Literatur.

Bolus, H. Grundzüge der Flora von Südafrika. Uebersetzung von

G. Kersten. 1888. Flahault, Ch. I. La distribution gdographique des vdg^taux dans un coin

du Languedoe. Montpellier 1893.

II. Les herborisations aux environs de Montpellier. Journal de botanique.

Tomes I und II.

III. Projet de carte botanique, forestifcre et agricole de la France. Bulle-

tin de le Soctetd botanique de France. Tome LI. 1894. S. LVI.

IV. La garigue. Journal de botanique. 1888.

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II. Biologische Beobachtungen aus der Flora Santiagos in Chile. Trocken-

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Die Vegetationsverhältnisse im nördlichen Araucanien (Flussgebiet des

Rio Biobio). Engler's Jahrb. Bd. XXIII. 1896. Purp us, C. A. T. I. Die Chaparralregion der südwestlichen Sierra Nevada von Californien. Mittheil. d. deutschen dendrolog. Gesellsch. No. 6. 1897.

II. Bericht über meine Tour in die südliche Sierra Nevada und die Argus

und Madurango Ranges. Ibid.

Reiche, K. Die Vegetationsverhältnisse am Unterlaufe des Rio Maule Engler's Jahrbücher. Bd. 21.

Sargent. Die Wälder von Nordamerika. (Auszug.) Petermann's Mit- theilungen 1886.

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Willkomm, M. Grundzüge der Pflanzenverbreitung auf der iberischen Halbinsel. Die Vegetation der Erde. I. Theil. Leipzig 1896.

VI. Gehölzklima und Grasflurklima in den kalttemperirten Gürteln.

§ i. Allgemeines. §2. Wald und Prärie in den Vereinigten Staaten. Vier Klima- und Vegetationsgebiete. Mittlerer Regenfall in den vier Gebieten. Die Winde. § 3. Klima und Vegetation in Russland. Das Klima der Steppen. Ungleiche Windverhältnisse in Nord- und Südrussland. Klimatische Verhältnisse im mittel- und nord- russischen Walde. § 4. Das ungarische Tiefland. Hunfalvy über das ungarische Steppenklima. § 5. Das kalttemperirte Ostasien. Niederschlagsverhältnisse. Ver- theilung von Wald- und Grasflur.

§ 1. Allgemeines. Mit der Entfernung vom Wendekreise werden die Formationen, soweit sie vom Klima abhängig sind, immer weniger mannigfach. Xerophile Gehölze fehlen, wenigstens als klimatische For- mationen, der Unterschied zwischen Hochwald und Niederwald lässt sich kaum durchfuhren, die Gesträuchformationen, die in den Heiden ihren verbreitetsten Typus besitzen, sind in erster Linie von edaphischen Einflüssen abhängig. Die Grasflur ist meist als Steppe, seltener als Wiese, niemals aber als Savanne ausgebildet.

In einem grossen Theile der winterkalten temperirten Zonen ist die Vegetationsdecke durch die transformirende oder verheerende Thätigkeit des Menschen und seiner Hausthiere derart verändert wor- den, dass man nur noch in den seltensten Fällen von natürlichen For- mationen sprechen kann, z. B. in Mitteleuropa, im grössten Theile von China und Japan, in einem beträchtlichen Theile von Russland und Nordamerika. Etwas weniger verändert ist die ursprüngliche Vege- tationsdecke im östlichen und südlichen Russland, im temperirten Sibirien, und in manchen, namentlich westlichen Landschaften Nord- amerika^. Auch sind, in den zuletzt erwähnten Ländern, die Zerstö- rungen verhältnissmässig neuen Ursprungs und der Naturcharakter lässt sich aus den Schilderungen von Augenzeugen wiederherstellen. Russ- land und Nordamerika sind diejenigen Länder des nördlichen kalttempe- rirten Gürtels, in welchen die klimatischen Bedingungen der Gehölze, Grasfluren und Wüsten am ehesten noch erkannt werden können. Der kalttemperirte Gürtel der südlichen temperirten Zone ist auf dem Lande so schwach entwickelt, dass er kaum in Betracht kommt.

tjA Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

§ 2. Wald und Prärie in den Vereinigten Staaten. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika zeigen, bezüglich derHydrometeore, eine östlich- westliche Gliederung in vier Hauptgebiete.1} (Vergl. die Tabelle I u. II.)

Das atlantische Gebiet ist ohne Trockenzeit; Regen fallen reich- lich zu allen Jahreszeiten, mit einem erkennbaren Maximum im Sommer. Die Niederschläge betragen im Küstenlande ca. iooo mm jährlich, im Süden und am Golf 1200 mm, nach Osten fallen sie auf 800—900 herunter. Die östliche Grenze des Gebiets ist ungefähr durch den Mississippi bezeichnet.

Westlich vom Mississippi erstreckt sich bis zum Fuss der Felsen- gebirge ein Gebiet mit trockenen Wintern und feuchten Früh- sommern; die Niederschläge sind geringer als im atlantischen Gebiet und betragen 500 600 mm; sie nehmen von Osten nach Westen ab.

Das zwischen Felsengebirge und Sierra Nevada gelegene Plateau hat beinahe überall sehr spärliche Niederschläge (30 cm oder weniger), die entweder zu allen Jahreszeiten fallen oder im Hochsommer beinahe ganz fehlen.

Die pacifische Küste westlich von der Sierra Nevada (Washington, Oregon, Californien) ist ein Gebiet der Winterregen. Im Norden sind die Niederschläge sehr reichlich und auch der Sommer ist feucht, obwohl viel weniger als der Winter. Nach Süden werden die Niederschläge geringer (ca. 500 mm) und der Sommer wird regenlos, der südlichste Theil von Californien erhält nur sehr spärliche Niederschläge (ca. 250 mm).

Aus der Menge und namentlich der jahreszeitlichen Vertheilung der Niederschläge Hesse sich der Vege- tationscharakter aller vier Gebiete schon imVoraus mit Sicherheit angeben. Das östliche Gebiet mit seinen vielen auch während des Winters fallenden Niederschlägen hat ein echtes Wald- klima und ist in der That von Wäldern bedeckt, welche im Nord- westen, entsprechend der Abnahme der Regenmenge, an Höhe und Ueppigkeit abnehmen. Im südlichen wintermilden Theil sind die Wälder hygrophil (subtropischer Regen wald), im Norden sind sie, der Winterkälte entsprechend, tropophil. Das Gebiet zwischen Mis- sissippi und Felsengebirge besitzt in erster Linie durch seine trockenen Winter und gleichmässig feuchten Frühsommer, in zweiter Linie durch die massige Menge seiner Niederschläge, ein ganz typisches Grasflurklima. Es mag gleich hinzugefugt werden, dass der baum- feindliche Charakter des kalten Winters durch häufige Nordwinde bei scharfem Frost noch erhöht wird. Dieses Gebiet ist dasjenige der P r ä r i e e n genannten baumlosen Steppen. Das Plateau zwischen Felsen-

!) Die Meteorologen unterscheiden nach Greely dreizehn Typen. Für die hier in Be- tracht kommenden Fragen ist eine so weitgehende Gliederung überflüssig.

VI. Gehölzklima und Grasflurklima in den kalttemperirten Gürteln.

575

gebirge und Sierra hat zum grössten Theile Wüstenküma und dem ent- spricht sein Vegetationscharakter vollkommen. Das paci fische Ge- biet endlich besitzt, mit Ausnahme des südlichen wüstenartigen Theils, ausgeprägtes Gehölzklima; den massigen Niederschlägen im mittleren Californien entsprechen xerophile Gehölze, den reichen des winterkalten Nordens tropophile Hochwälder.

Folgende Tabelle bringt nach Hann Procente der Jahressumme des Regens für das mittlere atlantische Waldgebiet und das in gleicher Breite (ca. 400 N) gelegene Grasflurgebiet der Prärie (Nebraska, Kansas).

Tabelle I.

Jan. | Febr.

März

April Mai

Juni Juli

Aug. 1 Sept.

Oct. | Nov.

Dec.

Atlantisches ~ Waldgebiet || *4

7.8

8.8

7.1*

7-5

8-5

9.8

9.6

8.2

8.4

8.1

7.8

Grasflur (Prärie)

' 2.7*

2.8

5-o

10.6

M.5

17.2

14.4

12.0

7.9

6.4

3.2

3.3

Die Tabelle II bringt, ebenfalls nach Hann, für eine grössere An- zahl Landschaften die wirklichen Regenmengen.

Tabelle II. Mittlerer Regenfall in den Vereinigten Staaten.

1

i Atlantisches Gebiet

il

1 Wald

l|

Prärien- Gebiet Ueppige Grasflur

Hl

Plateau des Felsen- gebirges Wüste

Pacil Ki

Ssche iste

Q-2.S

j

Neu-

1 England

1

3*3

3 3

il

in

II

.13 «

104

c

3 &

67

OS*

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0

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6 . V

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£ vO

Jan. 96

94

107*

130

24*

16*

21

36*

136

90*

Febr.i 91

87

91

120

103

64

45

14

29

12*

28

31

126

73

März, 97

97

110*

165*

101

68

58

23

41

18

22

25

117

56

April 81

79

98

137

95

55*

68

42

74

36

14

24

68

47

Mai 7 9*

78*

95

103

90

71

95

68 |io4

70*

IO*

19

49

14

Juni 88

93

130

125

118*

83

116*

72*jl22*

65

13

10

34

6

Juli 1 102*

107 1 147

120

109

91*

98

54

103

41

49

5 5*

15*

1

Aug. 102

113*

161*

n6 1 91

73

90

60

81

36

60*

15

0*

Sept. 77

88

133

96

70

72

98

3i

31

25

7

38

4

Oct 94

80

104

67*

68*| 75

67

35

16

T8

65

22

14

15

72

22

Nov. 95 | 80

79*! 105

86 | 72

_33 30

14

16

20

119 , 48

Dec. 84 84

103 j 123

91 ' 69

47

16

29 1 31

146* 84

Jahr: 1086

1080

US»

1407

1 126

860

877

446

784

377

301

227

935

445

576

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle IE. Winde im nordamerikanischen Waldgebiet.

Winter: I

N

NE

E

SE

s

SW i W NW

Gebiete des Ohio u. Tennessee i

8

7

5

9

12

28 , 16 16

Südatlantische Staaten . . . . '

13

J3

7

6

II

18 j 14 , 17

Mittelatlantische Staaten . . . 1

9

12

5

6

7

14 19 28

Neu-England |

9

II

4

7

7

M ' 15 33

Sommer :

1

Gebiete des Ohio u. Tennessee ,

7

II

7

9

ii

31 | 12 11

Südatlantische Staaten . . . . I

7

12

8

12

17

26 11 8

Mittelatlantische Staaten . . . j

8

IO

6

II

14

19 16 15

Neu-England

5

IO

8

IO

12

24 , 14 16

Woeikof H, 35.

Tabelle IV. Winde in der nordamerikanischen Prärie.

Winter :

N NE

SE

SW ' W . NW

Gebiet d. mittl. Missouri (Kansas und Nebraska)

22

8

6

9

15

12 1 18 20

Gebiet des Mississippi zw. 38 ° bis 430 NB. |

9

8

5

15

12

13 1 U j 24

Gebiet des oberen Mississippi .

7

9

5

16

1 1

15 10 ' 26

Indianerterritorium mittleres Texas

20

11

14

15

12 | 9 | 6 13

Sommer :

! !

Gebiet des mittleren Missouri .

10

10

13

18

26

13 1 10 10

Gebiet des Mississippi zw. 38 ° bis 43° NB ,

9

10

9

22

16

12 11 11

Gebiet des oberen Mississippi . |

Indianerterritorium

Mittleres Texas

6 f 11

7

21

13

21 10 12

6

8

14

22 | 27

12 5 6

3

6

11

54

17

6:2.1

Woeikof ü, S. 33

§ 3. Klima und Vegetation in Russland. Das südliche Russland ist von baumlosen Steppen eingenommen, welche im Norden und Westen durch immer zahlreicher werdende Baumgruppen und Gebüsche unter gleichzeitiger Annahme von Wiesencharakter allmählich durch Waldgebiete ersetzt werden, östlich und südöstlich hingegen dürftiger bewachsen werden und in die Kaspische Wüste übergehen. Südlich ist die Steppe durch das Schwarze Meer begrenzt.

Vielfach wurde die Frage erörtert, warum dieses ungeheure und fertile Steppengebiet des Baumwuchses entbehrt und das Fehlen des

VI. Gehölzkliraa und Grasflurklima in den kalttemperirten Gürteln. 577

letzteren in der Regel mehr auf geologische und geognostische als auf klimatische Ursachen zurückgeführt, obwohl Woeikof dieselben bereits ganz richtig betont hatte. Die russische Steppe besitzt nicht bloss ein typisches Grasflurklima, sondern dasselbe ent- hält baumfeindliche Elemente.1)

Die Niederschläge in der russischen Steppe sind massig. Sie sind dank ihrer Vertheilung, wie nachher gezeigt werden soll, für die Grasflur genügend, für kräftigen Waldwuchs aber unzureichend. Ihre Menge schwankt zwischen 37 und 47 cm jährlich, z. B. Pensa 46 cm, Ssimbirsk 44 cm, Ssamara 39 cm, Orenburg 43 cm, Kursk 43 cm, Lugan 37 cm, Margaritowka am Asowschen Meer 47 cm , Odessa 40 cm , Nikolaew 37 cm , Sewastopol 40 cm , Ssimferopol 44 cm. In den benachbarten, jetzt zum grössten Theil der Cultur anheimgefallenen ursprünglichen Waldgebieten, ist die jährliche Menge der Niederschläge stets, und meist beträchtlich, grösser, z. B. nicht weit von der Nordgrenze der Steppe: Kosmodenjansk 57 cm, Pinsk 61 cm. Die westlich von der Steppe gelegenen Waldgebiete sind noch regenreicher, z. B. beträgt die durchschnittliche jährliche Menge der Niederschläge in Oesterreich- Ungarn, nach Hann, 74 cm. Allerdings fehlt es nicht an einzelnen Punkten Mitteleuropa^ an Orten, wo die Regenmenge 40 cm wenig übersteigt.

Solche Gehölze, wie sie in der winterkalten Zone vorkommen, sind alle tropophil und scheinen zu normalem Wuchs einerMinimalhöhe der Niederschläge von etwa 50 cm zu bedürfen. Bei ge- ringen Mengen wird der Waldwuchs sehr dürftig. Wir haben allerdings in den warmen Zonen xerophile Wälder, trotz der viel höheren Tempe- ratur, bei noch geringeren Niederschlägen wachsen sehen; xerophile Wälder haben sich aber in den winterkalten Zonen nicht ausgebildet, da es eines dazu geeigneten Klima's, nämlich eines ausgeprägt trockenen Sommers bei feuchtem Winter bedarf.

Ein anderes dem Baumwuchs noch viel ungünstigeres Element im Klima des Steppengebiets ist in den heftigen, trockenen Ost- winden gegeben.

Der auffallendste klimatische Unterschied zwischen Süd- und Nordrussland besteht nach Woeikof darin, dass ersteres während des Winters, sowie imHerbst undFrüh- jahr vorwiegend Ostwinde besitzt (NO, O); während das russische Waldgebiet, wie Mitteleuropa, das ganze Jahr hindurch ein Vorherrschen der Westwinde aufweist.* Die Ostwinde sind aber trocken und wehen zu einer Zeit, wo der gefrorene Boden denVerlust derPflanzen an Wasser nicht ersetzen kann.

*) Vgl. s. 188.

Schimper, Pflanzengeographie. 37

578

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Dass trockene Winde zur Zeit, wo der Boden gefroren ist, den Bäumen weit mehr schaden als den niedrigen Gewächsen, geht aus unseren früheren Darlegungen (vgl. S. 183) zur Genüge hervor.

Während der Süd- und Westwinde ist die Luftfeuchtigkeit im Winter beträchtlich, so dass der Mittelwerth der letzteren für den ganzen Winter nicht gering ist.

Auch im Sommer ist zu grosse Lufttrockenheit ein dem Baum- wuchs ungünstiges klimatisches Element. Trotz Vorherrschen der Westwinde ist in der Steppe bei klarem Wetter, nach überein- stimmenden Angaben die Luft im Sommer äusserst trocken. Während dieser Zeit herrschen aber hohe, starke Transpiration bedingende Temperaturen.

Nach dem Gesagten trägt das russische Steppengebiet durchaus nicht den Charakter eines Waldklimas. Um so mehr ist sein Charakter als Grasflurklima ausgeprägt: Trockener Winter, feuchter Frühling und namentlich Frühsommer (Juni), milde Temperatur und Häufigkeit der Niederschläge während der Vegetationszeit.

Die Dürre im Spätsommer und Herbst tritt am Schluss der Vege- tationszeit auf und ist daher ohne schädliche Wirkung.

Das mittlere und nördliche Russland hat ein weniger ausgeprägtes Waldklima als z. B. das atlantische Nordamerika und besitzt dem- entsprechend einen viel weniger üppigen Waldwuchs. Die Niederschläge sind weit weniger reichlich, namentlich während des Winters, die un- günstige Wirkung des letzteren Umstandes wird aber dadurch aufgehoben, dass im russischen Waldgebiet im Gegensatz zur Steppe, die West- winde vorherrschen und, auch während des Winters, nicht die ver- heerende trocknende Wirkung besitzen, welche den Ostwinden zukommt. Dem russischen Waldgebiet kommt es auch zu Gute, dass sein Klima der Grasflur ungünstig ist, indem der Frühsommer relativ regenarm ist und die Niederschläge vornehmlich im Spätsommer und Herbst fallen.

Tabelle V. Windrichtung in den Steppen Mittel- und Südrusslands zwischen dem 530 und dem Schwarzen Meere.

9

_

NE 13

*'

SE

s

s\v

w

X\V

Januar 1

21

15

9

10

11

Februar bis April

8

11 10

20 17

11 12

II

12

10

Mai 1

9

12

1 1

17

12

Juni bis Juli ...

1 1

10

14 19

10 13

10

II

20

15

August bis September ,

1 2 9

I

I 2

9

I I

8

10

13

12

October

14

12 11

II *3

_I4_ 13

11

Novemb. bis Decerab. .(

9

18 1 iS

10

(Woeikof Klimate, n, 159-)

VI. Gehölzklima und Grasflurklima in den kalttemperirten Gürteln.

579

Tabelle VI.

Windstärke in der südrussischen Steppe.

a: i p. m., ungef. Zeit grösster Winstärke; b: 7 a. m. 9 p. m., Zeit geringster Windstärke.

"

'"

| Nov. bis Febr. 1 März bis April

Mai bis August Sept. u. Octob.

' a | b ] a

b

a 1 b ' a | b

Nikolajew

.

5-3

4.4

7.1

4.8 I 5-3 3-5

4.8 ; 2.6

Seuastopol .

4-6

3-7

5-6

3-3

4.9 1.4

4.7

1.9

Lug an

5-9

4.4

6.4

4-3

6.5 2.5

7.1

27

Astrachan

.

i 5.2

3-9

6.2

4.0

5-3 | 3-o

5.6 | 2.9

(Woeikof, Klimate II, 165.)

Winter:

Sommer:

N JNE

E

SEJ S |S\V| W NW

N ,N E| E 1 SE S |SWi W |NW

Simferopol .

7 I15

31

17 1 6

6 iO| 8

7 j 15,31 j 17 ' 6 1 6 10 8

Jekatarinoslaw

5 |'o

20

16 ; 21

131 io| s

5 | IO|20| l61 21 1 13' IO, 5

Lugan . .

7 1 14

23

9

8 12 21 ( 5

7 | Ml 23

9 8 12

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9 14

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10 J 9 16

7

9 | 14 1 25

10 1 10 1 9

16 t 7

Charkow . . |

j 1

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1

1

Poltawa . . J

5 I I2

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8 j 10

15

7

6

15 24 16

Woltschansk )

1

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Odessa . .

17 1 14

10

9

1S | IO

13 1 12

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7

10 j 25 1 5 | 10 | 13

Nikolajew

J3 I 24

7

10

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13

5

13

i8| 1

7

2

7

14

|io

1

(Woeikof, Klimate II, 16 1.]

Tabelle VII. Mitteltemperatur in der südrussischen Steppe.

Lugan

Januar März "—8 3 | -1.8

Zaryzin .

Jekaterinoslaw I 2.2 Odessa . . 3.9

10.4 3^2 2.0

April Mai

8.6 | 16.7

17.0

^•5

9.2

16.2

Juli |Septemb. I October Novemb.

22.8

23-7

_24.7_

23.0

15-8 |

^5-7 18.0

8.2 7.2

12.8

17.0 | 10.6

_L*4 0.4

"6-9 4.5

Julitemperaturen in denselben Breiten (45 ° 50°) Mitteleuropa^: Laibach 19,7; Graz 19,9; Wien (Land) 19,6; Genf 19,3; Stuttgart 18,8; Strassburg 19.2. Die Julitemperaturen der russischen Steppen zeigen sich nur in der ungarischen Tiefebene, also ebenfalls in einem Steppengebiet: Budapest 22,3; Debreczin 22,4; Szegedin 22,8; Pancsova 23,0. (Woeikof.)

37*

58o

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle VIII.

Vertheilung der Niederschläge in der russischen Steppe verglichen mit Mitteleuropa (Zwischenklima) (in Procenten).

Jan.

Feb.

März

Apr.

Mai

Juni

Juli |Aug.|Sept.l Oct

Nov.

Dcc.

Centralruss. Wald-

i

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r

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gebiet ....

6

4

5

6

IO

8

14 1

12 11

7

9

8

Uebergangssteppe:

.

Ssamara ....

5

4

4

6

IO

12

14

12 1 1

9

8

6

Orenburg . . .

7

6

6

8

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8

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Kiew . . .

5

5

6

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9

11

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8

6

7

Südruss. Steppe:

1

i 1

Westlicher Theil .

5

4

7

7

9

13

12

»1 9,

8

10

8

Oestlicher Theil .

5

5

6

7

12

15

13

9, »I

6

9

6

Südl. Uebergangs-

1 1

steppe (Bessarabien)

4

5

6

7

II

16

14

11 1 7 l

5

6

5

Gebiet der

1

Balkanhalbinsel:

1 '

Belgrad u. Umgegend .

7

6

8

6

9

12

8

" l 7 :

6

13

6

Ungarische Steppe

7

5

7

7

ii

13

11

10 6

8

8

8

Mähren . .

5

5

7

7

n

12

12

'3| ?'

7

7

7

Süddeutschland

1 j

(Württemberg, Nord-

1 ! !

Bayern) ....

6

6

7

7

9

12

10 i

11 i 7 |

8

9

7

(Nach

Woeikof.

Tabelle IX.

Dauer der Dürreperioden in der russischen Steppe.

a mittlere Dauer des Zwischenraumes zwischen zwei Regen, b mittlere Dauer

der aufeinander folgenden Regentage.

Wladimir

Charkow

Ssamara

Orange

' a. | b.

a. ' b.

a. j b.

a. b.

April . .

4:5 1 2-l

J-5 2-o

_5±j__n__

3.0 2.0

Mai . .

4.6 , 1.8

3.0 2.2

A-2_ \ —_

__3j_4_ J-8_

Juni . .

2.8 j 2.3

2.5 , 2.0

3-5 !

_419_ J'6

Juli . . August September October .

3.o | i.8_

4^1 1 1.9

4-6 1 1.5 4.0 ; 1.8

3-9 | 2-° 4.1 1 2.1 4.6 2.0

1- "-

4.7

_5l2__ _l;3 1-3 _12- 4.4 i.j

3.6 1.9

Orange, im Mittelmeer- Gesträuchklima, wurde vergleichsweise heran- gezogen, um die schwächere Vertheilung der sommerlichen Niederschläge zu zeigen.

(Woeikof, Klimate, IV, S. 25 f. <

VL Gehölzklima und Grasflurklima in den kalttemperirten Gürteln.

58l

§ 4. Das ungarische Tiefland. Die Steppe des ungarischen Tief- lands zeigt grosse klimatische Aehnlichkeit mit derjenigen Südrusslands. Hann erwähnt als charakteristisch für dieselbe dem umgebenden Wald- gebiet gegenüber: Grössere Temperaturextreme, Einschränkung der frostfreien Zeit auf die eigentlichen Sommermonate, ein dürrer Sommer (d. h. Spätsommer) und Herbst und austrocknende Winde.

Genauere Daten über das ungarische Steppenklima bringt die Monographie Hunfalvy's:

In den beiden Becken (des Tieflandes) ist der Jänner der kälteste Monat, und die mittlere Temperatur sinkt überall unter R Die mittlere Tem- peratur des Februars ist in den einzelnen Stationen um 1 3 Grad höher, steht aber an einzelnen Orten noch unter o°. Die mittlere Temperatur des März steht um 3 4 Grad höher als die des Februars; im April, Mai und Juni steigt die Temperatur noch höher und erreicht im Juli (an einigen Orten im Juni oder August) das Maximum. Im September und October fällt die mittlere Temperatur nur massig, desto rascher im November und December. In dem westlichen und südlichen Randgebiet ist der Jänner ver- hältnissmässig milder als im Tieflande, aber auch die Sommermonate sind weniger heiss, und die Temperatur des wärmsten und kältesten Monats beträgt bloss 16 190, während sie im Tiefland 17 210 erreicht.

Im Durchschnitt beträgt die mittlere relative Luftfeuchtigkeit nach den einzelnen Jahreszeiten:

Tabelle X.

1

Frühling 67.7

Sommer 63.1

Herbst

Winter 82.8

Jahr

Tiefland (Steppe)

72.1

71.5

Randgebiet . . !

71.2

69.2

81.0

84.1

76.8

Oberland . . .

74.5

7 5.7

83.2

86.7

81.5

Siebenbürgen . . j|

69.9

72.6

76.5

87.3

76.6

Man sieht, dass die relative Luftfeuchtigkeit im Tiefland am geringsten, im Oberland am grössten ist. Im Tieflande sind aber besonders die durchschnittlichen Minima der Luftfeuchtigkeit sehr gering, wie folgende Uebersicht zeigt :

Tabelle XI.

l_J»-_

Pressburg . 54.8

Febr. 53.o

März April 1 Mai | Juni 37.8 1 22.2 | 27.2 29.8

JuliJ Aug.

30.2 24.8 34.0131.0

35-I<32.5 28.0, 28.2

Sept. Oct. | Nov.

32.5 3 9 j! 53-4 39.0145.0153.0 37. 6141. 2 51.0 29.7 1 33.7 43.7

Dec. 56-9

Fünfkirchen 51.0

63.0

53.0 41.8

30.7

39.0 1 39.0 (36.0

41.0

Pest. . . i! 59-3 Ofen . .158.3

13± 44-3

35°

33.o

2s:5

32.8I35.1 28.5 29^ 34.0 37.0

58.8 62.1

Szegedin . !;66.o

46.O

30.0

34.0 36.0 2 1.0 , 22.0

33-° 5°-°

64.0

75-°

Panscova . J54.0

42.0

2 0.0

28.0

20.0 26.0

23.01 32.0

40.0

46.0

582

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Nach den an der Ofener Realschule angestellten Beobachtungen betrug die Verdunstung einer freien Wasserfläche im Jahre 1863 vom 26. Mai bis 31. December 699.55' Par. Linien.

Die absolute und procentige Menge der Niederschläge in den einzelnen Monaten beträgt nach Hunfalvy (Monate in Linien, Jahr in Zöllen):

Tabelle XII.

Früh i abs.

ling /o

Sommer

Herbst abs. J_ «/0

Winter abs. ' o/0

Jahr abs.

Tiefland. . 54.72

25.1 1 63.80 29.6 | 56.59

26.4

T8.r 20.7

41.46 18.8 '

17.96

Randgebiet . ! 96.60

24.5 , 107.42

27.2

IIO.87 59-40

79.891 20.2 54.15! l8-4

35-22

Oberland . 6 1 .7 2

21.3

II I.69

39.5

23-99

Siebenbürgen ' 77.91

27.9

113.84

39-8

55.49

18.2 1 39.27 j 14.1

23.87

Also sind die Niederschläge im Tieflande bei weitem am geringsten.

Tabelle XIII. Monatliche Regenmengen.

Jan. 1 Febr. | März

April

Mai

25.49 39.66

Juni

JuU

Aug.

Sept.

Oct. Nov. 1 Dec.

1

Tiefland 13.7 8' 10.01 13.64 Rand- f \ * \ gebirge'21-"26-97!19'47

16.43 44.10

15-23

24-5° 37-47

20-77

30.00

43.02

l8 Ol I7.O5! 17.64 2 2.58^ l6.0I 36.7 4J32.74 42.69 46.03 44.26

Ober- ; ! J

land i7.ori4.38|i7-23

29.26

38.72

29.95

18.0532.32 18.13 22.16

Sieben- j I 0 bürgen; II'3°iI3,2T33

23.6l

35-88

43-33

39.65

2O.85

21.53

16.4518.26 14.68

1 i

Die grössten Regen fallen demnach im Tieflande wäh- rend des Frühsommers (Mai, Juni), der Hauptvegetationszeit der Gras- flur. Regenwind ist vornehmlich der südwestliche.

Durchschnittliche Anzahl der Regentage im Tiefland:

Jan.

Febr.

März

April

Mai

Juni

JuU

Aug.

Sept.

Oct Nov.

Dec.

8.5

7-9

8.8

9.1

10.3

9.1

8.5

7.3

6.3

6.6 8.9 Jahr:

9-2 101.4.

Aus den allgemeinen klimatischen Angaben sei aus derselben Arbeit, theilweise wörtlich, folgendes entnommen: Der Gang der Tempe- ratur ist, wie er in einem dem oceanischen Einfluss entrückten Binnen- lande zu sein pflegt : sehr schwankend, schnell veränderlich und extrem. Der Winter ist im Allgemeinen strenge, doch sehr veränder- lich. Bis Mitte Mai wechseln gewöhnlich warme Tage mit windigen und rauhen ab; Nachtfröste dauern bis April und Mai. Im Ganzen

VI. Gehölzklima und Grasflurklima in den kalttemperirten Gürteln. 583

genommen sind die trockenen und heissen Sommer häu- figer als die feuchten und kühlen. In solchen heissen Som- mern bleibt nun das Thermometer oft wochenlang auf 22 300 im Schatten stehen. Dann beginnt die schwüle Hitze schon des Morgens um 7 8 Uhr und dauert bis Abends 6 7 Uhr. Die Luft ist ausser- ordentlich trocken; kein Thautropfen labt die Vegetation.

Fast jeden Morgen erhebt sich ein Wind, der bis zum Abend gleichmässig weht. So vergehen Tage und Wochen. Die Blätter der Bäume und Gesträuche welken in Folge der grossen Hitze, Dürre und Ausdünstung ab, die Saaten vergilben, die Grasnarbe der Wiesen vertrocknet gänzlich . . . Die Winde sind im Tieflande häufig, und wehen oft andauernd und stark. Im Sommer steigern sie die Dürre, indem sie die Aus- dünstung befördern. Besonders gilt dies von den östlichen, nord- östlichen und südöstlichen Winden.

Diese Schilderung, in welcher ich die wichtigsten Stellen durch gesperrten Druck hervorgehoben habe, gibt das Bild eines echten Gras- flurklimas und gleichzeitig eines dem Baumwuchs ungünstigen Klima. Als Grasflurklima ist dasselbe gekennzeichnet wie in Südrussland und Nordamerika, durch den trockenen Winter, feuchten Frühsommer, massige Regenmenge, Häufigkeit der Niederschläge sowie milde Temperatur während der Vegetationszeit der Gräser. Dem Baum- wuchs ungünstig sind wiederum die massigen Nieder- schläge, der trockene kalte Winter, der trockenheisse Spätsommer, die heftigen Winde und die herrschende grosse Lufttrockenheit.

§ 5. Das kalttemperirte Ostasien. Das nordtemperirte Japan hat reichliche, zu allen Jahreszeiten, namentlich aber im Herbst und Frühwinter fallende Niederschläge. Das Klima ist ein Waldklima und dem entspricht der Vegetationscharakter; ähnlich wie Nord-Japan verhält sich Sachalin, wo das Niederschlagsmaximum jedoch entschieden herbstlich ist Das nordöstliche China und das Amurland haben trockene Winter und niederschlagreiche Sommer ; das Klima trägt den Charakter eines Grasflurklimas und thatsächlich sind natür- liche Steppen und Wiesen in grosser Ausdehnung vorhanden. Das besonders baumfeindliche Element in Steppengebieten, das Wehen starker, trockener Winde im Winter, fehlt hier, denn der Winter ist sehr luftstill. Der Baumwuchs ist dementsprechend reichlicher, im überaus niederschlagarmen Ostsibirien in Form dürrer lockerer Coniferenwälder vorherrschend, während am Amur Grasfluren und Waldparceilen miteinander abwechseln. Welche klimatische oder edaphische Einflüsse im letzeren Falle für das Auftreten des einen oder des anderen Vegetationstypus maasgebend sind, ist zur Zeit eine ungelöste Frage.

584

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Tabelle XIV. Jährliche Periode des Regenfalls im aussertropischen

Ostasien. 2)

1 Ost-Sibirien | 55° N, in L

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1 2

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März . .

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April .

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4

6

6

6

7

3

Mai . .

7

IO

8

7

6

8

7

Juni . .

14

lS

IO

7

6

9

17

14

Juli . .

-

23

23

12

8

7

10

10

20

33

August .

21

24

21

13

9

10

9

17

24

September

! 1 1

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16

16

11

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1 1

14

11

October .

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12

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6

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November

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10

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December

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Jahr cm Die w

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27 ien Ei

44 gebnii

49 >se die

1 54 jses K

137 apitels

130 175 lassen sich

i IIQ in fol

53

gende

Sätze zusammenstellen:

1) Die Gliederung der Vegetationsdecke ist im winterkalten Gürtel einfacher als in wärmeren Gürteln, indem ein Unterschied zwischen hygrophilen und xerophilen Wäldern kaum noch besteht und klimatische Gesträuchformationen ausser im Hochgebirge fehlen. Es stehen demnach nur Wald und Grasflur (letztere als Wiese oder Steppe, nie als Savanne) einander gegenüber.

2) Die zur Existenz des Waldes nöthige Höhe der Niederschläge ist jedenfalls nach Temperatur nnd Trockenheit des Sommers schwankend; in einem grossen Theile Europas dürfte sie ihre untere Grenze bei 50 cm, im sommerheissen Nordamerika wohl etwas höher besitzen. Elemente des guten Baumklimas sind ausserdem ein nieder- schlagreicher, windstiller Winter, in welchem namentlich bei starkem Frost trockene Winde nicht wehen, und das Fehlen trockenheisser Winde im Sommer.

3) Der Grasflur als Steppe scheint bei der Kürze der Vegetations- zeit eine Regenmenge von 30 40 cm jährlich zu genügen, falls dieselbe vornehmlich im Frühjahr und Frühsommer in möglichst reicher Ver-

•) Hann 1. c. Bd. III. S. 223.

Auswahl der Literatur.

585

theilung fallt. Die baumwidrigen klimatischen Faktoren sind auf die Grasflur ohne Einfluss.

4) Unter 30 cm Regen, oder bei vornehmlich winterlichen oder auch gleichmässigen Niederschlägen, schon bei grösserer Höhe derselben wird der Vegetationscharakter wüstenartig.

Auswahl der Literatur.

Die allgemeinen klimatischen Charakteristiker stützen sich auf Hann's Handbuch der Meteorologie, 3. Aufl. Bd. III, sowie desselben Verfassers Atlas der Meteorologie, Gotha 1887, ferner, namentlich für Russland: Woeikof, Die Klimate der Erde. Jena 1887.

Hann, J. I. Handbuch der Klimatologie. 2. Aufl. 3 Bde. 1897.

II. Die Vorschläge zur Milderung der Sommerdürre in Ungarn. Zeitschr.

d. österr. Geseilsch. für Meteorologie. Bd. IL 1867. Hunfalvy, J. Die klimatischen Verhältnisse des ungarischen Länder-

complexes. Ibid. id. Peschel, O. Physische Erdkunde. 2. Aufl. 1883. Woeikof. Die Klimate der Erde. Jena 1887.

VII. Die Waldformationen der kalt- temperirten Gürtel.

1. Allgemeine Oekologie des Sommerwaldes. § i . Einleitung. Tropophilcr Charakter des Waldes in den kalttemperirten Gürteln. Nadelwald und Laubwald. § 2. Der winterkahle Laubwald. Vergleich mit dem Regenwald. Ueppige Entwickelung an Gewässern. Lichtwirkungen. Unterholz. Lianen. Fehlen oder Seltenheit höherer Epiphyten. Optimale Beleuchtung der Schattenflora. Lichtbedürfniss von Hepatica triloba und anderen Schattenpflanzen. Structur der Bäume. Ihre Zweigordnung, ihre Blätter. Vergleich der Bäume mit denjenigen xerophiler tropischer Gehölze. Structur der Sträucher. § 3. Der Nadelwald. Beleuchtung. Xerophile Structur der Bäume. Tropophile Lebensweise. Immergrüne Laubhölzer. 2. Specielle Darstellungen. §1. Nordamerika. Gliederung des nordamerikanischen Waldes nach Sargent. Der subpolare oder nördliche Waldgürtel. Der atlantische und der pacifische nördliche Wald. Die paciflschen Wälder sind Nadel- wälder. Der pacifische Küstenwald. Nördlicher Theil desselben. Wald der Sierra Nevada. Sequoia gigantea. Der pacifische Binnenwald. Dürftiger Charakter. Atlantische Walder. Provinz der Weymouthkiefer. Oekologischer und floristischer Charakter. Der sommergrüne Laubwald des Mississipi und der atlantischen Ebene. Die Waldungen von Nord-Carolina nach W. W. Ashe. § 2. Europa, Urwälder in Böhmen nach Göppert Wald an den Östlichen Gestaden des Schwarzen Meeres. § 3. Sibirien und Ostasien. Vergleich des sibirischen Waldes und des subpolaren nordamerikanischen Waldes. Physiognomie des sibirischen Waldes nach Middendorff. Ostasiatische Wälder in Kamtschatka, am Amur, auf Sachalin. Die Sommerwälder Japan's nach Rein und Mayr. §4. Die Wälder Feuer- lands. Ihr Charakter nach Düsen.

1. Allgemeine Oekologie des Sommerwaldes.

§ 1. Einleitung. Im Gegensatz zu den Wäldern der warmtempe- rirten Gürtel stellt in den kalttemperirten Gürteln die Winterkälte einen ganz wesentlichen Factor in der Oekologie des Waldes dar. Die Kälte- perioden sind, ähnlich wie regenlose Perioden, Zeiten des Wasser- mangels für die Vegetation, während die Wärmeperioden, im Gegensatz zu denjenigen des grössten Theils der warmtemperirten Gürtel, nament- lich in Anbetracht der massigen Temperatur und der während des Winters im Boden angesammelten Wasservorräthe , durch grosse

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. 587

Feuchtigkeit ausgezeichnet sind. Der Abwechselung physiologisch trockener und feuchter Perioden entspricht, ähnlich wie in tropischen Gebieten mit trockenen und nassen Perioden, ein abwechselnd xero- philer und hygrophiler Charakter des Waldes; letzterer ist typisch tropophil. Wegen der hervorragenden ökologischen Bedeutung der Sommerwärme soll der kalttemperirte tropophile Wald Sommerwald genannt werden.

Die Wälder der winterkalten Gürtel sind allgemeiner als diejenigen wärmerer Zonen in Nadelwälder und Laubwälder differenzirt ; doch fehlt es, namentlich in Nord-Amerika, nicht an Mischwäldern und die gegen- wärtige scharfe Trennung ist manchmal, namentlich in Europa, auf be- wusste Eingriffe des Menschen zurückzufuhren. Im Grossen und Ganzen nehmen die Nadelwälder die kälteren, die Laubwälder die mittleren Gebiete ein; letztere sind demnach vornehmlich im Süden sowie im Bereich des Seeklimas, erstere im Norden sowie in höheren vertikalen Regionen vertreten, doch giebt es von dieser Regel viele Ausnahmen, die theils durch die Beschaffen heit des Bodens, theils durch Eigentümlich- keiten bestimmter Arten bedingt sind. So findet man in den Laub- holzgebieten Kiefernwälder auf Sand- und Torfboden, während Birken- gehölze den Nadelwald sowohl in horizontaler wie in vertikaler Richtung überschreiten können.

§ 2. Der winterkalte Laubwald. Auch auf der Höhe der Vege- tationszeit ist das vom sommergrünen Laubwalde gebotene Bild von demjenigen des immergrünen, namentlich des Regenwaldes, sehr schieden. Von oben betrachtet, breitet er sich als beinahe gleichmässige rein grüne Fläche aus, im scharfen Gegensatz zum reich nüancirten, vorwiegend düstern Dache des Tropenwaldes. Das Profil ist niedriger, ruhiger, regelmässiger, indem die Bäume des Oberholzes in Höhe und Verzweigung weniger ungleich sind.

Herrscht im Innern des Regenwaldes meist Ueberfiillung, so bietet häufiger dasjenige des sommergrünen Waldes ein Bild der Leere. Das Unterholz fehlt bei dichtem Bestände der Bäume oft ganz und zeigt nur in lockeren Beständen oder am Waldrande einige Ueppigkeit ; doch gestattet es stets freien Einblick in das Innere. Anstatt der fünf Stock- werke des tropischen Regenwalds sind hier deren höchstens drei vor- handen, zwischen den Stämmen etwas Gesträuch, zwischen diesem einige Bodenkräuter und Moose. Die üppigsten, hochstämmigsten Wälder jedoch bestehen meist wesentlich nur aus Bäumen. Unterholz fehlt oder ist dünn gesät und der vom verwesenden Abfall des Laub- dachs bedeckte Boden ernährt, wenigstens während des Sommers, nur spärlich Kräuter, Farne und Moose, welchen, beim Herannahen des Herbstes, die Schaar der Hutpilze sich zugesellt. Das Frühjahr ist aller- dings durch einen reicheren, aber vergänglichen Blütenflor ausgezeichnet.

c 88 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Die Lianen, diese nie fehlenden Bestandteile aller Regenwälder, sind, mit Ausnahme von Japan, im winterkalten Walde selten, zudem klein und wenig verschiedenartig. Noch mehr tritt die epiphytische Vegetation zurück. Die Baumrinde trägt nur einzelne kleine Moose und Flechten, im tiefsten Schatten aber höchstens einen zarten Anflug von Soredien.

In lockeren Beständen oder am Waldsaum, überall da, wo das Licht mehr Zutritt erhält, werden die Lücken auch mehr ausgefüllt. Vor- nehmlich ist dieses der Fall am Rande der Gewässer, wo dem beleben- den Einflüsse des Lichtes derjenige grosser Feuchtigkeit hinzukommt. Hier bildet das strauchige Unterholz Dickichte; Epheu, Giftsumach und andere, allerdings meist dünnstämmige Holzlianen wachsen an Baumstämmen empor, andere durchziehen das Gesträuch und die Baumrinde bedeckt sich mit Moospolstern. Doch wird auch bei grosser Feuchtigkeit und rasches Wachsthum begünstigender Sommerwärme die Ueppigkeit der Regenwälder nicht erreicht, wenn auch die in beider Hinsicht begünstigten Sommerwälder Japans denselben näher treten. Die Kürze der warmen Perioden, die Winterkälte mit ihren trocknenden Wirkungen, setzen der Entfaltung der Vegetation engere Schranken als im immerfeuchten Regenwalde.

Die Bedeutung der Waldbeleuchtung geht schon aus der Zunahme der Schattenvegetation bei abnehmender Dichtigkeit des Oberholzes hervor ; zum gleichen Ergebniss führt auch der Vergleich zwischen der kargen Schattenflora des Sommers und dem relativ üppigen Frühlings- flor oder zwischen dem zeitweise lichten Laubwald und dem immer dunkelen Nadelwalde. Der viel grössere Reichthum der Schattenvege- tation in warmen Zonen ist theils direkt auf ihre höheren Lichtintensi- täten, theils aber auf die von Wiesner festgestellte Thatsache zurück- zufuhren, dass das Lichtbedürfniss der Pflanzen mit abnehmender Wärme steigt, so dass ein und dieselbe Art im warmen Klima noch in tiefem Schatten, im temperirten Klima nur an hellen Standorten gedeiht.

Wiesner hat die besonders wichtige geringste Lichtintensität für ver- schiedene sommergrüne Laubbäume zu Wien, Mitte Mai bis Mitte Juli, fest- gestellt und u. a. folgende Zahlen für geschlossene Bestände gefunden: L (min.) I (max.)

Fagus silvatica 1/60 0.021.

Asculus Hippocastanum ljhl 0.023.

Quercus pedunculata */26 0.050.

Fraxinus excelsior 1/R.8 0.224.

So steht, wie im Regenwalde, auch im Sommerwalde die Vege- tation im Banne der Beleuchtung. Doch besteht hier der Kampf ums Licht meist nicht, wie dort, in einem Wettbewerb kräftiger Organismen

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. 589

unter sich, in welchem sogar die Hochbäume durch kleine Gewächse besiegt werden, sondern nur in Anpassungen an das ungünstige Licht- klima. An besonders begünstigten, hellen Stellen allein machen sich Concurrenten den Raum streitig. Der grössere Theil des Wald- bodens gehört demjenigen, der sich auf demselben überhaupt ent- wickeln kann.

Zur Entfaltung eines reichen Unterholzes ist in den Wäldern der hohen Zonen das Licht zu schwach, zum Erklettern der Bäume nach dem Lichte hin ist die Feuchtigkeit zu gering. Nur in den sehr feuchten Sommerwäldern Japan 's, wo der Winter milder ist, erreichen einige Lianen ähnliche Dimensionen wie in Regenwäldern; den sommergrünen Wäldern fehlt sonst die Vereinigung grosser Wärme und grosser Feuchtigkeit, welche der jungen Liane das schnelle Empor- schiessen bis zum Laubdache ermöglicht und die trocknende Wirkung des Winters würde den zarten und langen Stengel rasch vernichten. Lianen zeigen sich daher in Europa und Nordamerika nur in lichten Gehölzen oder am Waldsaume.

Noch weniger als die Lianen sind in den winterkalten Wäldern jene vollkommensten Erzeugnisse des Kampfes ums Licht, die Epi- phyten entwickelt. Man findet wohl hie und da in den Höhlungen alter Stämme, an den Ufern der Gewässer, Kräuter und kleine Sträucher, deren Samen durch den Wind oder durch Vögel dorthin getragen worden sind.1) Epiphyten aber, d. h. an die Lebensweise auf anderen Pflanzen angepasste Gewächse entwickeln sich daraus nicht. Die Tiefe des von ihnen beanspruchten Substrats, ihre Beschränkung auf die Nähe der Gewässer zeigen, dass es ihnen, um Epiphyten zu werden, an der immer von Dampf gesättigten Luft, die sich Nachts als Thau niederschlägt und an den beständig hohen Temperaturen gebricht, welche zu jeder Zeit die Verwerthung des spärlichen, aber häufig er- neuerten Wasservorraths des Substrats ermöglicht. Nur wenige Epi- phyten haben sich aus den tropischen Regenwäldern bis in die Sommer- wälder der winterkalten Gebiete hinausgewagt, nämlich Malaxis japonica in den feuchten Wäldern Japans, Polypodium incanum und Tillandsia usneoides in Nord -Amerika, sämmtlich Formen, die sich in der Heimath an lange Perioden der Trockenheit angepasst hatten, und daher auch die trocknenden Wirkungen des Winters zu ertragen vermögen. Meist nur Moose und Flechten haben auf der Rinde von Stamm und Aesten der Bäume eine Heimath gefunden, Organismen, die Monate lang im ausgetrocknetem, bezw. gefrorenem Zustande fortexistiren und Nieder- schläge gierig durch ihre ganze Oberfläche aufsaugen.

Die kleineren Gewächse des Bodens, Sträucher, Kräuter, Moose

*) Wittrock 1. c.

dpO Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

besiedeln diejenigen Stellen, die ihnen genügendes Licht bieten, wobei ihre Ansprüche theilweise ungleich sind, und nutzen die Frühjahrsmonate, in welchen die Beleuchtung einigermaassen günstige Bedingungen bietet, nach Möglichkeit aus. So ergrünen die meisten Sträucher vor den sie beschattenden Bäumen; nur solche verzögern ihre Laubentwickelung, die dazu nur einer sehr massigen Beleuchtung bedürfen (Cornus sanguinea). Viele Stauden durchlaufen während dieser kurzen Zeit den Cyclus ihrer oberirdischen Entwickelung und leben nach Vollendung des Laubdaches nur noch in ihren unterirdischen Theilen fort (z. B. bei uns Anemone, Adoxa, Corydalis etc.). Entschiedene Schattenpflanzen grünen dagegen weiter, je nach dem Grade ihrer Fähigkeit, auch bei schwacher Be- leuchtung zu assimiliren, denn die Assimilation bleibt, nach Vollendung des Laubdaches, die einzige wichtige Lichtwirkung. So verhalten sich bei uns z. B. Farne, Oxalis acetosella etc. Hemisaprophyten gehören zu den gegen Beleuchtung genügsamsten grünen Gewächsen und blühen sogar im Hochsommer z. B. Arten von Pirola, Goodyera, Listera cordatau Corallorhiza. Holosaprophyten, wie Monotropeen, Epipogum, zahlreiche Pilze, und die meisten Parasiten des Waldes, wie Lathraea und Clandes- tina kommen im tiefsten Schatten fort.

So ungünstig die Bedingungen der Beleuchtung im Waldesschatten erscheinen, so entsprechen sie doch für die Mehrzahl seiner charak- teristischen Gewächse, namentlich für die Bodenkräuter, dem Optimum. Zwar findet man manchmal im tiefsten Schatten einen leichten Anflug von Gräsern und anderen verkümmerten Pflänzchen, die nicht zur Blüthe kommen und dadurch, sowie durch ihr ganzes Aussehen bekunden, dass zu ihrer Entwickelung mehr Licht nothwendig wäre; zwar bleiben die wenigen Bäume, die aus den Samen des Oberholzes hervorgehen, zwerghaft, bis eine Lücke im Laubdache mehr Licht durchlässt. Aber die Pflanzen, die wir namentlich im Frühjahr, bei aller Zartheit doch gesund aussehend, blühend und fruchtend beobachten, befinden sich da unter ihren optimalen Bedingungen. Allerdings sind sie auf die Stelle beschränkt, wo sie dieselben vorfinden und fliehen daher den tiefsten Schatten. So hat Wiesner, dem wir werthvolle Untersuchungen über die Vegetation im Schatten verdanken, nachgewiesen, dass der Lichtgenuss von Hepatica triloba an ihren natürlichen Standorten der zweckmässigsten Beleuchtung entspricht. Erhöhung wie Verminderung dieser optimalen Lichtintensität ruft eine Reduction der Blätter hervor, die sich an natürlichen Standorten niemals zeigt.

Zur Zeit, wo Hepatica triloba ihre Blätter und Blüthen entwickelt, ist der Buchenwald noch entlaubt und daher auch der Boden relativ stark beleuchtet; die Pflanze blüht bei L 1j1.8 i/e» gewöhnlich bei */s 1jz (I max. = 0.499 0.333; I med* = °-242 0.166). Während der etwas später (Mitte April) stattfindenden Blattentwickelung ist der Wald noch wenig belaubt; die

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. cgi

Lichtintensität des Buchenschattens beträgt um diese Zeit 1/8 1jH (I max. = 0.123 °-329j I med. = 0.062 0.17 1). Herangewachsen findet man die Blätter normal und functionirend bis L x/15 und darunter; im äussersten Falle, aber nicht mehr assimilirend und verkümmert, bei L 1/27 (I max. = 0.036). Aus den Versuchen Wiesner's über die Einflüsse der Beleuchtung auf Entwickelung der Hepatica entnehmen wir folgende Daten:

Bei L = 1 (I max. = 1.250; I med. = 0.598) entwickelten sich derbe hellgrüne Blätter, welche im Durchschnitte folgende Dimensionen hatten:

Blattstiel 29 mm.

Länge der Spreite 18 mm.

Breite der Spreite 29 mm.

Bei L = 1/6 (I max. = 0.317; I med. = 0.167) entwickelten sich Blätter von durchaus normaler Grösse und normalen Abmessungen:

Blattstiel durchschnittlich. . .108 mm.

Länge der Spreite 37 mm.

Breite der Spreite 60 mm.

Bei L = */8 (I max. = 0.158; I med. = 0.082) desgleichen, nämlich:

Blattstiel durchschnittlich . . .100 mm.

Länge der Spreite 34 mm.

Breite der Spreite 55 mm.

Bei L = 1/15 (I max. = 0.066; I med. = 0.038) waren schon die Blattstiele sichtlich überverlängert und die Spreiten reducirt.

Höchst auffallend war der etiolirte Charakter der Versuchspflanzen bei L = V26 (I max. = 0.039; I med. = 0.019), indem der Blattstiel eine I^änge von 145 mm erreichte, die Lamina aber im Durchschnitt bloss 22 mm lang und 32 mm breit war; die Oberseiten der blassgrünen Blätter waren stark concav.

Im Dunkeln hatten die Blattstiele eine durchschnittliche Länge von 174 mm erreicht, während die Abmessungen der chlorophylllosen Lamina bloss 1 1 bezw. 1 7 mm. betrugen.

Demselben Autor entnehmen wir noch folgende Angaben über die Be- leuchtungsbedingungen der Schattenkräuter mitteleuropäischer Wälder:

Cynanchum Vincetoxicum. Wächst im Freien bei L = 1/1.5 1/83 (L max. = 1 0.045); bei 1/B0 1/88 schon deutlich verkümmert. Blüht bei L = 1/1.5 1/22 (L max. = 1 0.068); bei 1/20 1/22 ist sie schon arm- blüthig.

Convallaria multiflora. Blattentwickelung bei L = 1/1<8 x/8. Blüthe bei L = J/10— -lflk.

Prenanthes purpure a. Ueppiges Wachsthum und Blühen bei L (med) = 1/18 (L med = 0.099 °-°33)- Bei L (med) = 1/20 1/80 (I med = 0.055 °«°37) m^ verkümmerten oder ohne Blüthen.

CQ2 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Corydalis cava: 21/2 */4. Anemone nemorosa: L (med) reicht bis !,5; I med = 0.089. Nur bis L med = 1/8.8 ist die Pflanze üppig, bei L 1i tritt sie schon spärlich und nicht mehr kräftig entwickelt auf. Sisymbrium Alliaria L 78— Vir

Wie das Gesammtbild des Waldes, ist auch das Bild seiner einzelnen Bestandteile , soweit es sich in nachweisbarem Zusammenhange mit dem Klima befindet, von den entsprechenden Erscheinungen im Regen- walde abweichend. Die sommergrünen Bäume zeigen in dem Verbände des xerophilen Habitus ihrer perennirenden Glieder mit dem hygro- philen ihres Laubes typischen tropophilen Charakter. Stämme und Aeste sind von einer dicken Korkhülle, die im Alter durch Borken- bildung tiefrissig wird, bedeckt; die Dauerknospen sind in harten schuppigen Niederblättern eingeschlossen und ausserdem häufig von Gummi oder Harz überzogen. Im Gegensatz zu diesen Schutzvorrich- tungen gegen winterliche Transpiration sind die Blätter zarter als diejenigen der hohen Bäume im Regenwalde; sie besitzen eine dünne Cuticula, dünnwandige Mesoptfiyllzellen , wenig oder kein Sklerenchym, ein reich entwickeltes System luftfuhrender Intercellularen, oberflächliche Spaltöffnungen. Allerdings ist an sonnigen Standorten das Laub durch geringere Fläche und grössere Dicke, durch stärkere Entwickelung der Cuticula, schwächere Ausbildung der Intercellularen besser gegen Transpiration geschützt als das Schattenlaub.1) Doch stellen sich die Blätter stets senkreckt zur Richtung des stärksten mittleren Lichteinfalls, anstatt demselben durch schiefe oder parallele Stellung, wie in wärmeren Gebieten, auszuweichen.-)

Diesen Unterschieden von den tropischen und subtropischen Bäumen tritt als weitere Eigenthümlichkeit der Bäume winterkalter Zonen ihre viel reichere Verzweigung hinzu. Während sie bei den ersteren die Zweigordnungszahl 5 selten überschreitet, sind bei temperirten Bäumen und Sträuchern Zweige des 6. und 7. Grades häufig und solche des 8. nicht seltene Erscheinungen. Unverzweigte Bäume sind in winterkalten Ländern unbekannt.

Maximalhöhe der Zweigordnungszahl bei Bäumen des winterkalten nördlichen

Gürtels, nach Wiesner.

Laubbäume.

Gleditschia triacanthos 5

Populus alba 5

Aesculus hippocastanum 6

Quercus pedunculata 6

Robinia Pseudacacia 7

*) Stahl. -) Wiesner.

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. 593

Ulmus campestris 7

Fraxinus excelsior 7

Betula alba 7

Carpinus betulus 8

Fagus silvatica 8

* Laubsträuche r.

Caragana arborescens 2 3

Cornus sanguinea 4

Sambucus nigra 6

Viburnum Lantana 6

Ligustrum vulgare 7

Syringa vulgaris 7

Nadelbäume.

Larix decidua 3 4

Abies excelsa 5

Pinus Laricio 5

Taxus baccata 8

Umgekehrt schwankt die Blattgrösse der Holzgewächse zwischen weit engeren Grenzen als bei tropischen Regenbäumen und bleibt im All- gemeinen weit unter den bei letzteren gewöhnlichen Dimensionen. Solche Blätter wie die der Platane und Rosskastanie sind in winterkalten Gebieten eine aussergewöhnliche Erscheinung, im tropischen Regenwalde würden sie ungefähr dem Durchschnitte entsprechen und von den Blättern vieler Arten weit übertroffen werden. Die Blattgestalten der sommer- grünen Gehölze sind sehr verschiedenartig; doch treten gefiederte Formen zurück (Fraxinus, Sorbus, Robinia, Juglans, Negundo etc.). Die Behaarung ist meist schwach entwickelt oder fehlt, ausser an ganz jungen Blättern, wo sie als Transpirationsschutz häufiger auftritt (Buche etc.).

Plankengerüste an der Basis der Baumstämme sind auf nassem Boden hier und da angedeutet, z. B. bei der Pyramidenpappel; sie erreichen niemals bedeutende Entwickelung. Cauliflorie kenne ich im winterkalten Gebiete nicht; Ramiflorie nur bei einem Strauche, Cercis canadensis.

Während beim Vergleich zwischen den sommergrünen Bäumen der winterkalten Gebiete mit den Bäumen des tropischen Regenwaldes die Unterschiede mehr in die Augen fallen als die Aehnlichkeiten, sind letztere beim Vergleiche mit den laubabwerfenden Bäumen xerophiler Tropen gewächse vorherrschend. Hier sind die Stämme ebenfalls niedriger und relativ dicker als im Regenwalde, ohne Plankengerüst, von dicker schuppiger Borke bedeckt und mit scharfen Jahresringen im Holze versehen; die Verzweigung ist reicher; die Knospen sind von harten Schuppen umhüllt; die Blätter sind kleiner; Cauliflorie ist sehr

S c h i m p c r , Pflantengeographie. 38

CQ4 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

selten. Kurz, ein solcher xerophiler Tropenbaum besitzt abgesehen von extremen früher besprochenen Fällen ein ähnliches klimatisches Gepräge, wie etwa eine Eiche oder ein Apfelbaum; der einzige Unter- schied ist die xerophile Blattstructur. Der Vergleich zeigt also, dass nicht die Verhältnisse der Temperatur, sondern solche der Feuchtigkeit die erwähnten, von der systematischen Verwandtschaft unabhängigen Aehnlichkeiten und Unterschiede hervorgerufen haben. Die Borke unserer Bäume, die Schuppen ihrer Knospen bilden weniger einen Schutz gegen die Kälte an sich, als gegen die Transpiration, zu einer Zeit, wo Ersatz aus dem Boden wegen dessen zu tiefer Temperatur unmöglich ist.

Die Sträucher und jungen Bäume des Unterholzes, die Kräuter des Bodens haben das typische Gepräge von Schattenpflanzen. In der horizontalen Verzweigung im Walde wachsender junger Ulmen und Buchen erblickt Wiesner den Ausdruck des Strebens nach möglichst vollem Lichtgenuss. Die Axen der Kräuter sind langgestreckt, die Blätter sind dünn und zart; ihre sattgrüne Färbung ist theils dadurch, dass ihr Chlorophyll nicht zerstört wird, theils durch das Vorhandensein des letzteren in der Epidermis bedingt. Die grossen Intercellularräume des Mesophylls, die dünne Cuticula, die zahlreichen Spaltöffnungen weisen auf grosse Luftfeuchtigkeit hin.

§ 3. Der Nadelwald. Die stets aus Nadelbäumen bestehenden immer- grünen Sommerwälder besitzen, entsprechend der noch schwächeren Be- leuchtung des Bodens, eine noch ärmere und mehr gleichförmige Neben- vegetation als die Laubwälder. Ihr Laubdach absorbirt allerdings das Tageslicht etwas weniger als die breitblätterigen Kronen der Buchen und Eichen, aber die der Boden Vegetation zu Gute kommende helle Früh- jahrsperiode geht dem Nadelwalde ab. In Folge dieses Wechsels er- scheinen im Laubwalde manche Gewächse genügsamer in Bezug auf Be- leuchtung als im Nadelwalde, mit seinem zwar durchschnittlich helleren, aber immerdauernden Lichtschirme. So fand Wiesner die Leberblume nach am Grunde der Buchenstämme bei einer Lichtintensität von ' l6, während sie im Kiefernwalde bei 1jn nicht mehr fortkommt, eine Folge des Umstandes, dass im Frühjahr der Schatten des Hauptstammes der Buche */« anstatt */i5 w*e *m Sommer beträgt.

Im Uebrigen kann das im Vorhergehenden von der Schatten- vegetation der Laubwälder Gesagte auf die Nadelwälder übertragen werden. Zahlreiche Einzelheiten bringen die folgenden Einzeldarstel- lungen.

Die Nadelbäume selbst unterscheiden sich von den sommergrünen Laubbäumen ökologisch wesentlich durch die xerophile Structur und entsprechend geringere Transpiration ihrer Blätter. (Vergl. S. i/9> Dennoch ist es keineswegs angängig, dieselben, wie Warming es gethan,

VIL Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. cgc

deswegen zu den Xerophilen zu rechnen. Wohl passt letztere Be- zeichnung bis zu einem gewissen Maasse für mehrere Pinus- und Juniperus -Arten des trockenen Sand- und Steinbodens, wo die Xero- philie durch edaphische Einflüsse bedingt ist, dagegen nicht für die meisten Abies- Arten, unsere Tannen und Fichten z. B. , welche an Feuchtigkeit ebenso hohe Ansprüche als breitblätterige Laubhölzer stellen und nach ihrer ganzen Lebensweise zu den Tropophilen gehören. Uebrigens haben die jungen Sprosse, im Gegensatz zu denjenigen echter Xerophilen, nur schwache Schutzmittel gegen Transpiration.

Es wurde an anderer Stelle erwähnt, dass die xerophile Structur der Coniferen eine erbliche Eigenthümlichkeit darstellt, welche den gegenwärtigen Existenzbedingungen nicht immer zu entsprechen scheint. Dieser letztere Satz bezieht sich jedoch wesentlich nur auf gewisse Standorte in den Tropen, z. B. auf Java und Sumatra. Ein tropophiler Baum der Gebiete mit kalten Wintern muss in seinen perennirenden Theilen xerophile Structur besitzen; ist derselbe sommergrün, so wird sich letztere auf Axen und Knospen beschränken, ist er dagegen Wintergrün, so bedürfen auch die Blätter eines energischen Transpira- tionsschutzes für die Wintermonate. Dementsprechend nähern sich die Nadeln der Lärche in ihrer histologischen Structur mehr als diejenigen der Tannen und Fichten an den hygrophilen Typus sommerlicher Laubblätter. Der kleine Rest von xerophiler Structur muss bei ihr als eine erbliche, mit den jetzigen Existenzbedingungen in Widerspruch stehende Eigenthümlichkeit betrachtet werden.

Wie die Mehrzahl der Nadelhölzer sind auch die immergrünen Laub- hölzer der winterkalten Gebiete, mit wenigen Ausnahmen in ihren Existenz- bedingungen durchaus tropophil. Epheu und Stechpalme z. B. gedeihen am besten in feuchter Luft und erreichen dementsprechend ihre statt- lichsten Dimensionen in Europa an den Küsten des atlantischen Oceans, vornehmlich im westlichen England, wo der berühmte Wald von Dean zum grossen Theile aus prächtigen Hex -Bäumen besteht. Trotzdem ist das Laub aller dieser Holzgewächse ausnahmslos xerophil, nach dem Sklerophylltypus gebaut (Fig. 28, S. 25).

2. Specielle Darstellungen.

§ I. Nordamerika. Das ausgedehnteste und am reichsten ge- gliederte Sommerwaldgebiet ist dasjenige Nord- Amerika's und dasselbe ist trotz bereits weit fortgeschrittener Verheerung noch hinreichend er- halten, um, im Gegensatz zu den alten Culturländern, ohne Mitwirkung unsicherer Hypothesen, in seiner ursprünglichen Physiognomie recon- struirt werden zu können. In meisterhafter Weise ist eine solche Dar-

38*

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Stellung durch den hervorragendsten Kenner des nordamerikanischen Waldes, Sargent, gegeben worden, dessen Arbeit die folgenden Aus- fuhrungen, wo nicht anders bemerkt, im Wesentlichen entnommen sind (vgl. Karte IV).

Ein breiter Streifen von Nadelhölzern, der den ganzen Continent in südost-nordwestlicher Richtung von dem Süden der Halbinsel Labra- dor nach Alaska durchzieht, stellt den nördlichsten Wald dar, dessen nördliche Grenze mit derjenigen des Baumwuchses überhaupt zusammen- fällt. Dieser subpolare Wald ist licht und dürftig, seine Bäume erreichen

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Fig. 306. Aus dem pacifischen Küstenwald, nördl. Theil. Wald in Sitka, Süd -Alaska- Rechts: Tsuga Mertensiana. Links: Chamaecyparis nutkaensis? Nach einer Photographie.

in] Folge der Kürze der Vegetationszeit, der niedrigen Temperatur derselben und der massigen jährlichen Niederschläge niemals stattliche Dimensionen. Im Gegensatz zu den südlicheren Theilen des nord- amerikanischen Waldes sind die Baumarten wenig verschiedenartig. Die Schwarz- und die Weissfichte (Picea nigra und P. alba) herrschen vor. Laubbäume zeigen sich beinahe nur in Thälern, wo Pappeln, Zwergbirken und Weiden auftreten. Der subpolare Waldstreifen zeigt in seiner ganzen Breite das gleiche ökologische Gepräge; dagegen zeigt die floristische Zusammensetzung im östlichen und westlichen

*ig- 3°7* Aus dem Walde der Sierra Nevada (Californien). Pinus Lambertiana (Zuckerkiefer). Im Hintergrunde rechts: Abies concolor.

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. 507

Theile einige Unterschiede, so dass, mit Sargent, ein atlantischer und ein pacifi scher nördlicher Wald unterschieden werden können.

Der subpolare Wald setzt sich nicht als zusammenhängende Fläche nach Süden fort, sondern in Form breiter Streifen, die durch weite Grasflur- und Wüstengebiete von einander getrennt sind. Die südliche Fortsetzung des pacifischen nördlichen Waldes ist, wie der letztere, von Nadelhölzern gebildet und stellt Anfangs ein über ungefähr zwei Längsgrade sich erstreckendes Band dar, das südlich des 52. Grades durch das Wüstengebiet des Great Basin in einen westlichen und einen östlichen Streifen gespalten wird. Doch zeigt sich schon lange vor dieser Spaltung ein deutlicher floristischer und ökologischer Unterschied zwi- schen dem pacifischen Wald der Küste und demjenigen des Binnen- walds (B u. C auf der Karte).

Der pacifischeKüstenwaldistin Britisch Columbien, Washing- ton und Oregon, zwischen dem 60. und dem 43. Breitegrad, namentlich aber südlich vom 51. „der üppigste, wenn auch nicht mannigfachste des Continents". Die Douglas -Tanne (Pseudotsuga Douglasii), die Sitka- Fichte (Picea sitchensis Bong.), die Hemlocktanne (Tsuga Mertensiana Carr.), (Fig. 306), die Alaska- Ceder (Chamaecyparis nutkaensis) und die rothe Ceder (Thuja gigantea) erlangen hier riesige Dimensionen. Die bis 90 m hohen Bäume erheben sich nur wenige Fuss von ein- ander. Der Boden ist von einem dichten, weichen Teppich von Moosen und Farnkräutern, oft von riesigem Wuchs bedeckt. Lichte Stellen sind von undurchdringlichen Dickichten verschiedener Sträucher, in welchen beinahe baumartige Heidelbeeren, Corylus und Acer circinatum die Hauptrolle spielen, ausgefüllt. Dieser Wald verdankt seine ausserordentliche Ueppigkeit den sehr reichen, namentlich während des Winters fallenden Niederschlägen, deren Menge (200 cm und mehr) nur an wenigen anderen Stellen der temperirten Zonen erreicht wird. Die Vegetationszeit ist kühl, aber von relativ langer Dauer. Der Boden ist ein poröser, nur wenige Zoll tiefer Kiesboden glazialen Ursprungs.

Während in der Breite der stärksten Entwickelung des Küstenwalds die Abhänge des Kaskadenkette von lichteren Gehölzen ähnlicher Zu- sammensetzung wie der Küstenwald bedeckt sind (Fig. 308), beginnt zwischen dem 420 und 430 N. B. der berühmte Hochwald der Sierra Nevada, die Heimath der Riesenbäume. Derselbe ist zwar ein Höhenwald, dessen klimatische Bedingungen denjenigen des be- nachbarten Tieflands gar nicht mehr entsprechen und der daher, ent- sprechend der Gliederung dieses Buches, erst in dem der Höhenvege- tation gewidmeten Abschnitt zur Behandlung kommen sollte. Doch schien es zweckmässig, die ökologisch und floristisch ebenso wie geo-

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Piß- 3°9- Californischer Nadelwald: Sequoia gigantea, 33 Fuss Stammdurchmesser. Nach einer Photographie.

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel.

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graphisch zusammenhängende Waldecke Nord-Amerika's, soweit sie dem Typus des Sommerwaldes gehört, im Zusammenhang zu be- handeln. Der schmale und kurze californische Küstenwald wurde mit den Hartlaubwäldern zusammen behandelt.

Fig. 310. Aus dem pacifischen Küstenwald. Sierra Nevada: Sequoia giganteal Nach einer Photographie.

Der Hochwald der Sierra Nevada beginnt südlich von Mount Shasta im Norden und setzt sich südlich bis 35 ° fort. Vorherrschend ist in diesem Walde die Zuckerkiefer, Pinus Lambertiana (Fig. 307), „welche sich hier am prächtigsten entwickelt und diesem Bergwald unübertreff- liche Schönheit verleiht". Mit ihr zusammen machen die Douglas-Tanne,

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

die gelbe Kiefer (Pinus ponderosa), zwei Abies-Arten (A. concolor und A. bracteata), die weisse Ceder (Libocedus decurrens) und im Süden die Riesen -Sequoia (Sequoia gigantea, Fig. 309 u. 310), welche sich zu- nächst in vereinzelten Gruppen zeigt, noch weiter im Süden jedoch einen mehr oder weniger zusammenhängenden Streifen von mehreren Meilen bildet. Im Gegensatz zu dem mehr nördlichen Walde an den Westhängen der Kaskadenkette ist der Sierra- Wald beinahe frei von

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Fig. 311a. Aus dem pacifischen Binnenwald. Parklandschaft am Yellowstone-Fluss, Rocky mountains. Pinus ponderosa. Nach einer Photographie.

Unterholz. Die Ursache dieses Unterschieds ist nicht aufgeklärt. In den Thälern ist der Wald licht und von Eichen gebildet.

Als östlicher Zweig des pacifischen Waldes, von dem westlichen durch die beinahe baumlose Wüste des Great Basin getrennt, zieht sich längs der Felsengebirge und ihrer südlichen Ausläufer der schmale pacifische Binnenwald (C auf der Karte), zu welchem Sargent auch den Wald am östlichen Abhänge der Sierra Nevada heranzieht. Entsprechend der spärlichen Niederschläge ist der Wald meist kümmerlich und dünn gesäet , ohne Unterholz. Er zeigt sich nur auf den steilen

Fig. 31 '. Aus dem pacifischen Binnenwald. Grosser Canon des Yellowstone- Flusses, Rocky Mountains. Pinus ponderosa. Nach einer Photographie.

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VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. ÖOI

Abhängen und Canons (Fig. 311 u. 311a), während die Thäler, mit Aus- nahme der unmittelbaren Flussnähe, baumlos oder nahezu baumlos sind. Im Norden besteht dieser Wald ganz vorwiegend aus einer Zwergkiefer (Pinus Murrayana); südlich von 520 N. B. nimmt die Ueppigkeit und die Artenzahl etwas zu; die Douglas -Tanne, die Gelbkiefer (Pinus ponde- rosa) und die westliche Lärche (Larix occidentalis) treten hinzu. Im südlichsten Theile der Felsen gebirge , auf den Höhen der Colorado- Gebirge bei 2400 3000 m, rufen reichere Niederschläge einen üppigen Waldwuchs hervor (Picea Engelmanni.) Die niedrigeren Höhenzüge tragen hier Wälder von gelben Kiefern und Rothtannen, während in den Flussthälern Pappeln, Erlen und Ahorne oder Abies concolor vor- herrschen. Die Vorhöhen hingegen sind von mehr oder weniger wüstenartigem Charakter mit spärlichem und kümmerlichem Wachholder und einer kleinen Eiche. Der südlichste Theil des pacifischen Binnen- waldes dehnt sich auf den Höhen der Gebirge von Neu-Mexiko bis Texas und West- und Nordwest -Arizona aus und erreicht stellenweise beträchtliche Ueppigkeit

Der atlantische Wald, der eine weit grössere Fläche als der paci- fische einnimmt und sich in seiner grössten Breite über zwanzig Längs- grade ausdehnt, ist in seinem nördlichen Theile und längs der Küste vornehmlich Nadelwald, im Innern vornehmlich sommergrüner Laubwald. Das von dem atlantischen Wald eingenommene Areal ist überall reich an Niederschlägen und die Vegetation dementsprechend üppig.

Sargent unterscheidet im atlantischen Wald drei grosse Provinzen, eine nördliche der Weymouthskiefer, eine östliche der Lang- nadelkiefer nnd eine westliche des Laubwaldes.

Der westindische und der mexikanische Tropenwald senden nach Florida und Süd -Texas je einen Fortsatz von sehr geringer Ausdehnung, bezüglich welcher auf ein früheres Kapitel verwiesen sein mag, in welchem auch die südliche Provinz Sargent's bereits nähere Berück- sichtigung gefunden hat (S. 501).

Die Provinz der Weymouthskiefer (Pinus Strobus, Fig 313), besitzt ausgedehnte Wälder dieses technisch hochgeschätzten Baumes nur auf den sandigen Ebenen des Lorenzo- Beckens, im Uebrigen nur kleinere Bestände und Gruppen inmitten anderer Wälder. In letzteren zeigt sich die Weymouthskiefer, wie die meisten Kiefern, an grossen Sand- reichthum des Bodens gebunden. Weniger durchlässige Bodenareale sind entweder von Beständen der Schwarzfichte (Picea nigra, Fig. 314) oder von Laubwäldern eingenommen. Maassgebend wird hier wohl die Temperatur sein. Uebrigens wachsen Schwarzfichten zerstreut in den Laubwäldern. Mehrere andere Coniferen sind hier häufig und üppig (z. B. Tsuga canadensis, Juniperus virginiana) und mehrere Laubbäume weisen in der Weymouthsprovinz ihre reichste Entwickelung auf, wie

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

die Schwarzlinde (T. americana), die schwarze und weisse Esche (Fr. sambucifolia und F. americana), der Zuckerahorn, verschiedene Birken und Ulmenarten während andere Bäume in derselben ihre Nordgrenze

Fig. 313. Wald der Weymouthskiefer (Pinus Strobus) in Pennsylvanien. Nach einer Photographie von Herrn Prof. Rothrock.

erreichen, z. B. die meisten Eichen, Juglans, Liriodendron, Sassafras etc. Abgesehen von der floristischen Zusammensetzung, sind diese Wälder, welche ich an einigen Stellen, allerdings nicht im ursprünglichen Zustande

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel.

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kennen lernte, den mitteleuropäischen, z. B. denjenigen der Vogesen, sehr ähnlich. Das allerdings sehr mannigfache Unterholz ist nur in lichten Wäldern reich entwickelt, aber auch da meist von geringer

Fig. 314. Picea nigra (Syn. P. rubra) in Pennsylvanien. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Rothrock.

Höhe, und Lianen zeigen sich, mit Ausnahme des Rhus Toxicodendron, nur am Waldrande oder in sehr feuchten oder lichten Gehölzen (Fig. 315), so dass überall freie Durchsicht zwischen den nur wenig von

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Moosen und Flechten bedeckten Stämmen gegeben ist. In vielen Wäldern sah ich den Boden nackt oder etwas bemoost, mit spärlichen kleinen Halbsträuchern und Kräutern (Pirola, Chimaphila, Cornus canadensis etc.). Der sommergrüne Laubwald des Mississipi und der atlantischen Ebene entbehrt keineswegs der Nadelhölzer, vielmehr erreichen manche Arten, z. B. Juniperus virginiana, hier ihre reichste Entwickelung. Charakteristisch sind jedoch in erster Linie die aus- gedehnten Bestände von Laubhölzern , in welchen die grosse Mehrzahl

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F*g« 3!5» Wald im Tiexland des White River, Indiana. Ampelopsis quinqnefolia Michx. als Liane. Nach „Garden and Forest14.

der reichen und charakteristischen Laubhölzer Nord -Amerika 's ihre ausschliessliche oder hauptsächliche Heimath besitzen und in reichster Mischung auftreten. Ueppiges grossblättriges Unterholz, auf feuchtem Boden auch Lianen (Vitis, Ampelopsis Fig. 315, Rhus toxicodendron» tragen auch dazu bei, diesen Wäldern eine von den Laubwäldern der Weymouthsprovinz abweichendes Gepräge zu geben. Sie erreichen ihre grossartigste Entwickelung an den Abhängen der Alleghanies in Nord- Carolina (Fig. 317 u. 318) und im Thal des Red River, einem rechts- seitigen Nebenfluss des Mississipi.

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel.

605

Der vortrefflichen Monographie von W. W. Ashe entnehme ich die folgenden Angaben über die Wälder von Nord- Carolina, welche im Tiefland als nördlichster Theil der südlichen Küstenprovinz angehören und den Uebergang der warmtemperirten in die kalttemperirten Waldtypen zeigen,

Fig. 316. Pinus palustris L. (P. australis Michx.) in Nord -Carolina. Nach Ashe.

auf den Höhen aber der Laubwaldprovinz angehören und deren Charakter in besonders reiner und üppiger Entwickelung darstellen. Ashe gliedert die Waldfläche von Nord -Carolina in drei der Küste parallele Gürtel, einen östlichen, von nur geringer Erhebung, einen mittleren höheren der Vorhügel (Piedmont) und einen westlichen des Berglands.

6o6 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Der Küstengürtel allein gehört der südlichen Provinz an. Der Boden ist in ihm bald sandig trocken, bald sumpfig und trägt dementsprechend eine ungleiche Waldvegetation. Ausserdem ist die nächste Nähe des Meeres durch immergrüne Laubwälder charakterisirt , deren Bestandtheile im Binnen- land von Nord -Carolina fehlen, während sie weiter südlich auch in grösserer Entfernung des Strandes auftreten (Quercus virens, Sabal Palmetto etc). Dieser schmale immergrüne Waldstreifen ist der nördlichste verkümmerte Fortsau des weiter südlich reich entwickelten subtropischen Regenwalds. Er verdankt sein Bestehen in so nördlicher Breite offenbar der milden Temperatur und grossen Luftfeuchtigkeit am Meere. Sommergrüne, zu nördlichen Arten gehörende Bäume fehlen allerdings nicht ganz (Tilia heterophylla, Planera aquatica etc.) und ver- mitteln den Uebergang zum Sommerwald.

Im Gegensatz zu den Wäldern in unmittelbarer Nähe des Strandes haben die Wälder des Binnenlands schon entschieden den Charakter von Sommer- wäldern, wenn auch manche Arten, namentlich die auf trockenem Sandboden vorherrschende Langnadelkiefer (Pinus palustris L.-P. australis Michx.), auch im Süden häufig sind. Andere Kiefern (z. B. P. taeda) sind nördlich und das Unterholz in den den Sand und sandigen Lehm beherrschenden Kiefern- wäldern ist zum weitaus grössten Theile winterkahl (Eichen, Ulmen, Carya- Arten, Celtis occidentalis, Cornus florida etc.).

Einen besonders kümmerlichen Kiefernwald bildet die Vegetation der so- genannten Pine-Barrens, wo das Substrat einen beinahe reinen, grobkörnigen, schon bald nach dem Regen trockenen Sand darstellt Hier ist das Ober- holz nur von der genügsamen Pinus palustris gebildet, während kümmerliche Eichen ein dürftiges Unterholz bilden, da wo der Boden nicht ganz nackt oder nur von einigen steifen Grasbüscheln bewachsen ist

Ist hiergegen der Boden durch Beimischung von Thon lehmig und weniger trocken, so wird Pinus taeda die" herrschende Baumart; der Wald ist mehr hochstämmig (90 100' hoch) und meist dicht: bei lockerem Bestand zeigt sich üppiges Unterholz.

Sehr mannigfach ist die Vegetation der Sümpfe, welche in Nord -Carolina (Dismal Swamps, Wilmington Swamps) Tausende von Kilometern überziehen. Je nach der physikalischen und chemischen Beschaffenheit des Bodens, je nachdem der letztere alljährlich länger oder weniger lang überschwemmt ist bietet der Wald ein anderes Bild. Feuchter, lehmiger, aber nur im Frühjahr überschwemmter Boden wird von den Oak flats eingenommen, wo verschiedene winterkahle Eichen, Pappeln, Ahorne etc. bis 100' hohe Wälder bilden, in deren Schatten kleine Bäume als Unterholz gedeihen (Quercus minor, Car- pinus caroliniana, Crataegus). An den tiefsten, stets überschwemmten oder doch nur oberflächlich trocknenden Stellen bilden Taxodium distichum und Liquidambar styraciflua mit wenigen und untergeordneten anderen Bäumen den Sumpfwald. Auf sandigem und torfigem Boden dehnen sich, einen wesentlichen Theil der dismal swamps bildend, Wälder von Cupressus thyoides, in welchen Laubbäume, wie der Tulpenbaum, Liquidambar, Persea borbonia etc zerstreut vorkommen und wo der humusreiche Boden zwischen den Stämmen oft ganz von Sphagnum überzogen ist. Auf sehr sterilem Boden der Dismal swamps herrscht Pinus serotina vor, welche an Genügsamkeit der P. palustris

*ig- 3f7- Sommerwald im südlichen Alleghany-Gebirge. Nord-Carolina. Typus zwischen 700 bis

1000 m ü. M. Pinus strobus in der Mitte und rechts, Tsuga canadensis, Castanea vesca var ameri-

cana, Quercus alba im Hintergrund. Rhododendron maximum als Unterholz.

Nach einer Photogr. von Herrn W. W. Ashe, Forester to the geol. Survey of North - Carolina.

Fig- 3!8« Natürlicher Sommcrwald des südl. Alleghany - Gebirges , Nord - Carolina. Typus zwischen 800 und 1400 ni. Tsuga canadensis, Betula lenta u. B. lutea, Quercus rubra, Acer rubrum, Acer barbatum, Prunus serotina, Liriodendron tulipifera, Magnolia acuminata v. Fraseri. Unterholz ist Rhododendron maximum. Nach einer Photographie des Herrn \V. W. Ashe, Forester to the North-

Carolina geological Survey.

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. 607

gleichkommt und letztere auf nassem Boden ersetzt. Die Bestände dieser Kiefern sind locker und reich an sträuchigem Unterholz.

Die Wälder der Vorhügel bilden eine Uebergangsstufe zwischen den- jenigen des tiefen Küstenlands und denjenigen der Gebirge. Auf weichem, durchlässigem, feuchtem Boden sind es sommergrüne Laubwälder, in welchen Eichen und Carya- Arten vorherrschen, während auf sandigem Boden Kiefern (Pinus mitis, P. taeda) das Oberholz bilden.

Im Gebirge machen sich Unterschiede des Bodens weniger geltend als im Tiefland, um so mehr aber solche der Temperatur und Niederschläge. Ihre grösste Ueppigkeit zeigen die Gebirgswälder auf den nördlichen feuchten Abhängen, während die südlichen Abhänge mehr lockere Bestände besonders lichtbedürftiger Arten aufweisen. Zwischen 1500 und 3000' bestehen diese Wälder aus Kiefern und Laubbäumen, letztere sind von den ersteren meist etwas überragt (Fig. 317). Die Kiefern sind vornehmlich Pinus strobus, oft 100 150' hoch, P. mitis, P. rigida, P. pungens, die Laubhölzer, die stellen- weise bis 90' Höhe erreichen sind Eichen (Q. alba, prinus, tinctoria, coccinea, rubra, imbricaria), Kastanien (Castanea vesca var. americana), Carya -Arten, Cornus florida etc. Die Laubbäume kommen um so mehr vor, als der Boden feuchter und fruchtbarer wird. In weniger dichten Beständen bilden zwei sommergrüne Ericaceen, Rhododendron maximum und Kalmia latifolia, reiche Dickichte zwischen den Stämmen.

Die grossartigsten Wälder der südlichen Alleghanies und diejenigen, welche ihren ursprünglichen Charakter am meisten bewahrt haben, nehmen die Region zwischen 3000 und 5000' (Fig. 318) ein. Ihre reichste Entwickelung zeigen sie auf den feuchten humusreichen nördlichen Abhängen. Nur ein Nadelbaum, Tsuga canadensis, pflegt sich in diesen Wäldern zu zeigen; im Uebrigen be- stehen sie aus dem reichsten Gemisch von Laubbäumen: Birken, Ahorne, Buchen, Kastanien, Eichen (Q. rubra, alba). Tulpenbaum, Esche (Fr. americana), Magnolia acuminata, Aesculus flava wachsen durch einander ; die höchsten Kronen bilden ein zusammenhängendes dichtes Laubdach von 90 120' Höhe, unter- halb welches, in der Nähe ihrer Mutterpflanzen, junge Exemplare der hohen Bäume oft üppig gedeihen, während andere Stellen durch dichtes wintergrünes Gesträuch von Rhododendron maximum und Kalmia latifolia bedeckt sind.

Oberhalb dieser Waldstufe wird der Laubwald durch Nadelwald von Picea nigra und Abies Fraseri ersetzt.

§ 2. Europa. Sind wirkliche Urwälder, d. h. Wälder, deren Ent- wickelung vom Menschen weder tiefgreifend noch dauernd beeinflusst worden sind, so dass sie das Gepräge natürlicher Bedingungen un- verändert zeigen, in den erst seit relativ kurzer Zeit dem menschlichen Zerstörungswerk ausgesetzten Wäldern Nord-Amerika's bereits selten, so ist dieses natürlich in Europa noch in weit höherem Maasse der Fall. Hier bieten nur noch einige kleine Waldparcellen bis zu einem gewissen Grade das Bild des ehemaligen europäischen Urwalds.

Zu den letzten Waldresten, welche einigermaassen die Bezeich- nung Urwälder verdienen, gehören die im Böhmerwald gelegenen des Fürsten Ad. v. Schwarzenberg, von welchen, nach einer Anordnung

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel.

609

des Besitzers, „3200 Joch für immer erhalten werden sollen". Göppert hat dieselben eingehend geschildert (Fig. 31$). Im Gegensatz zu den Kunstwäldern oder Forsten, bestehen solche Naturwälder aus einem bunten Gemische von Fichten, Tannen und Buchen, zwischen welche noch ein- zelne andere Laubbäume (Acer Pseudo-Platanus, Ulmus campestris, Alnus incana und glutinosa, Betula alba und pubescens, Salix caprea) ein-

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Fig. 320. Vegetation bei Batum. Ficus carica. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Krassnow.

gesprengt wachsen. Erst in höheren Regionen wird die Fichte allein herr- schend. Andere Abweichungen von den Forsten sind die zahlreichen abgefallenen Baumstämme, aus deren morscher Substanz zahlreiche junge Bäume sich erheben, welche später, ihrem Ursprung entsprechend, reihenweise auf Stelzen stehen werden; ferner die zahlreichen Baum- schwämme (Polyporus pinicola Fr.) und die knollenförmigen Auswüchse

Schimper, Pflanzengeographie. 19

6io

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

der Stämme. Der dicht bemooste Boden zwischen den Stämmen trägt reichen jungen Nachwuchs von Buchen, Fichten und Tannen, die im Waldschatten nur geringe Grösse erreichen, aber sobald durch den Fall eines Baumriesen eine Lücke im Laubdach entsteht, zu nor- maler Höhe heranwachsen. So soll es vorkommen, dass Fichten, die 120—140, sogar 160 Jahre in unterdrücktem Zustande verblieben waren

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Fig. 321. Wald von Larix dahurica auf Sachalin. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Krassnow.

und dabei nur 5 7 Zoll Durchmesser im Stamme erreicht hatten, sich nachträglich zu mächtigen Bäumen entwickelten.

Durch grössere Ueppigkeit, namentlich bezüglich der inneren Raum- ausfullung, zeichnen sich die Wälder an den östlichen Gestaden des Schwarzen Meeres aus (Fig. 320), namentlich diejenigen Abchasiens, von welchen Radde folgendes Bild entwirft:

VE. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. 6 1 1

„Unmittelbar am Meere, gleich hinter dem schmalen, durch die Wellen aufgeworfenen, nackten Geröllwalle, vermehren sich an der Abchasischen Küste, mit Hülfe des lästigen Smilax und der Clematis- Ranken, Gesträuche und Bäume zu undurchdringlichen Wänden. Wo nicht gerade ein verdeckter Pfad von den Besitzungen der Abchasen zum Meere fuhrt, dürfte es wohl sehr schwer sein, diese hohen Pflanzen-Barrieren zu durchbrechen. Asclepien über- wuchern unantastbare Rubus- und Rosa-Gebüsche oder bedecken Crataegus und Paliurus. Feine Asparagus-Pflanzen winden sich durch die Maschen des groben dornigen Netzes, Smilax gibt ihm Halt bis in die Wipfel der höchsten Bäume, er erdrückt den Epheu und wilden Wein. Aus solchem Chaos ver- wirrt ineinander gewebter Kletter -Pflanzen strecken Eichen und Rüstern die knorrigen Aeste, deren Belaubung und seitliche Theilung hier am Meere nur eine dürftige ist, da die heftigen Seestürme gegen die Riesen anprallen. Desto schöner und voller sind die Kronen der hinter ihnen tiefer im Lande stehen- den Hochstämme . . . Auch an ihnen hat Smilax oft förmliche Netze ge- sponnen, deren Höhe nicht selten 50 60' beträgt . . ." (S. 18).

§ 3. Sibirien und Ostasien. Das Klima Sibiriens ist demjenigen des nördlichen Waldgürtels Nord-Amerika's ganz ähnlich, sowohl was die Temperatur, als die besonders in Betracht kommenden Hydro- meteore betrifft. In beiden Gebieten sind die Niederschläge spärlich, namentlich während des Winters, sodass die Bäume dem bei langer Dauer besonders schädlichen trockenen Frostwetter ausgesetzt werden. Der klimatischen entspricht eine weitgehende ökologische Analogie. Auch der sibirische Wald ist ein lichter, dürftiger, oft verkümmerter Nadelwald ohne oder mit ganz spärlichem Unterholz. Vorherrschend sind Lärchen (Larix sibirica und, im Osten, L. dahurica, Fig. 321); mit ihnen wachsen die Zirbelkiefer (P. Cembra), Fichten (Picea obovata und ajanensis), Birken und, im Süden, Tannen (Abies Pichta).

Während an der Westküste Nord-Amerika's bereits in hohen Breiten reiche Niederschläge bei milderer Temperatur sich einstellen und reichen Waldwuchs bedingen, reicht das dem Gehölz ungünstige Klima und hiermit der dürftige Waldcharakter in Sibirien bis in viel südlichere Breiten hinab, stellenweise bis zum 500 Breitegrad.

Der kümmerliche Charakter des sibirischen Waldes wird von Midden- dorff1 emphatisch betont: „Wiederholt habe ich darauf zurückkommen müssen, wie sehr ich mich getäuscht fand, als ich, die gebahnten Strassen Sibiriens verlassend, Urwäldern entgegensah, von denen ich erwartete, dass sie in mir die Sehnsucht stillen könnten nach dem bewältigenden Eindrucke des An- blickes, den unsere Phantasie sich malt, wenn sie von riesigen Zeugen ver- gangener Jahrhunderte, ja Jahrtausende träumt; von kernfesten Riesen des Urwalds, welche die durch Wind und Wetter über sie ausgeschütteten Unbilden unerschütterlich von ihren greisen Häuptern schütteln."

l) S. 630.

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612

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Nach einem Hinweis auf die üppigen hochstämmigen Wälder, die in der gleichen Breite wie Jenisejsk (5 8°), im nordwestlichen Amerika wachsen, und auf die Hochwälder Mitteleuropas, fährt er fort: „Wie meine ersten, an die Akademie eingesendeten Reiseberichte bezeugen, wurde ich darin bitter enttäuscht. Von Jenisejsk an nordwärts möchte man, dem in Livland ge- wonnenen Augenmaasse zu Folge, den Waldungen im Allgemeinen kaum mehr als ein halbes Jahrhundert geben, nie ein ganzes. Diese scheinbar jugend- liche Physiognomie des Waldes nimmt sogar zu, je mehr man dem Norden entgegenreist bis man Gelegenheit findet näher hineinzuschauen, und der

Fig. 322. Baumgrenze auf Sachalin: Verkrüppelte Larixbäume. Nach einer Photographie

des Herrn Prof. Krassnow.

Behang mit langen Barten schwarzgrauer Moose und Flechten verräth, dass man es schon lange mit verkümmerten Greisen der Baumwelt zu thun hatte. Einzelne kräftige, starke Stämme, denen ich südlich von Jenisejsk begegnete, dienten nur dazu, mich um so augenscheinlicher erkennen zu lassen, wie feindlich das rauhe , unstete Klima dem Baumwuchs in Sibirien entgegentritt, schon bevor man den 60 Grad erreicht hat" ...

. . . „Der dickste Baum, den ich in Süd-Sibirien gesehen, war eine Pappel von 6' Durchmesser. Nächst ihm erreichten die Lärchen (etwa 41/*')» ^^ die Kiefern und darauf die sibirischen Tannen die grösste Dicke unter den

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VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel.

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614 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Bäumen Sibiriens. Dass diese stärksten unter ihren Verwandten als Ausnahmen von der gewöhnlichen Lebensdauer und als tausendjährige Nestoren anzusehen waren, bewies ihre Seltenheit, indem wenigstens 99 Hunderttheile aller schein- bar erwachsenen Bäume des Waldes, sogar an günstigen Oertlichkeiten Südost- Sibiriens, nicht mehr als 1 6/4' Dicke besassen. Nachdem ich mich im Jenisejthal, nordwärts vom 60. Breitengrade, in Bezug auf den Wuchs der Bäume so sehr enttäuscht gefühlt hatte, setzte ich meine ganze Hoffnung auf Südost -Sibirien. Da es mir hier auch nicht besser erging, finde ich mein Tagebuch mit Klagen über diesen Umstand erfüllt."1)

Wie der nördliche nordamerikanische Waldgürtel löst sich auch der sibirische nach Süden in einige Fortsätze auf, während die übrigen centralasiatischen Landschaften, wie die cerrtral-rrordamerikanischen, von Steppen und Wüsten eingenommen sind. Der eine dieser Fortsätze um- fasst das nordchinesische Gebirgsland vom Altai bis zum Baikal-See, ein anderer, viel von Steppen unterbrochener erstreckt sich über die süd- östliche Ecke Sibiriens und das nordöstliche China, ein dritter bedeckt Kamtschatka und ein vierter dehnt sich von der Insel Sachalin süd- lich nach Japan aus , wo auf Yezo und dem nördlichen Nippon der tropophile Sommerwald, in Süd-Nippon aber der temperirte Regen- wald herrscht.

Diese südlicheren Wälder Nordasiens besitzen, dem Klima ent- sprechend, einen anderen floristischen Charakter und grössere Ueppig- keit als der sibirische, aber nur an wenigen Stellen den Charakter von Hochwäldern. Vielmehr ist für viele Landschaften ein parkartiger Cha- rakter bezeichnend, z. B. in Kamtschatka, wo nach dem Atlas von Kittlitz (Fig. 237 und 323) die üppigsten Wiesen mit dichten Laub- und Nadelwaldparcellen abwechseln, im südlichen Theil Sachalins (Fig. 323, 325 u. 326), im Gegensatz zum entschieden sibirischen Charakter be- sitzenden nördlichen (Fig. 321 u. 322), und im Gebiet des Amur.

Ihre reichste Ausbildung erreichen die ostasiatischen Sommer- wälder auf Nippon, wo sie, im Gegensatz zu den europäischen und in Uebereinstimmung mit den nordamerikanischen, aus einer bunten Fülle verschiedener Holzarten bestehen, von denen nur selten ein- zelne, wie Buchen oder Eichen, geschlossene Bestände bilden. Physio- gnomisch zeigen dieselben durch die kräftige Ausbildung des Unter- holzes und der oft manneshohen Bodenkräuter, durch einige mächtige Lianen und epiphytische Farnkräuter, Anklänge an die Regenwälder. Diese unter den winterkalten Laubwäldern exceptionelle Ueppigkeit ist eine Folge vieler Niederschläge, der hohen Temperatur der Vege- tationszeit und, was das Unterholz betrifft, des lockeren Schlusses des Laubdaches.

») I, S. 631—632.

Fig. 326. Angelophyllum ursinum und Spiraea sachalinensis unter einer Erle. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Krassnow.

Sachalin.

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel. 6 1 5

Die hervorragendsten Bestandtheile eines solchen blattwechselnden Waldes sind Eichen, Buchen, Hainbuchen, Ahorne, Birken, Rosskastanien, Magnolien, Aralien, Wallnüsse, Ulmen, Planeren, verschiedene Rosaceen und an mehr feuchten Stellen auch Eschen und Erlen (Quercus serrata und Qu. dentata, Qu. crispula und Qu. glandulifera, Fagus Sieboldii und F. silvatica, Castanea vulgaris, Aesculus turbinata, Cercidiphyllum japonicum, Tilia cordata und T. mandschurica, Calopanax ricinifolia, Magnolia hypoleuca, Acer japonicum, A. pictum und andere, Carpinus laxiflora, C. cordata, Planera Keaki, Ulmus campestris, U. montana, U. parvifolia, Prunus Pseudocerasus , Perocaria rhoi- folia, Fraxinus longicuspis, Betula alba, Alnussp. u. a. m.). Die Mannig- faltigkeit wird durch das Auftreten einzelner Nadelbäume noch erhöht (z. B. Pinus densiflora, Chamaecyparis, Thuja, Sciadopitys, Tsuga).

Die Lianen sind wohl zum grösseren Theile Wurzelkletterer: Schizo- phragma hydrangeoides S. et Z., Hydrangea petiolaris S. et Z. und Rhus toxicodendron var. radicans Miq. tibertreffen alle anderen an Stärke und Häufigkeit „Bis zu 25 m hoch kriechen ihre mehr als armdicken und selbst bemoosten Stämme" an Bäumen und Felsen empor. An lichten Stellen klettert der immergrüne Evonymus radicans Sbd. und vertritt gewissermaassen den weniger häufigen Epheu. Neigung zum Schlingen zeigt sich bei ver- schiedenen Magnolien und Ternstroemiaceen. Die ausgebildetsten Schling- pflanzen des japanischen Waldes sind die bis 30 m hohe Wistaria chinensis S. et Z. und die Lardizabaleen, namentlich Akebia- Arten.1)

Eine reichliche Menge von Halbbäumen und Sträuchern, wie Syringa, Evonymus, Viburnum, Hamamelis, finden in dem zumeist lockeren Schlüsse ihr Fortkommen ; mächtige Kletterpflanzen, wie Actinidia, Vitis, Schizophragma, senden ihre bis schenkeldicken Stämme zu den Gipfeln der Bäume empor, während dem tippigen, jungfräulichen Boden riesige Petasites, Polygonum, Heracleum, Farne entsprossen, in deren Dickicht Reiter und Pferd verschwinden.2)

Wie in Europa weisen auch in Japan die winterkalten Gebiete neben J^aubwäldern ausgedehnte Nadelwälder auf, die. in entsprechend wechselnder systematischer Zusammensetzung, an der Meeresküste, als Kiefernbestände auf den Dünen und trockenen Hügeln die Waldvegetation allein vertreten und die Laubwaldregion vielfach unterbrechen, ihre grösste Ausdehnung aber, so- wohl in verticaler wie in horizontaler Richtung, erst jenseits der letzteren er- reichen. Mehr als die Namen ihrer Bestandtheile ist von diesen Wäldern nicht bekannt ; doch scheint solche Raumanfüllung durch Unterholz, Lianen etc., wie sie den Laubwäldern zukommt, hier durchaus zu fehlen.

§ 4. Die Wälder Peuerlands. In der südlichen Hemisphäre sind wohl die Wälder des südwestlichen Patagoniens und Feuerlands zu den Sommerwäldern zu rechnen, nicht bloss weil sie zum Theile aus der sommer- grünen Fagus antarctica bestehen, sondern auch weil die bereits tiefen winterlichen Temperaturen offenbar eine ausgeprägte winterliche Ruhezeit bedingen. Uebrigens sind wir über die Oekologie dieser Wälder noch gar nicht unterrichtet.

*) Rein 1. c.

*) Mayr II, S. 16 u. f.

6i6

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Folgende, einer Arbeit Dusdn's entnommene Stellen beziehen sich auf die tippigsten Wälder Feuerlands:

Fig- 327. Der tropophile Buchenwald Feuerlands im Winter. Fagus entblättert Xach einer Photographie von Herrn Dr. Michaelsen.

„Im Innern des Hafens von Puerto Angosto kommt ein typischer von Drimys Winteri Forst, und Fagus betuloides Mirb. zusammengesetzter Urwald

VII. Die Waldformationen der kalttemperirten Gürtel.

61;

vor, der in Bezug auf die dichtstehenden Bäume, die herrschende Dunkelheit und die Menge von am Boden kreuz und quer liegenden, modernden Baum- stämmen an die von mir gesehenen westafrikanischen Urwälder erinnerte, sich

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jedoch von ihnen dadurch unterscheidet, dass der Boden nicht nackt, sondern von einer vollständig geschlossenen Decke von Lebermoosen überwachsen ist ... Die Phanerogamen sind in diesem Urwald wenig zahlreich. Von

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Sträuchern kommen Berberis ilicifolia Forst, Desfontainea spinosa Remy in voller Blüthe und Pernettya mucronata Gaud. vor, zu denen man auch Libetanthus americanus Endl. rechnen kann. Uebrigens war nur Callixene marginata Juss. zu finden. Die Farrenkräuter dagegen waren zahlreich ver- treten: hier und da bildete Gleichenia acutifolia Kolonieen, und Hymeno- phyllaceen waren mehr oder weniger zahlreich in die Moosdecke eingewebt, unter ihnen das schöne Hymenophyllum pectinatum Cav. Die den Boden

Fig. 329. / Fagus Dombeyi. 2 Fagus betuloides. Antarkt. Amerika. Nat. Gr.

verbergende Moosdecke breitete sich über alle heruntergefallenen Baumstämme aus und reichte mehr oder weniger an den Baumstämmen empor, die übrigens von Hymenophyllaceen , Grammitis australis und dem hoch emporkletternden Libetanthus americanus Endl. bekleidet waren."

. . . „Es giebt wohl kaum irgend eine Gegend der Welt, die feuchtesten Gebiete der Tropen nicht ausgenommen, die eine üppigere Moosvegetation als die niederschlagsreichsten Theile unseres Gebiets aufweisen. Eigener Erfahrung gemäss kann ich versichern, dass die üppige Moosvegetation der

Auswahl der Literatur.

619

äusserst feuchten westlichen Abhänge des Kamerungebirges keineswegs besser entwickelt ist als die bei Puerto Angosto. Es zeigt sich jedoch eine Ver- schiedenheit in dem Auftreten der Moose innerhalb unseres Gebietes und der Tropen; während die Moose innerhalb jener am artenreichsten und üppigsten an Baumzweigen, Blättern und Stämmen wachsen, selten auf Steinen, niemals auf der Erde, so erreichen dieselben innerhalb dieser Gegend ihre grösste Ueppigkeit am Boden, kommen selten an Zweigen und Stämmen vor, niemals auf Blättern."1)

Südlich vom Rio Grande sah Dusdn reine Bestände der sommergrünen Fagus obliqua Popp, et Endl.

Auswahl der Literatur.

1. Allgemeine Oekologie des Sommerwaldes.

Beyer, R. Ergebnisse der bisherigen Arbeiten bez. der Ueberpflanzen

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und anatomisch - entwickelungsgeschichtlichen Verhältnissen. Pringheim's

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Low, E Anfange epiphytischer Lebensweise bei Gefasspflanzen. Abh. d.

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dicotyler Holzgewächse. Sitzungsb. der Wiener Akademie. Bd. 73.

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1883. Wiesner, J. I. Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreiche.

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Ö20 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

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2. Specielle Darstellungen«

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II. Die Vegetationsverhältnisse des bayrischen Waldes. 1860. Tanaka, Jo. Untersuchungen über die Pflanzenzonen Japan's. Petermann's

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VUL Die Grasflixrformationen der kalt- temperirten Gürtel.

1. Allgemeine Oekologie. Wiese und Steppe. Schutzmittel der Wiese gegen die winterliche Trockenheit. Hygrophiler Charakter in der Vegetationszeit Xerophile Structnr der Steppenpflanzen. 2. Vegetationsbilder aus Wiesen- und Steppengebieten. § I. Die Wiesen. Europäische Wiesen. Wiesen in ostasiatischen Parklandschaften und in Nord- Amerika. § a. Die Steppen. Westlicher Theil der nordamerikanischen Prärie. Die Prärie in Kansas nach Hitchcock, in Nebraska nach Pound und Clements. Die Steppe im Gebiet des Schwarzen Meeres nach Rehmann. Die Hochsteppe bei Alexandrowsk nach Grüner.

1. Allgemeine Oekologie der Grasfluren.

Der Formationskreis der Grasfluren ist in den kalttemperirten Gürteln nur durch Wiesen und Steppen vertreten; die noch in den wintermilden Zonen stellenweise vertretenen Savannen fehlen, indem die Grasflurklimate der höheren Breiten in der gewöhnlich mit bewegter Luft verbundenen starken Winterkälte ein baumwidriges Element besitzen.

Wo die Grenze zwischen Wiesen und Steppen zu ziehen, ist zur Zeit nicht in allen Fällen mit Sicherheit anzugeben, und überhaupt ist die Oekologie der Grasfluren der Aufklärung noch sehr bedürftig. Auch ist der Wiesen- oder Steppencharakter nicht nur vom Klima, sondern auch vom Boden in hohem Grade abhängig und zeigt in un- ebenen Landschaften raschen Wechsel, indem höhere Stellen von xerophiler, tiefer gelegene von tropophiler bezw. hygrophiler Vegetation eingenommen sind und die Bezeichnung des einen Typus als klimatisch, des anderen als edaphisch ist dann auch sehr willkürlich.

Ob die Wiesen der winterkalten Gürtel zu den tropophilen oder den hygrophilen Formationen zu rechnen sind, lässt sich zur Zeit nicht mit voller Sicherheit entscheiden. Wahrscheinlich wird eine nähere Untersuchung bezüglich des Trockenschutzes während des Winters eine

VIII. Die Grasflurformationen der kalttemperirten Gürtel. 623

Entscheidung ermöglichen. Einstweilen scheint es mir, dass einige Erscheinungen als xerophile Schutzvorrichtungen der Wiese gegen die trocknenden Einflüsse der Winterkälte aufzufassen sind, namentlich der Umstand, dass die emporragenden Theile am Schlüsse der Vegetations- zeit zu Grunde gehen, so dass die Wiese gegen die trocknenden Wir- kungen des Windes geschützt und durch die Schneedecke vollkommen überzogen wird.

Während des Winters sind die Spaltöffnungen, wie bei grosser Trockenheit, geschlossen und die chemischen Veränderungen, welche beim Eintritt der Kälte in den Blättern vor sich gehen, stehen vielleicht ebenfalls mit dem Trockenschutz im Zusammenhang. Sie scheinen den submersen Pflanzen zu fehlen. Dennoch ist jedenfalls die Trocken- gefahr und daher der xerophile Charakter der Wiese im Winter weit geringer als im Walde und das oberflächliche Aufthauen, welches, wegen der damit verknüpften Erwärmung und höheren Transpiration des Gezweiges, nur dem letzteren schädlich ist, kommt im Gegentheil der seichtwurzelnden Wiese zu Gute. In milden Wintern grünt die Wiese ununterbrochen und das Auftreten einzelner Blüthen zeigt, dass die Wachsthums- und Ernährungsvorgänge nicht erloschen sind.

Die Wiesenpflanzen entbehren während der Vegetationszeit aus- geprägter Schutzmittel gegen Transpiration ; ihre Structur ist hygrophil, wenn auch in weniger hohem Maasse als diejenige der krautigen Schatten- flora der Wälder. Die Laubflächen sind gross, ihre Dicke relativ gering, die Cuticula massig entwickelt, Schutzüberzüge fehlen oder sind schwach entwickelt, Succulenten und Halbsträucher sind selten, ausser auf trockenem Boden. Hauptbestandteile der Wiesen sind perennirende, meist büschelartig wachsende, seltener mit kriechenden Rhizomen ver- sehene Gräser, deren bandförmige, flache, krautige, frischgrüne Blätter sich bei trockener Witterung nicht einrollen. Zwischen ihnen wachsen perennirende und zweijährige nur wenige einjährige Kräuter, die der Mehrzahl nach rosettenartige Hauptsprosse besitzen, aus welchen in der Vegetationszeit fertile, vor dem Winter vertrocknende, Seiten- sprosse sich erheben. Die ganz auf die unterirdischen Theile sich zurückziehenden Stauden sind relativ selten (z. B. Colchicum, Orchis- Arten etc.).

Gräser und Stauden pflegen eine dichte, zusammenhängende Narbe zu bilden. Nur auf sterilerem Boden sind breite Zwischenräume be- moost. Das Auftreten ganz nackter Stellen zeigt zunehmende Trocken- heit des Bodens an und die Vegetation nimmt einen xerophilen, dem- jenigen der Steppen sich nähernden Charakter an. Solche trockene Wiesen, wo tiefwurzelnde Stauden die Gräser zu überwiegen pflegen, werden als T r i f t e n bezeichnet. Ihr Auftreten ist stets auf edaphische Standortseinflüsse zurückzufuhren.

624 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Die Steppen der winterkalten Gürtel unterscheiden sich von denjenigen wärmerer Gebiete durch weniger hohen Wuchs. Kleine Holzgewächse, die den Uebergang zum Typus der Savanne bewirken, kommen in ihnen häufiger vor als in den Wiesen, die mit Ausnahme der später zu besprechenden Höhenwiesen oder Matten ganz krautig sind. Namentlich aber sind Halbsträucher in der Steppe häufige Er- scheinungen. Die Steppengräser haben im Allgemeinen schmälere Blätter als die Wiesengräser, und dieselben besitzen bei vielen Arten die Eigenthümlichkeit, sich bei trockener Witterung einzurollen. Hierin liegt ein wesentliches aber nicht das einzige Schutzmittel gegen Wasser- verlust; es treten ausserdem Wachsüberzüge, dicke Cuticula, eine dichtere Structur hinzu. Die Annuellen oder besser Ephemeren sind in der Steppe zahlreicher als in der Wiese, ebenso die Knollen- und Zwiebelpflanzen. Die immergrünen Stauden und Halbsträucher sind meist kleinblätterig und gewöhnlich mit Schutzüberzügen, namentlich mit luftfuhrenden Haaren bedeckt. Succulenten kommen weit häufiger vor als in den Wiesen, namentlich in Nordamerika. Die Grasnarbe der Steppe ist oft von nackten Zwischenräumen unterbrochen; doch giebt es, namentlich in Nordamerika, sehr dicht bewachsene und doch ausgesprochen xerophile Steppen. Die Gräser wachsen meist in Büscheln, doch sind auch kriechende Arten vorhanden, und diese namentlich sind es (z. B. Bulbilis dactyloides in Nordamerika, Fig. 335), welche geschlossene Steppen bilden. Während des Winters sind die ober- irdischen Theile typischer Steppen, im Gegensatz zu denjenigen der Wiesen, zum grössten Theile vertrocknet. Wo der Hochsommer regen- los ist, tritt das Vertrocknen bereits während desselben ein.

2. Vegetationsbilder aus Wiesen- und Steppengebieten.

§ 1. Die Wiesen. Natürliche Wiesen nehmen anscheinend weniger grosse Flächen ein als natürliche Steppen und zeigen sich vornehmlich in klimatischen Uebergangsgebieten mit parkähnlichem Vegetations- charakter, d. h. wo Grasfluren und Waldparcellen mit einander ab- wechseln. Letzteres hängt damit zusammen, dass das feuchtere Wiesen- klima dem Baumwuchs günstiger ist als ein echtes Steppenklima.

Möglicherweise hat die natürliche Planzendecke Europa's eine solche parkähnliche Physiognomie gezeigt. Das europäische Klima ist nicht ein ausgesprochenes Gehölz- oder Grasflurklima, sondern beiden Formations- kreisen gleich günstig und das Auftreten zahlreicher Gewächse, die der Waldflora fehlen, spricht für das einstige Vorhandensein von Natur- wiesen. Solche sind allerdings nicht mehr vorhanden, auch da wo sie ursprüngliches Wiesenareal einnehmen. Mähen, Abweiden, Düngung, verschiedene Meliorationen haben das ursprüngliche Bild einer euro-

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päischen Wiese unzweifelhaft in tiefgreifender Weise modificirt. Von einer Einzelschilderung der mitteleuropäischen Wiese soll daher hier ab- gesehen werden. *)

Fig. 331. Typische natürliche Prärie in Jowa (Cherokee Co). Der dunkele Streifen in der Mitte entspricht einem früheren Pfade. Nach einer Photographie von Herrn Prof. Coulter.

Ueppige Urwiesen zeigen sich in den Parklandschaften am Amur,

') Treffliche Darstellungen haben Drude 1. c. S. 339, Stebler u. Schröter sowie Weber gegeben. Schi mp er, Pflantcngeographie. ^0

626 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

in Kamtschatka (Fig. 325), auf der Insel Sachalin (Fig. 326 328). In der- selben zeigen manche Kräuter, namentlich Umbelliferen und Spiraea-Arten grösste Ueppigkeit und werden oft weit über manneshoch. Wahrscheinlich werden, wie in klimatischen Uebergangsgebieten überhaupt, kleine Unter- schiede des Bodens für das wechselnde Auftreten der beiden Vege- tationsformen maassgebend sein ; ein mehr durchlässiger oder durch In- filtration von seitwärts in der Tiefe feuchter Boden wird die Gehölze, ein wenig durchlässiger, nur oberflächlich benetzter Boden die Gras- flurparcellen hervorrufen. Doch liegen darüber keine Berichte vor.

Das grösste natürliche Wiesengebiet dürfte dasjenige der östlichen Prärie in Nordamerika sein, doch ist manchmal die Ansicht aus- gesprochen worden1), dass dasselbe ursprünglich von Wäldern bedeckt war, welche durch die Indianer vernichtet wurden, um Grasflächen für die Büffel zu schaffen. Stichhaltige Gründe werden für diese Ansicht allerdings nicht gebracht. Doch wird es wohl kaum möglich werden, Sicherheit darüber zu erlangen.

§ 2. Die Steppen. Die Steppengebiete haben mehr als die meisten Wiesengebiete, wenigstens stellenweise ihre ursprüngliche Phy- siognomie bewahrt, indem sie von Menschen weniger dicht bevölkert sind und behufs ihrer Umwandlung in Culturland höhere Ansprüche stellen als die ersteren. Namentlich ist der westliche Theil der nordamerikanischen Prärie, in Dakota, Nebraska, Kansas und Texas, unzweifelhaft eine ursprüngliche, wenn auch neuerdings vielfach modificirte Steppe, deren xerophiler Charakter in ost-westlicher Richtung zunimmt, so dass er am Missouri in den Wiesen-, am Fuss der Felsen- gebirge in den Wüstentypus übergeht.

Hitchcock hat von der trockenen, westlichen Steppe im Staate Kansas, eine anschauliche Schilderung entworfen:

Die Prärie ist mehr ausgedehnt als alle übrigen Formationen zu- sammen. Die westliche Hälfte des Staates liegt in dem unter dem Namen „Great Plains" bekannten Gebiet, welches sich westlich bis zu den Felsengebirgen, südlich bis nach Texas und nach Norden weit erstreckt. Das Land in diesem Gebiet ist nahezu flach, hier und da durch Flussthäler unterbrochen. „Man kann viele Meilen reisen, ohne irgend eine sichtbare, die Eintönigkeit der nach allen Richtungen bis zum Horizont sich ausdehnenden Ebene, unterbrechende Anhöhe zu erblicken. Es giebt keine Bäume, keine Sträucher (obwohl viele Pflanzen an der Basis verholzt sind), keine hohen Kräuter ..."

Folgende Pflanzen sind für die westliche Ebene charakteristisch: Ery- simum asperum, Polygala alba, Malvastrum coccineum, Linum rigidum.

*) Vgl. Mayr 1. c. S. 231.

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VIII. Die Grasflurformationen der kalttemperirten Gürtel.

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Sophora tomentosa, Psoralea tenuiflora,1) Cereus viridiflorus (S. W. Kansas), Opuntia Rafinesquii, O. Missouriensis, O. fragilis, Gutierrezia 2) Euthamiae, Aplopappus2) spinulosus, Evax prolifera,9) Engelmannia pinnatifida,2) Thele- sperma2) gracile , Artemisia Wightii, Senecio Douglasii, Cnicus ochrocentrus, Asclepias Jamesii, Krynitzkia8) crassisepala , Ipomoea leptophylla, Solanum triflonim, Chamaesaracha4) sordida, Verbena bipannitifida, CladothrixR) lanu- ginosa, Chenopodium olidum, C. Fremonti incanum, Allium Nuttallii, Aristida purpurea, Munroa squarrosa (Fig. 337), Elymus Sitanion. Die folgenden dehnen sich weiter in östlicher Richtung aus: Kuhnia6) eupatorioides, Liatris6)

Fig. 333« Typische natürliche Prärie (Präriegras - Formation). Sporobolus asperifolius,

Koeleria cristata, Panicum scribnerianum. Lincoln, Nebraska. 375 m ü. M., 19. März 1898.

Photographie von Herrn Prof. Bessey.

punctata, Solidago Missouriensis, Ambrosia psilostachya, Lepachys6) columnaris, Echinospermum Redowskii occidentale, Evolvulus argenteus, Solanum rostratum, Oxybaphus7) angustifolius , Andropogon furcatus, A. scoparius, Chrysopogon nutans (diese drei Gräser herrschen in den östlichen Prärieen vor), Schedon- nardus Texanus,8) Bouteloua8) oligostachya , B. racemosa, Buchloe8) dacty- loides (Fig. 336), Koeleria cristata, Eatonia8) obtusata.

Die Physiognomie der westlichen Ebenen ist eigenartig. Die herr- schende Pflanze ist das Büffelgras (Buchloe dactyloides, Fig. 336), oft

l) Papilion. *) Composit. 8) Boragin. 4) Solan. 6) Amarant. 6) Composit. 7) Nyctagin. •) Gramin.

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628 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

mit Beimischung des Gramagrases (Bouteloua oligostachya). Sie bilden eine dichte graugrüne Matte von zwei oder drei Zoll Höhe. Die übrigen Gewächse sind hier und da in dem Rasen zerstreut. Die Opuntien fallen in die Augen, obwohl sie auf der Kante liegen und sich nur wenig über das Gras erheben. Die am meisten augenfälligen Pflanzen sind jedoch Asclepias Jamesii und Cnicus ochrocentrus, welche ein bis zwei Fuss Höhe besitzen.1)

Galeriewälder sind namentlich längs derjenigen strömenden Gewässer entwickelt, welche nicht oder nur selten austreten. Die vorherrschenden Bäume sind: Asimina triloba, Tilia americana, Acer dasycarpum, Negundo aceroides, Cercis canadensis, Gymnocladus canadensis, Gleditschia triacanthos, Ulmus americana, Celtis occidentalis, Monis rubra, Platanus occidentalis, Juglans nigra, Carya olivaeformis, C. sulcata, C. amara, Quercus macrocarpa, Q. palustris, Salix amygdaloides, S. nigra, Populus monilifera. Die Sträucher (und Lianen) sind: Menispermum canadense, Xanthoxylum americanum, Vitex cinerea, V. cordifolia, Aesculus arguta, Staphylea trifolia, Ribes gracile, Sambucus cana- densis, Symphoricarpos vulgaris, Smilax hispida.2)

In vortrefflicher Weise ist neuerdings durch Pound und Clements die Oekologie des zum grossen Theile zu dem ursprünglichen Prärien* gebiete gehörigen Staates Nebraska dargestellt worden. Die Grasflur be- deckt weite wallende Flächen und nimmt an tieferen, feuchteren Stellen mehr wiesenartigen, auf den Rücken typischen steppenartigen Charakter an. Ausserdem ist letzterer auf Thcmboden (Buffalo gras- Formation mehr xerophil, als auf Lehmboden (Präriegras-Formationk

Ausser an trockenen Standorten stellt die Präriegras- Formation einet) ge- schlossenen Rasen dar, mit Sporobolus a^erifolius, Koeleria cristata, Eatonia obtusata und Panicum scribnerianum als vorherrschende Arten, Zeitlich «etgt die Formation abwechselnd ein frühjahrliches und ein sonimerlich*herbstIiche^ Gepräge. Im ersteren besteht die Prärie vorherrschend aus Gräsern, zwischen welche zahlreiche Frühblüthler zerstreut sind. Letztere haben theils uns4— ^— bare Blüthen, wie Draba caroliniana, Androsace occidentalis, Scutellaria par- vula, und die überaus häufige Antennaria campestris; andere, wie Peucedanum foeniculaceum und Carex pennsylvanica haben zwar kleine, aber zu vielgliedrigen gelben Inflorescenzen vereinigte Blüthen; grossblüthige Arten sind an höheren Standorten namentlich Astragalus crassicarpus , Baptisia bracteata,8) Anemone caroliniana, Comandra umbellata,4) an tieferen Stellen aber Allium mutabile, Callirhoe alcaeoides,5) C. involucrata, Lithospermum angustifolium , Viola pedatifida.

Das sommerliche und herbstliche Gepräge ist in erster Linie durch zahl- reiche blühende Pflanzen beherrscht. Namentlich zahlreich zeigen sich Arten von Amorpha,6) Solidago, Verbena, Kuhnistera,6) während des Frühherbstes solche von Aster und Laciniaria.

«) Hitchcock 1. c. S. 63 u. f. *) Hitchcock 1. c. S. 68. 8) Papilion. 4) Santal. *) Malvac 6) Pound and Clements 1. c. S. 244 u. f.

VIII. Die Grasflurformationen der kalttemperirten Gürtel.

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Die sehr niedrigen, vollständig geschlossenen Rasen der trockenen Buffalo- gras - Formation sind oft ausschliesslich von Bulbilis dactyloides gebildet (Fig. 336). Andere Gräser (Bouteloua curtipendula und oligostachya etc.) treten zurück und Kräuter sind ebenfalls sehr beschränkt (Asclepias pumila, Verbena pennatifida).1)

Die Ursteppe im Gebiete des Schwarzen Meeres wird von Rehmann, nach Beobachtungen am Ingul, mit folgenden Worten in ihrer Physiognomie geschildert:

„Die Zahl der Species, welche den ursprünglichen Pflanzenteppich bilden, ist sehr bedeutend und die Gruppirung derselben kann je nach der Beschaffen-

Fig. 334. Natürliche Prärie bei Lincoln (Nebr.). 375 m ü.M. März. Im Vordergrund: Wagenspuren mit Andropogon ihrem steten Begleiter im Hintergrund die Präriegras- Formation. Nach einer Photographie von Herrn Prof. Bessey.

heit des Bodens sehr mannigfaltig sein. Das wichtigste Merkmal dieser Vege- tation bildet aber hier das gesellschaftliche Vorkommen von Stipa pennata und Stipa Lessingiana; beide Species sind an einen trockenen, sterilen Boden gebunden und bedecken mit einem homogenen Rasen alle höheren Positionen; an tieferen, mehr fruchtbaren Stellen nimmt die Menge des Grases ab und an seine Stelle tritt eine Reihe von anderen krautartigen Gewächsen; sehr selten, nur an feuchteren, an Ufern der Gewässer oder in Niederungen ge- legenen Standorten verschwindet die Stipa gänzlich und ihr Mangel wird

l) Pound and Clements 1. c. S. 244 u. f.

63O Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

durch das Erscheinen einiger sehr charakteristischer, nur solchen Stellen eigen- tümlicher Pflanzen begleitet. Dieses Verhältniss bleibt sehr constant und wiederholt sich auf der chersonischen Steppe mit grosser Genauigkeit Alle trockenen erhabenen Stellen sowohl am Boh wie am Ingull werden fast aus- schliesslich von Stiparasen bedeckt ; die Zahl der accessorischen Bestandteile, welche an solchen Stellen die Stipareiser begleiten, ist aber gering; ich fand nur Euphorbia Gerardiana, E. nicaeensis, Erysimum repandum, Arenaria graminifolia , Astragalus vesicarius und Gypsophila paniculata; sie treten in sehi geringer Zahl von Exemplaren auf und spielen nur eine untergeordnete Rolle. Von Weitem gesehen, machen solche mit Stipaformation bedeckte Stellen den Eindruck sandiger Hügel \ in der Nähe verwandelt sich die sand- graue Farbe in ein Silberweiss und der Anblick dieser flüchtigen, ewig hin und her schwebenden Fluren erinnert lebhaft an leicht bewegte Wasserwellen und macht trotz seiner ganzen Monotonie einen milden und anmuthigen Ein- druck. Viel interessanter gestaltet sich das Bild an tieferen Stellen, wo die Stiparasen etwas abnehmen; zahlreiche, nur diesen Gegenden eigentümliche Pflanzenarten, nehmen den von den Stiparasen theilweise befreiten Boden in Anspruch, die mannigfaltigsten Formen erscheinen nebeneinander und bilden ein buntes Gemisch von Blättern, Stengeln, Blumen und Blüthenständen und die Vegetation der Steppe pflegt dann auf verhältnissmässig geringen Räumen eine Mannigfaltigkeit zu entwickeln, von welchen unsere nordischen Wiesen nur einen sehr schwachen und ungenauen Begriff geben können. Die erste Stelle unter den Steppenbewohnern nimmt die Crambe tatarica ein, sie bildet Gruppen von prachtvollen zwei Fuss breiten, gefiederten Blättern und hohen verästelten Blumenschäften ; zwischen den Stiparasen wachsen zahl- reich die Compositen (Serratula, Jurinea und Centaurea) und ihre grossen, blauen oder gelben Blumenköpfe erheben sich auf den schlanken Stielen hoch über das silberne Gefieder der Stipa, und zwischen dem lockeren Gehälm der Gramineen (Triticum, Poa, Hierochloä) versteckt entfalten Iris humilis und I. hungarica ihre niedlichen, kurzgestielten, blauen Blumen« Ein buntes Blätterwerk bilden die Labiaten (Phlomis, Salvia) und höchst eigentümliche Astragalus -Arten verlieren ihre grossen, gelben Blumenbouquets in der Masse ihrer gefiederten Blätter. Einen sehr wichtigen Bestandtheil dieser Vegetation bilden einige Euphorbien ; ihre steifen, aschgrauen Stengel wachsen in dichten, zusammengeschlossenen Nestern zerstreut über die ganze Steppe und bilden einen auffallenden Contrast mit dem lockeren Gewebe anderer Pflanzenfonnen. Von strauchartigen Pflanzen kommt hier nur Caragana frutescens in Menge vor, ihre niederen Stengel verschwinden aber unter den erhabenen Gestalten anderer Pflanzen; dasselbe Schicksal trifft auch Spiraea crenata. Sehr cha- rakteristisch für diese Vegetation ist auch der vollkommene Mangel von Cyperaceen."1)

Grüner hat die Hochsteppen im Gebiete von Alexandrowsk genauer ge- schildert: Die Frühlingsflora der Hochsteppe ist eine sehr arme und ein- förmige, was zum Theil dadurch bedingt ist, dass die massenhaft auf- tretenden Arten häufig auf eng begrenzte Bodenareale beschränkt sind und

») 1. c S. 25—27.

VHI. Die Grasflurformationen der kalttemperirten Gürtel.

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632 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

entweder gelb oder unscheinbar blühen. Die erste Frühlingsflora von März bis Mitte April ist nur durch wenige Familien vertreten, von welchen folgende nach Zahl der Arten und Individuen die Hauptrolle spielen: Liliaceen (Gagea, Tulipa, Hyacinthus, Bulbocodium), Ranunculaceen (Ceratocephalus), Cruciferen (Alyssum minimum, Draba verna, Sisymbrium thalianum), Rosaceen (Potentilla opaca), Scrophulariaceen (Veronica triphyllos, praecox, verna, agrestis) und Cyperaceen (Carex stenophyila, Schreberi). Der Uebergang zur späteren Frühlingsflora wird durch Amygdalus nana, Valeriana tuberosa, Androsace elongata und maxima, Vinca herbacea, Iris pumila vermittelt Die spätere Frühlingsvegetation, welche den Monat Mai und etwa ein Drittel des Juni um- fasst, ist die Zeit des üppigsten Pflanzenwuchses in der Hochsteppe.

Der Habitus der Hochsteppe wird um diese Zeit namentlich durch folgende Arten bedingt: Ranunculus illyricus, Glaucium corniculatum , Ery- simum canescens, Lepidium perfoliatum, Coronilla varia, Achillea Millefolium, Carduus hamulosus, Echinospermum Lappula und £. patulum, Thymus Mar- schallianus, Ajuga genevensis, Euphorbia Gerardiana, E. nicaeensis und zahl- reiche Gramineen, namentlich Stipa Lessingiana, Poa bulbosa, Bromus squarrosus und B. tectorum, Koeleria cristata.

Im Juni erlischt an den vorherrschenden höheren Stellen die Vegetation gänzlich mit Ausnahme der Euphorbia und Stipa-Rasen, die Mehrzahl der Sommerpflanzen zeigt sich an minder vertrockneten Stellen, namentlich in den durch das Regenwasser hervorgerufenen Furchen und Ravinen (Balkas). Mehrere der Frühlingspflanzen zeigen sich noch im Sommer (Glaucium, Isatis tinctoria, Coronilla, Achillea Millefolium etc.), andere sind auf die letztere Jahreszeit beschränkt und unter diesen sind besonders häufig: Malva borealis, Melilotus alba und M. officinalis, Portulaca oleracea, Centaurea diffusa, Onopordon Acanthium, Lactuca Scariola, Taraxacum serotinum, Verbascum Lychnhis, Linaria vulgaris und L. genistaefolia, Manubium vulgare, Teucrium Polium, Statice scoparia, Polygonum Convolvulus, Ceratocarpus arenarius, Triticum cristatum, Eragrostis poaeoides, Stipa capillata, Setaria viridis.

Die Herbstflora endlich ist durch die Behaarung der meisten Arten, welche die Steppe vegetativ wie mit einem grauen Gewände bekleidet, cha- rakterisirt: „Zwischen den verstümmelten und doch mit einigen Blüthenästchen besetzten Pflanzen der Sommerflora und deren vertrockneten Ueberresten erhebt sich eine neue Vegetation, deren Hauptrepräsentanten Salsolaceen, Artemisien, Polygonum Bellardi und aviculare, Amaranthus retroflexus und Xanthium spinosum sind. Von den ersteren treten namentlich Salsola Kali, Atriplex laciniata, Chenopodium album, Ceratocarpus arenarius und Echino- psilon sedoides in einer solchen Unmasse von Individuen auf, dass sie in dieser Hinsicht, wenn überhaupt, so bloss von Artemisia austriaca, Xanthium spinosum und Amaranthus retroflexus tibertroffen werden, von denen namentlich die beiden erstgenannten in gedrängtem Stande ganze Flächen überziehen, erstere mehr der Hochsteppe, letztere mehr dem unteren Theile der Abhänge den Vorzug gebend. Wegen des geselligen Wachsthums und der verhaltnbs- mässig nicht unbedeutenden Grösse der Einzelindividuen machen sie sich mehr bemerkbar, als es andere Gewächse, wie z. B. Atriplex laciniata.

VIII. Die Grasflurformationen der kalttemperirten Gürtel.

633

Polygonum aviculare, Portulaca oleracea und Eragrostis poaeoides trotz der colossalen Individuenzahl zu thun vermögen. ..."

„Von Einfluss auf den Charakter der Herbstvegetation sind wegen ihrer grossen Häufigkeit noch folgende Pflanzen: Taraxacum serotinum, Achillea Millefolium , Polycnemum arvense, Artemisia campestris und A. scoparia, sowie ferner Artemisia Absinthium, Chenopodium opulifolium, Atriplex nitens, A. rosea und Kochia prostrata, die zwar reichlich genug auftreten, aber doch nicht allenthalben vorkommen. . . . Eine wichtige Rolle spielen dagegen auch jetzt noch die Euphorbien (E. nicaensis), indem sie, wenngleich auch nur selten mit Blüthen geschmückt, durch ihr verhältnissmässig lebhaftes Grün von dem ein- förmigen Grau der maass- gebenden Pflanzen angenehm abstechen. Im September und October mischt sich zu der letzteren Farbe auch das freudige Grün des hervor- sprossenden Grases" (S. 106 bis 110).

Der Uebergang des Waldgebietes in das Step- pengebiet Südrusslands wird von Rehmann folgen- dermaassen geschildert:

„Die natürliche Grenze des Steppengebietes wird durch Eichenbestände an- gezeigt; der Verlauf der Grenzlinie ist nicht über- all gleichmässig , am tiefsten dringen die Wälder in das Steppengebiet mit dem Fluss- bette des Dniester und des Boh herein. . . ."

„An dieser ganzen Linie treten die Wälder in klei- nen, zerstreuten Partieen auf

und ihre Existenz ist fast überall, wo ich sie gesehen habe, an Thäler und tiefere Schluchten gebunden; sie bedecken die inneren Ufer dieser Ver- tiefungen und pflegen sich von denselben gar nicht zu entfernen. Die grossen Strecken des ebenen Landes, welches zwischen den hiesigen Flussthälern und Schluchten liegt, sind noch vollkommen waldlos, mit der charakteristischen Steppen- Vegetation bedeckt und stehen in dem engsten Zusammenhange mit dem eigentlichen Steppengebiete. Aber auch weiter gegen Norden, wo die Wälder schon in die Ebene heraustreten, sind ihre Dimensionen sehr gering

Fig. 336. Nordamerikanische Prärienflora: Munroa squarrosa Torr. (Nutt.). Nat. Gr. Kgl. Herb. Berlin.

634 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

und das Verhältniss zu der gesammten Oberfläche des Landes unbedeutend, dasselbe wird noch immer tiberwiegend von krautartigen Formationen be- herrscht. Alle Wälder an der ganzen Grenzlinie sind fast ohne Ausnahme reine Eichenwälder; sie werden durchgehends von Quercus sessiliflora gebildet, in geringer Menge erscheint zuweilen Q. pedunculata und Q. pubescens ; sehr selten findet man, und zwar nur am Rande der Eichenbestände, eine Bei- mischung von Acer campestre, Ulmus eflusa, U. campestris und Carpinus betulus. In solchen Eichenwäldern treten gewöhnlich sehr zahlreich die hiesigen Gesträuche auf und bilden einen dichten Unterwuchs, an welchem sich stellenweise die zierliche Rosa altaica betheiligt ; wenn dieser Unterwuchs mangelt, so bedeckt sich der Boden mit einer grossen Menge krautartiger Pflanzen, welche eine sehr üppige und mannigfaltige, wiesenartige Vegetation darstellen und fast überall gemähet werden." Die hier mitgetheilte Liste der hauptsächlichsten Bestandteile dieser Waldwiesen zählt eine Reihe von Arten auf, die meist auch bei uns in Wäldern und auf grasigen Waldlichtungen, namentlich bei Kalkunterlage, vorkommen.

„Nebst der Eiche tritt an der Grenze des Waldgebiets in hervorragender Weise Carpinus Betulus auf, so, dass Eichen- und Weissbuchenstände aus- schliesslich Waldformationen an der Grenze des Steppen- und des Waldgebietes bilden. Die Weissbuche erscheint zuweilen in vereinzelten Exemplaren am Rande der Eichenwälder, sonst bildet sie aber selbstständige Bestände, welche mit den Eichenwäldern in gar keinem Zusammenhange stehen und von den- selben sich durch ihre eigentümliche Physiognomie in auffallender Weise unterscheiden. Während in einem Eichenwalde die Bäume sehr zerstreut, aber in ansehnlichen Exemplaren auftreten, werden die Weissbuchenbestände von lauter schlanken, dünnen und schwachen Exemplaren gebildet, welche aber in enormer Zahl auftreten und ein undurchdringliches, dunkles Dickicht darstellen. In solchem Zustande verträgt die Weissbuche keine anderen Bäume und Gesträuche, der reichliche Unterwuchs der Eichenwälder fehlt hier durchaus. Die Gesträuche können hier wegen Mangel an Licht nicht ge- deihen und dieselbe Ursache scheint auch alle krautartigen Pflanzen zu ver- treiben."1)

Auswahl der Literatur.

Drude, O. Deutschlands Pflanzengeographie. Bd. L S. 339.

Grüner, L. Zur Charakteristik der Boden- und Vegetationsverhältnisse des

Steppengebiets und der Dniepr- und Konka- Niederung unterhalb Alexan-

drowsk. Bullet de la Soctetd impdr. des natural, de Moscou. Ann£e

1872. No. 1. Ha ekel, E. Ueber einige Eigentümlichkeiten der Gräser trockener Kli-

mate. Verhandl. der zoolog.-botan. Gesellsch. Wien 1890.

*) Rehmann 1. c. S. 47—50.

Auswahl der Literatur. 63 c

Hitchcock, A. S. Ecological plant geography of Kansas. Transactions of the Academy of science of Sl- Louis. Vol. VIII. 1898.

Krassnow, A. I. Geol. - botanische Untersuchungen in den Kalmüken- steppen. Nachrichten der Kais, russischen geographischen Gesellschaft. Bd. XXII. (Russisch.) 1886. (Ref. v. Herder's in Engler's Jahrb. Bd. X. 1889).

IL Die Grassteppen der nördlichen Halbkugel. 1894. (Russisch. Vgl. Kusnezow.)

Krause, E. H. L. Die Steppenfrage. Globus 1894.

Kusnezow, N. J. Uebersicht der in den Jahren 1891 1894 über Russ- land erschienenen phyto - geographischen Arbeiten. § 5. Das Steppen- gebiet des europäischen Russlands. Engler's Botan. Jahrbücher. Bd. XXVI. 1898 (Referat über Arbeiten von Krassnow, Tanfiljew u. A. Nur Seite 16 32 konnten noch benutzt werden).

Middendorff, A. v. Die Barabä. Mdm. de l'ac. imp. de Saint P6ters- bourg. Tome XTV. 1870.

Pound, R. and Fr. E. Clements. The Phytogeography of Nebraska. I. General Survey. Lincoln, 1898.

Rehmann, A. Einige Notizen über die Vegetation der nördlichen Gestade des schwarzen Meeres. Brunn 1872.

Stebler und Schröter. Beiträge zur Kenntniss der Matten und Weiden der Schweiz. Landw. Jahrb. d. Schweiz. X. 1892.

Tschirch, A. Beiträge zu der Anatomie und dem Einrollungsmechanismus einiger Grasblätter. Pringsheim's Jahrbücher. Bd. XIII. 1882.

Weber, C. Ueber die Zusammensetzung des natürlichen Graslandes in Westholstein, Dithmarschen und Eiderstedt. Schriften des naturw. Ver- eins für Schleswig -Holstein. Bd. IX. 1892.

IX. Die Wüsten.

Einleitung. Verbreitung und Klima der Wüsten im Allgemeinen. 1. Die Wüsten der östlichen Hemisphäre. § i. Das nordafrikanische und südwestasiatische Wüstengebiet. Ausdehnung. Klima. Landschaftscharakter. Flora der Frühlingsregen. Bedeutung des Grundwassers für die Vegetation. Schutzmittel der Pflanzen gegen Wasser- verlust. Wüstenformationen im äquatorialen Ostafrika. §2. Daswest-und central- asiatische Wüstengebiet. Klima. Charakterflanzen. Physiognomie der Wüste am Kaspimeer. § 3. Die südafrikanische Wüste. Ausdehnung. Klima. Vegetations- charakter in der Littoralwüste , in der Karroo. Welwitschia mirabilis. Acanthosicyos hor- rida. § 4. Die australische Wüste. 2. Die Wüsten Amerikas. § 1. Die nordamerikanische Wüste. Ausdehnung. Klima. Untere Sonora-Region. Charakter- pflanzen. Standorts-Oasen. Obere Sonora-Region. Schutzmittel gegen Trockenheit- Flora der Frühlingsregen. Die „Badlands" in Dakota und Nebraska. Wüste Plateaulandschaftes am östlichen Fuss der Rocky mountains. § 2. Die mexikanischen Wüsten und Halbwüsten. Klima. Vegetationscharakter nach G. Karsten. § 3. Südamerika- nische Wüsten. Physiognomie der patagonischen Wüste nach Niederlein.

Einleitung.

Die ausgedehntesten Wüsten befinden sich in der Nähe der Wende- kreise, die sie auf der Aequatorseite nur wenig, nach der Polseite be- trächtlich überschreiten. Da wir ausserdem über die Vegetation der temperirten Wüsten besser unterrichtet sind als über diejenige der tro- pischen, so soll dieses Kapitel Klima und Vegetation der Wüsten im Allgemeinen behandeln.

Das grösste Wüstengebiet erstreckt sich von der atlantischen Küste Afrika's zwischen dem 20 ° und 30 ° N. B. quer durch den ganzen Con- tinent, wo es sich stellenweise nach Norden hin erbreitert, über Arabien, Süd-Persien und Belutschistan nach der nordwestlichen Ecke Vorder- indiens. Das zweitgrösste Wüstengebiet umfasst einen grossen Thefl Centralasiens vom Kaspimeer bis zu den Gebirgen , die die Mongolei von der Mandschurei trennen. Nord -Amerika besitzt ein kleineres zwischen den 30 ° und 40 ° N, 1200 und 1120 W gelegenes Wüsten- gebiet , zu welchem namentlich die Staaten Utah , Nevada , ein Thefl

IX. Die Wüsten. 637

Arizona's, das südliche Californien gehören und das sich in die Halb- wüsten der mexikanischen Hochebene fortsetzt. Die grösste Wüste in der südlichen Hemisphäre ist die centralaustralische, kleinere Wüsten besitzen das südwestliche Afrika, der schmale westliche Küstenstrich Süd- Amerikas von 50 S. B. bis 30 ° S. B., das westliche Argentinien und das östliche Patagonien.

Die Regenmenge ist natürlich in diesen verschiedenen Wüsten- gebieten eine ungleiche, doch übersteigt sie nie 30 cm und bleibt meist wesentlich tiefer. Nach der Zusammenstellung Woeikof s wäre der regenärmste Punkt der Erde, soweit meteorologische Beobachtungen vorliegen, Copiapo in Chile mit durchschnittlich I cm im Jahr. Weniger als 10 cm haben nach demselben Autor: Fort Mohave in Arizona 6 cm, San Juan in Argentinien 7, Serena in Chile 4, Suez 6, Nukusi am Amu- Daria 7, Petro-Alexandrows 6, Leh in Westtibet 7, Aden 5, die Insel Ascension 8. Auch die Vertheilung der spärlichen Regenmenge über das Jahr ist eine ungleiche. In der Sahara sind die Niederschläge un- regelmässig, doch wohl vorwiegend im Frühjahr. Am Amu-Daria und in Nord-Chile ist das Maximum im Herbst, in Australien im Sommer. Doch haben bei der Spärlichkeit der Niederschläge solche Maxima und Minima keine praktische Bedeutung; die Vegetationsperioden sind von der Wärme abhängig, welche die schädlichen Wirkungen der Trocken- heit erhöht und daher zur Zeit ihres Maximum das Pflanzenleben zur Ruhe bringt. Im gleichem Sinne wie die Wärme wirkt die Luft- trockenheit, die in Wüsten weit grösser zu sein pflegt, als in Gehölz- und Grasflurgebieten, und im Sommer ihre Maxima aufweist.

Die Oekologie der meisten Wüstenfloren ist bis jetzt nur sehr wenig bekannt, so dass die folgenden Darstellungen ganz fragmentarischen Charakter tragen.

1. Die Wüsten der östlichen Hemisphäre.

§ 1. Das nordafrikanische und südwestasiatische Wüstengebiet« Zwischen 35 ° und 20 ° n. B., 18 ° w. L. und 70 ° ö. L. zieht sich band- förmig quer durch Nordafrika, Arabien, Süd-Persien und Belutschistan bis über den Indus ein vorwiegend von Hochebenen gebildetes Gebiet, in welchem die Niederschläge jährlich weniger als 20 cm betragen, sodass die Vegetation durchaus wüstenartiges Gepräge zeigt. Bezüglich seiner Wärmeverhältnisse gehört dieses grösste aller Wüstengebiete dem Gürtel der milden Winter an; nur an seinen nördlichsten Punkten treten im Winter leichte Fröste und vergängliche Schneefälle auf. Die Sommer- temperaturen gehören zu den höchsten der Erde und fallen mit der Zeit grösster Trockenheit zusammen; in einem grossen Theile dieses Wüstengebietes beträgt die Julitemperatur 36 ° und darüber.

638

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Die folgenden Tabellen bringen genauere Daten für einen extrem westlichen (Kap Juby), zwei mittlere (Ghardaia und Kairo) und einen extremöstlichen Punkt (Multan) des nordafrikanischen und südwest- asiatischen Wüstengebiets.

Tabelle I. Kap Juby. 270 58' N., 120 52' W., am Meere. 1885.

Temperatui 1 Mittel 1 Absol.

r. Extreme

Relat

Luft-

feuchtigk.

Bewöl- kung

Wind- stärke

Regen- menge

Januar .

16.0

24.8

9-4

81.5

35

2.7

44.8

Februar

16.8

39.8

10.9

86.0

4.4

3-2

19.0

März .

16.3

20.2

10.7

83.0

4.0

3-4

8.1

April .

16.8

20.1

12. 1

83.0

4.9

3.8

7.1

Mai . .

17.5

20.2

15.4

92.0

6.8

2-5

0

Juni . .

19.7

22.9

15.6

91.0

35

2.0

0

Vorherrsch.

Winde:

NE vl NNE

Juli . .

i 19-1

22.3

16.9

93-o

6.0

2.0

0

August .

20.2

26.7

17. 1

94.0

3.0

2.0

0

das ganze Jahr

Septmbr.

20.4

28.7

15-5

92.0

3.8

2.6

347

Regentage mit

mehr als 0.3 mm

1884: 52

October

1 18.8

25-9

13.6

92.0

4.6

30

55-9

Novmbr.

| 18.1

25-7

11.6

89.0

2.2

3.4

38.1 |

1885: 55

Decmbr.

, 16.8

25.0

9-3

87.0

3-9

3-2

17.3 !

1885: 225.0 1884: 138.5

(MeteoroL Zeitschrift

1887, S. 26.)

Tabelle IL

Ghardaia. 1887 1892. 320 35' n. B., 30 40' E. 520 m ü. M.

| Temperatur

Mittlere ! Monats- | Extreme

Relat

7 Uhr

ive Feuch 1 Uhr

tigkeit 7 Uhr

Be- wölkung

Regen- menge

Januar . .

0.0

20.7

70

40

53

1.2 ! 19

Februar .

1 I,Q

23.8

64

31

42

x-3

7

März . .

i 3-3

30.7

54

26

34

i-5

15

April . .

jl 7-7

34.3

46

21

28

1.3

8

Mai . .

'| 10.1 39.0

40

17

22

i-4

17

Juni . .

j 16.4 1 45.1

3i

14

18

0.9

1

Juli . . .

i1 22.3 47.4

28

12

*5

0.7

0

August

il *9-9

46.6

33

15

17

°-5 1 2

September

i, 15.1

42.6

44

19

22.

i.5

4

October .

| 8.1 36.7

55

31

39

i.7

3

November

1 2.6 | 27.1

67

37

49

1.6

16

December

l| 0.9 | 21. 1

71

45

55

1.6 , 28

i

50

26

33

1

114

IX. Die Wüsten.

639

Zu Ghardaia gab es 189 1 8 Regentage mit messbarer Menge, 46 mit unmessbarer; 1892 resp. 18 und 23. Die absoluten Temperaturextreme zu Ghardaia waren innerhalb 5 Jahre: 50 ° Juli 1891 und December 1889 und Januar 1891. Die Jahressumme des Regens war 1886 1892 (in Millimetern): 128, 145, 131, 53, 110, 87, 144.

Meteorolog. Zeitschr. 1893, S. 471. Tabelle IH Kairo. 300 5' N., 310 17' E. 33 m ü. M.

P Te

II <■ || Mittel

mperatur 868-87) Abs. | Extr.

Feuch Rel.

tigkeit Mittl. Min.

(4J.)

Be- wöl- kung (15 JO

Mittlere

Ver- dunstung (2 J.)

•0

•^ 01

V

Re| me

87

gen- nge

88

Regen- tage 87] 88

Januar

j

12.2

0.0

28.0

68

32

3-5

2.29

3-9

6.4

3-9

6

3

Februar

!

13.3

2.0

3o-4

63

22

36

2.65

2.4

8.3

4.4

3

2

März .

. ' 16.8

0.4

41.2

55

13

3.2

5-55

4.2

1.6

0.0

1

0

April .

. || 21.6

6.5

43-5

45

7

2.4

6.43

4.4

o.5

6.2

1

3

Mai .

: 25.2

8.8

46.9

43

12

i.7

8.16

4.8

0 0

11. 2

0

3

Juni .

11 28.3

12.0

46.0

42

8

0.7

9.98

5-i

0.0

1.2

0

1

Juli .

ii 29.0

13.8

44-3

46

*5

0.9

n-93

6.3

0.0

0.0

0

0

August

1

28.0

14.4

47-3

53

19

1.1

10.00

5-9

0.0

0.0

0

0

September October . !

26.0

13-°

42.5

59

21

i-5

7.54

7.2

0.0

0.0

0

0

23.0

12.0

42.1

64

17

2.1

5-47

7.8

0.0

0.0

0 1

0

November

18.8

5-5

35-6

67

25

2.9

4.00

4.4

O.I

10.8

3

December 1

14.7

0.5

28.4

68

27

3.5

3.17

4.9

5.2

4.8

1

10

!

22.1

42.5

13

25

') Kilometer per Stunde. Multan im

Meteorolog. Zeitschr. 1891, S. Tabelle IV. Pendjab. 122 m ti. M. 41/2 Jahre.

419.

L

Temperatur Mittel iTägl. Schwank.

(7 J.) (V/t j.)

Relative Feuchtigkeit

(5 j)

Regenmenge

(9 j.>

December

| 13-1

18.6

54

9

Januar .

. 11.6

16.8

52

1 1

Februar .

. 1 15.2

16.2

49

9

März. .

20.4 ! 15.9

47

20

April

1 26.8 | 19.8

36

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Mai . .

|l 32.2 | 20.1

28

10

Juni . .

33.3 17.3 30

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Juli . .

' 33-7 i 15-3 1 4o

41

August .

319

14.3

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September .

1 29.8

153

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October .

1, 23.9

18.7

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November

l! lSl

20.8

48 1 1

Jahr . . ,

1!

i

183 mm

(Zeitschr. d. österr. Gesellsch. fiir Meteor. 1875, S. 329.)

64O Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Felsige, terrassenartig übereinander geschichtete Hochebenen, die von Thälern, den oft sandigen Wadis durchfurcht sind, steiniges, bald hügeliges, bald flaches Tiefland, sandige, meist von parallelen Dünen gewellte Ebenen, weite, lehmige Becken setzen, bald in mannigfachem Wechsel, bald auf weiten Strecken alleinherrschend, das ungeheure Wüstengebiet der Sahara zusammen. Trotz der ausserordentlichen Trockenheit des Klimas, trotz dem stellenweisen grossen Reichthum an Kochsalz, trotzdem der Boden, ausser in lehmigen Landschaften, das spärliche Regenwasser schnell durchsickern lässt, so sind die Stellen doch selten, wo ein Rundblick keine einzige Pflanze zu entdecken ver- mag. Die Vegetation ist allerdings streckenweise überaus dünn gesät und die einzelnen Gewächse sind, obwohl zum grossen Theile strauchig, von geringer Grösse.

Am wenigsten bewachsen zeigen sich die steinigen Hochebenen (Hamäda Fig. 337); da erheben sich nur in weiten Abständen aus dem Boden halbkugelige Sträucher, mit dicht gedrängten, dornigen Aesten, die meist den Zygophyllaceen oder den Papilionaceen an- gehören. Weit reicher bewachsen sind die solche typische Steinwüsten durchziehenden Wädis, namentlich aber die unmittelbaren Ufer der meist trockenen Wasserläufe.

Die Sandwüste (Areg. Fig. 338) hat eine weniger spärliche Vege- tation, ausser auf den Dünen (Fig. 334), die oft ganz pflanzenleer sind

Den schärfsten Contrast zu den öden, nur mit wenigen, niedrigen, fahlen Gewächsen versehenen eigentlichen Wüst;. strecken bieten die tiefsten Thäler und die Quellen führenden Mulden, die Oasen (Fig. 339). Meist von der Wüste so scharf abgegrenzt, dass man ihre Contour durch eine Linie bezeichnen könnte, ernähren sie eine üppige Vege- tation von Bäumen und Kräutern, die allerdings sämmtlich cultivirt sind, da die Oasen sämmtlich vollständig bewirthschaftet werden.

Die Vertheilung der Gewächse der Wüste zeigt sich weit mehr von dem in der Tiefe angesammelten Grundwasser als von der direkten Benetzung des Bodens durch den Regen abhängig. Doch ist, an- scheinend in allen Wüsten, ein ephemerer Regenflor vorhanden. Trotz ihrer kurzen Dauer und Spärlichkeit rufen die Frühlingsregen zahlreiche annuelle Gewächse hervor, die zum grössten Theile gleich nach Ende der Regenzeit ganz verschwinden, so dass der vorher grüne Boden jetzt wieder ebenso vegetationsleer wie vor dem Regen erscheint. Auch für die ausdauernden Gewächse sind die Frühlings- regen von Bedeutung, allerdings oft mehr durch die Herabsetzung der Transpiration als durch direkte Benetzung der in grosser Tiefe befindlichen Wurzeln. Manche Arten sind nur zu dieser Zeit belaubt und mit Blüthen versehen. Doch blühen andere während des trockenen und kühlen Winters. Es sind demnach zwei ökologische Gruppen von

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DC Die Wüsten.

64I

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§

Schimper, Pfianzengeographie.

41

642

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Wüstenpflanzen zu unterscheiden, eine wo die Existenz unmittelbar an den Regen, und eine wo sie an die Anwesenheit von Grundwasser gebunden ist.

Die Regenpflanzen der Wüste1) sind theils Annuellen, die bei Be- ginn des Regens keimen, beim Schluss desselben ihre Samen reifen und gleich darauf zu Grunde gehen, theils, jedoch in geringerer Anzahl, solche, die durch unterirdische Theile perenniren, aber nach

den Regen von der Bodenoberfläche ebenso verschwinden, wie die Annuellen.

Meine eigenen Beobachtungen über die Flora der Sahara beschränken sich auf die nächste sandige Umgebung von Port -Said und auf den nördlichsten Theil der algierischen Sahara, bei Biskra, wo ich mich kurze Zeit während der scheinbar kaum feuchtenden Früh- lingsregen befand. Der feste meist lehmige Boden der Wüstenstrecken zwischen den Oasen bot das Bild eines sehr sparsam bepflanzten und sehr eigenartigen Gartens, wo die einzelnen Pflanzen durch meterbreite oder noch breitere nackte Streifen von einander getrennt waren. Die meisten von ihnen waren kleine, rund- liche, dichte Sträucher, die bei oberflächlicher Betrachtung einander so ähnlich sahen, dass es eine Ueberraschung war, bei näherer Be- trachtung derselben ungleiche Blätter oder Blüthen zu finden (Leguminosen, Zygophylla- ceen); es fehlte aber nicht an flach ausgebrei- teten, dem Boden angedrückten Halbsträuchern und an struppigen, besenartigen Formen, letztere meist zu einer Artemisia gehörig, die häufig von einer saftstrotzenden, stattlichen, purpurnen Orobanche begleitet war. Der sandige Boden trockener Wasserläufe war von salzbedeckten Tamarisken bewachsen. Dies waren die Ver- treter des Grundwasserflors. Der Regenflor be- stand aus weit kleineren und zarteren Pflanzen; namentlich zeigten sich allenthalben die Rosetten der Scorzonera alexandrina, eines schmal- blätterigen unscheinbaren Krauts mit grpssen, violetten, duftenden Stern- köpfchen auf kurzem Stiel, und die wohl bekannte Anastatica hierochun- tica, letztere jedoch nur in den trockenen Betten der Wasserläufe.

Fig. 340. Flora der Sahara:

Retama Retam. Nat. Grösse.

Nach Taubert in: Natürliche

Pflanzenfamilien.

l) Vgl. namentlich Volkens II.

IX. Die Wüsten.

643

Solchen Regenkräutern der Wüste merkt man in keiner Weise die Ungunst des Klimas direkt an. Letztere kommt zwar in ihrer überaus schnellen Entwickelung und kurzen Lebensdauer zum Ausdruck, aber weder in den zarten krautigen Stengeln und Blättern, noch in den dünnen Wurzeln, welche, im Gegensatz zu den Grundwasserpflanzen, den Boden nicht tiefer durchdringen als der Regen, noch in den manch- mal recht ansehnlichen Blüthen. Volkens hat eine grosse Anzahl der- artiger Annuellen der Wüste näher untersucht und meist keine xero- philen Eigenthümlichkeiten auffinden können, z. B. Malcolmia aegyp- tiaca Spr. , Matthiola livida D. C, Roemeria dodecandra Stapf., ver- schiedene Papilionaceen (Arten von Astragalus u. a.), viele un- scheinbare Compositen, einige Boragineen, Gräser etc.

Andere, ebenfalls annuelle Pflanzen verdanken ihre Fähig- keit die Trockenzeit eine Zeit lang zu ertragen, den Wasser- vorräthen, die sie während der Regenzeit angesammelt haben und deren Erschöpfung ihr Lebensende bezeichnet. Dahin gehören, nach Volkens, nament- lich die wenigen Aizoaceen der Sahara (Mesembryanthemum cristallinum L. , Aizoon cana- riense L.), ferner verschiedene Par onychieen , Reseda - Arten , Cruciferen etc.

Die Regenstauden, d. h. solche perennirenden Kräuter, die nur während der Regen- zeit ein oberirdisches Leben führen, sind theils monocotyle Zwiebel- pflanzen, z. B. in der ägyptischen Sahara Pancratium Sickenbergeri Aschs. et Schweinf., Urginea undulata Steinh., Allium Crameri Aschs. et Boiss., theils, aber in kleinerer Zahl, Dicotylen, wie Erodium-, Heliotropium- Arten u. a.

Die zweite Categorie von Wüstenpflanzen zeigt ihre Abhängigkeit vom Grundwasser ganz allgemein schon an der ungeheuren Länge ihres Wurzelsystems, welche, die tiefe Lage des unterirdischen Wasserniveaus zur Lebensbedingung macht. Nur die wenigsten dieser Pflanzen sind Annuellen (z. B. Monsonia nivea, nach Volkens), die meisten haben verholzte Axen und ausgeprägte xerophile Structur. Doch giebt es

41*

Fig. 34 1 . Flora der Sahara : Odontospermum pyg- maeum O. Hoff. / Mit geschlossenen Köpfchen (Trockenheit). 2 ein offenes Köpfchen (Feuchtig- keit). Nat. Gr.

644

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

unter ihnen ein stattliches und doch krautiges, in ihren oberirdischen Theilen sogar ausgeprägt hygrophil gebautes, lebhaft transpirirendes Gewächs, und dasselbe zeigt besser als irgend eine andere Wüsten- pflanze die Bedeutung des Grundwassers für die Wüstenvegetation; es ist Citrullus Colocynthis, eine unserer cultivirten Gurke ähnliche Cucur- bitacee, deren lange, saftige, relativ dicht- und grossblätterige Sprosse den ganzen Sommer hindurch grünen und ihre kindeskopfgrossen

Beeren entwickeln, so dass es den Anschein hat, als wären sie gegen Wasserverlust aussergewöhnlich geschützt In Wirklichkeit jedoch ver- welken abgerissene Zweige schon nach wenigen Minuten. Ganz allein die ausser- ordentliche Länge ihrer Wur- zeln ermöglichen der Bitter- gurke die Existenz in der Wüste. Die beträchtliche Wurzellänge ist in mehr oder weniger hohem Grade allen Wüstengewächsen ge- meinsam und hat die Be- wunderung aller Reisenden hervorgerufen.

„So oft ich es auch versuchte," sagt Volkens, „ältere Büsche perenniren- der Gewächse bis zum Wur- zelende auszuheben, ist mir das doch niemals gelungen. Was ich zumeist nur zu con- statiren vermochte, war, dass die Wurzel in ein bis zwei Meter Tiefe dünner geworden war als oben. Ein kaum Jiandhohes Exemplar von Calligonum comosum hatte eine oben daum- starke Wurzel, i1/2 m weiter unten war sie noch von der Dicke des kleinen Fingers und so kann man getrost annehmen, dass hier die Länge der unterirdischen Theile diejenige der oberirdischen um das zwanzigfache übertraf. Ein ähnliches Verhältniss zeigen viele andere, nach einer Mittheilung, die ich Herrn Professor Schwein- furth verdanke, speciell auch die Acacien. Bei Gelegenheit der Aus- grabung des Suezcanals fand man auf dessen Sohle Wurzeln, die zu

Fig. 342. Flora der Sahara: Zilla spinosa (L.) Prantl, Nat. Gr. Nach Prantl in: Nat. Pflanzenfamilien.

IX. Die Wüsten.

645

hoch oben auf seitwärts gelegenen Höhen wachsenden Bäumen ge- hörten."1)

Bei der grossen Mehrzahl der Grundwasserpflanzen zeigen die ober- irdischen Theile, im Gegensatz zur Bittergurke, eine ganz ausgeprägte xerophile Structur, welche direkt auf den Einfluss sehr trockener Luft hinweist. Fehlen oder sehr schwache Entwickelung der Laubflächen, Dornbildung, filzige Behaarung, Succulenz, dicke Cuticula, Wachsüber- züge, Reduction der Intercellularen , Schutz der Spaltöffnungen und andere xerophile Eigenschaften kommen einzeln oder zu mehreren

Fig. 343. Flora der Sahara: Alhagi maurorum Med. Nach Taubert in: Nat. Pflanzenfam.

vereinigt der grossen Mehrzahl der perennirenden Saharapflanzen zu. Allerdings sind unter den letzteren so auffallende Gestalten, wie sie die südafrikanische Wüste namentlich in ihren cactusähnlichen Euphor- bien und Asclepiadeen aufweist, selten und auf die westlichsten und südlichsten Punkte beschränkt.

Als wesentliche Bestandteile der Flora der ägyptischen Sahara wären, nach Volkens, besonders folgende hervorzuheben: Cocculus Leaeba (Del.) Guill. Perr. Rieh., mit dünnen, bis 4 m langen, auf dem Boden kriechenden,

l) Volkens II, S. 7.

646

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

äusserst schwach belaubten Sprossen; Farsetia aegyptiaca, ein bis meterhoher, filzig behaarter Halbstrauch; Zilla myagroides Forsk., die in den Thälern meterhohe, blattlose, dornige, oft kugelige Büsche bildet ; Capparis spinosa L. var. aegyptiaca, vornehmlich in Felsspalten wachsend, durch einen Wachs- überzug ergiebig gegen Transpiration geschützt; Gymnocarpus decander Forsk. eine succulentblätterige und doch trockenkahle Paronychiee; schuppenblätterige,

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dürre Tamaricaceen mit Salzausscheidungen; Genista (Retama) Raetam Forsk., ein stattlicher, blattloser, besenartiger Strauch; dornige, regengrüne Astragalus- sträucher; Alhagi manniferum Desv., eine dornige kleinblätterige Papilionacee ; Acacia tortilis Hayne, ein dorniger Strauch oder kleiner Baum; Convolvulus lanatus Vahl., ein filziger, sparrig ästiger Strauch; Lycium arabicum Schweinf, ein immergrüner, immerblühender dorniger Strauch mit ungemein langen, theil- weise knollig angeschwollenen Wurzeln; Lavandula coronopifolia, ein nahezu

IX. Die Wüsten.

647

blattloser Strauch, nebst anderen strauchigen, schwach belaubten, filzig be- haarten Labiaten; Statice pruinosa L., ein nur kurze Zeit belaubtes, von dichtem Kalkstaub bedecktes Kraut; Atriplex Halimus L., ein stattlicher

Fig- 345. Aristida pungens. Blattquerschnitt. Nach Tschirch.

Fig. 346. Capparis spinosa var. aegyp-

tiaca. Blattquerschnitt. Vergr. 40.

Nach Volkens.

l'ig- 348. Mesembryanthemum cristalli- num. Stammquerschnitt. Nach Volkens.

fig- 347- Neurada procumbens. Blattquerschnitt. Vergr. 140. Nach Volkens.

Strauch, dessen Blätter, dank ihren massenhaften Blasenhaaren, in der Trocken- zeit lange grün bleiben, und verschiedene andere Salsolaceen mit inneren Wassergeweben; Gräser des Sandbodens mit eingerollten Blättern und un-

648

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

geheuer langen Wurzeln (Cynodon Dactylon Rieh., Danthonia Forskalii (Vahl) Trin., Sporobolus spicatus (Vahl) Kth., Andropogon-, Aristida-Arten u. a.).

In der tropischen Sahara, zwischen 160 und 200 s. Br., z. B. in Air, ist der Vegetationscharakter ein anderer und im Ganzen weniger dürftig als im Norden der Sahara. Die Berge entbehren zwar jeden Pflanzenlebens, dagegen erreichen in den Wadis, wo das Grundwasser sich ansammelt, die Bäume stattliche Dimensionen. Allerdings sind sie meist sehr kleinblätterig und dornig, also von xerophilem Gepräge. Zu ihnen gehören namendich Acacia Seyal Del., Maerua rigida R. Br., Zizyphus spina Christi (L.) Willd., Balanites aegyptiaca Del. und die Palme Hyphaene thebaica. Eine Stapelia wächst auf den Felsen. Der Granitsand der ehemaligen Wasserläufe in den Wadis ist von Panicum turgidum Forsk. bewachsen, während Gräser imUebrigen selten sind.

Fig. 349. Sudarabische Felsenwüste. Aden. Nach einer Photographie.

Die Ostküste Afrika's an der südlichen Hälfte des Rothen Meeres und bis zum Aequator ist zwar weniger regenarm als die Sahara. Sie ist es aber, in Folge der grossen Hitze, noch genug, um streckenweise den Charakter der Halbwüste oder der Wüste anzunehmen, sobald der Boden mehr durchlässige Beschaffenheit erhält. Solche gleichzeitig durch klimatische und edaphische Einflüsse bedingte Wüsten und Halb- wüsten wechseln z. B. mit weniger ausgeprägten xerophilen Formationen im äquatorialen Ostafrika zwischen dem Kilimandscharo und der Küste.

Volkens schildert anschaulich eine solche Formation (Fig. 350): „Eis ist eine reine Succulenten-Steppe *), das dürrste und unfruchtbarste Gebiet, weiches man sich denken kann, aber gerade darum von einer Vegetation bedeckt, wie sie mir in ähnlicher Seltsamkeit nur in den trockensten Wüstenstrichen

*) Nach unserer Noraenclatur keine Steppe.

IX. Die Wüsten.

649

Aegyptens begegnet ist. Jede Pflanze ist eigentlich eine Karikatur. Im Anfange treten noch Bäume im geschlossenen Bestände auf, deren kurzer, mannsdicker Stamm eine grüne Krone fingerstarker, durchaus blattloser, theils hängender, theils ineinander geschobener Zweige trägt. Es ist die Euphorbia Tirucalli, sicher wild an dieser Stelle, während sie an der Küste, ebenso wie in Abessinien, angepflanzt zu sein scheint. Weiterhin giebt es nur noch wenige von dem allenthalben gemeinen Cissus quadrangularis oder C. rotundi- folia durchrankte Bäumchen, Acacia Salvadora, eine Gymnosporia *) mit ihren Rand zenithwärts richtenden Blättern und Anaphrenium abyssinicum. Dafür ist hier die sandige Ebene auf stundenweite Entfernungen, so weit man sehen

Pyrenacantha malvifolia.

Stapelia caralluma.

Adenia globosa.

Fig. 35o. Halbwüste mit Succulenten bei Kihuiro, am Fusse des Kilimandjaro. Verklein.

einer Fig. Volkens'.

kann, mit knie- bis manneshohen Gewächsen bedeckt, die durch nackten oder mit einem Stachelkraut (Blepharis Togodelia*)) überzogenen Boden isolirt lauter einzelne Gruppen bilden. Jede Gruppe besteht in der Hauptsache aus dornigen Cactus-Euphorbien 8) , aber um und zwischen diese vertheilen sich andere Proletarier des Pflanzenreiches, wie ich sie genannt habe, die womöglich noch struppiger und ruppiger denn diese aussehen.

*) Celastr. *) Acanth.

8) „Euphorbia heterocproma und eine noch unbeschriebene Art mit kurzen, lang- gedornten, dreikantigen, breitgeflügelten Gliedern41.

650 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Caralluma codonoides1) reckt armstarke, vierkantige und bedornte Sprosse auf, die an der Spitze einen kinderkopf grossen Ballen fast schwarzer und furchtbar stinkender Blüthen tragen; ein Adenium2) mit knolligem Stamm, sarcocaulonartigen Zweigen und schmal lanzettlichen Blättern breitet daneben rothleuchtende, duftende Sterne aus ; eine Kleinia überragt beide mit bleichem, blattlosem, aber saftstrotzendem Astwerk. Auch die schon erwähnten drei Sansevieren 8) vermissen wir nicht, dazu eine vierte breitblätterige Art, wenn- gleich sie hier den Succulenten gegenüber zurücktreten. Lücken werden aus- gefüllt durch das überall in unserer Kolonie den schlechtesten, dürrsten Boden verrathenden , gelblich blühenden Talinum caffrum4), als Seltenheit von einer Stapelia mit korallenartigen, dem Sande aufliegenden Stachelzweigen und über thalergrossen , braun marmorirten Blumen. Die sonderbarsten Gebilde aber, die wir hier und dort das Centrum einer Pflanzengruppe einnehmen sehen, sind meterbreite und fast ebenso hohe gewaltige Knollen, abgerundeten Blöcken gleich, von denen die einen glatt wie mit hellfarbigem Leder überzogen, die anderen rauh gekörnt und dunkelgrün erscheinen. Es sind zwei Pflanzenarten, die zu den merkwürdigsten ganz Ost-Afrika's gehören. Die eine, die erste, Pyrenacantha malvifolia5), lässt zur Trockenzeit überhaupt nichts weiter als den zu so unförmigen Verhältnissen aufgetriebenen Stamm erkennen ; erst wenn die Regen nahen, entspringen der oberen Wölbung desselben unten kaum daumenstarke Sprosse, die, mit malvenartigen Blättern besetzt, im um- gebenden Buschwerk sich emporschlingen. Die andere, Adenia globosa, trägt dauernd am Gipfel ihres Knollenstammes kaskadenartig bogig zur Erde sich biegende oder an Bäume und Sträucher sich anlehnende und aufsteigende grüne Ruthenäste, die, statt Blätter zu führen, mit nadelspitzen, konischen, harten Dornen bewehrt sind.6) . . ."

Der ökologische Vegetationscharakter der Sahara bleibt östlich von derselben bis nach Nordwestindien der gleiche und auch die Flora zeigt grosse Uebereinstimmung. Nach Brandis gibt es Wälder längs des Indus, im Bereich des reichlichen Grundwassers, ausserhalb des letzteren aber gedeiht nur ein spärliches, aus Arten, die auch in den Wüsten- gegenden Afrika's wachsen, bestehendes Gesträuch. 7)

§ 2. Das west- und centralasiatische Wüstengebiet. Die grosse centralasiatische Wüste stellt eine nordöstliche Abzweigung der nord- afrikanisch-arabischen Wüste dar, welche sich von den Küsten des Kaspimeers, ungefähr bei 50 ° ö. L. bis nach dem östlichen China, un- gefähr bei 1200 ö. L. ausdehnt.

Sie zerfällt in einen westlichen Theil, vom Kaspimeer bis zum Tien- Schangebirge und einen östlichen Theil, von dem genannten Gebirge bis zum chinesischen Chingangebirge. Die westliche oder transkaspische Wüste ist ein Tiefland, die östliche, die Gobi, eine Hochebene.

Beide Wüstengebiete gehören dem kalttemperirten Gürtel an und

l) Asclep. 2) Apocynac. 8) Haemodorac. 4) Portulac. 5) Olacin. •) l. c S. 17 jS. 7) 1. c. S. 4H.

Fig- 35 1. Aus der transkaspischen Wüste: Karabugas. Jelgunn. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Andrussow.

Salsolaceac.

Fig. 352. Transkaspische Wüste: Landschaft nördlich von Krasnovodsk, beim Brunnen Uschok. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Andrussow.

IX. Die Wüsten.

651

besitzen ein extremes Klima. Ueber das Klima der Gobi berichtet Prschewalsky :

„Charakteristika des dortigen Klima's sind die schroffen Temperatur- kontraste und die hochgradige Trockenheit. So beobachteten wir unter

Fig. 353. Transkaspische Wüste: Karabugas. Salzboden. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Andrussow.

dem 42 ° N. in der südöstlichen Mongolei Ende November (1871) eine Temperatur von 32,7°. Diese starken Nachtfröste währten den ganzen Winter über und zogen sich bis in das Frühjahr hinein. Andererseits erlebten wir an eben diesen Orten während der Sommerzeit eine fast

r

Fiß- 354. Transkaspische Wüste: Bei Karabugas. Muschelsandboden mit Salsolaceen, Calligonum sp. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Andrussow.

tropische Hitze, welche durch den Mangel der Wälder und durch die grosse atmosphärische Trockenheit um so fühlbarer wird. Der Wüsten- boden erhitzt sich während des Sommers bis zu + 50 ° 60 °, ^während er sich im Winter bis 26,5° und mehr erkaltet. Die Uebergänge

6$2

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

zwischen Kälte und Hitze sind im Frühjahr und umgekehrt im Herbst sehr schroff.1)

Die folgenden Tabellen, welche sich auf einen westlichen (V) und einen östlichen Punkt des Wüstengebietes (VT) beziehen ; zeigen , ver- glichen mit den Tabellen I IV in deutlichster Weise die klimatischen Unterschiede zwischen der nördlichen und der südlichen Wüste.

Tabelle V.

Nukuss am Amu-Darja. 420 27' N., 590 37' O. 66 m iL M. I.Jahr (X. 1874 bis X. 1875).

Te Mittel

mp eratur Extreme

Rel. Mittel

Feuchtigkeit 2p3i.| Min.

Bewölkung Regen- 0 10 Menge' Tage

December

;

0.8

17.7

-17.8

83

67

28

6.3 ! 10

10

Januar

—3-5

io-5

—21.8

93

82

56

6.3 | 18

6

Februar .

-5.6

14.0

—15-0

79

57 1 20

2.1 Ol

März . .

2.7

24.5

—151

78

65

15

6.6 23

17 9

April . .

14.0

33.7

0.9

59

40

14

5-° *3

Mai . .

! 19.7

35-7

6.4

44

25

7

2.8 13 9

Juni

': 22-5

38.2

3-8

42

19

5

1.8 0 | 3

Juli . .

1

26.4

40.5

11.6

So

29

14

2.9 |5 10

August

233

35-5

9-4

55

30

12

0.9 1 6 3

September

1 18.8

36.1

3-9

53

26

12

0.4 0 0

October .

!' 7I

21.9

-9J

62

35

11

2.0 ! 0 1

November

! 5.4

22.0

10.2

63

39

15

2.7 1 2

1

1

1 89

7i

Zeitschr. d. östenr. Gesellsch. f. Meteor. 1877, S. 219.

Tabelle VI. Urga (Wüste Gobi). 470 55' N., 1060 45' O. 1330 m ü. M. 1870.

|! Mittel

Temperatur Minimum

Maximum

Regenmenge

Bewölkung

Januar .

. ! —28.6

37-4

12.9

0.4

2-3

Februar

. i 25.0

-38.5

6.6

0.7

2.6

März

ji —13.8

25-5

+ 6.5

4.8

3-4

April

. +0.6

16.0

17. 1

- 0.0

2.7

Mai . .

. . 8.9

-2.4

29.9

4.5

34

Juni . .

13.1

5-5

25-7

46.2

5-6

Juli . .

18.2

9.8

30.5

28.4

4-5

August .

. ! 152

4.0

32.1

27.2

39

September

9-3

6.6

27.7

5-8

39

l) 1. c. S. 247—248.

IX. Die Wüsten.

Tabelle VI (Fortsetzung).

653

October . .

2.4

26.2

13-9

5.7

3-2

November . .

16.8

32-5

39

1.4

3-8

December . .

1 —25-5

39.9

-^8.1

0.0

1.8

Jahr: |

125. 1

Zeitschr. d. österr. GeseUsch. f. Meteor. 1873, S. 108.

Die Kälte des Winters bedingt natürlich eine wesentlich andere Zusammensetzung der Flora als im südlichen Wüstengebiet. Die Nord-, Ost- und Südosttheile der Gobi haben etwas reichlichere Niederschläge als die centralen und westlichen Theile.

Die transkaspische Wüste wird von Radde folgendermaassen kurz charakterisirt : „Nur wolkenlosen Himmel, nacktes Gebirge, Flüsse ohne Mündung und ohne Wasser, Staubwolken, grenzenlosen Flugsand und völlig todte Salzflächen gab die Natur diesem Lande." Die Sandwüste ist reich an Dünen, die theils vegetationslos und beweglich, theils von lockerem niederem Gesträuch befestigt sind.

Die von Pamir nach Chingan über 4260 km sich erstreckende Gobi- wüste1) schwankt in ihrer Höhe über dem Meere meist zwischen 1000 und 1 500 m, doch ist sie an einzelnen Punkten theils tiefer, theils höher gelegen. Sie ist von Gebirgsketten durchzogen und in Abtheile, die besondere Namen tragen, gegliedert. Mehrere, theils salzige, theils süsse Seen sind an ihrer Oberfläche zerstreut. Die Quellen sind spär- lich und meist salzig.

„Der Boden der Wüste besteht aus Triebsand, lösshaltigem Thon, Kieselerde, Kiessand und Schutt. An den verschiedenen Theilen herrscht immer eines dieser genannten Materiale Vor. Der Triebsand ist am meisten im Süden der Wüste Gobi, am Tarim-Fluss über Ala- Schan nach Ordos und nach der Dsungarei zu, also in dem eigentlichen Bassin des früheren Binnenmeeres vertreten und zeigt sich in der Wüste nur sporadisch. Schutt und Kiesel findet sich am Fusse der Gebirgsausläufer, Kiessand, untermischt mit Quarz, Achat, Chalcedon- Kiesel sind die Repräsentanten der unwirthlichsten Wüstentheile (kommen vielfach in der Dsungarei vor). Endlich findet sich der Lössboden meistens im Verein mit Triebsand, Schutt und Kies vor. In reinem Zustand oder in Gestalt von Salzsümpfen tritt er nur sporadisch und zwar am häufigsten in den Süd-, Mittel- und Westtheilen der Wüste auf."

Von der östlichen Gobi (ca. 1100 W.) entwirft Prschewalsky folgendes Bild:

„Die Oberflächengestalt dieser Steppe zeigt nur wenig Abwechselung. Im allgemeinen ist der Boden der Gobi leicht gewellt, obschon durch-

*) Prschewalsky 1. c. S. 245 u. f.

654

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

aus ebene Flächen sich bisweilen 10 Werst weit ausdehnen. Dergleichen Oertlichkeiten sind der centralen Gobi eigentümlich, während in ihrem nördlichen und südlichen Theile Berge häufig vorkommen, theils archipelartig gruppirt, theils kettenartig hingelagert. Diese erheben sich nur wenig über die zu ihrem Fusse ausgedehnten Flächen und sind überreich an Felsen, deren man fast auf jedem Schritt begegnet. Man trifft in ihnen häufig ausgetrocknete Flussbetten, welche sich nur während der Zeit der Regen füllen. In ihren oberen Theilen liegen die Brunnen. In der Gobi wie in der ihr vorgelagerten Region fehlt

Fig. 355. Aus der Wüste Gobi (Westen). Sanddüne mit halbvergrabenem Tamarix-Gestranch, Südliches Kaschgarien zwischen Tschertschen und Nia. Nach Piertzow.

es durchaus an ausdauernden Wasserläufen. Während der Regen- zeit bilden sich temporäre Seen und Flüsse, welche Vährend der heissen Jahreszeit austrocknen. Seen mit andauerndem Wasser giebt es nicht."

„Der Boden der eigentlichen Gobi besteht aus grobkörnigem rothen Sand, dem bisweilen verschiedenes Geröll beigemischt ist. Auf durchaus vegetationslose Flächen stösst man nur selten, dagegen er- reicht an vielen Stellen die Grasdecke kaum I Fuss Höhe, so dass sie den rothen Boden nur nothdürftig verhüllt. Längs der Thal- gesenke, wo zur Zeit der Regen das Wasser abläuft und sich in

IX. Die Wüsten.

655

Pfützen und Seen ansammelt, wird der Graswuchs üppiger und erreicht 3 Fuss Höhe . . ."

„Wald fehlt der Gobi gänzlich und nur selten steht am Fusse eines Berges oder am Rande eines ausgetrockneten Flussbettes ein einsamer Baum, der Gegenstand religiöser Verehrung bei den Mon- golen. In der armseligen Flora der Gobi herrschen die Gramineen und Compositen vor. Charakterpflanze ist hier die Artemisia sp., welche der Wintersturm häufig entwurzelt, mit anderen Schicksals- genossinnen in einen Haufen zusammenwirft und über die Fläche vor sich hertreibt."

Fig. 356. Aus der Wüste Gobi. Umgebung des Sees Lob-Nor. Nach Prschewalski.

„. . . Wochenlang hat man immer dieselben Formen vor Augen, bald unabsehbare Flächen, gelb gefärbt vom vertrockneten Grase, bald schwärzliches zerklüftetes Gefels, bald flaches Gehügel, auf dessen Spitze bisweilen der Umriss der schnellfussigen Antilope gutturosa auftaucht." ')

Die Wüste Chami im westlichen Theile der Gobi wird von dem- selben Reisenden mit folgenden Worten geschildert:

„Die Wüste in ihrer ganzen Wildheit zeigte sich uns erst vier Tagereisen von Chami (ca. 940 W., 43 ° N.) entfernt; denn da begann

l) 1, s. 10.

656

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

die absolute Vegetationslosigkeit. Kiesel, Sand, Gestein, dazwischen zerstreut Lössblöcke, hie und da die Gebeine eines verendeten Kamels oder Pferdes war alles, was das Auge erblickte. Kein Baum, kein Strauch, kein Vogel, kein Thier ja nicht einmal eine Eidechse belebte diese trostlose Oede. Der Boden glühte, auch die Nacht brachte keine Erfrischung. Furchtbare Stürme wirbelten Sandwolken auf . . ."

Flora und Vegetationscharakter trägt in der transkaspischen und der Gobiwüste sehr ähnlichen Charakter. Der kalttemperirte Charakter der Flora zeigt sich am deutlichsten an feuchten Standorten, in den Oasen, (Fig. 358) an Flussufern, in den kiesigen Betten trockener Flüsse. Da wachsen nur laubabwerfende Bäume und Sträucher von

Fig. 357. Saxaul und Calligonum in der Wüste Kara-Kum. Nach Fedschenko.

nördlichem Typus, namentlich häufig Populus euphratica (P. diversifolia), P. alba, P. nigra, Ulmus campestris, Salix alba, Fraxinus -Arten, so in der Oase Satscheu (oder Sutschu ca. 97 ° W., 400 N.), wo Rosa canina, Rubus idaeus, Crataegus pinnatifida und eine Lonicera als Gesträuch auftreten und Phragmites communis Röhrichte bildet.

In der Wüstenflora herrschen die Chenopodiaceen, namentlich auf den ausgedehnten salzigen Flächen, vor. Eine grosse Rolle spielen ferner Tamaricaceen (als Sträucher, Tamarix, Reaumuria), Artemisien, Astragalus-Arten, Polygonaceen (Calligonum, in der Gobi Rheum-Arten), Liliaceen (Allium, Tulipa), einige Gräser etc.

Die meisten dieser Gewächse sind kleinblätterig oder unbelaubt und überhaupt in ähnlicher Weise gegen Trockenheit geschützt, wie in der Sahara. Auch hier sind die Gewächse theils von dem Frühlings-

IX. Die Wüsten.

657

regen abhängig und nur wenige Wochen über dem Boden sichtbar, theils durch das Grundwasser gespeist und während des ganzen oder des grösseren Theils des Sommers beblättert. Radde erwähnt das schnelle Vergehen der Frühlingsflora, namentlich der Cruciferen, Gräser etc. beim Eintritt der Sommerhitze. Die augenfälligsten Bestandtheile der ephemeren Flora sind aber Tulpen, namentlich Tulipa uniflora, die in der Gobi überall und oft in grosser Menge aufzutreten scheint. So berichtet Prschewalski über die sonst so öde Dschungarische Wüste, die nordwestliche Abzweigung der Gobi: „Die Ebene war wie um-

Fig. 358. Wüste Gobi. Oase Keria. Nach Piertzow.

gewandelt durch den Schmuck ihrer blühenden, wohlriechenden Tulpen." l)

Charakterpflanze der centralasiatischen Wüste ist in erster Linie der Saxaul (Haloxylon ammodendron) , ein bis 6 m hohes Bäumchen mit blattlosen Zweigen und relativ dickem Stamme (Fig. 357). Er hat ein sehr hartes schweres Holz und eine ungemein saftreiche, anscheinend als Wasserreservoir dienende Rinde; im Mai trägt er kleine gelbe Blüthen und im September kreiseiförmige, etwas fleischige Früchte. Manchmal bildet der Saxaul kleine Wälder.

») U, S. 11.

Schimper, Pflanzengeographie.

42

6c 8 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Zu den auffallenden und sehr verbreiteten Gewächsen gehört ferner Lasiagrostis splendens, ein über 21/2 m Höhe erreichendes Gras, welches vornehmlich auf salzigem Thonboden wächst und an günstigen Stand- orten ausgedehnte Dickichte bildet.

Recht gemein, aber weniger charakteristisch ist die bis Südrussland und auch in Australien verbreitete Nitraria Schoben, ein kleinblätteriger, etwas succulenter und stacheliger Strauch, der am besten auf salzigem Thonboden gedeiht und bis 30 cm hoch wird. Seine Beerenfrüchte werden von allen Wüstenthieren gierig aufgefressen.

Zu den stattlichen Gewächsen gehören ferner die Tamarix-Arten, z. B. T. Pallasii, die 3 m hoch wird.

Darstellungen der Pflanzenformationen in den west- und central- asiatischen Wüsten liegen, wenigstens in den westeuropäischen Sprachen nicht vor, mit Ausnahme der folgenden Skizze des äussersten westlichen Randes der Wüste an der unteren Wolga, welche v. Herder nach Krass- now entworfen hat:

Der Hauptcharakterzug dieser Wermuthsteppenformation *) besteht in dem niedrigen Wüchse der dazu gehörenden Pflanzen, in ihrem seltenen Allein- stehen2), indem sie weite Räume nackter Erde zwischen sich lassen, und haupt- sächlich in dem Ueberwiegen graugrüner Kräuter, die mit Haaren versehen sind, welche unter den Strahlen der Sonne lustig hervorwachsen und reich an ätherischen, aromatischen Oelen sind. Die Ablösung einer Form durch eine andere vollzieht sich auf diesen Steppen ungewöhnlich rasch und häufig, in- dem nach dem Erscheinen neuer Formen von den alten, verblühten oft keine Spur übrig bleibt. Die Steppe ist eigentlich nie vollständig ausgebrannt, ob- wohl sie lange so aussieht. Das kommt daher, weil meist sehr wenige Arten in Blüthe sind, ausgenommen im ersten Frühling, in welchem zarte und saftige Kräuter aus den Familien der Ranunculaceae , Cruciferae, Papaveraceae und Liliaceae und von den Gräsern Poa bulbosa überwiegen. Später treten an ihre Stelle Achillea Gerberi und die ganze Menge von Gräsern mit zusammen- gedrehten und harten Blättern. Auf sie folgen, parallel mit der zunehmenden Trockenheit und Hitze : Alhagi camelorum, Xanthium spinosum, Ceratocarpus arenarius und Eryngium campestre, d. h. lauter ungewöhnlich stachelige Pflanzen, deren zarte Blätter, womit sie im Frühling bedeckt sind, jetzt den bei trockenem Wetter hervortretenden Stacheln Platz machen. Am Ende des Sommers endlich erlangen das vollständige Uebergewicht die Wermutharten (Artemisia frigida und maritima) und die Salzkräuter, deren Wurzeln, da sie zwei Saschenen tief in die Erde eindringen, hinreichende Feuchtigkeit diesen Formen auch dann verschaffen, wenn alle Nachbarn vor Trockenheit zu Grunde gehen.8)

§ 3. Die südafrikanische Wüste. Die westliche Küste Süd-Afrika's von Cap Frio (ca. i8°S.) bis ungefähr zum 30 ° S. besitzt ausgeprägt«

*) Nach unserer Terminologie*, ist dieselbe bereits zu den Wüstenformationen zu rechnen-

*) sie!

») 1. c. S. 58.

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IX. Die Wüsten.

659

Wüstenklima. Das Binnenland derselben Breiten hat, südlich vom Wende- kreis, ein nur wenig regnerisches Klima und auch das südlich gelegene Tafelland der Karroo besitzt durchschnittlich weniger als 30 cm Nieder- schläge. Das ganze Gebiet trägt bald ganz typischen, bald weniger aus- geprägten Wüsten Charakter, ersteren an der Küste, letzteren im Binnenland. Folgende Tabelle giebt die klimatischen Verhältnisse eines Küsten- punktes.

Südafrikanische Wüste.

Port Nolloth. 290 14' S., 160 51' E. 12m ü.M.

Temperatur und relative Feuchtigkeit 2 Jahre (1890 91), Regen 14 Jahre.

Temper. | Mittel

Absol. E Max.

xtreme *) Min.

Relative

Feuchtigk.

(1890»)

Regen- Menge Tage

Januar . . ,

1 15.3

21.7

6.1

90

I.l

0.8

Februar

15-5

23.9

7.8

92

1.6

0.8

März . .

15-*

29.4

8.3

92

3.2

i.3

April . .

143

344

7.2

84

5-°

i.7

Mai . .

13.8

33-3

2.8

90

14.5

24

Juni . .

13.0

28.3

5.6

86

7-9

>

Juli . .

12.9

25.6

1-7

88

5-2

i.7

August . .

' 12. 1

26.1 1.7

87

6.8

1-5

September

12.8

39.4

2.8

79

5-6

2.0

October

14.5

32.8

44 76

2.8

1.0

November

f iS-o

37-2 38.3

5.o

80

2.2

0.8

December

ll !5-7

8.3

88

1.1

0.7

II I I 57.0mm 16.9

Meteor. Zeitschr. 1893, S. 233.

Regenverhältnisse der Karroo in °/0 der Jahressumme.

!l Jan.

Febr. März

April

Mai

Juni Juli

Aug.

Sept.

Oct.

Nov.

Dec.

Südkarroo 33« S. B. 1 8.1 Jahr 27 cm ||

I33

16.6

9.2

8.7

5-1

5-2

5-4

5.6

8.6

8.1

6.1

Nordkarroo

310 S. B. 1 15.1 Jahr 23 cm .1

12.6

22.4

97

8.9

4.8

3.6

3.2

5-5

4.2

6.0

4.6

Die südafrikanische Wüste ist in ihrem Küstentheile ein im Sande begrabenes, aus sehr alten Gesteinen bestehendes Hochgebirge, dessen Gipfel allein frei hervorragen. Nach Osten erstrecken sich, bis zu der Kalahari, steinige, von seichten Thälern durchzogene Hochebenen, welche, unter dem Namen Karroo, tief in das Innere des Kaplands eindringen.

*) Die Zahlen für das Jahr 1891 zeigen keine wesentlichen Unterschiede.

42*

66o

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Die Vegetation ist dementsprechend, je nach dem Standorte, eine solche des Sandes, des lockeren Steinbodens oder der Felsen.

Im Littoralgebiete ist die Vegetation äusserst dürftig; die Pflanzen erheben sich ganz vereinzelt in weiten Abständen von ein- ander, ausser an einzelnen Stellen, wo Grundwasser sich angesammelt, oder, im Damaraland, längs der Wasserläufe, deren Ufer von dichten,

Fig. 360. Südwestafrikanische Wüste: Grossnamaland, Aloe dichotoma an Gneissfelsen bei Khukhaus, südl. von Aos. Nach einer Photographie von Herrn Dr. A. Schenck.

vorwiegend aus Acacien (A. detinens var. bijuga, A. hebeclada), nebst einigen anderen kleinen Bäumen und Sträuchern (Terminalia prunioides* und einer Liane, Clematis orientalis subsp. brachiata bestehenden Ge- hölzen bekleidet sind.

Der Charakter der Vegetation erfährt von den Ufern des Meeres bis zu der Grenze der halbwüstenartigen Steppen und Gehölze der Kalahari, eine

IX. Die Wüsten.

66l

allmähliche zonenartige Veränderung, die theils auf die Unterschiede in

der physikalischen Beschaffenheit und im Wassergehalt des Bodens, theils

auf solche des Klimas zurückzuführen sind. In einigen Meilen Entfernung

vom Strande mit seiner kümmerlichen Halophytenflora erhebt sich ein

breiter Gürtel von Dünen und Felsen, auf welchen sich an vereinzelten

Stellen kleine Colonien einer Gieseckia, eines Zygophyllum oder von

Aristida subacaulis ansiedelt; sie sind von kurzer Dauer, denn bald

werden sie unter dem vom Winde zugewehten Sande vergraben. Nur

eine Pflanze vermag da der

Gewalt des Windes Widerstand

zu leisten, eine bis iV2 m hohe

strauchige Asclepiadacee mit

ruthenförmigen Zweigen und

dicken, lederartigen Blättern,

Ectadium virgatum var. latifo-

lium. Dieselbe wächst aber

nicht im Sande, sondern ist

zwischen Felsen bewurzelt und

auf deren Leeseite beschränkt.

Jenseits der Dünen wird, mit dem Auftreten von Grund- wasser, die Vegetation etwas reichlicher. Da tritt der Melk- bosch auf, eine succulente Eu- phorbiacee. „Gleich Heuscho- bern auf einer immensen Wiese stehen diese dunkelgrauen i1^ bis 2*/2 hohen Büsche auf der weissen, sandigen Fläche zer- streut. " (Schinz.) Stets sind die Euphorbien von dem statt- lichen Wurzelschmarotzer Hyd- nora africana begleitet. Noch weiter ostwärts treten allmählich andere Sträucher auf, dornige,

sparrige Büttneriaceen, Acanthaceen, Scrophulariaceen, Acanthaceen. Sie werden immer zahlreicher und endlich zeigt sich als erster Baum, Aloe dichotoma(Fig. 360). Der Wüstencharakter wird schwächer ; die niedrigen Acaciengehölze, die dürre Aristida-Steppe der Kalahari stellen sich ein.

Die Vegetation der 1800 2000' hohen kapländischen Karroo- Halbwüste ist etwas weniger dürftig und zeigt eine grössere systema- tische Mannigfaltigkeit. Die Ufer der meist trockenen Flussbette sind, wie im nördlichen Theile der Küstenwüste, von Acaciagebüschen umsäumt

Fig. 361. Pelargonium undulatum Andr. Eine

Knollenpflanze der Kapflora. 1/a nattirl. Grösse.

Nach Andrews.

662 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

(Acacia horrida), allerhand Gesträuch und Gestrüpp erhebt sich aus dem zur trockenen Jahreszeit vorwiegend kahlen Boden, aus welchem die Frühlingsregen, wenn hinreichend ergiebig, was nicht jedes Jahr der Fall , die grünenden und blühenden Sprosse zahlreicher Bulbosen (Pelargonium sect. Hoareia, Liliaceen, Iridaceen, Amaryllidaceen etc.) hervorlocken. Die persistirenden Gewächse sind zum grossen Theile Succulenten, wie Euphorbien, Stapelien, Mesembryanthemum, Crassula- Arten, die sonderbaren Sarcocaulon mit schützender Harzhülle, im übrigen Gewächse vom ericoiden Typus und dann vielfach in ihren vegetativen Organen so ähnlich, dass erst genauere Betrachtung einer z. B. aus Vertretern der Compositen, Polygalaceen, Leguminosen, Euphorbiaceen, Ficoideen und Scrophulariaceen bestehenden Gruppe, deren systema- tische Heterogeneität nachweist.1) Sehr viele der Karroopflanzen sind dornig und dadurch gegen die umherstreifenden Antilopenheerden etwas geschützt.

Die merkwürdigsten Gewächse der südafrikanischen Wüste sind Welwitschia mirabilis und die Cucurbitacee Acanthosicyos horrida, welche beide auf dem nördlichen Theil des Küstengebiets, von der Walfischbai bis Cap Negro beschränkt sind und innerhalb ihres Verbreitungsbezirks nur einzelne Stellen bewohnen.

Die zu den Gnetaceen gehörige Welwitschia mirabilis, welche erst 1860 durch Welwitsch bei Mossamedes entdeckt wurde, aber auch südlicher bei der Walfischbai reichlich vorkommt, bewohnt die steinigen Flächen des Littoral- gebietes (Fig. 362 u. 366). Sie besteht aus einem kurzen, beinahe knolligen, un verzweigten Stamme, der nur 1 dm hoch über den Boden hervorragt und sich nach unten in eine lange Pfahlwurzel verjüngt Der bis 4 m im Umkreis messende oberirdische, von röthlicher Borke umhüllte Stammtheil ist auf seinem zweilappigen Gipfel schüsselartig vertieft, und trägt an seinem Rande zwei gegenständige, ungeheuer lange, bandförmige Blätter, die einzigen Assimilations- organe, welche nach den Cotyledonen erzeugt werden; da die Pflanze an- scheinend 100 Jahre alt wird, so würden diese Blätter alle anderen ähnlichen Pflanzenglieder an Lebensdauer weit übertreffen; doch ist letztere nur eine morphologische, nicht eine physiologische. Die Blätter werden nämlich an ihrer Basis durch Zellenbildung und Wachsthum fortwährend verjüngt, während ihr Gipfeltheil allmählich abstirbt und vertrocknet. An jungen Pflanzen ganz- randig, sind die Blätter älterer Pflanzen in zahlreiche Riemen zerspalten, die in mannigfach unregelmässigen Krümmungen regellos auf dem Boden umher- liegen. Die zapfenartigen monöcischen Blumenstände erheben sich aus Gruben in den Blattachseln.

Da es an vergleichbaren Verwandten der Welwitschia an anderen Stand- orten durchaus fehlt die übrigen Gnetaceengattungen sind ganz abweichend gestaltet , so wäre die Frage nach dem Antheil, welcher an der Ausbildung dieser sonderbaren Pflanzenform den klimatischen Bedingungen zukommt, eine

J) Scott -Elliot.

Fig. 362. Südwestafrikanische Wüste: Welwitschia mirabilis auf sandig - steinigen Ebenen nördlich von Tsoaaub, Damaraland. Nach einer Photographie von Herrn Dr. A. Schenck.

^ig- 3°3- Südwestafrikanischc Wüste: Flussbett des Khusub bei üagugam, Namaland. Links Acacia giraffae, in der Mitte Euclea pseudebenus, rechts Acacia spinosa. Nach einer Photo- graphie von Herrn Dr. A. Schenck.

IX. Die Wüsten.

663

mtissige. Jedenfalls erscheint die einzig dastehende Structur und die Art ihrer Entwicklung mit den Lebensbedingungen in der Wüste in vollstem Einklang.

Die Naras, Acanthosycios horrida, steht im System weit weniger isolirt da, so dass die Abweichungen ihrer vegetativen Organe von denjenigen anderer Cucurbitaceen sich zum grossen Theile auf Anpassung an das Klima zurück- fuhren lassen. Während die Welwitschia auf Steinboden zwischen den Sand- dünen beschränkt ist, bekleiden die bis 1 */2 m hohen struppigen Narasbüsche deren Gipfel und Abhänge. Die weit verzweigten grünen, sehr festen, bis 2 cm dicken Achsen tragen in der Achsel rudimentärer Blätter gegenständige kräftige Dornen. Die Sprosse werden, wie bei den meisten anderen Wüsten-

Fig. 364. Aus der südwestafrikanischen Wüste.

Sarcocaulon Marlothi Engl. Hereroland. Nat.

Grösse. Nach Engler.

Fig. 365. Sarcocaulon sp. Harzhülle des Stengels. 2/8 nat Gr.

pflanzen, durch die Wurzeln weit übertrofFen. Letztere sind armsdick und oft über 15m lang. Die Blüthen bieten nichts Bemerkenswerthes ; die Früchte sind grossen Apfelsinen oder besser Pampelmussen an Grösse und Form vergleichbar.

In vollendeter Weise ist die Pflanze den so ungünstigen Existenz- bedingungen angepasst Die Wurzeln wachsen in die Tiefe, bis sie das für das Leben der Pflanze unumgänglich nothwendige Grundwasser erreichen ; der allerdings reichliche nächtliche Thau, welcher die Existenz mancher kleinen Kräuter ermöglicht, ist, da er den Boden nur oberflächlich benetzt, für die Naras nutzlos. Ist aber die Verbindung mit dem Grundwasser hergestellt, so zeigt die Naras lebhaftes Wachsthum und grosse Zähigkeit. An windigen Standorten auf losem Sande wachsend, wird sie häufig vollständig verschüttet,

664

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

doch bald ragen ihre Zweige wieder frei empor und wird so allmählich zum Mittelpunkt eines Dünenhügels, dessen Gipfel der grüne Narasbusch krönt Die Aeste sind in vollkommenster Weise gegen übermässige Verdunstung durch mannigfache Vorrichtungen, wie einen mächtigen Sklerenchymring der auch die nothwendige Biegungsfestigkeit bedingt , Reduction der Inter- cellularen, wasserhaltiges Hypoderma, vertiefte Lage der Spaltöffnungen, dicke Cuticula und Wachsschicht geschützt. Die sehr saftigen Früchte wachsen und reifen zu der Zeit, in welcher das Grundwasser am reichlichsten vorhanden ist

Fig- 366. Welwitschia mirabilis.

Intensiv bittere Stoffe schützen sämmtliche Theile der Pflanze gegen die Fressgier der Thiere, verschwinden jedoch in den reifen aromatischen Früchten, deren Verbreitung durch Schakale geschieht

§ 4. Australische Wüste. Ueber die Formationen der australischen Wüste liegen brauchbare Mittheilungen nicht vor. Die dürftig bewachsenen oder unbewachsenen Flächen scheinen von denjenigen, die von „Scrub" bedeckt sind, sehr zurückzutreten. Triodia -Arten, in Südaustralien auch Spinifex hirsutus (Fig. 368), bilden auf Sandboden die Hauptbestandtheile

IX. Die Wüsten.

665

der Vegetation, während verkrüp- pelte Eucalypten hier und da auf- treten und salzige Standorte von Chenopodiaceen und Zygophylla- ceen bewohnt sind.

2. Die Wüsten Ämerika's.

§ I. Die nordamerikanische Wüste. Das breite Thal zwischen Sierra Nevada und Rocky Moun- tains, bezw. ihren südlichen Fort- sätzen, in welchen die Staaten Nevada und Utah, das westliche Arizona und das südliche Califor- nien liegen, besitzt ein typisches Wüstenklima mit weniger als 20 cm jährlichen Niederschlägen, die im südlichen Theile vorwiegend im Hochsommer, im mittleren und nördlichen jedoch mehr im Winter fallen, aber anscheinend keine grosse Regelmässigkeit zeigen. *) Die Lufttrockenheit ist eine sehr grosse. Der nördliche hochgelegene Theil hat kalte, der südliche tiefge- legene milde Wintertemperaturen; die .Sommertemperaturen sind na- mentlich im Süden sehr hoch und stellenweise die höchsten, die über- haupt in Nordamerika vorkommen.

In den gleichen Breiten wie die Wüste ist am östlichen Abhang der Rocky Mountains, namentlich in den westlichen Theilen von Süd- Dakota, Wyoming, Nebraska, Kan- sas, Colorado und im östlichen Neu -Mexico, das Klima weniger regenarm und von Grasflurcharakter, so dass thonige oder thonlehmige Bodenarten sich mit Steppen über-

aß- 367- Harpagophytum pinnatifidum Engl.,

eine südafrikanische Knollenpflanze. Griqua-

land. Nach Engler.

*) Vgl. Hann, Handb. m, S. 289 n. Atlas XI u. XII.

Fig. 368. Australische Wüstenflora: Spinifex hirsutus. A Vegetativer Spross. B Frachtstand.

2/8 nat. Gr.

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IX. Die Wüsten.

667

ziehen, sobald hingegen der Boden durchlässiger wird, reichen die noch sehr massigen Niederschläge nicht mehr hin und der Wüstencharakter

Fig. 370. Aus der nordamerikanischen Wüste: Sarcobatus Baileyi Cov. Nach Coville.

tritt mehr oder weniger typisch zum Vorschein. Dieses ist namentlich der Fall in den sogenannten „bad lands" (Süd-Dakota, Nebraska) und im Llano Estacado von Neu -Mexico.

668

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Klima der nordamerikanischen Wüste.

Mittlere monatliche Regenmenge in zehn Stationen (in englischen Zoll, I Zoll = 25 mm 40).

(Californien: Barstow, Bishop Creek, Camp Cady, Camp Independence. Daggelt, Fenner, Keeler, Needles. Nevada: El Dorado Canon.

Arizona: Yuma.)

Januar . . I

0.638 0.609

Mai . . . Juni . . . Juli . . . August . .

. i1 0.318

. 0.035

. 0.218

0.300

September . October . . November . December .

0.141

Februar . . .

. 0.184

März . . . . 1

0.642

. 0.278

April . . . . ,

0.165

1.627

Jahr: 5.155 inches = 13.09 cm.

Temperaturverhältnisse

in Ut

ah

und S.-W

.-Arizona.

1 Januar —3.0

April ; 9.6

Juli 24.1

Octbr.

Salt Lake

City (400

46' N., 1300 m ü

. M.)

IO.S

Fort Mohave in Arizona (350 6' N., 180 m ü. M.) ; 11.2 | 23.2 j 34.7 23.8

Klima von Death Valley (Californien, Furnace Creek). (360 4' N., 1160 51' W., ca. Meeresniveau. 1891.)

Temperatur

! Mittlere |Tägliche Extreme

Absol. Maxim.

Relative 1 Feuchtigkeit' Mittel! 5 p. summe

Regen-

Bewöl-

Wind- Geschwind. pr.m in See. ^^>

3.0

Mai

36.1

21. 1

40.6

26

18

4.6

44

J^i '

41. 1

25.0

50.0

20

14

i.3

47

Juli '

46.7

30.6

50.0

20

13

9-4

41

August . . . . |

46.1

28.3

50.0

21

13

15-2

4.6

September . . . (

40.0

24.4

48.3

27

20

5.1

31

J."5

2.8

Vom 30. Juli bis 9. August stieg die relative Feuchtigkeit bei den Nachmittagsbeobachtungen nicht über 13% hinaus, das Mittel war 8°/0. AbsoL Minimum d. relat. Feucht.: 5°/0 bei 440 C. Wahrscheinliche jährliche Regen- menge: 114 mm. Meteor. Zeitschr. 1893, S. 19 u. f.

Die einzige auch ökologische Verhältnisse berührende Arbeit über die nordamerikanische Wüste westlich von den Rocky Mountains ist der Bericht Coville's über seine Reise in Süd-Californien, namentlich im trockenheissen „Death Valley."

Die nordamerikanische Wüste setzt sich aus mehreren Höhenstufen zusammen, von welchen nur die unterste, die „untere Sonora- Region", von Coville untersucht wurde. Dieselbe ist durch zwei häufige und auf sie beschränkte Sträucher, die Zygophyllacee Larrea tridentata und die Composite Franseria dumosa charakterisirt und erstreckt sich über den

Fig. 371. Nordamerikanische Wüste: Cereus giganteus im Giladesert. Nach einer Photographie.

IX. Die Wüsten.

669

westlich von der Sierra Nevada gelegenen Theil Californiens sowie über Theile von Nevada, Utah und Arizona.

Das Areal ist vornehmlich von ausgedehnten „mesas"1) eingenommen, deren Boden steinig ist oder sogar aus grösseren Blöcken besteht, während horizontale, von den Bergen entferntere Flächen gleichmässig

Fig. 372. Washingtonia filifera Wendl. In der süd-californischen Wüste. Aus „Garden and Forest".

feinkörnige Bodenbeschaffenheit zeigen. Letztere ist kalkig, thonig oder kieselig, je nach der Felsart, dem der Boden seinen Ursprung verdankt.

Holzgewächse sind zahlreich, jedoch sämmtlich strauchig, ausser den Yucca-Arten (Yucca brevifolia2), welche eher als baumartig zu be-

*) Span. : Tisch. 9) Syn. : Yucca arborescens Torr.

670

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

zeichnen sind, Fig. 369 und Y. macrocarpa) und beide auf die höheren Theile der Region beschränkt sind.

Besonders häufige Sträucher sind ausser den beiden anfangs er- wähnten: Tetradymia comosa, Acamptopappus sphaerocephalus,1) Amphiachyris Fremontii, l) Aster mohavensis, Atriplex confertifolia, A. hymenelytra, Bebbia juncea aspera,1) Cassia armata, Cereus Engel- manni, Echinocactus polycephalus , Ephedra californica, Hymenoclea salsola1), Krameria parvifolia, Lycium Andersonii, Opuntia basilaris, O. echinocarpa, Salazaria mexicana2).

Manche dieser Arten sind , ähnlich wie die Yucca ( an höhere Regionen gebunden ; einige zeigen sich von edaphischen Einflüssen

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Fig. 373- Aus der nordamerikanischen W liste: Ufer des grossen Salzsee*, Utah Nach einer Photographie des Herrn Fr, Socnneeken*

abhängig; so wachst Atriplex hymenelytra nur auf alkali reichem kiesigen! Boden, Cassia armata auf trockenem Sande.

Die gewöhnlichsten Stauden der Mesas sind Cladothrix oblongifolia *' Euphorbia polycarpä, Lepidium Fremontii und Mirabilis laevis, während unter den zahlreichen Annuellen folgende Arten besonders häufig sind: Atrichoseris platyphylla4), Chorizanthe rigida5),Cleomella obtusifolia6), Encelia erioeephala4 ), Eschscholtzia minutiflora, Gilia floecosa 7), Leptosyne Bigelovii *), Plantago pa- tagonica, gnaphaloides und Sisymbrium canescens.

Die felsigen Abhänge der Bergketten tragen nur charakteristische, in Spalten oder im Schatten der Felsen wachsende Arten:

*) Composit. 2) Labiat. 8) Amarant. 4) Composit. ft) Polygon. 6) Capparid. *) Polemoa.

Fig. 374. Aus der Felsenwüste im nordwestlichen Arizona. Grosser Canon des Coloradoflusses. Pinus monophylla. Nach einer Photographie.

IX. Die Wüsten.

67I

Sträucher wie Aplopappus cuneatus, Bigelovia teretifolia, Coleosanthus atractylioides *) und Hofmeisteria pluriseta1); Stauden wie Arenaria macradenia, Eucnide urens8) und einjährige Pflanzen, wie Macrocalyx micranthus 4), Parie- taria debilis und Pterostegia drymarioides. 2)

Sehr eigenartige Standorte sind die sogenannten trockenen Seen, Stellen, wo, nach einem heftigen Regenschauer, das Wasser sich an- sammelt, jedoch meist, um bald zu verdunsten. Der Boden besteht aus sehr hartem Thon und ist reich an Alkalien, nicht genug jedoch, um zur Entstehung krystallinischer Ueberzüge Anlass zu geben. In grossen Thä- lern, zwischen hohen Bergen, bleibt der Boden an solchen Lokalitäten beständig feucht und zeigt, wo nicht von Wasser bedeckt, Salzüberzüge. In solchen Fällen spricht man von Sümpfen. Die trockenen Seen sind

Fig. 375« Nordamerikanische Wüste in Arizona. Artemisia tridentata (Sagebrush). Nach einer Photographie.

nur an ihrem Rande bewachsen und zwar zeigt sich vornehmlich Ge- sträuch von Atriplex polycarpa, oft von A. confertifolia und Suaeda suflfrutescens begleitet. Die Sümpfe zeigen ebenfalls nur an ihren Rändern Vegetation. Letztere ist aber oft sehr üppig und in sehr deutliche, zum Theil mehrere hundert Meter breite Gürtel diflferenzirt.

Dem Sumpfe zunächst befindet sich ein Gürtel von Allenrolfea occiden- talis5). gürtelweise folgen, alle auf von Salz bedecktem Thonboden, zunächst Juncus Cooperi, sodann, zusammen, Sporobolus airoides und Pluchea. Der vierte Gürtel zeigt Anhäufungen von Sand um die Pflanzenstöcke herum; Prosopis juliflora und Atriplex canescens (Fig. 382), zuweilen von Suaeda suflfrutescens begleitet, bilden hier die Vegetation. Der fünfte Gürtel ist durch

l) Composit. 2) Polygon. a) Loasac. 4) Hydrophyll. ö) Chenopod.

672

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Atriplex polycarpa, der sechste durch Larrea tridentata vornehmlich gebildet. Dann beginnt die gewöhnliche Mesa -Vegetation.

Die Oasen um Quellen herum und an fliessenden Gewässern be- sitzen eine Vegetation tropophiler Bäume und Sträucher, wie Populus

Fremontii, Prosopis pubescens, Salix longifolia, S. nigra, venu- losa und verschiedene ebenfalls von denjenigen des Wüsten- bodens abweichende Stauden. Die über 1 500 m liegenden, die obere Sonora-Region bil- denden Theile der Wüste sind weniger trocken als die unte- ren und durch einzeln wach- sende Bäume von Pinus mono- phylla (Fig. 371) charakterisirt. Auch Juniperus californica uta- hensis ist hier häufig. Die Gesträuchflora ist von der- jenigen der unteren Sonora- Region nicht weniger verschie- den. Hier ist die buschige graue Artemisia tridentata häu- fig (Fig- 375 und 376), ferner Ceanothus Greggii , Garn a Veitchii flavescens , Kunzia glandulosa, Ribes leptanthum, brachyanthum, Salvia carnosa. Der Uebergangsgürtel zwischen dieser Region und derjenigen der unteren Sonora ist nament- lich durch Yucca brevifolia charakterisirt. Noch höher, ent- sprechend der zunehmenden Feuchtigkeit, zeigen sich auf den höchsten Gebirgen der Wüste Kiefernwälder, welche mit denjenigen der Küstenseite nahe übereinstimmen.

Die Anpassungen an die klimatischen Bedingungen, namentlich an die Trockenheit sind denjenigen, die Volkens so genau für die Sahara dargestellt hat, sehr ähnlich; doch scheinen sie, mit Ausnahme der vorwiegend auf die obere Sonoraregion und die Salzstellen der unteren beschränkten Succulenten (Cactaceen, Chenopodiaceen) der Wasser-

Fig. 376.

Artemisia tridentata. Aus der Arizona- Wüste. Nat Gr.

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IX. Die Wüsten.

673

Speicher zu entbehren. Die Sträucher sind meist dicht buschig, von rundlicher Gestalt, ähnlich wie in der Sahara und auf feuchterem Boden bedeutend höher als an den trockensten Standorten. Von den beiden häufigsten Sträuchern wird Larrea tridentata 1 bis 1 1/2 m, Franseria dumosa nur 0,3 m hoch, die Dimensionen der anderen Arten schwanken innerhalb dieser Extreme. Reduction der Laubflächen und dichte Behaarung, welche der Vegetation eine graue Färbung verleiht, scheinen die gewöhnlichsten Schutzmittel gegen Transpiration bei den Sträuchern darzustellen. Dornige Gewächse sind häufig.

Die „Grundwasservegetation" ist ganz vorwiegend strauchig; Stauden sind relativ selten und nur ganz wenige perenniren durch die unter- irdischen Theile (Cucurbita palmata, C. foetidissima, Rumex hymeno-

Fig. 378. Wüste in den San Francisco Mts, Arizona mit Agave applanata var. Parryi. Nach einer Photographie des Herrn Dr. Parry, repr. bei Malford 1. c.

sepalus). Die übrigen Stauden sind an der Basis verholzt und daher eher als Halbsträucher zu bezeichnen.

Wie in der Sahara, rufen die Frühjahrsniederschläge eine relativ artenreiche kurzlebige Regenflora hervor, deren Arten, mit Ausnahme der erwähnten nur unterirdisch perennirenden drei Stauden, sämmtlich Annuellen sind. Entsprechend der sehr ungleichen Ergiebigkeit der Regen ist diese Flora, welche im Februar erscheint und im April ab- stirbt, in verschiedenen Jahren sehr ungleich üppig. So fand, nach Coville, Herr C. R. Orcutt, in der Colorado -Wüste, einige Wochen nach dem grossen Februarsturm von 1891, 10 Fuss hohe Stöcke eines Amarantus; ein Jahr später, bei sehr geringer Regenmenge, sammelte er am selben Orte fruchtende Exemplare derselben Pflanzenart, die nur 10 cm hoch waren.

Coville sammelte in Surprise Canon (Panamint Mountains), ohne besonders kleine Exemplare zu suchen , 1 1 mm hohe fruchtende

Schimper, Pflanxengeographie. 43

674

Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Exemplare von Lepidium lasiocarpum, 17 mm hohe von Mimulus rubellus, 16 mm hohe von Draba caroliniana micrantha, 7 mm hohe von Piptocalyx circumcissus und 9 mm hohe von Stylocline micropoides.

Ebenso wie in der Sahara, entbehren die ephemeren Regen- pflanzen der nordamerikanischen Wüste der ausgeprägten xerophilen Structur.

Der durch Mitwirkung von Boden und Klima bedingte wüstenartige Charakter gewisser Landschaften am östlichen Fuss der Sierra Nevada erreicht seinen Höhepunkt in den zwischen Missouri und

Fig. 379. Nordamerikanische Wüstenflora : Tetradyma canescens D. C. / anf */, verkleinert-

2 nat. Gr. Kgl. Herb. Berlin.

Platte gelegenen „bad lands", einem nur mit überaus dürftiger Vege- tation besetzten, reich zerklüfteten und zerrissenen Gebiet, dessen lockerer, durch jeden Regen tiefdurchfurchter Boden seine Oberfläche fortwährend verändert (Fig. 377. 380). Oft fehlt auf weiten Strecken jede Spur von Vegetation. So berichtet Rydberg: „Hier war ein mehrere „sections"1) grosses Stück Land bestehend aus fortwährend aufeinander folgenden, durch schmale ^Rücken getrennten Canons. Nicht ein grüner Fleck war sichtbar."

l) Eine section = 2.59 qkm.

IX. Die Wüsten.

675

Zwei Gewächse bilden die Hauptmasse der dürftigen Vegetation, Sarcobatus vermiculatus , ein dorniger, 1/a bis I m hoher succulenter Strauch (Fig. 382, 2, 3) und die weiss wollige Eurotia lanata (Fig. 382, 7).

Wüstenartige Strecken zeigen sich auch auf den Plateaus, am östlichen Fusse der Rocky Mountains, sobald der Boden durchlässige Beschaffenheit annimmt , während thonreichere * Böden aus- geprägt xerophile, wenn auch oft geschlossene Steppenformationen tragen. Diese dürren Step- pen, deren Grasarten vornehmlich Buchloe dactyloides und Bouteloua oligostachya sind, ernähren oft in sehr grossen Mengen eine niedere Opuntia-Art mit auf der Kante ge- stellten Gliedern, Opuntia oligostachya (Fig. 383). Von Anfang Juli an, nach dem Vertrocknen und Verschwinden der Gräser, ist die ober- irdische lebende Vegetation beinahe nur noch von der Opuntia gebildet; dieselbe bildet grüne Flecke zwischen den strohgelben Ge- rippen des Lepidium intermedium (Pfeffergras), welches solche Formationen häufig in erster Linie zusammensetzt („Peppergrass - Cactusfor- mation").

Reinen Wüstencharakter zeichnet die „Halb- strauchformation" aus, in welcher tiefwurzelnde, kleinblätterige, stark behaarte Artemisia- Arten (Sagebrush), namentlich A. tridentata (Fig. 376), die lockere, durch breite nackte Zwischenräume unterbrochene Vegetation bilden. Stellenweise herrschen andere Compositen von nicht minder xerophilem Gepräge in der Formation vor, z. B. Eurotia lanata (Fig. 382, 7), Bigelovia gra- veolens (Fig. 382, 1), Gutierrezia Sarothrae u. a. Alle diese Halbsträucher werden 1 bis i1/^ m hoch. Für sandige Flächen ist Artemisia filifolia charakteristisch; sie bildet, im Gegensatz zu ihren vorher erwähnten Verwandten, rein grüne, sehr hohe Büsche. Ei&- 3*1. Aus der nordamerika-

nischen Wüstenflora: Atriplex ca-

§ 2. Die mexikanischen Wüsten und nescens. Nat. Gr.

Halbwüsten. Das mexikanische Hochland

besitzt im Durchschnitt ein trockenes Klima, doch ist dasselbe meist beträchtlich regenreicher als dasjenige der nordamerikanischen Wüste. In den in der Literatur befindlichen klimatischen Tabellen wird man nirgends ein Wüstenklima finden, sondern Regenmengen von 50 cm und mehr, welchen, auch bei hohen Temperaturen, ausser auf sehr durchlässigem Boden eine weniger dürftige Vegetation ent-

43*

Fig. 382. Aus der nordamerikanischen Wüstenflora.

/ Bigelovia graveolens Grai. 2— 3 Sarcobatus vermiculatus Torr. 4 Halostachy» occidentaJis. j—t> Gram

polygnloides H. et A. 7 Eurotia lanata Mag. Nat. Gr. Kgl. Herb. Berlin.

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IX. Die Wüsten.

677

sprechen muss. Mexiko hat aber ein sowohl in horizontalen als auch in vertikalen Richtungen ausserordentlich rasch wechselndes Klima und es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass für die dürrsten, un- bewohnten Gebiete zahlenmässige meteorologische Daten zur Zeit noch fehlen. So schreibt Hann über ein Gebiet, in welchem aus- gedehnte Wüsteneien sich befinden: „In der Umgebung des Pik von Orizaba herrscht im Sommer der NE Passat, das Land ist bis auf 80 km nach SW. hin trocken und staubig, nur gelegentlich fällt ein Regenschauer, an der Ostseite regnet es dagegen jeden Nachmittag . . .

Fig. 384. Yucca glauca auf hohen felsigen Ebenen im westlichen Nebraska. Nach einer Photographie des geolog. Departm. der Univ. Nebraska.

Im Winter fällt kaum ein Regen, im Sommer oberhalb 500 m reichlich, die SW.-Seite des Berges ausgenommen. Von der Küste bis zu 500 m ist das Land eine Steppe, die Vegetation dürftig.1*

Dem buntscheckigen Klima Mexiko's entspricht eine ebenso bunte Differenzirung der Vegetationsdecke. Die regenreichen Abhänge der Gebirge tragen Hochwälder von verschiedenartigem Typus, die trockenen Abhänge und die Hochebenen hingegen vornehmlich xerophile Dorn- gehölze mit zahlreichen Succulenten, und diese Formationen gehen, bei zu- nehmender Trockenheit des Klimas, in Wüsten über. Eine scharfe Grenze ist natürlich nicht vorhanden und Uebergangsformationen, Halbwüsten,

678 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

sind in allen Abstufungen vorhanden. Edaphische Einflüsse spielen bei der Gliederung, jedenfalls eine grosse Rolle. Ausserdem befinden sich die mexikanischen Wüsten meist in hohen Regionen, in welchen die trocknenden Einflüsse des Höhenklimas (vgl.Abschn.IV) sich bereits geltend machen.1)

Herr Dr. G. Karsten, der gemeinschaftlich mit Herrn Prof. Dr. Stahl das mexikanische Hochland im Herbst 1895 bereiste, hatte die Güte mir folgende Aufzeichnungen auf meinen Wunsch mitzutheilen. (Vgl. Fig. 386-390.)

„Die Kakteen-Agaven Vegetation lernte ich besonders in der Nähe von Tehuacan kennen. Der Ort hat eine Meereshöhe von etwa 1700 m. Der Sommer hat warme, sonnige Tage, wenig oder kaum Regen und im Verhältniss sehr kalte Nächte. Im Winter fällt auch Schnee, der aber nicht liegen bleibt."

„Die betreffende Vegetation bekleidet die sanft gerundeten Höhen- züge, die sich an der Strasse nach Esperanza beiderseits hinziehen; die Süd- und Westseiten sind stets reich, die Nordseiten weisen kaum einzelne Mamillarien als letzte Ausläufer der Vegetation auf. Der Boden ist Fels, meist sehr kalkreich. "

„An solchen Hügeln überblickt man weithin die Formen der Boden- erhebung sehr genau, da nur eine ganz niedrige graue Vegetations- decke ihn überzieht. Vereinzelt oder zu Gruppen beisammen fallen die klotzigen Echinocactus ingens - Exemplare auf, wie die mehr im Thal bleibenden grossen Yuccabestände."

„Bei genauerer Betrachtung besitzt diese gleichmässig graue Vege- tationsdecke einen staunenswerthen Reichthum: Agaven, Dasylirien und vereinzelte Erdbromeliaceen , Sedum- und Echeveria- Arten ; dann zahllose Dornsträucher , besonders Mimoseen, eine Cassia, viele roü- blätterige, lederige, weiss behaarte Sträucher, meist Compositen, die einen scharfen, oft insectenpulverartigen Geruch verbreiten, und blatt- loses Gestrüpp, darunter eine Ephedra. Der Graswuchs am Boden ist dünn und discontinuirlich. Grüne und weisse oder doch weissliche, oft langstächelige Mamillarien und dichte Kugelrasen von kleinen Echino- cactus-Arten, dazwischen oft Tradescantia navicularis, bilden die krautige Vegetation."

„Bemerkenswerth erscheint mir, dass die Sträucher, besonders auch vereinzelte grössere Opuntien, stets mit kleinen sparrig-rosettigen Tilland- sien behangen sind; die Luftfeuchtigkeit kann also nicht so ganz ge- ring sein. Die tiefe Temperaturerniedrigung der klaren Nächte dürfte vielleicht in Verbindung mit der durch die Form der Tillandsien

l) Der nahe Zusammenhang zwischen den mexikanischen und nordamerikanischen Wüstenformationen veranlasste mich, sie an dieser Stelle, und nicht mit den Höhenfonna- tionen zu behandeln.

Fig. 385. Dürre wüstenähnliche Steppe. Sybil River, Wyoming. Buchloe dactyloides, Artemisia tridentata. Nach einer Photographie von Herrn F. E. Marcy.

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IX. Die Wüsten. 679

verstärkten Wärmeausstrahlung wohl allnächtlich eine Condensation von Wasser, wenn auch oft nur in geringfügigem Grade, herbeiführen."

„An stärker kalkhaltigen Orten fast reinweisser Kalkfels oberhalb Carnero bei Tehuacan treten Echinocactus robustus mit Mamil- laria mutabilis maschalacantha auf, ferner eine blattlose besenförmige Euphorbiacee mit kleinen weissen Blüthen und Pedilanthus - Gestrüpp, das ebenfalls seine Blätter abgeworfen hat, vereinzelte Bäumchen von Peireskia spathulata, Agave Corderoyi und die weiss geränderte Agave Gilbeayi, endlich zahlreiche, nicht näher bestimmte Bromeliaceen mit scharf dornigen, stechenden Blättern."

„Eine ähnliche, aber ärmlichere Vegetation sah ich dann noch auf dem Plateau von Oaxaka von St. Dionysio bis Oaxaka selbst (1750 m bis 1600 m): ganz niedrige silberweisse Mamillarien in grosser Menge, einem ebenfalls niedrigen Bromeliaceenrasen von grauer bis weisser Färbung eingesprengt. Es war im November und des Morgens lag Reif. Mais und Bohnen waren erfroren. Am Tage herrschte eine Tem- peratur von 15 200 C."

§ 3. Südamerikanische Wüsten. Der schmale westliche Wüsten- strich von Süd- Amerika, von Peru bis Nordchile, hat eine überaus dürf- tige, Ökologisch noch gar nicht untersuchte Vegetation. Der Wüsten- streifen östlich der Anden stellt in seinem argentinischen Theile eine Verkümmerung der Espinalformation dar, ausser auf den aus- gedehnten salzigen Flächen, welche eine hauptsächlich von Salsolaceen gebildete Halophytenvegetation besitzen. Folgende Schilderung des südlichen, patagonischen Theils dieses Wüstengebiets durch Niederlein giebt einige Vorstellung von den Existenzbedingungen der Vegetation und berührt die damit zusammenhängenden ökologischen Eigenthümlich- keiten.

. . . „Man kann den monotonen, d. h. allgemein dürftigen und strengen, oft unheimlichen Ausdruck der Vegetation verstehen. Denn hier liegt die traurige patagonische Formation bloss, dort ist für Tausende von Quadrat- leguas nur dürres Gras und loser, mit Salzen gemengter Sand aufgehäuft. Darüber wölbt sich ein klarer, kalter, unwirklicher Himmel. Die Sonne brennt und Cordillerenstürme und Winde vom südlichen Eismeere fegen über die Steppe und Wüste. Weiter nördlich, und zwar im Nordosten, ist meist erst der Kampfplatz, wo ein Nord- oder Nordostwind den Sieg erringt. Die Regen fallen mithin selten. Ihr Wasser ist bald von den flachen Wölbungen in die Mulden und Senkungen der weiten Ebenen verlaufen oder in die Salzmoräste der Dünenthäler, wenn nicht in die Lagunen der enorm ausgedehnten Sand- flächen verflossen. Kein Bach, kein Fluss schlängelt sich zu den wenigen Strömen; und nur dadurch, dass der rothe und der schwarze Fluss das Hoch- gebirgswasser in tiefer Rinne hinabwälzen, erreichen sie das Meer. Der Salz- fluss versiegt inmitten der Wüste. Auch am Abhänge der Cordilleren, da, wo die Erosion so grossartige Gewaltakte in Millionen Canadas, Klüften und

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

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Fig. 390. Mexiko: Yucca (baumartig), Echinocereus (rechts). Im Hintergrund: Opuntia, fruchtende

Agave. San Geronimo bei Tehuacan.

Nach einer Photographie von Herrn Prof. Dr. E. Stahl.

IX. Die Wüsten. 68 1

Schluchten markirt hat, sucht man vergeblich nach beständigen Bei- und Zuflüssen. Erst während des Regens wird es lebendig in jenen Grüften. Dann sickert, springt und rauscht es überall. Sandkorn an Sandkorn wird fortgeführt, Gerolle rutschen und Schollen und Felsen stürzen. Aus den Tausenden von sprudelnden Zuflüssen werden zerstörende Bäche. Als reissende, mit Schutt und anderem Material beladene Flüsse brechen sie aus dem Schluchtenchaos hervor und sich in den hochgeschwollenen und weit über die Ufer getretenen Nauquerstrom stürzend, wälzen sie sich ungestüm und gewaltig weiter bis zum Meere. Doch ist die Wolke entladen, die Nebelhülle zerrissen und schaut die Sonne in die Tiefen, dann versiegen die Gewässer. Etwas später herrscht die frühere Ruhe. Nur Winde wehen darüber hin. Der Boden wird in kurzer Zeit trocken und bald grinst die Oede wieder so unheimlich wie zuvor. Aehnlich findet man es am Oberlaufe des Rio Co- lorado. Etwas anders ist es dagegen am Payen und längs der Sierra Roca. Doch gilt in Gegenden, wo die Erosion nichts Wunderbares zu gestalten vermochte, wo kein Wässerchen fliesst, keine Berge sind, das Gesagte ebenso von Steppen und Wüsten. Es bezeichnen mithin die Begriffe zerklüftetes und hügeliges Cordillerenabfallsland , Stromthäler, Steppen und Wüsten das geschilderte Territorium, dessen Ausdruck düster und wild ist.

Den terrestrischen und physikalischen Verhältnissen entspricht, wie ge- sagt, vortrefflich die Vegetation. Starr sind die wenigen Gräser, verholzt und meist klebrig oder behaart die Stauden; sparrig, struppig und dornig und durch auffallend geringe Blätterfülle anscheinend todt die meisten durch- schnittlich i 3 m hohen Sträucher. Das Ganze bildet mit einigen Aus- nahmen ein Gemisch hoher und niedriger, ovaler, runder, langgestreckter oder noch anders geformter, dunkler, graugrüner oder gelbgrüner, lichter (und dann schattenloser) oder dicht verwachsener Dornhaufen oder gestrüppartiger Holz- gewächse auf hartem, grauem oder röthlichem Felsgeröll-, Grus- oder Sandboden, oder auf Dünen, wenn nicht eingeweht vom Flugsande, den die Stürme fast beständig mit sich führen. Es zeigt sich bald dicht, bald mit enormen Lücken. Hier stehen die Individuen einzeln, dort gruppenweise oder im Wettkampfe mit anderen, je nachdem der magere Boden sie nährt und das Grundwasser ihnen Feuchtigkeit nach oben spendet. Eine Strauchart steigt kräftig, freilich auch mit dem Ausdrucke verkümmerter Existenzen, empor, eine andere kriecht, eine dritte ist zu Boden gedrückt, eine vierte zur Zwergform gepresst, eine fünfte straucht sich zu Polstern u. s. f. Die meisten Gesträuche sind dicht-, kurz-, aufrecht- und oft krumm verzweigt und ruthig, struppig, dornig, auch knorrig oder sonstwie verkrüppelt. Nicht selten findet man die älteren Zweige abgestorben. Schwarzbraun, graugrün oder gelbgrün und meist rauh beobachtet man die stark verkorkte Rinde; ferner ist sie hier Wachs absondernd, dort mit harziger oder gummiartiger Sekretion versehen. Die Blätter präsentiren sich durchschnittlich als winzig und abfällig, zuweilen, wie bei Fabiana Hiero- nymi Ndzln., als Schuppen, bei Salzsträuchern als fleischig, bei anderen Büschen als lederartig, hart und bedornt, bei noch anderen mitunter zu Dornen umgebildet oder prismatisch zu Nadeln geformt, und während die Blätter bei den Mimosen und anderen Familien periodisch wiederkehren, fehlen sie bei

682 " Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Monthea aphylla, Cassia aphylla und einigen anderen Sträuchern. Von den Blüthen zeichnen sich nur wenige durch Schönheit, Wohlgenich oder Grösse aus."1)

Auswahl der Literatur.

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de Bary, Erw. Ueber den Vegetationscharakter von Air. Zeitschr. d. Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. XIII. 1878.

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Brand is, D. Regen und Wald in Indien. Meteorolog. Zeitschrift 1887.

Bunge, A. v. Pflanzengeographische Betrachtungen über die Familie der Chenopodiaceen in M&n. de l'Acad. imp. des sciences de St P^ters- bourg. VII e s€r. Bd. XXVII.

Dove, K. Das Klima des aussertropischen Südafrika. Göttingen 1888.

Herder, v. Referat in Engler's Botan. Jahrb. Bd. X.

Marloth, R. Die Naras, Acanthosycios horrida Welw. var. namaquana. Engler's Botanische Jahrbücher. Bd. IX. 1888.

Martins, Ch. Von Spitzbergen zur Sahara. 2 Bde. Jena 1868.

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II. Reisen in Tibet und am oberen Laufe des Gelben Flusses. Deutsch

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der Gesellsch. für Erdkunde zu Berlin. 1889.

Gebirgsbau und Bodengestaltung von Deutsch- Südwest- Afrika. VerhandL

des X. deutschen Geographentags in Stuttgart. 1893. Berlin 1893. Schinz, H. Deutsch-Südwestafrika. Oldenburg u. Leipzig 1884 1887.

Die deutsche Interessensphäre in Südwest - Afrika. Fernschau, Bd. IV.

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Transactions of the botanical society. Vol. XVIII. Edinburgh 1891. Stapf, Otto. Der Landschaftscharakter der persischen Steppen und Wüsten.

Oesterr.-Ungarische Revue 1888. Volkens, G. I. Zur Flora der ägyptisch - arabischen Wüste. Sitzb. der

Königl. Akad. zu Berlin. 1886.

l) Niederlein 1. c. S. 88—90.

Auswahl der Literatur. 683

Volke ns, G. II. Die Flora der ägyptisch-arabischen Wüste auf Grundlage anatomisch-physiologischer Forschungen. Berlin 1887.

III. Chenopodiaceae in: Engler u. Prantl, Natürl. Pflanzenfam. III. ia.

IV. Der Kilimandscharo. 1898.

2. Amerikanische Wüsten.

Coville, F. Vern. Botany of the Death Valley Expedition. Contributions

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I. General survey. Lincoln, Nebr., 1898. vom Rath, G. Arizona, das alte Land der Indianer. 2. Aufl. 1888.

X. Edaphische Wirkungen in den tempe- rirten Zonen.

1. Allgemeines. 2. Die temperirten Starandformationen. Strandsümpfe, Strand- wiesen, Dünen. 3. Die Heide. Calluna vulgaris. Existenzbedingungen. Begleitpflanzen. 4. Die Moore. Wiesenmoore und Torfmoore. Das Torfmoos, Sphagnum. Bedingungen der Ernährung. Fleischfressende Pflanzen der amerikanischen Moore.

1. Allgemeines.

An den verschiedensten Stellen wurde, in diesem Abschnitt, auf die Rolle des Bodens in der Oekologie und Zusammensetzung der For- mationen hingewiesen. Es sei erinnert an die Kiefernwaldungen, welche auf durchlässigem Boden Laubwälder ersetzen, an die Sumpfwälder, welche in Nordamerika schlecht drainirten, nassen Boden überziehen (Fig. 48 u. 391), an die zunehmende Ueppigkeit aller Waldformationen in der Nähe der Flüsse und Seen, wo durch Infiltration der Wasser- gehalt des Bodens erhöht wird. Die Zunahme des Grundwassers wirkt in noch auffallenderer Weise in den Grasflurgebieten, wo sie das Auf- treten von Galleriewäldern längs der flüsse und von Waldparcellen in Vertiefungen des Bodens bedingt und in den Wüsten , wo sie ein oft üppiges Vegetationsbild hervorzaubert. Endlich wurde die maassgebende Bedeutung edaphischer Einflüsse in den Uebergangsgebieten betont , wo, beispielsweise, kleine Unterschiede der Bodenbeschaffenheit für das Auf- treten von Gehölz oder Grasflur, oder von Grasflur, bezw. Gehölz und Wüste maassgebend werden können.

In den soeben erwähnten Fällen stehen Klima und Boden derartig in Wechselwirkung, dass eine getrennte Behandlung der Factoren bei- der Gruppen widernatürlich und verwirrend gewesen wäre. Anders verhält es sich mit den edaphischen Formationen von scharf be- grenztem lokalem Auftreten, deren Charakter im Gehölz- und Grasflur-

X. Edaphische Wirkungen in den temperirten Zonen.

685

klima, zum Theil sogar im Wüstenklima, im Wesentlichen der gleiche bleibt und welche selbständige Erscheinungen in den verschiedenen

Fig. 391. Waldsumpf in Louisiana. Baumstämme unterwärts erbreitert. Die Aeste mit Tillandsia usneoides behangen. Nach einer Photographie.

Fig. 392. Raoulia Haastii Hook, f., im trockenen steinigen Flussbett des Craigieburn River. Neu -Seeland (S. Insel). Nach einer Photographie des Herrn L. Cockayne.

686 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Gebieten darstellen. Dahin gehören u. a. die Sand- und Kieselformationen in und an den Flussbetten. Da dieselben in allen Klimaten wesentlich die gleiche Oekologie besitzen und die letztere bereits früher be- sprochen worden ist, so soll auf diese Gruppe von Formationen nicht mehr zurückgekommen werden. Bloss sei noch erwähnt, dass die für die kühleren Gebiete der südlichen temperirten Zone charakteristischen niedrigen Polstergewächse, namentlich die Raoulia -Arten Neu-Seeland's, sehr häufig auf den trockenen Kiesbetten von Wasserläufen auftreten (Fig. 392).

Charakteristischer sind die Formationen des Meeresstrandes, welche in wesentlichen Punkten von denjenigen der Tropen abweichen, nament- lich aber die Heiden und Moore, welche in den tropischen Klimaten fehlen.

2. Temperirte Strandformationen.

Die Küsten der temperirten Meere bieten den Pflanzen ganz ähn- liche Standorte wie in den Tropen: Felsige, sandige, thonige Ufer, stets trockene und zur Fluthzeit überschwemmte Flächen. Hingegen ist der den verschiedenen Standorten entsprechende Vegetationstypus weit weniger verschiedenartig, indem zusammenhängende Gehölze, namentlich die in den Tropen so verbreiteten Mangroven, in Folge der starken winterlichen Winde fehlen, und die Holzpflanzen in der Regel auf niedrige zerstreut wachsende Sträucher beschränkt sind.

Der zur Fluthzeit überschwemmte Thon oder thonige Lehm, der in den Tropen das Substrat der meisten Mangroven darstellt, ist an temperirten Küsten nur in Aestuarien und an Lagunen bewachsen. In Mittel- und Nordeuropa ist der erste Ansiedler solcher Strandsümpfe Salicornia herbacea (Fig. 394 a), ein blattloses, succulentes Kraut, dessen ausgeprägt xerophile Structur dem hohen Salzgehalt des Substrats, entspricht. Am Mittelmeer treten an derartigen Standorten andere strauchige Salicornia -Arten auf (S. truticosa, macrostachya, sarmentosa). An südeuropäischen Küsten ist der Schlammboden im Bereich der Fluth oft von einem Gras, Spartina stricta, überzogen. Diese Pflanzen stehen zur Fluthzeit unter Wasser. Auf etwas höherem, der Ueberschwemmung weniger ausgesetztem Boden zeigen sich zahlreichere Pflanzen, in Nord- Europa z. B. Statice Limonium, Aster Tripolium, Obione pedunculata, Chenopodina maritima, Cochlearia anglica, Juncus Gerardi etc. In Süd- Europa treten ebenfalls Arten von Statice, Obione und Aster mit den Salicornien auf, aber zum Theil in anderen Arten und mit ihnen Suaeda maritima, Inula crithmoides etc. Merkwürdig erscheint das Vorkommen der stattlichen Phelipaea tinctoria als Schmarotzer der Chenopodiaceen auf salzigem Schlammboden. Die meisten Arten sind succulent.

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X. Edaphische Wirkungen in den temperirten Zonen. 687

Noch höher gelegener Thonboden ist von Strandwiesen ein- genommen, welche sich von den benachbarten Wiesen des Binnenlands durch ihren floristischen Charakter und durch die mehr xerophile Structur ihrer Gewächse unterscheiden. Vorherrschend ist Festuca thalassica; mit ihr zusammen wachsen an den nördlichen europäischen Küsten: Festuca distans, Triglochin maritimum, Samolus Valerandi, Glaux mari- tima, Trifolium fragiferum etc. Ganz allmählich gehen solche Wiesen in die nicht salzigen des Binnenlands über.

Der sandige Strand ist, wie in den Tropen, erst oberhalb der Fluthlinie bewachsen. Da zeigen sich in Nordeuropa zuerst Salsola Kali,

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Fig. 394. Steinige und felsige Küstenpartie am Schwarzen Meere. Pinus maritima. Nach einer Photographie des Herrn Prof. Kusnezow.

Cakile maritima, Honkenya peploides, Agropyrum junceum. Gewöhnlich erheben sich hinter dem Strande Dünen, deren äusserste Reihen schwach bewachsen sind, während die Wiesen eine mit der Entfernung vom Meere mehr zunehmende Dichtigkeit und Mannigfaltigkeit ihrer Vegetation zeigen. Die ersten oder doch die vorherrschenden unter den ersten Ansiedlern sind Psamma arenaria (Ammophila arenaria, der Helm) und Elymus arenarius (der blaue Helm), deren kriechende und reich ver- zweigte Rhizome den Dünensand auffangen und befestigen und welche um so üppiger wachsen, je stärker die Düne fortwährend aufstaubt.1)

l) Buchenau, S. 252.

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

In ihrer Gesellschaft wächst bereits auf den äussersten Dünen das stattliche Eryngium maritimum, Glaucium flavum etc., sowie die Pflanzen des flachen sandigen Strandes. Auf älteren Dünen zeigen sich an der Nordsee Hippophae rhamnoides, Salix repens, Rosen, Brombeeren und zahlreiche Kräuter von nichthalophilen Eigenschaften.

Die südeuropäischen Dünen zeigen ganz ähnliche Unterschiede der äusseren und inneren Reihen. Auf den ersteren zeigt sich wiederum und in der gleichen Rolle wie im Norden Psamma arenaria. Die dieselbe begleitenden Gewächse sind theilweise die gleichen wie an nördlichen Küsten (Eryngium maritimum, Honkenya peploides, Agropyrum junceum, Cakile maritima, Salsola Kali, Calystegia Soldanella), theils sind sie südlichen Arten angehörig (in Portugal: Artemisia crithmi- folia, Crucianella maritima, Euphorbia Pa- ralias, Scrophularia frutescens, Diotis maritima, Pancratium maritimum).

Als sandbindende erste Bewohner der Dünen in der Camargue erwähnen Flahault und Combres: Juncus maritimus, Cynodon Dactylon, Scirpus Holoschoenus , Eryngium maritimum, Agropyrum junceum, A. acutum, A. campestre, Ephedra distachya, Ammophila arenaria, Echinophora spinosa, Clematis Flam- mula, Schoenus nigricans, Juncus acutus, Saccharum cylindricum, Juniperus phoenicea, Medicago marina, Anthemis maritima, Ten- crium Polium, Artemisia campestris, Helicbry- sum Stoechas.

Die felsigen Klippen besitzen eine weniger ausgeprägt halophytische Flora als der sandige und namentlich als der sumpfige Strand und ihre Vegetation schliesst sich ökologisch derjenigen der Felsformationen überhaupt an.

Schilderungen der Strand formationen

liegen nur für die europäischen Küsten

Unsere Figur 393 aus Florida und 396 aus Neu -Seeland zeigen.

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Fig. 394 a. Salicornia herbacea, eine halophile unbelaubte Fettpflanze.

vor.

dass die dortige Dünenvegetation sich bei ungleicher floristischer Zu- sammensetzung ökologisch der europäischen nähert.

X. Edaphische Wirkungen in den temperirten Zonen.

689

3. Die Heide.1)

Die Heide ist nur im kalttemperirten Europa, namentlich im Westen und Nordwesten, in typischer Form und grosser Ausdehnung vertreten. Sie ist durch das gesellige Auftreten der Calluna vulgaris bedingt, deren Vorkommen, mit Ausnahme einiger weniger Standorte in Nord- amerika, auf Europa beschränkt ist und da auch nur in Gebieten des Seeklimas eine wesentliche Bedeutung erlangt. Andere Ericaceen treten z. Th. als Nebenbestandtheile der Heide auf; sie bilden aber keine selbständige Heideformation.

Fig. 395. Düne auf der Insel Fano (Nordsee). Rechts: Elymus arenarius, links: Psamma

arenaria. Nach Warming.

Calluna vulgaris, das Heidekraut, bildet sowohl auf sandigen, wie auf moorigen Standorten, wenn dieselben sehr kalkarm sind, auf weite Strecken den Hauptbestandtheil der Vegetation. Der Sandboden, auf welchem sich Calluna angesiedelt hat, erhält bald einen Ueberzug von saurem Heidetorf, so dass der chemische Unterschied beider Substrate nicht gross bleibt. Der Moorboden ist wohl physikalisch nässer als der sandige Heideboden, aber die freien Humussäuren machen ihn physi- ologisch trocken. Torf und Sand sind sehr arm an mineralischen

1) Vgl. namentlich Gräbner 1. c. Schi in per, Pflanzengeographie.

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ggo Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Nährstoffen, und dieser Umstand kommt der Calluna zu Gute, indem deren Wurzeln nur in überaus verdünnten Nährlösungen fortkommen, !) während die meisten anderen Gewächse höhere Ansprüche machen. Die gleiche Eigenschaft kommt noch anderen Ericaceen zu, welche daher, theils an trockneren, theils an feuchteren Standorten das gemeine Heidekraut begleiten (z. B. Arctostaphylos uva ursi, Erica tetralix und im Westen Erica cinerea, Vaccinium Vitis idaea, uliginosum, Myrtillus). Aber auch kleine Bäume, Sträucher und Kräuter aus anderen Familien treten als Nebenbestandtheile der Heide auf, z. B. Juniperus vulgaris, Sarothamnus scoparius, Genista pilosa, germanica, tinctoria, Cytisus sagittalis, Betula alba, Salix aurita, repens, Aira flexuosa, Molinia coerulea u. a. Gräser etc. Alle diese Gewächse kommen ausserdem noch an anderen Standorten, theils auf trockenem, sterilem Boden, theils auf saurem Humus, in Mooren und dünnen Waldungen vor.

Das Vorherrschen des immergrünen Heidekrauts verleiht der Heide einige Aehnlichkeit mit den dürftigsten Hartlaubformationen der winter- feuchten wärmeren Gebiete. Eine gewisse klimatische Analogie ist wohl vorhanden; wie die Hartlaubgehölze ist die Heide an feuchte Winter gebunden und gedeiht nur gut, wo auch im Sommer die Luft feucht ist. Die Unterschiede sind jedoch überwiegend. Die Hartlaub- gehölze bilden ausgeprägt klimatische Formationen, welche die von ihnen bewohnten Gebiete beherrschen und eine weitgehende Un- abhängigkeit vom Boden zeigen, während die Heide an Sand und Torf gebunden ist. Ferner sind die Hartlaubgehölze beinahe aus- schliesslich aus immergrünen Arten zusammengesetzt und letztere gehören den verschiedensten systematischen Typen, auch solchen an, die in anderen Klimaten periodisch kahl sind. Bei ihnen ist der immergrüne Charakter offenbar eine klimatische Anpassung. Die Heide hingegen enthält zahlreiche winterkahle Formen und die immergrünen gehören systematischen Typen an (Ericaceen, Coniferen), bei welchen der immergrüne Charakter erblich ist und sich bei den meisten Arten unter den verschiedenartigsten klimatischen Bedingungen, auch mitten unter der laubabwerfenden Vegetation, erhalten hat. Das immergrüne Laub stellt nicht eine Anpassung an die Existenzbedingungen in der Heide dar, sondern ein morphologisches Merkmal einiger der die Heide bewohnenden Pflanzenarten, namentlich der Calluna, und beherrscht nur wegen des Ueberwiegens der letztgenannten Pflanze die ganze Formation.

4. Die Moore.

Reiche Bildung von Torf auf nassem Boden führt zur Entstehung der Moore, welche namentlich in kühlen und feuchten Gebieten der

1) Nach Gräbner.

X. Edaphische Wirkungen in den temperirten Zonen. 69 1

kalttemperirten Gürtel grosse Verbreitung besitzen. In den wärmeren Gürteln kommt es, wegen der rascheren Zersetzung der Pflanzensubstanz, weniger oft zur Bildung mächtiger Torflager.

Die Moore besitzen eine sehr ungleiche Vegetation, je nachdem ihre mineralische Unterlage kalkarm oder kalkreich ist. Sie werden im ersten Falle Hochmoore, im letzteren Wiesenmoore genannt. Das Wasser der Hochmoore ist kaffeebraun und reich an organischen Stoffen, indem es neben freien Humussäuren, auch humussaure Alkalien in Lösung enthält ; letztere treten im Wasser der Wiesenmoore zurück, indem die Humussäuren unlösliche Verbindungen mit Kalk bilden. Die Unterschiede der Flora hängen zum grossen Theile mit der ungleichen Menge des Kalkes in Hoch- und Wiesenmooren zusammen; jedoch kommt auch der ungleichen chemischen Zusammensetzung der Humus- stoffe, allem Anscheine nach, eine nicht unwichtige Bedeutung in dieser Hinsicht zu. Viele sonst bodenvage Pflanzen nämlich, die auf Wiesen- mooren gut gedeihen, gehen den Hochmooren vollständig ab, indem sie von den letzteren wahrscheinlich durch die grosse Menge gelöster Humussalze ferngehalten werden.

So kommen nach Sendtner 33 Phanerogamen, die an anderen Standorten bodenvag sind, in Bayern auf Wiesenmooren, aber nicht auf Hochmooren vor, dagegen nur 4 auf Hochmooren, die nicht der Wiesenmoorflora angehören.

Der ausgezeichnete Kenner der bairischen Moore, Sendtner, schil- dert den ungleichen Charakter der Vegetation der Hoch- und Wiesen- moore seiner Heimath treffend in folgender Weise:

„Der Unterschied der Vegetation ist gross genug, um dem land- schaftlichen Gemälde des Ganzen schon in einiger Entfernung einen veränderten Ausdruck zu geben. Die rothe Sphagnumdecke, grössten- teils von dichten, oft kaum 1' hohen Wäldern der Filzkoppe (Pinus montana var. uncinata) überragt, charakterisirt nicht minder als Einzelheiten die Hochmoore, während die Wiesenmoore weite, nach den Jahreszeiten verschieden grüne Wiesenstrecken repräsentiren, denen als verkrüppelt baumartiges Gewächs die Waldföhre (Pinus silvestris) eine von der Legföhre sehr verschiedene Ausstattung gewährt."1)

Die Charakterpflanze der Hochmoore ist das Torfmoos, Sphag- num (Fig. 397), in Deutschland und in der Schweiz namentlich Sphagnum cymbifolium, dessen schwammartige, wasseraufsaugende Polster allmählich in die Höhe wachsen, während ihre unteren Theile in Torf, sogenannten Moostorf übergehen. Dieses Aufwachsen verursacht, dass das Moor sich allmählich über das Niveau des Grundwassers erhebt, namentlich in der Mitte, da sie dem älteren Theil des Moors entspricht. Die aller- dings schwache Convexität der Sphagnummoore, das Centrum kann

l) 1. c. S. 626.

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

bis 4 m höher liegen als der Rand, hat zu ihrer Bezeichnung als Hochmoore gefuhrt. Vermöge der wasseraufsaugenden Kraft der Sphag- numpolster bleiben auch die höchst gelegenen Theile des Moors dauernd von Wasser durchtränkt.

Die Wasseraufsaugung durch die Sphagnen findet theilweise durch Ver- mittelung capillarer Zellräume, theils äusserlich in den groben Capillaren zwischen den Blättern statt (Fig. 398); der erstere Modus ist bei den häufigsten der Hochmoorsphagna der normale und durch das sehr vollkommene Capillar- system innerhalb der Achsen und Blätter zu grosser Wirksamkeit gebracht

Fig- 396. Strandvegetation Neu-Seeland's (S. Insel). Dünen bei New-Brighton. Rechts: Co-

prosma acerosa A. Cunn., links: Cassinia fulvida Hook, f., auf der Düne Desraoschoenos

spiralis Hook. f. Nach einer Photographie von Herrn Cockayne.

Die Stengelrinde und die Blätter bestehen bei allen Sphagnen aus zweierlei Elementen, nämlich chlorophyllhaltigen Zellen und plasmaleeren Zellräumen. Letztere, welche, ähnlich wie die Tracheen höherer Pflanzen, mit faserigen Verdickungen ausgesteift zu sein pflegen, stehen mit einander und mit der Umgebung durch runde Oeffnungen in ununterbrochener Communication und stellen ein System continuirlicher Capillarröhren dar, durch welches das aus dem Medium geschöpfte Wasser rasch den entferntesten Theilen der Pflanze zugeführt wird.

Bei Sphagnum cymbifolium und seinen Verwandten sind die oberfläch- lichen Zellen der Rinde mit zahlreichen nach aussen mündenden Poren

X. Edaphische Wirkungen in den temperirten Zonen. 603

versehen und unten auch durch grössere Oeflhungen verbunden als bei anderen Arten, wo die hyalinen Zellräume mehr zur Aufspeicherung als zur Fortleitung des Wassers dienen. Die Wasserbewegung findet bei Sph. cymbifolium, nach Oltmanns, theils, und zwar vornehmlich, in der Stengelrinde, theils durch die Blätter statt, deren capillare Zwischenräume den Uebertritt des Wassers aus dem unteren zum oberen Blatt vermitteln. Bei anderen Sphagnum - Arten kommt die grobe Saugung in den äusseren Capillaren mehr zur Geltung.

Aehnliche Blattstructur und Wasserbewegung wie bei Sph. cymbifolium, letztere jedoch nur in den Blättern, zeigt sich bei dem systematisch entfernten, aber in der Lebensweise übereinstimmenden Leucobryum glaucum, ebenfalls einem häufigen Moose der Torfmoore, wieder. Dasselbe ist jedoch nicht auf letztere beschränkt, sondern zeigt sich noch an anderen nassen kalkfreien Standorten.

Im Uebrigen setzt sich die Flora der Hochmoore theils aus Pflanzen- arten zusammen, die auch an torffreien, trockenen Standorten vor- kommen, wie bei uns Calluna vulgaris, Vaccinium vitis idaea, Betula pu- bescens etc., theils aus solchen, die zwar an Torfboden gebunden sind, aber auch auf Wiesenmooren vorkommen, wie Drosera rotundifolia und longifolia, Polygala uliginosa, Comarum palustre, Pedicularis palustris, Salix repens, die Eriophorum-Arten, viele Carices, theils aus Arten oder Varietäten, die für das Hochmoor charakteristisch sind, wie Pinus montana var. uncinata, Drosera obovata und intermedia, Viola palustris, Vaccinium Oxycoccos, Andromeda polifolia, Betula nana, Rhynchospora alba etc.

Die Vegetation der Wiesenmoore weist eine grössere Anzahl Pflanzen- arten auf, die auch an anderen Standorten vorkommen, als die Hoch- moore, was wohl auf ihren geringeren Reichthum an gelösten organischen Stoffen und ihren grösseren Reichthum an Mineralstoffen zurückzufuhren ist. Doch besitzt das Wiesenmoor auch seine charakteristischen Arten, so in Baiern, nach Sendtner: Epilobium palustre und tetragonum, Senecio aquaticus und paludosus, Gentiana Pneumonanthe , Gratiola officinalis, Juncus conglomeratus, Rhynchospora fusca, mehrere Carices etc.

In wie fern die charakteristischen Pflanzen der Moore der organischen Bestandtheile des saueren Humus bedürfen oder nur deswegen auf dieselben beschränkt sind, weil sie, ähnlich den Halophyten, dieselben ertragen und bei der geringeren Concurrenz anderer Arten sich zu behaupten vermögen, ist für manche derselben noch eine offene Frage. Doch vermögen nachweisbar mehrere typische Moorpflanzen, namentlich solche des Wiesenmoors, in Cultur auch auf gewöhnlichem Boden zu gedeihen, wie z. B. Gratiola, die Epilobien etc.

Dass eine Verwendung des Humus für die Ernährung gewisser Arten der Moorflora stattfindet, geht mit grosser Wahrscheinlichkeit daraus hervor, dass bei vielen derselben (Ericaceen, Empetrum, Orchideen) die endotrophische Mycorhiza nachgewiesen worden ist. Doch scheint auch für die Pilze die Assimilation des Humus im Moor-

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Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

boden weit schwieriger zu sein als diejenige des milden Humus, indem die auf letzterem so massenhaft auftretenden stattlichen, chlorophyll- freien saprophytischen Pilze den Mooren gänzlich fehlen.

Noch in anderer Hinsicht bieten die Moore, namentlich die mächtigen Hochmoore , dem Pflanzenleben ungünstige Bedingungen, nämlich in ihrer Armuth an Mineralstoffen, bedingt durch die grosse Entfernung der Pflanzendecke von der mineralischen Unter- lage und durch die absorbirende Wirkung des Humus, die ein Auf- saugen der gelösten Salze erschwert oder unmöglich macht. In der erdigen Humusschicht, welche die Hochmoore in einer Mächtigkeit von 2 3,5 Fuss überzieht, ist das Verhältniss der organischen Be-

Fig. 397. Sphagnum fimbriatum. Zweig in natürl. Grösse. Nach W. P. Schimper.

Fig. 398. Sphagnum cymbifolium. a Chlorophyllhaltige Zellen, w Wasser- zelle mit Verdickungsleisten und Löchern L. von der Fläche. L. d. B.

standtheile zu den anorganischen ungefähr 5 : 2 während es in guter humöser Erde auf etwa 1:2 herabsinkt. Die Torflager der Wiesen- moore sind weit weniger mächtig und weit reicher an MineralstorTen als diejenigen der Hochmoore, deren Mächtigkeit in der Mitte 30 Fuss betragen kann.

Auch in Bezug auf den Gehalt an assimilirbaren Stick- stoffsubstanzen gehören die Moore, namentlich die Hochmoore, zu den ärmsten Böden. Stickstoff ist zwar reichlich vorhanden, aber in der unzugänglichen Form humificirter Eiweisskörper. Nitrificirende Bacillen sind in Folge der SauerstofTarmuth spärlich vorhanden, und der Bacillus der Leguminosenknöllchen gedeiht in Torfmooren nicht.

X. Edaphische Wirkungen in den temperirten Zonen. Qg 5

Die eben erwähnten Uebelstände sind bei manchen Moorpflanzen, namentlich solchen der amerikanischen Flora, bis zu einem gewissen Grade dadurch ausgeglichen, dass dieselben sich die kleine Thierwelt, als fleischfressende und fleischverdauende Pflanzen zu Nutzen machen. Die Moore stellen die Heimath der meisten dieser merkwürdigen Gewächse dar.

Bekannt ist auf unseren Mooren das Vorkommen der üppigen Rasen von Drosera, an Stellen wo sonst keine oder nur eine kümmer- liche Vegetation gedeiht. Auch Pinguicula vulgaris und Arten von Utricularia sind Bewohner der deutschen Moore. Indess6n kommt die fleischfressende Flora unserer Moore neben derjenigen der nord- amerikanischen gar nicht in Betracht. So sah ich auf den Hochmooren von Massachussets , ausser grossen Droseren, Sarracenia purpurea und die bodenbewohnende Utricularia cornuta,1) einen wesentlichen Theil der Vegetation bilden, und in Florida stattliche Insektenfresser, wie Pinguicula lutea, elatior und pumila, Sarracenia variolaris die Moorvegetation geradezu beherrschen. Ausserhalb der Moore bewohnen die fleischfressenden Pflanzen vorwiegend sterilen Sand, also ein Substrat, welches, wie der Torfboden, durch grosse Armuth an Nähr- stoffen ausgezeichnet ist. So sah ich in Florida die kleine Utricularia subulata als einzigen Besiedler von Sandflächen, aus welchen ihre haardünnen blattlosen Schäfte hervorragten, während die im Boden verborgenen Blasen des Rhizomsystems beinahe die ganze Nahrungs- aufnahme besorgten.

Dadurch, dass einige insektenfressende Pflanzen, z. B. Nepenthes- Arten, auf einem reicheren Substrat vorkommen, wird ihrer Bedeutung für die Flora steriler Böden kein Abbruch gethan. Uebrigens sah ich einen Nepenthes (N. melamphora?) in üppigen Exemplaren auf den sterilen Gerollen des Vulkans Goentoer auf Java.

Auswahl der Literatur.

1. Allgemeines.

Vergl. die Literaturübersicht S. 206.

2. Die temperirten Strandformationen.

Ascherson, P. Die Salzstellen der Mark Brandenburg. Zeitschr. d. deutsch.

geolog. Gesellsch. XL 1859. B r i c k , C. Beiträge zur Biologie und vergleichenden Anatomie der baltischen

Strandpflanzen. Schriften der naturf. Gesellsch. zu Danzig. 1888.

•) Schimper 1. c. Da näheres über die Oekologie dieser Gewächse.

6g6 Zweiter Abschnitt: Die temperirten Zonen.

Buchenau, Fr. I. Flora der ostfriesischen Inseln. 1887.

IL Vegetationsverhältnisse des Helms. Abh. d. naturw. Ver. in Bremen.

Bd. IX. 1887.

III. Die Pflanzenwelt der ostfriesischen Inseln. Ibid. S. A. s. d. Contejean, Ch. Geographie botanique. 1881.

Daveau, J. La flore littorale du Portugal. Bullet de l'herbier Boissier.

Vol. IV. 1896. Drude, O. Deutschlands Pflanzengeographie. Erster Theil. 1896. Flahault, Ch., et P. Combres. Sur la flore de la Camargue et les

alluvions du Rhone. Bullet de la Soc. botanique de France. Tome 41.

1894. Schimper, A. F. W. Die indo-malayische Strandflora. Jena 1891. Schulz, A. Vegetationsverhältnisse der Umgebung von Halle. Mittheil. d.

Vereins für Erdkunde. 1887. Warming, E. I. Fra Vesterhavskystens Marskegne. Vidensk. Meddelelser

naturh. Forening, Kjöbenhavn 1890.

II. De psammofile Vegetationer i Danmark. Ibid. 1891.

III. Exkursionen til Fanö og Blaavand i Juli 1893. Bot Tidsskrift 1894. Willkomm, M. Vegetation der Strand- und Steppengebiete der iberischen

Halbinsel. 1852.

3. Die Heide.

Borggreve. Heide und Wald. Berlin 1889.

Drude, O. I. Ueber das gemischte Auftreten von Heide- und Wiesen- vegetation. Flora. 1876.

IL Deutschlands Pflanzengeographie. I. 1886. S. 331.

F o c k e , W. Ueber die Vegetation des nordwestdeutschen Tieflandes. Abh. d. naturw. Vereins in Bremen. 187 1.

Einige Bemerkungen über Wald und Heide. Abh. d. naturw. Vereins

Bremen. Bd. III.

Graebner, P. Studien über die norddeutsche Heide. Engler's Botan. Jahrbücher Bd. XX. 1895.

Krause, E. H. L. Die Heide. Engler's Botan. Jahrbücher XIV. 1892.

Müller, P. E. Studien über die natürlichen Humusformen und deren Ein- wirkung auf Vegetation und Boden. Berlin 1887.

4. Die Moore.

Christ, H. Das Pflanzenleben der Schweiz. 1879.

Drude, O. Deutschlands Pflanzengeographie. I. 1886. S. 335.

Fischer-Benzon. Die Moore der Provinz Schleswig-Holstein. Abh. d. naturw. Ver. Hamburg. Bd. XI. 1891.

Grisebach, A. Ueber die Bildung des Torfes in den Emsmooren. Ge- sammelte Abhandlungen. Leipzig 1886.

Müller, P. E. Studien über die natürlichen Humusformen etc. Berlin 1887.

Schimper, W. P. Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Torfmoore. 1858.

Sendtner, O. Vegetationsverhältnisse Südbayerns. 1854.

Weber, CA. Ueber die Vegetation des Moores von Augstumal bei Heyde- krug. Mitth. d. Vereins zur Förderung d. Moorcultur im deutschen Reiche. Bd. IX. 1894.

Dritter Abschnitt.

Die arktische Zone.

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Flora.

1. Charakteristik des polaren Klimas. Allgemeine Eigenschaften. Sommertempe- raturen. Unterschiede zwischen der Temperatur der Luft und derjenigen bestrahlter Gegenstände. Niederschläge. Klimatische Tabellen. 2. Wirkungen des arktischen Klimas auf das Pnanzenleben. § I. Uebersicht der klimatischen Factoren. § 2. Vegetations- zeit und periodische Erscheinungen. Lebensbedingungen der Pflanzen in der Arktis nach Kjellman. Erwachen der Vegetation aus dem Winterschlaf. MiddendorfTs Beobachtungen. Reifen der Früchte. § 3. Wachsthum und Stoffwechsel der Vegetations- organe. Zwerghafter Wuchs. Wachsthum bei dauernder und unterbrochener Beleuchtung. Assimilation im continuirlichen Sonnenlicht Durch continuirliche Beleuchtung bedingte histologische Eigenthümlichkeiten. § 4. Xerophile Structur der Vegetations- organe. Xerophile Merkmale durch die Bodenkälte bedingt. Polsterform. § 5. Re- productionsorgane. Grosser Blttthenreichthum. Relativ grosse Blüthendimensionen. § 6. Angebliche Schutzmittel gegen Kälte. 3. Floristischer Charakter der arktischen Lander. Grönlands Flora nach Warming. Spitzbergen^ Flora nach Nathorst.

1. Charakteristik des arktischen Klimas.

Von den beiden polaren Kappen deß Erdballs soll die eine, die südliche, jeder Vegetation entbehren. Diese Annahme wird vielleicht durch spätere Forschungen widerlegt werden. Jedenfalls entzieht sich zur Zeit das südliche Polargebiet der pflanzengeographischen Betrach- tung. Die arktischen Polarländer tragen hingegen überall, soweit sie im Sommer eisfrei sind, noch jenseits der Baumgrenze eine artenarme und dürftige Pflanzendecke.

ßgg Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

Die Baumgrenze bildet in ökologischer Hinsicht die natürliche Süd- grenze des arktischen Vegetationsgebiets. Sie liegt bald nördlich, bald südlich des Polarkreises, ersteres in Europa und Asien, letzteres in Amerika, am nördlichsten an einzelnen Punkten Sibiriens, am südlichsten in Labrador.

Temperatur und Beleuchtung bieten die Hauptmerkmale des Polarklimas, erstere in dem langen kalten Winter und dem kurzen kühlen Sommer, letztere in der langen Winternacht und dem langen Sommer- tag. Die winterliche Dunkelheit ist für das Pflanzenleben wenigstens auf dem Festland irrelevant. Auch den tiefen Wintertemperaturen kommt nicht eine so hervorragende Bedeutung zu, als ihnen z. B. noch Grise- bach zuschrieb ; sie sind im Allgemeinen nicht einmal so streng als an manchen Punkten der temperirten Zonen. Von grösserer Bedeutung für das Pflanzenleben als die Temperaturminima ist die Armuth der Nieder- schläge im Winter, sind die heftigen Winde, welche die meist nicht sehr mächtige Schneeschicht zu Haufen zusammenwehen und weite Strecken bewachsenen Bodens rein fegen. Verhängnissvoll sind ausserdem für die Vegetation während des Winters die Klarheit des Himmels und die zeitweise herrschende Trockenheit der Luft, welche so gross werden kann, dass auch bei der grössten Kälte der Athem sich nicht verdichtet und der Tabak zu Staub zerfallt.

Der Winter setzt sich weit in die Frühjahrsmonate fort, so dass oft der März, im nordeuropäischen Polargebiet sogar noch der April, die grösste Kälte bringen kann. „Im Mai steigt die Temperatur rasch, und fast überall und stets ist der Juli der wärmste Monat, da im August die Sonnenstrahlung schon wieder rasch abnimmt" (Hann).

Während des grössten Theiles der drei Sommermonate (Juni, Juli, August) ist die Sonne über dem Horizont ununterbrochen 65 Tage lang unter dem 70., 134 Tage lang unter dem 80. Breitegrad.

Die Sommertemperaturen sind in den verschiedenen Theilen des Polargebiets sehr ungleich, aber nicht so sehr von dem Breitegrade, als von der Vertheilung von Land und Wasser und von dem Vorhanden- sein oder Fehlen warmer Strömungen abhängig. Immerhin ist beinahe überall, auch während des wärmsten Monates, Juli, die Lufttemperatur eine niedrige. So beträgt sie in Ost- Grönland 3,8° C, in Spitzbergen (Nordenskjöld) 4,6; an der Westküste von Nowaja Semlja 4,6; in Boothia, an der Nordspitze Amerika's 5,2: in Grinellland 2,8; in Godt- haab an der Westküste Grönlands 6,6. Wärmer ist die Nordküste Asiens, wo das Maximum stellenweise erst im August eintrit, z. B. Tolstoj Noss (August) 8,8°; Filipows-Koje (August) 10,7; Ussjansk (Juli) 13,4 (Hann und Woeikof).

Die tägliche Wärmeschwankung an 5 Orten zwischen dem 700 und 750 N. B. beträgt nach Hann: Mai 5,4°; Juni 4,5; Juli 2,4; August 2,9.

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Flora. ßOQ

Die Lufttemperatur, namentlich die mittlere, giebt allerdings noch weniger als in niederen Breiten eine Vorstellung von der Wärmemenge, die der Pflanzenwelt thatsächlich zur Verfügung steht. An jenem Pol, der sein Sommerhalbjahr hat, ist die Bestrahlung vor und nach der Sonnenwende, also durch 56 Tage, stärker als an irgend einem Punkte der Erde und während 84 Tage grösser, als die gleichzeitige am Aequator (Hannj. Allerdings ist die Wärmeabsorption durch die Atmo- sphäre auf dem langen Wege zum Pole eine weit grössere als auf dem kürzeren zum Aequator; aber die Lufttemperatur wäre dennoch eine weit grössere, als sie thatsächlich ist, wenn die Sonnenwärme nicht zum grösssten Theile zum Schmelzen der Eismassen Verwendung fände.

Der Temperaturunterschied zwischen der Luft und den direkt be- strahlten Gegenständen ist dementsprechend in den Polarländern weit grösser, als in Gebieten, die während des Sommers frei von Schnee und Eis sind. Aus dem gleichen Grunde wird trockener Boden durch die Sonne stärker erwärmt als solcher, der in geringer Tiefe Grundeis enthält. Auch werden geneigte Bodenflächen stärker erwärmt als hori- zontale, wo das Schmelzwasser über dem ewigen Bodeneise stagnirt und immer wieder von unten gefriert (Hann). Endlich kommt bei ge- neigten Flächen auch die Stellung zum Horizont wesentlich in Betracht indem der Boden bei günstiger Lage zum Sonnenlicht unter weniger schiefem Winkel oder gar senkrecht von demselben getroffen wird.

Folgende Angaben illustriren das über den Temperaturunterschied zwischen Luft und direkt bestrahlten Gegenständen Gesagte:

„Nach Kane's Beobachtungen an einem geschwärzten Thermometer (im Vacuum) in Rensselaerhafen (j&1/20 N.) stieg die Temperatur in der Sonne vom 16. Mai bis zum 4. September stets über den Gefrierpunkt und erreichte selbst 2i° C. Die Luftwärme dagegen war nur von Mitte Juni bis Mitte August über o. In der Assistancebai (7 4 2/2° N.) beobachtete man, dass schon im März bei einer Lufttemperatur von 31 ° bis 33 ° C. der Schnee in der Sonne zum Schmelzen kam, wo er über Steinen oder in der Nähe des dunklen Schiffskörpers lag." (Hann, S. 745.)

Von der Vega-Expedition wurde auf dem Sandstrande bei Pittlekaj am 8. Juli um 10 Uhr die Lufttemperatur 1 m über dem Boden auf +6.8° G, an der Oberfläche desselben auf -(-I4-5°» m IO cm Tiefe auf + 230, in 15 cm Tiefe auf -|-i70C. festgestellt. (Kjellman.)

Auch Kihlman widmete dem Gegenstande in Russisch-Lappland seine Aufmerksamkeit: „Auf dem Tundraplateau bei Orlow beobachtete ich am 10. Mai um 1 Uhr Nachmittags, während der Schnee nur stellenweise ge- schmolzen war und das Thermometer im Schatten gleichzeitig -\-8 bis 90 C. zeigte, folgende locale Erwärmungen. In einer horizontalen Flechten-Heide (Grundeis 5 cm, Schneewasser etwa 20 Schritte entfernt) war die Temperatur dicht am Boden -|- 1 40 ; 1 dm von der Oberfläche , in gleicher Höhe mit den Astspitzen der Zwergbirke, 12°- 5 dm von der Oberfläche 90. Ein 3 dm

7oo

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

hoher, mit Empetrum und Cladina bewachsener Torfhtimpel zeigte an seiner steilen Südseite 24.5 ° (Grundeis 5 cm entfernt). Ein zweiter, 4 dm hoher, aber weniger steiler Hümpel hatte eine 30.2 ° warme Oberfläche (Grundeis dicht unter den Reisern). Eine ausgetrocknete Vertiefung des Bodens, von wasserreichen Hypna bekleidet, war 13.50 C. warm (Grundeis 4 cm entfernt). In der vorhergehenden Nacht war das Minima-Thermometer auf 4.30 ge- sunken, und in der folgenden sank es wieder auf -I-0.50."1)

Derselbe Forscher hat ausserdem instructive Beobachtungen über die Temperatur des Bodens unter einer Schneedecke angestellt: „Als bisher wenig oder gar nicht beachteter Factor bei der Verminderung der Schnee- decke kommt nach meinen Beobactungen noch eine untere Abschmelzung hinzu. An sonnigen Frühlingstagen sieht man nämlich oft längs dem Saume der Schneefelder die Unterfläche derselben von dem Boden durch eine deutliche, mitunter bis decimeterhohe Lufthöhle isolirt; ihre Breite nach innen beträgt nicht selten 2 3 Fuss . . . Bei Gegenständen, die über dem Boden emporragen, aber noch von dem Schnee vollständig bedeckt sind, ist Aehn- liches wahrzunehmen. Sobald die zusammensinkende Schneebedeckung, z. B. oberhalb eines Steines, ein gewisses Maximum von Dicke, das jedenfalls nicht sehr beträchtlich sein kann, erreicht hat, beginnt eine Unterschmelzung, die zur Herstellung eines Hohlraums zwischen dem Steine und dem Schnee führt . . . Trotz, der äusserst geringen Durchlässigkeit des Schnees für Wärme bleibt wohl eine durch Strahlenabsorption erfolgte Erwärmung der Oberfläche des im Schnee begrabenen Körpers die einzig mögliche Erklärung des Vor- gangs. Er ist mit dem von den Gletschereinschlüssen hervorgerufenen Entstehen prismatischer Hohlräume im Eise ganz analog und auf dieselben Ursachen zurückzufuhren. Eine Voraussetzung für das deutliche Hervortreten des Phänomens ist die vorhergehende, mehr oder weniger vollständige Umwandlung des Schnees in Firnschnee oder Firn ... da wohl dem Firn, der in seinen physikalischen Eigenschaften zwischen Hochschnee und Eis steht, auch eine im Vergleich mit dem ersteren erhöhte Diathermaneität zukommt"*)

„Eine direkte Bestätigung dieser Vermuthungen fand ich durch folgende Beobachtung. Am 11. Mai, einem sonnigen, warmen Tage, wurde Mittags am Rande einer Schneeansammlung auf einem schwach geneigten, südlichen Bergabsatz der 2 3 cm dicke Eissaum durchlöchert und durch das enge Loch ein Thermometer eingeschoben, so dass seine Kugel auf der aus filzig verbundenem Empetrum, Vaccinium und Cladina bestehenden Unterlage zu stehen kam. Das Eindringen warmer Luft von der Seite wurde so gut es gehen wollte durch vorgestellte Eisstücke verhindert; die Entfernung der Thermometerkugel von der Unterfläche des Eises betrug nur etwa 2 cm. Obgleich nun das Heruntersinken des kalten Schmelzwassers längs der Thermo- meterröhre nicht gänzlich vermieden werden konnte, hielt sich die Temperatur längere Zeit auf -(- 7 ° C. Sobald die Eisscholle durch eine gleichdicke Scheeschicht verstärkt wurde, sank die Temperatur auf 30, später auf -|-i0 C. Unmittelbar in der Nähe, auf schneefreiem Boden, zeigte ein Thermometer, dessen Kugel zwischen den Reisern versteckt und vor direkter Besonnung

!) 1. c. S. 31. 2) 1. c. S. 48.

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Flora. 70 1

geschützt wurde, -|-2o0. Die Temperatur der Luft, in gewöhnlicher Weise gemessen, war gleichzeitig -|-70." (S. 48 49.)

So günstige, durch direkte Bestrahlung hervorgerufene Boden- temperaturen sind von kurzer Dauer, indem die Wolken und nament- lich die häufigen Nebel die Sonnenscheibe bald wieder verdecken. Ausserdem sind sie auf eine Oberflächenschicht von geringer Dicke beschränkt, unterhalb welcher, etwas tiefer, oder etwas weniger tief, je nach der horizontalen oder schiefen Lage des Bodens, bald der ewige Nullpunkt erreicht wird.

So berichtet Middendorff: „Auf dem unmittelbar von der Sonne beschienenen Boden sah ich wiederholt das Thermometer zu Anfang August bis über 24 ° R steigen, so dass es wohl den dreifachen Betrag der Luftemperatur erreichen mag. Von der Oberfläche des Bodens bis in die Tiefe hinein nimmt aber die Temperatur so rasch ab, dass es in 2 Zoll Tiefe kaum halb so warm, in 4 Zoll Tiefe nochmals halb so warm ist, etwa nur + 30 R war, während auf if bis i1/«/ Tiefe der Boden steif gefroren bleibt und seine nähere Umgebung auf dem Gefrier- punkt erhält."1)

Die Niederschläge sind während der Vegetationszeit gering (vgl. die Tabellen), aber sehr häufig. Von grosser Bedeutung für die nur aus seicht wurzelnden Pflanzen bestehende Vegetation dürften die häufigen, nassen Nebel sein. So sagt Martins von Spitzbergen: „Die Nebel halten fast beständig an und sind von einer Dichtigkeit, dass man die Gegenstände auf ein paar Schritt vor sich nicht erkennt; diese Nebel, feucht kalt und durchdringend, durchnässen oft wie Regen." 2)

In ähnlicher Weise spricht sich Kihlman über Russisch-Lappland aus : „Dichter, bisweilen wochenlang anhaltender Nebel, der alles durch- nässt und zeitweise von feinem Staubregen kaum zu unterscheiden ist, ist für die Sommermonate der Küstengegenden geradezu charakte- ristisch."8)

Hann erwähnt den Sommernebel in seiner allgemeinen Charakte- ristik des Polarklimas als eines häufigen „grossen Uebelstands."

Die folgenden Tabellen weisen in westöstlicher Richtung die kli- matischen Verhältnisse an einzelnen Punkten der Nordpolarländer auf.

*) 1. c. S, 666.

*) 1. c. Bd. I, S. 83.

8) 1. c. S. 40.

702

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

Tabelle L Fort Conger (Grinnell-Land). 8i° 44' N., 640 45' W„ Meeresniveau

2 Jahre (1881 83).

Te

1 <! 1 Mittel

mperatur 881—82)

Extreme

Rel.

Feuch- tigkeit

TS M

Ü.

7.9

Wind- geschwin- digkeit

Nieder- schläge Menge' Tage

Klara Wetter Stunden

August . .

0.8

7-7

9.1

78

1.8

12 | 7.O

73

September.

| ".7

1.1

23.6

84

6.3

1.9

9

i°-5

196

October .

\ 22.9

—12.8

—35-1

83

4.5

I.I

6

7-5

35»

November .

—31.4

19.4

—41.7

2.7

0.5

5

4-5 5-5

470

December .

, —35-6

23.3

—46.8

3-6

O.4 O.4

8

425

Januar . .

1 —39-°

23.1

50.1

3.4

10

6-5

454

Februar

! 43-6

—23-3

—52.3

-

2.8

o-3

3 4.5

11 I11.5

4 6.0

426

März .

i ~34-4

21.7

—43-8

4.9

0.8

286

April . .

22.6

IO.I

—41.2

3-5

1.1

415

Mai . . .

8.1

2.1

17.2

79

6.0

i.7

10

9-5 5-Q 9.0

176

Juni. . .

0.6

11.7

10.7

79

6.6

2.5

5

140

Juli . . .

2.7

10.2

I.I

80

7.i

2.0

17

66

Jahr . .

2O0.O

1

Maximum

82—83:

II.3

Minimum 82-83: 492

100 mm

87.0

1080

Maximum der Sonnenstrahlung im Mai: im Mittel 21° 3. Absol. Maximum 51 ° 4 (Mai 83). Differenzen zwischen Schatten und Sonne plus 40 50 °.

Meteor. Zeitschr. 1890, S. 17 u.f.

Tabelle IL Godthaab (West-Grönland). 640 11' N., 510 44' W., 26.2 m iL M.

Jahr 1882 83.

Jahr

'

T< Mittel

4-6

jmpera! Ex

II. 2

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0.6 2.2

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1 wölkung;

Boden- temperat, (im)

" fr.4 4.6

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Menge Tage \ ttgkeit

August . . !

5.l] 7-6

34 ! I5| 90

September .

2.7

9.0

7.5

8.0

230 25 , 86

October .

-3-o

6.8

"•3

6.8

6.0

1.6

18 7 i 78

November.

—7.5

1.8

7-i

6.6

0.2

15 6 74

December .

6.1

14.4 1 6.5

7.0

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0.3

8 | 5 ' 76

Januar .

—9.7

15-5

7-4

20.0 - 7.8

°-5

3 7 81

Februar

2.0

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23.4

9-4 91

40 ; 10 93_

März . .

6.0

-5-6

1 1.2

69 I 17 85

April . .

5-3

130

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O.I

12 9 84

Mai . .

O.I

71

—3-7

6.2 1 7.0

0.2

33 6 88

Juni . .

2.7

14. 1

—1.9 2.3

°-3 4.8

201 17 87

Juli . .

6.3

14.9

6.2

7.8

187 i 17 89

i

835 134

Meteor. Zeitschr. 1890, S. 143-

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Flora. . 703

Tabelle in. Sabine-Insel (Ost- Grönland). 740 32' N., 180 49' W.

T Mittel

e'mperatur

Extreme

Tägl. Ampi.

Bewöl- ' kung

Wind- stärke

(1-12)

Stunden- Nieder- schlag

December . .

1 —19.3

2.9 27.8

0.5

6.3

4.1

71

Januar

22.0

7.3

—33-6

05

3-7

1.6

63

Februar .

, —25-°

10.3

40.2

I.l

5-3

3-i

47

März

; —23.4

12.7

340

3-4

4.2

3-5

43

April

15-3

0.9

—3i.5

5.6

5-i

3-°

38

Mai . .

1 —5.O

+ 5.0

-18.5

5.4

5-2 6.5 3-9

1.9

58

Juni . .

| +2.0

+ 8.0

-3.8

3-9

I-9

88

Juli . .

1 +4.0 +I3-1

1.2

3.8

1.2

72

August .

1 +I.I

+ II.5 1 -6-1

4.4

4.5

i.7

37

September

—5-7

+ 5.0

11.8

3-o

5-°

2.6

33

October .

13.2

—4.4

22.8

i.3

4.2

2-3

43

November

80.3 1 der mensch

'age ichc

1 J7.5 mit völlig ; Athem n

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9.1

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5.4 slbst bei

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3.6 42 strengster Kälte

1876. S. 123.

Tabelle IV. Spitzbergen (Mosselbai). 790 53' N., 160 4' E., 12 m ü. M. 1872 73.

Mittel

Temperatur I Extreme

Tägl. Ampi.

Relative Feucht.

Bewöl- kung

December

n-5

—3-4 + 36

26.6

0.6 ~i.3~

86 "85""

5-1

Januar .

-

—13-7

—32.4

7-9

Februar

18.1

+ 1.6

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0.8 1-3

94

6.7

März

20.7

—0.4

+0.2

38.0 32.6

92 97

6.6

April

17.4

3-3

6.7

Mai . .

-8.5

+ 3.6

19.4

2.7

90 79

8.1

Juni . .

+ 1.1

+ 9-4

—3-9

0.0

1.9

8.2

Juli . .

+ 5.3

+ 12.8

August .

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+9.0 +6.1

2.6

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27.2

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96 94

September .

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October

—9.9

—0.6

8.0

November

1 ".3

+ 2.6

—19-5

0.7

93

7.i

Die im Winter häufigen und starken Südwinde erniedrigen die Feuchtig- keit um 2o°/0 und erhöhen die Temperatur um 10 2o°/0 über den nor-

malen Werth

Zeitschr. d. österr. Gesellsch. für Meteorologie. 1876. S. 123.

704

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

Tabelle V. Nowaja Semlja (Kleine Karniakul). 790 23' N., 520 36' E„ 7.1 m.

Jahr 1882 83.

Temperatur Mittel Extreme

Relative Feuchtig- keit

Wind- geschwin- digkeit

Be- wöl- kung

Nieder- schläge Menge | Tage

Bod tempe Oberfl.

en-

ratur1) 0.8 in

O.4

—0-3

" —6.1

Septbr. .

0.3

7-9 3.i"

1 1.0

95

6.0

8.1

32

13

2.9

October

-6.5 12.0

—23 4

87 82

7-5

8.7

34

12

-6.5

Novbr. .

O.9 | 29.6

7.0 7.3

4

8

13.0

Decbr. .

! »5-3

1.8 30.0

86

7.6

24 | 23

16. 1 11.9

Januar .

1 —9.7

1.6

39-5

82

9-3

6.5

20 | 19

22.3

16.1 11. 1

Februar

0.2

28.2

90

8.6

8.1

54

21

10.5

März .

—14.9

—2.5

—28.9

79-

9.0

6.2

86

13

15-7

12.3

April .

-6.4

3-7

20.1

80

8.6

7-5

21

13

—6.4

—9.0

Mai

—5.1

9.8 1—17.3

80

8.2

7-7

23

11

—4.2

—7.2

-0.5

Juni

1.2

8.8 : —2.4

87

7.i

8.8

J5

*5

4.1

Juli. .

5-7

15.7 ; —0.6

85

7-1

8.7

50

19

7.0

o-5

August .

5.5

14.9

o-S

78

6.6

6.9

3

16

10.7

1.2

Jahr . !

366

173

Meteorol. Zeitschrift 1890, S. 210. *) Bei 1.6 m Tiefe ist der Boden constant gefroren.

Tabelle VI. Ssagastyr (Sibirien). 730 23' N., 1240 5' E., 4.9 m ti. M. IX. 82 bis VL 84.

Temperatur Mittel | Extreme

Relative Feuch- tigkeit

.112

Be- wöl- kung *)

Niede

Menge (mm)

13

rschl.1) Tage

Boc tempe Oberfl.

ien- ratur')

«Min

04

14.8

—21.7

Septbr. .

1 O.I |-l7.2

11.0

12.3

89

6.7

9.0

14

O.I

Octbr. .

—2.5

29.6

90

6.5

7.2

3

7

—15.0

Novbr. .

1— 27.9

-18.3

—36.3

87

5.6

6.0

3

12

—27.5

Decbr. .

—33-6

19.4

—492

82

5-3

5.1

6

9

—32.8

Januar .

—36.9 42.0

—25.91—47.8

83

4.3

3-7 2.6

1

2

-35-4

Februar

27.1 —53-2

81

5-°

0

2

39 9 —247

März

33-3' 18.7 41.6

84

47 5.6

3-3

0

I

32.2 22.6

April .

j 21.0 10.2

—32.8

87

5.2

0

O

20.4—18.5

Mai . .

; -s.s 3.3

24.2

91

6.9

8.6

7

14

-7.8

13-4

Juni. .

0.7 12.5

12.6

92

6.8

8.4

18

IO

—"•5

Juli . .

1 49

3.5

12. 1

0.2

92

8.9

7.6 8.5

7

5

7.0

2.4

August .

12.8

1.2

90

7.0

36

8

5-5 2I

94

84

Bei 0.8 m Tiefe ist der Boden, ausser im September, gefroren. Die stärksten Winde sind E und ESE, die grösste mittlere Windstärke erreicht der ESE im Sommer mit nahe 10 m pro Secunde.

*) Die Zahlen stammen aus 1882 83. Meteorol. Zeitschrift 1890, S. 218.

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Floren. 705

2. Wirkungen des arktischen Klima auf das Pflanzenleben.

§ I. Uebersicht der klimatischen Factoren. Die Elemente des polaren Klima's, welche geeignet erscheinen, das Pflanzenleben in tiefer und charakteristischer Weise zu beeinflussen, können folgendermaassen zusammengestellt werden:

1) Die andauernde Sommerbeleuchtung: Hemmende Wirkungen auf das Wachsthum. Förderung der Assimilation, der Bil- dung von Pigmenten und anderen Stoffen. Beeinflussung der histo- logischen Structur.

2) Niedere Lufttemperatur des Sommers: Hemmende Wirkungen auf die meisten Lebensvorgänge, namentlich auf das Wachs- thum der Laubsprosse.

3) Niedere Bodentemperaturen des Sommers: Hem- mende Wirkungen auf das Wachsthum der unterirdischen Glieder. Erschwerung der Wasserabsorption durch die Wurzeln und dement- sprechend ähnliche Wirkungen wie Trockenheit des Bodens: Hemmung des Wachsthums der Laubsprosse, Förderung der Bildung der Sexual- organe, Austrocknungsgefahr.

4) Erwärmung durch Bestrahlung: Zeitweilige Aufhebung der Wirkungen niederer Luft- und Bodentemperatur.

5) Trockene bewegte Winterluft: Austrocknungsgefahr, ähnliche Wirkungen wie 3.

6) Kürze der warmen Jahreszeit: Beschleunigung der perio- dischen Erscheinungen ; Gefahren für die Samenreife ; Beschränkung des Dickenwachsthums der Achsen.

Es ist zur Zeit noch nicht möglich, den Antheil jedes einzelnen der eben erwähnten Factoren an den charakteristischen Erscheinungen des Pflanzenlebens in den arktischen Ländern anzugeben, doch sind, nament- lich durch die Untersuchungen Kjellman's und Kihlman's, die ersten Schritte in dieser Richtung zurückgelegt worden.

§ 2. Vegetationszeit und periodische Erscheinungen. Kjellman stellt die klimatischen Lebensbedingungen der Pflanzen in der gesammten Arktis folgendermaassen 'dar:

„Die Zeit, während welcher die Entwickelung der arktischen Pflanzen mit wenigstens einem grösseren Grade von Energie stattfinden kann, ist auf ungefähr zwei Monate beschränkt, zu denen an besonders gün- stigen Stellen vielleicht noch einige Tage hinzukommen, wovon in ungünstig gelegenen Theilen des Gebiets aber auch einige Tage ab- gehen."

Schimper, Pflanzengeographie. ac

706 Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

„So lange die mittlere Tagestemperatur den Nullpunkt nicht über- steigt, kann die Entwickelung als nicht begonnen betrachtet werden. In der letzten Hälfte des Juni trifft dies zwar zuweilen ein, doch ist aber auch dann die Kälte, besonders während der Nacht, oft gross. An sonnigen Stellen erwacht wohl die eine oder andere Pflanze zum Leben, der grösste Theil der Vegetation liegt aber noch im Winter- schlafe. Erst Anfang Juli thaut die Oberfläche des Bodens auf und schmilzt den Schnee fort. Am nördlichen Gänsecap, auf der Westküste von Nowaja - Semlja , unter ungefähr 72 ° n. Br., also in geringer Höhe gegen Norden, waren im Jahre 1875 sowohl das Binnenland wie auch die Strandabhänge auf bedeutenden Strecken noch am 23. Juni mit Schnee bedeckt. Nur dne geringe Zahl von Pflanzen war in der Ent- wickelung begriffen, und diese befand sich noch im ihren ersten An- fange. Bei Pitlekaj, dem Ueberwinterungsplatze der Vega -Expedition, wurde die erste Blüthe für das Jahr am 23. Juni gesehen. Der Monat September kann der Vegetationsperiode der arktischen Pflanzen nicht zugezählt werden : der Frost hat dann schon seinen Anfang genommen und Schneefall hat sich eingestellt. Als die schwedische Expedition von 1872 1873 am 3. September an der Mosselbai, an der Nord- küste von Spitzbergen ankam, waren bereits alle kleineren Wasser- ansammlungen mit Eis bedeckt und die Pflanzen auf dem Lande erfroren. Im Jahre 1875 hatte bei Matoschkin- Schar, der Strasse, welche die beiden Hauptinseln von Nowa- Semlja von einander trennt, der Winter sich schon in den ersten Tagen des September ein- gestellt. Die ganze Landvegetation war in den Winterschlaf versenkt und die den Sund umrahmenden Felsen mit Schnee bedeckt. Während des ganzen Monats September konnten von der Vega- Expedition auf der Nordküste von Sibirien nur Pflanzen eingesammelt werden, die ihre Thätigkeit für dieses Jahr bereits abgeschlossen hatten.1)

Nach sämmtlichen Augenzeugen wird die Vegetation wie durch Zauberschlag aus ihrem Winterschlafe geweckt. Kjellman schildert den Anfang der Vegetationszeit folgendermaassen :

„Es ist hier nicht so wie unter südlicheren Breitegraden, wo die eine Art nach der anderen allmählich zur Entwickelung gelangt; es giebt im hohen Norden nicht, wie weiter im Süden, eine aus verschie- denen, zu einer bestimmten Zeit blühenden Gewächsen zusammen- gesetzte, schärfer begrenzte Frühlings-, Sommer- und Herbstflora. In den Polargegenden kommt alles oder doch fast alles gleichzeitig zum Leben, die Entwickelung beginnt überall in dem gleichen Stadium und schreitet mit gleicher Schnelligkeit fort, so dass auch beinahe das ganze Blüthen-

*) 1. c. S. 45o—45».

L Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Floren. 707

wachsthum auf einmal und zwar gleich im Beginn der Vegetationsperiode mit einem Sommerkleide geschmückt ist."

„Bei Pitlekaj, also unter einem verhältnissmässig südlichen Breite- grade, war während der ganzen ersten Hälfte des Juni die mittlere Temperatur der Luft 6°. Am 2. Juni zeigte das Thermometer 14,3° und die mittlere Temperatur belief sich an diesem Tage auf 9,4°. Noch am letzten Tage des Juni ging das Thermometer in der Nacht auf —1,8° herab und die Mitteltemperatur war unter Null."

„Am 2. Juli war die Temperatur der Luft um Mitternacht und in den ersten neun Tagen dieses Monats wechselte die Temperatur zwischen und +4°C. Längs der ganzen Küste und weit ins Meer hinaus lagen mächtige, undurchdringliche, ungebrochene Eismassen. Auf einem steil gegen das Meer abfallenden, gegen Süden gekehrten Strand- abhang und auf dem umliegenden Flachlande war am 10. Juli das Aus- sehen der Vegetation folgendes: Die ganze Salixvegetation, aus mehreren Arten, wie Salix artica, Salix boganidensis , Salix reticulata u. a. , be- stehend, war allgemein in voller Blüthe. Betula glandulosa, eine unserer Zwergbirke sehr ähnliche Art, war neu belaubt und blühte. Ledum palustre hatte seine Blüthenstandknospen geöffnet und seine Blüthen- knospen aus ihrer Umhüllung hervorgestreckt. Polygonum polymorphum hatte vollkommen entwickelte Blätter und sichtbare Blüthenstände. Cassiope tetragona und Diapensia lapponica standen an günstigen Stellen in vollem Flor . . ."

Nicht minder anschaulich wird von demselben Forscher der Schluss der Vegetationszeit dargestellt:

„Eine arktische Landschaft bei Einbruch des Winters gleicht am meisten einer südlichen Gegend, welche durch eine heftige Frostnacht verheert worden ist, noch ehe der Winter zu erwarten war. Viele Pflanzen sind in den Schlaf versetzt worden, während sie noch in voller Entwicklung begriffen waren. Sie stehen jetzt da mit erfrorenen, lebenskräftigen Blättern, mit schwellenden Blüthenknospen in den Blütenständen, mit halbgeöffneten und ganz ausgeschlagenen Blüthen, mit halB oder beinahe ganz reifen Früchten. Die Ruhe ist nicht nach vorhergegangener Vorbereitung eingetreten. Während die Pflanzen in voller Thätigkeit waren, wurden sie von der erstarrenden Kälte ge- lähmt."2)

Folgende Stelle in MiddendorfTs häufig citirtem Werke stellt in an- schaulicher Weise den Einfluss.der Sonnenstrahlung auf die Vegetation dar:

„Am 14. April n. St. befand ich mich am Jenis'ej, beim Kirchdorfe Düdino . . . die Landschaft lag hier noch in tiefer Winterlichkeit begraben, und der helle Schein der fast ununterbrochen über dem Horizonte weilenden

!) L c. S. 468. 2) 1. c. S. 475—476.

45 '

7o8

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

Sonne vermochte dennoch die Lufttemperatur im Schatten nicht über i6°bis 2o° R. Frost während der wärmsten Mittagsstunde zu erheben. Vor und nach dieser Stunde hielt sich das Thermometer recht regelmässig zwischen 230

Fig. 400. Winterknospe von Primula nivalis, durchschnitten. Nat. Gr. Nach Kjellman.

bis 300 R. Ich machte mich auf, die Gegend zu mustern. Wo sich der Schnee gesackt hatte oder vom Winde abgefegt war, da brachen die hervor- ragenden Aeste der Strauchweiden, über die ich fortrutschte, unter meinen Schneeschuhen wie Wachs. Sie waren steif gefroren und auf dem Bruche

L Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation uno Floren. 709

sichtlich von eisigem Saft durchsetzt. Plötzlich hielt ich ganz überrascht inne, denn vor mir gucken, theils unmittelbar aus dem Schnee, theils nicht mehr als i1/^ Zoll über die Schneefläche hervorragend, silberweisse Weidenkätzchen im Glänze vollendeter Entwickelung hervor. Nur ein paar Zoll tiefer abwärts im Schnee waren dieselben Zweige, die diese Kätzchen trugen, unterhalb wiederum steif gefroren; um so mehr aber die ganz im Schnee begrabenen Aeste, der Stamm und die Wurzeln des Strauches." !)

Das überraschend schnelle Erscheinen der Blätter bei Beginn der wärmeren Jahreszeit hängt mit dem Umstände zusammen, dass sie schon in der vorhergehenden Vegetationszeit angelegt und vollkommen dif- ferenzirt werden (Fig. 400), so dass die ersten wärmenden Strahlen der Sonne nur die zur Streckung der Glieder nöthige Kraft zu liefern haben.

Bunge berichtet über das Erwachen der Vegetation in Ssagastyr (vgl. Tabelle VI): „Am Morgen des 28. Mai 1883 erhob sich die Temperatur zum ersten Male wieder nach 250 Tagen ununterbrochenen Frostes über den Gefrierpunkt. Am 29. Juni fand ich die ersten blühenden Pflanzen: Chryso- splenium, Draba, Rhododendron (?)." *)

Ueber Fort Conger (Tabelle I) wird berichtet: „Am 1. Juni kam Saxi- fraga oppositifolia in Blüthe, drei Tage später blühten die Kätzchen von Salix arctica, am nächsten Tage Oxyria reniformis, am 11. Juni Cochlearia nudicaulis, am 21. Papaver nudicaule." 8)

Trotz der Kürze der Vegetationszejt fehlt es sogar in der hoch- arktischen Flora nicht an Arten, die schon lange vor Ende des kurzen Sommers ihren Vegetationscyclus mit der Bildung reifer Samen ab- schliessen. So hatten, nach Middendorff, im Taymirlande, Ranunculus nivalis und Androsace septentrionalis am 27. Juli schon reife Früchte, und die Blüthen von Sieversia glacialis waren schon am 10. Juli ver- welkt, obwohl diese Pflanze nicht zu den ersten gehört, die sich regen, sondern erst drei Wochen vorher aus ihrem Winterschlaf erwacht war. Kjellman erwähnt als Pflanzenarten, die schon früh reife Früchte hervor- bringen: Chrysosplenium alternifolium (Ende Juli); Caltha palustris, Ranunculus pygmaeus, R. nivalis, Cardamine bellidifolia (August).

Von den klimatischen Existenzbedingungen der Vegetation in Nord- sibirien (Taimyrland) giebt folgende Stelle aus demselben Werke eine Vor- stellung: „Am 10. Mai erhob sich die Temperatur zur Mittagszeit zum ersten Male, und zwar um drei Grade, über den Gefrierpunkt; doch wechselten so warme Tage bis Ende des Monats mit einer grösseren Anzahl kalter Tage, an denen die Temperatur um die Mittagszeit 71/*0 unter Null stehen blieb. Bis zu Mitte Juni gab es noch zur kleineren Hälfte Tage, an denen es um Mittag bis 20 kalt war. Erst von Mitte Juni an begann der Sommer; denn von nun an, den ganzen Juli und August hindurch, bis zu den ersten Tagen

*) 1. c. S. 653.

*) Meteorol. Zeitschr. 1890, S. 216.

8) Ibid. S. 17.

7io

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

des September n. St war die Luft im Schatten stets über den Gefrierpunkt erwärmt, so dass die Durchschnittstemperatur des Juni sich +i1/2° R-> diejenige des Juli +7V20» des August S1^0, des September aber schon fast iV^R. herausstellte." *)

§ 3. Wachsthum und Stoffwechsel der Vegetationsorgane. Nie- driger, ja zwerghafter Wuchs ist die gemeinsame Signatur der arktischen Vegetation. Die Bäume an der Baumgrenze werden, bevor sie ganz auf- hören, zu Miniaturgestalten und die Sträucher und Kräuter der Tundra erheben sich, ausser an geschützten Stellen, meist kaum zu Fingerhöhe über den Boden. Der Vergleich zwischen Individuen derselben Art in Skandinavien und den arktischen Gebieten zeigt, wie aus folgender Tabelle hervorgeht, dass die geringe Grösse nicht eine Arteigenthüm- lichkeit, sondern eine aus den Existenzbedingungen hervorgegangene Reduction darstellt.

Matricaria inodora Artemisia vulgaris . Saussurea alpina . Solidago virgaurea Pedicularis palustris Comarum palustre Parnasia palustris . Epilobium palustre Polygonum viviparum

Skand.

Pol. Geb.

7-*

Fuss

2 Zoll

2—4

4 5 n

1 2

tt

2—3

»

1 2

tt

3—4

t

V.-«

tt

2—3 1

I 2

tt

4—5

;

V,-«

tt

1

tt

I 2

tt

2

tt

8 12

Zoll

2—3

t

Die Reduction erstreckt sich auf das Längen- und Dickenwachs- thum der oberirdischen Achen sowie auf das Flächenwachsthum der Laubblätter. Die Wurzeln hingegen scheinen, ähnlich wie bei Pflanzen trockener Standorte, relativ grosse Dimensionen zu erreichen.

Von der Kleinheit der Laubtriebe in der Tundra geben einige von Kjellman angestellte Messungen eine Vorstellung. Anfang August, zu einer Zeit, wo die Jahrestriebe ihre volle Länge erreicht hatten, schwankte die letztere bei Salix polaris meist zwischen I und 5 mm und erreichte nur in einigen Fällen 9—1 1 mm. Jeder Jahrestrieb besass zwei oder drei Laubblätter, deren Länge zwischen 7 und 1 1 mm und deren Breite zwischen 5 und 11 mm schwankte. Die Jahrestriebe von Ledum pa- lustre, welche noch bei Haparanda, also nur wenig südlicher, 130 mm Länge erreichen, waren in Pitlekaj 8 bis 30 mm, im Mittel ungefähr 20 mm lang; ihre Blätter waren klein und schmal. Die Blätter von Vaccinium vitis idaea waren kaum 4 mm lang und 3,5 mm breit, die- jenigen von V. uliginosum selten mehr als 5 mm lang. Die Krauter erscheinen meist weniger reducirt und einige, wie Sieversia glacialis,

*) 1. c. S. 656.

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Floren. 711

Nardosmia frigida und Saxifraga punctata erreichen sogar ziemlich statt- liche Dimensionen.

Das secundäre Dickenwachsthum der Achsen nimmt nordwärts noch schneller ab als ihr Längenwachsthum, so dass Middendorff die letzten der aufrechten Bäume wegen ihrer schlanken Gestalt zuerst für junge Bäume hielt. An der äussersten Grenze jedoch wird auch das Längen- wachsthum stark beeinträchtigt.

Fig. 401. Links: Vaccinium uliginosum. Rechts: Vaccin. Vitis idaea von der Insel Waigatsch. Nat. Gr. Nach Kjellman.

Messungen der Zahl und Dicke der Jahresringe in der Nähe der Baumgrenze sind namentlich von Middendorff und von Kihlman an- gestellt worden. Der letzterwähnte Forscher fand z. B. in dem zu unterst 83 mm dicken Stamme eines Wachholderbäumchens 544 Jahres- ringe von durchschnittlich 0,19 mm Breite. Bei den Sträuchern musste die Zählung unter dem Mikroskop geschehen; oft (Empetrum, Vaccinium uliginosum) war der Jahresring in radialer Richtung nur von einem Gefäss und einer Holzparenchymzelle gebildet. Diese Aufzeichnungen

712

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

beziehen sich auf den subarktischen Gürtel. Ueber Alter und Dicken- zuwachs der Zwergsträucher der Tundra sind Angaben nicht vorhanden. Die Frage, welche Ursache die Verminderung der Wachsthums- intensität veranlasst, lässt sich nicht ohne weiteres beantworten, da, wie vorher gezeigt wurde, die arktische Vegetation drei verschiedenen wachs thums feindlichen Factoren, der niedrigen Sommertemperatur, der physiologisch wie Trockenheit wirkenden Kälte des Bodens und der andauernden Beleuchtung ausgesetzt ist.

Von diesen drei Elementen kommt das letzterwähnte, die Länge des Polartages, wie Versuche Kjellman's zeigen, wohl in Folge der Absorption durch die Atmosphäre, im Schatten nicht merklich zur Gel- tung. Im ununterbrochenen Tageslichte gezogene Pflanzen wurden sogar beträchtlich grösser als solche, die durch künstliche Verdunkelung dem Wechsel von Tag und Nacht ausgesetzt wurden. Das ergiebigere Wachs-

thum im ersteren Falle ist natürlich nicht eine direkte Lichtwirkung, sondern die Folge stär- kerer Ernährung durch ununterbrochene Assi- milation. Ueber die Wirkungen des direkten Sonnenlichts fehlt es an Versuchen.

Die Versuchspflanzen Kjellman's blieben theils

unbedeckt, theils wurden sie täglich während

1 2 Stunden (8 p. m. bis 8 a. m.) verdunkelt Als

erstes Objekt wurde Lepidium sativum ausgesät

Nach zwei Monaten, während welcher die Pflänz-

chen sich ganz normal entwickelt hatten, betrug

das Gewicht der 15 grössten der constant be-

Fig. 402. Salix polaris. leuchteten Pflanzen 3,78 g, dasjenige der zeit-

Nat- G*- weise verdunkelten 3,53 g; die Maximallänge war

in der ersten Gruppe (gemessen vom Haftpunkte

des. Keimblattes bis zur Spitze des längsten Laubblattes) 110 mm und die

Durchschnittslänge 95,2 mm, während die entsprechenden Zahlen in der

zweiten Gruppe 94 mm und 75 mm waren.

Zu viel ausgeprägteren Unterschieden zu Gunsten der ununterbrochenen Beleuchtung führten Versuche mit echten Polarpflanzen, Cochlearia fenestrata und Catabrosa algida, von welchen überwinterte Exemplare zur Verwendung kamen. Von den Cochlearia wogen nach 24 Tagen (am 20. Juli) die fünf stärksten der periodisch verdunkelten Individuen 5,80 g, also das Exemplar im Durchschnitt 1,16 g, während die entsprechenden Zahlen sich bei den constant beleuchteten auf 10,51 g, bezw. 2,10 g erhöhten. Catabrosa zeigte ähnliche Unterschiede.

Endlich wurden von Cochlearia fenestrata auch zufällig aufgefundene Keimpflanzen, acht im Ganzen, in der angegebenen Weise vom 12. Mai bis zum 18. Juni behandelt Die vier im vollen Lichtgenuss gewesenen Exemplare hatten am Schlüsse des Versuchs 4 6 ausgebildete Laubblätter, die anderen

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Floren. 713

deren nur 2 4; das Gesammtgewicht der ersteren Gruppe betrug 13,5 cg, dasjenige der letzteren nur 6 cg. (Fig. 404.) *)

Der grosse Unterschied zwischen den beiden polaren Arten und dem aus Skandinavien mitgebrachten Lepidium in Bezug auf den fördernden Einfluss der ununterbrochenen Beleuchtung scheint mit Anpassungen in Zusammenhang zu stehen.

Die Assimilation während des continuirlichen Sommerlichtes wurde durch Curtel, zwar nicht in den Polarländern, sondern in Norwegen zahlenmässig festgestellt. Seine Ergebnisse haben natürlich auch für die noch höheren Breiten Gültigkeit. Sie zeigen, dass die Assimilation ununterbrochen vor sich geht, aber mit einem Minimum um Mitternacht, entsprechend dem Minimum der Beleuchtung. Die Versuche wurden in der Nacht vom 31. Juli zum 1. August ausgeführt.

Wie Bonnier nachgewiesen hat, und an früheren Stellen gezeigt wurde, ent- wickeln sich die Pflanzen in continuir- licher Beleuchtung anders als bei dem Wechsel von Tag und Nacht. Nach dem- selben Forscher sind gewisse Unterschiede der histologischen Structur der gleichen Pflanzenarten, je nachdem sie im Höhen- klima niederer Breiten oder im Niederungs- klima hoher Breiten sich entwickelt haben, auf die andauernde Beleuchtung der Vegetationszeit zurückzufuhren, nament- lich die grössere Dicke und geringere Differenzirung der Laubblätter. Die Frage wird jedoch erst in den Polarländern,

auf Grund vergleichender Culturen bei unterbrochener und andauern- der Beleuchtung, entschieden werden können.

§ 4. Xerophile Structur der Vegetationsorgane. Der Charakter der polaren Pflanzenwelt ist entschieden xerophil (Fig. 5, 6, 12). Warming konnte mit Recht Grönland's Vegetation in dieser Hinsicht mit der- jenigen der Sahara vergleichen; doch handelt es sich nicht, wie <er es annahm, in beiden Fällen um die gleiche klimatische Ursache, nämlich um zu geringe Feuchtigkeit, denn die Schutzmittel gegen Transpiration sind auf constant feuchtem Boden nicht weniger ausgeprägt als auf trockenem. Vielmehr sind hier, wie in so vielen anderen Fällen, ungleiche äussere Factoren pflanzenphysiologisch gleichwerthig und haben dementsprechend ähnliche Anpassungen hervorgerufen.

Fig. 403. Cochlearia fenestrata. Keimpflanzen von denen b täglich 12 Stunden vom Lichte abgeschlossen, a dagegen demselben ununterbrochen ausgesetzt gewesen ist. Nach Kjellman.

*) Kjellman 1. c. S. 503—506.

7H

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

Kurze Zeit, nachdem ich den Zusammenhang zwischen xerophiler Structur und Kälte des Bodens für unsere immergrünen Holzgewächse

Fig. 404. Aus der nordpolaren Flora: Draba alpina vom Cap Tscheljuskin. Nat. Gr.

Nach Kjellman.

nachgewiesen und die grosse Wahrscheinlichkeit betont hatte, dass der xerophile Charakter der Polar Vegetation auf die gleiche Ursache zurück-

I. Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Floren. j\t

zufuhren sein dürfte, wies Kihlman, ganz unabhängig von mir, auf Grund ausgedehnter Untersuchungen in Russisch -Lappland nach, dass die polaren Gewächse thatsächlich, wegen des permanenten Vorhanden- seins von Grundeis, schon in geringer Tiefe an erschwerter Wasser- zufuhr leiden und dementsprechend ähnliche Vorrichtungen zur Herab- setzung der Transpiration entwickelt haben, wie an anderen physiologisch trockenen Standorten.

Kihlman stellt die xerophilen Merkmale der arktischen Vegetation in folgender Uebersicht zusammen:

„Die Blätter sind lederartig, steif und hart, stark cutinisirt mit schuppen- oder nadeiförmig verminderter Oberfläche (Lycopodium, Diapensia, Andromeda hypnoides), oder sie haben eine deutliche Neigung zur Succulenz (Saxifraga oppositifolia und andere Steinbruch- Arten, Eutrema, Rhodiola). Dabei erhalten die Spaltöffnungen eine versteckte Lage entweder in mehr oder weniger abgeschlossenen Hohl- räumen (Andromeda tetragona, Empetrum) oder unter einer zottigen Haarbedeckung der Blattunterseite (Ledum, Dryas octopetala, Potentilla nivea und multifida, Loiseleuria procumbens, Phyllodoce). In anderen Fällen ist die spaltöffnungstragende Unterseite des lederartigen Blattes nur von einem dicken, sicherlich auch die Transpiration herabsetzenden Wachsüberzug bedeckt (Andromeda polifolia, Vaccinium Vitis Idaea, Salix glauca und reticulata). Unter den grasartigen Gewächsen könnte eine ganze Reihe hochnordischer Arten namhaft gemacht werden, die durch Zusammenrollen, Trockenheit und starke Cutinisirung der Blätter zu dem Typus der Steppengräser gerechnet werden müssen (z. B. Hierochloa alpina, Festuca ovina, Nardus, Carex rupestris und pedata). Dagegen ist der Schutz durch einen dichten Haarfilz in den hoch- nordischen Gegenden schwach repräsentirt (Antennariae , Drabae, Eritrichia, Salix Lapponum und lanata").1)

Die bei den Gewächsen windreicher Standorte häufige Neigung, durch reiche und dichte Verzweigung halbkugelige Polster zu bilden, zeigt sich bei verschiedenen arktischen Arten, namentlich bei Draba alpina, Papaver nudicaule, Eritrichium villosum, Cerastium alpinum, Aira caespitosa, und ist, nach Kjellman, besonders an den ungünstigsten Standorten ausgeprägt. (Fig. 405.)

„Von den 23 Arten, welche die äusserste Nordspitze Asiens bewohnten, hatten nicht weniger als 13 in Folge starker Zweigbildung die Gestalt von dichten Kugel- oder halbkugeligen Massen. Diese Arten waren: Eritrichium villosum, Saxifraga oppositifolia, S. decipiens, Cardamine bellidifolia , Draba alpina, Papaver nudicaule, Stellaria longipes, Cerastium alpinum, Alsine macro- carpa, Oxyria digyna, Catabrosa algida, Aira caespitosa, Luzula arcuata, welche

*) 1. c. S. 105.

7i6

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

alle an anderen Stellen in spärlich verzweigten, wenig buschigen Formen auftreten." J)

§ 5. Reproduktionsorgane. Das für die vegetative Sphäre so ungünstige arktische Klima enthält keine ausgesprochen blüthenfeind- lichen Elemente und in seiner physiologischen Trockenheit sogar ein blüthengünstiges Element. Thatsächlich zeichnen sich die arktischen Gewächse im Allgemeinen durch auffallend grossen Blüthenreichthum aus, welcher durch den Gegensatz zur schwachen Entwickelung der Laubsprosse sehr in die Augen fällt und daher von den meisten Polarreisenden erwähnt wird. Begreiflicherweise ist der Blüthenreich- thum an den klimatisch für die vegetativen Glieder ungünstigsten Stand- orten am grössten. An derartigen, allen Unbilden der Witterung aus- gesetzten Stellen sah Kjellman die Polster von Papaver nudicaule oft mit ungefähr einhundert offenen Blüthen, die Rasenflächen von Eritri- chium villosum ganz blau, hoch- und ganz gelbe oder ganz weisse Drababälle. *)

Auch dem Wachsthum der einzelnen Blüthenglieder ist das arktische Klima weniger ungünstig als demjenigen der Laubsprosse, indem, wie früher gezeigt wurde, die nützlichen Temperaturen für die Entwickelung der Blüthentheile meist tiefer liegen, als für die Glieder der Laubsprosse. Die Berichte über die arktische Vegetation erwähnen stets der letzteren als reducirt, während die Blüthen häufig als gross bezeichnet werden. In der That erscheinen die Dimensionen der Blüthen im Verhältniss zu denjenigen der Laubsprosse oft sehr beträchtlich. Doch scheint es auch in der arktischen Flora nicht ganz an Arten zu fehlen, deren Blüthenbildung an höhere Temperaturen gebunden ist. So entbehren, nach Kihlman, die meisten Nadelholzkrüppel jenseits der Baumgrenze der Zapfen; Rubus chamaemorus ist an seinen nördlichsten Stand- orten ohne Blüthen.

In gewissen Fällen reichen die Temperaturen noch für die Bildung der Blüthen, jedoch nicht mehr für die an höhere Grade gebundene Bildung der Früchte und Samen. So entwickeln an der Baumgrenze viele Nadelhölzer noch Zapfen; dieselben bleiben aber zum grossen Theile steril. Infolge der frühen Blüthe jedoch entwickeln sich Früchte und Samen meist in der wärmsten Jahreszeit, so dass sie zum grossen Theil reif zu werden pflegen (Kjellman).

Die in den meisten Reiseberichten erwähnte gesteigerte Farben- intensität der arktischen Blüthen wird gewöhnlich und wohl mit Recht, als eine Wirkung der andauernden Beleuchtung aufgefasst. *) Andere

*) Kjellman 1. c. S. 496 497.

2) S. 497-

8) Vgl. Schübeier 1. c, Bonnier et Flahault L c.

L Das arktische Klima und seine Wirkungen auf Vegetation und Floren. 717

Stoffe, deren Bildung ebenfalls vom Lichte begünstigt wird, z. B. äthe- rische Oele, sind selten; wohlriechende Blüthen sind auf die wenigen, nicht sehr weit nördlich gehenden Orchideen und auf Ranunculus Pallasii beschränkt und aromatische Vegetationsorgane ebenfalls selten.

§ 6. Angebliche Schutzmittel gegen Kälte. Da der Mensch es im hohen Norden sehr kalt findet und der luftdichtesten Bedeckung bedarf, glaubt er, dass es der Pflanze ebenso ergehen muss. Dement- sprechend wurden früher, z. B. noch von Grisebach, alle Eigentümlich- keiten der Polarvegetation auf die Kälte zurückgeführt. Von einer Kritik der ganz unklaren physiologischen Vorstellungen, welche noch der letztgenannte hochverdiente Forscher in Bezug auf Kältewirkungen hegte, kann hier wohl Abstand genommen werden.

Bereits Kjellman erkannte, dass die arktische Vegetation den Kältewirkungen ohne entsprechende Gegenwehr preisgegeben erscheint. Er zeigte, dass, im Gegensatz zu den herrschenden Vorstellungen, die oberirdischen Theile der Pflanze die im Boden verborgenen an Masse meist überwiegen und dass auch die letzteren den niedrigsten Tem- peraturgraden ausgesetzt sind. Er wies nach, wie übertrieben die herr- schenden Vorstellungen über den Schutz des Schnees gegen Kälte sind, zumal wenn es sich, wie gewöhnlich, nur um dünne Schneelagen han- delt (vgl. S. 699). Er verneinte in den meisten Fällen einen Knospen- schutz der überwinternden Theile und wo ein solcher vorhanden war, schien derselbe nicht mehr ausgeprägt zu sein, als in südlicheren Zonen. Aehnlich geht es mit der häufig als Kälteschutz beanspruchten Be- haarung, welche weder allgemeiner noch reichlicher ist, als im tempe- rirten Europa. Als ein specifisches Schutzmittel gegen Kälte betrachtet Kjellman nur noch „die zuweilen sehr dichte Bekleidung von verwelkten dürren Blättern und Blattresten, welche die überwinternden Stammtheile über dem Boden besitzen" (viele Leguminosen, Papaver nudicaule etc.). Doch entbehren viele Pflanzen auch solcher Vorrichtungen und sind, trotz jeglichen Fehlens eines äusseren Schutzes, doch resistent, wie z. B. die Cochlearia fenestrata, welcher bereits in einem früheren Kapitel eingehendere Betrachtung gewidmet wurde (S. 44). Fälle der letzteren Art sind die instructivsten, denn sie zeigen, dass die Schutzmittel der arktischen Pflanzen innere, intracelluläre sind und wahrscheinlich im Protoplasma selbst beruhen. Möglicherweise werden genaue histologische Untersuchungen darüber Aufklärung bringen.

Kihlman hat mit den letzten der von Kjellman noch anerkannten äusseren Schutzmitteln gegen Kälte aufgeräumt und auch die Vorstel- lungen dieses Forschers über die in der arktischen Vegetation nöthigen Material ersparniss als physiologisch unhaltbar nachgewiesen.

718 Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

3. Floristischer Charakter der arktischen Länder.

Die arktische mikrotherme Flora besitzt keine ihr eigentümliche Familie, sondern stellt ein abgeschwächtes Bild der nordtemperirten mesothermen Flora dar. Grönland, das in seinem südlichen Theile noch nicht ein ausgesprochen polares Klima besitzt, hat nach Warming 386 Arten von Gefässpflanzen , die zu 53 Familien gehören. Die letzteren sind, in der Reihenfolge ihrer in Klammern beigefügten Artenzahlen folgende: Cyperaceae (56), Gramineae (50), Caryophylla- ceae (28), Cruciferae (id.), Compositae (22), Rosaceae (18), Filices (15), Ranunculaceae (14), Scrophulariaceae (id.), Juncaceae (id.), Saxifragaceae (12), Ericaceae (10), Oenotheraceae (7), Polygonaceae (id.), Gentianaceae (6), Salicaceae (id.), Betulaceae (id.), Lycopodiaceae (id.), Fluviales (5), Orchideae (5), Pyrolaceae (4), Equisetaceae (id.). Drei Arten haben: Halorrhageae , Callitrichaceae , Violaceae , Crassulaceae , Vacciniaceae, Campanulaceae. Mit zwei Arten sind vertreten: Papilionaceae , Um- bellatae, Plantaginaceae, Primulaceae, Lentibulariaceae, Rubiaceae. Nur eine Art haben: Pomaceae, Geraniaceae, Empetraceae, Portulacaceae, Parnassiaceae, Papaveraceae, Cornaceae, Plumbaginaceae, Polemoniaceae, Boragineae, Labiatae, Diapensiaceae, Caprifoliaceae, Typhaceae, Jun- caginaceae, Colchicaceae , Convallariaceae , Coniferae und Isoetaceae. *)

Das ausgeprägt arktische Spitzbergen besitzt nach Nathorst 102 Arten aus 24 Familien : Compositae , Campanulaceae , Gentianaceae, Scrophulariaceae , Boragineae , Polemoniaceae , Ericaceae , Rosaceae, Saxifragaceae, Empetraceae, Cruciferae, Papaveraceae, Ranunculaceae, Caryophyllaceae , Polygonaceae , Betulaceae , Salicaceae , Gramineae, Cyperaceae , Juncaceae , Colchicaceae , Polypodiaceae , Lycopodiacea, Equisetaceae. Die Gramineen sind am stärksten vertreten (23 Arten), danach kommen Cruciferae (15), Cyperaceae und Caryophyllaceae (je 121, Saxifragaceae (11), Ranunculaceae (8) etc. Die artenreichsten Gattungen sind Saxifraga und Carex mit 10 Arten, Ranunculus mit 8 oder 9, Poa mit 6, Potentilla mit 5 etc.

Auswahl der Literatur.

Die klimatischen Angaben sind hauptsächlich aus Hann's Handbuch der Meteorologie, 3. Aufl., sowie aus Woeikof: Die Klimate der Erde (Jena 1887) entnommen.

') Einige der von Warming als besondere Familien unterschiedenen Gruppen ▼erden gewöhnlich als Unterfamilien aufgefasst : Vacciniaceae, Pomaceae, Colchicaceae, Convallariaceae.

Auswahl der Literatur.

719

Bonnier, G., et Ch. Flahault. Observations sur les modifications des

vdg^taux suivant les conditions physiques du milieu. Ann. des sciences

naturelles. Botan. VIe s£rie. Tome VII. 1879. Bonnier, G. Les plantes arctiques compar^es aux mSmes esp&ces des

Alpes et des Pyrdndes. Revue g^ngrale de botanique. 1894. Curtel, G. Recherches physiologiques sur la transpiration et rassimilation

pendant les nuits norvdgienne. Revue g£n£rale de botanique. Tome IL.

1890. Flahault, Ch. Nouvelles observations sur les modifications des vdggtaux

suivant les conditions physiques du milieu. Ann. des sciences naturelles.

Botanique. 6C s£rie. Tome IX. 1878. K i h 1 m a n , A. O. Pflanzenbiologische Studien aus Russisch-Lappland. S. A.

aus Acta Societatis pro fauna et flora fennica. T. VI. 1890. Kjellman, F. K. Aus dem Leben der Polarpflanzen, in: Nordenskjöld,

Studien und Forschungen veranlasst durch meine Reisen im hohen Norden.

Leipzig 1885. S. 443. Middendorff, A. v. Die Gewächse Sibiriens. In: Sibirische Reise. Bd. IV.

Theil 1. Lieferung 4. 1864. Schübeier, C. Die Pflanzenwelt Norwegens. Kristiania 1875. Warming, E. Om Grönlands Vegetation. (Mit französischem Rdsumd.)

Kjobenhavn 1888. lieber Grönlands Vegetation. Engler's Jahrbücher Bd. X. 1888.

II. Die arktischen Pflanzenformationen.

Die Tundra. Charakteristische Eigentümlichkeiten. Moostundra. Flechtentundra. Moore. Oasen. Die Tundra im Taimyr-Lande nach Middendorff. Die Formationen Grön- lands nach Warming.

Jenseits der letzten krüppelhaften Bäume herrscht auf den arktischen Festländern und Inseln, soweit das Eis den Boden nicht bedeckt, die Kältewüste oder Tundra beinahe allein. Nur in den weniger kalten, also vornehmlich den südlichen Strichen der Arktis, sind an günstigeren Localitäten weniger dürftige Formationen vertreten, z. B. Weiden- gebüsche und kleine Wiesen an Flussrändern und in Fjorden, oder auch Zwergstrauchformationen, welche aus einem dichtem Wüchse derselben immergrünen kleinblätterigen Straucharten bestehen, die sich auf der Tundra vereinzelt zwischen Mooren und Flechten erheben.

Zwerghafter Wuchs, ausgeprägte Xerophilie, Vorwiegen der Moose und Flechten, unvollkommene Bedeckung des Bodens sind überall die Merkmale der Tundra. Ihr spärliches Pflanzenmaterial ist jedoch keines- wegs gleichmässig vertheilt. Bald sind die Moose es sind beinahe ausschliesslich Polytrichum -Arten bald sind Flechten anscheinend nach der geringeren oder grösseren Trockenheit des Bodens vor- herrschend, so dass man eine Moos- oder Poly trichum-Tundra von der Flechten-Tundra unterscheidet. Letztere bietet wiederum, je nach dem Vorherrschen des einen oder des anderen Flechtentypus, verschiedene Facies, die verschiedenen klimatischen Bedingungen ent- sprechen, wie die Cladina- Tundra (Cladonia rangiferina u. a. A., Sphaerophoron corallioides), die Platysma -Tundra (Platysma cucullatura u. a. A. , Cetraria islandica u. a. A.), die Alectoria-Heide (Alectoria- Arten).

In den weniger kalten Gebieten der Tundra tritt der unbewachsene Boden gegen den bewachsenen zurück ; es können sogar weite Flächen einen zusammenhängenden Ueberzug von Flechten tragen. Wo das Klima am strengsten herrscht, da bildet die Vegetation nur noch kleine

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II. Die arktischen Pflanzenformationen. 721

weitgetrennte Flecke auf dem nackten, meist steinigen Boden (Felsen- tundra, Warming's Felsenflur und Fjeldformation).

Flache Vertiefungen der Tundra, wo das Schmelzwasser sich im Boden ansammelt, versumpfen zu den Tundramooren, wo spärlicher Torf eine dürftige Sphagnumlage mit einigen kleinen Phanerogamen trägt. Solche Stellen entsprechen physikalisch, aber nicht physiologisch den Oasen der Trockenwüste. Die physiologischen Analoga der letz- teren sind in der Tundra die Wärmeoasen, sonnige, gegen die trocknenden Winde geschützte Abhänge, auf welche die Sonnenstrahlen beinahe senkrecht fallen und dadurch das Bodenwasser derart erwärmen, dass es den Pflanzen wirklich reichlich zur Verfugung steht. Solche Standorte gleichen manchmal den Blumenbeeten eines Gartens.1)

„Die Pflanzen der Abhänge sind in mehrfacher Hinsicht die interessantesten. Die meisten derselben treten als kräftig entwickelte Individuen auf, welche hier vollkommen zu gedeihen scheinen und welche ihre Samenreife jährlich erreichen dürften. Dies gilt natürlicherweise für die guten Localitäten, d. h. für die Abhänge, welche bald schneefrei werden. Hier hat man auch Ge- legenheit, den merkwürdigen Einfluss der Sonnenstrahlen beobachten zu können. Abhänge, welche kurz vorher mit Schnee bedeckt waren, sind wenige Tage später mit mehreren Blumen geziert; die Entwicklung derselben kann so schnell geschehen, dass man bald auch, wie bei den Drabae, Früchte findet. Hier sieht man zuweilen ganze blaue Rasen von Polemonium pulchellum oder rothe von Saxifraga oppositifolia mit einer bunten Mischung von anderen Farben, gelb, weiss, grün. . . . Wenn die Pflanzen der Abhänge in den Ebenen auftreten, sind dieselben gewöhnlich nicht so kräftig entwickelt, wie auf den Abhängen, doch ist die Verschiedenheit in dieser Hinsicht bei einigen Pflanzen weit grösser als bei anderen."5)

Middendorff entwirft folgendes Bild von der trockenen Tundra im Taimyr-Lande: „Auf dem trockenen, festen Boden des hochwelligen Landes fusst eine karge Pflanzenwelt, nicht vermögend den als Grund- lage dienenden lehmigen Geröllsand zu verhüllen. Moos und Sauer- gräser, ziemlich zur Hälfte, bilden die Decke der Oberfläche, welche, weil sie eben nur fleckenweise und nicht ununterbrochen gleich unseren Rasendecken bewachsen ist, wie mit schwachen Humpeln besetzt er- scheint. Hauptsächlich verschiedene Arten von Polytrichum, Bryum und Hypnum, zumal zahlreiche Arten der letztgenannten Gattung, bil- den die Moosdecke der hohen, trockenen, von mir so genannten Poly- trichum-Tundra. Aus der wie ein flaches Rinnennetz sich darstellen- den schmutzig- gelbbraunen Moosfläche, heben sich Grasflecken hümpel- artig empor, aber die schon bei Eröffnung des Sommers halbabgestorbenen brandgelben Spitzen der Binsen, Riede und des Wollgrases stechen nur

*) Vgl. Kjellman 1. c. S. 462. 2) Nathorst 1. c. S. 444- Schimper, Pflanzengeographie. 46

722

Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

unbedeutend von der Grundfarbe der Moosdecke ab; nur unrein, wie durch einen Flor, schimmert die untere grössere Hälfte des Grases hervor, denn als echte Frühjahrspflanzen haben die Sauergräser ihre Blumen schon im vorangegangenen Sommer vorgebildet, und schon zu Anfang des hochnordischen Sommers (Juli 10. bis 20.) sind dieselben in vollster Blüthe und färben sich braun, während die Süssgräser sich erst in der Knospenbildung begriffen zeigen."

„Auf orographisch gleichförmig gestalteten Flächen gewinnt das hässliche Aeussere der Tundra das Ansehen ödester Einförmigkeit . . . Keine Abwechselung, kein Schatten, keine Nacht. Licht, Wind und Schall werden durch nichts aufgehalten. Ueberall weht es, überall ist es unheimlich still und stumm. Den ganzen Sommer hindurch währt auf der hochnordischen Tundra der eine und einzige endlos lange Sommertag, beleuchtet von dem blassen Lichte eines mondartigen in Nebelwallen verschleierten Gestirnes, das der Mensch frechen Blicks an- glotzen kann."

„...Die Tundra gewinnt aber, je mehr wir den Fernblick auf- geben und unsere Aufmerksamkeit unserem nächsten Umkreise widmen. Obgleich bei näherer Einsicht Gräser in Menge vorhanden erscheinen, vermisst das Auge doch noch mehr die Grasdecke sowie das frische Grün unserer heimischen Gegenden, als die Blumen; es bemerkt, dass der abgetragene Teppich zu unseren Füssen ab und zu (Vjq bis 1!i0 der Oberfläche) mit unscheinbaren Fleckchen der zierlichen Haide (Cassiope tetragona), der Wasserbeere (Empetrum nigrum) oder der buschigen Dryas octopeta geblümt ist, dass hie und da ein spärliches Rennthiermoos als weisse Koralle den Grund ziert, ja dass mitunter eine kaum zu entdeckende halbvergrabene Zwergweide verstohlen sich zeigt, oder gar Zwergblümchen des verkümmerten Chrysosplenium alterni- folium, oder zwergiger, theilweise verdorrter Krüppel der ohnehin zwergigen Hungerblümchen (Drabae), oder des Zwergranunkels (Ranun- 1 culus pygmaeus) sich hervorthun. Der Kenner unterscheidet allerdings sogar unter den winzigen Hungerblümchen die grösste Mannigfaltigkeit, ja 10 verschiedene, im Taimyrlande vorkommende Arten dieses einen Geschlechtes ; doch der Eindruck , den alle diese Blümchen auf den Beobachter hinterlassen, ist nicht mit demjenigen der Zierden unserer blumigen Landschaften zu vergleichen, sondern alles geht in dem einen Begriffe jämmerlicher Dürftigkeit auf . . . Diese Hungerblümchen aber walten dermaassen vor allen anderen Blumen im Taimyrlande vor (10 verschiedene Arten), dass ihre Mannigfaltigkeit nur von derjenigen der Saxifragen (12 Arten) übertroffen wird. Das Ganze macht den Eindruck unverkennbarer grosser Dürre, zumal die verdorrten vor-, sogar vorvorjährigen Blattschöpfe, Blüthenstiele und Fruchtkapseln den grünenden und blühenden Theilen des laufenden Jahres noch fest

II. Die arktischen Pflanzenformationen. 723

ansitzen, noch jahrelang nach ihrem Absterben die grünenden Knospen umhüllend schützen. Kratzt man aber den Boden auf, so findet man sich in feuchter Erde , und stösst in Fingertiefe auf Eis , ja das Moos der Rinnchen ruht unmittelbar auf dem Bodeneise."

„Hie und da zeigt sich wohl auch auf der hohen Tundra ein Alpen- mohn oder eine Pedicularis, meist sind das aber die Vorläufer dessen, dass man sich Plätzen nähert, über welche im Frühsommer Wasser rieselt. An solchen Stellen gewinnt auch gewöhnlich das Gras und ein frischeres Grün die Oberhand, die Hümpel vergrössern sich bis zu einem Schritte im Durchmesser und 1/2 Fuss Höhe, die Blätter der Gräser sprossen nicht nur länger, d. i. bis 3 oder 4 Zoll Höhe, einzelne Halme bis 7 Zoll Höhe empor, sondern stehen auch dichter, namentlich aber das Moos verschwindet, Dryas und Cassiope wachsen freudiger."

„Wo sonst noch auf der hohen Tundra ein entschieden und freudig grünender Fleck sich schon in weiter Ferne aus dem Braun- gelb der Gesammtfläche hervorhebt, da kann man mit Sicherheit auf Süssgräser und auf eine der beiden folgenden aussergewöhnlichen Ursachen schliessen : entweder sind Baue des Eisfuchses dort vorhanden oder es sind verlassene Zeltstellen der Samojeden . . ."

„Wie auf diesen glücklichen Oasen inmitten der allgemeinen öden Wüste sich die Kraft der Düngung sogar im äussersten Norden bewährt, so auch in den angeschwemmten und jährlich unter Wasser gesetzten schlammreichen Niederungen. Nur in diesen der Lajdy ver- mögen die hochnordischen Gräser sich zu zusammenhängenden Rasen- flächen zu vereinigen. In geeigneten Buchten solcher Niederungen fand ich handhohe Schwaden vorjährigen Heues, 2 bis 20 Schritte breit, welche uns auf das Erwünschteste als Lagerstellen dienten. Die längeren Halme hatten bis i*/4 Fuss Höhe erreicht; die Sense hätte Arbeit gehabt ..."

„Die üppigsten Oasen des Hochnordens finden wir aber an den Abhängen, welche, vor dem Einflüsse rauher Winde geschützt, die Sonnenwirkung senkrecht anprallender Strahlen entgegennehmen, zumal wenn sie mit fetten Uferabstürzen sich verbinden, deren frische Boden- kraft locker daliegt und mit Hülfe ihrer Schwärze die Sonnenstrahlen noch vollständiger aufsaugt."

„Auch auf diesen Uferabstürzen treten die Süssgräser nur in ein- zelnen Rasenfleckchen und Rasenschöpfen auf, und unsere Rasendecke vermissen wir auch hier ; aber um so mehr überrascht uns die Farben- pracht, sowie der Formenreichthum der Blumenstücke, welche sich vom dunklen Boden hervorheben. Von oben betrachtet sehen wir oft mehr Blumen als Laub an den Pflanzen. Hier prangen die Sieversia glacialis, die Ranunkeln, die Caltha palustris, die Potentillen und Löwen- zahne mit ihren üppigen hochgelben, Saussurea alpina mit ihren grossen

46*

724 Dritter Abschnitt: Die arktische Zone.

blauen Blumen, vom saftigen Laube der Blätter gehoben, oder das blaue Polemonium humile und das Vergissmeinnicht ; hier prunken die zierlich geschlitzten, rosafarbenen Oxytropis-, hier die Pedicularis -Arten, mit ihren verschiedenfarbigen schöngeformten Blüthen ; hier der frische zarte Schmelz der gelben, blauen, purpurfarbenen und weissen Saxi- fragen, die rothen Köpfe der Armeria arctica, hier Polygonum bistorta, oder die schönen zusammengesetzten Formen der Matricaria inodora var. phaeocephala , hier Erigeron uniflorus und andere Compositen, hier der üppige Alpenmohn (Papaver nudicaule), hier das ausgezeichnet schöne Delphinium Middendorffii, der riesige Senecio palustris mit seinen zollgrossen Blumen, bis 40 an der Zahl . . ." !)

Grönland besitzt eine Reihe von Formationen, deren Unterschiede theils durch klimatische, theils durch locale Factoren bedingt sind. Zunächst ist zwischen der südlichen, subarctischen Spitze und den nördlicheren, wirklich arctischen Theilen zu unterscheiden. Das südlichste Grönland besitzt Birken- büsche, die bis 10' Höhe erreichen und welche vorwiegend von Betula odorata var. tortuosa und B. intermedia gebildet sind. Als Nebenbestandtheile enthalten sie : Sorbus americana, Alnus ovata var. repens, Juniperus communis var. nana, Salix glauca und S. myrsinites.

In den nördlicheren Breiten Grönlands zeigen sich noch bei 68° N. mannshohe Gebüsche von Salix glauca, die auf ihrem schwarzen, feuchten Boden, namentlich in der Nähe der Bäche, einen tippigen Krautflor (Ar- changelica, Alchemilla vulgaris etc.) ernähren. In Upernivik (ca. 730 N.) haben diese Büsche nur noch 2' Höhe.

Ein grösserer Theil des südlichen und mittleren Grönland ist von War- ming's „Heide-Formation" eingenommen, welche wir lieber, da ihr ökologischer Charakter weit mehr als in mittleren Breiten durch das Klima beeinflusst ist, Zwergstrauch-Tundra nennen wollen. Die Vegetation besteht aus immergrünen, einen halben Fuss hohen klein- und derbblätterigen Sträuchern (namentlich Empetrum nigrum, auch Cassiope tetragona etc.), aus Stauden (z. B. Pyrola grandiflora), Moosen und Flechten. Ueberall zeigt sich zwischen den einzelnen Pflanzen der trockene, sandige Boden.

Echten Tundracharakter zeigt Warming's Fjeld-Formation , welche den grössten Theil des nicht von Eis bedeckten Grönland einnimmt und im Norden allein noch vorhanden ist. Während in der Zwergstrauch-Tundra die Vegetation noch den allgemeinen Farbenton bedingt, ist die Farbe der Fjeld- Formation diejenige des meist kiesigen, bald trockenen, bald nasskalten Bodens. Zwergsträucher treten hier ganz zurück; die dürftige Flora ist von Stauden, Moosen und Flechten gebildet.

l) 1. c. S. 730—734.

Auswahl der Literatur. 725

Auswahl der Literatur.

Kihlman, A. O. Pflanzenbiologische Schilderungen aus Russisch-Lappland.

Acta Soc. pro fauna et flora fennica. T. VI. 1890. Kjellman, F. K. Aus dem Leben der Polarpflanzen, in: Nordenskjöld,

Studien und Forschungen. Leipzig 1883. Middendorff, A. v. Die Gewächse Sibiriens. In : Sibirische Reise. Bd. IV.

1. Thl. 1864. Nathorst, A. G. Studien über die Flora Spitzbergens. Engler's Botan.

Jahrbücher für Systematik etc. Bd. IV. 1883. Warming, E. Ueber Grönlands Vegetation. Engler's Botan. Jahrbücher.

Bd. X. 1888.

Vierter Abschnitt.

Die Höhen.

I. Das Höhenklima.

1. Die Luftverdünnung. Abnahme des Luftdrucks bei zunehmender Höhe über dem Meere. Gleichzeitige Abnahme der Lufttemperatur und Zunahme der Wärmestrahlung. Ungleiche Temperatur in Sonne und Schatten auf den Höhen. Nächtliche Abkühlung. Zu- nahme der Lichtintensität. Reicherer Gehalt des Höhenlichtes an stark brechbaren Strahlen. 2. Die Hydrometeore, Zunahme des Regens bei zunehmender Höhe. Niveau des grössten Regenfalls. Abnahme des Regens oberhalb desselben. Der ewige Schnee. Die Bewölkung. Abnahme des Wasserdampfes auf grossen Höhen. Rascher Wechsel von Feuchtigkeit und Trockenheit der Luft. Grosse Intensität der Verdunstung im Höhenklima.

1. Die Luftverdünnung.

Der wichtigste Unterschied zwischen dem Klima der Niederungen und demjenigen der Höhen ist die mit steigender Entfernung vom Meeresniveau stattfindende Abnahme des Luftdrucks, welche nicht blos schon an sich ein abweichendes Klima bedingt, sondern auch die an- dern klimatischen Factoren, Wärme, Licht, Hydrometeore wesentlich beeinflusst.

Unter der Voraussetzung, dass der Luftdruck am Meeresniveau 762 mm beträgt und die Temperaturabnahme je 0,5° C. für je 100 m beträgt, ergeben sich für die Verminderung des Luftdruckes bei Inter- vallen von 500 m bezw. 1000 m folgende Werthe:

I. Das Höhenklima.

727

Seehöhe

Temperatur im Meeresniveau

(m) !

!

IO°

i5°

20 °

[ 250

O

1 762

762

762

762

762

762

500

716

716

717

718

719

720

IOOO

671

673

675

676.

678

679

1500

630

632

634

636

639

641

2000

59o

593

596

599

601

604

2500

553

556

559

563

566

569

3000

5i7

521

525

529

532

536

35°°

484

488

492

497

501

505

4000

452

457

461

466

470

475

5000

394

399

404

410

4i5

420

6000

. 343

348

353

35°

364

37o

Jede Abnahme des Luftdrucks ist von einer solchen der Lufttemperatur begleitet indem die Absorbtion der Strahlen mit zunehmender Verdünnung abnimmt. Die bei zunehmender Höhe stattfindende Erkaltung beträgt im Mittel 0,58° C. für 100 m, also etwas mehr als in der vorhergehenden Tabelle angenommen wurde ; sie ist jedoch in gewissem Grade von lokalen Einflüssen abhängig. Fol- gende, von Hann zusammengestellte Tabelle giebt die durchschnittliche Abnahme der Wärme mit der Höhe, wie sie in verschiedenen Gebirgs- ländern direkt festgestellt wurde.

Wärmeänderung pro 100 m in Celsiusgraden. I. Tropische Gebirge.

Anden von Columbien und Mexico (Humboldt) °-53°

Anden von Südamerika zwischen n°N. u. 50 S. (Boussingault) 0.5 7 °

Nordwest-Himalaya (Blanford) 0.5

Nordwest-Himalaya mit Tibet (Hill) 0.5

Mittlerer Himalaya (Blanford) 0.5 2 °

Nilgiri (Hann) 0.620

Ceylon (Hann) 0.650

Java (Batavia-Pangerango) 0.5

IL Temperierte Gebirge.

Siebengebirge (Bischof) 0.5

Erzgebirge (Reich) 0.5 20

Erzgebirge (Hann) °-59°

Harz (Hann) 0.580

Blaue Berge vom Norden von South- Wales (Hann) 0.5

Kaukasus und Armenien (Wild) °-45°

Mount Washington, North- Hampshire (Hann) °-55°

Pikes Peak, Colorado (Hann) 0.6 30

Kalifornien (Colfax, Summit) 0.7 50

Bei Christiania 6o° N. B. (Mohn) 0.5 50

Alpen (Hann, Hirsch, Wielemann) 0.580

728 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

In den Klimaten mit kalten Wintern existirt eine jährliche Periode der Wärmeänderung mit der Höhe.

Mitteleuropa (Erzgebirge, Harz, Alpen). Wärmeabnahme

pro 100 m. Winter Frühling Sommer Herbst Jahr

0.45 0.67 0.70 0.53 0.59.

Eine weitere Folge der Luftverdünnung, welche sich bei zu- nehmender Höhe ebenso direct bemerkbar macht, wie die abnehmende Luftwärme, ist die wachsende Intensität der Wärmestrahlung. Die den Wärmestrahlen ausgesetzten Gegenstände erwärmen sich mehr als im Tiefland, kühlen sich aber auch rascher und stärker ab.

Bekanntlich besitzt die Atmosphäre die Eigenschaft, die von einer glühenden Wärmequelle, z. B. von der Sonne, entsandten Strahlen leicht, die von einem dunklen Körper herrührenden schwer durchzulassen. Dem- entsprechend wird im Tiefland der Boden durch die Sonnenstrahlen stark erhitzt, durch die eigene nächtliche Strahlung aber wenig abgekühlt Je dünner die Atmosphäre, desto grösser ist die Erhitzung am Tage, aber auch die Abkühlung in der Nacht

Zu der Verdünnung der Atmosphäre kommt in hohen Lagen ein anderer Factor verstärkend hinzu, die Abnahme des Wasserdampfes. Der atmo- sphärische Wasserdampf absorbirt nämlich, nach Violle, eine fünfmal grössere Wärmemenge, als trockene Luft.

Die absorbirende Wirkung der Luft auf die Sonnenstrahlung wird von Hann wie folgt drastisch charakterisirt : „Wenn die Sonne nahe senkrecht über Indien steht, ist der Betrag des directen Sonnenlichtes, das auf die Thäler von Tibet fällt, wo noch Getreide cultivirt wird, nahe 1 1/2 mal grösser als die Lichtmenge, die auf die Ebenen Hindostan's fallt, ja, wenn die Sonne 450 hoch steht, ist die chemische Wirkung derselben auf dem Hochland mehr als 2 mal grösser als auf den Ebenen."

Von den ungleichen Temperaturen an der Sonne und im Schatten auf grossen Höhen geben folgende Daten (nach Peschel, Hann und Junghuhn) eine Vorstellung:

Hooker beobachtete auf dem Himalaya bei 3000 m Höhe 55 ° C. am geschwärzten Quecksilberthermometer in der Sonne und 5,6 °C. im Schnee, im Schatten. Prschewalski fand auf dem Hochlande von Tibet (Seehöhe nicht angegeben) am 27. October 1879 zu gleicher Zeit + 16,3 ° C. auf der Sonnenseite und 8,0 ° C. auf der Schatten- seite seines Zeltes. „Cayley sah am 11. August 1867 zu Leh das Thermometer in der Sonne auf 57,8° C. steigen, während die Tempe- ratur im Schatten bloss 23,9° C. war, ein geschwärztes Thermometer in einer luftleer gemachten Glashülle (Solar - Thermometer) stieg sogar auf 101,7 ° C., d. i. fast um 140 höher über den Siedepunkt des Wassers, der in dieser Höhe nur mehr 88° C. beträgt."

I. Das Höhenklima.

729

Folgende von Hann zusammengestellte Tabelle zeigt, wie viel grösser der Temperaturunterschied in Sonne und Schatten auf den Höhen als im Tieflande ist:

Ort

Oakland Park

Riffelberg

Hörnli .

Gornergrat Whitby

Pontresina

Bernina H.

Diavolezza

Seehöhe in m (Sonnenhöhe 60 °)

Thermometer Schatten I Sonne

46

30.0

41.5

2570

2890

3I40

1800

233°

24.5

20.1

14.2

32.2

26.5

19.1

45-5

48.1

47.O

37.8

44.0

46.4

2980

6.0

59-5

Von der ungleichen nächtlichen Abkühlung in den Niede- rungen und auf den Höhen geben folgende Beobachtungen Belege: „Vergleichende Messungen der Wärmestrahlung zu Brienz und auf dem 2 110 m hohen Faulhorngipfel ergaben eine 37% grössere Wärmeaus- strahlung auf letzterem Punkte; ebensolche gleichzeitig zu Chamounix und auf dem Grand - Plateau du Mont-Blanc (3930 m) ausgeführt er- gaben auf diesem 2880 m höher liegenden Punkte eine beinahe doppelt so grosse (um 93 °) Wärmeausstrahlung. Die Temperatur des §chnees auf dem Grand-Plateau sank in den Nächten vom 28. bis 31. August 1844 auf 19,2° während die Lufttemperatur noch 6,5 ° betrug" (Hann).

Ueber die nächtliche Temperaturabnahme auf den 9 12000' hohen Gipfeln der Vulkane Java's theilt Junghuhn Folgendes mit, das ich nach eigenen Erlebnissen nur bestätigen kann:

„Kaum hat die Sonne den Rand des Horizonts berührt, so tritt eine schnelle, ja plötzliche Veränderung ein. Auf dem Gipfel selbst steht auf ein- mal alle Bewegung still. Der Wind legt sich gewöhnlich ganz, kein Nebel- streifen zieht mehr vorbei und die Luftwärme sinkt so schnell und tief herab, dass man nicht zögert, sich in seinen Mantel oder seine Decke zu hüllen. Die Javanen kauern sich immer näher um die brennenden Feuer zusammen, denn das Thermometer, das kurz vorher, während die Sonne unterging, noch auf 8,4° R. (10,5 ° C.) stand, ist nun schon auf 5,3 ° R. (7 ° C), ja zuweilen von 9,3° R. (ii,6° C.) bis auf 4,4° R. (5,5° C.) herabgesunken . . . Ehe Mitternacht herangekommen ist, sinkt dann die Temperatur oft bis auf, ja unter den Nullpunkt herab und alles Wasser in Gefössen, die man auf einem schlechten Wrärmeleiter in freier Luft ausgestellt hat, wird zu Eis. Selbst auf Wassertümpeln schiessen Eiskrusten an und aller Thau der Pflanzen, besonders der spitzen Gräser, die auf offenen Plätzen wachsen, ist gefroren. Unter den Laubschirmen der Gebüsche ist dies nie der Fall, denn die stabile Wärme des Bodens, 2 unter der Oberfläche, beträgt R. (10 ° C.)."

Bagneres

Pic

Untersch. auf Pic

2 2.3° C.

IO.I0

12.2°

36.1 °

38.8 °

4. 2.3

27.I °

13-2°

139 °

50.3 °

52.3 °

+

730 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Ch. Martins hat Versuche über die ungleiche Erwärmung des Bodens in der Niederung und auf denHöhen angestellt Die Stationen waren Bagnfcres (551 m) und der Gipfel des Pic du Midi (2877 m); die horizontale Entfernung beider Punkte beträgt 14,5 Kilo- meter. Die Messungen wurden an drei heiteren Septembertagen ge- macht und zwar mit der gleichen Bodenart, einer schwarzen Modererde:

Mittlere Lufttemperatur . . . Mittlere Boden wärme . . . Maximum der Lufttemperatur . Maximum der Bodentemperatur

Nicht bloss in Bezug auf die Wärmestrahlung zeigt sich zwischen Tiefland- und Höhenklima ein Unterschied, sondern natürlich auch auf die Lichtstrahlung. Von besonderer Wichtigkeit ist es aber, dass das Höhenlicht reicher ist, als dasjenige des Tieflands, an blauen, violetten und ultravioletten Strahlen, indem der stark brechbare Theil des Spectrum von der Atmosphäre am Stärksten absorbirt wird.

2. Die Hydrometeore.

Vermöge ihrer tieferen Temperatur wirken die Gebirge conden- sirend auf den Wasserdampf der Luft und sind dementsprechend im Allgemeinen regenreicher als das benachbarte Tiefland.

„So haben die höheren Plateaus und Gebirge der mittleren Sahara regel- mässigen Sommerregenfall, an den Gebirgen der nubischen und arabischen Küste entladen sich Gewitter mit schweren Regengüssen. Wo aus den Steppen- gebieten Mittel- Asiens sich Hochgebirge erheben, findet sich in gewisser Höhe Baumwuchs und Wald ein in Folge reichlicher Niederschläge. Aehnlich verhält es sich in den Wüsten des westlichen Nord -Amerika." (Hann.)

Zunehmende Höhe ist mit Zunahme des Regenfalles verbunden, jedoch nur bis zu einer gewissen, nach den allgemeinen klimatischen Bedingungen und nach localen Verhältnissen schwankenden Linie, welche dem Maximum entspricht und oberhalb welcher die Niederschläge rasch wieder abnehmen.

Zunahme der Niederschläge mit der Höhe im deutschen

Mittelgebirge:

Seehöhe m 1 200 2—300 3 400 4 500 5 700 700 1000

Niederschlag cm 58 65 70 78 85 100

Die deutschen Mittelgebirge erreichen nicht jene Höhe, von welcher an die Niederschlagsmenge wieder abnimmt (Hann 1. c. S. 186).

I. Das Höhenklima. 73 I

„Dass es an hohen Gebirgen eine obere Grenze der maximalen Nieder- schlagsmenge geben muss, ist leicht einzusehen. Die Abnahme der Tempe- ratur mit zunehmender Höhe bedingt nothwendig auch eine Abnahme des Wassergehalts der Luft und die Intensität der Niederschläge muss dadurch in einer gewissen Seehöhe so weit verringert werden, dass sie auch durch eine grössere Häufigkeit derselben nicht mehr compensirt werden kann. Die maximale Niederschlagsmenge ist im Allgemeinen in jener Höhe zu erwarten, wo bei dem durchschnittlichen Feuchtigkeitsgehalt der Luft in der Niederung diese im Emporsteigen so weit abgekühlt wird, dass die Condensation des Wasserdampfes beginnt. Denn hier fallen noch die Niederschläge bei der höchsten Sättigungstemperatur, wo für jeden Grad Temperatur - Erniedrigung die ausgeschiedene Wassermenge im Maximum ist." (Hann.)

Nach Hill liegt die Linie des grössten Regenfalls auf dem Hima- laya bis 1270 m ü. M. ; derselbe beträgt da 3,7 mal mehr, bei 3000 m ü. M., dagegen fünfmal weniger als im benachbarten Tiefland. Nach Junghuhn ist auf Java der Regenfall zwischen 2000— 4000' ü. M. am stärksten.

Für die temperirten Zonen liegen genaue Messungen nicht vor. Die Verhältnisse sind hier dadurch erschwert, dass die Zone grössten Regenfalls mit der Jahreszeit schwankt und zwar im Winter weit tiefer liegt als im Sommer. Die Basis der Gebirge erhält also vornehmlich Winter-, der Gipfel Sommer- niederschläge.

Das Erhaltenbleiben des Schnees auf den Höhen ist dadurch bedingt, dass die Sommertemperatur überhaupt nicht oder nicht hinreichend lange den Thaupunkt überschreitet. Das Vorhanden- sein einer persistirenden Schneedecke ist also von zwei Factoren, der Sommertemperatur und der Menge der Niederschläge, abhängig. Ab- gesehen von einigen, durch locale Verhältnisse bedingten Schwankungen rückt der ewige Schnee mit abnehmender Breite in die Höhe. So liegt dessen untere Grenze auf Spitzbergen bei 460 m, in den mittleren Alpen bei 2700 m, in den Anden von Quito bei 4800 m, auf der tibetanischen Seite des Himalaya aber, in Folge der hohen Sommer- temperatur der benachbarten Hochebene, höher als am äquatorialen Quito, nämlich bei 5670 m.

Die Bewölkung stimmt natürlich im Wesentlichen mit den Niederschlägen überein. Auf den tropischen Gebirgen ist sie auf der Höhe grösser als im Tiefland, wenigstens während der Regenzeit. Da- gegen haben die meisten temperirten Hochgebirge namentlich die Alpen, während des Winters weit helleren Himmel auf den Höhen als in den Tiefen, während das Verhältniss sich im Sommer umkehrt.

732

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Mittlere Bewölkung auf den Höhen und im Tiefland.

1

Höhe (m)

Winter

Frühjahr

Sommer

Herbst

Jahr

Ebene Schweiz . . '

420

7-3

5.8

5-2

6.2

6.1

Tirol

1300

4.6

5.3

5-4

5-2

5-2

Tirol

1830

3-7

4.6

5-°

4.2

4-4

Ost- und West- Alpen (

2600

4.6

6.1

5.6

5.5

5-4

In den temperirten Zonen haben „die höheren Gebirgsthäler und Gipfel einen heiteren Herbst, namentlich aber einen heiteren WinterhimmeL Die grosse Heiterkeit des Winterhimmels in den Hochalpenthälern gehört zu den hervorragendsten klimatischen Vorzügen; sie bedingt neben der Lufttrocken- heit und dem verminderten Luftdruck eine ungemein intensive Insolation." (Hann.)

„Aus Centralasien haben wir die interessanten Beobachtungen Sewerzow's in Thianschan, aus denen die Erhebung, welche die Wolken- und Regenregion vom W'inter zum Sommer erfahrt, schön zum Ausdruck kommt. Die Zone der Wrinterschneewolken befindet sich hier in einer Höhe von 2500 3000 m., es ist dies zugleich die Höhenzone der Tannenwälder, welche in geringeren Höhen der Trockenheit wegen fehlen. Die höheren Regionen empfangen wenig Winterschnee, dagegen reichlicheren Regen durch die höheren Sommer- wolken, und dies begünstigt in diesen Höhenzonen den Graswuchs, das Vor- handensein guter Weiden." (Hann.)

Mit der zunehmenden Verdünnung der Atmosphäre nimmt ihr Gehalt an Wasser dampf ab und zwar, wie folgende, von Hann zusammengestellte Tabelle zeigt, in welcher Druck und Wassergehalt der Luft im Niveau des Meeres gleich I gesetzt sind, im Verhältniss viel rascher.

Seehöhe (m) Wasserdampf

Luft jl Seehöhe (m)

Wasserdampf Luft

0 1 I.OO

1.00 ! 5000

0.17

0.54

1000

o.73

0.88

, 6000

0.12

0.47

2000

0.49

0.78 | 7000

008

0.42

3000

0.35

0.69

8000

0.06

0.37

Diese Abnahme bezieht sich nur auf den absoluten Wasserdampf- gehalt der Luft, während der relative in keiner gesetzmässigen Beziehung zur Höhe steht. Alle Beobachtungen über den relativen Dampfgehah der Luft in grossen Höhen ergaben, dass derselbe einem ausserordent- lichen starken und raschen Wechsel unterliegt, so dass ganz gewöhnlich völlige Sättigung mit Wasser dampf und grösste Trocken- heit in kurzen Intervallen aufeinander folgen, je nachdem aufsteigende Bewegung mit Wasserdampf oder absteigende Bewegung bezw. Windstille herrschen.

I. Das Höhenklima. 733

Solcher Wechsel zeigt sich in den Tropen vornehmlich während der Regenzeit, in den kühlen Zonen aber nur im Frühling und im Sommer; der Winter ist auf den Höhen, entsprechend der geringen Bewölkung, durch sehr trockene Luft aus- gezeichnet.

Nach den Beobachtungen Junghuhn's auf Java schwankte die relative Feuchtigkeit auf dem Gipfel des Slamat (10500' = 3374 m) im Laufe von weniger als 24 Stunden zwischen 13% und ioo°/0, auf dem Gipfel des Semerü (11 480') im Laufe von 45 Stunden zwischen 35% und 5 °/0. Von der Trockenheit auf letzterem Gipfel sagt derselbe Beobachter: „Die Luft war auf diesem Gipfel des G. Semerü, dem höchsten der Insel Java, so trocken, dass java'sche, aus Pandanusblättern geflochtene Matten, die an demselben Morgen, 5000' unterhalb des Gipfels, noch sehr biegsam waren, in die kleinsten Stücke gebrochen, in der flachen Hand zu Staub, so fein wie Mehl, zerrieben und in die Luft geblasen werden konnten."

Ch. Martins fand auf dem Grand-Plateau des Mont Blanc (3930 m) vom 28. August bis zum 1. September eine relative Luftfeuchtigkeit von durch- schnittlich 38°/0 (Minimum 13%), während sie zu Chamounix 82 °/0 (Mi- nimum 5o°/0) betrug.

Der tägliche Wechsel der Thal- und Bergwinde bedingt eine fortwährende Bewegung der Gebirgsluft, die namentlich in beträchtlicher Höhe und auf isolirten Gipfeln zu grosser Intensität steigt. Auf den Hochgebirgen der temperirten Zone sind die Winde im Winter weit weniger heftig als im Frühling und Sommer.

Die Luftverdünnung, die starke Insolation, die zeitweise eintretende ausserordentliche Trockenheit der Luft, die Winde bedingen gemein- schaftlich die auffallende Intensität der Verdunstung, die jedem Bergsteiger nur zu gut bekannt ist.

Es trocknet Alles viel rascher in grossen Höhen , getödtete oder gefallene Thiere mumificiren, ohne zu faulen, der Schweiss verdunstet rasch, die Haut ist trocken und spröde, das Durstgefühl wird gesteigert Die Evaporationskraft des Hochgebirgsklimas darf deshalb nicht nach der relativen Feuchtigkeit allein beurtheilt werden, der ver- minderte Luftdruck ermöglicht eine viel raschere Verbreitung der gebildeten Wasserdämpfe, also eine Beschleunigung der Verdunstung. (Hann.)

Die beiden folgenden Tabellen geben die Unterschiede der Hydrometeore zwischen zwei benachbarten, ab§r ungleich hohen Punkten an der regenreichen Küste des westlichen Schottlands, die dritte für den isolirten Mont Ventoux in Süd-Frankreich unter Hinweis auf das benachbarte Carpentras.

734

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Tabelle I. Fort William. Basisstation vom Ben Nevis. Seehöhe: 9 m.

1

Temperatur mittl. tägl. Max. ! Min.

Mittlere Temperat.

Mittlere Extreme

Monats- Extreme

Regen- menge

Januar ....

;l 6*7

i-5

4.2

II.6

-5-6

280

Februar . . .

. 1 6.5

0.7

3.5

10.6

-6.3

178

März ....

7.8

L3

4.4

13.2

-5-6

153

April . .

11.4

2.8

6.8

15-7

2.0

98

Mai

1 *4 6

5-8

10.2

21.9

0.5

92

Juni ....

,l 177

8.4

13.0

2 5-4

2.8

94

Juli

17.9

9.6 13.6

25.0

4.3

145

August . . .

.

17.7

9.6

13-4

23.1

3.4

141

September . .

15-7

7-9

11.6

21.4

0.9 ! 143

October . . .

11.4

5-1

8.2

15.8

1.6 193

November.

.

8.6

3-1

5-9

13.0

4.0 | 220

December . . .

li 7.2

0.9

4-4

12.4

6.1 | 219

Jahr:

i

8-3

*956

(Meteor. Zeitschr. Bd. IX, 1892, S. 469).

Tabelle IL Ben Nevis. 560 47' N. B., 40 58' w. L., 1343 m. ü. M.

Temper. mittel.

tägliches Max. 1 Min.

Mittlere Temper.

Mittlere Temperat- Extreme

MeJLene" Relat Wind* , \ Feuchtig.! stärke (mm.) ; * |

Januar .

1-7

-5.6

3-7

3.8

10.7

403

96

3-56

Februar

1

-3-1

6.7

5-° -4-8

2.8

"•5

259

95

3-52

März .

1

3.0

77

34

12. 1

303

95

3°4

April .

i

1.4

5-o

3-1

4.i

9.2

152

93

2.41

Mai .

1 2.1

1.6

o-3

8-5

6.4

177

94

2.20

Juni .

li 6.0

1.8

3-9

138

2.7

194 90 1.80

Juli .

i 6.4

2.5

4.5

13.3

1.8

257

94

2.00

August

I

1

J !

6.1

2-5

4-3

11.7

1.9

296

94

1.92

September

5-4 1 1-4

3-4 o.3

13.1 8.1

4.2

298

97 93

2.10

October .

1.4

2.0

7.3

377

_2159_ 2.79 2.69

November

0.9

4.1

2.3

5.i

9-5

376

December

n— 2.5

6.0

4.2

3-7

11. 1

405 : 97

Jahr . .

1

0.6

3497

(Meteor. Zeitschr. Bd. IX. 1892. S. 469—70.)

I. Das Höhenklima.

735

Tabelle in.

Mont Ventoux. 50 16' ö. L., 440 17' N. B., Höhe 1900 m.

1886— 1887 (ausgen. *).

Mitt Max.

Ter leres Min.

np er Ab! Max.

atur

solutes Min.

Diff.

gegen

Carpen-

tras

Menge

1886,87

Niederschläge Tage j| || »-«-

O fc ~ 1885/86

Menge

in Carpen-

tras

Decmbr.

2.4

-5-6

2.0

-13.8

9.0

144

2

8

12

12

35

Januar . ,

I.l

—7.2

9.8

I3.8J 5.8

156

O

8

10

300

3i

Februar.

1.7

-8.7

8.0

18.2

9.6

140

O

9

5

85

59

März

—1.9

—5-5

14.2

17.6

IO.4

226

2

9

4

190

33

April

—4-3

0.2

12.6

130

I

14

4

143

48

Mai . .

2.2

7.2

79

5

9

8

187

21

Juni . .

20.5

5-4

25.0

0.0

7-7

IOI

6

0

1

33

20

Juli . .

21-5

8.2

26.4

3.4

II.9

144

9

0

3

45

47

August .

17.6

6-5

25.2

—0.4

II.4

5i

10

0

6

86

20

Septmbr.

11.6

3-6

2I.O

—3.6

I0.2

171

7

1

6

197

67

October

3-8

3-5

11.8

12.0

9.4

74

4

4

10

402

12

Novmbr. , 0.3

—4.6

7.2

—7.6

IO.O

449

4

12

9

933?

*35

Jahr: \

1865

2613

528

(Meteor. Zeitschr. Bd. VI, 1889, S. 29.)

Literatur.

Die klimatischen Angaben sind hauptsächlich aus Hann's Handbuch der Meteorologie, 3. Aufl. 1897, entnommen. Benutzt wurde ausserdem: Ch. Martins, Von Spitzbergen zur Sahara. Deutsche Ausgabe. 1872.

n. Die Regionen der Vegetation.

1. Klimatische Faotoren der regionalen Gliederung. Unterscheidung und kurze Charakteristik der drei Regionen: Basale Region, montane Region, alpine Region. Vergleich der Höhenregionen und der Zonen. Frühere Uebertreibung der Wärmewirkungen. Humboldt's Ansichten. 2. Da« Pflanzenleben in den Höhenregionen. § i. Gehölz, Grasflur, Wüste im Hochgebirge. Reihenfolge des Gehölzklima, Grasflurklima und Wüstenklima bei zunehmender Höhe. Uebereinstimmung der Formationen in der basalen und montanen Region mit solchen des Tieflands, charakteristisches Gepräge der alpinen Formationen. § 2. Eigentümlichkeiten der alpinen Gewächse, Alpine Tracht Krummholz, Sträucher, Polstergewächse, Rosettenstauden, Gräser. Xerophile Structur. Farbe, Grösse, Geruch der Blüthen. Periodische Erscheinungen. Versuche Bonnier's und Kerner's über den Einfluss des Höhenklimas auf Structur der Pflanzen. Wirkung der ein- zelnen klimatischen Factoren. Assimilation und Transpiration in der alpinen Region. Zu- nahme des Zuckers in den Nektarien. Anwendung der Versuchsresultate auf die natürliche alpine Vegetation. §3. Das Vorkommen alpiner Pflanzenarten in den Tief- ländern. Vorkommen tropischer alpiner Pflanzen in tieferen Regionen als Epiphyten und in Solfataren. Unterschiede der arktischen und alpinen Pflanzenstructur. §4. Die Höhen- grenzen des Pflanzenlebens. Saussurea tridactyla.

1. Klimatische Factoren der regionalen Gliederung.

Die ersten bei der Besteigung eines Berges zum Vorschein tretenden Veränderungen der Vegetation sind durch die Zunahme der Nieder- schläge bedingt. Wo der Pflanzenwuchs im Tiefland dürftig, ist er in der Höhe reichlicher ; wo im Tiefland der Wald nur das Irrigations- gebiet der Flüsse einnimmt, dehnt er sich in weiter, zusammenhängender Decke auf den unteren Gebirgsabhängen aus. Die maassgebenden Pflanzenarten, z. B. die häufigsten Waldbäume, sind im Gebirge zunächst noch dieselben wie auf feuchten Standorten der Niederung; auch ihre Lebensweise und Structur zeigt sich noch unverändert.

Mit wachsender Höhe tritt zu der Feuchtigkeit ein zweiter auf die Vegetation einwirkender klimatischer Factor hinzu, die Ab- nahme der Temperatur. Alle direct oder indirect von der Wärme abhängigen Eigenschaften der Pflanzen zeigen sich entsprechend be- einflusst. Arten der Tiefländer höherer Breiten treten zum Vorschein und ersetzen diejenigen des benachbarten Tieflands, die entsprechend

II. Die Regionen der Vegetation. n-ij

abnehmen. Das Gesammtbild der Vegetation, sowohl in systematischer wie in ökologischer Hinsicht, hat gleichsam eine Verschiebung polwärts erlitten.

Bei noch grösserer Höhe werden die Niederschläge schwächer, während die Abnahme der Temperatur fortschreitet. Aber noch andere Factoren des Höhenklima machen nun ihren Einfluss auf das Pflanzen- leben geltend, wie die Luft Verdünnung, die intensive Sonnen- und Erdstrahlung, die heftigen Winde. Die Vegetation erhält ein eigenartiges Gepräge, das wir als alpin bezeichnen, und das, da durch charakteristische Eigenschaften des Höhen- klima bedingt, eines Analogon in den Tiefländern ent- behrt. Wir können dementsprechend auf hohen Gebirgen drei Stufen oder Regionen der Vegetation unterscheiden, nämlich:

i) Basale Region. Vegetation mehr hygrophil, aber ebenso thermophil als im benachbarten Tiefland, derjenigen feuchter Stand- orte in letzterem ähnlich.

2) Montane Region. Vegetation mehr hygrophil und weniger thermophil als im benachbarten Tiefland, derjenigen der Tiefländer höherer Zonen vergleichbar.

3) Alpine Region. Vegetation durch das gesammte Höhen- klima beeinflusst, ohne Analogon in Tiefländern.

Eine Pflanze der basalen Region wird in der Niederung unverändert bleiben, wenn die Feuchtigkeit, eine solche der montanen Region, wenn ausserdem die Temperatur derjenigen des natürlichen Standortes ähnlich ist. Eine alpine Pflanze gedeiht entweder gar nicht im Tief- land oder büsst, wenn sie es thut, ihre alpine Tracht theilweise ein.

Die Vegetationsregionen der Gebirge sind natürlich nicht scharf gegen einander abgegrenzt, sondern gehen, ähnlich wie die Vegetations- zonen, ganz allmählich in einander über. Die Grenzlinien sind dem- entsprechend bis zu einem gewissen Grade der Willkür anheim gestellt. Ausserdem sind dieselben je nach dem Gebirge wechselnd, indem andere klimatische Factoren die Wirkungen des Höhenklima bald unter- stützen, bald abschwächen, ersteres namentlich in den hohen, letzteres in den niederen Breiten. Dennoch können alle drei Regionen stets mit Sicherheit unterschieden werden , am leichtesten zwischen den Wendekreisen, am schwierigsten in den circumpolaren Gebieten.

Da die ersten Pflanzengeographen nur die Temperatur in Betracht zogen, so erblickten sie in den Veränderungen, welche die Vegetation in zunehmender Höhe erleidet, lediglich die Wirkung ihrer Abnahme. So kamen sie zu der Vorstellung, dass ein äquatorialer Berg mit seinem von ewigem Schnee be- deckten Gipfel klimatisch gleichsam eine Erdhemisphäre im Kleinen darstelle und entsprechende Florengürtel aufweisen müsse. Der von Eis und Schnee bedeckte Gipfel stellte für sie das Analogon einer Polkappe dar.

Schimper, Pflanzengeographie. 47

738

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Neuere Untersuchungen haben den Nachweis geliefert, dass die früheren Vorstellungen über den Einfluss der Temperatur auf die geographische Ver- breitung der Gewächse viel zu exclusiv waren. Immerhin darf die Gliederung der Höhen lediglich in Wärmegürtel in der Pflanzengeographie nicht ver- nachlässigt werden, da sie für manche Fragen der floristischen Pflanzen- geographie maassgebende Bedeutung behält

Tropische Gebirge weisen folgende Wärmegürtel auf: i) Warmer Gürtel mit tropischem Klima.

2) Milder Gürtel. Mittlere Temperatur ca. 15° 200, nie unter o°.

3) Kühler Gürtel. Temperatur zuweilen unter o°.

4) Kalter Gürtel. Temperatur meist unter o°.

Von allgemeinen Angaben über die Temperaturen gerade der beiden höchsten Gürtel glauben wir absehen zu müssen, einerseits weil dieselben starke Schwankungen zeigen, welche, obwohl für das Pflanzenleben von höchster Bedeutung, bisher nicht hinreichend festgestellt sind, sodann weil das Wärme- klima dieser Gürtel mit der Entfernung vom Aequator tiefgreifende Ver- änderungen erleidet.

Die Wärmegürtel der Gebirge hoher Breiten dürfen wegen der polwärts zunehmenden Unterschiede der Jahreszeiten den kühlen und kalten Gürteln der tropischen Hochgebirge, nicht gleichgestellt werden. Der Vergleich ist nur bei nicht zu grossem Breitenunterschied zulässig und wurde von früheren Pflanzengeographen viel zu weit geführt.

Der Zusammenhang zwischen Hemisphären und Hochgebirgen, Erdzonen und Höhenzonen wurde von A. von Humboldt klimatisch begründet und auf die ganze Erde ausgedehnt, nachdem bereits früher Tournefort und Gundelsheimer nachgewiesen hatten, dass der Ararat von unten nach oben eine armenische, südeuropäische, französische, skandinavische und arktische Florenstufe aufweist.

Folgende Vegetationsregionen wurden von Humboldt für das äquatoriale Andengebiet aufgestellt:

Höhe über dem Meere

Mitteltemperatur

für die ent- sprechende Höhe (Celsius)

Erdzonen mit ähnlicher Tem- peratur im Meeres- niveau (Breitegrade)

Charakteristische Gewächse

0 600

27-5

0—15

Palmen und Bananen

600 1200

24°

I5~23

Baumfarne und Feigen

1200 1900

21°

2 3—34

Myrten- und Lorbeergewächse

1900 2500

190

34 45

Immergrüne Laubhölzer

2500 3100

160

45-58

Sommergrüne Laubhölzer

3100 3700

i3ü

58—66

Nadelhölzer

3700 4400

8.5°

66 72

Alpenrosen

4400 4800

4-5°

72 82

Alpenkräuter

über 4800

i-5°

82 90

Kryptogamen (Ewiger Schnee)

II. Die Regionen der Vegetation. 73 g

Die genialen Anschauungen Humboldt's haben sich nur zum Theile bewährt. Seine Reihenfolge der Vegetationsstufen in äquatorialen Gebirgen ist beinahe nie vollzählig vertreten. So zeigt sich in den Tropen die Stufe der sommergrünen Bäume nur in einigen Grenz- gebieten und diejenige der Nadelbäume ist, wenn überhaupt vorhanden, meist durch Beimischung vieler Laubhölzer verwischt. Endlich ist die Höhe der Baumlinie schwankend und auf Kegelbergen z. B. viel tiefer gelegen als auf Kettengebirgen.

2. Das Pflanzenleben in den HOhenregionen.

§ 1. Gehölz, Grasflur, Wüste im Hochgebirge. Die Ver- änderung des Klima beim Uebergang vom Tiefland in die Höhe ist zunächst gehölzgünstig, denn die Regen sind hier ergiebige Gussregen, durch welche der Untergrund constant feucht erhalten wird. Dementsprechend sind die Ab- hänge der basalen und der montanen Region gewöhnlich von Gehölzen überzogen, die in regenreichen Gebieten diejenigen des benachbarten Tieflands an Ueppigkeit zu übertreffen pflegen. Im unteren Gürtel der alpinen Region sind die Niederschläge weniger reichlich als in den beiden unteren Regionen und nehmen nicht die Form ergiebiger lange dauernder Gussregen, sondern, wegen der geringen Capacität der verdünnten Luft für Wasserdampf, diejenige leichter, kurz dauernder, aber häufiger oberflächlich nässender Sprühregen. Dadurch erhält das Klima im unteren Theil der alpinen Region mehr den Charakter eines Grasflurklima. Zudem enthält dieses Klima in den häufigen und heftigen Winden, welche, bei der Verdünnung und der häufig grossen Trockenheit der Luft noch stärker als im Tiefland die Transpiration befördern, ein ausgesprochen bäum feindliches Element. Die klima- tischen Formationen des unteren Gürtels der alpinen Region sind dementsprechend Grasfluren; Gehölze zeigen sich nur als niedrige, xerophile Standortsformationen, auf sehr durch- lässigem, steinigem, der Grasflur ungünstigem Boden.

Im oberen Gürtel der alpinen Region werden einerseits die Nieder- schläge immer geringer, während andererseits die trocknenden Wir- kungen der verdünnten Luft immer stärker zur Geltung kommt. Das Grasflurklima geht in Wüstenklima über. Ausser an nassen Standorten ist die Vegetation äusserst spärlich und schliesslich auf einige Flechten beschränkt.

Die Reihenfolge : Gehölz, Grasflur, Wüste, entsprechend drei Höhen- stufen, ist nur auf den höchsten tropischen, subtropischen Bergen, z. B.

47*

740

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

am Kilimandscharo, anscheinend auch im Tibet, vertreten. Meist dehnt sich dicht über der Grasflur ewiger Schnee aus.

Die Formationen der basalen und der montanen Region zeigen keine wesentlichen ökologischen Abweichungen von den Formationen der Tiefländer und sollen daher die gleichen Bezeichnungen tragen. In der alpinen Region hingegen tragen die Pflanzen- formationen das charakteristische Gepräge des Höhen- klima und müssen entsprechend gekennzeichnet werden, was durch den

Zusatz alpin geschehen soll. Wir stellen daher die alpinen Grasfluren, Ge- sträuche,Wüsten neben diejenigen des Tieflands und behalten nur für die alpinen Wälder die übliche Bezeichnung Krummholz. § 2. Eigentümlichkeiten der alpinen Gewächse. Wo- rin die charakteristische Tracht der Pflanzen der al- pinen Region besteht, lässt sich am besten bei den auch im Tiefland vorkommenden Arten nachweisen. Die al- pinen Individuen ha- ben kürzere Axen, kleinere Blätter, stär- ker entwickelte Wur- zeln, gleich grosse oder etwas grössere, häufig etwas tiefer ge- färbte Blüthen, und die gesammte Structur ist bei ihnen xerophil. Im Uebrigen können wir in der Regel folgende Typen unter- scheiden.

i) Das Krummholz. Diese Bezeichnung kam früher nur für die Legföhre, Pinus montana var. Pumilio, welche den Typus im euro- päischen Hochgebirge allein vertritt, zur Anwendung. Der gleiche Habitus kommt aber, wie neuere Untersuchungen gezeigt haben, vielen tropischen Bäumen der alpinen Region zu. Er ist bedingt durch den kurzen, knorrigen, oft schiefen oder horizontalen Stamm und die langen, schlangenartig gewundenen, hin und her gekrümmten Aeste.

Fig. 406. Alpine Andensträucher der Paramos:

/ Hinterhubera ericoides (Composit) Venezuela. 2 Se-

necio vaccinioides. Neu -Granada. Nattirl. Grösse.

Nach Weddell.

II. Die Regionen der Vegetation. ja\

2) Die alpinen Sträucher haben theilweise aufrechten Wuchs und unterscheiden sich dann habituell nicht wesentlich von Tiefland- sträuchern. In den höchsten Vegetationsgürteln jedoch sind sie als kriechende Zwergsträucher ausgebildet, mit reich entwickeltem Wurzel- system und meist reich verzweigten, auf dem Boden oder dicht unter dessen Oberfläche horizontal ausgebreiteten Axen. Wie das Krumm- holz sind die Sträucher beinahe stets immergrün.

3) Der, abgesehen von den Moosen, nur auf den Inseln der südlichen temperirten Zone und in der Arktis auch in den Niederungen vertretene Typus der Polsterpflanzen ist in der alpinen Region der Gebirge der höheren Breiten beider Hemisphären und in den Anden, durch eine Fülle von Formen der verschiedenartigsten Verwandtschaft ver-

Fig. 407. Alpine Zwergsträucher Neu- Seelands: Coprosma cuneata Hook. fig. Nat. Gr.

treten (Fig. 408). In einem derartigen Polster sind die Glieder eines Axen- systems, dessen Hauptaxe bald noch vorhanden, bald abgestorben ist, derart an einander gepresst, dass sie sich allseitig dicht berühren und nur an der freien Oberfläche Blätter und Blüthen aufweisen. Die Grösse der Polster ist sehr verschieden. Bei gewissen Androsace- und Saxifraga- Arten der Alpen, z. B. , übertreffen sie kaum diejenigen der Grimmia- und Barbula- Arten, die bei uns auf Mauern und Felsen die Polsterform vertreten, während andere an Korallenmassen erinnern, wie bei den neuseeländischen Raoulia- und den andinen Azorella- Arten, deren bis 2 m hohe, sammeartig behaarte, glatte und feste Polster aus dicht schliessen- den prismatischen Sprossen zusammengesetzt sind.

4) Eine Hauptrolle, namentlich auf den alpinen Wiesen, kommt den Rosettenstauden zu, welche sich von denjenigen der Niede-

742

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

rungen durch viel kürzere oberirdische Sprossen und viel längere und kräftigere Wurzeln unterscheiden (Fig. 409 412).

Fig. 408. Alpine Andenflora der Paramos und Pirnas. Polstergewächse in natürl. Grösse. / Erigeron pulvinatum. Punaformation, Bolivien. 2 Maja compacta (Composit). Neu-Granada. 3 Oriastrum pusillum (Compos. - Mutis.). Chile, am ewigen Schnee. 4 Verbena minima Meyen. Peru und Bolivien. 5 Lysipoma muscoides (Lobeliac). Neu-Granada, am ewigen Schnee. 6 Merope aretioides (Composit), am ewigen Schnee. Peru. Alle nach Weddell.

5) Die alpinen Gräser haben meist kürzere Blätter als diejenigen des Tieflands, so dass die alpinen Grasfluren niedrigen Rasen zu be-

II. Die Regionen der Vegetation.

743

sitzen pflegen. In den Tropen sind diese Grasblätter nach dem Steppen- typus gebaut, schmal, eingerollt, hart, stechend, während sie in hohen Breiten oft echte Wiesengräser darstellen.

Das Laub ist, wenigstens auf den höheren Stufen der alpinen Region, mit ausgeprägten Schutzmitteln gegen Transpiration versehen. Bei den Holzgewächsen ist es meist lederartig, bei den Stauden, ent- sprechend der zeitweise herrschenden grossen Lufttrockenheit, oft stark behaart. Die nicht behaarten Stauden haben dicke, oft sueculente Blätter, eine stark ausgebildete Cuticula, enge Intercellularen und die bei Xerophyten allgemein verbreitete mächtige Entwickelung der Palis- saden.

Die Blüthen der alpinen Gewächse pflegen lebhafte Farben zu besitzen, und bei Arten, die gleichzeitig die Niederung und die alpine Region bewohnen, zeigt sich in dieser Hinsicht eine deutliche Bevor- zugung der letzteren. In manchen Fällen ist die Blüthe grösser, z. B. bei Solidago Virga aurea, Betonica officinalis, He- lianthemum vulgare in den mitteleuropäischen Gebirgen, nach Linde- mann auch bei Cam- panula rotundifolia, Mel- andryum silvaticum, Ta- raxaeum officinale , im norwegischen Hochge- birge. Hingegen ist die

alpine Form der Parnassia palustris !) viel kleinblüthiger als im Tiefland. Der Geruch der Blüthen zeigt mit der Höhe eine Zunahme.

In der alpinen Region der temperirten Hochgebirge treten den all- gemeinen Merkmalen der alpinen Vegetation solche hinzu , die auf die Kürze der Vegetationsperiode zurückzuführen sind. Dieselben zeigen sich am auffälligsten bei den dem Tiefland und den Höhen ge- meinen Arten. So öffnen sich die Blüthen von Calluna, Parnassia, Gnaphalium dioieum, Gentiana germanica, Solidago virga aurea, Dianthus superbus auf den Hügeln im August, in der alpinen Region im Juli, obwohl die Vegetationszeit im letzteren Falle viel später eintritt.2)

Die Frage, inwiefern die im Vorhergehenden zusammengestellten

i<^

Fig. 409. Alpine Andenflora. Achyrophorus quitensis Schultz Bip. Neu -Granada bis Peru. 3000 4000 m. */„ nat. Gr.

J) Man vergleiche z. B. die Blüthen der Parnassia auf der Schynigen Platte und bei Interlaken.

*) Vgl. Sendtner 1. c. S. 239.

744

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Eigenthümlichkeiten der alpinen Gewächse als directe Wirkungen des Höhenklima zu betrachten sind, ist durch Versuche A. v. Kerner's und G. Bonnier's theilweise beantwortet worden, indem beide Forscher Culturen von Pflanzen der Niederungen im Höhenklima ver- anstalteten. Da die Versuche Bonnier's am meisten einwandfrei erscheinen , so sollen dieselben , obwohl von späterem Datum als die- jenigen Kerner's, in den Vordergrund gestellt werden.

Die höchstgelegenen experimentellen Culturen Bonnier's wurden in den Alpen (aiguille de la Tour) bei 2300 m und in den Pyrenäen

(Col de la Paloume) bei 2400 m angelegt; die Controlculturen im Tieflande befanden sich in der näheren und ferneren Umgebung von Paris sowie im Departement du Gexs. Verschiedene Zwischenstufen bei 740, 1050 m (Chamounix) etc. wurden ebenfalls durch Cul- turen berücksichtigt. Bei jeder Versuchs- reihe diente die gleiche, der Höhenstation entnommene Bodenart, und um indivi- duellen Veränderungen vorzubeugen, kamen bei mehrjährigen Pflanzen vegetative Glieder desselben Stockes, bei Annuellen Samen des- selben Stockes zur Verwendung. In sämmt- lichen Culturen bedingte das Höhenklima Ver- änderungen der äusseren und inneren Structur, durch welche die Gewächse des Tieflandes einen mehr oder weniger ausgeprägten, aber stets deutlichen alpinen Habitus erhielten. Die unterirdischen Theile erhielten, wenig- stens relativ, eine stärkere Ehtwickelung. Die Axen waren kürzer, mehr behaart, zeigten die Neigung, sich flach auszubreiten. Die Blätter waren kleiner, dicker, stärker behaart , chlorophyllreicher. Die Blüthen waren relativ, manchmal sogar (Solidago Virga aurea, Carduus defloratus, Teucrium Scorodonia) grösser als in der Niederung und intensiver gefärbt. Der histologische Bau zeigte eine ausgesprochene Zunahme der Schutzmittel gegen Wasserverlust : Dickere Cuticula, stärkere und frühere Korkbildung, Auftreten eines Hypoderms, Verlängerung der Palissaden und, nach den Figuren zu urtheilen, Reduction der Inter- cellularen. Doch soll, namentlich an der Oberseite, die Zahl der Spalt- öffnungen eine Zunahme zeigen.

Das Kurzbleiben der oberirdischen Sprosse bei den alpinen Ver-

Fig. 410. Celmisia sessiliflora Hook. fil. Eine alpine Rosetten- pflanze (Composite) Neu-Seelands. Nat. Gr.

II. Die Regionen der Vegetation.

745

suchspflanzen war mehr durch eine Reduction der Länge, als durch eine solche der Zahl der Internodien bedingt und am auffallendsten

Fig. 411. Dianthus glacialis. Alpen.

bei Helianthus tuberosus, dessen Knollen im Höhenklima nur Blatt- rosetten, in den Culturen der Niederung hingegen normale hoch- stämmige Sprosse erzeugten. Im Allgemeinen jedoch waren die Ver- änderungen, wenn auch wohl aus- geprägt, doch weniger tiefgreifender Art. Typische Beispiele stellen Helian- themum vulgare (Fig. 414) und Leon- todon Taraxacum (Fig. 413) ,dar.

Der alpine Habitus wurde in Bonnier's Höhenculturen mit jedem Jahre stärker und verschwand bei Cultur in der Niederung nur im Laufe der Jahre. Das Höhenklima hat demnach ausser seinen unmittel- baren Wirkungen auch Nachwirkun- gen, in welchen die partielle Erblich-

, . , . . ., . . . . Fig. 412. Alpine Andenflora. / Viola

keit der alpinen Merkmale typischer gnmäoUL Wedd 2 Viola pygmaea ,,oir Höhenpflanzen ihre Erklärung findet. */3 nat. Gr. Nach Weddell.

746

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

*ig- 4!3« Leontodon Taraxacum. P Tief landcultur (ca. %\h nat. Gr.). M Alpine Cultur (id.). M' Alpine Cultur. Nat. Gr. Nach Bonnier.

II. Die Regionen der Vegetation.

747

Als Beleg für die durch das Höhenklima verursachten, structurellen Veränderungen wurde Bonnier's Arbeit folgende Tabelle entnommen:

Trifolium repens.

In Caddac (Tiefland) ge- pflanzte Hälfte. Maximalgrösse 0,22 m. Blüthen wenig gedrängt, deren Stiel und Kelch ungefähr gleich lang. Mittlere Länge der Köpfchenstieie

0,130 m. Mittlere Länge der Blattstiele 0,0 15 m. Mittlere Breite der Blättchen 0,015 m. Blätter im durchscheinenden Lichte

hell grün (14 h des Chromometer). Blätter dünn. Blüthen weiss.

Auf der Arbizonkette (Höhe) gepflanzte Hälfte. Maximalgrösse 0,13 m. Blüthen dicht gedrängt (we- niger zahlreich im Köpfchen), deren Stiellänge ^8 0(^er V4 derjenigen des Kelchs erreicht.

Mittlere Länge der Köpfchenstiele

0,180 m. Mittlere Länge der Blattstiele 0,020 m. Mittlere Breite der Blättchen 0,010 m. Blätter im durchscheinenden Lichte

dunkelgrün (14 e des Chromometer). Blätter dick (% dicker als in Caddac). Blüthen rosa.

Kerner's Versuche wurden durch Aussaat von Pflanzen der Ebene in seinem nahe der Kuppe des Blasers in Tirol (2195 m) befindlichen alpinen Garten angestellt und führten im Wesentlichen zu den gleichen Resultaten, wie diejenigen Bonnier's. Doch beobachtete er in manchen Fällen ein Kleinerwerden der Blüthen (z. B. bei Parnassia palustris), und die Zahl der letzteren war an den alpinen Exemplaren kleiner als an solchen des Tief- lands. Trotz dieser letzteren Ergebnisse ist ähnlich wie bei den Versuchen Bonnier's auch hier auf Bevorzugung der Blüthenbildung zu schliessen, denn letztere trat relativ früher ein : „Während an Viola arvensis auf dem Versuchs- beet in Wien die Achselknospen der Laubblätter 1 6 unterdrückt wären und erst aus jenen des 7. und 8. Laubblatts Blüthen hervorgingen, entwickelten sich an derselben Art im alpinen Versuchsgarten schon aus der Achselknospe des 3. und 4. Laubblatts Blüthen."

Kerner beobachtete bei vielen Pflanzen seiner Höhenculturen eine Verfärbung der vegetativen Organe in Folge partieller Zer- störung des Chlorophylls (z. B. bei Arabis procurrens, Digitalis ochroleuca, Geum urbanum, Orobus vernus etc.). Linum usitatissimum ging sogar anscheinend an völliger Zerstörung des Chlorophylls zu Grunde. Bei anderen Arten wurde die grüne Farbe der Laubsprosse durch reichliche Cyanophyllbildung verdeckt, so das in der Ebene nur röthlich angehauchte Bohnenkraut, welches im alpinen Garten tief rothbraun wurde und die in der Ebene rein grünen Arten von Sedum, Dracocephalum Ruyschiana, Leucanthemum vulgare, Lychnis Viscaria, Bergenia crassifolia, Potentilla tirolensis, die Spitzen von Gräsern etc.

Bonnier und Kerner stimmen darin überein , dass die Blüthen in ihren Höhenculturen meist eine intensivere Färbung besassen als in den parallelen Tieflandculturen. Ein

74»

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Fig. 414. Helianthemura vulgare, a im Tieflande, */2 nat. Gr. b im Höhenklima, 1/a nat Gr. c dasselbe wie ö, aber nat. Gr. Nach Bonnier.

II. Die Regionen der Vegetation.

749

Unterschied ist nicht immer vorhanden, und wo letzteres der Fall, nicht immer sehr ausgeprägt. Am meisten fiel der fördernde Einfluss des Höhenklima auf die Pigmentbildung von Blüthen, die im Tiefland weiss sind, in den alpinen Culturen aber mehr oder weniger tief carminrothe Färbung erhielten, wie z. B. Libanotis montana, Trifolium repens. Unter den auch im Tiefland gefärbten Blüthen , die im Höhenklima dunkler werden, sind, nach Kerner, Agrostemma Githago, Campanula pusilla, Dianthus silvestris, Gypsophila repens, Lotus corniculatus , Saponaria ocymoides, Satureja hortensis, Taraxacum, Vicia Cracca und Vicia sepium auffallende Beispiele. Bonnier hat für eine Anzahl Blüthen die Unterschiede in einer farbigen Tafel veranschaulicht. Danach scheint die Verdunkelung gelber Blüthen auf der Bildung rothen oder violetten

^^MMÄMä' *

Fig. 415. Teucrium Scorodonia. Blattquer- schnitt, a im Höhenklima, b im Tieflande. Nach Bonnier.

Fig. 416. Galeopsis tetrahit. Blattquer- schnitt, a im Höhenklima, b im Tief lande. Nach Bonnier.

Farbstoffs, wohl gelösten Cyanophylls, wie bei den normal solchen enthaltenden rothen und blauen Blüthen, zu bestehen. Das gelbe Carotin dürfte also unbeeinflusst bfeiben.

Die von Bonnier und Kerner festgestellten Erschei- nungen lassen sich sämmtlich auf bekannte Factoren des Höhenklima zurück führen.

Das Höhenlicht wirkt durch seine grössere Intensität stärker hemmend auf das Wachsthum der Axen und Blätter als das Licht des Tieflands. Die grosse Lichtintensität bedingt auch die stärkere Entwickelung gewisser Pigmente, namentlich des Cyanophylls in den Blüthen und im Laub, während sie andererseits raschere Zer-

75o

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Störung des Chlorophylls bewirkt. Der Reichthum des Höhenlichts an ultravioletten Strahlen fördert wahrscheinlich die Entwickelung der Blüthen.

Die trocknenden Eigenschaften des Höhenklimas, bedingt durch die starke Insolation, die Luftverdünnung und die Luft- bewegung, wirken zum Theil in gleicher Richtung wie das intensive Licht auf Entstehung und Wachsthum der Laubsprosse und Blüthen. Namentlich aber veranlassen sie die allen alpinen Pflanzen zukommende xerophile Structur der belaubten Theile und die ebenfalls bei Xero- phyten gewöhnliche starke Entwickelung der Wurzeln.

Die niedere Temperatur, namentlich in der Nacht, hemmt das nächtliche Längen wachsthum. Ausserdem bedingt die Kälte des Wassers, dass die Pflanzen sehr nasser Standorte xerophilen Bau erhalten.

Weniger klar als die im Vorhergehenden behandelten sind die Wirkungen des Höhenklima auf verschiedene Vorgänge des Stoffwechsels. Bonnier hat Pflanzen aus seinen alpinen Culturen in subalpinen Stationen mit den in letzteren gewachsenen in Bezug auf ihre Kohlensto f f a ssimilation, Re- spiration und Transpiration verglichen. Es stellte sich heraus, dass gleiche Oberflächen der alpinen Stöcke mehr assimilirten und am Lichte mehr, im Dunklen aber weniger Wasserdampf abgaben, als solche der tieferen Stationen. Die Beziehungen zu den Frisch- und Trockengewichten wurden nicht festgestellt ; ausserdem fehlt es an Angaben über die Stoffwechselvorgänge der alpinen Versuchspflanzen in alpiner Höhe. Die Befunde können auf die letzteren nicht angewendet werden.

Mit grösserer Sicherheit kann ein fördernder Einfluss der alpinen Höhe auf die Zuckerbildung der Blüthennektarien angenommen werden. So sind nach Bonnier und Flahault die Blüthen von Silene inflata, Isatis tinctoria, Euphrasia officinalis, Leontodon autumnalis u. a. zwischen 1500 und 1800 m ü. M. einem Niveau wo die Wirkungen des Höhenklima doch noch nicht sehr ausgeprägt sind , nektarreicher als zwischen 200 und 500 m. Hermann Müller fand bei Piatanthera bifolia im Tiefland den Sporn höchstens über 1/3, in den Alpen oft weit über die Hälfte mit Nektar angefüllt

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine von Layens mitgetheilte Angabe aus der Bienenzuchtstatistik des Departements des Pyrdndes Orientales, nach welcher letzteres 19829 Bienenstöcke besitzt, die ziemlich gleichmassig zwischen o und 1500 m vertheilt sind und die, nach Höhenzonen von 300 m eingetheilt, durchschnittlich folgenden Ertrag geben:

Höhe in m Ertrag in kg

O 300 3.06

300 600 4.08

600 900 5.00

900 1200 7.00

1200 1500 9.33.

II. Die Regionen der Vegetation. 75 I

Angeblich soll auch das Aroma der Pflanzen, also ihr Gehalt an ätheri- schen Oelen, mit der Höhe zunehmen. Thatsächlich hat auch Bonnier eine Zunahme der Harz- und Oelbehälter in seinen alpinen Culturen festgestellt. Der aromatische Geruch des alpinen Heues wird oft und mit Recht betont. Doch scheint die Erscheinung nicht allgemein zu sein. So enthält die Flora der baumlosen Region auf Java keine einzige Pflanze mit aromatischen Blüthen, obwohl solche im Tiefland sehr häufig sind, und nur wenige mit aromatischen vegetativen Theilen (Gaultheria, Gnaphalium etc.). Die Früchte der alpinen Rubus- und Vaccinium- Arten sind, abgesehen von einem schwachen Gehalt an Säure, völlig geschmacklos, und das Gleiche gilt von den im oberen Theile der montanen Region cultivirten europäischen Bäumen, z. B. den Pflaumen, während die tropischen Früchte des Tieflands das intensivste Aroma besitzen.

Viele Eigentümlichkeiten der alpinen Gewächse erscheinen, nach den eben geschilderten Versuchen und Beobachtungen, als directe, je- doch mehr oder weniger erblich gewordene Wirkungen des alpinen Klima und unsere Kenntniss der Elemente des letzteren erlaubt in vielen Fällen die einzelnen Ursachen zu erkennen. Für andere Er- scheinungen können wir wohl den Nutzen, den sie gewähren, erkennen ; es ist aber zur Zeit nicht möglich zu entscheiden, ob sie ebenfalls direct durch das Klima hervorgerufen werden oder ob sie das Resultat der Auslese zufälliger Variationen darstellen. So erscheint uns bei der Kürze der Vegetationszeit, das immergrüne Laub sehr zweckmässig; welche Einflüsse die Annahme desselben bei Pflanzentypen, welche, wie die Weiden, sonst sommergrün sind, bleibt unbekannt. Ebenso ist die frühere Entwicklung der Blüthen im Vergleich zum Tiefland physio- logisch unaufgeklärt. Manche Erscheinungen sind sogar ökologisch noch räthselhaft, so die offenbar eine Anpassung an das alpine Klima darstellende Polsterform und der charakteristische Habitus der Krumm- holzbäume. In beiden Fällen erscheint ein Zusammenhang mit den heftigen Winden am wahrscheinlichsten. Starker Wind ist das einzige gemeinsame Merkmal der Standorte der Polsterpflanzen auf den Inseln der Südsee und in der alpinen Region und die Krummholzgestalten wiederholen sich oft an den freistehenden Bäumen und Sträuchern offener, windiger Meeresküsten.

§ 3. Das Vorkommen alpiner Pflanzenarten in tieferen Regionen. Die Flora der alpinen Region setzt sich überall zusammen 1. aus Arten, die ihr ganz eigenthümlich sind 2. aus solchen, die auch in tieferen Höhenregionen und im Tiefland vorkommen. Die Pflanzen der letzteren Kategorie bieten besonderes Interesse , indem ihr Vorkommen an un- gleichen Standorten auf die Existenzbedingungen im alpinen Klima manches Licht wirft, bezw. die gewonnenen Anschauungen bestätigt.

Die auf den alpinen Wiesen und Steppen des Hochgebirges ver- tretenen Arten der Grasflur des Tieflands zeigen sich so modificirt, dass

752 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

sie vielfach als Varietäten (Var. alpina) unterschieden werden. Solche alpinen Formen besitzen die Eigenthümlichkeiten , die wir als directe Wirkungen des Höhenklima kennen lernten.

Alpine Pflanzen, welche in der feuchten basalen und montanen Region auftreten, verrathen durch ihre Standorte ihren ausgesprochen xerophilen Charakter. So kommen eine Anzahl der Gipfelpflanzen Java's in den unteren regenreichen Regionen vor, aber entweder als Epiphyten (z. B. Rhododendron javanicum, retusum, Vaccinium poly- anthum etc.) oder auf dem salzreichen Boden der Solfataren.1) In Japan hat Mayr ebenfalls eine reiche Vegetation alpiner Gewächse in den Solfataren der tieferen Regionen beobachtet. Aus ähnlichem Grunde kommen manche alpinen Arten des Atlas auf dem Meeresstrande bei Algier, aber nicht in den Zwischenregionen vor.2)

In den eben erwähnten Fällen liegt die Analogie in den Existenz- bedingungen an verschiedenen Standorten in der erschwerten Wasser- versorgung, welcher durch den Besitz xerophiler Eigenschaften vor- gebeugt ist. Die Temperatur kommt nicht in Betracht, hingegen ist sie, neben der Xerophilie, ein Factor des Vorkommens vieler Pflanzen höherer Tieflandsbreiten im Hochgebirge niederer Breiten. So kommen auf den alpinen Höhen des tropischen Afrika mediterrane und süd- afrikanische Arten, auf denjenigen der nördlichen temperirten Zone polare Arten vor.

Das Vorkommen vieler polaren Pflanzenarten im temperirten Hoch- gebirge hat zur Annahme einer vollkommenen Analogie zwischen alpiner und arktischer Flora und zwischen alpinem und arktischem Klima in ihren Wirkungen auf das Pflanzenleben gefuhrt. Doch hatte bereits H. Christ, der beste Kenner der europäischen alpinen Flora, gegen die Existenz einer so weitgehenden Uebereinstimmung protestirt, und G. Bonnier hat neuerdings, auf Grund sorgfaltiger Untersuchungen, den Nachweis geliefert, dass die alpinen und arktischen Individuen derselben Art sich in ihrer Structur wesentlich von einander unterscheiden, so dass nur sehr plastische Arten gleichzeitig in beiden Klimaten existiren können. Die Unterschiede zwischen der arktischen Flora und der alpinen Flora der nordtemperirten Zonen sind daher nicht bloss auf historische, sondern in erster Linie auf gegenwärtig noch wirkende physiologische Ursachen zurückzuführen.

Mit dem polaren Klima theilt das alpine aller Breiten die grosse Lichtmenge und die niedere Lufttemperatur. Die Verhältnisse der Be- leuchtung sind aber nicht identisch, indem es sich im ersteren Falle um

») Vgl. S. 413.

2) Vgl. Battandier.

II. Die Regionen der Vegetation. 753

continuirlich schwache, im zweiten um unterbrochene intensive Be- leuchtung handelt. Die niedere Lufttemperatur wird im alpinen Klima bei Sonnenschein durch intensive Bestrahlung in ihren Wirkungen auf das Pflanzenleben aufgehoben, im Schatten und in der Nacht aber ver- stärkt, während die polaren Pflanzen derartigen Wärmeschwankungen nicht ausgesetzt sind. Endlich ist die Gefahr des Wassermangels bei den alpinen Pflanzen vornehmlich, wenn auch indirekt, durch die Ver- dünnung der Luft, bei den polaren durch die Kälte des Bodens bedingt.

Den ungleichen physiologischen Wirkungen des alpinen und des polaren Klima entsprechen Unterschiede der äusseren und inneren Pflanzenstructur. So sind, nach Bonnier, die oberirdischen Theile von Salix polaris und Saxifraga oppositifolia in polaren Exemplaren schwächer entwickelt als in alpinen. Besonders charakteristisch ist aber für die polaren Gewächse, im Gegensatz zu den alpinen derselben Arten, der Besitz dickerer Blätter mit weniger differenzirter histologischer Structur und grösseren Intercellularen. Diese Eigenschaft der polaren Gewächse ist aber, wie bereits früher gezeigt wurde, der Ein- wirkung der ununterbrochenen schwachen Beleuchtung zuzuschreiben, während die intensive, aber unter- brochene Beleuchtung des alpinen Klimas niederer Breiten im Gegentheil die histologische Differenzirung der Blätter begünstigt.

§ 4. Obere Grenze des Pflanzenlebens im Hochgebirge. Die obere Grenze der Vegetation in den Hochgebirgen ist natürlich nach dem Klima verschieden und liegt in den Tropen im Allgemeinen "höher als in den temperirten Zonen, wo bei gleicher Höhe die Temperatur tiefer liegt. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass niedere Kryptogamen auch die höchsten Gipfel bewohnen. H. Meyer fand einige Flechten noch auf dem Gipfel des Kilimandscharo (6010 m), und es ist wahr- scheinlich, dass dieser Punkt keineswegs die oberste Grenze der Vege- tation überhaupt darstellt. Namentlich dürften Bacterien noch höher steigen.

Viel leichter ist es, die oberste Grenze der Phanerogamen- vegetation festzustellen. Der höchste bekannte Standort von Phanero- gamen liegt nicht in den Tropen, sondern in West -Tibet, wo bei 5800 m Saussurea tridactyla (Fig. 417) noch wächst. Diese am höchsten hinauf- gehende Blüthenpflanze besitzt nicht einmal in besonders hohem Maasse die alpine Tracht, indem ihre Axe sich zu der relativ beträcht- lichen Höhe von ca. 1 5 cm über den Boden erhebt. Gegen Transpiration ist sie durch eine mächtige Hülle wolliger Haare geschützt. Die alpine Tracht kommt in höherem Grade einigen Arten derselben Gattung zu, die dieselben Gebirge wie S. tridactyla bewohnen, aber deren höch-

Schimper, Pflanxengeographie. 48

Fig. 417. Saussurea- Arten der alpinen Flora des westlichen Tibet. A Saussurea tridactyla

19000'. B S. Thomsoni 17 18000'. C S. Kunthiana 17—18000'. D S. Wernerioides

17—18000'. Nat. Gr. N. d. Nat. gez. v. M. Smith. Kgl. Herb. Kew.

Auswahl der Literatur.

755

sten Standort nicht erreichen, sondern zwischen 5000 und 5500 m wachsen (Fig. 417, B - D).

Die untere Grenze des ewigen Schnees bezeichnet keineswegs die obere Grenze des Pflanzenlebens, nicht einmal diejenige der Blüthen- pflanzen, welche in vereinzelten Exemplaren, in den Schweizer -Alpen, noch bei ungefähr 4000 m auftreten.

Auswahl der Literatur«

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48*

756 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

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besonders in der Flora Java's. Sitzungsber. der KönigL preuss. Akademie

der Wissenschaften zu Berlin. Bd. XL. 1890. Wagner, A. Zur Kenntniss des Blattbaues der Alpenpflanzen und dessen

biologischer Bedeutung. Sitzungsber. der Wiener Akademie. Bd. CI.

Abth. I. 1892.

IQ. Die Höhenregionen in den Tropen.

1. Allgemeines. Der tempcrirte Regenwald der montanen Region in regenreichen Gebieten. Alpine Region. Krummholz. Alpines Gesträuch. Alpine Steppe. Alpine Nieder- holzsavanne. 2. Die Kegionen in Ost- Asien« Regionen in West-Java: Der temperirte Regenwald. Krummholz. Alpine Savanne. Alpine Steppe. Regionen in Ost-Java: Tem- perirter Savannenwald von Casuarina. Alpine Steppe. Alpine Sonnen- und Schattenvegeta- tion. Regionen am Kinabalu: Pandanenwald auf dem Lokon, Celebes. Temperirter Regenwald in der montanen Region auf Ceylon. Nilgiri. 3. Die Regionen im tropischen Afrika. Der Kilimandscharo, nach Volkens. Xerophiler Charakter der basalen Region. Temperirter Regenwald in der montanen Region. Physiognomie und Flora der alpinen Steppen und Wüsten. 4. Die Regionen im tropischen Amerika. Südamerikanische Cordillere. Temperirter Regenwald. Krummholz. Paramos. Frailejon. Puna. Mexico. Xerophiler Charakter der basalen Region im mittleren Mexico. Regen- wälder. Sommerwälder (Laub- und Nadelwalder) in der montanen Region. Alpine Region. Küstengebirge Brasilien* s. Itätiaia. Serra do Picü.

1. Allgemeines.

Die basale Region tropischer Gebirge ist meist regenreicher als das benachbarte Tiefland und dementsprechend von Formationen be- deckt, welche in letzteren feuchte Standorte, namentlich das Irrigations- gebiet der Flüsse, bewohnen. Regenwälder sind hier sehr verbreitet und gelangen häufig zu grösster Ueppigkeit.

Die montane Region hat am Aequator in ihren unteren Gür- teln noch tropischen, aber nicht mehr äquatorialen, in der Nähe der Wendekreise von Anfang an temperirten Charakter. Der Unterschied zwischen dem äquatorialen Regenwald der basalen und dem tropischen der unteren montanen Region ist auf die systematische Zusammen- setzung beschränkt. In den temperirten montanen Formationen hin- gegen tritt die niedrigere Temperatur auch in rein öko- logischen Eigenthümlichkeiten des Pflanzenlebens zum Vorschein und verleiht den Formationen das Gepräge solcher höherer Breiten. So wird in der montanen Region feucht

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Vierter Abschnitt: Die Höhen.

tropischer Gebirge, bald bei geringerer, bald bei grösserer Höhe über dem Meere, der tropische Regenwald durch einen ähnlichen tempe- rirten Regenwald ersetzt, wie wir ihn für die regenreichen Tief- länder Süd-Japan's, Neu-Seeland's und Süd-Chile's kennen lernten.

Die Bäume sind in demselben immergrün; sie entbehren stets der Plankengerüste und besitzen einen massiveren Wuchs, reichere Ver- zweigung, kleinere, derbere Blätter als im tropischen Regenwalde. Die Lianen sind seltener und mehr dünnstämmig; die Epiphyten sind viel kleiner, meist krautig und weit mehr durch Kryptogamen (Moose und Farne) als durch Phanerogamen vertreten. Die ausserordentlich üppige Entwickelung der epiphytischen Moose übertrifft diejenige des tempe- rirten Regenwaldes der Tiefländer und ist auf die in der montanen

Fig. 418. Alpine Savanne auf dem Gipfel des Pangerango, Java. Die grauen Bäumchen sind Anaphalis javanica. Nach einer Photographie von Herrn Dr. G. Karsten.

Region herrschenden Nebel zurückzufuhren. Die Anwesenheit vieler nahe verwandter Pflanzentypen in den Regenwäldern der montanen Region tropischer Gebirge und des Tieflands höherer Breiten fugt der ökologischen die floristische Aehnlichkeit hinzu.

Der Uebergang der montanen in die alpine Region ist durch Abnahme der Baumgrösse und Reduction ihrer Laubmasse, welche all- mählich ausgesprochene xerophile Structur erhält, gekennzeichnet. Die Stämme werden kürzer und relativ dicker, die Aeste länger, der ganze Wuchs wird unregelmässig, das charakteristische Bild des Krumm- holzes tritt zum Vorschein.

Auf die Krummholz Wäldchen folgt oft ein xerophiler Gesträuch- gürtel, dann herrscht die alpine Grasflur, ausser auf Felsen und Gerollen, wo Niederholz sich behauptet. Die Grasflur ist meist als alpine

III. Die Höhenregionen in den Tropen. 759

Steppe ausgebildet ; sie besteht aus Büscheln schmalblätteriger Gräser, deren Zwischenräume bald nackt, bald von Zwergsträuchern und Stau- den eingenommen sind; das Auftreten von Zwergbäumen verleiht ihr zuweilen das Gepräge einer Niederholzsavanne. Nach oben wird, auf den höchsten Gipfeln, die Grasflur allmählich durch die alpine Wüste ersetzt. Graswuchs zeigt sich da beinahe nur noch in feuchten Oasen ; Zwergsträucher und Polsterpflanzen bilden, durch weite Zwischen- räume getrennt, die dürftige Vegetation. Einige Flechten stellen die letzten Spuren der Vegetation, so auf dem 6010 m hohen Gipfel des Kilimandscharo, dar.

Eine so reiche Gliederung der Gebirgsabhänge wie die eben ge- schilderte zeigt sich nur in regenreichen Gebieten. In trockenem Klima tritt der Wald erst in der montanen Region auf oder fehlt auch ganz, wie am Westabhang der Cordilleren, in Peru und Bolivien, wo die Regionen vom Meeresniveau bis zum ewigen Schnee eine Reihenfolge von Wüsten darstellen.

2. Die Regionen in Ost -Asien.

Die Hochgebirge des malayischen Archipels erreichen zwar nicht die Schneegrenze und ragen sogar meist nicht weit in die alpine Region hinauf. Sie zeigen aber dennoch eine Reihe wohl ausgeprägter Vege- tationsstufen und sind für die Untersuchung der pflanzenphysiologischen Wirkungen des Höhenklima besonders instructiv, weil die tiefen Tempe- raturen und die Schneemassen, auf welche bei Darstellungen der alpinen Vegetation gewöhnlich das Hauptgewicht gelegt wird, ihnen fehlen.

Der tropische Regenwald geht an den Abhängen der Vulkane West- Java's zwischen 1 500 und 2000 m allmählich in den temperirten über. Die Luft wird nasskalt, vom Winde getriebene Nebelmassen ziehen zwischen den Stämmen, und der prächtige Gesang eines nur den tempe- rirten Regenwald bewohnenden Vogels, Muscicapa cantatrix, wird allent- halben vernehmbar. Die Laubmasse wird weniger dicht, die Laubblätter werden weniger gross, die Stützpfeiler verschwinden an den massiver gewordenen Stämmen, die Lianen und phanerogamischen Epiphyten nehmen immer mehr ab ; wir treten in das Reich der Farne und Moose, namentlich der letzteren, ein. Sie beherrschen den Wald, namentlich in seinen oberen Theilen. Moose hängen in meterlangen Schleiern von den Baumästen und versperren nach allen Richtungen den Weg, andere überziehen die Stämme mit breiten und dicken Polstern, andere noch bilden auf dem Laube zarte spinnengewebeartige Netze oder dichte Filze. Sie verschonen nicht einmal die Kräuter, sondern ziehen festonen- artig an ihren Stengeln empor und nehmen ihre zarten Blätter in

76o

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Beschlag. Wo das Auge sich wendet, sieht es nur Moose in zahl- reichen mannigfaltigen Formen.1)

Die unbedingte Herrschaft der Moose tritt erst im oberen Theile des temperirten Regenwaldes auf. Tiefer sind sie von anderen Epi- phyten begleitet, jedoch nur von solchen niedrigen Wuchses. Eis sind sämmtlich Arten, die ihre Nahrung von der durch die Nebel feucht gehaltenen Rinde schöpfen. Solche, die Wurzeln in den Boden treiben, wie sie im Tropenwalde so häufig sind, fehlen hier durchaus. In West- Java ist der grösste Epiphyt dieser Wälder Asplenium nidus; im unteren Theile der Region hängen seine Riesentrichter überall an Stämmen und Aesten (Fig. 139).

Fig. 4*9- Gesträuch von Anaphalis javanica auf dem Gipfel des Pangerango (ca. 3000 m). Java. Nach einer Photographie von Herrn Dr. G. Karsten.

Höchstens 200 m unter dem Gipfel (der Pangerango, die höhere der beiden Spitzen des Gedeh ist ca. 3000 m hoch) wird der einst- weilen niedriger gewordene Hochwald durch Krummholz Wäldchen ersetzt. Die Stämme der Zwergbäume, welche diese Wäldchen zusammensetzen, sind kurz und dick, schief oder sogar horizontal und treiben dicke, wenig verzweigte Aeste, die in schlangenartigen Windungen zu einem dichten Geflechte sich verwirren. Nur an ihren Enden tragen diese Aeste ein spärliches, lederartiges Laub, das über

') Das grossartigste Beispiel eines solchen ganz bemoosten Waldes sah ich bei Argasari im Preanger.

III. Die Höhenregionen in den Tropen.

76l

dem Wäldchen als flaches, undichtes Dach sich ausbreitet. Starke Ent- wicklung des Holzes ist im Vergleiche zum Laube hier wie für jedes Krummholz charakteristisch.

Aralia, Myrsine avenis, Vaccinium floribundum (im temperirten Regen- wald epiphytisch, hier im Boden wurzelnd), Dicalyx sessilifolia konnte ich im Astgewirr unterscheiden. Einzelne Zwergbäumchen von Anaphalis javanica und ein strauchiges grossblüthiges Hype- ricum erreichten das Laubdach nicht. Der Boden ist nur wenig bewachsen. Aus dem denselben bedeckenden mäch- tigen Lager vermodernder Blätter und Aeste erheben sich tiberall die roth und gelb gescheckten Blüthenstände von Balanophora elongata, einige Farne, eine zarte Orchidee (Thelymitra angustifolia), Ranunculus javanus, die schöne, auf dem Pangerango endemische Primula imperia- lis Jungh., einzelne Gräser und junge Brombeeren, während die knorrigen Stammbasen vielfach von der zierlichen Nertera depressa tiberzogen sind, nament- lich aber dicke, triefend nasse Moos- polster tragen.

Ueber dem Krummholz, den Gipfel beinahe ganz überziehend, tritt dichtes übermannshohes Gesträuch auf, mit kleinen, höchstens mittelgrossen durch- aus xerophil gebauten Blättern. Ganz vereinzelt erheben sich aus dem Ge- sträuch kleine, knorrige, von Usneen behängte Bäume, deren meist schirm- förmige Krone während meines Be- suchs im December dicht von weissen Blüthen bedeckt war, Leptospermum floribundum (Fig. 421).

Fig. 420. Anaphalis javanica. Gipfel eines blühenden Sprosses mit stark eingerollten Blättern. Rechts nicht eingerolltes Blatt eines sterilen Sprosses. Nat. Gr. Gipfel des Gedeh, Java. 2900 m.

Vorherrschend unter den Sträuchern ist die wollige Anaphalis javanica, welche, gesellig wachsend, andere Holzpflanzen

oft ganz ausschliesst (Fig. 418, 419). Häufig, aber zerstreut, zeigt sich das dicht beschuppte Rhododendron retusum, welches in Form der Blätter und in der Blüthengrösse an unsere Alpenrosen erinnert. Vorherrschend sind jedoch glatt- blätterige Sklerophyllen , zum Theil mit schwacher Neigung zur Succulenz (Myrsine avenis, Eurya glabra, Vaccinium varingiaefolium und floribundum,

762

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Gallith eria punctata, Myrica javanica etc.). Auch einige Farnbäume von gedrungener Gestalt fehlen nicht.

Stellenweise ist das Gipfelgesträuch durch die alpine Steppe unter- brochen, in welcher schmalblätterige, niedrige Gräser, sammt Plantago Hasskarlii , Gaultheria repens und einem stark behaarten Racomitrium vorherrschen.

Im Osten Java's, wo im Gegensatz zum Westen, die trockene Jahreszeit sehr arm an Niederschlägen ist, finden wir eine wesentlich abweichende Reihenfolge der Regionen. Die basale ist zwar ebenfalls

vom tropischen Regenwald ein- genommen; derselbe ist aber weniger üppig als im Westen und zeigt im reichlicheren Laub- fall in der Trockenzeit, Anklänge an den tropophilen Wald. Das Regenmaximum liegt hier in der basalen Region. In der mon- tanen reichen die Niederschläge für den Regenwald nicht mehr hin; letzterer ist daher durch eine mehr xerophile Gehölzfor- mation, den Tjemorowald, er- setzt. Casuarina montana Jungh., Tjemoro für dieMalayen(Fig.422, 423), ist der einzige Baum dieses Waldes, der als eigenartige Form dem Typus des Savannenwaldes angegliedert werden kann und, wie so häufig der letztere, stellen- weise in ausgedehnte Savannen übergeht (z. B. auf dem Tengger und dem Plateau Djeng.). Nur die höchsten Gipfel ragen aus den Tjemoro -Wäldern und den Tjemoro-Savannen hervor, so der Widodaren, die höchste der fünf Spitzen des erloschenen Vulcans Ardjuno.

Der Tjemoro -Wald bedeckt die breiten Rippen der tiefgefurchten Flanken des Ardjuno ; die engen Schluchten sind durch niederen Laub- wald, vornehmlich von Quercus pruinosa, ausgefüllt. Mit solcher Zusammensetzung der Vegetation erstreckt sich die montane Region etwa von 1800 bis 2800 m ü. M.

Ein grösserer Contrast als zwischen dem in West -Java die ent- sprechende Höhenstufe einnehmenden temperirten Regenwald und

Fig. 421. Leptospermum floribundum auf dem

Gipfel des Pangerango, Java. Nach einer Photogr.

von Herrn Dr. G. Karsten.

III. Die Höhenregionen in den Tropen.

763

diesem xerophilen Tjemoro-Wald ist kaum denkbar. Von der im ersteren herrschenden Frondosität ist keine Rede mehr. Der Wald ist licht, schattenlos; die kleinen Bäume und Sträucher des Unterholzes (Anaphalis -Arten , Dodonaea montana, Albizzia montana) treten ganz zurück; Lianen fehlen. Die Epiphyten auf den Casuarinen sind auf einige zwerghafte Orchideen und ein kleines Acrostichum beschränkt; nur Usneen sind zahlreich und nehmen aufwärts immer mehr zu. Die Luft ist nicht feucht genug, nicht genügend von Nebel geschwängert, um die reiche Moosvegetation des temperirten Waldes West- Java 's hervorzurufen. Die Bodenvege- tation ist nicht zart und gross- blätterig wie im Regenwalde, sondern derb belaubt wie die- jenigen eines deutschen lichten Kiefernwaldes. Auch systema- tisch hat die Flora nordtemperir- ten Charakter und erinnert an die- jenige unserer lichtesten Gehölze.

Vorherrschend fand ich in diesen Wäldern Festuca nubigena, die an unsere Euph. amygdaloides er- innernde Euphorbia Rothii, lockere Polster geruchloser Veilchen (Viola serpens u. a.), Plantago asiatica, kleine Doldenpflanzen (Pimpinella Pruatjan und javanica), kleine Gna- phalien, Valeriana javanica, Son- chus javanicus, Ranunculus prolifer, Galium javanicum, Alchemilla vil- losa, Wahlenbergia lavandulaefolia, Cynoglossum javanicum, Thalictrum javanicum, Agrimonia javanica (auf dem Tengger) und namentlich Pteris aquilina.

Bei etwa 2800 m hört der Wald auf. Die Casuarinen werden zwerghaft, knorrig, ihre Aeste sind zum grossen Theile abgestorben. Die Bäumchen von Quercus pruinosa und Vaccinium myrtoides nehmen Krummholzhabitus an, mit kurzen Stämmen, schlangenartig gewundenen Aesten und schirmförmiger Krone, Endlich hört der Baumwuchs gänzlich auf. Der Gipfel ist von einer alpinen Steppe bedeckt, deren kurzer, steifer Rasen büschelartig aus dem Boden hervorragt; die Zwischenräume sind theils nackt, theils von einem kriechenden hart- blätterigen Zwergstrauch, Leucopogon javanicus (Fig. 428), eingenommen. Einige Pflanzenarten aus dem Tjemoro-Wald zeigen sich noch hier,

Fig. 422. Casuarina montana Jungh. in der montanen Savanne, Tengger, Ost- Java, ca. 6000 \ Nach einer Photographie von Herrn J. Kobus.

764 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

jedoch in ganz veränderter, alpiner Tracht, mit stark verkürzten Stengeln und mächtigen Wurzeln, so Alchemilla villosa (Fig. 430) und Pimpinella

Fig. 423. Casuarina montana Jungh. Zweig mit Früchten, (^ nat. Gr.)

Pruatjan. Gnaphalium involucratum ist in ihrer zwerghaften alpinen Form kaum als specifisch identisch mit der stattlichen Pflanze der montanen

III. Die Höhenregionen in den Tropen.

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Region erkennbar (Fig. 429). Eine winzige Gentiana (G. quadrifida, Fig. 425) zeigt allein Annäherung an den sonst fehlenden Polstertypus. Steiniger Boden trägt buschige Zwergst rauch er, mit dicker, rauher Borke, harten, ausgesprochen xerophil gebauten Blättern (Photinia integrifolia, Coprosma sundana, Vaccinium myrtoides, Fig. 424, 426, 427) und dichtwollig behaarte, stinkende holzige Gnaphalien (Anaphalis sp. nov.). Beinahe alle Gewächse waren zur Zeit meines Besuchs (Februar) von Blüthen reich bedeckt.

Die Gipfelvegetation der Hochgebirge Java's weist, trotz der massigen Höhe der letzteren, die wesentlichen Eigenthümlichkeiten alpiner Vegetation auf; Verkümmerung des Baumwuchses unter Annahme der Krummholzgestalt und, mit wach- sender Höhe, gänzliches Schwinden derselben; starke Verkürzung der Axen, Zunahme des Wurzelsystems, reiche Blüthenbildung , xerophile Structur.

Die Baumgrenze liegt hier be- trächtlich tiefer als auf vielen anderen tropischen Gebirgen. Dieser Um- stand ist besonders lehrreich, indem er ihre Unabhängigkeit von tiefen Temperaturen ergiebt. Das Verkrüp- peln der Bäume tritt gleichzeitig mit der Spaltung der Gebirgsmassen in Kegel auf und hängt mit der dadurch bedingten Zunahme der Luftbewegung zusammen. Um solche freien Kegel weht beinahe fortwährend ein starker Wind, dessen Wirkung auf die obersten Baumkrüppel in zahlreichen trockenen Aesten zum Vorschein kommt. Im Windschatten, so am

Innenrande des alten Kraters des Pangerango, ist noch reicher, wenn auch niedriger Baumwuchs bei einer Höhe vorhanden, wo letzterer am windigen Aussenrande bereits ganz aufgehört hat. In deutlichster Weise zeigt sich hier die Abhängigkeit der Baumgrenze vom Winde.

Instructiv ist auf den Gipfeln Java's auch der Vergleich der Sonnen- und Schattenvegetation. Die erstere allein be- sitzt alpinen Habitus, denn sie allein ist den hier wirkenden Factoren des alpinen Klima ausgesetzt. Die verlangsamende Wirkung

Fig. 424. Photinia integrifolia. Alpiner

Strauch. Gipfel des Widodaren, 3330 m,

Ost- Java. */a nat. Gr.

766

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

des intensiven Sonnenlichts und der nächtlichen Radiation hört im Schatten der Felsen und Sträucher auf; die Luft ist hier ruhig und feucht, so dass die Transpiration in massigen Grenzen verbleibt. Dem- entsprechend besitzen die Pflanzen geschützter Standorte viel mehr langgestreckte Axen und viel zarteres Laub als diejenigen der sonnigen. Wie gross der Unterschied werden kann, zeigen die in Fig. 425 ab- gebildeten Exemplare von Gentiana quadrifida, die ich auf dem Gipfel des Widodar&n an zwei dicht bei einander befindlichen, aber sehr un- gleich beleuchteten Stellen fand.

Fig. 425. Alpine Flora Java's. Gentiana quadrifida. / 2 an der Sonne, 3 im Schatten gewachsen. Gipfel des Widodaren. Nat. Gr.

Ueber die Regionen auf den Hochgebirgen von Celebes sind wir nicht unterrichtet. Höchst eigentümlich ist das Vorkommen eines dichten Pandanus- Waldes auf dem 1560 m hohen Gipfel des Lokon in Celebes (Fig. 431).

Als höchster Gipfel des malayischen Archipel erhebt sich der Kinabalu auf Borneo bis 13698' (4175 m) über das Niveau des benachbarten Meeres. Stapf hat auf Grund der vorhandenen Sammlungen und Notizen eine Schilderung seiner Vegetationsstufen gegeben, welcher das Folgende entnommen ist

Der Fuss des Berges ist von Culturen und von jungem Walde auf früherem Culturboden bedeckt. Oberhalb dieses nirgendwo mehr von ur- sprünglicher Vegetation bedeckten Gürtels dehnt sich dichter typischer Regen- wald bis 7000' (2134 m) ü. M. Unterholz, Lianen, darunter viele Rotang-

III. Die Höhenregionen in den Tropen.

767

palmen, Epiphyten, namentlich Rhododendren und Orchideen, treten hier massenhaft auf.

Oberhalb 7000' ist der Wald nur auf einer schmalen Rippe untersucht worden, wo er starken Winden ausgesetzt und dementsprechend krummholz- ähnlich ist: „Die Bäume sind verkrüppelt, verkrümmt, verwittert, oft über den Weg gebogen. Stämme und Aeste sind von mehrere Zoll tiefen triefenden

fes*

Fig. 426. Alpine Sträucher Java's : Vac-

cinium myrtoides. Gipfel des Widodaren.

Nat. Gr.

Fig. 427. Alpine Sträucher Java's: Coprosma sundana. Gipfel des Widodaren , ca. 3300 ra. Nat. Gr.

Moospolstern und langen Bartflechten überzogen. Das Laub der Bäume und Sträucher ist oft dicht gedrängt an kurzen, dicken Aesten. Die Blätter, sitzend oder von kurzen dicken Stielen getragen, sind sehr lederartig, dunkel- grün, glatt, wenigstens oberseits, und glänzend. Sie zeigen grosse Neigung, rundliche oder ovale Form anzunehmen, und ihre gewöhnlich ganzen Ränder sind nicht selten gebogen." (S. 84.) Vorherrschend sind unter diesen Bäum- chen Ericaceen (Rhododendron, Diplycosia, Vaccinium), sodann Eichen (Quercus Havilandii), Rubiaceen, Myrsinaceen, Coniferen (Podocarpus cupressina, Dacry- dium elatum). Nepenthes- Arten spielen eine wichtige Rolle. Die systematische

768

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Zusammensetzung zeigt nahe Beziehungen zu den temperirten Regenwäldern Neu-Seeland's und Japan's.

Oberhalb der Pakapaka-Höhle (10450') wird die Holzvegetation strauch- artig und bedeckt nicht mehr die gewaltigen Felsmassen des Gipfels. An den höchsten Standorten ist der Habitus der Pflanzen ganz alpin, die Axen sind stark verkürzt, die Blätter klein, dicht gedrängt, sehr dick. Drei Zwerg- sträucher nur wurden zwi- schen 12000' und 13000' gesammelt (Symplocos buxi- folia, Coprosma Hookeri, Drapetes ericoides, Fig. 432). Moorige Stellen sind von krautiger Vegetation bedeckt mit Arten von Ranunculus, Potentilla, Haloragis, Gen- tiana , Havilandia , Aletris (Boragin. nov. gen.) und einigen Cyperaceen. Eine ganz ähnliche Vegetation zeigt sich in den Felsspalten, hier wachsen auch zwei auf den Gipfel beschränkte Grä- ser , Deschampsia flexuosa var. und Agrostis canina var. Das Gebirgsmassiv C e y- lon's zeigt an seinen west- lichen , regenreichen Ab- hängen in der basalen Region tropischen, in der montanen temperirten Regenwald. Die Bäume in letzterem (vor- nehmlich Calophyllum- und Eugenia- Arten Fig. 433) ha- ben massive Stämme und meist schirmförmige Kronen und sind habituell manchen Bäumen des südchilenischen Regenwalds ähnlich. Die Blätter sind ziemlich klein, glatt und glänzend. Plankengerüste an den Stämmen, die in der basalen Region sehr häufig sind, fehlen, die Lianen sind spärlich und dünn, die Epiphyten klein, zuerst Orchideen, oberwärts nur noch Moose. Den Gipfel des höchsten Berges, Mount Pidurutallagalla (2540 m), fand ich von einer Art Krummholz von knorrigen Rhododendron-Bäumchen bedeckt Die Vege- tation der trockeneren Ostabhänge ist mehr xerophil, im Uebrigen unbekannt. Der Kamm der in einem höchsten Gipfel 2690 m erreichenden Nilgiri- kette trägt ausser dem Krummholz auch alpine Grasflur.

Fig. 428. Leucopogon javanicus. Gipfel des Widodaren, Java. Nat. Gr.

III. Die Höhenregionen in den Tropen.

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2. Die Regionen im tropischen Afrika.

Unter den afrikanischen Hochgebirgen ist, dank den Untersuchungen Volkens', der Kilimandscharo (6010 m) in Bezug auf seine Gliederung in Vegetationsstufen und auf den Charakter der letzteren, bei weitem am besten bekannt.

Die basale Region und der tropische Theil der montanen sind von relativ niedrigem , anschei- nend tropophilem oder xerophilem Walde bedeckt.

Der temperirte Theil der montanen Region ( 1 800 bezw. 1 900 m bis 2600 bezw. 3000 m) ist viel feuch- ter und grossentheils von ty- pischem temperirtem Re- genwalde bedeckt, wie aus folgender Schilderung Vol- kens' hervorgeht:

„Specifisch tropisch kön- nen wir ihn (den Wald) nicht nennen. Dazu fehlen die Palmen, die Lianen vor Allem. Nur eine einzige der letzteren ist mir vorgekom- men, die bis in die höchsten Bäume klettert und aus deren Wipfeln bis armdicke Stämme, Tauen gleich, herniedersendet, und diese ist ein Vertreter der Gattung, zu der unsere heimische nordische Wald- rebe gehört, die Clematis simensis. Noch andere Lianen kommen ja vor, aber es sind in der Mehrzahl krautig blei- bende Cissus- Arten und Con- volvulaceen, die nur das Unterholz durchwinden. Am höchsten klimmt noch die Begonia Meyeri Johannis empor, die prächtigste Schmuckpflanze des ganzen Waldes, denn, wenn sie blüht, ist das sonst einförmige Grün von Millionen weissen, in der Mitte gelben Tupfen durchsetzt, die oft dicht zusammen- gedrängt und dann einem schneeigen Laken vergleichbar von oben über tiefer stehendes Gesträuch herabfallen."

Schimper, Pflantengeographie. 49

Fig. 429. Gnaphalium involucratum vom Ardjuno Qava). / Aus der montanen Casuarina- Region (ca. 2000 m). 2 Aus der alpinen Region (ca. 3300 m). 2/8 nat Gr.

770

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

„Der ganze Wald ruft in uns, wie schon von Höhnel hervorhebt, das Gefühl des Gedrückten und Altersschwachen hervor. Schlank aufstrebende, bis weit hinauf astfreie Bäume, die eine Höhe von mehr als 18 oder 20 m erreichen, fehlen am Südabhange des Kilimandscharo so gut wie ganz, am Nordabhange sind sie allein durch den bereits früher erwähnten Wachholder, Juniperus procera, vertreten. Wir sehen dafür vereinzelte Stämme, welche die Stärke unserer dicksten Eichen erreichen, meist zu Schefflera Volkensii, Agauria salicifolia oder Pasiodendron usambarense gehörig, die aber schon

von Mannshöhe an sich zu ver- zweigen beginnen, so dass eine geschlossene, kugelige oder pyra- midale Laubkrone entsteht Da- zwischen vertheilen sich solche massigeren Umfanges, mannsdicke oder schenkelstarke, die mehr zum Lichte streben, sich zwar auch schon in geringer Höhe über dem Boden verästeln, aber eine grössere horizontale Ausbreitung der Krone erst gegen den Gipfel hin erfahren. Macaranga kilimandscharica, Mela- nodiscus oblongus, Hex mitis, Dom- beya leucoderma, Hagenia abyssi- nica gehören hierher. Alle haben, die milchsaftreiche Voacanga dicho- toma ausgenommen, nur Blätter von mittlerer Grösse wie unsere Laubbäume und stehen nicht so dicht, dass sie schon allein den Durchblick auf weitere Ferne ver- hindern würden; dies geschieht nur, weil unter ihnen eine zweite nie- drigere StafFel von Holzpflanzen zur Entwickelung gelangt Theils sind das die jüngeren Exemplare jener ersten, die sich vielfach, ganz im Gegensatz zu ihrer späteren Erschei- nung, durch ruthenförmigen, an Brombeerschosse erinnernden Wuchs auszeichnen, theils sind es besondere, den Schatten ertragende Arten, die 5 10 m er- reichen und entweder von Grund auf oder nach Ausbildung eines armstarken und mannshohen Stammes lockere, wagerecht ausspreizende Seitenzweige treiben. Galiniera coffeoides, die von Bülow wohl für eine wilde Kaffeeart gehalten hat, Grumilea platyphylla und exserta, Urophyllum Holstii, Lasianthus kilimandscharicus, Halleria abyssinica, Clausena inaequalis, Olinia und Peddiea Volkensii, Cassine aethiopica sind Beispiele. Auffallige Bestandteile dieser zweiten, niederen Staffel geben auch einige Pflanzen ab, deren Stamm nicht eigentlich verholzt, so die durch ihren gabelig sich ausgliedernden Wuchs

Fig. 43°- Alchemilla villosa. Alpine Form. Gipfel des Widodaren, 3330 m, Ost -Java.

*/fl nat Gr.

III. Die Höhenregionen in den Tropen. yy\

und Schopf blätter gekennzeichnete Dracaena usambarensis und die Baumfarne Cyathea Manniana und Aspidium Kiboschense. Letztere sind indessen, wie

Fig. 431. Pandanenwald auf dem Gipfel des Lokon (1560 m), Nord - Celebes. Nach einer Photographie von Herrn Prof. Kükenthal.

ich früher mitttieilte, nur dem Westen eigen, von Kilema ab, und auch mehr auf den Rand der Bachläufe, überhaupt feuchtere Stellen, beschränkt."

49*

772

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

„Eine dritte, ein bis drei Meter hohe Staffel bilden krautige Stauden, Piper capense, Euphorbia Engleri, Pycnostachys Volkensii und Meyeri, Fleurya

Fig- 432. Gipfelflora des Kinabalu aufBorneo, 12000 13000 Fuss. A Symplocos buxifolia

Hk. f. (Styracaceae). B Drapetes ericoides Hk. f. (Thymelaeac). C Coprosma Hookeri

Stapf. Nat. Gr. Nach der Natur von M. Smith gez.

monticola, Claoxylon Volkensii, Pavonia kilimandscharica und schimperiana. Die stattlichste aller, wenn auch nicht besonders häufig, ist Lobelia Volkensii, ein Gewächs einer kleinen Palme gleich, aus deren endständiger Rosette arm-

m. Die Höhenregionen in den Tropen.

773

lang herabhängender Blätter sich ein ährenförmiger , bis zwei Meter langer Blüthenstand erhebt. Den Boden endlich bedeckt ein dichter grüner Teppich von Selaginellen , Farnen , Carex - Arten , Gräsern und Kräutern. Prächtig

Fig. 433. Aus der Region des temperirten Regenwaldes auf Ceylon : Calophyllum eugenioides.

Nach einer Photographie.

blühende befinden sich unter diesen, so namentlich eine ganze Reihe von Bal- saminen, Acanthaceen und Labiaten, in den verschiedensten Formen prangend, ein Veilchen, die Viola abyssinica, auch Knollen- und Zwiebelpflanzen, wie Haemanthus eurysiphon und Erd-Orchideen."

774

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

„Das Eigentümliche des Waldes ist nach dem Geschilderten, dass er vom Boden an aus einer compacten Blätterfiille besteht, die nicht nur jeden

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weiteren Durchblick und Auf blick verwehrt, sondern auch alle Achsentheile, die Zweige und Stämme fast vollständig verdeckt. Wir sehen Blätter unter

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Fig. 435. Alpine Flora des Kilimandscharo : / Helichrysum Lentii, ,/a nat. Gr. 2 Blüthenstand, nat. Gr. (Herb. reg. Berol. Leg. Volkens.)

776

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

uns, neben uns, über uns, wo wir hinschauen, während in allen heimischen Wäldern doch neben dem Grün des Laubes auch die braunen, grauen und schwarzen Töne der Stämme und Aeste ihre Rolle spielen. Der ganze Raum, den der Wald einnimmt, ist ausgefüllt von in einander geschobenem, jahraus jahrein gleichmässig beblättertem Zweigwerk. Dazu kommt noch eine weitere Besonderheit, welche alle Reisenden tibereinstimmend hervorheben und die darum wohl als die auffallendste Erscheinung gelten kann. Ich meine die

dicke Bedeckung fast aller Holzpflanzen mit kryptogamischen Schmarotzern. In bis meter- langen Schleiern sehen wir sie herabhängen, da als kugelige, kopfgrosse, Vogelnestern ähnliche Ballen den Zweigspitzen aufsitzen, da wie eine bauschige Hose jüngere auf- rechte Aeste oder stärkere, horizontal ge- richtete wie eine polsterartige Masse über- ziehen, die, um ein Bild von Holst zu gebrauchen, nach beiden Seiten überzulaufen droht. Flechten, Moose und Hymenophyl- laceen sind es vor Allem, die ersteren mehr in der Höhe, wo Sonnenlicht sie trifft, die anderen unten im Schatten der Baumkronen. Bleich, fast weiss erscheinen die Flechten, die vom Winde hin- und hergewehten, herabwallenden Fahnen der Usnea barbata und das kugelige Haufwerk der Anaptychia leucomelaena , grün, in allen Abstufungen vom dunkelsten zum hellsten, die Moose, die strähnenartig niederhängende Pilotrichella imbricatula und die schwellenden Polster von Hypnum involvens, Dicranum Stuhl- mann i, Neckera Hoehneliana und platyantha. An der Basis der Baumstämme, namentlich aller dickeren und oft bis zur Höhe von zehn und mehr Metern hinauf, gesellen sich zu den erwähnten Kryptogamen auch höhere Pflanzen, Farne, Bärlappe, vereinzelte Orchi- deen, Peperomien, Streptocarpus montanus und andere meist in solcher Fülle, dass von der als Unterlage dienenden Rinde auch kein Fleckchen hervorleuchtet" (1. c. S. 298—302.)

Die alpine Region (2600 bezw. 3000 m bis zum Gipfel) ist in ihrem unteren Theile von einer Steppenformation bedeckt, welche Volkens folgendermaassen schildert:

„Von weitem und oben betrachtet scheint es eine geschlossene Grasnarbe zu sein, aber schon beim Darüberhinwegschreiten fühlt man, dass dies nicht der Fall ist. Die Grasbüsche sind isolirt, dicht zusammengedrängt

Fig. 436. Aus der alpinen Flora des

Kilimandjaro. Protea Kilimandscha-

rica Engl. 1/t nat. Gr. Leg. Volkens.

Kgl. Herb. Berlin.

Fig. 437. Alpine Sträucher des Kilimandscharo. / Euryops dacrydioides Oliv., nat. Grösse. 2 Ganze Pflanze verkl. g 4 Ericinella Mannii Hook. fiX 5 Dieselbe verkl. Herb. reg.

Berol. Volkens leg.

778 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

freilich zunächst, zwischen ihnen bleibt indessen doch immer noch so viel Raum, um beim Gehen den Fuss umknicken zu lassen. Sehen wir uns die Grasbtische näher an. Es sind faust- bis tellergrosse Polster, aus denen senkrechte oder im Bogen nach unten zurückfallende Blätter und darüber sich erhebende kniehohe, seltener bis brusthohe, im Winde sich wiegende Halme emporschiessen. Die meisten sind echte Gräser, das bei weitem häufigste, oft auf weite Strecken fast allein herrschende, ist Eragrostis olivacea ; einzeln oder gewöhnlich in kleineren und grösseren Inseln eingesprengt finden sich Koeleria cristata, Trisetaria quinqueseta, Setaria aurea, Andropogon exotheca, Festuca abyssinica und Deschampsia caespitosa. Daneben aber vermissen wir auch Cyperaceen nicht, denn überall, streckenweise mehr oder weniger hervortretend, ragen zwischen den Rispen der Gräser auch die kugeligen Bltithenstände von Fimbristylis atrosanguinea , Cyperus Kersteni und Ficinia gracilis empor. Was aber ist zwischen den Grasbtischen, in dem Maschenwerk, das sie allseitig umspinnt, einem mäandrisch verschlungenen, aus Rillen gebildeten Flusssystem gleich, über das sich ihre Blätter schatten- spendend hinwegneigen? In der Trockenzeit nackter Boden oder ein Filz von Moosen und Flechten, während und kurz nach den Regenzeiten ein Heer von Blüthenpflanzen , die jetzt im Bunde mit den Gräsern die Fläche in den schwellenden Teppich einer Alpenmatte verwandeln. Zuerst kommen wie überall die Zwiebeln und Knollen, die Monocotylen im Allgemeinen, Hypoxis angustifolia, unseren Gelbsternen ähnlich, die violette Romulea cam- panuloides, die fleischrothe Hesperantha Volkensii und Dierama pendula, das Knabenkraut Disa polygonoides , die blaue, einer Scilla vergleichbare Aristea alata und die winzige, im Anfang nur aus zwei fleischigen, kreisrunden, flach auf dem Boden liegenden Blättern bestehende Holothryx pleistodactyla. Später, oder auch mit ihnen, treten dann die dicotylen Kräuter auf, Swertia pumila und Sebaea brachyphylla , die Gentianen unserer Hochgebirge vertretend, eine niedliche Glockenblume, Wahlenbergia Oliveri, Lathyrus kilimandscharicus, Cerastium vulgatum, Lightfootia arabidifolia, Bartsia abyssinica und die Com- positen, die an Habichtskräuter erinnernde Tolpis abyssinica und Conyza subscaposa. Die schönste von allen aber ist Helichrysum Meyeri Johannts (Fig. 435 d. verw. H. Lentii), denn zu Tausenden, so dass man sie mähen könnte, recken sich im August und September die silberig -purpurnen Blüthen- köpfe dieser Immortelle über die Grasbüsche hinaus und streuen über deren helles Grün wie Schneeflocken schimmernde Sterne." (S. 311 312.)

Die wenigen auf der alpinen Savanne des Kilimandscharo vereinzelt wachsenden Bäume werden nur 5 8 m hoch; sie haben unregelmässigen Wuchs und sind meist von den Herbststürmen nach Südwesten geneigt Viele von ihnen sind abgestorben. Ihre Aeste sind von Flechten, namentlich Usnea barbata, über und über behängt. Sie gehören nur wenigen Arten an : Agauria salicifolia, Erica arborea, Ericinella Mannii, im Norden auch Gnidia Volkensii. Zuweilen schliesst die Erica zu kleinen Hainen zusammen, in deren Schatten eine hygrophile Vegetation sich entwickelt.

Mit wachsender Höhe werden die Grasbüschel spärlicher. Dafür tritt auf den von grossen Blöcken besäten Lava- und Schutthalden eine lockere, verkrüppelte Gesträuchformation, welche Volkens nach der vorherrschenden

III. Die Höhenregionen in den Tropen. JJQ

Art, Ericinella Manni (Fig 437, 3, 4), Ericinella-Formation nennt. Bei 3600 m tritt ein neuer Strauch hinzu, der allmählich vorherrschend wird und sich über 4000 m erhebt, Euryops dacrydioides (Fig. 437, 1, 2). Mehr und mehr wird der Charakter wüstenartig : „Längst hat die Vegetation aufgehört auch nur fleckenweise im Zu- sammenhang zu sein. Von 4200 m an gehören oft schon ein oder mehrere Schritte dazu, um uns von einem einzelnen kaum handhohen Grasbüschel zu an- deren blüthenerzeugenden Vertretern des Gewächsreiches zu bringen, denn wie winzige Tupfen nur sind sie über die steinigen oder sandigen Flächen gebreitet Bei 4500 m endlich haben wir auch die letzten Vorposten erreicht, alle vereinzelt, im Schutze von Steinen kleine Polster bildend. Es sind zwei Gräser noch, Koeleria cristata und Danthonia trisetoides, sechs Körbchen- blüthler Helichrysum Nervii und fruticosum, Senecio Telekii und Meyeri Johannis, Dianthoseris Schimperi, Carduus leptacanthus und ein Kreuzblüthler, die Arabis albida. Darüber hinaus herrschen, soweit trockene Stellen in Frage kommen, nur noch Flechten und Moose." (S. 315 316.)

Diese Wüste ist nicht ohne Oasen, kleine Mulden, in welchen sich Regen- bezw. Schneeschmelzwasser ansammelt und die von geschlossener Ve- getationsdecke (Cyperaceen, Subularia monticola, Eriocaulon Volkensii, Crassula Vaillantii etc.) bedeckt sind. Die letzte Oase dieser Art wurde von Volkens bei 4500 m gesehen, nach Hans Meyer durften diese Bildungen noch über 5000 m auftreten.

Die Schluchten bewahren länger eine etwas tippigere Vegetation. Die letzten krüppeligen Erica -Bäume verschwinden in denselben bei 2900 m, dafür tritt ein neues Charaktergewächs von ganz eigenartigem Habitus auf, der baumartige Senecio Johnstonii mit schwammigem, einfachem oder gabeligem Stamm, dessen Gipfel eine Rosette armlanger Blätter und einen meterhohen dichten Blüthenstand trägt. (Fig. 434.)

Am wenigsten trägt in dieser Region Senecio Johnstonii die alpine Tracht. Bemerkenswerth ist aber, dass habituell ähnliche Gewächse noch anderwärts das tropische Hochgebirge bewohnen. Denn ähnlich sind namentlich die Vellozien Brasilien's, einigermaassen auch die Espeletia- Arten der Cordilleren Venezuela^, über welche im Folgenden Näheres mitgetheilt ist. Im Uebrigen ist das Gepräge des alpinen Klima in deutlichster Weise der Vegetation auf- geprägt, namentlich im oberen Theile der Region, mit seinen Zwergpflanzen. Schutzmittel gegen Transpiration sind überall stark entwickelt, namentlich ist ein dichter Ueberzug von Wollhaaren häufig.

3. Die Regionen im tropischen Amerika.

Die äquatoriale Cordillere in Neu-Granada, Ecuador und Ve- nezuela befindet sich mit ihrer basalen und montanen Region in sehr feuchtem Klima, so dass beide mit Regenwald, erstere mit tropischem, letztere mit temperirtem überzogen sind. Der temperirte Regenwald ist die Heimath der meisten Cinchonen. Die alpine Region setzt mit Krummholz und Gesträuch ein, besteht aber, bis zum ewigen Schnee, wesentlich aus Steppen, Paramos genannt, die bald baumlos sind, bald vereinzelte knorrige Zwergbäumchen

78o

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

(Polylepis lanuginosa H. B. Kth. am Chimborazo) tragen. Weiter südlich, in Peru und Bolivien, sind die Wälder auf die regenreichen östlichen Abhänge beschränkt, während die westlichen von WTüsten und Halbwüsten bedeckt sind. Die hier sehr ausgedehnte alpine Region, die Puna, hat in ihrer ganzen Aus- dehnung Wüstencharakter (Fig. 438).

Zwischen schmalblätterigen Gräsern und niedrigen Stauden erheben sich auf der Paramo-Steppe höchst eigenartige Compositen von stattlichem Wuchs, welche von den Eingeborenen den gemeinsamen Namen „Frailejon" erhalten haben, obwohl sie zu zwei Gattungen, Espeletia und Culcitium und

zahlreichen Arten gehören. Ihre armlangen , schwertförmigen dicht behaarten Blätter bilden Rosetten, die bald dem Boden angedrückt sind, bald einen massiven, von abgestorbenen Blattbasen gepanzer- ten Stamm krönen.

Beim Uebergang der von häufigen Regen und Nebeln be- netzten Paramos zu den trockenen P u n a s verschwinden derartige hohe Gewächse gänzlich. Die Landschaft wird vorwiegend von einem Grase, Stipa Jehu, beherrscht: „Diese Grasbüschel bilden den eigenthüm- lichen Vegetationscharakter des peru-bolivianischen Plateaus. Sie kommen unter 11 12000 Fuss ü. M. nur selten vor, messen 1 2 bis 18 Zoll im Durchmesser, sind meistens kreisrund, selten länglich, steif, dürr, bürstenförmig und fast immer in der Richtung des herr- schenden Windes, versandet, so dass nur ein Segment des Kreises vegetirt, und da auch dieses den grössten Theil des Jahres gelbgrau oder schwärzlich wie abgebrannt aussieht, so vermögen sie nicht, in dem monotonen Wüstensande eine wohl- thuende Abwechselung hervorzubringen." (Tschudi.)

Die alpine Wüste der Punas ernährt jedoch ausserdem, namentlich auf ihren Steinfeldern , zahlreiche Zwergsträucher , die vorwiegend zu den Com- positen gehören und natürlich ausgesprochen xerophil gebaut sind (Fig. 4061. Rosettenpflanzen von typischer alpiner Tracht (Fig. 408, 409, 412, 440), namentlich aber Polsterpflanzen sind in grosser Mannigfaltigkeit vorhanden. Letztere werden oft über 50 cm hoch, wie die Arten der Umbelliferengattung Azorella (Fig. 441). Auch Verbenen und sogar Cacteen bilden mächtige Polster,

Fig. 439. Loricaria ferruginea Wedd. (Composit.).

Im Niveau des ewigen Schnees, Neu -Granada

und Ecuador. Nach Weddell.

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III. Die Höhenregionen in den Tropen.

781

während am ewigen Schnee kleine Polster und sonstige Zwergformen von streng alpinem Habitus zur Alleinherrschaft gelangen (Fig. 408).

Tschudi entwirft vom Klima der Puna in Peru folgende Schilderung:

Fig. 440. Alpine Rosettenpflanzen der Paramos und Pirnas. / Carmelita formosa (Composit.)

Chile. 3200 m. 2 Eryngium humile. Neu -Granada bis Ecuador. 2900 3700 m. 3 Calycera

eryngioides. Chile. Alle nat. Gr. Nach Weddell.

„Kalte West- und Südwestwinde streichen fast das ganze Jahr von der beeisten Cordillere über die Fläche und bringen mit der Regelmässigkeit, wie dort, während vier Monaten täglich heftige Gewitterstürme, von Schnee-

782

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

gestöber begleitet. Der Mittelstand des Thermometers ist annäherungsweise während der kalten Jahreszeit, dem sogenannten Sommer (weil es selten schneit) des Nachts 50 R., des Nachmittags |— 9,7 ° R., im Winter sinkt die Queck- silbersäule selten unter den Gefrierpunkt und hält sich zwischen -[" x un^ o ° R., steigt aber am Mittag nur auf 7 ° R. Es Lst übrigens fast unmöglich, die mittleren Temperaturen dieser Gegenden anzugeben, da sich oft in wenig«:» Stunden ein Wärmeunterschied von 18 bis 20 ° R> zeigt, der für den Wanderer auf diesen Höhen um so empfindlicher ist, da das Sinken der Temperatv gewöhnlich von scharfen, schneidenden Winden begleitet ist."

Der Ost- und Westabhang des mächtigen Hochlandes von Mexico ge- hören der basalen und der montanen Region an. Die alpine Region zeigi sich nur an den Vulcanen, z. B. dem 5420 m hohen Popocateped (Fig. 44s) und

dem 5384 m hoben Orizabo, die beide auf ihren Gipfeln ewigen Schnee tragen.

Die basale Region ist nur im Süden fChiapas) von zusammenhängendem tropi- schen Regenwald bedeckt; weiter nördlich ist der letz- tere auf feuchte Schluchten (barrancas) beschränkt, wäh- rend xerophile Gehötefor- mationen, mit Cactaceen baumförmigen LUiaceen, dornigen Acacien u. s- *■, die heissen Abhänge bc- herrschen (Fig. 442 u, 443 \ Von ca+ 1000 m an beginn! die niederschlagreiche moo* tane Region» mit üppige» Regen wäldernt in rei- chen immergrüne Eichen die vorherrschenden Bäume sind. Weiter aufwärts nimmt der Wald, entsprechend der in dieser Breite schon ausgesprochenen Winterkalte den Charakter des temperirten Sommerwaldes an; die Eichen sind gegen Ende des Winters ganz unbelaubt. Von 2000 m an treten Coniferen auf und der oberste Waldgürtel ist ein Nadelwald mit eingesprengten sommer grünen Laubbäumen, wie Eichen, Erlen, Linden. Der temperirt - mesoptiife Charakter mit Winterruhe ist hier vollkommen entwickelt Entsprechend der trocknenden Winterkälte fehlen die im unteren Theile der montanen Region massenhaft auftretenden Epiphyten (Fig. 444).

Am Pic von Orizaba ragen die Erlen noch etwas über den Coniferen- wald hinaus. Eigentliches Krummholz scheint zu fehlen; seine Stelle wird einigermaassen durch die krüppelhaften Zwergbäume von Pinus Montezumae

Fig. 441. Alpine Andenflora der Puna: Azorella diapen- sioides, sehr häufig in Peru und Bolivia. / Habitus, sehr verkleinert 2 Ein blühender Ast Nat Gr. Nach Weddell.

III. Die Höhenregionen in den Tropen.

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Vierter Abschnitt: Die Höhen.

vertreten. Steppe und Gesträuch nehmen den unteren, Wüste den oberen Gürtel der alpinen Region ein.

Das Küstengebirge Brasiliens erreicht in seiner höchsten Erhebung, dem Itatiaia, nur 2712 m ü. M. Nichtsdestoweniger zeigt dasselbe eine reiche regionale Gliederung, die ich auf der unweit vom Itatiaia sich er-

Fig. 446. Aus der Flora der alpinen Savanne der Serra do Picü, Brasilien. / Baccharis aphylla.

hebenden Serra do Picü kennen lernte. Auf den typischen tropischen Regenwald der basalen Region folgt in der montanen Region der temperirte Regenwald. Letzterer besitzt nur wenige, dünnstämmige Lianen und ist sehr arm an Epiphyten; auch die Moose treten nicht massenhaft auf. Der obere Gürtel der montanen Region ist von einem beinahe reinen Bestand von

Fig. 443. Mexico: Basale Region des Ostabhangs des Orizaba, hinten St. Maria. Pincenectetia sp. (Liliaceae). Nach einer Photographie des Herrn Dr. G. Karsten.

Fig. 444. Platanenast mit Epiphyten bei Orizaba (Mexico). Montane Region (temper. Regenwald). Nach einer Photographie von Herrn Prof. Dr. E. Stahl.

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Auswahl der Literatur. 785

Araucaria brasiliensis eingenommen. Der Gipfel ist von einer Savannen- formation bedeckt, welche sowohl systematisch wie ökologisch mit den Campos des Inneren von Minas geraes nahe überstimmt, und als „Campo elevado" bezeichnet wird. Neben den Gräsern herrschen hier blattlose und klein- blätterige Compositen vor (Fig. 446), Melastomataceen mit kleinen harten Blättern und eine wollig behaarte Malpighiacee (Banisteria campestris) zeigen sich allenthalben, stellenweise von einem knorrigen lederblätterigen Bäumchen (Eugenia sp.) begleitet. Eine andere Myrtacee, ein Psidium mit sehr aroma- tischer Frucht („Goyaba dos campos") ist als Zwergstrauch entwickelt und nicht grösser als die umgebenden Stauden und Halbsträucher. Im Gegensatz zur montanen Region war hier zur Zeit meines Besuchs (December) Alles in voller Bltithe. Sämmtliche Gewächse dieser Gipfelflora besitzen ausgeprägte xerophile Structur, im Uebrigen aber, entsprechend der massigen Erhebung, nur Andeutungen der alpinen Tracht.

Die alpine Camposvegetation der Gebirge des Innern Brasiliens ist stellen- weise durch den Besitz von Vellozia -Arten ausgezeichnet, massiven, bis 2 m hohen Liliaceen, welche physiognomisch den „Frailejon" der Paramos ver- treten. Wie letztere besitzen die Vellozien dicke, einfache oder gabelig ver- zweigte Stämme, die von abgestorbenen Blattbasen beschuppt sind und Rosetten langer derber Blätter. Prächtige grosse Blüthen machen diese Gewächse, trotz ihrer schwerfälligen Tracht, zu den grössten Zierden der brasilischen Gebirgsflora.

Auswahl der Literatur.

Engler, A. Ueber die Hochgebirgsflora des tropischen Afrika. Abhandl.

der Königl. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin vom Jahre

1891. Goebel, K. Die Vegetation der venezolanischen Paramos. Pflanzenbiologische

Schilderungen. Thl. IL 1891. Junghuhn, Fr. Java, Pflanzendecke und innere Bauart Uebersetzt von

Hasskarl. Bd. I. 1852. Kurz, S. Preliminary report on the forest and other Vegetation of Pegu.

Calcutta 1875. Liebmann, Fr. Eine pflanzengeographische Schilderung des Vulcans Ori-

zaba. Botanische Zeitung 1844. Mey'en. Pflanzengeographie. 1836.

Seh im per, A. F. W. Die Gebirgswälder Java's. Forstlich - naturwissen- schaftliche Zeitschrift. II. Jahrg. 1893. Schwacke, W. Ein Ausflug nach der Serra de Caparaö (Staat Minas.

Brasilien). Engler's Jahrb. Bd. XII. Beiblatt 28. Sievers, W. Venezuela 1888. S. 128 170. Stapf, O. On the flora of Mount Kina balu in North Borneo. The Trans-

actions of the Linnean Society. Vol. IX, 1894. Volkens, G. Klima und Vegetation des Kilimandscharo. S. A. aus Volkens,

Der Kilimandscharo. Berlin 1897.

Schimper, Pflansengeographie. 50

IV. Die Höhenregionen in den temperirten

Zonen.

1. Begionen in den tropenahnlichen warm temperirten Gebieten. § i.

Central-Asien. Himalaya. Regenwälder in Sikkim, Sommerwald im westlichen Himalaya. Pamir. Tibet. Regionen im Nan-Schan- Gebirge nach Prschewalski. Alpine Wiesen. Geröllwüste. Kwenlun -Wälder am Dschachar. Das tibetanische Plateau. § 2. Neu- seeland. Montane Region: Xerophile Gehölze. Buchenwald. Vegetation trockener Triften. Alpine Region: Krummholz. Alpine Steinwüste. Polsterpflanzen. §3. Afrika: Natal. Regionen nach Thode. § 4. Süd-Amerika. Argentinische Cordillere. Sfid- Chile. 2. Begionen in den Gebieten mit Winterregen. § 1. Mediterranländer. Libanon. Atlas. Sierra Nevada. Mt. Ventoux. Apennin. Aetna. Süd - macedonische Gebirge. Athos. Canaren. Lorbeerwald in der montanen Region der Canaren. § 2. Amerika. Californien. Chile. 3. Begionen in den kalttemperirten Gürteln. § 1. Die Schweiz. Wälder der basalen und montanen Region. Alpine Region. Krummholz. Rhododendron. Gesträuch. Alpine Grasfluren. Felsenflora. Flora und Klima des Theodul- Pass. § 2. Tabellen. Regionen in der Tatra; in den Pyrenäen; im Kaukasus; im Tien-Schan; am Altai; am Ontake; in den White Mountains; in den Rocky mountains; im Feuerland.

Die Regionen der Vegetation zeigen wesentliche ökologische Unterschiede in den kalten und in den warmen Gürteln der temperirten Zonen und in letzteren wiederum ungleichen Charakter, wenigstens in den unteren Theilen, je nachdem das Klima tropenähnlich ist, d. h. mit Sommerregen bezw. mit Regen zu allen Jahreszeiten oder durch sommerliche Trockenheit und nasse Winter ein eigenartiges Gepräge besitzt.

1. Regionen in den tropenähnlichen warmtemperirten

Gebieten.

§ I. Central-Asien. In tropenartigem, regenreichem Klima erhebt sich der Südabhang des östlichen Himalaya. In Sikkim bedeckt Regenwald, unten von noch rein tropischem, oben von temperirtem Charakter die Berghänge bis 7400 Fuss. Dann macht sich die- Ent-

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

787

fernung vom Wendekreise geltend. Der oberste Waldgürtel ist tropophil; während des Winters verlieren viele Bäume (Eichen,

Fig. 447- Aus dem temperirten Regenwald des östlichen Himalaya (montane Region ca. 8000 Fuss) bei Darjeeling. Nach einem Aquarell von Lady Brandis.

Birken etc.) ihre Blätter. Auch der systematische Charakter ist kalt- temperirt.

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788

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Der westliche Theil des Himalaya1) ist gleichzeitig nördlicher als der östliche ' gelegen und zeigt schon 'an seiner Basis, wo Shorea robusta, der Salbaum, den Wald beherrscht, die erste Andeutung von

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Winterruhe, welche natürlich bergaufwärts zunimmt. Das Klima ist ausserdem viel trockener als im OstenVund .verleiht der Vegetation

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IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

789

einen mehr xerophilen Charakter; echte Regenwälder kommen hier nicht vor.

Bei ca. 900 m wird der bisher noch tropische Charakter der Vegetation warmtemperirt und zeigt einige Anklänge an das mediterrane

Fig. 449. Wüstenvegetation im Alitschur- Pamir. Nach einer Photographie des Herrn Lieutenant Kaznakoflf.

Fig. 450. Kudara im Thale Kudara. Nach einer Photographie des Herrn Lieutenant Kaznakoflf.

Hartlaubgebiet (Rhus cotinus, Celtis australis), mehr jedoch an die klimatisch ähnlicheren Gebiete des warmtemperirten China und Japan (Rhus succedaneä, semialata, Cornus macrophylla etc.). Eine grosse Rolle als Waldbäume spielen in diesem warmtemperirten Gürtel Pinus longifolia und, oberwärts, eine immergrüne Eiche, Quercus incana.

790

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Bei 2100 m nimmt der Wald tropophilen Charakter an; hier herrschen kalttemperirte Nadel- und Laubbäume mit ausgeprägter Winterruhe. Unter den Nadelbäumen ragen Cedrus Deodara, Abies Webbiana

Fig. 451. Pamir: Thal am Kainde-Se. Juniperus sp. Nach einer Photographie des Herrn Lieutenant Kaznakoff.

(Fig. 446) und die auch auf den Gebirgen Macedonien's vorkommende Pinus excelsa durch hohen Wuchs und Häufigkeit hervor. Die Laub- bäume sind theils immergrüne Eichen (Q. semecarpifolia , dilatata),

Fiß- 452- Pamir: Jagatch - Kurgan. Nach einer Photographie des Herrn Lieutenant Kaznakoff.

theils verschiedenartige sommergrüne Bäume, die meistens mit euro- päischen und asiatischen übereinstimmen (Prunus padus, Juglans regia, Aesculus indica, Arten von Acer, Ulmus, Carpinus, Alnus,

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

791

Fraxinus, Salix etc.). Betula Bhojpattra bildet bei 3660 m die Baum- grenze. Da die Schneelinie bei 3900 m liegt, so ist für die eigentliche alpine Region nur wenig Raum vorhanden. Hier wachsen strauchige

Fig. 453- Vegetation am See Karakul. Eurotia sp. Nach einer Photographie des Herrn Lieutenant Kaznakoflf.

Rhododendron (Rh. Anthopogon und lepidotum) und boreale Stauden (Ranunculaceen etc.). Ueber die alpinen Formationen des Himalaya ist übrigens nichts bekannt.

Fig. 454. Pamir: Fluss Schach -Dara. Nach einer Photographie des Herrn Lieutenant Kaznakoflf.

Im Nordosten grenzt das Himalaya -Gebirge an das gewaltige Hochland des Pamir, wo es mit den anderen hohen Gebirgen Central- Asiens zusammentrifft : Karakorum, Hindukusch, Kuen-Lün und Tienschan.

792

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Das Pamir bildet ein ungefähr rechteckiges, ausser im Westen im Durchschnitt ca. 3800 m hohes, durchweg über der Baumgrenze gelegenes gebirgiges Gebiet, wo die höchsten Gipfel sich zu 7000 m erheben. Näher sind wir über die Pflanzenformationen nicht unter- richtet. Unsere Bilder zeigen, dass die einen beträchtlichen Theil des Landes bildenden flachen Thäler Wüstencharakter besitzen, indem die einzelnen Pflanzen durch grosse Zwischenräume von einander ge- trennt wachsen ; weite Landschaften besitzen Steppencharakter. Unsere Figur 454 zeigt die Ufer des Flusses Schach -Dara, eines Nebenflusses des Pändsch, von dichtem Gebüsch umsäumt. Noch üppiger ist die Vegetation am westlichen Abfall des Hochlands, im Schugnan, wo unterhalb 7000 m der Baumwuchs auftritt (Fig. 455).

Fig. 455. Schugnan, Ufer eines unbenannten kleinen Flusses. Nach einer Photographie des Herrn Lieutenant Kaznakoff.

Der mittlere und südliche Gürtel des Nan-Schan *) im nordöstlichen Tibet besteht, nach Prschewalslri, aus Löss, Kiesel, zuweilen Granitkies und trägt an seinen unteren Abhängen Wüstencharakter (Kalidium gracile, Reaumuria songarica, R. trigyna, Lasiagrostis splendens etc.). Nur die Ränder der Bäche tragen dichtes Gesträuch (Hedysarum multi- jugum, Nitraria Schoberi, Comarum Salessowii, Caryopteris mongolica, Hippophae etc.) mit Gräsern (Hordeum pratense, Triticum strigosum etc. ) und Kräutern (Potentilla bifurca, P. dealbata, Calimeris alyssoides, Adenophora Gmelini, Rheum spiciforme var. etc.).

Bei 3300 m fängt die alpine Region an, in welcher drei Stufen erkennbar sind: 1) die Alpen wiesen; 2) die Geröllwüste; 3) der ewige Schnee.

») 1. c. S. 68 u. f.

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

793

Die Alpenwiesen liegen im Allgemeinen zwischen 3300 und 3900 m und besitzen eine mannigfaltige Vegetation (Oxytropis falcata, kan- suensis, strobilacea u. a. , Astragalus- Arten; Gentiana decumbens, prostrata, tenella; Ranunculus affinis; Potentilla multifida, fruticosa;

Fig. 456. Tibet: Ein Thal im Kuen-Lün- Gebirge. Nach Piertzow.

Allium strobilaceum ; Pedicularis labellata; Polygonum viviparum; Taraxacum glabrum; Carex ustulata etc.).

In der Steinwüste, welche im Allgemeinen bei 3780 bis 41 10 m beginnt, ist die Vegetation äusserst dürftig (Saxifraga sp.; Saussurea sorocephala; Pyrethrum sp.; Thylacospermum sp.). Diese Steinwüste hört bei 4400 m auf, wo der ewige Schnee beginnt.

Die Kuen-Lün -Gebirge (Fig. 456) besitzen, nach Prschewalski's

794 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Schilderungen zu urtheilen, ähnlichen Charakter wie der etwas weiter nördlich gelegene Nan-Schan. Doch ist das im östlichen Theile des Kuen-Lün-Systems gelegene hohe Dschachar ^-Gebirge vegetationsreicher. Hier sind die Abhänge bis 3000 m von Wald bewachsen (Abies Schrenkiana, Betula Bhojpattra, Juniperus Pseudo-Sabina , Populus tremula, Sorbus aucuparia). Die alpine Region (3450 bis 4500 m) ist unterwärts von alpinem Gesträuch eingenommen (Rhododendron capi- tatum, Rh. Prschewalskii , Caragana jubata, Arten von Rubus, Ribes, Salix, Potentilla fruticosa). Dem Gesträuch folgt nach oben die alpine Wiese (Arten von Astragalus, Oxytropis, verschiedene Umbelliferen, Meconopsis racemosa, M. quintuplinervia , Caltha palustris, Trollius pumilus, Corydalis -Arten, Iris ensata, Polygonum viviparum, Anemone micrantha, Primula farinosa, Rheum pumilum etc.). Die obersten Pflanzen haben nur 2 5 cm Höhe. Auch hier folgt auf die Wiesen nach oben die alpine Steinwüste.

Noch reicher ist, bei übrigens ähnlichem Charakter, die Vegetation am Tetung-Gol (102 ° W., 37 ° N.).

Das tibetanische Plateau ist äusserst dürftig bewachsen. Prschewalski, welcher dasselbe allerdings nur im Herbst und Winter kennen lernte, fand dasselbe baumlos; eine 15 cm hohe Hippophae war der höchste Strauch, während die übrigen Sträucher (Potentilla sp., Reaumuria sp.) auf dem Boden krochen; sandiger Boden trug einigen Graswuchs.

§ 2. Neu- Seeland. Aus der südlichen Hemisphäre mag hier die Gebirgsflora Neu-Seelands und zwar diejenige der trockenen Osthälfte der Süd-Insel, an der Hand der von Herrn L. Cockäyne hergestellten Photographieen, eingehendere Behandlung erfahren.2)

Während im feuchten westlichen Theile der Insel der temperirte Regenwald in die montane Region hinaufsteigt und erst im oberen Theil der letzteren durch tropophilen Buchenwald abgelöst wird, herrscht im östlichen Theile die Steppe vor. Sie bedeckt auf steinigem Boden durch xerophiles Gesträuch unterbrochen, die Thalsohlen und Abhänge (Fig. 457). Erst im oberen Theil der montanen Region, zwischen 600 und 1000 m zeigt sich an geschützten, feuchten Stellen hochstämmiger Buchenwald (Fig. 458 460). Derselbe ist wohl immer- grün, aber dennoch von tropophilem Charakter. Das Unterholz fehlt oder ist durch Buchensämlinge vertreten ; die Stämme tragen nur einige Flechten und Moose (Fig. 459). Nur an den Rändern der Gewässer wird die Vegetation etwas üppiger, ohne jedoch diejenige unserer mittel- europäischen Regenwälder, zu übertreffen (Fig. 458). Liäneti und höhere Epiphyten fehlen durchaus.

*) Prschewalski 1. c. S. 216 u. f. *) Vgl. darüber auch Diels 1. c.

Fig. 457. Unterer Theil der montanen Region Neu -Seelands (Süd -Insel). Im Vordergrund Gesträuch von Veronica Traversii in Blüthe. Hinten das Craiguburn - Gebirge , von Wiesen überzogen, auf dem höchsten Abhänge rechts sind Buchenwälder. Nach einer Photographie

von Herrn L. Cockaync.

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

795

An den exponirten Stellen herrschen in diesem oberen Theile der Region trockene, steinige Gefilde1), die bald mageren Steppen- charakter aufweisen, bald in grossen Zwischenräumen dorniges Ge- sträuch und spärliches Gras, namentlich aber höchst eigenartige Xero- phyten, Arten von Aciphyllum und Celmisia, ernähren. Die Aciphyllen (Fig. 462) sind Umbelliferen , welche aus rübenförmigem Wurzelstock eine kugelige Masse dicht gedrängter, fester, schwertförmiger Blätter entwickeln. Die Celmisien (Fig. 463) sind grasartige Compositen, deren Blattstructur auffallende Aehnlichkeit mit Steppengräsern aufweist. Nicht

Fig. 458. Das Innere des Buchenwaldes in der montanen Region der Süd -Insel, Neu -Seeland. Nach einer Photographie von Herrn L. Cockayne.

minder merkwürdig ist das Auftreten in dieser Formation ericoider Gestalten bei Gattungen, wo man solche nicht erwarten würde, nämlich bei Veronica cupressoides (Fig. 461) und Senecio cassinioides. Alle diese vom systematischen Typus abweichende Formen sind Producte des trockenen Klima; dass sie aus normal gestalteten Ahnen hervorgingen zeigt der Umstand, dass nach Cockayne Veronica cupressoides und Senerio cassinioides abweichend gestaltete Primordialblätter entwickeln2)

*) Von Diels als Triften bezeichnet. 9) Nach Diels.

796

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

und dass es sogar' Göbel gelungen ist, durch Cultur der ersteren Art in feuchter Luft breite Blattspreiten zu erzielen.

Fig» 459. Montane Region in Neu -Seeland (Süd -Insel). Im Buchenwalde (Fagus cliffortioides). Das Unterholz von jungen Buchen gebildet. 900 m. Nach einer Photographie des Herrn

L. Cockayne.

Oberhalb des Waldes zeigt sich Krummholz und Gesträuch, mit meist reicher und dichter Verzweigung, relativ dicken Aesten, deren

Fig. 460. Oberer Gürtel der montanen und unterer der alpinen Region Neu - Seelands. Schlucht des Craiguburn- Flusses. Im Hintergrund der Buchenwald. Links, auf den Berg- höhen, „Shingle slips" mit strauchigen Arten von Veronica, Celmisia, Dracophyllum, Coprosma, Podocarpus nivalis etc. 660 m ü. M. Nach einer Photographie von Herrn L. Cockayne.

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

797

rauhe Borke häufig kleine Flechten trägt und, mit seltenen Ausnahmen (Coprosma serrulata Fig. 464, /), sehr kleinen Blättern von ausgeprägter Sklerophyllstructur. Vorwiegend sind unter ihnen Arten der Epacri- daceen- Gattung Dracophyllum (Fig. 464, 2), namentlich aber Compo- siten aus den Gattungen Olearia (Fig. 464, j) und Senecio. Diels be- zeichnet als obere Grenze des Knieholzes auf der Süd-Insel 1350 m. Dasselbe steigt aber, in Flussthälern , oft viel tiefer herab, sogar bis zum Meeresstrande.

Das Knieholz und Gesträuch bezeichnen den Anfang der alpinen Region, welche in Neu-Seeland auffallend tief beginnt. Niedere Sommer- temperatur, im Osten trockene Winde unterstützen hier die Wirkungen des Höhenklima. Vorherrschend sind in der alpinen Region die Felsen und Geröllhalden, namentlich letztere, die sogenannten „shingle- slips", welche manchmal die Berg- hänge bis zum Tafellande bekleiden. Diese Bodenbeschaffenheit verdankt ihren Ursprung einer wahren Wüsten- verwitterung, d. h. der Wirkung heftiger Temperaturschwankungen bei trockener Luft. Wir können in der That hier von einer Hochwüste sprechen, wie in den Anden, mit deren Vegetation diejenige des neu- seeländischen Hochgebirges grosse Aehnlichkeit aufweist. Wie dort ist die xerophile Structur extrem, und zwar namentlich in der vorwiegend alpinen Form der Polsterpflanzen aus- gedrückt. Durch Grösse und Dichtig- keit imponiren in erster Linie die

„Pflanzenschafe** Neu-Seelands, die wolligen Arten von Raoulia (Com- positae) (Fig. 465). Ihnen ähnlich ist Helophyllum Colensoi (Fig. 466), eine Candolleacee. Kleinere, aber ebenfalls äusserst dichte Polster bilden verschiedene Arten von Veronica, Hectorella, Dracophyl- lum etc. Grosse, aber mehr lockere und abgeplattete Polster bildet Celmisia viscosa (Fig. 463). Auch Luzula pumila (Fig. 463) tritt durch dichtes Wachsthum der schmalen Blätter der Polsterform nahe. Aehn- lich wie in allen alpinen Höhen kommen auch hier kleine, kriechende Sträucher von ausgesprochener xerophiler Structur (Fig. 407) und Rosettenpflanzen mit langen Wurzeln vor (Fig. 410).

§ 3. Afrika: Natal. Das Küstenland von Natal ist aus ätttfenweisen, bis zum Randgebirge sich erhebenden breiten Terrassen aufgebaut. Hoch-

Fig. 461. Veronica cupressoides. Neu- Seeland. Nat. Gr.

798

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

ebenen, namentlich nach dem Meere offen, sind windig und daher schon für Baumwuchs ungeeignet; zudem besitzt Natal überhaupt, mit seinen trockenen Wintern und feuchten Sommern mit häufigen Niederschlägen ein typisches Grasflurklima. Die Zunahme der Niederschläge, die sich namentlich im oberen Theile der montanen Region merklich macht, vermag das windige, baum- feindliche Grasflurklima in Waldklima nicht umzuwandeln; der Wald bleibt auf die Ufer der Bäche in geschützten Thälern beschränkt. Die Flanken gehören der Grasflur an, das Ganze hat vorwiegend xerophilen Charakter. Folgende Tabelle ist nach den Angaben Thode's zusammengestellt:

Fig. 462. Aciphylla Colensoi, auf steinigem Boden in der Nähe vom Pearson - See, 600 m. Ü. M. Neu -Seeland, Süd -Insel. Nach einer Photographie von Herrn Cockayne.

Regionen in Natal.

Niedere Region bis 500 m.

Montane Region:

Steppen (stellenweise mit Acacien und Aloe) „1500 m.

Protea- Savannen 2300 m.

Alpine Region:

Gesträuch und Stauden bis ca. 3500 m.

Das Klima der alpinen Region des Drakenbergs ist sehr stürmisch. Ge- witter sind im Sommer, Schneestürme im Winter häufige Erscheinungen. Die mittlere Jahrestemperatur wird von Thode auf 5 R. geschätzt, starke Fröste sind in den Winternächten gewöhnlich. Buschwerk (Leucosidea sericea,

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

799

Cliffortia, Erica) zeigt sich hier und da in den Thalrissen; die Abhänge sind von Zwerggesträuch (namentlich Helichrysum und Ericaceen) und von alpinen Stauden (namentlich Compositen) überzogen. Der Blüthenreichthum ist ein sehr grosser und die Farben sind glänzend.

§ 4. Süd-Amerika. Die nördlichen Abhänge der Cordillere Argen- tinien^ sind dicht bewaldet. Lorentz unterschied in den subtropischen Provinzen Oran und Tucuman (ca. 250 S. B.) folgende Stufen, die allerdings nicht überall vorhanden sind:

Fig. 463. Alpine Flora Neu -Seelands. Celmisia viscosa Hook. f. (in der Mitte) und Luzula

pumfla Hook. f. auf Steintrift („shingle slips" wachsend. 1470 m. Craiguburn Mts. (Süd-Insel).

Nach einer Photographie des Herrn L. Cockayne.

Niedere Region.

Hygrophil. Temperirter Regenwald. Montane Region.

f Wald von Podocarpus angustifolia. ^ ^"' \Aliso-Wald (Alnus ferruginea var. Alix).

IQuenoa-Savanne (Polylepis racemosa). Alpine Steppe. Alpine Wüste (Puna).

Der Queiioa-Baum, der zerstreut im unteren Theile der alpinen Grasflur wächst, zieht sich in der Cordillere von Peru zwischen 3000 und 4000 m, wo er ebenfalls die obere Grenze des Baumwuchses bezeichnet. Es ist ein

8oo

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Fig. 464. Neuseeländische alpine Sträucher : / Coprosraa serrulata (Rubiac). 2 DracophyHum uniflorum (Epacrid.). J Olearia nummularifolia (Coraposit.). 4 Phyllocladus alpinus (Conif.)

Nat. Gr.

Fig. 465. Alpine Flora Neu - Seelands. Raoulia mamillaris auf felsiger Unterlage bei 1500 m. Craiguburn Mts. Nach einer Photographie des Herrn L. Cockayne.

Fig. 466. Alpine Flora Neu - Seelands. Craiguburn Mts. 1470 m. Helophyllum Colenosi

Hook. f. (Candolleacee) in dichten runden Klumpen, theilweise von Schnee umgeben. Am

Felsen rechts, Dracophyllum roomarinifolium Hook, f., ein Zwergstrauch. Das Gras oben:

Danthonia Raoulii Steud. Nach einer Photographie von Herrn L. Cockayne.

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen. 8oi

knorriges, sehr dickstämmiges und hartholziges Bäumchen von 16 20' Höhe. Er ist gewöhnlich von Tillandria usneoides behangen.

Im südlichen Theile der argentinischen Cordillere bleibt der Charakter der Vegetation durchaus xerophil. Nach den Aufzeichnungen von F. Kurz über die Cordillere von Mendoza (ca. 33 ° S. B.) können folgende Gürtel unterschieden werden:

Montane Region.

Buschwald und Dornbüsche.

Spärliches Gesträuch (Adesmia pinifolia).

Alpine Region.

Niederes Gesträuch (Berberis empetrifolia, Argylia Bustillosii). Alpine Zwergstauden.

Fig. 467. Vegetation der montanen Region im Drakenberg, Natal. Nach einer Photographie.

Zusammenhängende Formationen fehlen in der alpinen Region, welche einen wtistenartigen Anblick gewährt. Die kleinen, aber oft gross- und glänzendblüthigen Pflänzchen von typischem alpinen Habitus wachsen nur auf torfigem Boden gesellig, während sie auf den Halden nur ganz vereinzelt auftreten und häufig, wegen der Farbenähnlichkeit ihres Laubes mit dem Felsen, schwer sichtbar sind.

Schirop er, Pflanzengeographie. 51

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IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen. 803

Ueber Charakter und Anordnung der Vegetation im nördlichen Theile des chilenischen Waldgebiets geben folgende nach K. Reiche's Angaben zusammengestellte Tabellen das Wesentliche:

Cordillere von Nahuelbuta (380 S. B., 1500 m). Montane Region.

Gemischter Buchenwald mit einigen Lianen undEpiphyten bis 1100 m. Araucaria-Wald (A. imbricata) mit sommergrünem Buchen- gesträuch 1500 m.

Cordillere von Chillan (370 S. B., ca. 3000 m). Montane Region.

Gemischter Buchenwald bis 1860 m.

Fagus pumilio, als Gebüsch 1900 m.

Alpine Region.

Sträucher (Berberis empetrifolia , Empetrum nigrum, Es-

callonia carmelita) 2000 m.

Alpine Stauden auf Geröll und Fels 2200 m.

Ewiger Schnee.

Die gemischten Buchenwälder sind, namentlich in ihrem unteren Theile, noch den temperirten Regenwäldern, wenn auch in abgeschwächter Form (letzteres namentlich auf der Chillan -Cordillere) zuzurechnen; nach oben zu nehmen sie mehr xerophilen Charakter an.

2. Regionen in den Gebieten mit Winterregen.

§ 1. Mediterrangebiet. Die Gebirge des Mediterrangebiets haben zum grössten Theile den ursprünglichen Charakter ihrer Vegetation eingebüsst, so dass die natürlichen Gürtel aus spärlichen Resten und nicht immer mit Sicherheit reconstruirt werden müssen. Die beiden wichtigsten Gebirgsketten des südlichen Theils des Gebiets, der Libanon und der Atlas, haben, wie das Tiefland, trockene Sommer und dem- entsprechend Hartlaubvegetation auch in der montanen Region. In den nördlichen Gebirgen des Mediterrangebiets bedingt die Winter- kälte in der montanen Region eine ausgeprägte Ruheperiode, während andererseits reichlichere Niederschläge während des Sommers die vegetative Thätigkeit befördern. Dementsprechend folgen auf die Hartlaubgehölze ohne Winterruhe und mit träger Sommervegetation die mesophilen Gehölze mit Winterruhe und lebhafter Sommer- vegetation. Die Aehnlichkeit des Klima in der montanen Region mit derjenigen des mitteleuropäischen Tieflands ermöglichte die An- siedelung der von Norden einwandernden Bäume, welche nur wenig oder meist gar nicht variirten.

Nur wenige der mediterranen Gebirge erheben sich in die alpine Region. Eine reiche alpine Flora zeigt sich nur auf der Sierra Nevada,

51*

804 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

wo dieselbe ein mehr ausgeprägt xerophiles Gepräge besitzt, als in nördlicheren Gebirgen und viele Endemismen aufweist (Fig. 470).

Djurdjura und algierischer Atlas (Trabut). Montane Region.

Unterer Gürtel 1300 m. Quercus suber 1300 m. Chamaerops humilis 1200 m.

(Pinus halepensis, vorwiegend zwischen 800 900 m waldbildend, aber von der Küste bis 1700 m auftretend). Oberer Gürtel 1900 m.

Quercus Hex var. Ballota 1000 1600 m. Cedrus attantica und Libani 1200 1900 m. Alpine Region. 1900—2308 m (Djurdjura).

Kleine Sträucher und Kräuter, theils endemisch, theils mit stid- und mitteleuropäischen alpinen Arten identisch. N. B. Steppen sind auf den 800 900 m hohen Hochebenen des süd- lichen Algerien's, entsprechend dem Frühlingsregen, entwickelt

In Marokko bildet Quercus Hex in verkrüppelter Form die Baumgrenze.

Sierra Nevada (Boissier, Willkomm). Montane Region.

Sklerophyllgürtel 5000'

Mesophile Wälder (Pinus silvestris var. nevadensis, Castanea vesca,

Quercus Tozza) 6500' Alpine Region.

Sträucher 8000'

Stauden n ooo'

Mont Ventoux (Martins) Höhe 5880'.

Montane Region.

Südabh. Nordabh.

Mediterraner Sklerophyllgürtel 354°r 2800'

Mesophiler sommergrüner Laubwald (Buchen). 5230' 4065' Mesophiler Nadelwald (Pinus uncinata, Abies

excelsa) 5570' 5340'.

Alpine Region.

Steinige Gefilde mit niedrigen Stauden.

Apennin (Mittelwerthe. Schouw). Montane Region.

Mediterraner Sklerophyllgürtel 1200'

Mesophiler sommergrüner Laubwald Kastanie 3000' , Quercus

pedunculata 3500'

Mesophiler Laubwald (Buchen) und Nadelwald (Abies pectinata)

6000'. Alpine Region.

6000' 9200'.

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Fig. 47°' Alpine Flora der Sierra Nevada, Spanien. / Linaria nevadensis Boiss. et Reut.

2 Linaria glacialis Boiss. 3 Viola nevadensis Boiss. 4 Artemisia granatensis Boiss.

5 Dianthus brachyanthus Boiss. 6 Galium pyrenaicum Gou. 7 Ranunculus acetosellaefolius

Boiss. 8 Plantago nivalis Boiss. Sämmtliche nat. Gr.

806 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Aetna (Philippi). Montane Region.

Mediterraner Sklerophyllgürtel 2200'

Mesophiler sommergrtiner Laubwald 6000'

(Kastanie 3900', Quercus pubescens 5500', Buche 3000' 6000'

Mesophiler Nadelwald (Pinus Laricio) 4000' 6000'.

Alpine Region.

Gesträuch (Juniperus hemisphaerica , Berberis aetnensis etc., auch in der montanen Region) 7500', Stauden 8950'.

Süd-macedonische Gebirge (Grisebach).

1. Montane Region.

Mediterrane Sklerophyllen 1245' Mesophiler sommergrüner Laubwald 4600' (Quercus Cerris 2650', Buche 4400 4600') Mesophiler Nadelwald (Pinus Peuce) 5800'.

2. Alpine Region.

Juniperus nana 5200 7200'.

Athos (Grisebach).

1. Montane Region.

Mediterrane Sklerophyllen 1200'

Mesophiler sommergrüner Wald 1200 3500'

(Kastanie 3000', Quercus pubescens 3500')

Mesophiler Nadelwald 1700 5250'

(Pinus Laricio 3500 4500', Abies pectinata 1700 5250').

2. Alpine Region. 5250 6440'.

Gesträuch von Daphne jasminoides, Prunus prostrata etc.

Die Canaren und Madeira gehören zu den wenigen Punkten der Sklerophyllgebiete, wo die Bedingungen für den temperirten Regenwald in der montanen Region gegeben sind: Milder Winter und reichliche Niederschläge zu allen Jahreszeiten. Am Pico de Teyde auf Teneriffa unterhält der Nebel-Gürtel, welcher zwischen 700 und 1600 m beinahe alltäglich, auch im Sommer, vorhanden ist, die Feuchtigkeit in der montanen Region; doch reicht dieselbe nur in Schluchten zum Ge- deihen eines abgeschwächten Regenwaldes hin, während die Abhänge Sklerophyllvegetation ernähren. Letztere wird oberhalb des Nebels wieder alleinherrschend.

Regionen in den Canaren (Christ). Niedere Region.

Succulenten und Sklerophyllen bis 700 m. Montane Region.

Temperirter Regenwald (Lorbeerwald) bis 1600 m.

Pinus canariensis mit Sklerophyllen bis 2000 m.

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen. 807

Alpine Region (Teyde).

Laubloses Gesträuch von Spartocytisus nubigenus und Stauden.

Besonderes Interesse beansprucht der Lorbeerwald, gleichsam ein in temperirten Regenwald umgewandelter Sklerophyllwald oder eine Zwischen- stufe beider, mit grösserer Annäherung an ersteren, welchen Christ in seiner meisterhaften Monographie anschaulich beschreibt.

Derselbe besteht vorwiegend aus Laurineen: Persea indica, Lauras ca- nariensis (mit Lauras nobilis nahe verwandt), Oreodaphne foetens, Phoebe barbusana. Aus anderen Verwandtschaftskreisen treten vornehmlich hinzu: Hex canariensis, Erica arborea, Myrica Faya und andere seltenere Arten. Das Unterholz besteht aus Rhamnus glandulosa, Viburnum rugosum, Rubus- Arten, Smilax mauritanica und canariensis etc. Hedera canariensis kriecht auf dem Boden. Bodenkräuter sind vorwiegend Farne in üppiger Entwicke- lung. Die schwache Entwickelung der Lianen, das Fehlen eigentlicher Epiphyten, zu welchen nur Davallia canariensis und Asplenium Hemionitis einen schwachen Anfang bilden, unterscheiden diesen Wald vom typischen Regenwald. Mehrere der Holzarten sind mit mediterranen Sklerophyllen theils identisch, theils nahe verwandt.

§ 2. Amerika. Die californische Sierra Nevada erhebt sich mit ihren westlichen Abhängen aus einem typischen Sklerophyllgebiet. Die Sklerophyll- gehölze, namentlich immergrüne Eichen, steigen stellenweise bis 1800 m in die Höhe. Grössere sommerliche Feuchtigkeit bedingt in höheren Lagen das Auftreten sommergrüner Eichenwälder (Q. Kellogii); sandig -kieseliger Boden ist durch genügsame Kiefern behauptet (P. ponderosa). Der obere feuchtkühle Gürtel der montanen Region gehört dem grossartigsten gemischten Nadelwald der Erde, der Heimath der Sequoia gigantea. Ueber diese Wälder wurde bereits früher berichtet.

Ueber die alpine Region fehlt es an Angaben.

Im chilenischen Hartlaubgebiet reichen die Niederschläge auch an den Berghängen nicht hin, um eine kräftigere Vegetation hervorzurufen; die dürftige xerophile Vegetation geht in die noch dürftigere der Hochwüste oder Puna über. Nur auf dem Frai Jorge, einem Gipfel der sonst überaus trockenen Provinz Coquimbo, hat ein beständiger Nebelgürtel, ähnlich wie auf den Ca- naren, die Bedingungen für die Existenz des temperirten Regenwalds, wenn auch wiederum in abgeschwächter Form, geschaffen. Auch systematisch schliesst sich dieser Wald den Regenwäldern Valdivia's an. Seine wichtigsten Bäume sind Aetoxicum punctatum und Drimys chilensis.1)

3. Regionen in den kalttemperirten Gürteln.

§ I. Die Schweiz. Unter den Hochgebirgen der nördlichen kalt- temperirten Zone sind die Alpen botanisch in jeder Hinsicht am genauesten untersucht worden. Namentlich hat H. Christ in seinem

l) F. Philippi.

808 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Pflanzenleben der Schweiz ein Bild der Vegetation in den Schweizer- Alpen entworfen, welches, in den Hauptzügen fertig, nur noch der feineren Ausführung, nach der von ihm bereits angedeuteten physio- logischen Richtung bedarf, um die gegenwärtig erreichbare Vollendung zu zeigen.

Die folgende Tabelle hat nicht allgemeine Gültigkeit und soll nur zur allgemeinen Orientirung dienen; die in derselben aufgezählten Stufen sind selten sämmtlich vorhanden.

Mittlere Höhenregionen in den Schweizer-Alpen.

Untere Region 550 700 m.

Montane Region.

Kastanienwald (Südschweiz) bis 900 m.

Buchenwald 1200 m.

Fichtenwald Soo 1800 m.

Lärche und Arve (Central- Alpen) . . . bis 2100 m. Alpine Region.

Pinus Pumilio und Alnus viridis 2000 m.

Rhododendron bis 2120 m.

Juniperus nana 2500 m.

Kräuter und Zwergsträucher bis zu den Gipfeln. (Schneegrenze 2700 3000 m.)

Das schweizerische Tiefland ist, wie das mitteleuropäische Tiefland überhaupt, durch die Cultur bis zur Unkenntlichkeit verändert worden. Wahrscheinlich stellte dasselbe ursprünglich eine Parklandschaft dar, in welcher, je nach Bodenbeschaflfenheit, Wald und Grasflur sich in den Raum theilten. Der Wald wird wohl meistens Buchenwald, stellenweise Eichenwald, im Süden Kastanienwald, auf Sandboden Kiefernwald gewesen sein. Die Grasflur hat stellenweise Steppencharakter (Wallis), in der übrigen Schweiz wird sie wohl stets als Wiese ausgebildet gewesen sein.

Die basale Region der Schweizer- Alpen hat ebenfalls durch die Cultur ein verändertes Gepräge erhalten. Doch kann angenommen werden, dass, entsprechend der reicheren Niederschläge, üppige Wälder in derselben herrschend waren und zwar ähnliche Laubwälder, wie sie im Tieflande auf feuchtem Boden vorkommen. Vorwiegend waren die noch stellenweise erhaltenen Buchenwaldungen. Andere Baumarten, wie Hagebuche und Spitzahorn, sind untergeordnete, wenn auch häufige Nebenbestandtheile jener Buchenwälder, die Vogelkirsche ist seltener, die Stechpalme tritt nur als Strauch auf.

Die montane Region zeigt, entsprechend der Abnahme der Temperatur, mehr nordischen Charakter. Die Wälder bestehen hier aus Fichten ; Laubbäume treten nur vereinzelt auf und sind von den- jenigen des Buchenwalds verschieden, wie Acer Pseudoplatanus und

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

809

Sorbus aucuparia. Das Unterholz ist oft reichlich ausgebildet und besteht aus Sambucus racemosa, Ribes nigrum und petraeum, Lonicera alpigena und nigra, Salix grandifolia etc. Schmale und lichte Wälder der Arve und Lärche, erstere mehr hinaufsteigend als letztere, nehmen den oberen Rand der montanen Region ein und bilden die Baumgrenze.

Das Krummholz, welches in vielen Gebirgen als breiter Gürtel die Basis der alpinen Region einnimmt, ist in der Schweiz nur an wenigen Punkten von Graubünden und Wallis vertreten und besteht nur aus einer Holzart, der Legföhre, Pinus montana var. Pumilio. Als Zwergbäume von höchstens Manneshöhe mit liegendem Stamme und langen schlangenförmigen Aesten bedecken die Legföhren trockene

Fig. 471. / Rhododendron ferrugineum. 2 Rh. hirsutum. 2/8 nat. Gr.

Felsen und Gerolle, namentlich auf Kalkboden. Häufiger als das Krummholz zeigen sich oberhalb der Baumgrenze die Gebüsche der Grünerle, Alnus viridis. Die charakteristische Gestalt des Krummholzes geht diesem bis manneshohen Strauche ab.

Am gewöhnlichsten setzt die alpine Region mit Gesträuch von Alpenrosen ein. Die beiden Arten der Schweiz, Rhododendron hirsutum auf Kalk und Rh. ferrugineum auf Kieselboden besitzen in diesem bis 300 m breiten Gürtel ihre Massenverbreitung; sie treten aber sowohl tiefer, als Unterholz des Nadelwaldes, wie vereinzelt auch höher bis gegen 2400 m auf.

Die Alpenrosengebüsche nehmen steilere Abhänge ein, wo feinere erdige Bestandtheile von der Oberfläche leicht weggeschwemmt werden, so dass die Bodenbeschaffenheit nur für tiefwurzelnde Gewächse geeignet

8lO Vierter Abschnitt: Die Höhen.

ist. An weniger geneigten Standorten überwiegt hier schon die Gras- flur, und dieselbe wird weiter oben, bis zum ewigen Schnee, wo es der Boden nur gestattet, alleinherrschend. Die klimatischen Bedingungen sind allerdings für die Grasflur die denkbar günstigsten. Während des ganzen Sommers fallen täglich leichte Niederschläge, welche die oberste Bodenschicht benetzend, den seichtwurzelnden Gräsern raschen Ersatz für den starken Transpirationsverlust während der sonnigen Stunden bringen. Nur steinige, durchlässige Standorte werden den tiefwurzelnden Sträuchern und Stauden überlassen. Auch der Winter kommt der Grasflur, wenn auch nur indirect, zu Gute, da er arm ist an Nieder- schlägen und viele sonnigen Tage aufweist. Wir wissen aber, dass klare Winter in Folge ihrer trocknenden Wirkungen baumfeindlich sind. Dieses ist aber in alpinen Höhen, wo die kräftige Insolation die Transpiration der Zweige fördert, noch weit mehr der Fall als im Tief- lande. Häufigkeit der sommerlichen Nieder- jfc gj* schlage und tieferes Niveau bedingen, dass die

Grasflur in den Schweizer- Alpen meist weniger xerophiles Gepräge besitzt als in den Hoch- gebirgen wärmerer Gebirge und eher dem Wiesentypus als dem Steppentypus anzu- gliedern ist. Die Vegetationsdecke ist un- unterbrochen und besitzt nur an trockenen Stellen harte Gräser mit schmalen, ein- gerollten Blättern (z. B. Nardus stricta, Festuca ovina var. alpina) und, in ihrer Gesellschaft, Fig. 472. Androsace Helvetica. stark behaarte Stauden, wie Leontopodium Nat. Gr. alpinum, Potentilla nivea, Senecio incanus etc.

Wo das Wasser länger verweilt, ist die Structur der meisten Gewächse weniger xerophil. Ausgesprochene Trockenschutz- vorrichtungen zeigen sich auf den von einer dünnen Erdschicht überzogenen Felsen, oder in Felsrissen, wo das Wasser schneller verdunstet bezw. herabfliesst. An solchen Stellen zeigen sich viele der bekanntesten und charakteristischsten Alpenpflanzen, wie Dryas octopetala, Globularia cordi- folia, die alpinen Crassulaceen (Arten von Sedum, Sempervivum, Rhodiola rosea), Saxifraga Aizoon, Draba aizoides, Primeln und Androsaceen. Nur da, aber in grosser Menge, wächst auf dem Simplon der seltene Senecio uniflorus, während Senecio incanus den benachbarten trockenen Rasen bewohnt und der Bastard zwischen beiden genau die Mittellagen einnimmt. Die meisten dieser Pflanzen haben Rosetten- oder Polster- form. Rings um solche Blöcke dringt das Wasser tief in den Boden und da wachsen daher mit Vorliebe alpine Sträucher, die sich auf der Felsoberfläche ausbreiten, wie Juniperus nana, Azalea procumbens, Arctostaphylos alpina etc.

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IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen.

811

Trümmerfelder nehmen in den hohen Lagen der Alpen, wie auf allen Hochgebirgen, weite Räume ein, ohne allerdings ähnliche Aus- dehnung zu erhalten als auf den Wüstengebirgen oder in Neu-Seeland. Solche „Geröllhalden" sind oft von Zwerggesträuch bewachsen; sind sie jedoch neuen Ursprungs, so weisen sie eine eigenartige Vegetation tiefwurzelnder Stauden auf, welche meist auf solche Standorte beschränkt sind, wie Linaria alpina, Oxyria digyna, Thlaspi rotundifolium etc. Kalkgerölle trägt eine der grössten Zierden der Alpen, Pavaver alpinum, neben Viola cenisia etc. Fleischiges, bläulich bereiftes, kahles oder

Fig. 473* Salix reticulata, ein kriechender Strauch der Alpenmatten. Nat. Grösse.

doch nur borstig behaartes Laub ist für solche Geröllpflanzen be- zeichnend.

Sie alle wurzeln in kaltnassem, von Gletscherwasser berieseltem Boden. Trotz dem Ueberfluss an Feuchtigkeit ist der Standort physio- logisch trocken und bedingt die Ausbildung von Schutzmitteln gegen hohe Transpiration. Aehnliches, aber noch weit mehr fleischiges Laub hat die charakteristische Uferpflanze der alpinen Gletscherbäche, Saxi- fraga aizoides. Solche Gewächse erinnern in ihrer Structur sehr an die Halophyten nasser Standorte; sie stimmen mit ihnen in ihren physio- logischen Existenzbedingungen allerdings darin überein, dass sie nasse Standorte bewohnen und doch der Gefahr des Wassermangels aus- gesetzt sind. Die feuchte Luft, die sie umgiebt, ist der Entstehung

812

Vierter Abschnitt: Die Höhen.

von Haaren und einer dicken Cuticula hinderlich, aber auf diejenige von Wachs- und Harzüberzügen, als Schutzmittel gegen Transpiration,

ohne Einfluss.

Oberhalb der alpinen Grasflur dehnen sich, bis zu den Gipfeln, die ewigen Schnee- felder. Eine obere Grenze, wie wir sie für den Kilimandscharo kennen lernten, giebt es für die Phanerogamenflora der Alpen nicht, indem auch auf den grössten Höhen die Luft noch nicht trocken und verdünnt genug ist, um ihr Gedeihen zu verhindern. In den Spalten von Felsen, die aus Schnee und Eis hervorragten, habe ich im August am Kalt- wassergletscher auf dem Simplon , in Menge und in voller Blüthe Eritrichium nanum, An- drosace glacialis, Aretia Vitaliana, Anemone glacialis gefunden. Ch. Martius hat auf dem 3333 m hohen Theodulpass 13 Phanerogamen, nach Christ jedenfalls nur einen Theil der Flora darstellend, gesammelt. Lindt traf auf dem Finsteraarhorn , von 4000 m aufwärts, Saxifraga bryoides, muscoides, Achillea atrata an und Calberta auf dem Gipfel des Berges, bei 4270 m, ein anscheinend einjähriges Exemplar von Ranunculus glacialis mit zwei

Fig. 474. Primula minima. Nat. Gr.

etwas verkümmerten Blüthen.

Temperaturverhältnisse des Theodulpass, 3333 m. 1. Mittlere Monatstemperaturen (Celsius).

Dec. I Jan. | Febr. März | April Mai Juni Juli j Aug. Sept. Oct. Nov. Dec

-9.8 10.21 10.6 12.7 7.3 6.4 0.0 1.0 I 1.1 I 1.1 I 1.1 j 5.4—7.6

2. Beobachtungen von Ch. Martins. 1865 1866. St. Theodul (3333 m) 1866— 1865.

1866. Mai

Juni

Tage über

Tage über

Nächte über

7 Uhr

7

»>

ii j

2

i

22 1

20

9

)}

r3 1

2

IV. Die Höhenregionen in den temperirten Zonen. St. Theodul (Fortsetzung).

813

Juli 7 ..

14

8

* »»

30

25

9 »»

12

5

1865. August 7

*5

8

1

29

21

9 »»

14

6

September 7

16

5

1 >•

29

25

9 »»

20

2

October 7

* >i

2

9

§ 2. Tabellen. Eine monographische Bearbeitung, wie sie für die Alpen in Christ's Arbeiten vorliegt, wurde neuerdings von Pax für die Karpathen gegeben.1) Man hat sich sonst im Allgemeinen begnügt, die mittleren oberen Grenzen der wichtigsten Formationen und einiger häufigen oder charakteristischen Pflanzenformen tabellarisch zusammen- zustellen. Einige dieser Tabellen, die Regionen der wichtigsten nord- temperirten Gebirge gebend, sind im Folgenden zusammengestellt.

Regionen in der Tatra (Central-Karpathen, n. Wahlenberg).

Montane Region.

Buche bis 3100'

Lärche und Fichte 4600'

Arve und Birke 4800'

Alpine Religion.

Krummholz (Pinus pumilio) 6000'

Alpine Stauden und Zwergsträucher . . . 6900'

Regionen in den Pyrenäen (Drude).

Untere und montane Region.

Laubwald herrschend bis 1600 m (1700 m).

Kastanie 500 m (800 m).

Eiche (Q. Robur) 1600 m.

Buche 650 1600 m (1850 m).

Tanne 1950 m.

Nadelwald herrschend 1600 2200 m (2400 m).

Fichte 1500 2400 m.

Knieholz 2200 2400 m.

Apine Stauden und Zwergsträucher. . bis 2750 m(Schneelinie).

*) Dieselbe erschien während des Druckes dieses Buches und konnte nicht mehr be- nutzt werden.

glj. Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Regionen im Kaukasus (Abchasischer Abhang, Radde). Untere und montane Region . . bis 6600'

Eschen und Ulmenwald.

Buchenwald.

Nadelwald (P. orientalis und Abies Nordmanniana).

Birken. Alpine Region bis 9100' (Passhöhe).

Regionen am Tian-Schan (Semenow).

Basale und montane Region ... bis 7600'

Wüste 40001

Nadelwald (Pinus Schrenkiana) . . . 76001

Alpine Region 7600 11540

Alpine Sträucher bis 90001

Schneelinie 11540

Regionen am Altai (Krassnow). Basale und montane Region.

Wüste bis 300 m.

Kiefernwald (mit Birken und Espen . 800 m.

Lärchenwald (mit Abies excelsa, sibirica)

Pinus Cembra . . . 1360 m (N.-Seite), 1700 m (S.-Seite). Alpine Region.

Schneegrenze 2100 m (2300 m).

Regionen am Vulkan Ontake (Japan, 350 N. B. Rein). Basale und montane Region.

Wiesen und Mischwald aus Laub- und Nadel- hölzern (Kiefern, Tannen, Retinospora, Quercus,

Fagus, Acer etc.) bis 4600'

Nadelwälder (Pinus Tsuga u. bicolor etc.) . 5550' Alpine Region.

Knieholz (Pinus parviflora) und Gesträuch (Birken,

Erlen, Rhododendron etc.) 6160'

Zwerggesträucher und Stauden 9200' (Gipfel).

In seinem Werke über Japan unterscheidet Rein (die Zahlen gelten wohl vornehmlich in erster Linie für Mittel- Japan) folgende Vegetationsgürtel:

1. Zone des Kiefernwaldes und des Wachholders bis 400 m. ü. M.

2. Zone der Cryptomerien , Cypressen und Eiben 400 1000 m. Das

Gebiet des unteren sommergrünen Waldes mit Kastanien, Laurineen, Magnoliaceen etc.

3. Zone der Abies firma und des mittleren Laubwaldes 1000 1500 na.

Der immergrüne Wald mit Eichen, Buchen, Ahornen etc.

4. Zone der Tannen und Lärchen 1500 2000 m. Oberer Laubwald

mit Birken, Erlen etc.

5. Zone des Knieholzes, der Zwergsträucher und der alpinen Kräuter,

oberhalb 2000 m.

Auswahl der Literatur.

815

Darstellungen der Pflanzenformationen auf den nordamerikanischen Hoch- gebirgen fehlen. Die alpine Region ist, wegen der Höhe der Waldgrenze in den Rocky-Mountains, meist schwach entwickelt und scheint hauptsächlich von Felsen und Trümmerfeldern eingenommen zu sein, so dass es zu einer Ausbildung der alpinen Grasfluren, wenigstens in grösserem Maassstabe nicht kommt. Die folgenden beiden Tabellen sind Grisebach's „Vegetation der Erde" entnommen; neuere Angaben sind mir nicht bekannt.

White Mountains (440 N. B„ Guyot).

Basale und montane Region.

Eichen bis 8oo'

Laub- und Coniferenwald . . . . 800 1950' Nadelwald (Pinus alba u. balsamea) 1950 4500'

Alpine Region 4500 5^5°' (Mt. Washington).

Rocky Mountains: Middle Park (400 N. B.).

Basale und montane Region.

Prärie bis 3700' (6570')

Nadelwald nooo'

Alpine Region „13350'.

Für die südliche kalttemperirte Zone besitzen wir einige Angaben DuseVs über die Vegetation der nur bis etwa 1000 m hohen Gebirge Feuerland's. Der Buchenwald steigt bis etwa 300 m empor, als Zwergbaum zeigt sich Fagus antarctica stellenweise bis 400 m, als auf dem Boden kriechender kleiner Strauch sogar bis 600 m. Welcher Art die Formationen zwischen der Waldgrenze und der unteren Grenze des ewigen Schnees, bei etwa 700 m sind, lässt sich aus Dusdn's Darstellung nicht entnehmen. Oberhalb 500 m soll die Vegetation ausserordentlich arm sein; an der Schneegrenze sind ober- halb derselben nach Dusdn nur noch einige Polster von Lebermoosen.

Auswahl der Literatur.

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commission. Calcutta, 1898. Brandis, D. Der Wald des äusseren nordwestlichen Himalaya. Verhandl.

des naturh. Vereins der preuss. Rheinlande u. Westfalens. Bd. XXXXII. Christ, H. I. Vegetation und Flora der canarischen Inseln. S. A. aus

Engler's Jahrbüchern. Bd. VI. 1885. II. Das Pflanzenleben der Schweiz. 1877. Di eis, L. Vegetations - Biologie von Neu -Seeland. Engler's Jahrbücher.

Bd. XXII. 1896. Drude, O. Deutschlands Pflanzengeographie. 1896. Dusdn, P. Ueber die Vegetation der feuerländischen Inselgruppe. Engler's

Botan. Jahrbücher. Bd. 24. 1897.

8l6 Vierter Abschnitt: Die Höhen.

Kurtz, F. Dos viajes botanicos al Rio Salado superior (Cordillera de Mendoza). Boletin de la Academia nacional de ciencias de Cordoba. T. XIÜ. 1893.

Lorentz, P. G. Vegetationsverhältnisse der argentinischen Republik. Buenos Aires 1876.

Martius, Ch. Von Spitzbergen zur Sahara. 2tc Aufl. Jena 1872. Bd. I.

Mayr, Dr. H. I. Die Waldungen von Nordamerika. 1890.

II. Aus den Waldungen Japan's. München 1891.

Pax, F. Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Karpathen. Theil I. 1898.

Reiche, Karl. Die botanischen Ergebnisse meiner Reise in die Cordilleren von Nahuelbuta und von Chillan. Engler's Jahrb. Bd. 22. 1895.

Rein, Japan.

Philip pi, F. Visit to the northernmost forest of Chile. Journal of botany. XXII. 1884.

Sendtner, O. Vegetationsverhältnisse Süd-Bayern's. 1854.

Stebler, F. G. u. Schröter, C. Beiträge zur Kenntniss der Matten und Weiden der Schweiz. X. Versuch einer Uebersicht über die Wiesen- typen der Schweiz. Bern 1892.

Thode, Gust Die botanischen Höhenregionen Natal's, Engler's Jahrb. Bd. 18. Beiblatt 43. 1894.

Trabut, L. Les zones botaniques de l'Algerie. Association francaise pour Tavancement des sciences. Congres d'Oran 1888.

Willkomm, M. Grundzüge der Pflanzenverbreitung auf der iberischen Halb- insel. 1896.

Fünfter Abschnitt:

Die Vegetation der Gewässer.

I. Allgemeine Lebensbedingungen der Wasserpflanzen.

§ I. Halophyten und Nichthalophyten. Salzige, süsse, brackische Gewässer. § 2. Gliederung der Wasservegetation. Horizontale Gliederung. Verticale Gliederung. Lichtregionen. Benthos, Plankton, Hemiplankton. Physik und Chemie des Substrats. § 3. Periodische Erscheinungen. § 4. Specielle Betrach- tung der Factoren. Salze. Temperatur. Licht.

§ I. Halophyten und Nichthalophyten. Der Einfluss chemischer Factoren auf die Gliederung der Vegetation, welcher auf dem Festlande demjenigen klimatischer Factoren untergeordnet ist, kommt für die Gewässer an erster Stelle in Betracht. Jede Eintheilung der Wasser- flora beginnt mit der Trennung der salzigen und der nichtsalzigen oder süssen Gewässer. Allerdings sind beide Hauptgruppen durch Uebergangsglieder, die brackischen Gewässer, zu welchen Aestuarien und die meisten Salzseen des Binnenlandes gehören, geschieden. Die Grenzen sind jedoch durch die brackischen Gewässer wenig vermischt, da letztere einerseits eine geringe Ausdehnung, andererseits eine spär- liche Flora besitzen.

Während es kaum einen Landhalophyten geben dürfte, der nicht ohne oder doch nur mit Spuren von Kochsalz in Cultur gedeihen könnte, wirkt die Verpflanzung von Salzwasserpflanzen in Süsswasser oder umgekehrt in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle tödtend. Das Fehlen der Landhalophyten in der nicht halophytischen Landflora ist nur durch ihre Unfähigkeit, erfolgreich zu kämpfen, das Fehlen

Schimper, Pflanzengtographie. C2

818 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

der Wasserhalophyten im Süsswasser dagegen durch ihre Unfähigkeit darin zu leben bedingt. Der Unterschied zwischen Halophyten und Nichthalophyten ist demnach im Wasser weit tiefer als auf dem Fest- lande in der Organisation begründet.

§ 2. Gliederung der Wasservegetation. Die durch das Wärme- klima bedingte zonare Gliederung kommt in den Gewässern, in Folge der gleichmässigeren Temperatur der letzteren, weniger zur Geltung als auf dem Festlande. Die Regenverhältnisse kommen nur für die süssen Gewässer einigermaassen in Betracht. Wichtiger sind für die Meere die kalten und warmen Strömungen, welche die Flora der Festländer ebenfalls, aber nur indirekt beeinflussen.

Wie auf den Festländern ist auch in den Gewässern eine vertikale Gliederung erkennbar; den Höhenregionen der ersteren entsprechen in den letzteren Tiefenregionen. Es handelt sich dabei jedoch um ganz ungleiche Erscheinungen. Der im Wasser dabei maassgebende Factor ist das Licht, während der Wärme nur eine geringe oder gar keine Bedeutung zukommt. Die Tiefenregionen der Gewässer sind Stufen abnehmender Beleuchtung , Lichtregionen. Es empfiehlt sich, die maassgebende Bedeutung des Lichtes auch in der Benennung der Regionen zum Ausdruck zu bringen. Drei Hauptstufen der Hellig- keit können unterschieden werden: I. Die photische oder helle Region, in welcher die Lichtintensität für die normale Entwickelung von Makrophyten genügt. II. Die dysphotische oder dämmerige Region, in welcher die meisten Makrophyten nur kümmerlich oder gar nicht mehr gedeihen, während gewisse genügsame assimilirende Mikrophyten (namentlich Diatomaceen) noch fortkommen. in. Die aphotische oder dunkele Region, in welcher nur noch nicht- assimilirende Organismen existiren können. Entsprechend der ungleichen Trübung der Gewässer durch suspendirte Theilchen liegen die Grenzen der Regionen in den Einzelfällen sehr ungleich tief.

Es giebt in der Luft keine schwebende Flora, denn die Bacterien und Sporen des atmosphärischen Staubs sind Erzeugnisse der Land- flora. In den Gewässern ist hingegen zwischen einer festsitzenden Flora oder B e n t h o s und einer frei schwebenden, bezw. schwimmenden oder Plankton zu unterscheiden.

Sowohl Benthos wie Plankton zeigen die Gliederung in Licht- regionen. Das letztere ist nur oberhalb grosser Tiefen typisch ent- wickelt. In den Flachwässern der Küsten und in seichten Binnen- wässern ist es stets mit Formen des Benthos vermischt und zeigt sich auch in seinen eigentlichen Bestandteilen weniger vom Boden unabhängig. Die schwebenden und schwimmenden Gewächse der Flachgewässer sollen daher als Hemiplankton zusammengefasst werden.

I. Allgemeine Lebensbedingungen der Wasserpflanzen. 819

Plankton und Benthos werden im Meere als pelagisch, in den Süssgewässern als limnetisch bezeichnet.

Salzgehalt, Wärme und Licht bedingen die grossen Trennungs- linien der Wasservegetation. Für die Gliederung im kleinen treten andere Factoren hinzu, unter welchen die Bewegung eine hervor- ragende Rolle spielt. Der rasche Wechsel der Formationen an den Meeresküsten ist nicht nur durch Licht und Schatten, sondern auch durch Ruhe und Bewegung (Brandung, Ebbe und Flut) bedingt. Die stehenden süssen Gewässer haben eine andere Vegetation als die strömen- den. Bewegtes Wasser setzt bei den Pflanzen andere mechanische Eigen- schaften als ruhendes voraus und ist ausserdem luftreicher als das letztere.

Ausserdem kommen bei der horizontalen Gliederung der Regionen auch die physikalischen Verhältnisse des Substrats in Betracht. Je nach harter, steiniger, oder weicher, schlammiger oder sandiger Beschaffenheit desselben zeigt die Vegetation ein anderes Bild. Die benthonische Vegetation des Meeres besteht ganz vorwiegend aus Litho- phyten, diejenige der süssen Gewässer mehr aus Schlammbewohnern.

Die chemische Natur des Substrats hat nur für die kleineren süssen Gewässer Bedeutung, deren Flora je nach Armuth oder Reichthum an gelöstem kohlensaurem Kalk grosse Unterschiede aufweist. Eigen- artig ist auch die Flora der Torf graben. Endlich üben auch organische Verunreinigungen thierischen und pflanzlichen Ursprungs ebenfalls einen bedeutenden Einfluss auf die Zusammensetzung der Flora. Alle diese chemischen Erscheinungen sind auf Lokalitäten geringer Ausdehnung beschränkt.

§ 3. Periodische Erscheinungen. Die Periodicität der Wasser- vegetation ist theilweise von anderen Factoren als diejenige der Land- gewächse beherrscht. Entsprechend ihren geringen Schwankungen ist die Temperatur weniger wirksam. Die perennirenden Meeresalgen besitzen keine Winterruhe; meist sind sie im Sommer hauptsächlich vegetativ, im Winter reproductiv thätig. Schon in warmtemperirten Meeren, wie dem Mittelmeer, macht sich der Wärmeunterschied nicht mehr geltend. In den kleinen Gewässern des Binnenlandes kommt entsprechend den grösseren Wärmeschwankungen und der leichter eintretenden Eisbildung der Unterschied der Jahreszeiten mehr zur Geltung, doch auch da weniger als auf dem Festlande. Vielfach be- dingen die jahreszeitlichen Schwankungen des Lichtes eine deutliche Periodicität, so namentlich in südlichen Meeren. Endlich kommt auch den Unterschieden der Bewegung zu verschiedenen Jahreszeiten für das Benthos der Meere eine nicht unwesentliche Bedeutung zu.

§ 4. Specielle Betrachtung der Factoren. Im Folgenden sollen die wichtigeren der eben aufgezählten und kurz charakterisirten Factoren, soweit sie allgemeine Bedeutung haben, etwas genauer dargestellt werden.

52*

820 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

Salzwasser und Süsswasser. Der Salzgehalt des Meerwassers ist in den Binnenmeeren ein anderer als in den Oceanen und nimmt ganz all- gemein von der offenen See nach der Küste ab. Am salzreichsten ist in Folge grosser Verdunstung bei spärlicher Zufuhr von Süsswasser das Rothe Meer, in dessen Wasser bis 4.3 °/0 Salze gefunden wurden. Sehr salzarm ist namentlich die Ostsee mit stellenweise weit unter 1 °/0 Salze. Von dem Salzgehalt der Oceane mögen folgende Analysen eine Vorstellung geben. Die Wasserprobe I wurde im Hafen von Callao, II im Atlantischen Ocean unter 41 ° 18' n. Br. und 36 ° 28' w. L. geschöpft

I (Pacifik)

1 n (Atlantik)

Betrag der Salze:

! 328

3-84

Chlornatrium

i 7 5.8o

| 76.89

Chlormagnesium

8.87 | 3.68

8.05

Chlorkalium

3-33

Bromnatrium

1.23

1.30

Schwefelsaurer Kalk

4.54

1 494

Schwefelsaure Magnesia

. | 5.88

549

I ' IOO I IOO

Ein Liter Wasser des Genfer Sees enthält nach Forel:

Milligramm

Natrium- und Kaliumchlorid 18

Schwefelsaures Natron 15.0

Schwefelsaures Ammoniak Spuren

Schwefelsaurer Kalk 47.9

Salpetersaurer Kalk 1.0

Kohlensaurer Kalk 73.9

Kieselsäure 3.7

Thonerde und Eisenoxyd 1.9

Organische Materie, Verluste 11.9

174.1.

Temperatur. Schon die Oberflächentemperatur der Gewässer zeigt viel geringere Schwankungen als die darüber liegende Luft, und der Unter- schied wird noch weit grösser, wenn die Luft des Binnenlandes zum Vergleich herangezogen wird, denn die Gewässer üben einen ebnenden Einfluss auf die Temperaturwärme der benachbarten Theile der Atmosphäre. Die höchste an der Meeresoberfläche bis jetzt beobachtete Temperatur wurde bei Celebes mit 31 ° C. festgestellt; die tiefste entspricht dem Gefrierpunkt des Meeres- wassers — 3.6 ° C.

Die Abnahme der Temperatur mit der Tiefe ist natürlich weniger gross in den polaren als in den temperirten und tropischen Gewässern. An der Küste von Grönland wurde im August 1877 an der Oberfläche -f" 30, bei 37 m Tiefe o°, bei 3000 m Tiefe auf dem Boden 1.5 ° gemessen. Im äquatorialen Theile des Pacifik fand die Gazelle an der Oberfläche -f- 29°» in 3000 m Tiefe -j- 1.6 ° C.

I. Allgemeine Lebensbedingungen der Wasserpflanzen. 82 I

Die Tiefenisothermen von je i°C. Unterschied folgen sich von der Ober- fläche nach unten zunächst sehr rasch, dann allmählich langsamer. So nimmt die Temperatur im äquatorialen Pacifik in der Tiefe von o bis 200 Faden um 1 ° pro 1 o Faden ab. Dann werden die Abstände rasch grösser. Die Isotherme von 30 erstreckt sich von 1000 bis 1400 Faden Tiefe, dann herrscht bis zum Boden (2400 Faden) eine ziemlich gleichmässige Temperatur von -j- 20.1) Die zuletzt erwähnten grossen Tiefen haben für das Pflanzen- leben nur ganz untergeordnete Bedeutung.

Im Mittelmeer hören die täglichen Temperaturschwankungen in 18 m Tiefe, die jährlichen in 400 m Tiefe auf; in der Chinasee hört die Wirkung der Jahreszeiten bereits bei 185 m mit einer Temperatur von -|- 15.60 C. auf. Die jährlichen Schwankungen betragen in der tropischen Zone des Atlantik 2.4 ° C, in der gemässigten Zone 7.2 0.*) Seichte Meeresspiegel und Binnen- gewässer zeigen grössere Schwankungen als die offene See. Folgende Tabelle giebt eine Vorstellung von den Temperaturverhältnissen in einem mittel- europäischen Binnensee:

Temperatur des Plöner- Sees nach Ule 1892 (U.) und Apstein 1893 (A.).

Tag Monat

II (A.)

19 30 III (A.) IV (A.)

24

V(U.)

4 2 VI(A.) VII (A.)

11 VIII (U.)

0 m . . 4°m . .

o.6° »•5°

3-5° 2.5«

13-6° 5-3°

13-7° 15° 5-5° 5-6°

16.30 6-3°

In den Thermen erreicht das Wasser in einigen Fällen (Japan, Mexiko, Süd -Amerika, Atlas) über 90 °, doch kommen dieselben bezw. ihre Ausflüsse erst unter 60 ° in Betracht. Der sich in constant hoher Temperatur befind- lichen Flora der Thermen steht die in constant niedriger Temperatur befind- liche Schnee- und Eisflora gegenüber.

Licht Die Tiefe bis zu welcher das Licht in das Wasser dringt, ist natürlich von der Klarheit des letzteren abhängig und daher in hohem Grade von Ort und Zeit beeinflusst. Fol und Sarrasin fanden im Genfer See, im September, noch bei 170 m eine leichte, bei 120 m aber eine kräf- tige Schwärzung der photographischen Platte. Im April war sogar bei 250 m Tiefe das Licht noch nicht ganz erloschen.

Die verschiedenen Strahlen des Spectrums werden in sehr ungleicher Weise absorbirt, die stärker brechbaren von Grün bis Indigo weniger als die schwach brechbaren im Roth und Gelb. So lässt, nach Hüffner, eine 1 80 cm lange Säule reinen Wassers nur etwa 5o°/0 des Roth, aber 9o°/0 des Grün und 95% des Indigo durch. Diese Ungleichheit, auf welcher die Farbe des Wassers beruht, scheint ohne Bedeutung für das Pflanzenleben zu sein. Viel- mehr wirkt, nach Versuchen Oltmann's, die Farbe des Meeres lediglich als Schattendecke.

1) Alle diese Zahlen nach Walther, Allgem. Meereskunde.

2) Walther, Einleitung.

n. Die Vegetation des Meeres.

Einleitung. Die Familien der Meeresflora. 1. Das Beilthos. § i. Allgemeines. Lithophyten, Sand- und Schlammpflanzen. Epiphyten. Photische Region: Auftauchender Gürtel, untergetauchter Gürtel. Horizontale Gliederung. § 2. Das Benthos der tro- pischen Meere. Sargassum. Pflanzenarmuth des auftauchenden Gürtels. § 3. Das Benthos der warmtemperirten Meere. Gliederung desselben im Golf von Neapel, nach Berthold. Vorwiegende Bedeutung des Lichtes. Lichtperiodicität und Bewegungs- periodicität. § 4. Das Benthos der kalttemperirten Meere. Vorherrschen der Braunalgen. Auftauchender und untergetauchter Gürtel. Zurücktreten der Lichtwirkungen. Temperatur und Periodicität. Laubwechsel. Südliche temperirte Meere. § 5. Das arktische Benthos. Grosse Ueppigkeit Rolle der Fucaceen und der Laminariaceen. Standorte. Periodicität. 2. Das pelagisohe Flankton. Systematische Zusammensetzung. Oekologische Eigenthtimlichkeiten. Lichtregionen. Klimazonen.

Die Flora des Meeres weist nur wenige Phanerogamen auf, die sogenannten Seegräser, die sämmtlich auf das Benthos beschränkt sind und zu zwei Familien, den Potamogetonaceen und Hydrocharitaceen gehören.

Die Potamogetonaceen sind vertreten durch 5 Arten von Zostera, 2 Phyllo- spadix, 2 Posidonia, 1 Ruppia (mehr brackisch), 7 Cymodocea, 2 Halodule. Die Hydrocharitaceen des Meeres sind mehrere Halophila, 1 Enhalus, 2 Tha- lassia (Ascherson).

Die Pteridophyten und Bryophyten fehlen im Meere gänzlich. Die Hauptmasse der Meeres Vegetation ist von Algen gebildet, die sich auf die verschiedensten Klassen und Ordnungen vertheilen. Die stattlicheren, durch ihre Dimensionen und ihre Gliederung den Gefässpflanzen und Moosen vergleichbaren Algen sind Rhodophyceen, Phaeophyceen , weniger Chlorophyceen. Sie gehören sämmtlich dem Benthos an. Die kleinen, mit dem blossen Auge eben noch oder nicht mehr sichtbaren Algen sind vorwiegend Cyanophyceen (Oscillarieen), Diatomaceen und Peridineen, weniger Grünalgen (Protococcaceen etc.). Solche mikrophytische Algen bilden die Hauptmasse des pflanzlichen Plankton, sie sind aber auch im Benthos reichlich vorhanden. Die Pilze

II. Die Vegetation des Meeres. 823

sind im Meere nur durch wenige mikroskopische Formen vertreten. Die Bacterien treten im Flachwasser der Küsten massenhaft, in der Hochsee nur wenig auf; sie bedingen theilweise die Erscheinung des diffusen Meeresleuchtens.

1. Das Benthos.

§ I. Allgemeines. Die Benthospflanzen der Meere sind ganz vor- wiegend Lithophyten. Ihre massiven Formen sind durch starke Haft- scheiben mit der Unterlage verbunden (Fig. 4760), während bei kleinen Formen entsprechend einfachere Vorrichtungen, bei den Diatomaceen Gallertstiele (Fig. 477) zur Verwendung kommen. Die Zahl der auf schlam- migem oder sandigem Boden gedeihenden Arten ist eine geringe. Solche Standorte stellen in grösseren Tiefen oder in bewegtem Wasser Wüsten dar, auf welchen nur Steine, Muscheln und Korallen einige Vegetation zeigen, während sie allerdings in sehr ruhigen und seichten Buchten von den fluthenden Wiesen der Seegräser überzogen zu sein pflegen. Nur wenige Algen gedeihen auf Sand oder Schlamm, so z. B. die Arten von Caulerpa und einige andere Siphoneen, welche dementsprechend mit wurzelähnlichen, in den Boden dringenden Befestigungsorganen ver- sehen sind (Fig. 480).

Die Zahl der epiphytisch lebenden Algen ist eine grosse. Die- selben sind vielfach mit den Lithophyten identisch und weisen keine besonderen Anpassungen auf (Fig. 476 d). Auch hemiparasitiche Formen sind namentlich unter den Florideen häufig (Fig. 476^).

Die makrophytischen Algen sind beinahe ausschliess- lich, die Phanerogamen ausnahmslos Bewohner der pho- tischen Region. Diese Region kann wiederum in zwei Gürtel zergliedert werden, den auftauchenden und den untergetauchten.

Der auftauchende Gürtel erstreckt sich von der Ebbegrenze bis um so höher über die Fluthgrenze, als die Brandung stärker ist. Seine Flora ist eine charakteristische und an die dort gegebenen Be- dingungen: Intensives Licht, starke Bewegung, Wechsel von Wasser und Luft gebunden. Er zeigt sich meistens wiederum in Stufen un- gleicherEmersionsdauer eingetheilt. Die Gewächse der untersten Stufe sind dicht oberhalb der Ebbegrenze befestigt, so dass sie stets mit dem grössten Theile ihrer Glieder submers bleiben; hier sind die günstigsten Bedingungen und daher die stattlichsten Pflanzen vorhanden. Die oberste Stufe hingegen bietet die Gefahr der Austrocknung und ist dementsprechend kümmerlich bewachsen. Dichter, niederer Wuchs, starke Verdickung der Membranen, sparrige straffe Verzweigung sind,

Fig- 475- Seegräser. / Zostera marina L. , Nordsee. */« nat Gr. 2 Inflorescenz ders. nat Gr. 3 Posidonia oceanica Dec, Mittelmeer. 1/i nat. Gr.

II. Die Vegetation des Meeres.

825

für die meisten auftauchenden Gewächse es sind ausschliesslich Algen charakteristisch.

Dem untergetauchten Gürtel gehören sämmtliche Phane- rogamen und die grosse Masse der Algenvegetation an. Auch hier

F>g- 476. Cladophora pygmaea Rice, Basis mit Haftscheibe. Vergr. 600. b Ralfsia verrucosa

Aresch. sp. 1/9 nat. Gr. c Chorda filum. Basalstück l/r d Desmotrichum balticum

Kütz. auf Zostera l\v e Microspongium gelatinosum Rke epiphyt. auf Fucus serratus.

lassen sich Tiefenstufen unterscheiden; welche jedoch auf der Abnahme der Beleuchtung bei zunehmender Tiefe, also auf einem anderen Factor beruhen, als im auftauchenden Gürtel.

Vielfach zeigen sich die Grünalgen hauptsächlich im oberen, die Braunalgen im mittleren, die Rothalgen im untersten Theile des Gürtels

826

Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

vorherrschend; doch ist solcher Zusammenhang zwischen der Farbe der Algen und der Tiefe des Standortes keineswegs so allgemein und so ausgeprägt, als es ältere Autoren, namentlich Oersted, annahmen, die auf demselben sogar eine Gliederung in Regionen gründeten. Namentlich zeigen sich die Phaeophyceen im oberen, die Chlorophyceen im mittleren Theile des Gürtels manchmal vorherrschend, während die Rhodophyceen allerdings die untersten Lichtstufen zu beherrschen pflegen. Die Rothalgen kommen übrigens auch deswegen mit zu- nehmender Tiefe mehr zur Geltung, weil sie überaus lichtempfindlich sind und in der stärkeren Beleuchtung der Oberfläche einer Verfärbung unterliegen, die nicht nothwendig eine Beeinträchtigung ihrer Lebens- thätigkeit bedingt.

Für die horizontale topographische Gliederung kommt wiederum das Licht in erster Linie in Betracht; manche Arten der Tiefe, z. B.

Florideen kommen an schattigen Stellen auch in der Nähe der Oberfläche vor. Ferner ist die Stärke der Bewegung von Bedeutung. So wachsen viele Corallineen in sehr be- wegtem Wasser, während die Cystoseiren und Padina Pavonia auf ruhigere Standorte beschränkt, die Arten des Sandes und Schlammes nur in ganz stillem Wasser ver- treten sind. Wechsel im Salzgehalt des Wassers, z. B. in der Nähe der Flussmün- dungen, bedingt wichtige Unterschiede. Neue Formen treten zum Vorschein, andere, weit zahlreichere verschwinden. Aehnliches gilt von der organischen Verunreinigung des Wassers an Cloaken und Canalmündungen. § 2. Das Benthos der tropischen Meere. Im Gegensatz zu der Landvegetation ist die tropische Meeresvegetation weniger üppig und anscheinend weniger formenreich als diejenige der temperirten und polaren Zonen. Nur wenige, meist kleine Formenkreise sind aus- schliesslich oder ganz vorwiegend tropisch, wie die marinen Hydro- charitaceen (Halophila, Enhalus, Thalassia), die Arten von Halodule und die meisten von Cymodocea unter den Potamogetonaceen , die Valo- niaceen, Dasycladaceen , Caulerpaceen , Codiaceen unter den Chloro- phyceen. Rhodophyceen sind reich, Phaeophyceen schwach vertreten. Doch gehört zu der letztgenannten Klasse eine Gattung besonders statt- licher, reichgegliederter, formenreicher und häufiger Formen der tro- pischen Meere, Sargassum, allen Seefahrern bekannt durch das Vor- kommen abgerissener, an der Meeresoberfläche, oft weit von den Küsten schwimmender Aeste von gelblicher Farbe. Die Erscheinung ist be-

Fig. 477. Cymbella cistula Hemp. (Diatomaceae). Langgestielte Co- lonie. Verg. Nach W. Smith.

II. Die Vegetation des Meeres.

827

sonders auffallend im tropischen Atlantik, und hat dort zur Fabel eines „Sargassomeers" geführt, wo die Alge, wohl stets Sargassum bacciferum, schwimmende Wiesen bilden sollte (Fig. 479). Nur wenige Algenarten, wenigstens unter denjenigen grösserer Verbreitung, sind auf die von den Wendekreisen begrenzte Zone eingeschränkt; die meisten werden auch ausserhalb derselben in den wärmeren Theilen der Oceane an- getroffen. Es wird daher nöthig sein, die tropische Zone der Meeres- vegetation nach Norden und Süden über die Wendekreise hinaus- zudehnen. Doch zeigen sich schon im Mittelmeer Erscheinungen des Pflanzenlebens, welche mit dem Wechsel der Jahreszeiten im temperirten Klima zusammenhängen und in den Tropen undenkbar sind.

Fig. 478. Navicula Grevillii. Ag. (Diatom.). Baumartige Colonie. A Verzweigtes Bäumchen. B Einige Schlauchenden mit Zellen. C Einzelzelle. Nach Schutt in : Nat. Pflanzenfamilien.

Die Benthosvegetation der tropischen Meere ist zur Zeit noch sehr ungenau bekannt. Kein wissenschaftlicher Reisender scheint ihr bis jetzt eine genauere Untersuchung gewidmet zu haben. Auch ich habe derselben auf meinen tropischen Reisen besondere Aufmerksamkeit nicht geschenkt. Im Vergleich zu den Küsten nördlicherer Meere, z. B. denjenigen der Riviera, ist mir der auftauchende Gürtel ausser- ordentlich arm an Algen erschienen, so auf den kleinen Antillen, an den felsigen Küsten bei Singapore und an der Küste Java's. Eine Ausnahme machen jedoch in der neuen wie in der alten Welt die Mangroven, deren im Bereich der Gezeiten befindliche Wurzeln und Stammbasen einen dichten Ueberzug schmutzig violetter Florideen (in

828

Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

Süd-Brasilien: Catenella impudica Kutz. und Bostrychia radicans Mont.

f. brasiliana) *) aufwiesen.

Die allerdings sehr flüchtige Betrachtung des untergetauchten Gürtels

an Korallenbänken des Javameeres ergab auch dort nur geringe Er- gebnisse. Eine Ausnahme machte bloss eine Halimeda, wahrscheinlich H. Opun- tia, welche überall, häufig auch am Ufer angeschwemmt, auftrat.

Dass eine Zunahme der Vege- tation in der Tiefe stattfindet, erscheint bei der Lichtempfindlichkeit der mei- sten Algen und den Verhältnissen im Mittelmeer wahrscheinlich. Auch die Ueppigkeit des Algenwachsthums im Schatten der Mangrove spricht dafür. § 3. Das Benthos der warm- temperirten Meere. Die warmtempe- rirten Meere sind in Bezug auf geo- graphische Verbreitung der Algen genauer erforscht worden als die tro- pischen und haben das Vorhandensein mehrerer mehr oder weniger scharf begrenzter Bezirke ergeben. So ist die Algenflora des Rothen Meeres sehr verschieden von derjenigen des Mittel- meeres und das australische Meer ist floristisch ebenso eigenartig wie das australische Festland. Die Unterschiede dürften in der Mehrzahl der Fälle mehr auf historischen, ent wickelungs- geschichtlichen, als auf gegenwärtigen, physiologischen Ursachen beruhen. So ist z. B. nicht zu ersehen, welche physiologisch wirkenden Factoren die grossen Unterschiede der Meeresflora auf beiden Seiten des Suez -Isthmus bedingen sollen. Dass in anderen Fällen gegenwärtige Ursachen, wie Salz- gehalt, Beeinflussung der Temperatur Fig. 479. Sargassum baccifemm. durch Strömungen etc. , mehr oder Nat. Gr. Nach Kützing. weniger an den Unterschieden be-

') Nach Bestimmung von Prof. M. Möbius, mitgetheilt von Prof. H. Schenck.

II. Die Vegetation des Meeres.

829

theiligt sein können, erscheint allerdings nicht ausgeschlossen. Doch liegen zur Zeit darüber keine Untersuchungen vor.

Berthold hat von der Algenvegetation des Golfes von Neapel eine ökologisch pflanzengeographische Charakteristik gegeben, die in jeder Hinsicht befriedigend erscheint und für die anderen warmtemperirten Meere weitgehende Gültigkeit haben dürfte.

Die Küste des Golfes von Neapel ist vornehmlich felsig; sie weist aber auch schlammige und sandige Standorte auf. Der auftauchende Gürtel ist, wie überall, nur $uf steiniger Unterlage bewachsen. Manche Arten kommen da in üppiger Entwickelung vor, welche im untergetauchten

Fig. 480. Caulerpa prolifera. a Wachsende Spitze. Fig. 48 1 . Acetabularia mediterranen. b Junge Thalluslappen. rRhizoide. */e nat. Gr. L. d. B. Nat. Gr. L. d. B.

Gürtel fehlen oder spärlich sind, z. B. Rhodophycecn aus den Gattungen Porphyra, Ceramium, Callithamnion , Bangia und verschiedene Chloro- phyceen, namentlich Ulva-Arten.

Der untergetauchte Gürtel besitzt eine viel grössere Breite und eine viel reichere Flora als der übertauchende ; er ist in der Nähe von Capri noch bei 120 130 m Tiefe üppig bewachsen. Der Sandboden ist von Wiesen der Posidonia oceanica überzogen, die bei 60 m Tiefe noch zusammenhängend sind, bei 80 100 m aber nur noch vereinzelte Pflanzen aufweisen. Bis zur Tiefe von 15 m tritt Caulerpa prolifera (Fig. 480) mit Posidonia auf. Doch wächst dieselbe vornehmlich auf schlammigem Boden, wo Zostera marina und minor stellenweise dichte Bestände bilden. Andere Algen dieser Formationen sind Epiphyten der Seegräser

8jO Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

oder Lithophyten, die an einzelnen Steinen oder Muscheln befestigt sind. Eine schon massige Bewegung des Wassers durchwühlt den lockeren Boden und schliesst jede Vegetation auf demselben aus.

Die formenreiche Lithophytenvegetation des untergetauchten Gürtels ist in mannigfache Formationen gegliedert, deren Unterschiede namentlich durch solche der Beleuchtung bedingt sind. Die Veränderung der Flora entsprechend der Lichtabnahme in der Tiefe ist hier sehr aus- geprägt Sie wiederholt sich bis zu einem gewissen Grade in hori- zontaler Richtung, entsprechend den durch die Unregelmässigkeit der Küste bedingten mannigfachen Abstufungen von Licht und Schatten. Doch zeigen sich nicht alle Formen der Tiefe an den gleichbeleuchteten Standorten der Oberfläche. Die schattenliebenden Arten sind, wie überall, vornehmlich Rothalgen, wie Lithophyllum - , Lithothamnium- Arten etc. Dagegen suchen die Braunalgen vornehmlich helle Stellen auf. Die schirmförmige grüne Acetabularia mediterranea (Fig. 481), die scheibenförmige braune Padina pavonia gehören zu den ausgesprochenen Sonnenalgen. Auch einige Florideen sind ausgesprochen lichthold, z. B. Arten von Laurencia, Ceramium; sie besitzen in solchen Fällen düstere Farben und nehmen nur, wenn sie zufällig im Schatten wachsen, das leuchtende Roth an, das ihre lichtscheuen Verwandten auszeichnet.

Die Lichtempfindlichkeit hat bei den Algen des Mittelmeeres und wahrscheinlich aller Meere niederer Breiten Anpassungen hervor- gerufen, welche in kälteren Meeren zwar nicht fehlen, aber der geringeren Lichtintentisität halber weniger stark zur Entwickelung kamen. Die in einem früheren Abschnitte dieses Buches (S. 66) geschilderten Schutz- vorrichtungen von Algen gegen zu starkes Licht sind sämmtlich von Berthold bei Neapel entdeckt worden und treten auch z. B. an der Riviera auf. Die Arten, welchen in hohem Grade die Fähigkeit zukommt, sich der jeweiligen Lichtintensität anzupassen, vermögen ungleiche Grade der Helligkeit unbeschädigt zu ertragen, während gewisse Florideen, in Folge mangelnder Plasticität, so lichtscheu sind, dass sie sich noch bei 60 m Tiefe in den Schatten verkriechen (Palmophyllum, Cruoriopsis etc.).

Die im Mittelmeer und wohl noch in anderen warmtemperirten Meeren sehr ausgeprägte Periodicität der Meeresvegetation steht eben- falls wesentlich mit dem Lichte im Zusammenhang.

Ganz allgemein entspricht im Mittelmeer die Vege- tationszeit in der Nähe der Oberfläche hauptsächlich den Winter- und Frühjahrsmonaten, in der Tiefe den Herbst- und Sommermonaten, entsprechend den Be- dingungen der Beleuchtung.

Namentlich scharf zeigt sich der Wechsel für die Phaeophyceen, welche im Hochsommer in der Tiefe die Florideen überwiegen, während

II. Die Vegetation des Meeres. 83 I

letztere in anderen Jahreszeiten die Herrschaft in allen lichtschwachen Standorten besitzen.

Offene Standorte, die während des Winters in üppiger Vegetation prangen, sind zur Sommerszeit verödet. Manche Algenformen der oberen Gürtel sind im Winter Sonnenpflanzen (z. B. Arten von Ploca- mium, Caltithamnion , Phyllophora nervosa, Ph. Heredia, Cutleria etc.). Viele Arten zeigen sich im Winter in der Höhe, im Sommer in der Tiefe (z. B. Stilophoren, Nereia filiformis etc.). Ganz besonders merk- würdig aber sind Arten mit ungleichen, der jeweiligen Beleuchtung entsprechenden Winterform und Sommerform mit Unterschieden in der Behaarung und Verzweigung (z. B. Stypocaulon scoparium , Halopteris filicina etc.).

Andere Factoren als das Licht nehmen an den periodischen Er- scheinungen nur untergeordneten oder keinen Antheil. Namentlich gilt dies von der Wärme, welche ohne sichtbare Wirkungen bleibt, während dem Wechsel der Bewegung mit der Jahreszeit an einzelnen Standorten in der Höhe der Oberfläche grössere Bedeutung zukommt. So ist der Wellenschlag an frei exponirten Felsen des Aussengolfs von Neapel während des Sommers schwächer als während des Winters und Frühjahrs. Die starker Brandung ausgesetzten Felsen sind in Folge dessen, trotz stärkerer Lichtintensität, im Spätfrühjahr und Frühherbst, stellenweise sogar im Sommer, stärker bewachsen als im Winter.

Das im Vorhergehenden, wesentlich nach Berthold Mitgetheilte bezieht sich nur auf die photische Region. Ueber die dysphotische Region des Golfs von Neapel sind wir schon deswegen wenig unter- richtet, weil Berthold die in derselben hauptsächlich vertretenen Dia- tomaceen und anderen Mikrophyten nicht berücksichtigt hat. Er sagt daher nur, dass von einer gewissen, je nach Durchleuchtung des Wassers, Exposition, Bewegung etc. schwankenden Tiefe an das Leben der Algen kümmerlich wird. Ueber die aphotische Region ist überhaupt nichts bekannt. Nach den später zu erwähnenden Befunden im aphotischen Plankton ist anzunehmen, dass das aphotische Benthos wenigstens Bacterien besitzt.

§ 4. Das Benthos der kalttemperirten Meere. Es ist der Algen- floristik bereits gelungen, die kalttemperirten Meere in eine Anzahl wohl begrenzter Bezirke einzutheilen , von welchen jedoch nur zwei, die Nordsee und die Ostsee, bis jetzt in Bezug auf den Charakter ihrer Formationen und dessen Abhängigkeit von äusseren Factoren näher untersucht worden sind. Unsere beiden deutschen Meere bieten übrigens grosse Unterschiede und die für ihr Benthos gewonnenen Gesichts- punkte dürften daher weitgehende Gültigkeit besitzen. Die Nordsee schliesst sich in Bezug auf Salzgehalt und Gezeiten dem Atlantik an, während die Ostsee, ein echtes Binnenmeer, nur schwache Gezeiten

832

Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

besitzt und in östlicher Richtung eine steigende Versüssung erfahrt. Diesen wesentlichen Unterschieden entsprechen solche der Vegetation. Wie überhaupt in den kalttemperirten Meeren, kommt auch in der Nord- und Ostsee, in Bezug auf Grösse und massenhaftes Auftreten der Individuen, den Braunalgen die erste Stelle zu. Fucus vesiculosus bedingt den Vegetationscharakter unserer felsigen Küsten in den obersten Gürteln, Fucus serratus und Laminaria-Arten sind in grösserer Tiefe nicht weniger gemein. Noch andere Phacophycecnfamilien sind durch häufige Arten vertreten, namentlich die Ectocarpaceen, kleine, fadenförmige Algen, die sich überall in grossem Formenrcichthum zeigen. Die Rhodophyceen kommen wohl seltener durch so massenhaftes Auf- treten zur Geltung, wie es an manchen Punkten der Mittel meerküstc

geschieht. Sie sind nichts destoweniger durch zahlreiche, häufige Arten von theilweise ziemlich beträchtlichen Di- mensionen vertreten, so namentlich durch solche von Porphyra, Chondms, Gigartina , Ph yllophora , Plocamiunu Delesseria, Polysiphonia, CallithatnnionT Ceramium, Corallina etc. Die Grün- algen bieten weniger Abwechselung; es sind Arten von Ulva, En teroinorpha, Cladophora etc. Die Phanerogamen sind durch eine einzige, allerdings häu- fige und gesellige Art vertreten , die Potamogetonacee Zostera marina.

Die Anordnung der Arten in hori- zontaler und vertikaler Richtung ist von ähnlichen Factoren wie im Mittel- meer abhängig, die letztere jedoch weniger ausgeprägt. Der auftauchende Gürtel ist viel breiter in der Nordsee mit ihren starken Gezeiten, als in der Ostsee. Er ist ausserdem in ersterer stets eisfrei, in letzterer stellenweise während des Winters vereist Diese Unterschiede bedingen solche der Vegetation. So ist an der eisfreien, starkem Wechsel von Ebbe und Flut ausgesetzten Küste Süd- Norwegens der auftauchende Gürtel reicher bewachsen, als der unter- getauchte, während an der Küste des Kattegat mit fehlenden Gezeiten und häufiger Vereisung das Verhältniss sich umkehrt (Kjellman).

Wie im Mittelmeer, sind nur die felsigen Partieen des auftauchenden Gürtels bewachsen, während Geröll-, Sand- und Schlammboden in Folge der Brandung pflanzenleer bleiben. Auch hier sind für die abwechselnd in Luft und Wasser befindlichen Standorte manche Arten charakteristisch.

Fig. 483. Fucus vesiculosus. Zweig- stück, b Blasen, f Conceptakelstände V, nat. Gr. L. d. B.

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II. Die Vegetation des Meeres.. 833

So zeigt sich Fucus vesiculosus vornehmlich im auftauchenden Gürtel und bedeckt für sich allein weite Strecken. Auch an Ulva -Arten fehlt es nicht. An ähnliche Bedingungen gebunden sind Kjellman's Nemalium- formation, die am Kattegat vornehmlich von Nemalium multifidum ge- bildet ist, und dessen Porphyraformation (Porphyra vulgaris), die etwas oberhalb der Nemaliumformation glatte Felsenflächen einnimmt.

Der untergetauchte Gürtel der photischen Region zeigt im All- gemeinen eine viel formenreichere und üppigere Vegetation als der auftauchende. Hier bedecken Wiesen der Zostera marina den sandigen oder schlammigen Boden seichter, stiller Buchten; sie dehnen sich, nach Reinke, in der Ostsee bis 10 m Tiefe aus. In lockerem Boden wurzelnde Algen, wie die Caulerpen und manche andere Siphoneen der warmen Meere fehlen hier gänzlich. Sämmtliche Algen sind Litho- phyten, Epiphyten oder Parasiten. Die Anordnung der Arten in verti- kaler und horizontaler Richtung wird, entsprechend der weniger inten- siven Beleuchtung auch weniger von derselben regulirt, als im Mittel- meer. Eine so deutliche Gliederung der photischen Region in Licht- stufen, wie sie dort durch Berthold nachgewiesen wurde, scheint in der Nord- und Ostsee zu fehlen ; auch der Unterschied schattiger und son- niger Standorte gleicher Tiefen kommt in der Vegetation nur wenig zum Ausdruck. Die horizontale Gliederung wird in höherem Grade durch die Stärke der Bewegung, namentlich aber durch den Salzgehalt bedingt. Die Armuth der Algenflora der Ostsee im Vergleich zur Nord- see ist durch ihren geringen Salzgehalt bedingt und nimmt, entsprechend der Abnahme des letzteren, von Westen nach Osten zu.

Die periodischen Erscheinungen sind in den kalttempe- rirten Meeren viel weniger von den Unterschieden des Lichts als den- jenigen der Temperatur in den verschiedenen Jahreszeiten abhängig. Während in Meeren mit mildem, massig hellem Winter und sehr hellem Sommer die Algenvegetation im Winter üppiger ist als im Sommer, ist in kalttemperirten Meeren die winterliche Algenvege- tation viel schwächer als die sommerliche.

Kuckuck entwickelt folgendes Bild der Algenvegetation an der Küste Helgoland's in den verschiedenen Jahreszeiten: „Der Winter ist ärmer an Arten als der Sommer. Kommt dann der Frühling heran, so erscheinen nach und nach die Repräsentanten der einzelnen Perioden. So bedeckt sich die sogenannte Wittkliff, ein aus Muschelkalk bestehendes Riff an der Nordspitze der Düne, im März und April mit den frischgrünen Büscheln und Rasen verschiedener Cladophoren, sowie mit den gelbbraunen, später wieder der Brandung weichenden Blättern von Laminaria saccharina. Mit dem vor- schreitenden Frühling wird diese Vegetation verdrängt durch die immer kräftiger heranwachsende Polysiphonia urceolata, die schliesslich im Mai mit ihren dunkelrothen, bis 0.3 m langen Exemplaren die ganzen Felsen überzieht.

Schimper, Pflanzengeographie. 53

834

Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

Im Juni fängt sie an zurückzugehen und im Juli ist sie verschwunden, um für kurze Zeit einigen rasch vergänglichen Enteromorpha-Arten Platz zu machen. Im August und September dominirt Cladostephus spongiosus und färbt die Klippe braun, bis auch diese kahl und unscheinbar wird. Während der kälteren Wintermonate, wo die emergirende Klippe sich oft mit einer Eis- kruste überzieht, rinden sich dann nur die krtippelhaften Stümpfe verschiedener Algen, und allein knotenförmige Algen, wie Ralfsia, oder rasenfbrmige , wie die Klippenform von Corallina officinalis, scheinen jetzt gut zu gedeihen, bis dann Licht und Wärme den Jahrescyclus von Neuem beginnen lassen."1)

Fig. 485. Desmarestia aculeata (L.) Lamx. Nat. Gr. Nach Kjellman in Natürl. Pflanzenfamilien.

Fig. 486. Laminaria digitata f.

Cloustoni Oben das alte, unten

das neue Thallusblatt 1/s nat Gr.

L. d. B.

Während im Mittelmeer die ungleichen Winter- und Sommerformen mancher Algen Anpassungen an die ungleiche Beleuchtung darstellen, sind die noch viel mehr ausgeprägten Unterschiede der Sommer- und Wintervegetation kälterer Meere durch die ungleiche Temperatur be- dingt. Die Existenz zahlreicher kurzlebiger Algenarten der Nord- und Ostsee spielt sich innerhalb der Sommermonate ab (z. B. Chorda filum), während nur wenige reine Winterformen sind. Die meisten pe- rennirenden Arten sind in den warmen Monaten vegetativ,

l) 1. c. S. 446.

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II. Die Vegetation des Meeres.

835

in den kalten reproductiv thätig. l) Nur wenige, wie die Fucus-Arten, sind hierin von der Jahreszeit unabhängig und diejenigen, welche nur im Sommer reproductiv thätig sind, treten ebenfalls sehr zurück (Polysiphonia elongata und nigrescens, nach Kjellman).

Die auffallendsten Unterschiede zwischen dem sommerlichen und winterlichen Zustande zeigen sich bei den Arten mit Laubwechsel, namentlich denjenigen, die während des Winters kahl sind. So werfen, nach Kuckuck, unter den Braunalgen Desmarestia aculeata, Cladostephus spongiosus und Cl. verticillatus im Anfang der kalten Jahreszeit ihre assimilirenden Aeste , wodurch die erstgenannte auf ein stachliges Ge- rippe reducirt wird (Fig. 485). Die entlaubten Pflanzen bedecken sich mit Reproductionsorganen. Ver- schiedene Rhodophyceen zeigen ähn- liches Verhalten. So besitzt Deles- seria sanguinea nur im Frühsommer ihre grossen blattförmigen Glieder im intacten Zustande (Fig. 488). Dieselben werden später zerfetzt, so dass die Pflanze im Winter aus den nackten Mittelrippen besteht, welche aber erst dann Antheridien, Cysto- carpien und Tetrasporangien er- zeugen. Die neue Periode der vegetativen Entwickelung beginnt hier nach der Entleerung der Karpo- sporen im Januar und Februar und wird durch den Umstand, dass die Wintertemperatur bei Helgoland dann am tiefsten sinkt, nicht gehemmt.

Der Laubwechsel ist bei den La- minarien ebenfalls mit der Jahreszeit im Zusammenhang; doch sind die Pflanzen hier zu keiner Zeit entlaubt (Fig. 486).

,.Ende October beginnt bei einzelnen Laminarien die Sorusbildung und Ende December, wenn dieselbe bereits allgemein geworden ist, macht sich der erste Ansatz zum Laubwechsel bemerkbar. Zwischen Stiel und Basis schiebt sich als kleine rundliche Ausbreitung der neue Thallus ein, um nach und nach zugleich unter Verlängerung des Stieles heranzuwachsen, bis er schliesslich im März und April eine beträchtliche Grösse (bis 4 m bei L. saccharina) erreicht hat. Während dieses Processes ist die Ausbildung der Sporangien beendet worden und hat ihre Entleerung begonnen, die bis in das Frühjahr hinein

Fig. 488.

Delesseria sanguinea. 1/9 nat. Gr. L. d. B.

*) Vgl. über den günstigen Einfluss niederer Temperaturen auf die reproductiven Functionen bei Landpflanzen S. 54.

53*

836

Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

währt. Das alte Laub, grösstentheils von dem breiten, bandförmigen, nach der Entleerung in Folge des durchscheinenden Markgewebes weissen Sorus eingenommen, ist nun morsch geworden und ein massiger Aequinoctialsturm genügt, um den jungen Nachwuchs von seinem Ballast zu befreien." ')

Die photische Region erstreckt sich bis ca. 40 m Tiefe. Die dys- photische Region besitzt nur spärliche und kümmerliche makrophytische Algen, dagegen viele Diatomeen. Wo diese aufhören und die aphotische Region beginnt, ist zur Zeit noch unbekannt.

Die kalttemperirten Meere der südlichen Erdhälfte besitzen eine von den nördlichen Meeren sehr abweichende Flora. Die Seegräser (Zostera Mülleri Irm. , Z. Capricorni Aschr. , Z. tasmanica Mart, Posidonia australis J. D. Hook) sind zwar an den Küsten des südlichen Australiens, Tasmaniens und Neu-Seelands häufig; sie kommen aber südlicher nicht vor. Die Fu- caceen, welche ihre grösste Formenentwickelung in den australischen Meeren

Fig. 489. Macrocystis pyrifera (Turn.) Ag. Sehr stark verkleinert. Nach Hooker u. Harvey.

erfahren, dehnen sich in einer geringen Anzahl Arten noch weiter nach Süden (Auckland, Chatham-Inseln etc.) aus; die Gattung Fucus scheint zu fehlen. Die auffallendste Algenart der südlichen temperirten Meere ist die alle anderen Gewächse an Grösse übertreffende, bis 300 m Länge erreichende Macrocystis pyrifera (Turn.) Ag., die allerdings im nördlichen Pacific, an der amerikanischen Küste wiederkehrt (Fig. 489). Eine zweite Art, M. angustifolia (Bory), ist auf die temperirte Westküste Südamerika^ beschränkt.

§ 5. Das arktische Benthos.2) Die Algenflora des Arktik ist zwar artenarm und bedeckt weniger grosse Areale als in südlicheren Meeren; dagegen übertrifft sie diejenige aller anderen Meere, mit Ausnahme der antarktischen, durch die stattliche Entwickelung eines grossen Theiles

*) Kuckuck 1. c. S. 443 444. 2) Kjellman 1. c.

II. Die Vegetation des Meeres. 837

ihrer Arten, gerade derjenigen, die gesellig auftreten und die Haupt- masse der Vegetation in allen Jahreszeiten bilden. „Man steht," sagt Kjellman, dem wir die Kenntniss der arktischen Algenvegetation in

Fig. 490. Alaria dolichorhachis, jung. 8/ft nat. Gr. Nach Kjellman.

erster Linie verdanken, „wie vor einem unlöslichen Räthsel, wenn mit dem Schleppnetze aus der Tiefe des Meeres diese von ungebeugter und üppiger Lebenskraft zeugenden kräftigen Pflanzenformen herauf- geholt werden, während eine mächtige Eisdecke sich über das Meer

838 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

ausbreitet, die Temperatur der Luft äusserst niedrig ist und nächtliche Finsterniss auch zur Mittagszeit herrscht." Diese Flora wird vornehm- lich von Phaeophyceen (Laminariaceen , Fucaceen) und Florideen (na- mentlich Corallinaceen) gebildet, während Grünalgen zurücktreten und im Vergleich zu südlicheren Meeren eine krüppelhafte Entwickelung zeigen.

Die topographische Vertheilung zeigt sich auf weniger verschiedene Standorte eingeschränkt, als in den temperirten Küsten. Sand- und Schlammboden sind abgesehen von zerstreuten Steinen un- bewachsen; die Seegräser fehlen. Der auftauchende Gürtel ist nur in subarktischen Meeren, z. B. an der Küste Norwegens und an der West-

Fig. 491. Lithothamnion glaciale. 9/8 nat. Gr. Nach Kjellman.

küste Grönlands bewachsen. Anderwärts besitzt er keine oder nur eine dürftige Vegetation, weil die Eismassen, welche Brandung und Gezeiten in fortwährender Bewegung halten, durch Abreiben der Felsen jeden Pflanzenwuchs verhindern.

Da wo der auftauchende Gürtel den zerstörenden Wirkungen des Eises nicht ausgesetzt ist, trägt er, wie in temperirten Meeren, vor- nehmlich Fucaceen. Die subarktischen Meere können geradezu Fucaceen -Meere genannt werden. Der eigentliche Arktik hingegen ist das Meer der Laminariaceen. Hier bilden in gigantischen Gestalten bei 3 10 Faden Tiefe Alaria- und Laminaria- Arten ausgedehnte For- mationen, in deren Schatten lichtscheue Formen gedeihen (Fig. 490). Stellenweise treten an Stelle der Laminariaceen weite Corallinenbänke auf,

II. Die Vegetation des Meeres. 839

namentlich von Lithothamnion- und Lithophyllum -Arten gebildet, denen ebenfalls relativ mächtige Dimensionen zukommen (Fig. 491). Die Armuth der grünen Algenflora ist auf schwache Beleuchtung zurück- zufuhren, da die Chlorophyceen im Allgemeinen lichtliebend sind.

Die untere Grenze der photischen Region dürfte bei einer Tiefe von 20 Faden zu ziehen sein. Die dysphotische Region entbehrt im norwegischen Polarmeer der Makrophyten, dagegen hat Kjellman bei Spitzbergen Delesseria sinuosa in 85 Faden Tiefe, Ptilota pectinata in der Smeerenbergbai in 150 Faden Tiefe und noch einige andere Arten in ähnlichen Tiefen gefunden. Ueber die zweifellos vorhandenen reich- licheren Mikrophyten der dysphotischen Region liegen noch keine Untersuchungen vor.

In den periodischen Erscheinungen schliessen sich die arktischen Algen den nordtemperirten an ; doch fehlt es an Arten, deren ganzer Entwickelungskreis weniger als ein Jahr beansprucht. Im All- gemeinen findet wiederum die vegetative Thätigkeit während des Sommers, die reproduktive während des Winters statt, letztere bei einer Temperatur von bis C.

Trotz ihrem Zusammenhang besitzen die verschiedenen Abtheilungen des Eismeers ungleiche Algenfloren, deren Unterschiede sich nur theilweise mit gegenwärtig herrschenden Ursachen, wie mildere Temperatur (West- küste Grönlands und Norwegens), ungleicher Salzgehalt (das sibirische Meer ist salzarm) in Verbindung bringen lassen. Kjellman unterscheidet namentlich drei Bezirke, den spitzbergischen , sibirischen und ameri- kanischen. Die vorherrschenden Laminariaceen sind in diesen Bezirken theilweise ungleiche Arten.

2. Das pelagische Plankton.1)

Das Pflanzenreich ist im pelagischen Plankton hauptsächlich durch Diatomaceen, Peridineen und Cyanophyceen vertreten. Diatomaceen sind überall vorhanden und durch Zahl der Formen wie der Individuen gleich hervortretend. Die Peridineen sind in kalten Meeren individuen- reich, in warmen Meeren formenreich. Die Cyanophyceen, vornehmlich Oscillariaceen, sind nur in warmen Meeren massenhaft entwickelt.

Noch einige andere Algenklassen sind im Plankton vertreten, aber meist weniger häufig oder mehr lokal. Zwei Arten der Protococcaceengattung Halo- sphaera haben für das Plankton warmer Meere einige Bedeutung. Die eigent- lichen Flagellaten sind in kalten Meeren u. a. durch Dictyocha- Arten vertreten ; die Pyrocysteen, eine mit den Flagellaten anscheinend verwandte Gruppe leuchtender Algen, kommen in warmen Meeren häufig vor. Bacterien treten

l) Schutt I u. II.

840

Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

im Hemiplankton in der Nähe der Küsten massenhaft auf und rufen mit einigen ihrer Arten das „diffuse Meeresleuchten" hervor. In der Hochsee hingegen sollen sie sehr selten sein.

Die Planktonbewohner müssen im Stande sein, ihre Existenz ganz oder doch zum grössten Theile im freischwebenden Zustande zu verbringen. Hiermit stehen verschiedene Vorrichtungen in Zusammenhang, welche bei den Formen des echten Plankton weit vollkommener zu sein

Fig. 492. Antelminellia gigas Castr. Vergr. 26. Nach Schutt.

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Fig. 493- Planktoniella Sol (Well.) Schott. Vergr. 190. Nach Schutt.

Fig. 494. Gossleriella tropica Schutt. Vergr. 150. Nach Schutt.

Fig. 495- Ornithocerus splendidus. Schutt (Peridinee). Ventralscite. Vergr. 150.

pflegen als im Hemiplankton, dessen Bestandtheile daher zeitweise, namentlich in der Reproduktionsperiode, zum Boden sinken. Dies- bezügliche Anpassungen haben sich nach zwei Richtungen entwickelt. Verminderung des specifischen Gewichtes und Ver- grösserung der Oberfläche, letztere bei möglichst geringer Verwendung schweren Materials , ermöglichen entweder gleichzeitig oder erstere für sich allein das dauernde Schweben der Planktonalgen.

II. Die Vegetation des Meeres.

84I

Die specifisch leichten Inhaltsbestandtheile , deren Auftreten als Anpassung an das Schweben zu betrachten sind, bestehen nach Klebahn, in den Cyanophyceen des Plankton aus Gasblasen, die unter dem Mikro- skop als rothe Pünktchen erscheinen. Auch das fette Oel, welches von vielen Planktonalgen, z. B. von Diatomeen reichlich erzeugt wird, trägt

Fig. 496. Ceratium -Arten (Peridineen) des Plankton, a—f Warm wasserformen, g h Kalt- wasserformen: g Ceratium tripos tergestinum, h C. balticum. Vergr. 125. Nach F. Schutt.

zur Verminderung des specifischen Gewichtes bei, ohne eine Anpassung an diese Function darzustellen. Mannigfacher und mehr in die Augen fallend sind die Vorrichtungen zur Vergrösserung der Oberfläche. Einen sehr einfachen Fall stellt Antelminiella Gigas dar, der Riese seiner Klasse, das bei einem Volum von mehreren Cubikmillimetern eine

842 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

äusserst dünne Membran besitzt. In vollkommener Weise wird das gleiche Ziel durch Auswüchse verschiedener Art erreicht, welche oft an die Flug- apparate der Samen und Früchte erinnern und sowohl bei Peridineen (Fig. 495 u. 496) als bei Diatomaceen (Fig. 492 u. 493) eine wunderbare Vollendung erlangt haben. Bei verschiedenen Diatomeen wird die Schwebe- fähigkeit durch Verbindung der Zellen erreicht oder erhöht. Derartige Apparate sind natürlich nur in Verbindung mit einem demjenigen des Wassers ungefähr übereinstimmenden specifischen Gewicht von Nutzen. Sie verhindern ein rasches Sinken oder das Aufsteigen zur Oberfläche, entsprechend der durch die Produkte der Assimilation bedingten Gewichtsschwankungen.

Die Lichtregionen des Plankton sind denjenigen des Benthos ähnlich. Der grösste Theil der schwebenden Algen bewohnt die oberste Schicht der photischen Region ; doch sind ausschliesslich die Oscillaria- cen der Wasserblüthe , an der Oberfläche schwimmende Pflanzen. So bedingt das im Rothen Meere häufige Trichodesmum erythraeum den rothen Schimmer, dem dieses Meer seinen Namen verdankt. Die dysphotische Region ist auf jeden Fall sehr arm an vegetabilischem Plankton und die aphotische dürfte höchtens Bacterien aufzuweisen haben. So fand Russell im Golf von Neapel bei 250 m Tiefe viele Bacterien, bei 1100 m Tiefe nur noch wenige (Walther).

Wie das Benthos zeigt auch das Plankton eine Gliederung in Klima- zonen. Die Begrenzung derselben hängt mit der Temperatur zusammen, denn kalte und warme Strömungen sind für sie maassgebend. Die Plank- tonexpedition konnte im atlantischen Ocean zwei Zonen unterscheiden, eine tropische warme und eine nördliche kalte. Ihre Grenze ist im west- lichen Atlantik eine sehr scharfe und fallt mit derjenigen des wannen Floridastroms und des kalten Labradorstroms zusammen. Im Osten, wo so ausgeprägte Strömungen fehlen, ist der Uebergang ein mehr allmählicher. Jede der beiden Planktonzonen ist durch bestimmte Leit- pflanzen charakterisirt. So sind Antelminellia gigas, Gossleriella tropica und Planktonella sol sehr charakteristisch für die warmen Gewässer, während Ceratium tripos balticum für die kalten bezeichnend ist.

Jede der beiden Zonen zerfallt in eine Reihe von Provinzen, deren Unterschiede nur theilweise mit gegenwärtig herrschenden Bedingungen zusammenhängen (Salzgehalt, Temperatur, Licht). Schutt unterscheidet folgende, mehr oder weniger gut begrenzte Provinzen für die von der Planktonexpedition untersuchten Meere : Ostsee (scharf begrenzt), Nordsee (weniger abgeschlossen), nordöstlichen Golfstrom, Irmingersee, Ostgrönlandstrom , Westgrönlandstrom , Labradorstrom , Floridastrom, Nordäquatorialstrom, Guineastrom, Südäquatorialstrom. Alle diese Pro- vinzen sind durch Leitformen charakterisirt. (Vgl. die Erklärung zu Fig. 496).

Auswahl der Literatur. 843

Auswahl der Literatur.

Ascherson, P. I. Die geographische Verbreitung der Seegräser. Peter- mann's Mittheil. 187 1.

II. Potamogetonaceae. Hydrocharitaceae. Engler, Nattirl. Pflanzenfam.

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HI. Die Vegetation des Süsswassers.

1. Systematische und ökologische Uebersicht. Die Pflanzen familien des Süss- wassers. Eintheilung der Formen in fünf ökologische Typen. 2. Das pflanzliche Benthos des Süsswassers. § i. Allgemeines. Vorherrschen der photischen Region. § 2. Gliederung der Vegetation. Gürtelartige Anordnung in der photischen Region. Kalk- absondernde Cyanophyceen. Dysphotische Region. 3. Das limnetisehe Plankton der Büsswasserseen. Floristisches und Oekologisches. 4. Die niessenden Gewässer. Schwimmende Vegetation. Lithophyten der reissenden Ströme. Podostemaceen. 6. Perio- dische Erscheinungen der Busswasserflora. Benthos und Plankton in den verschie- denen Jahreszeiten. 6. Die Schnee- und Eisflora. Ursache und Verbreitung des rothen Schnees. Sphaerella nivalis. Andere Mikrophyten des Schnees und Eis.

Während die Makrophytenflora der Meere sich in erster Linie aus Braun- und Rothalgen, weniger aus Grünalgen, ganz untergeordnet aus Phanerogamen zusammensetzt, zeigt diejenige der süssen Gewässer, wenigstens was die Masse der organischen Substanz betrifft, dieselben Klassen in umgekehrter Reihenfolge. Hier dominiren die Phanerogamen und sind von Pteridophyten und Bryophyten begleitet, welche in den Meeren fehlen. Die Bedeutung der Grünalgen dürfte ungefähr die gleiche sein; dagegen sind Braun- und Rothalgen im Süsswasser auf wenige, meist seltene und vereinzelte Formen beschränkt.

Die Mikrophytenflora zeigt in beiden Gruppen von Gewässern eben- falls grosse Unterschiede. Zwar behaupten auch im Süsswasser die Bacillariaceen eine dominirende Stellung, dagegen sind die im Meere so häufigen Peridineen nur durch wenige Formen vertreten, während die in ersteren ganz fehlenden Desmidiaceen im Benthos und Hemiplankton der Süsswasseransammlungen massenhaft vorhanden sind. Cyanophyceen und Bacterien sind im Süsswasser allgemeiner verbreitet als im Meere.

Die Phanerogamen der süssen Gewässer gehören, im Gegensatz zu denjenigen der Meere, den verschiedensten Ordnungen der Angio- spermen an. Besondere Bedeutung haben unter den Dicotylen die Nymphaeaceen , welche sämmtlich Süsswasserbewohner sind, ferner die Wasserranunkeln (Batrachium-Arten), die Ceratophyllaceen, Elatinaceen,

846 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

Callitrichaceen, Podostemaceen, Haloragidaceen (Myriophyllum), Utricu- lariaceen. Unter den Monocotylen bestehen folgende Familien vor- nehmlich oder ausschliesslich aus Wasserbewohnern : Alismaceen, Junca- ginaceen, Potamogetonaceen , Aponogetonaceen , Najadaceen, Hydro- charitaceen , Lemnaceen , Mayacaceen , Pontederiaceen. Unter den Pt endophyten sind namentlich verschiedene Salviniaceen, Marsileaceen und Isoetaceen im Süsswasser vertreten. Unter den Laubmoosen sind vorwiegend Fontinalaceen und Hypnaceen, bis zu einem gewissen Grade Sphagnaceen, unter den Lebermoosen Ricciaceen wasserliebend. Damit ist aber keineswegs die Liste der in der Süsswasserflora vertretenen Gruppen höherer Pflanzen erschöpft; mit Ausnahme der Gymnospermen, bei welchen jedoch Sumpfbewohner nicht fehlen, haben die meisten grösseren Phanerogamengruppen einzelne Arten von mehr oder weniger aquatischer Lebensweise aufzuweisen. Es sei in dieser Hinsicht an Hottonia, an Limnanthemum , an Lobelia Dortmanna, an Aldrovandia vesiculosa, an Bidens Beckii erinnert.

Structur und Lebensweise der höheren limnetischen Wasserpflanzen sind ausserordentlich mannigfach. Gemeinsam ist der Mehrzahl von ihnen nur das Fehlen des secundären Dickenwachsthums, welches bloss bei Isoetes und da in abweichender Form sich zeigt. Im Uebrigen kann man nach Structur und Lebensweise folgende, vielfach durch Uebergänge verbundene ökologische Typen unterscheiden:

1. Isoetes-Typus. Im Boden wurzelnde völlig untergetauchte Rosettenpflanzen mit meist cylindrischen Blättern : Isoetes, Pilularia, Subu- laria, Littorella, Lobelia Dortmanna.

2. Ny mphaea-Hippuris-Typus. Im Boden wurzelnde Pflanzen, welche durch langgestielte Blätter oder durch lange Sprosse die Ober- fläche des Wassers erreichen und sich dann theilweise in der Luft be- finden. Hierher gehören die Nymphaeaceen, Limnanthemum, MarstHa, Trapa, Batrachium aquatile, Potamogeton natans etc. mit Schwimm- blättern, Hippuris, Elatine Aisinastrum etc. mit auftauchenden Spross- spitzen.

3. Najas-Typus. Im Boden wurzelnde oder frei schwebende völlig untergetauchte Pflanzen mit langen fluthenden Sprossen. Cerato- phyllum Aldrovandia und Utricularia wurzellos; Najas, Zannichellia, ver- schiedene Potamogeton- und Batrachium -Arten etc. mit Wurzeln.

4. Hydrocharis-Typus. Freischwimmende Pflanzen mit kurzen Sprossen, theils ganz submers (Lemna trisulca, Riccia fluitans), zum grössten Theile submers (Stratiotes), halbsubmers (Salvinia), zum grössten Theile an der Oberfläche schwimmend (Hydrocharis, Lemna p. p., Azolla, Riccia natans), zum grössten Theile emers (Pistia, Eichhornia etc.).

5. Podostemon-Typus. An Steinen befestigte submerse Ge- wächse strömender Gewässer (Podostemaceen, verschiedene Moose).

Fig. 497- Wasserpflanzen aus dem Longenier-See in den Vogesen. / Isoetes lacustris. 2 Is. echinospora. 9 Subularia aquatica. 4 Sparganium minimum (Sp. natans). 5 Myrio-

phyllum alternifloruni. Nat. Gr.

848 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

Als semiaquatisch sollen solche im Boden wurzelnde Pflanzen be- zeichnet werden, welche keine oder nur bald schwindende Wasserblätter entwickeln und im Uebrigen Luftpflanzen sind, wie das gewöhnliche Schilfrohr (Phragmites communis) und andere Gräser, Scirpus-, Sparga- nium-, Alisma -Arten etc. Manche freischwimmende Wasserpflanzen, wie Pistia etc. sind allerdings ebenfalls mehr Luftpflanzen als Wasser- pflanzen. Ihre Rolle als Glieder von Formationen ist aber durchaus diejenige von Wasserpflanzen, während die eben erwähnten halben Wasserpflanzen räumlich den Uebergang zur Landvegetation vermitteln.

Die eben aufgestellte Eintheilung stützt sich in erster Linie auf die für die Formationslehre vornehmlich wichtige räumliche Anordnung. Natürlich wird man nach anderen Gesichtspunkten andere Gruppirungen vornehmen können. So habe ich gegen die von Schenck in seiner werthvollen Biologie der Wasserpflanzen angenommene Eintheilung nichts einzuwenden. Sie ent- spricht aber weniger der räumlichen Gruppirung als anderen nicht minder wichtigen ökologischen Eigenthümlichkeiten.

Die makrophytischen Algen des Süsswassers schliessen sich dem Najas -Typus mehr oder weniger an. Namentlich gilt dieses von den Characeen, die in ihrer Lebensweise mit Najas grosse Aehnlichkeit zeigen.

Die mikrophytischen Algen und die wenigen saprophilen Wasser- pilze sind theils an dem Substrat oder an anderen Pflanzen des Benthos befestigt, theils schweben oder schwimmen sie frei im Wasser als Plankton.

2. Das pflanzliche Benthos der Süsswasserseen.

§ 1 . Allgemeines. Irri Gegensatz zu den Meeren sind im Süss- wasser die meisten Makrophyten im Boden bewurzelt. Die Lithophyten treten unter den höheren und grösseren Gewächsen sehr zurück (Podo- stemon -Typus), während viele Fadenalgen an Steinen befestigt vor- kommen. Letztere kommen zum Theil auch als Epiphyten vor. Vor- nehmlich jedoch zeigt sich letztere Lebensweise bei kleinen flächen- förmig ausgebreiteten Algen (Coleochaete etc.).

Die Tiefenregionen der Vegetation sind in den süssen Gewässern denjenigen des Meeres ähnlich, doch nimmt entsprechend der geringeren Ausdehnung der ersteren die photische Region ein relativ grösseres Areal ein und ist in kleinen Wasseransammlungen, wie Teiche, Gräben, Bäche, sogar allein vorhanden.

Die Grenze der photischen und dysphotischen Region liegt, ent- sprechend der ungleichen Trübung durch suspendirte Theilchen, sehr ungleich tief zwischen 5 und 30 m. Die Flora der dysphotischen Region

III. Die Vegetation des Süßwassers.

849

ist beinahe ausschliesslich von Mikrophyten, namentlich Diatomaceen gebildet; doch sind in derselben ausnahmsweise einzelne Makrophyten beobachtet worden. Die Flora der aphotischen Region ist nicht bekannt; jedenfalls ist sie sehr ärmlich.

Die stehenden und die fliessenden Gewässer bieten der Vegetation sehr ungleiche Bedingungen und sind daher getrennt behandelt.

§ 2. Gliederung der Vegetation. Die Süsswasserseen stellen den Typus der stehenden süssen Gewässer dar, in- dem die seichten Gewässer der Teiche und Gräben sich in ihrer Vegetation zum grossen Theile den ruhigen Buchten der Seen anschliessen. Allerdings be- sitzen manche kleinen Gewässer eine eigenartige, in den Seen bisher nicht beobachtete Flora; ja, die Wasser- linsen scheinen den letzteren zu fehlen. Grössere Ruhe des Wassers, besondere chemische Bestandtheile etc. dürften solche Unterschiede, bedingen, doch liegen darüber Untersuchungen zur Zeit nicht vor.

Die Vegetation der Süsswassef- seen ist in den letzten Jahren mit wachsendem Interesse und Erfolg unter- sucht worden bis jetzt allerdings beinahe nur in Mitteleuropa. Die folgenden Ausführungen beziehen sich dementsprechend lediglich auf die Seen Deutschlands, der Schweiz und der Grenzgebiete. In allen Seen sind Ben- thos und Plankton wohl von einander

unterscheiden, während seichte

zu

Wasseransammlungen, die nur Hemi- plankton besitzen, eine deutliche Diffe- renzirung nicht aufweisen.

Fig. 498. Nuphar pumilum aus dem

Retournemer-See in den Vogesen.

Nat. Gr.

Das limnetische Benthos der Seen.

Seichte Seeufer sind ganz gewöhnlich von dem Festlande durch einen Gürtel des gewöhnlichen Schilfrohrs (Phragmites communis) ge-

Schimper, Pflanzengeographie. 54

850 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

trennt, welchem sich seewärts ein solcher von Scirpus lacustris an- schliesst. Beide Pflanzen gehören zu denjenigen, die sich nur mit ihrer Basis im Wasser befinden und die wir daher als semiaquatische Pflanzen bezeichnet haben. Sie sind manchmal von anderen Pflanzen ähnlicher Lebensweise begleitet, wie Butomus, Sagittaria, Alisma Plantago, Ranunculus lingua. Das seichte Wasser zwischen den hohen Sprossen ist bereits von echten Wasserpflanzen entsprechend geringerer Dimen- sionen eingenommen, die seewärts an Zahl und Grösse noch rascher zunehmen und von etwa 3 m Tiefe an allein herrschen.

Der zweite Gürtel, der erste der acht aquatischen, ist in erster Linie charakterisirt durch Nymphaeaceen und zwar, wo alle drei mitteleuro- päische Arten vorkommen, in der Reihenfolge: Nymphaea alba, Nu- phar luteum, Nuphar pumilum.1) In ihrer Gesellschaft zeigen sich andere Pflanzen mit Schwimmblättern und solche mit auftauchenden Spross- spitzen (Nymphaea-Hippuris-Typus). Für die meisten dieser Pflanzen ist es Lebensbedingung, dass sich ein Theil ihrer Organe in der Luft befinde. Nur wenige vermögen sich auch im völlig untergetauchten Zustande zu behaupten (Batrachium aquatile). Dem oberen Gürtel ge- hören ferner die Pflanzen des Isoetes -Typus an. Dieselben erlangen zwar zum Theil (Isoetes) eine Verlängerung ihrer Blätter mit zunehmen- der Tiefe, doch nicht in hinreichendem Maasse, um daraus wesentlichen Vortheil zu erlangen.

Der dritte Gürtel gehört den ganz submers vegetirenden fluthenden Phanerogamen des Najas -Typus, welche im Gegensatz zu denjenigen des Isoetes -Typus, durch Verlängerung ihrer Axen dem Lichte ent- gegenwachsen. Hier herrschen unter den Phanerogamen, namentlich Arten von Potamogeton, in noch grösserer Tiefe solche von Najas. Von 6 m Tiefe an kommen die Phanerogamen nur noch vereinzelt vor. Auch die frei schwebenden und schwimmenden Formen des Hemiplankton (Hydrocharis- Typus) sind, da sie periodisch zur Boden- vegetation gehören (Ueberwinterung , Samen) nur in den äussersten Gürteln vorhanden.

Von 2 m Tiefe an pflegen Chara -Arten einen wesentlichen Bestand- teil der Vegetation zu bilden; mit zunehmender Tiefe treten all- mählich Nitella -Arten hinzu. In 7 m Tiefe und tiefer ist die makro- phytische Vegetation beinahe ausschliesslich von Nitella syncarpa ge- bildet. In ihrer Gesellschaft zeigen sich in wenigen Exemplaren Moose wie Fontinalis antipyretica und Hypnum giganteum. Die Nitella- wiesen gehen in klarem Wasser (Bodensee) stellenweise bis 30 m Tiefe, wo ihr Aufhören die untere Grenze der photischen Region bezeichnet.

*) Ueber das Vorkommen von Nymphaea Candida Presl. ist mir nichts bekannt; die- selbe ist übrigens wohl nicht als specifisch verschieden zu betrachten.

III. Die Vegetation des Siisswassers.

851

In den trüberen Gewässern des Müggel-Sees in Baiern hört die Nitellavegetation bereits bei 12 m auf und wird bis 30 m Tiefe durch Fluren von Cladophora -Arten ersetzt, in welchen Cladophora profunda Brand, Cl. cornuta Brand und Rhizoclonium profundum Brand vor- herrschen.1)

Dem makrophytischen Benthos der photischen Region sind Mikro- phyten in grosser Anzahl beigemengt. Namentlich bilden Bacillariaceen auf untergetauchten Pflanzentheilen, Steinen etc. braune flockige Ueber- züge. Grösseres Interesse bieten verschiedene kalkabscheidende Cyanophyceen, welche auf Steinen an sehr seichten, ruhigen Stellen einiger Seen mürbe Ueberzüge bilden und in immer noch nicht ganz aufgeklärter Weise zur Entstehung mäandrischer Furchen auf der Steinoberfläche in Beziehung stehen.2)

Trotzdem bereits eine beträcht- _^^^^^__ liehe Litteratur über die „sculptirten Steine" der Seen vorliegt, stehen immer noch über deren Entstehung zwei sehr ungleiche Anschauungen einander gegen- über, die möglicherweise beide berech- tigt sind, da ähnliche Erscheinungen in diesem Falle durch ungleiche Ursachen bedingt sein könnten. Kirchner, welcher hauptsächlich die Steine des Boden-Sees untersuchte, ist der Meinung, dass der Algenüberzug durch seine Kalkhülle die Steine gegen die auflösenden Wirkungen des Wassers schützt und dass Furchen da entstehen, wo Insektenlarven den Ueberzug zerstören. Chodat dagegen, dem namentlich Steine des Genfer-Sees

zur Verfügung standen, rechnet die dieselben überziehenden Cyanophyceen zu den „Calcivoren" oder kalklösenden Algen, deren Existenz für andere Fälle mit Sicherheit nachgewiesen worden ist. Die von Kirchner beobachteten Cyano- phyceen der sculptirten Steine werden von ihm als Schizothrix fasciculata Gom., Calothrix parietina Thur. und Phormidium incrustatum Gom. bezeichnet; Chodat erwähnt Schizothrix -Arten als kalklösend.

Mikrophyten bilden ferner die wesentliche Vegetation des an Seen nur schmalen auftauchenden Gürtels. Kirchner erwähnt für die „Spritz- zone" Cyanophyceen, Bacillariaceen und nur eine grössere Algenform: Spirogyra adnata Kütz.

Die dysphotische Region des Benthos der Süsswasserseen besitzt in der Regel nur eine Mikrophytenvegetation , bestehend aus

Fig. 499« Gefurchter Stein von Langenargen am Bodensee. 1/9 nat. Gr. Nach Kirchner.

») Vgl. Brand 1. c.

*) Vgl. namentlich Kirchner, Bodensee und Chodat.

54*

852 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

Bacillariaceen, Oscillarieen und Beggiatoen; ausnahmsweise zeigen sich Grünalgen (Scenedesmus, Pediastrum) und Peridineen (im Züricher-See bei 60—90 m Tiefe nach Imhof) und nur einmal ist eine höhere Pflanze gefunden worden, nämlich Thamnium alopecurum var. Lemani im Genfer -See bei ungefähr 60 m Tiefe, durch Forel. Einige Arten scheinen echte Tiefenbewohner oder „dysphotische Gewächse" zu sein; doch sind die physiologischen Eigenschaften, welche solche Lebens- weise veranlassen, nicht bekannt. In den grössten untersuchten Tiefen des Boden -Sees (160 m und 240 m) zeigte sich der Schlamm vege- tationslos bis auf einige Exemplare der Diatomee Cymatopleura Solea Br£bisson. Immerhin zeigt dieser Befund, dass noch in solchen Tiefen die Existenz an das Licht gebundener Organismen möglich ist. Die dysphotische Flora des Genfer- Sees dürfte etwas reicher sein, da Forel von einem organischen Filze, in welchem Diatomeen herrschen, berichtet.

3. Das limnetische Plankton der Seen.

Das Hemiplankton der süssen Gewässer weist einige Phanerogamen auf, diejenigen des Hydrocharis-Typus. Hingegen ist das echte Plankton, wie in den Meeren, ausschliesslich von mikroskopischen Algenarten gebildet, welche in den einzelnen Seen, sogar in den verschiedenen Theilen eines Sees, ungleich sind oder doch in ungleichem Verhältniss auftreten, so dass das limnetische Plankton eine überraschende Mannig- faltigkeit zeigt. Manche Arten treten in einzelnen Seen massenhaft auf, die in anderen Seen ganz fehlen oder selten sind, wie z. B. die Diatomee Cyclotella bodanica im Boden- und Genfer-See. Die Cyanophycee Gloeotrichia echinulata ist auf den Plönsee und einige benachbarte kleinere Seen des Holsteinischen beschränkt. Dem Bodensee fehlt die sonst sehr verbreitete Erscheinung der „Wasserblüthe", die in ihrer typischen Form durch schwimmende Oscillarieen hervorgerufen wird. Ob jetzt noch herrschende oder historische Ursachen diese Unterschiede bedingen, ist nicht festgestellt. Andererseits fehlen im limnetischen Plankton weitverbreitete Organismen nicht.

So sind die Diatomeen Asterionella formosa und gracillima, Fragilaria crotonensis, die Cyanophycee Clathrocystis aeruginosa, die Peridinee Ceratium hirundinella in den meisten Seen Europa's und Nordamerika^, theilweise auch im Himalaya nachgewiesen und haben wahrscheinlich eine noch weit grössere Verbreitung.

Wie im pelagischen sind auch im limnetischen pflanzlichen Plankton die Bacillariaceen vorherrschend. Sie lassen ähnliche Anpassungen an die schwebende Lebensweise wie ihre Verwandten der Meere erkennen,

III. Die Vegetation des Süßwassers.

853

jedoch ohne so vollkommene Vorrichtungen, wie sie z. B. der Gossleriella tropica oder der Asterionella Sol zukommen, aufzuweisen. Die An- passungen an das Planktonleben sind weniger weit fortgeschritten. Die nächstwichtige Rolle spielen Cyanophyceen, welche, wie im Meere, ihre

Fig. 500. Planktonalgen des Bodensees, a Fragilaria crotonensis Kitt Vergr. 430.

b Cyclotella comta Ktz. var. radiosa. Vergr. 430. c Asterionella gracillima Grün.

Vergr. 430. d Cyclotella bodanica Eulenst. Vergr. 430. e Botryococcus Braunii Ktz.

Vergr. 140. /— g ders. Vergr. 430. Nach Kirchner.

Schwimmfähigkeit kleinen Luftblasen verdanken. Andere Algengruppen sind nur durch wenige, meist wenig hervortretende oder lokal vor- kommende Arten vertreten. Ziemlich verbreitet ist die namentlich im Plankton des Bodensees massenhaft auftretende Tetrasporacee Botryo-

854 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

coccus Braunii, welche hohlkugelige Familien bildet, deren Schwimm- fähigkeit durch Luftblasen in der von Strängen durchzogenen centralen Höhlung bedingt ist (Fig. 500 £ g). Wenig Bedeutung haben einige Desmidiaceen (Staurastrum), Volvocaceen (Volvox, Eudorina, Pando- rina), Protococcaceen (Pediastrum) und Peridineen (Ceratium) etc.

Die Grenze zwischen der photischen und dysphotischen Region liegt für das limnetische Plankton, je nach der geringeren oder grösseren Trübung durch suspendirte Theilchen, verschieden tief. Im Züricher See ist nach Heuscher das Plankton bis in 10 m Tiefe ziemlich gleichmässig verbreitet und nimmt dann bis 25 30 m langsam, in grösserer Tiefe rasch ab. Man kann daher 25 30 m als das untere Niveau der pho- tischen Region bezeichnen. Die verschiedenen Algen zeigen eine schichtenartig eintretende Vertheilung. Die Cyanophyceen dringen nur wenige Centimeter tief, so dass, wo sie reichlich auftreten, wie in den holsteinischen Seen, ein besonders dichtes oberflächliches Plankton vor- handen ist. Aehnliches gilt von Botryococcus Braunii im Bodensee. Dagegen kommen die Diatomaceen in beträchtlicher Tiefe vor, ohne zunächst eine Abnahme aufzuweisen, und sind in den grössten unter- suchten Tiefen, 56 m im Bodensee und 90 m im Züricher See, noch reichlich nachgewiesen worden.

4. Die fliessenden Gewässer.

Die fliessenden Gewässer unterscheiden sich bezüglich der Be- dingungen der Vegetation von den stehenden Gewässern natürlich um so mehr, als ihre strömende Bewegung eine stärkere ist. So sah ich den St. Johns-Fluss in Florida streckenweise von schwimmenden Fluren der Pistia stratiotes bedeckt, in welchen eine Fortbewegung nach ab- wärts nicht erkennbar war. Das Wasser war in solchen Stellen seicht und seine Strömung schwach. Auf rasch fliessenden Gewässern ist solche schwimmende Vegetation ausgeschlossen oder besteht, wie die in tropischen Flüssen nicht selten schwimmenden Inseln, aus Bestand- teilen der Flora seichter ruhiger Stellen, die zufallig in den Strom gerathen sind. Sogar ein aus Mikrophyten bestehendes Plankton kann sich im strömenden Wasser nicht erhalten. Die Untersuchung des Flusswassers hat dementsprechend meist zu negativen Erfolgen gefuhrt; nur in wenigen Fällen sind einige schwebende Bacillariaceen nach- gewiesen worden. Der Umstand, dass an fast gleichen Oertlichkeiten zu verschiedenen Zeiten bald positive, bald negative Erfolge erzielt wurden, macht es wahrscheinlich, dass es sich beim Potamoplankton nur um zugefuhrte Bestandtheile des See- und Teichplankton handelt. Höchstens wird sich in sehr ruhig fliessenden Strömen oder in stillen Buchten Plankton erhalten und fortentwickeln können.

Jf. Jl/rtAiA^lt

Fig. 501. /— 3 Podostemon Schenckii Warming (3 jung). Nat. Gr. 4 8 Podost. Müllen Warm. (4 u. 8 alt, entblättert, 7 jung). Nat Gr. Blumenau, Süd -Brasilien.

856 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

In ruhigeren Flüssen ist die Makrophytenvegetation , wie in den stehenden Gewässern vornehmlich im Boden gewurzelt, in reissenden Strömen, namentlich in Bergbächen und Katarakten sind naturgemäss nur Lithophyten vorhanden. Die wurzelnden Gewächse der Ströme bei uns und, mit wenigen Ausnahmen, in den temperirten Zonen überhaupt sind mit denjenigen der stehenden Gewässer specifisch identisch, aber durch die Bewegung in ihrer Structur etwas verändert Ganz allgemein zeigen sich die Axen und Sprosse parallel der Stromrichtung ver- längert (z. B. bei Ranunculus fluitans, Scirpus fluitans). Potamo- geton fluitans entwickelt periphere Faserbündel, die in stehenden Ge- wässern constant fehlen. *) Ferner wirkt die Strömung hemmend auf die Blüthenbildung.

Die Lithophyten der Ströme sind, mit einer gleich zu erwähnenden Ausnahme, lediglich Moose, Algen und Flechten, die theilweise für das fliessende Wasser charakteristisch sind, wie Arten von Fontinalis und Cinclidotus unter den Moosen. In den Tropen ist hingegen eine phanerogamische Pflanzenfamilie, diejenige der Podostemaceen *) auf Ströme mit steinigem Grunde beschränkt und bewohnt sogar mit Vor- liebe die Wasserfälle. Nur eine Art, Podostemon Ceratophyllum ist extratropisch und kommt in Nordamerika vor. Die Podostemaceen sind sämmtlich typische Lithophyten und unter normalen Verhältnissen submers.

Die Figur 501 stellt zwei Podostemon -Arten, P, Mülleri Warm, und P. Schenckii Warm., die ich mit Fr. Müller und H. Schenck in Wasser- fällen bei Blumenau in Süd-Brasilien sammelte. Beide Arten gehören nicht zu denjenigen, welche die auffallendsten Eigenthümlichkeiten der Familie aufweisen. Ihre Sprosse entspringen den bandartig flachen, auf den Steinen kriechenden und durch Haftorgane befestigten Wurzeln, welche, wie in der Familie überhaupt, durch Chlorophyll tief grün ge- färbt sind. Die Rolle der Wurzeln bei der Assimilation ist bei Podoste- mon, entsprechend ihrer relativ geringen Entwicklung , untergeordnet, während sie bei einigen anderen Gattungen die Hauptmasse des vege- tativen Apparats und hiermit die wichtigsten Organe der Assimilation darstellen. Eine andere wichtige und weit seltenere Eigenschaft der Wurzeln mancher Arten ist, dass sie durch Erzeugung von vegetativen und fertilen Adventivsprossen die Hauptrolle bei der sexuellen und asexuellen Reproduktion spielen. Andererseits fehlt es nicht an Formen, die der Wurzeln ganz entbehren.

Die Gliederung in Stamm und Blatt ist bei den hier abgebildeten Arten deutlich sichtbar und ohne weiteres verständlich. Axen und

!) Schwendener, Das mechanische Princip im anatom. Bau der Monocotylen. *) Warming 1. c.

III. Die Vegetation des Süsswassers. 857

Blätter, letztere namentlich, zeigen auch bei solchen morphologisch weniger abweichenden Formen grosse Mannigfaltigkeit. Die Blätter sind z. B. bei einigen Arten auf winzige Schuppen reducirt, während sie bei anderen i1/^ m lang werden. Andere Arten besitzen eine höchst eigenartige Gestaltung, die bald durch das Vorherrschen der Wurzeln, bald durch Verwachsung der Sprosse zu thallusartigen Platten bedingt ist.

Die Blüthenanlagen kommen erst beim Sinken des Wassers oder häufiger sogar beim Auftauchen der Sprosse zur Entfaltung. Zwei dem Wachsthum allgemein günstige Factoren, Trockenheit und Licht, machen sich hier in augenfälliger Weise geltend. Die vom Wasser entblössten Blätter vertrocknen und fallen rasch ab, oft mit einem Theile der Sprosse und Wurzeln, so dass es mehr oder weniger reducirte Ueberreste des vege- tativen Systems sind, welche Blüthen und Früchte tragen (Fig. 501 4U.8). Erstere öffnen sich nur in der Luft und werden durch Insekten be- stäubt. Die winzigen Samen keimen bei der Befeuchtung sofort und die Keimlinge entwickeln sehr früh Vorrichtungen zur Befestigung.

Anatomisch weichen die Podostemaceen von anderen Wasser- phanerogamen durch die sehr schwache, diejenige gewöhnlicher Land- pflanzen nicht übertreffende Entwickelung der luftfuhrenden Intecellularen ab. Das rasch bewegte und daher luftreiche Wasser macht, ebenso wie bei Pflanzen des bewegten Meeres, den Besitz eines inneren Durchlüftungs- systems entbehrlich. Ferner besitzen sie, im Gegensatz zu den Phanero- gamen stehender Gewässer, ein wohl ausgebildetes mechanisches Ge- webe, welches central, um die Gefässbündel herum gelagert ist und die bei solcher Lebensweise nöthige Zugfestigkeit bedingt.

5. Periodische Erscheinungen der Süsswasservegetation.

Der Einfluss der Jahreszeiten auf das Pflanzenleben der süssen Ge- wässer ist nur für Mitteleuropa etwas näher untersucht worden. Nur wenige der Makrophyten des Benthos und des Hemiplankton sind ein- jährig, z. B. im ersteren Najas minor und flexilis, Subularia, im letzteren Salvinia natans. Die meisten Arten perenniren und bleiben theils an- scheinend unverändert, wie Zannichellia , die submersen Batrachium- Arten Vallisneria etc., theils fallen sie, in Folge der Injection der Intercel- lularen, auf den Boden (Lemna, Ceratophyllum), theils perenniren sie nur mit ihren Rhizomen (Nymphaeaceen, Potamogeton natans), theils sogar nur durch besondere Winterknospen (Potamogeton -Arten, Utricularia, Hydrocharis etc.). Im Ganzen zeigt sich also ein Zurückziehen der Benthospflanzen in die Tiefe, wo die Temperatur, ausser in ganz seichten Gewässern,' höher ist als an der Oberfläche. l)

') Sehende I, S. 81 u. f.

858 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

Limnetisches Plankton ist das ganze Jahr vorhanden, jedoch, nach der Jahreszeit, in ungleicher Zusammensetzung. l) Im Winter sind die Diatomeen vorwiegend; in ihrer Gesellschaft zeigen sich einige andere Algen und Peridineen, dagegen fehlen eine Anzahl Formen, die in warmen Jahreszeiten vorhanden sind, wie Ceratium hirundinella, die meisten Cyanophyceen und Chlorophyceen. Solche Formen bilden im Anfang des Winters Dauersporen, welche auf den Boden sinken. Einige Arten sind je nach der Jahreszeit durch andere Gestalten vertreten. Die Maxima zeigen sich nach Schröter für die meisten Arten, im Mai und im August.

Apstein gibt für das Plankton der Seen Holstein's eine Charakteristik, aus welcher die auf die Pflanzen bezüglichen Stellen hier reproducirt werden mögen :

Die Monate Januar und Februar sind der Ruhe gewidmet: „Viele Algen verschwinden ganz aus dem Plankton, sei es dass sie Sporen gebildet haben, wie Gloiotrichia, sei es, dass sie Cysten hervorbringen, wie Ceratium, die alle auf den Seeboden hinabsinken. Andere sind recht spärlich geworden, sind aber stets zu finden, so die Chroococcaceen, Pediastrum und vor allem die Diatomeen."

„Ganz verschwunden dagegen sind ausser den obengenannten die Dino- bryen, die sich wohl im December noch in einzelnen Exemplaren blicken lassen; sie haben schon in der Zeit vom Juli bis August Cysten gebildet, die ebenfalls untersinken . . ."

„Sobald die Sonne stärker zu wirken beginnt und namentlich in der Tiefe das Wasser sich erwärmt (April), dann beginnt ein mächtiger Umschwung. Die Mehrzahl der Diatomeen erscheint in gewaltigen Mengen, so dass sie das Plankton für kurze Zeit ganz beherrschen. Von anderen Pflanzen folgen im Frühjahr Dinobryen, die am Ende desselben ihr Maximum erreichen, dann noch Gymnodinium fuscum. Alle übrigen Pflanzen sind auch schon zu finden, befinden sich aber im Anfange ihrer Entwicklung . . ."

„Im Sommer hat dann das Leben seinen Höhepunkt, namentlich was die Mannigfaltigkeit der Arten anbelangt, erreicht. Die niederen Algen, wie Nosto- caceen, Rivulariaceen und Chroococcaceen erreichen ihre höchste Ausbildung und sind als Wasserblüthe dem Auge direkt sichtbar. Die Palmellaceen und Volvocineen sind zahlreich, auch gilt dasselbe für die Peridineen, und manche der Diatomeen bilden jetzt oder zu Beginn des Herbstes noch ein Maximum . . ."

„Im Herbst erreichen viele Diatomeen noch einmal eine mehr oder weniger bedeutende Entwicklung, die anderen pflanzlichen Wesen sind aber in der Abnahme begriffen, die bei manchen sehr schnell vor sich geht, bei vielen unter Bildung von Dauerstadien . . ."*)

*) Schröter. Apstein. 2) 1. c. S. 127—128.

III. Die Vegetation des Süsswassers.

859

6. Die Schnee- und Bisvegetation.

Der ewige Schnee und das Eis der polaren Zonen und der Hoch- gebirge zeigen hie und da auffallende, durch mikroskopische Algen be- dingte Färbungen, welche für den Schnee in verschiedenen Schattirungen von Roth, selten von Grün, für das Eis mehr in solchen von Braun bestehen. Die gefärbte Schneeschicht beträgt bis etwa 5 cm, während das Eis nur oberflächlich, manchmal an die Anwesenheit feinen Staubes (Kryokonit) gebunden, seine Flora ernährt.

Seit ihrer Entdeckung in den Alpen von Savoyen durch H. de Saus- sure , der sie irrthümlich auf Blüthenstaub oder eine eigenartige Erde zurückführen wollte, hat die Erscheinung des rothen Schnees die Natur- forscher und Reisenden häufig beschäftigt. Ihre wahre Natur wurde jedoch erst durch Elias Fries (1822) und Agardh(i823) erkannt, welche in den so häufig missdeuteten rothen Kügelchen eine zu den Protococcaceen gehörige Alge nachwiesen, die der letzterwähnte Forscher Protococcus ni- valis benannte. Sommerfeit hatte kurz vorher den Organismus des rothen Schnees mit dem Namen Sphaerella nivalis belegt, welcher der gegenwärtig gebräuchliche ist.

In neuerer Zeit ist das Vorkom- men von rothen Schneealgen an den verschiedensten Punkten der arktischen und antarktischen Zonen und auf den meisten Schneebergen (Pyrenäen,

Alpen, Karpathen, skandinavische Gebirge, Ural, Sierra nevada in Spanien, äquatoriale und chilenische Anden) nachgewiesen worden, so dass eine allgemeine Verbreitung der Erscheinung anzunehmen ist. Die braune Eisfärbung wurde bisher vornehmlich in polaren Gebieten beobachtet und der grüne Schnee ist eine seltene Erscheinung.

Ausser der zuerst entdeckten und alle anderen an Häufigkeit und massenhaftes Auftreten übertreffenden Sphaerella nivalis bilden noch zahlreiche andere Mikrophyten die Schnee- und Eisflora. Wittrock zählt in seiner Monographie 42 Arten auf, welche sich auf die Cyano- phyceen, Diatomaceen, Conjugaten, Volvocaceen, Pleurococcaceen und Ulothrichaceen vertheilen. Unter ihnen besitzen jedoch, ausser der Sphaerella, nur noch zwei Arten grössere Bedeutung, die Desmidtacee Ancylonema Nordenskiöldii Berggr., ein Organismus mit violettem Safte,

Fig. 502. Schnee- und Eisalgen.

/ 3 Sphaerella nivalis. 4 Raphidium

nivale. 5 6 Ancylonema Nordenskjöldii.

Vergr. Nach Chodat.

8ÖO Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

welcher zuerst im grönländischen Eis, dem es eine braune Färbung verleiht, entdeckt, seitdem im Schnee des Mont Blanc und Pichincha nachgewiesen wurde, und die Cyanophycee Scytoneipa gracile, welche stellenweise den Hauptbestandtheil der grönländischen Inland eis Vegeta- tion bildet.

Ausser den Algen hat bereits Wittrock chlorophylllose Mikrophyten in der Eis- und Schneevegetation nachweisen können, namentlich das auf Sphaerella nivalis schmarotzende Chytridium Haematococci AI. Br. Endlich sind einige Moosprotonemata hin und wieder beobachtet wor- den, welche niemals beblätterte Pflanzen entwickelt hatten.

Wittrock's Liste, welche sich allerdings nur auf Skandinavien und die arktische Zone bezieht, aber doch alle damals bekannten Schnee- und Eisgewächse umfasste, erhielt in neuester Zeit Zuwachs, namentlich durch Lagerheim, welcher als Urheber des rothen Schnees auf dem Pichincha drei bisher unbekannte Chlamydomonas -Arten erkannte, näm- lich Chi. sanguinea, Chi. asterosperma und Chi. nivalis, welche allerdings, nach Chodat, nurEntwickelungsformen der polymorphen Sphaerella nivalis sein sollen. In Gesellschaft der Rothalgen zeigten sich zwei einzellige Algen, das bereits erwähnte Ancylonema Nordenskiöldii und die Pleurococcacee Raphidium nivale (Lagerh. sub Raphidonema), welches von Chodat seit- dem im Schnee des Mont Blanc wiedergefunden wurde (Fig. 502^), ferner ein einzelliger Pilz, Solenotila nivalis Lagerh., der an Zahl der Indivi- duen die Algen übertraf. Die Gesammtzahl der Schneepflanzen des Pichincha beläuft sich nach Lagerheim auf 21 Arten, welche zu den Cyanophyceen , Diatomaceen, Desmidiaceen , Volvocaceen, Tetraspora- ceen, Pleurococcaceen, Chytridiaceen und Laubmoosen (Protonemata), also, abgesehen von der systematisch unsicheren Solenotila, denselben Gruppen gehören, wie in der Arktis und auf den Hochgebirgen der temperirten Zonen.

Die Ökologie der Schnee- und Eisvegetation ist noch nicht er- forscht worden.

Auswahl der Literatur«

Apstein, Carl. Das Süsswasserplankton. Methode und Resultate der

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1889.

Auswahl der Literatur. 86 1

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Chodat, R. I. Sur la flore des neiges du col des Ecandies (Massif. du Ml- Blanc). Bulletin de l'Herbier Boissier. Tome IV. 1896.

II. Algues incrustantes et perforantes. Arch. des sciences physiques et

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1891. Hegelmaie r. I. Die Lemnaceen. Leipzig 1868.

II. Wolffia microscopica. Bot Zeitung 1885.

Huber et Jadin. Sur une algue perforante d'eau douce. Comptes rendus et l'Ac. des sciences de Paris. 1892.

Sur une riouvelle algue perforante d'eau douce. Journal de botanique

1892. Irmisch, Th. Beitrag zur Naturgeschichte des Stratiotes aloides. Flora 1865. Istvanffy, G. v. Die Vegetation der Budapester Wasserleitung. Botan.

Centralbl. XVI. Jahrg. 1895. Jägg*> J- Die Wassernuss, Trapa natans L. und der Tribulus der Alten.

Zürich 1883. Kleb ahn, H. Ueber wasserblütebildende Algen, insbesondere des Plöner

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Tbl. IV. 1896. Kurz, F. Preliminary report of the forest and other Vegetation of Pegu. Lagerheim, G. de. I. Die Schneeflora des Pichincha. Ber. der deutsch.

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IL Bidrag tili Kännedomen om Snöfloran i Luleä Lappmark. Botan.

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botan. Gesellschaft Bd. XIV. 1896. Magnin. Recherches sur la vdg&ation des lacs du Jura. Revue g^ndrale

de botanique. Tome V. 1893. Schenck, H. I. Die Biologie der Wassergewächse. Bonn 1886.

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Rheines. Centralbl. für allgemeine Gesundheitspflege. Bonn 1893. Schieiden, M. Beiträge zur Kenntniss der Ceratophylleen. Beiträge zur Botanik. Leipzig 1844.

862 Fünfter Abschnitt: Die Vegetation der Gewässer.

Schröder, B. I. Attheya, Rhizosolenia und andere Planktonorganismen

im Teiche des botanischen Gartens zu Breslau. Ber. d. deutsch, botan.

Gesellschaft. Bd. XV. 1897. II. Ueber das Plankton der Oder. Ber. d. deutsch, botan. Gesellsch.

Bd. XV. 1897. Schröter, C. und Kirchner, O. Die Vegetation des Bodensees. Der

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Neujahrsblatt der naturf. Gesellsch. in Zürich auf d. J. 1897. Bd. XCIX.

(Nur im Referat Naturw. Rundschau XIII. Jahrg. zugänglich.) Strasburger, Ed. Ueber Azolla. Jena 1873.

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Deutsche Ausgabe 1885. Zacharias, O. Die Thier- nnd Pflanzenwelt des Süsswassers. Bd. I. 1891.

(I. Forel. Allgemeine Biologie eines Süsswassersees. II. Migula.

Die Algen. III. Ludwig, Fr. Zur Biologie der phanerogamischen

Süsswasserflora. V. Migula. Die Flagellaten).

Register.

Abchasien 610. Acacia 660, 560 u. f.

armata 562. marginata 562. deci- piens 562.

Catechu 407.

cornigera 154. -- linearis 564.

floribunda 564.

planifrons 290. Acanthosicyos 663. Acetabularia mediterranea 829. Achillea atrata 117.

moschata 117. Achsenfadenranken 211. Aciphylla Colensoi 798. Actinodaphne 166. Adansonia 392.

digitata 393. Adenia globosa 649. Adenostoma fasciculatum 566. Aegiceras 428. Aerenchym 81.

Aetna 806. Afrika 797.

Trop., Klima 299.

Trop., Regenwald 321.

Wüsten 637 u. f. Agathosma capitatum 557. Agave applanata 673.

in Mexico 678. Agropyrum junceum 687 . Akklimatisation 55. Alang- Alang 176. Alaria dolichorhachis 837. Alaska, Wälder 596. Alchemilla javanica 770.

Alectoria 721. Algen 822 u. f.

als Landpflanzen in den Tropen 246.

Verhalten gegen das Licht 66. Alhagi maurosum 645. Allephanies. Wälder 604 u. f. Aloe 450.

dichotoma 660. 661.

Alpen, Bestäubung der Blüthen 140. Alpine Flora der Alpen 809.

der Anden 780.

! des Kilimandscharo 774 u. f.

des Kinabalu 772. Natal's 798.

Neu - Seeland's 797. Alpine Gesträuche 740.

Grasfluren 740.

Gräser 742.

Pflanzen. Vorkommen in tieferen Regionen 751.

Region 737.

Region. Verfärbung der vegetativen Organe 747.

Steppen 763.

Vegetation. Vergleich mit der polaren 752.

Structur 740.

Wüsten 740.

Alpines Klima. Aetherische Oele 751. ! Licht 749. 1 Niedere Temperatur 750.

Stoffwechsel 750.

Trocknende Eigenschaften 7 50.

Zuckerbildung in den Nektarien

7 5°- Alseusosmia macrophylla 506.

864

Register.

Alstonia verticillata 353. Altai 814.

Ameisen, Bedeutung für die Pflanzen 147 u. f.

blattschneidende 149.

pilzzüchtende 149.

Schutzmittel der Pflanzen gegen dieselben 153.

Ameisenpflanzen 154.

Amerika 779. Vgl. die verschiedenen Länder, sowie Nordamerika, Süd- amerika.

Amherstia nobilis 357.

Ammophila arenaria 687.

Amphithalea ericifolia 546.

Amurland 625.

Anaphalis javanica 761.

Anastaticahierochuntica (unnächte Rose v. Jericho) 642.

Anden. Flora 740. 779.

Andira inermis 399.

laurifolia 376. Anemophile Vorrichtungen 89. Androsace helvetica 810. Angraecum eburneum 143. Anisosperma Passiflora 213. Anona senegalensis 391. Antelminellia gigas 840. Apennin 804.

Aphotische Region 818. Aphyllen 11. Arabien 648. Araceen 252.

Arctostaphylos tomentosa 566. -Areca 250.

Catechu, 254. Areg 640. Arenga 250. Argentinien 799.

Klima 487.

Pampas 532.

Wälder 502. 523. 524. Aristida 661.

pungens 647. Aristotelia maqui 571. Arktische Meere 836.

Pflanzenformationen 721.

Vegetation 710.

Vergleich mit der alpinen

752- Bestäubung 141.

Arktische Vegetation. Floristischer Charakter 718.

Periodicität 705. Arktisches Klima 697. Artemisia 658. 675.

frigida 658.

maritima 658.

tridentata 671. 672. Artocarpus 255. Arundinaria macrosperma 502. Asien 786.

trop. Regenwald 315.

Wüsten 637 u. f. Asplenium adulterinum 104.

Nidus 317. 760.

serpentini 104.

Assimilation der polaren Gewächse 712.

Astelia 508. 514.

Asterionella gracillima 853.

Atlas 804.

Athos 806.

Aufthauen. Schädl. Wirk. 43.

Auftauchender Gürtel 823.

Australien, Grasfluren 534.

Hartlaubgehölze 558.

Klima 492. 493.

Periodische Erscheinungen 475.

Trop. Regenwald 324.

Scrub 559 u. f.

Wälder 514. 525.

Wüste 664. Auerrhoa Bilimbi 329. Avicennia 428 u. f.

officinalis 429. 431. Azorella 741. 780. 782.

Baccharis rosmarinifolia 571.

serrulata 398.

rufescens 398. Balanophoreen 364. Bambusa 251. 410. Bambusen, kletternde 335.

Wachsthum 235.

s. a. Cephalostachyum. Bambuswald 408. Banane 85. 253.

ornithophil 136. Banksia marginata 563.

serrata $63.

ericaefolia 563.

Register.

865

Banksia spinulosa 563. Banyan 344. Baobab 392. Basale Region 737. Batis maritima 11. Baumfarne 247. Baumgrenze 183. Bauhinia 212. 339. 341.

kletternd 338 u. f. Bäume, Fassbäume 375.

Etagenform 372.

Eigenthüml. der, im trop. Regen- walde 326.

hygrophile 179.

Schirmform 372.

Transpiration 179.

Verzweigung in den Tropen 330.

Wasserbehälter 375.

xerophile 180. 371. Benthos 818. 823. 836. 848. 849. Berzelia abrotanoides 557. Bestäubungsvorrichtungen 133. Bewegungen des Wassers 819. Bigelovia graveolens 67$. 676. Blatt 7 u. f. Blattfadenranken 210. Blattkletterer 210. Blattsucculenten 1 1 .

Blüthen. Abhängigkeit von niederen Temperaturen 54.

von der Trockenheit 233.

alpiner Gewächse 743. 747.

knospen im trop. Regenwald 358. Boden 93 u. f.

chemische Eigenschaften 96.

Durchlässigkeit 94.

Erhitzung durch Schichtung 49.

Physikalische Eigenschaften 93.

Salzgehalt 6. 96.

Trockenheit 6.

Versumpfung 93.

Wassercapacität 94. Bodensee 852. Bodenwasser 192. Böhmerwald 607. Bombax malabarium 372. Borneo, alpine Flora 772.

Regionen am Kinabalu 766. Boronia crenulata 561. Borrecia eryngioides 402. Botryococcus Braunii 853.

Schi mp er, Pflanzengeographie.

Bouteloua oligostachya 675. Brachysema undulatum 561. Brackische Gewässer 817. Brasilien 501. 784.

Klima 293. Brickellia pinifolia 398. Brodbaum 255.

Bromeliaceen 253.

epiphyt. 348 u. f. Brownea hybrida 356. Brugmeria 428 u. f.

caryophyllata 430.

parviflora 427.

gymnorhiza 428. 430. 432. Buchenwald in Neu-Seeland 795 u. f. Buchloe dactyloides 631 u. f. 675. Büffelglas s. Buchloe.

Bulbilis s. Buchloe. Buschwald 176.

Caatinga s. Catinga. Cacteen in Mexiko 678. Cakile maritima 687. Calciumcarbonat 105. Californien 597.

Chaparral 569.

Hartlaubgehölze 565.

Wälder 567.

Wüste 668.

Wüstenklima 668. Calligonum 651. Calluna vulgaris 689. Calophyllum eugenioides 773. Calytrix glabra 561. Camargue. Vegetation 202. Campos 39.

Klima 295. Capoes 385.

Capparis spinosa var. aegyptiaca 647. Capura 165. Carapa obovata 430. Cardinalgrade 42. 50. Cardinalpunkte 42. Cassiope tetragona 13. 723. Cassinia fulvida 692. Cassytha 365.

Casuarina montana 762. 763. 764. Catinga 386. Cattleya bicolor 12. Caulerpa prolifera 829. 55

866

Register.

Caulerpa. Wachsthum in luftarmem

Wasser 81. Cauliflorie 360. Ceanothus cuneatus 566.

papillosus 566. Cecropia 154. Celebes, Regionen 766.

Pandanuswald 771. Celmisia sessiliflora 744. -- viscosa 798. Centralasien. Wüsten 650 u. f. Cephalostachyum pergracile Fig. 187. Ceratium 841.

Cereus polylophus Fig. 128. Chaparral $69. Chasmophyten 193. Ceylon 768. 773. Chara 850. Chile 803. 807.

Hartlaubgehölze 570.

Klima 480. 494.

Periodische Erscheinungen 473.

Wälder 518. Chlornatrium 98. Chorda filum 825. Chorizema triangularis 561. Cisternepiphyten 341. Cistus 550.

crispus 551. Chylokaulen 12. Chylophyllen 11. Cladina 721.

Chadophora pygmaea 825. Clerodendron 160.

Minahassae 359. Cliffortia ilicifolia 558. Clusia, epiphyt 343 u. f.

grandiflora 354. Cneorum tricoccum 546. Cochlearia fenestrata 44. 45. 713. Cocos nucifera 249. 250. Codonanthe Devosii 342. Coleonema album 557. Colliguaya odorifera 571.

integerrima 571. Copernicia tectorum 397. Coprosma acerosa 692.

foetidissima 506.

Hookeri 768. 772.

serrulata 800. - sundana 767.

Cordia nodosa 161. 163. Cordillere, Regionen 779. Cordyline australis 453. Croton antisyphiliticus 402. Crumenaria erecta 402. Culturen im Höhenklima 745. Cunonia capensis 559. Cupressus macrocarpa 570.

sempervirens $50. Cüscuta europaea 220. Cycadaceen 248. 249.

in der temp. Zone 449. Cyclotella bodanica 853.

comta 853. Cymbella cistula 826. Cypresse 549. 550.

Dacrydium cupressinum 513. Dalechampia ficifolia 213. Dalbergia variabilis 211. Damaraland 660. Dammara australis 513. Daphne Gnidium 553. Death Valley 668. Delesseria sanguinea 835. Dendrocalamus giganteus 234. Dendromecon rigidum 567. Desmarestia aculeata 834. Desmoschoenus spiralis 197. 692. Desmotrichum balticum 825. Dianthus glacialis 745. Dillenia ochreata 353. Dionysia 19. Dioon edule 248. Diosma succulentum 557. Dismal swamp 606. Djotiwald 380. Djurdjura 804.

Dorngehölze, temperirte 523. Dornenwald 281. 282.

klimatische Bedingungen 291. 297. 491.

in Amerika 385.

in Ostafrika 384. Draba 723.

alpina 714. Dracophyllum uniflorum 800. Drakenberg 798.

Drapetes ericoides 768. 772. Drift 33.

Register.

867

Drimys Winteri 616. Dryandra mucronulata 563. Dünen 195. 688. 689.

an Süsswasserseen 198 u. f.

Vegetation 196. 204.

in den Wüsten 640. Duroia 160.

Dunkelheit Wirkungen auf das Pflan- zenleben 63. Dysphotische Region 818.

Edaphisch 5.

Edaphische Wirkungen in den tempe- rirten Zonen 684.

in den Tropen 404. Eisflora 859.

Elymus arenarius 687. 689. Empetrum nigrum 723. Endochylen 13. Entomophilie 139. Epiphyllen 351. 352. Epiphyten 213.

Beziehungen zur alpinen Flora 752.

in Monsunwäldern 378.

im Sommerwalde 589.

in den Savannen 376.

im temperirten Regenwald 508 u. f.

im trop. Regenwalde 314. 315 u. f.

340. Eremanthus sphaerocephalus 399. Erfrieren 43. Erica multiflora 553. Ericinella Mannii 777. Erigeron pulvinatum 742. Eryngium ebracteatum 402.

maritimum 688. Escallonia arguta 571. Espeletia 780. Espinalformation 488.

Eucalyptus 525. 526. 527. 560 u. f.

globulus 525. Eugenia dysenterica 374. ' Jaboticaba 374. Eupatorium horminoides 398. Euphorbia 395. 662. Eurotia lanata 675. 676. Europa. Urwälder 607. Euryops dacrydioides 777. Euterpe edulis 307. Exostema floribundum 145.

Fagus, im antarktischen Walde 615 u. f.

cliffortioides 796.

fusca 506.

Solandri 506.

Farne, epiphytische 341 u. f.

in den Tropen 247. Feijoa 138 u. f. Felspflanzen 193. Festuca thalassica 687. Fettbäume 466. Feuerland, Wälder 615.

Ficus 254. 342. 343. 362. 397.

aurea 501.

bengalensis 344. 345.

epiphyt 343 u. f.

inaequalis 161 u. f.

religiosa, Träufelspitze 22. Fiederblätter 13.

Flechten 721.

Fleischfressende Pflanzen 695. Fliessende Gewässer 855. Florida, Wälder 501 u. f. Forciren 51. 466. Formationen 173. 175.

klimatische 176.

edaphische 176.

Zusammenleben der Pflanzen 204. Fragilaria crotonensis 853. Frailejon 780.

Freycinetia 334. Fucus vesiculosus 832. Fumarolen 413.

Galeriewald 192. Galmei 104. Garcinia ferrea 353. Garigues 548. i Gebiete 228. Gefrieren 43. Gehölz 176.

Gehölzfeindliches Klima 188. Gehölzklima 178. 188.

in den Tropen 297.

in den temperirten Zonen 573. Genfer See 852.

Geselliges Wachsthum 205.

im tropischen Regen walde 313. Genossenschaften 208.

Gentiana acaulis 116,

55*

868

Register.

Gentiana excisa 116.

quadrifida 766. Gerolle 194. Gesträuch 176. Glaucium flavum 688. Gleichenia linearis 247. Globularia alypum 553. Gnaphalium involucratum 769. Gnetum scandens 332. Gnidia pinifolia 557.

Gobi 650 u. f. Gomphrena jubata 401. Gossleriella tropica 840. Gouania urticaefolia 212. Gourliea decorticans 523. Grammatophyllum speciosum 346. Gräser, alpine 742. Grasflur 176.

Grasfluren, temperirte 528 u. f. 622 u. f.

in den Tropen 282. 387. Grasflurfeindliches Klima 189. Grasflurklima 189.

in den Tropen 282.

in den temperirten Zonen 481

u. *"• 573-

tropisches 295. 301. Grasnarbe, Existenzbedingungen 188. Grayia polygaloides 676. Grenzwerthe der pflanzlichen Func- tionen 42.

Grönland 725.

Bestäubung der Blüthen 141. Grubbia stricta 543. Grundwasser s. Bodenwasser. Gürtel der Wasservegetation 823. Gymnospermen, in der temp. Zone 449.

in den Tropen 249.

H.

Hakea saligna 564. Hakenklimmer 211. Halbwüste 177.

Halophyten 101. 196. 202. 817. Halostachys occidentalis 676. Haloxylon ammodendron 656. 657. Hamada 640. Harpagophytum 665. Hartlaubgehölze 538.

Klima 493. Hedycarya dentata 506.

Heide 689.

Helianthemum vulgare im Höhenklima

748. Helichrysum Lentii 775. Heliconia Bihai 359. Helm 687. Hemiepiphyten 340. Hemiplankton 818. Hemisaprophyten 219. Himalaya 786. Hinterhubera ericoides 740. Hippophae rhamnoides 688. Hochmoore 691. Höhen 727.

Culturen 745.

Obere Grenze des Pflanzenlebens

753. Höhenklima 727. Honigvögel als Bestäuber 135. Homalium tomentosum Fig. 125. Honkenya peploides 687. Humboldtia 160.

laurifolia 162. Humus 94. 118.

in den Tropen 408.

pflanzen 124.

säuren 6. Hydathoden 23. Hydnophytum 162. Hydnora africana 661. Hygrophyten 4.

Klima 5.

Structur 20. Hymenophyllaceen 331. Hyptis virgata 402.

Indien, Klima 282. 291.

Wald 388.

Wüste 650.

Inselfloren, Bestäubung d. Blüthen 141. Ionopsis 216. Ipomoea 399.

pes caprae 198. 414. 415. 416. Isoetes echinospora 847.

lacustris 847. Isothermen 227. Japan 814.

Wälder 516. 614.

Periodische Erscheinungen 47 1 .

Klima 479.

Register.

869

Java, Regionen 759.

Strandformation 196.

Wald 315.

Juan Fernandez , Blüthenbestäubung

142. Juniperns communis 41. 186. Jussiaea, Pneumatophoren 83.

peruviana 83.

Kadsura cauliflora 361. Kageneckia angustiflora 571.

oblonga 571. Kalahari 660. Kalk 105.

Einfluss auf die Pflanzenstructur 107.

in den Tropen 407.

giftige Wirkungen 107.

Einfluss auf den Stoffwechsel 108.

boden u. Florencharakter in.

pflanzen in u. f.

Kälte, Angebliche Schutzmittel gegen dieselbe 717.

grösste auf der Erde 46.

physiologische Vorgänge auslösend

54.

Structur der Pflanzen polarer Ge- biete 41.

Widerstandsfähigkeit der Pflanzen

43-

Wirkungen 41. 835. Kamtschatka 614. Kandelia 425.

Kapland, Hartlaubgehölze 555.

Klima 482.

> Periodische Erscheinungen 474.

Karroo 659. 661.

Kaspimeer, Wüste an demselben 650 u. f.

Kaukasus 814.

Keimung. Abhängigkeit von der Tem- peratur 52.

Kiefernwälder 505.

Kieselpflanzen in u. f.

Kilimandscharo 648. 769.

alpine Flora 774 u. f. Kinabalu 766. 772. Kleinmannia silvicola 506.

Klima. Vgl. Temperirte Zonen, Tropen,

alpines K. etc. Knightia excelsa 506.

Knospen, im tropischen Regenwalde

354- Kochsalz s. Chlornatrium. Kolibris als Bestäuber 133. Königspalme 250. Krakatau 200. Krummholz 740. 760.

Landpflanzen, in Wasser wachsend 26. Lasiagrostis splendens 658. Laterit 406. Laubentwickelung im trop. Regenwalde

355- Laubwald, sommergrüner 537. Lavendula Stoechas 553. Lavendel 551. Leontodon Taraxacum im Höhenklima

746. Lepidium intennedium 673. Leptospermum floribundum 761. 762.

resiniferum 564. Leucadendron 555.

argenteum 556. 560. Leucopogon Cunnighami 564.

javanicus 763. 768. Lianen 209.

im japanischen Walde 615.

im Sommerwalde 589.

im trop. Regen walde 332.

in Monsunwäldern 378. Licht 61 u. f.

im alpinen Klima 749.

Concentration durch Schattenblätter

Einfluss der verschiedenen Strahlen- gattungen 67.

Optima 67 u. f.

Schädlichkeit intensiven L. 66.

Schutzmittel gegen intensives L. 66.

Messung der Intensität 62.

im Wasser 819.

Wirkung auf Reproduktionsorgane

65.

Wirkungen verschiedener Intensi- tät 64.

- Wirkung auf Transpiration 6.

Streben nach Licht im Regenwald

3M.

Wirkung dauernden Lichtes. Lichtwirkungen in den Tropen 241.

870

Register.

Lichtregionen 818.

Limnetisch 819.

Lippia rotundifolia 402.

Lithophyten 193.

Lithothamnion glaciale 838.

Llanos 397.

Lodoicea Sechellarum 252.

Lorbeer 551.

Loricaria ferruginea 780.

Lousiana, Wälder 502.

Luft in den Gewässern 80.

Wirkung hoher Lufttemperatur 649.

Verdünnung 6.

Luftdruck. Wirkungen verminderten

und erhöhten L. 78. Lufttemperaturen, hohe 6. 49. Lycopodium nummulariaefolium 316.

Phlegmaria 316. Lysipoma aretioides 742.

Macroplectrum 146 Maja compacta 742.

cuntellata 134. Makrothermen 227.

Malayische archipel. Regionen 759. Mangifera indica 358. Mangrove 423 u. f.

Algen 827. Maquis 548. Marcgravia 134.

umbellata 134. Mediterrangebiet 803. Meer. Vegetation 822 u. f. Meere arktische 836.

temperirte 831.

tropische 826. Meeresstrand 196. Melaleuca densa 561. Melastomaceen, Myrmecophilie 166. Mendozia Vellosiana 359. Merope aretioides 742. Mesembryanthemum 662.

cristallinum 647. Mesothermen 227. Metrosideros lucida 506.

viminalis 564. Mexico 782.

Klima 677.

Wälder 503.

Wüsten 675.

Mezquite 529. Micania officinalis 398. Microspongium gelatinosum 825. Mikronesien, trop. Regenwald 324. Mikrothermen 227. Mittelmeergebiet. Klima 495. Hartlaubgehölze 547. Monsunwald 281. 371. 378. 383. Monotropa Hypopitys 121. Montane Region 737. Monteformation 488. Moore 690.

Moose. Structur in Polarländern 41. Mull 118. Musa 253. Mycorhiza 120. Myoporum tuberculatum 561. Myrcia longipes 374. Myriophyllum alterniflorum 847. Myrmecodia 162. Myroine Urvillei 506. Myrmecophilie 154. Myrte 551. Myrtus bullata 506.

Nadelwälder 594.

Natal 797. 802.

Navicula Grevillii 827.

Neapel, Algenvegetation im Golf von

829. Nebraska, Prärie 628. Nektarien, extranuptiale 167. Nepenthes 695. Nertera depressa 761. Nesodaphne Jawa 506. Nestepiphyten 340. Neu -Mexico, Savannen 528. Neurada procumbens 647. Neu -Seeland 794 u. f.

Bestäubung d. Blüthen 142.

Wälder 506. Nidularium Innocentii 348. Niederholz 186.

Nitella 850. Nitraria Schoben 658. Nord -Amerika. Atlantische Wälder 597. 601 u. f.

Klima 574.

Pacifische Wälder 597.

Prärie 626 u. f.

Register.

871

Nord - Amerika. Wälder 595.

Wüsten 665.

Nord- Carolina. Wälder 604.

Nothofagus 795 u. f.

Nullpunkte des Pflanzenlebens 42.

untere 43. Nuphar luteum 850.

pumilum 849. 850. Nymphaea 850. Nymphaeaceen 850.

Oasen 192. 640.

Octomeria 12.

Odontospermum pygmaeum 643.

Oelbaum 550.

Oleä europaea 539. 550.

capensis 542.

montana 6. Oleander 551.

Olearia nummularifolia 800.

Olinia acuminata 543.

Ombrophil 4.

Ombrophilie in den Tropen 244.

Ombrophob 4.

Ombrophobie in den Tropen 244.

Optimum 42.

absolutes 50.

harmonisches 50.

ökologisches 50. Opuntia oligostachya 675. Orchideen, epiphy tische 341 u. f.

saprophytische 363. Oreodoxa regia 250. Oriastrum pusillum 742. Ornithocerus 840. Ornithophilie 133.

Ost -Asien, Kalttemp. Klima 583.

Regionen 759. Oxyanthus hirsutus 145.

Palmen 250. 504.

kletternde 333.

in d. temper. Zone 452. Pamir 789 u. f.

Pampas 532.

Klima 488 u. f.

Pandanus 252. 253. 417. 418. 766.

77*-

Sechellarum 243.

Paramos 742. 779. Parasiten 125. 219.

im trop. Regenwalde 363. Passerina hirsuta 553. Patagonien. Klima 489.

Wüste 679. Pelagisch 819. Pelargonium undulatum 661. Pendjab 639.

Perichylen 13.

Periodische Erscheinungen der Wasser- pflanzen 819.

in der Arktis 705.

bei Meeresalgen 830. 833. 857.

in den temperirten Zonen 460.

in den Tropen 260. Peru 781.

Pes-caprae - Formation 415. 416. Phänologie 42. Phebalium nudum 506. Phillyrea media 553. Philodendron melanochrysum 337.

cannifolium 343. Phoenix 251.

silvestris 251. Phormium tenax 510. Photinia integrifolia 765. Photische Region 818. Photometrische Methoden 62. Phylica ericoides 546. Phyllocladus alpinus 800.

glaucus 513. Physikalische Feuchtigkeit 4.

Trockenheit 4.

Bodentheorie 113. Physiologische Feuchtigkeit 4.

Trockenheit 4. Phytelephas 251. Pickeringia montana 566. Pidurutallagalla 768. Pilze in den Tropen 246. Pimelea spectabilis 561. Pine barrens 606.

Pinie 548. 549.

Pinus montana var. Pumilio 740.

Pinea 203. 540.

Pumilio s. P. montana var. P.

strobus 601 u. f. Pistacia 550.

Lentiscus 552. Pittosporum Colensoi 506.

872

Register.

Pittosporum phillyraeoides 564.

Plankengerüste an tropischen Bäumen 326 u. f.

Plankton 818. 839. 852.

Planktoniella Sol 840.

Pflanzenleben, obere Grenze im Hoch- gebirge 753.

Platycerium grande 347.

Platysma 721.

Pneumatophoren 82. 430 u. f.

Podocarpus 507.

ferruginea 513.

Totara 513. Podostemaceen 856. Podostemon Mülleri 855.

Schenckii 855.

Polare Gewächse. Structur ders. 41.

Resistenz gegen Kälte 45. Polsterpflanzen 741. 742. Polygala myrtifolia 546. Polylepis lanuginosa 780.

racemosa 799. Posidonia oceanica 824. Polytrichum 721. Posoquiera hirsuta 145^» Primula imperialis 761.

nivalis 708. Pritchardia filifera 669. Prosopis alba 522.

juliflora 529.

Protea Kilimandscharica 776.

speciosa 137. Proteaceen 541. 556 u. f. 563.

ornithophil 136 u. f. Protoepiphyten 340. Prunus ilicifolia 568. Psamma arenaria 689. Psammophyten 195. Psilotum flaccidum 316. Psychotria pyrifolia 521. Pteris aquilina 763. Puna 742. 780. Pyrenacantha malvifolia 649. Pyrenäen 813.

Bestäubung d. Blüthen 140.

Q.

Quenoa 799.

Quercus chrysolepis 540. 545.

coccifera 554.

dumosa 566.

Quercus Hex 547. 548.

pruinosa 762.

Suber 550.

virens 502. Quillaja Saponaria 571.

Rafflesia 364. Ralfsia verrucosa 825. Rankenpflanzen 210. Ranunculus fluitans 28.

javanus 761.

pygmaeus 723. Raoulia 741.

Hastii 685.

mamillaris 19. Ravenala 254.

madagascariensis 254.

ornithophil 136.

Regen, Bedeutung für den Wald 180. Regenwald 281.

subtropischer 500.

temperirter auf Ceylon 773.

temperirter 505 u. f. 759.

Klima 479.

tropischer 282 u. f. 305. 306 u. f.

in Afrika 321.

in Asien 315.

Oekologie 326. Region, Photische 818.

aphotische 818.

dysphotische 818. Regionen 228. 736.

in den tropischen Anden 779.

in Argentinien 799.

am Athos 806.

am Aetna 806.

in den Alpen 808.

am Altai 814.

am Apennin 804.

in den Canaren 806.

in Chile 803. 807.

am Djurdjura und Atlas 804.

im Himalaya 786.

in Brasilien 784.

im Kaukasus 814.

am Kilimandscharo 769.

in Mexico 782.

in Natal 798.

am Ontake (Japan) 814.

in Ost- Asien 759.

Register.

873

Regionen, Pflanzenleben 739.

in den Pyrenäen 813.

i. d. Rocky Mountains 815.

in der Sierra Nevada (Californien) 806.

in Süd-Macedonien 807.

in der Tatra 813.

in den temperirten Zonen 786.

am Tian-Schan 814.

in Tibet 792.

Tiefenregionen 818.

Lichtregionen 818.

in den Tropen 757.

am Ml- Ventoux 804.

Vergleich mit den Zonen 737.

in den White Mountains 815. Retama Raetam 642.

Rhipsalis 342.

Rhizophora 419. 424. 426 u. f. Reproduction, Abhängigkeit von äusse- ren Einflüssen 30. Rhododendron ferrugineum 808.

hirsutum 808. Rhus caustica 571. Riencourtia oblongifolia 398. Rocky Mountains 815.

Rose v. Jericho s. Anastatica, Ondon-

tospermum. Rosettenstauden, alpine 741. Rosmarin 551. Rozites gongylophora 151. Russland, Klima 576.

Steppen 629.

Uebergang der Steppe in das Wald- gebiet 633.

S.

Sabal Palmetto 503.

Sachalin 610 u. f. 626.

Sagebrush s. Artemisia tridentata 675.

Sagopalme 251.

Sahara 637 u. f.

Sal s. Shorea.

Salicornia 202. 686.

herbacea 688.

macrostachya 202. Salix polaris 712.

reticulata 811. Salpeter 103. Salsola Kali 687.

Salze des Bodens. Wirkungen auf die

Pflanze 96 u. f. Salzpflanzen s. Halophyten. Samen. Dauer der Schwimmfähigkeit 34.

Schwimmvorrichtungen 32.

Widerstand gegen Kälte 44. Sandpflanzen 195. Saprophyten 218.

im trop. Regenwalde 363. Sarienanthus utilis 335. Sarcobatus Baileyi 667.

vermiculatus 676. Sarcocaulon 662. 663. Sargassomeer 827. Sargassum bacciferum 828. Satureja virgata 571. Saussurea tridactyla 753. Savanne 176. 282.

tropische 389.

in Afrika 390.

in Amerika 397. Savannenwald 281. 282. 524. 525.

in Afrika 384.

in Amerika 385.

in Indien 379. Saxaul s. Haloxylon. Saxifraga 723. Schatten 68.

Schattenblätter, metallener Glanz 71. Schattenpflanzen 70 u. f. Schattige Standorte 69. Schinopsis Lorentzii 524. Schistotega, Lichtwirkungen 70 u. f. Schizolobium excelsum 328 Schleichera trijuga Fig. 123. Schmarotzer s. Parasiten. Schneeflora 859. Schorre 195. Schugnan 792. Schwarzes Meer. Küstenwälder 610.

Steppe im Gebiet dess. 629. Schweiz 807.

Schwimmfähigkeit der Samen 34. Schwimmgewebe 32. Schwimmvo'rrichtungen bei Früchten

und Samen 32. Scitamineen 252.

Erscheinung im tropischen Regen-

walde 313. Scrub 559 u. f. Securidaca lanceolata 215.

874

Register.

Securidaca Sellowiana 210. Seen, Süsswassers., Dünen 200.

Vegetation 845. 848. Senecio Johnstonii 774. 779.

vaccinioides 740. Sequoia gigantea 600.

sempervirens 596. Serpentin 103. Sertäo, Klima 296 u. f. Sha- Wälder 407. Shorea robusta 409. Sibirien, Klima 46.

Wälder 611. Sida linifolia 402.

Sierra Nevada (Californien) 597. 807.

(Spanien) 804. Sklerokaulen 1 1 . Sklerophyllen 11. Sieversia glacialis 724. Solfataren, Flora 752. Sommerregen 181. Sommerwald 587 u. f.

im Himalaya 790.

in Mexico 782.

im Neu -Seeländischen Hochge- birge 794.

Sonnenpflanzen 70. Sonneratia 429 u. f.

acida 429. Sonnige Standorte 68. Sonora- Region 668. Spaltöffnungen, Verschluss bei trocke- nem Wetter 15.

Sparganium minimum 847. Sphagnum 691.

cymbifolium 694.

fimbriatum 694. Spinifex hirsutus 666.

squarrosus 197. Spreizklimmer 209. Steppe 282.

Strand d. Meeres 196. Strelitzia 137 u. f.

ornithophil 136. Stammsucculenten 12. Stapelia 662.

caralluma 649. Stärkebäume 466. Steppe 176. 626. Strand, temper irter 686.

Vegetation in den Tropen 416.

Strandstimpfe 686.

Strandwald 419 u. f. vgl auch Man-

grove. Strandwiesen 687. Sträucher der Savannen 375. Strychnos triplinervia 211. Styphelia squarrosa 561.

verticillata 561. Subtropische Gebiete 478. Subularia aquatica 847. Succulenten 1 1 . Südafrika, Klima 482.

Grasfluren 530.

Wüsten 658.

vgl. auch Kalahari, Kapland, Karroo. Südamerika, nördl. Klima 298.

temper. Klima 487.

temper. Grasfluren 532.

westliches, Wüsten 679.

Vgl. auch Brasilien, Argentinien, Guiana, Patagonien, Chile, Peru.

Sümpfe in den Tropen 411.

Sumpfwald 411.

Symplocos buxifolia 768. 772.

I Tabernaemontana dichotoma 354. ' Taeniophyllum Zolllingeri 237.

Taimyrland 709. 722.

Tamarix 654.

Pallarii 658. Tatra 813.

Taxodium. Pneumatophoren s. 83. Tectona 378. 380 u. f.

Hamiltonii 353. Temperatur des Bodens, hohe 49.

günstigste 51.

niedere. Physiologische Bedeu- tung 54.

Einfluss auf Keimung 52.

auf Wachsthum 52.

auf Gasaustausch 53.

niedere, des Bodens 6.

Vgl. Akklimatisation, Kälte, Wärme. Temperaturen, hohe 49.

niedere 46.

Temperirte Zonen, Gehölzklima und Grasflurklima 573 u. f.

Grasfluren 622 u. f.

Periodicität 460. Texas, Savannen 528.

Register.

875

Thiere 132 u. f.

Thlaspi calaminarium 105.

Thon im Boden 95.

Thurmann's Bodentheorie 112.

Thymian 55 *.

Tian-Shan 814.

Tibet 792.

Tibouchina frigidula 402.

Tiefenregionen 818.

Tiekbaum s. Tectona.

Tillandsia 349 u. f.

stricta var. Schlumbergeri 352.

usneoides 350. Tjemoro 762. Tococa lancifolia 168. Torf 120.

Torfmoore. Xerophile Structur der Vegetation 18.

Vgl. auch Moore. Transkaspische Wüste 650 u. f. Transpiration 6.

der Hygrophyten 21.

der Xerophyten 21. Träufelspitze 22.

Trichomanes angustatum sinuosum 331. Triplaris 160.

americana 162.

caracasana 162. Trockenheit des Bodens 6.

Einfluss auf die Reproductions- organe 30.

Trockenpflanzen s. Xerophyten, Xerophil.

Tropen. Blüthenbestäubung 1 44 u. f.

edaphishe Wirkungen 405.

Flora 245.

Gebiete mit Trockenzeiten 371.

Gehölze in periodisch trockenen Gebieten 377.

Grasfluren 282.

Hydrometeore 229. 244.

Klima 229.

Klimatische Formationen 281.

Klimatische Beding, d. Hochwaldes

282.

d. Grasfluren 293 u. f. - Licht 232. 241.

Periodische Erscheinungen 260.

Regenwald 305 u. f. -- Regionen 757.

Transpiration 238.

Trockenheit. Wachsthum 235.

Wärme 231

Wirkungen ders. 233. Tropische Gewächse. Erfrieren über

43.

Meere 826. Tropophil 24. Tropophile Wälder 587. Tropophyten 5. 24.

Klima 5. Tulipa 657. Tundra 721.

U.

Uhrfederranker 211. Umbellularia californica 544. Untergetauchter Gürtel 833.

V.

Vaccinium myrtoides 767.

uliginosum 711. Ventoux, Ml- 804. Verbena minima 742.

Vereinigte Staaten v. Nordamerika 574.

595- 597- 601. 626. 665. Vernonia desertorum 400.

elegans 398. Veronica cupressoides 797. Viola calcarata 140.

calaminaria 105.

granulosa 745.

pygmaea 745.

tricolor 140. Vriesea Fig. 157.

Vulkane, Vegetation 200 u. f.

W.

Wachsthum, Abhängigkeit von der Tem- peratur 52. Wald. Bedeutung des Regens 180.

in Indien 378.

in Ostafrika 382.

Strand wälder der Tropen 419.

tropophiler in Indien 378.

tropophiler in Afrika 383.

Vgl. auch Dornwald, Regenwald, Savannenwald, Sommerwald.

Wärme 40 u. f.

Widerstandsfähigkeit gegen hohe Grade 47.

Wämeoasen der Tundra 722. Wärmewirkungen in den Tropen 233.

876

Register.

Washingtonia filifera 669. Wasser, Bewegung 819.

Chemische Zusammensetzung 820.

Einfluss auf die Pflanzenstructur 26.

Einfluss auf die Reproduction 30.

Einfluss der Tiefe auf die Sexual- organe 31.

Einfluss strömender Bewegung auf die Blüthenbildung 31.

Wirkungen auf die Pflanzenstruc- tur 3.

Samen Verbreitung d. d. W. 32.

stagnirendes 193.

Temperatur 820.

s. Bodenwasser, Salzwasser. Wasseraufnahme. Dieselbe herab- setzende Factoren 6.

Wasserdampf 183. Wassergewebe 13. Wasserpflanzen 817.

Entstehung aus Luftpflanzen 27.

Periodicität 819.

Vegetationsorgane 26.

Wasserform und Luftform 28. Wasserspeicher 13. Wassertracheiden 14. Welwitschia 662. 664. Weymouthskiefer 601 u. f. White Mountains 815.

Wiese 176. 624. Wiesenmoore 691.

Wind, Schutz der Bäume gegen den- selben 374.

trockenkalter 183.

Wirkungen auf die Vegetationsor-

gane 84 u. f.

auf die Reproduction 88 u. f.

Windepflanzen 209.

Winterfeuchte temperirte Gebiete,

Klima 493. Winterregen 180. Wolga, Wüste 658. Wormia Burbidgei 355.

Wormia triquetra 353. Wurzelkletterer 209. Wüste 176. 282. 626.

alpine in Neu -Seeland 797.

in den Anden 780 s. a. Punas.

in Australien 664.

in Mexico 675.

in d. Pamir 791.

in Tibet 792.

in Patagonien 679.

in Südafrika 659.

im westlichen Südamerika 679.

an der Wolga 658.

X.

Xanthorrhoea 452. Xerophile Structur 7.

bei polaren Gewächsen 713.

Wälder s. Savannenwald, Dornwald, Hartlaubgehölze.

Xerophyten 4. 6.

Blätter 13.

Klima 5.

Bedingungen ihres Auftretens 6.

Transpiration 22.

Vorkommen ders. 1 1 .

Wechselbeziehungen verschiede- ner Standorte 15.

Xylia dolabriformis Fig. 125

Y.

Yucca, Bestäubung 146.

brevifolia 669.

macrocarpa 670.

filamentosa 146.

glauca 677.

Z.

Zamia integrifolia 449. Zillia spinosa 644. Zonen 227. Zostera marina 824. Zweigkletterer 210. Zygophyllum cornutum 1 1 .

Druck von Fischer & Wittig in Leipzig.

Druckfehler -Verzeichniss.

Seite 105 146 250 251 252 313 324 326

331 343 353 355 355 376 376 396 416 418 418 428 512 524 534 554 569 570 626 626 627 627 627 629 640 671 672 675 7U 715

8. Zeile von oben lies Fig. 53 statt Fig. 52.

7. Zeile von oben lies Fig. 66 statt Fig. 67.

19. Zeile von unten lies Fig. 226 statt Fig. 224.

8. Zeile von unten lies Fig. 226, 227 statt Fig. 224, 225. 3. Zeile von oben lies Fig. 207 statt Fig. 205.

7. Zeile von oben lies Fig. 178 statt Fig. 176. 18. Zeile von unten lies Fig. 152 statt Fig. 352. 5. Zeile von oben lies Fig. 151 statt Fig. 150. n. Zeile von unten lies Fig. 146 statt Fig. 147. Auf dem Tafelbild lies Fig. 159 statt Fig. 157. 10. Zeile von unten lies Fig. 172 statt Fig. 170.

12. Zeile von oben lies Fig. 172,5 statt Fig. 170,5.

9. Zeile von unten lies Fig. 172 statt Fig. 170. Auf dem Tafelbild lies Fig. 189 statt Fig. 187. Auf dem Tafelbild lies Fig. 190 statt Fig. 188. Auf dem Tafelbild lies Fig. 199 statt Fig. 197.

3. Zeile von unten lies Fig. 210 statt Fig. 211.

4. Zeile von oben lies Fig. 211 statt Fig. 213.

9. Zeile von unten lies Fig. 212 statt Fig. 213.

10. Zeile von oben lies Fig. 213 statt Fig. 214.

5. Zeile von unten lies Fig. 250 statt Fig. 251. 5. Zeile von oben lies Fig. 258 statt Fig. 28$. 17. Zeile von oben lies Fig. 267 statt Fig. 266. 14. Zeile von unten lies coccifera statt conifera.

5. Zeile von unten lies Fig. 300, 2 statt Fig. 500, 2.

4. Zeile von unten lies Fig. 306 statt Fig. 304.

I. Zeile von oben lies Fig. 324 statt Fig. 325.

I. Zeile von oben lies Fig. 323, 325 statt Fig. 326 328.

8. Zeile von oben lies Fig. 336 statt Fig. 337. 3. Zeile von unten lies Fig. 335 statt Fig. 336.

1. Zeile von unten lies Fig. 335 statt Fig. 336. 3. Zeile von oben lies Fig. 335 statt Fig. 336. 22. Zeile von oben lies Fig. 344 statt Fig. 334.

2. Zeile von unten lies Fig. 381 statt Fig. 382. 16. Zeile von oben lies Fig. 374 statt Fig. 371.

13. Zeile von oben lies polyacantha statt oligostachya. 2. Zeile von oben lies Fig. 403 statt 404.

7. Zeile von unten lies Fig. 404 statt 405.

Seh

Karte 1.

MITTLERER JÄHRLICHER REGELFALL !

Schi

Karte 2.

L HbnnjQe tropische Regenseit mit H&upttrockenxeit im Winter und Frühling

R. HSnterregen Sommer regenarm .

CZ3 H. Hefen im Frühling oder JTrtth. - Sommer meist such. Im Herb st

oder Vorwinter, trockener Spftt- Sommer .

i y_st

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(__3 Yff.AILe Monate regenarm (weniger als 6 Regentage unregelmas- siges Hinüber greifen spärli- cher Regen ans den anstossen dem Gebieten.

CXZZ Gebiete mit Trockenxetten,, resp. mit Mo- naten,, deren- normale JUgathäuftgkeit unter 0,20 (-6 Regentage- im, Monat) sinkt.

Goma.

BNdih ERDE

Xkrte3.

Scliimper , Pflanz eng eo

Karte 4.

*

ErhrlariLug eiL :

HB JTa9.elnrald.er

I I Prairle mit -wnenid

1 I Baumloses Land,

3

Gotha : Justus Perthes

m^m^^mm Grenze zwischen, dem atlantischen iLpacißsclienWaldgeD.

Grenze der TJnteraoteihuigeiL

suß* beider Waldg c Mete , und. zwar :

** Atlantis ch.es Waldgeoiet.

1 ITördl. atlantiscne WaldprovinT

2 Pravins der WeyhmoutlLS Kiefer

( Pinus Stroous)

3 Südlicne Küstenprovinz 4,SammergrunerXa-iibvaia des

Mississippi Beckens und der fftisntui dhen K"b eneu 5 D er lialb tropische "Wald

Pazifisches "Waldgebiet .

AEorälicne TValdproidtnz Blustenwald $ C "Wälder des Binnenlandes DMexikanisclieT "Wald

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